Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 05, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    Tür die Jugend.
Iris »Das Hieb sue der stich«
Der Mann muß hinaus
Ins seindliche Leben,
uß wirken nnd streben
Und pflanzen und schassen,
Erliitem erraffem
Muß wetten und wagen
Das Glück zu erjagen.
Dr strömet herbei die unendlicheGabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlich-eri
a,be
Die Räume wachsen es dehnt sich dasi
Haus. ·
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Jm häuslichen Kreise,
Und lehret die Mädchen,
Und mehret den Knaben,
Und reat ohn’ Ende
Die fleißigen Händ-,
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn.
Und füllet mit Schätzen die duftenden
Laden,
Und dreht uni die schnurrende Spin
del den Faden,
Und sammelt im reinlich geglätteten
Schrein
Die schimmernde Wolle. den schneeig
ten Lein,
Und süget zum Guten den Glanz und
den Schimmer
Und ruhet nimmer
Und der Vater mit frohem Blick
Von des Hauses iveitschauendem
Giebel
Ueberzödlet sein blühend Glück,
Sieh-et der Pfosten ragende Bäume
Und der Schelmen gefüllte Raume
Und die Speicher, vomScnen gebogen,
Und des Kornes bewegte Wogen,
Rühmt sich mit itvlzem Mund:
Fest, wie der Erde Grund,
Gesell des Unglück-Z Macht
Steht mir des Hauses Pracht!
Doch mit des Geichicleg Mächten
Jst lein ew’ger Bund zu flechten,
Und das Unglück schreitet schnell.
Friedrich Schiller.
Kleine Plaudetetem
Die H a n d. s
Die Hand ist beim Menschen der
Endtheil der oberen Gliedmaßen, ob-;
wohl man im gewöhnlichen Leben mit
dem Worte »Hand« den ganzen Arm«
sowohl den Oberarm, als auch den
Unterarm beeichnet. Mr Aise ist
ebenfalls mit ··nden« sogar mit vie
ren versehen: allein die Hand des
Assen steht der Hand des Menschen,
in Anbetracht der Vollkommenheit der
Bewegung und dZS zarten Gefühle-Z
weit nach. daher aelingt es nur der
Menschenhand Kunstwerke herzustel
len.
Die Hand des Mneschen besteht aus«-;
drei Theilen: der Handtvurzel, ders
Mittelhand und den Finaem — Ihre;
alatte Oberhaut ist mit unzähligen,;
Piralsörtnig gestellten Wörtchen ver-;
eben, welche der Sitz und das Organs
dei- seinen Gefühls-, des Taststnnegi
sind. Die Hand stellt im aestrecttenz
Hustande eine Art Schausel dar, dies
te aber dem zu ergreifenden störer
mit Leichtigkeitnnzuschmieaen vermag
und trotnit man die kräftigsten, aber;
auch die tartesten Bewegungen mit;
ter beabsichtigten Sicherheit aussiihrt.«
An der Hand ertennt man nicht»
blos die Beschäftigung des MenschenJ
sondern gewissermaßen seine geistig-l
und moralische Eigenart. l
Die Hand des Arbeiters ist breit,s
rosz, plump und mit Schwielen ver-i
sehen, während die Hände ver Damen
und Gelehrten zart gebaut, weich,·
llein, alabasterweiß und mit rostgetnl
Anhauche versehen sind, somit kanns
tnan allerdings von einer arbeitsamen·
und geistigen Hand ,sprechen. Jn der
Gestaltung der Hand spricht sich dem
nach nicht selten der Stand des Men
schen ano. Doch nicht die Form allein
ist bei der Hand wohl zu beachten;
sondern auch die Stellun und die Be
wegungen der Hände sin bemerkens
werth. indem fte der Rede Ausdruck
eben, denn ihre bloßeStellung drückt
chon allein eine ganze Reihe von Ge
danken und Gefühlen aus. Darnach
lann man behaupten, daß die Hand
selbst spricht, denn mit ihr bitten, be
sehlen, drohen, schwören wir. Jus
besondere bei den TaubLtumtnen ist
die Hand ein Sprechorgan, denn es
gibt bei ihnen ein Finger-Alphabet
und eine Fingersvrache, wodurch sie
sich verständlich machen können.
Doch bezieht sich alles, was man
von der band des Menschen rühmt«
eigentlich aus die Finger, denn die
Handwurzel und die Mittelhand sind
silr den Gebrauch der Hand nicht von
sc- hoher Wichtigkeit. Und in der
That sind die Finger die eigentlich
wirtsatnen Falte-ten der Menschen
hand. »Jeder derselben bildet mit
dem Daumen eine Art Zange, welche
zum Auslesen der kleinsten Gegen
stände seht geschickt ist, und alle Fin
ger zusammen ballen sich zur festhal
tenden Faust. Vor den mit drei Ge
lenten versehenen Fingern ist der
Daumen, welcher nur zwei Gelenke
besitzt, am wichtigsten Der hat die
meiste Beweglichkeit und tann den
einzelnen Fingern entgegen gestellt
werden, er ist auch stärker und dickeri
als jene und sein Verlust nimmt der(
Hand den größten Theil ihrer Kraitl
und Verwendbarteit. —- So ist alsoj
F—
’die Hand die Bollstkeckerin und Auf
seherin unserer Gedanken, durch sie
beherrschen und bewältigen wir die
verschiedenen Formen der Materie, sie
ist es, die daraus Kunstptvdutte bil
det, in ihren zahllosen Bewegungen
vereinigt sich die Kraft mit derSchnel
»ligteit und Leichtigkeit aus die voll
»toinmenste Weise. -
Durch ihren Verlust sieht sich der
Mensch zur physischn Unthätigteit und
zur traurigsten Abhängigkeit für das
ganze Leben verdammt. Hier das
Lied, welches der französische Land
Tniann am Pfluge zum Ruhme dieses
iGliedes anstimmt:
; Die Hand pries noch tein Mund
« genug,
Geziemend tlingi dein Lob ais mei
nem.
Ahnfrau von Hammer-, Schwert und
. Pflug.
Bist du das alles doch in einem.
«
! Du schreibst—ob klein in Lettern
l gleich —
iGedantem die wie Ström’ aus
s Schluchten
sDutchziehen manches weite Reich.
zUnd sernes Land und Volk bestuchten.
i
i Du hildest hier ein wohnlich Haus,
IGewänder dort, die sestlichschmiicisn,
tUnd hundert Dinge führst du aus,
tDie lieblich jedes Aug’ entzücken.
l
? Du nährst —— ob auch der Stirne
s Schweiß
lAus deine Schwielen niederthauet.
sSie stehn dir, wie der Furche Gleis
iDem Acker, den du selbst bebauet.
l Jch singe deinen Ruhm am Pflug,
Befahend wintet mir der Spaten;
Es pries dich noch kein Mund genug,
lGenossin du der schönsten Thaten!
Eine gefährliche seite.
Vor etwa 50 Jahren wollte ein
Luitschifser mit Namen Broois eine
Fahrt mit seinem Luftballon machen.
Er befand sich auf einer «arrn in
der Nähe von Centralia im üdlichen
Theile des Staates Illinois. Der
Besitzer dieser Farm hieß Harveh, er
iwar Wittwe-r und hatte zwei liebliche
Isiinder, Willie und Nettie· Willie
Zwar vier Jahre und Nettie acht Jahre
iait.
I Nachdem der Luftballon mit Gas
langefiillt war, schwebte er ungefähr
zdrei Fuß über dem Boden, festgehal
iten durch einen an einem Baume be
Esestigten Strick. Während der Luft
fichiffeh Herr Broots, nach dem unge
sfiihr einen Büchsenschuß entfernten
sFarmhause geeilt war, um seine für
idie Reise nöthigen Kleider zu holen,
feste Harveh, keine Gefahr ahnend,
seine beiden Kinder aus Spaß in den
Korb unter dem Luftballvn. Auf ein
mal riß ein heftiger Windstoß den
Strick entzwei, und hinauf stieg der
Ballon in die Luft. Vergeblich be-«
mühte sich Herr Harveh, den Strick
noch zu erhaschen, er tonnte nicht, es
iam zu plötzlich. Das Geschrei der
unglücklichen Kinder war herzzerrei
ßend. Untröftlich folgte der Vater
dem Ballon, so weit er ihn sehen
konnte, bis er in den Wolken ver
schwand.
Der Ballon stieg immer höher und
wurde von der oben herrschenden süd
lichen starken Luftsirömung schnell
nach Norden zu getrieben. Die stin
der waren eingeschlafen und schliefen
ruhig die ganze Nacht hindurch, wäh
rend der Luftballon feine Reise fort
setzte. Als am nächsten Morgen die
Sonne ausging, wachten die Kinder
auf und erblickten die Erde ganz nahe
unter sich. Das abgerissene Ende des
Strickes, womit der Ballon an dem
Baume befestigt gewesen war, reichte
beinahe auf die Erde. Das Luftschiss
bewegte sich in einer hohe von unge
fähr 30 Fuß langsam vorwärts, da
in der Nähe der Erde nur eine
schwache Brise wehte.
Auf einmal stand der Ballon still,
und als die Kinder aufdlickten, sahen
sie sich in der Mitte der Zweige eines
großen Baumes, in welchen ihr Fahr
zeug festgerannt war.
In der Nähe des Baumes stand
ein Farinhaug, dessen Besitzer den
Ballon schon einige Zeit beobachtet
hatte. Dieser eilte schnell herbei und
befreite die Kinder aus ihrer unbe
quernen Lage. Mit Erstaunen hörte
er die Geschichte Neities, denn das
Lastschiff hatte während der Nacht irn
Staate Illinois über 200 Meilen
durchslogm ·Die Kinder sanden
freundliche Ausnahme bei der Frau
des Former-L
Nach zwei Tagen kam Herr har
oey, der inzwischen benachrichtigi wor
den war, und holte seine Kinder. Die
Freude des Vaters und der Kinder
war rührend anzusehen. Dann rei
sten sie zusammen nach Centralia zu
rück. Nettie und Willie leben heute
noch gesund und munter in der Nähe
sCentraliaT
W
. Die guten Beziehungen zwischen
Wuatemala und Mexico sind bis zum
yAeuszersten gedehni, meldet eine Nach
irichk gut, daß dort soviel Gummi
Wächst
s vix vix-Ha iesse Lasset-diess
Eine Hofgefchichtr.
Auf dem Hofe eines Berliner
Mist shauses hatte sich eine Anzahl
Men chen' versammelt, die eifrig mit i
einander verhandelten, ob die Polizei
geholt werden solle oder nicht. Die
Hauptperson der Schaar war die Por
tierfrau, und gerade sie weigerte sich,
dem Sensationsbedürfniß der Uebri
gen nachzugehen.
,,Jch thue es nicht,« versicherte sie
init abwehrend aufgehobenen Händen.
»Ja meine-r vorigen Stelle habe ich es s
einmal gethan bei einem jungen Man
ne, der zwei Tage nicht zum Vorschein
lam: und dann haben sie mich alle
angefchnauzt, der Wirth und die Poli
zei und der Jüngling auch. Er hatte
blos einen Mordsraufch gehabt und
sich einmal außerordentlich ausgeschla
fen. Und, wenn es mit der Frau
Kanzleiräthin auch nicht diese Be
wandtniß hat —- sie wird sich schon
wiederfinden, auch ohne Polizei-"
»Aber Frau Bundtle,« rief eine An
dere, deren hochrothe Wangen und rol
lende Augen deutlich ihre Erregung
verriethen, ,,fehen Sie doch bloß, das
Frühstück von gestern und von heute,
wenn das noch lein Zeichen ist, daß der
alten Dame etwas zugestoßen ist« dann
weiß ich es nicht«
Sie schwang zwei Beutel, einen ro
fa- und einen blaugeftreiften, vor dem
Gesicht der Gegnerin, die kalt lächelte
und einen Schritt zurücktrat.
»Vielleicht hat sie sich Kuchen geba
cken und die Schrippen vergessen.«
Die Pförtnersfrau glaubte felbft
nicht an ihren Einwand, fand aber im
Augenblick keinen anderen. Sie ern
tete denn auch nur ein höhnisches Ge- (
leichter damit. «
Die Debatte wurde immer lauter.
Aus verschiedenen Fenstern des Vor
derhauses lugten neugierige Köpfe, die
zu erlauichien ftrebten was die Be
wohner der Seitenfliigel und des
Quergebäudes — wenigstens die weib
lichen —- so vollzählig da unten zu-;
sammengetrieben haben könnte. ,
Seht doch einmal, rief jetzt eine»
Stimme aus der Gruppe, da steht ga "
das Fenster vom Hängeboden auf, a «
muß man doch von oberk hineinsehen
können.
Das war einleuchtend. Alle dräng
ten ins Haus, stürmten die Vorder
trevpe in die Höhe und hielten erfi
athemlos am Flurfenster der zweiten
Etage an, von wo man bequem nach
der im Quergeböude befindlichen
Wohnung der Frau Kanzleiräthid
hinübersehen konnte. Richtig, das
Fenster ihres Hängebodens war aus,
und —- was erblickten die entsetzten
Augen! —
Langhingestreckt auf dem Fußboden
lag eine grau-gelb-bräunliche Gestalt,
den Umrissen nach ein Mensch, eine
weibliche Leiche!!!-— Der Kopf-Wem
Fenster zurückgekehrt, schien kaum ei
nen halben Meter von diesem entfernt,
ließ aber weder Gefichtgziige noch eine
etwaige Umhüllung deutlich erkennen.
Auch das schärfste Hinstarren ergab
nichtsPositiveg, was die erregten Wei
ber aber nicht abhielt, mit Genug
ihuung festzustellen, daß sie das sei,
die Kanzleiräihin selbst, vielmehr ihre
Leiche—die Leiche einer schändlich und
heimtiictifch Ermordeten. Ob sie er
stochen oder erwürgt worden sei, da
rüber waren die Meinungen noch ge
theilt. Ein Zweifel war aber nicht
mehr möglich selbst die Pförtnerin,
bis in die Lippen erblaßt, wich der
Gewalt der Thatsachen.
Man redete von Neuem auf sie ein
und suchte sie zu bewegen, wenn nicht
die Polizei, so doch den Hauswirth
der nur einige Häuser weit wohnte, zu
benachrichtigen. Zu diesem zahmeren
Schritt entschloß sie sich denn auch an
gesichts der schaudervollen Wahrneh
mung, die sie alle zusammen gemacht
hatten. Während sie eiligst davonlief,
blieben die anderen auf ihrem Beob
»achtungsposten, von dem sie nicht zu
iweichen gedachten, bis Frcku Bundtte
jmit Herrn Lehmann anlangen würde.
.Man hatte so viel Muthmaßungen
Hund Verdachtsinomente auszutauschem
daß die Zeit Keinem lang wurde.
Nun öffnete sich auch die Korridori
thiir der einen größeren Wohnung in
dieser Etage, und heraus schlüpste, so
schnell und lautlos, wie es ihre Kor
pulenz gestattete, die Köchin von Pro
fors und gesellte sich zu den »Hosdcs
men«, unter denen sie mehrere gute
Freundinnen und nur ztdei oder drei
Feindinnen hatte. Sie s webte förm
lich hinein in die Versa mlung, die
sich sofort zu einem lieblichen Kranz
um sie schloß, da man es ihr ansah,
da sie etwas zur Sache sagen wollte.
,, nser Herr,« flüsterte sie mit vor
sichtigem Rückblick, »der steht schon
eine halbe Stunde am Küchensenster
»und zerbricht sich den Kopf, was das
tda drüben wohl ist. Die Frau Pro
sesior meint, es wäre die Kanzleiräs
thin; aber er sagt: ,,Unsinn, so läge
keiner da, der ermordet is ,« und nun
Ihat er sich das Theaterglas geholt und
ksteht und guckt und murmelt vor sich
Thin: Wie eine Mumie, wahrhaftig wie
seine Mumie!«
i »Was isi denn das, eine Mumie?«
Isragte eine Halbwiichsige, die mit einer
LMilchlanne in der hand dabei steht
Iund ihre auf Milch wartenden Kunden
ruhig weiter warten läßt«
Pauline, als Köchin bei einem Ge
schichtsprosessor, giebt in sachlichem
Tone die Erklärung.
,,Mumien sind die Todten, welche
die alten Aeghpter einbalsamirten, da
mit sie sich tausend Jahre und noch
länger hielten. So etwas verstehen die
Leute heutzutage gar nicht mehr, nicht
einmal mit dem Verbrennen wissen sie
richtig Bescheid.«
»Dann ist es am Ende der Mann,
den die Frau Kanzleiräthin sich da
aufbewahrt!«
Die Vorwitzige, die mit Behagen
diese Bemerkung herausgeträht hatte,
wurde zur Ruhe verwiesen; aber sie
hatte damit den Bermuthungen einen
neuen Weg eröffnet. Besonders die
mi: den Bäckerbeuteln in der Hand,
eine Flurnachbarin der Verschwunde
nen, machte plötzlich eine halb be
stiirzte, halb geheimnißvolle Miene.
Mit tiefem Aufathmen stieß sie her
vor:
»Also darum!«
Von allen Seiten bestürmt, zu sa
gen, was sie wisse, gab sie nur allzu
grzn nach und erstattete folgenden Be
ri t:
,,Vor etwa drei Wochen war ich bei
der Frau Kommerzienrath zum Rein
machenz sonst macht sie sich alles al
lein; aber manchmal braucht sie ja
doch eine Hilfe. Jch ging denn auch,
als sie mich bat, und wurde ganz gut
mit ihr fertig. Zum Frühstück gab es
belegte Stullen und eine Tasse Kalao,
und zu Mittag eine Flasche Bier; ich
tonnte nicht klagen. Und die Behand
lung war auch gut. Sie wohnt ja
bloß im Hinterhaus und mag mehr
Sorgen haben, wie wir anderen, wie
sie augtommt mit ihrem bischen Pen
sion... Nachmittag, als wir fast fer
tig waren mit den zwei kleinen Stüh
chen, sage ich: Nun kommt wohl der
Hönaeboden an die Reihe -— da ruft
"sie ganz aufgebracht:
»Nein, den lassen Sie nur! Den
mache ich mir schon selbst sauber,
nehmen Sie nur jeyt die Küche vor.«
Mir war es recht; aber neugierig
war ich doch geworden, und, als sie;
einmal in die Stube ging und eines
Weile dort blieb, setze ich mir leise die
Leiter an und will eben hinaussteigen, .
da lommt sie wieder, sieht mich unds
fährt wie eine Furie auf mich los-: ’
»Werden Sie das lassen. Jch hohes
es Jhnen doch verboten« — und reißt s
mir die Leiter weg, daß ich denke, siei
will sie mir auf den Kon schlageni
Und dann ist sie mir nicht mehr vons
der Pelle gegangen bis zum Abends
und mit keinem Fuß hat sie mich seit-J
dem in der Wohnung allein gelassen."
Aber nun wird es mir klar: Auf dem
Hängeboden hat sie etwas, was Keiner
wissen soll.«
Sie schwieg und sah sich befriedigt
im Kreise um. Alle Gesichter zeigten
andächtiges Staunen, nur die Vor
witzige erhob wieder die Stimme:
»Meine nichts?« »
»Viel ist es nicht,« meinte eine an-!
dere, »man läßt ja auch nicht gerns
einen Fremden in Alles hineinsehen.«!
»Na, hören Sie einmal,« fuhr die s
Berichterstatterin aus, »ich bin einei
ehrliche Person und hätte der Kanzlei: i
räthin nichts von ihren Sachen gestoh:
len, wollen Sie mich beleidigen?«
»Nur stille, vorn Stehlen hat tein
Mensch geretet; aber was bei de: Neu
gierde herauskommt, das sehen Sie
lu.«
Beinahe wäre es zu einem Rededuell
zwischen den beiden Zungen gekom
men. an dem die Umstehenden wahr
scheinlich denselben ästhetischen Genuß
gehabt hätten, den der Weißbierphilis
ster empfindet, wenn er in seinem
Leibblatt die Reichstaggverhandluw
gen liest. Da erschien zum Glück,
athemlos vom Laufen, aber mit statt
licher Begleitung« die Portiersrau wies
der auf der Bildsläche, Sie gingen
über den Hos, rechts von ihr ein Po
lizist, links Irr Lehmann, hinter den
Dreien ein Schlosses Nun hieß es,
schnell hinüber auf den eigentlichen
Schauplatz der Tragdsoir.sp»
Gelegenheit in die Hand. Da ihrer
nur drei waren, durften auch von den
versammelten Frauen nur immer drei
zu gleicher Zeit reden, was unarmein
zur Klarheit der Darstellung beitrug.
Schließlich schnitt der Polizist die ver-«
schiedenen Redesäden kurz ab mit
einem barschen »Rul)ig jetzt!« und,zn
dem Schlosser gewandt, sagte er:
»Oefsnen Sie das Schl oß!« —
Jn dichtgedrängtem Halbkreiie um
tjtanden die Fuschauerinnen dieGruppe
. an der Thiiæ Ein leises Schieben be
« ann Jede wollte unter den Ersten
fein, welche Zutritt in die Wohnung
i erlangten.
i Athembetlemmendes Schweigen
» herrschte.
; Man hörte nur das Rasseln der
.Diettiche und das Schnauer des
Hauswirths, dessen Embonpoint für
Anstrengung und Aufregung zu glei
leher Zeit nicht geschaffen war.
i Mitten hinein in die Spannung
;dieser grogen Minuten klang ein ent
ietzlicher Trei, und eine weibliche
Vier nahmen ieyt oie Lucanner oie
tStimme rie m schrillem Tone:
; »Was ge t hier vor? Was machen
jSie an meiner Thüre?«
i Die Menge wich zurück. Aus der
obersten Treppenstufe stand, im Reife
t tostiim, eine Ledertasche in der Hand,
Idie »Ermordete«! —
Y »Wie kommen Sie dazu, meine
IThitre aufzubrechen?« schrie sie den
Schlosser an
Der faßte sich von Allen zuerst,
nahm seine Werlzeuge, seine Mütze .
BettlcrloqiL
L« « « —:— «-· ----- ZU
--— Heute geht das Geschäft recht schlecht, man muß sich wirklich Pla
gen, wenn man sich anständig durch’s Leben schlagen will! .
i
und fragte,· wer ihm den Gang be
zahle.
»Frau Kanzleiratl),« nahm jetzt der«
Hauswirth das Wort, »entschuldigeni
Sie tausendmal, wir dachten, Siei
wären ermordet worden — und des
halb —«
»Ich? Ermordet? Das wäre ja noch
schöner. —« ’
»Na, schön wäre es nicht für Sie,
und dann, sehen Sie, da liegt etwasj
bei Ihnen auf dem Hängeboden —
und dazu dieFrühstücksbeutel!« ——-—
Sie wurden der Heimgekehrten vor
die Nase gehalten.
»Das hatte ich ganz vergessen; aber
deshalb braucht man doch nicht gleich
so viel Wesen zu machen! Jch war ja
nur zwei Tage verreist.«
»Und die Murnie?«
Die Frau, welche es gerufen, duckte
sich schnell hinter eine Größere.
,,Wa"g?s Mumie? Was wollen Sie
damit sagen? Jch möchte doch sehr
litten ——-—«
Der Polizist fühlte sich nun doch
berufen, mit der Strenge des Ge
setzes einzuschreiten.
»Es ist hier etwas voreilig gehan-.
celt worden, meine Dame,« versetzte!
er; »aber wie die Umstände nun ein-I
mal lagen ——— Sie waren verschwun
den, öffneten auf kein Klin
arm, die Bäckerbeutel hjngen»
da, und aus Jhrem Hänge-(
boden liaet etwas Verdächjiaeg. ——Est
konnte Jhnen doch wirklich etwas zu-l
gestoßen sein« !
Die Frau Kanzleirath hatt-e inzwi-I
schen ihren Floreidorschliissel aus der
Tasche geholt. Sie schloß auf und
sagte:
»Ich bitte alle Anwefenden, fich von
derUnschuld und Harmlosigkeit mei
nes Hängebodeng zu überzeugen, da
mit das dumme Gerede ein Ende hat. «
Damit machte sie eine einladende
Handbewegung und ging voran.
Bald hatten die ersten Cindiinxk
linge die Leiter erstiegen. Ein scheuer
Blick in die Runde. —- Dann fing
man an zu lachen. Auch die anderen
tamen lachend herunter. —- Bald be
mächtigte sich des ganzen Hausene
eine ausgelassene Lustigkeit, in der die
schnödeften Randbemertungen fielen.
Was lag denn nun dort oben lang
dahingestreckt auf den Dielen? Was
war das für eine Murnie, die der Herr
Professor durch ein Theaterglas be
obachtet hatte?
Ein verbeutelter Haubentopf, ein
Bündel Partvapier und ein länglicher
startom diese Gegenstände, hierin
friedlicher Nachbarschaft aneinander
gereiht, mochten von drüben wohl den
Eindruck einer menschlichen Figur
machen, in der Nähe aber boten sie
ein Stillle den von großer Nüchtern
heit. Wie ein paar Frühstückgbeutelj
und ein offenes Hängebodenfenfteri
doch die Phantasie der Leute ausregen
tiinnenl
Noch lange sprach man in den ver
schiedenen Behausungen des Hinter- «
gebäudes von der Mumie der Frauf
Kanzleirath: aber den Gipfel des Jn-·,
teresses ertlomm diese, als es ruchbar;
wurde, daß sie sich verlobt halte und;
in sechs Wochen heirathen werde!«
Die Dreiundfünfzigjährige machte
noch eine gute Partie. Jhr Zukünf
tiger war Rentiser und besaß ein nettes
Anwesen. Er hatte durch eirl An
nonce eine Lebensgesährtin gesucht,
und sie war resolut genug gewesen
sich zu melden. Verlor sie durch eine
zweite Heirath auch Titel und Pen
sion, so hatten doch das schuldenfreiei
Häuschen und ihres Zutünfiigent
Spartafsenbiicher sie nicht minder be-!
zaubert. I
Während um ihre verlassene Wohil
nung sich duntle Gerüchte von Ein
bruch und Raubmord ballten, war sie
auf rosigen Pfaden gewandelt, neuer
Liebe, neuem Gliick entgegen. ———- l
—
-·
TreuhenigeEntschuldtqutm. I
Einst besuchte Friedrich Wilhelm
der Vierte als Kronprinz das König
städtische Theater· Beim Verlassen
desselben begleitete ihn der Direktor
Cerf an den Wagen, wobei er einen
neugierigen Straßenjungen etwas un:
sanft beiseite schob. Der, nicht faul,
tvargeibm ein herzhaftes »Sie Ochse!«
an n Kopf, worauf zum Erstaunen
der Hofgesellschaft Cetf entfchuldigend
zum Kronptinzen sagte: »Er meinte
mi1,Königliche Hoheit!« ----- »Das
hab« ich gar nicht anders aufgefaßt,«
entgegnete lachend der Kronprinz.
Bei-rathen.
Madame: »Da ist ja auch der sil
berne Löffel wieder, der fo lange ver
schwunden war!«
Dienstmädchen: »Ja.·. es ist aber
gar kein Silber, Madamel« ·
, Glückliche Ehe
»Seit drei Wochen rede ich mit meist
nem Manne tein Wort niehr!«
,»,Na, dann lebt Jhr ja im schön-e
sten Frieden. ««
Im Restaurant.
Wirth: Ein sonderbarer Mensch,
der Recheniehrey die Zahlen hat et
im Kopfe wie nur einer, aber das
Zahlen vergißt er regelmäßig.«
Junge Ehe.
Junge Hausfrau: »Wie hat die
Köchin nur die Suppe gekocht, die istj
ja vollständig versalzen, und Du sin
dest sie prächtig, Männchen?«
Ehemann (oerlegen): »Ich glaubte,
mein Lieb —- Du habest sie gekocht!«
Berspätetc Retlamation. — —
Barbier (zum Jungen, den er vor
einer halben Stunde das Haar ge
schnitten hat): Was willst du denn
schon wieder, Kleiner?
Junge: Die Mutter hat mich umge
schickt, die Haare wären zu kurz ge
schnitten!
Vom Scrciiissimus.
Serenissimus liest in der Zeitung,
das; einem Kanonier gelegentlich einer
Schießiibung das Trommeler geplagt
ist. »So so, « murmelt er vor sich hin,
»habe bisher noch nicht jewußt, daß
bei der Artillerie auch Trommler
sind.«
; Bedctitlich.
! Dame: »Der Papagei, den ich bei
Jhnen gekauft habe, gebraucht ja
ganz schreckliche Augdrucke «
! Vogelhändler: ,J-a, bei dem Thier
zinijssen Sie vorsichtig sein« Es ist er
Hstaunlich wie schnell er alles auf
jschnappt!«
szzszc Tr- . « »
- Ak-:
H
?
.
«.-«f"
I Galgenhumor.
! Junger Arzt (seinem Freunde die
jWohnung zeigend): »Das hier ist
-mein Wartezimmer.«
l Freund: »Aber das sagtest Du ja
von dem anstoßenden auch.«
I Arzt: »Ja, in diesem warte ich!«
Lunis-h
Kunde: Die mir zuletzt gelieferten
Hcsiaarren werden, je weiter man im
Kistchen hinunterkommt, immer
schlechter.
Lieferant: Sie sind ein einiger
Nörgler, drehen Sie doch das Kistchen
einfach um und fangen Sie so an,
dann werden die Cigarren immer bes
ser.
Er kennt seine Pappenheimer.
»Hören Sie mal, lieber Meier, kön
nen Sie mir nicht 40 Mart pum
pen? ——«
»Ich möchte es Jhnen nicht abschla
gen, Herr Baron, aber ich gehe gern
sicher. Werde Ihnen 20 Mark geben«
dann weiß ich wenigstens bestimmt,
daß ich gerade so viel gewonnen als
verloren habe.« —
Ein Rechenttinstler.
Der Lehrer hat seinen Schülern
eine Rechenaufgabe gestellt; alles rech
net eisrig, nur Fritzchen schaut ge
dankenvoll durchs Fenster nach dem
gegenüberliegenden Hause hinüber.
Plötzlich fährt ihn der Lehrer an:
»Nun, Fritz, wag kommt heraus-W
Fritz (erschrocken): »Die Frau
Meyer!«
«
Böses Gewissen
Fräulein Marthci, die reiche Kaqu
manngtochter, ist mit dem Prokuristen
ihres Vaters heimlich nach der Resi
denz durchgebrannt. Dort besuchen
sie ein Gartenconcert. Als sie gerade
eintreten wollen, spielt das Orchester
aus der belannten Oper die Stelle:
,,Martha, Martha, Du entschwan
dest!« Entsetzt packt die Ausreißeris
ihren Galan beim Rock und flüstert:
»Um Gottes-willen nicht da hinein,
Geliebter, wir sind entdeckt!«
Sehr erklärlich.
Die Frau: ,,Glaube nur nicht, das
ich nicht noch andere Bewerber hatte,
ehe Du mich heirathest. —— Richard
Lehmann und dem Apotheker Meier
habe ich seiner Zeit einen Korb gege
ben, nnd heute sind beide schwer reiche
Leute, während Du immer noch ein
armer Schlucker bis .«
Der Mann: »Ich mußte ja auch die
ganzen Jahre hindurch Deine Klei
der- und Hutrechnungen bezahlen. —
.sie nichi!«