Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 24, 1907, Sweiter Theil., Image 7

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    Yeöraska - «
Staats-3nze1ger Und Yerold
Zugs-Its F
Grund Mut- Nebt.. 24. Mai 1907 (Zweitet Theil.)
—
No. 39.
Frtllplingszauber.
Nun ist tm Frühling doch gekommen,
Gekommen ist-er Nachts
Hat Sturm und Wetter fortgenommen
Und Sonnenschgn gebracht.
Nun ist der Frühling doch gekommen
Jn aller Herrlichkeit!
Was klopft dein Herz da noch beklom
men?
Wach’ auf, mach· dich bereits —
Mach’ dich bereit, ilJn zu- empfangen,
Den wonnig holden Mast »
Jst auch dein Leben-Blend verganqen,
Sieh’ —- die Natur blieb treu! —
Den Frieden, den die Welt,. das
Leben.
Dir raubte, ihn bringt nur
Zurück mit ihrem Wunderweben
Die Zauberin N a tu r !
i
Alstaizllsmosm
Novelleiie von Makic Stuhl.
Jn lockendet Kinngfiille brausten
die hefteten Weisen der Militätkapelle
durch den Festsaal, der sich bei Ge
legenheit eine-s Bazats zu wobltbäti
«" gen Zwecken als japanische Landschafk
uerkleideet hatte. Jm Hintergrunde
der Fusiayama und das Meer« im
Votdetgtunde japanische Häuschen
unter einem Meer von Kirschblüthen.
Und in diesen Häuschen mit Papier-:
wänden und Bastmatten mehr ode:’
minder reizende Japanetinuen, die
uns pure-: Menschenliebe wetteiieriens
in Flitt Und Gefallsuchi, um Häuser»
anzulecken für all die verschiedenen!
Erzeugnisse des Landes der ausgehen
den Sonne.
»Madome Chrysantheme oder Mä-1
mosa?« fragte ein staatlicher Herr in
mittleren Jahren eine reizende Gei
sha, die in einer Laube von Kirschblü«
thenztoeigets Konfett und Blumen
trierlaufte und ab und Zu aus einer
Guitarre llitnpernd lleine Lieder
sang. Jhre Laube war von blitzen
den Uniformen und Fracks förmlich
belagert. Der große Herr, der einige
Orden im Ftnopfloch trug, mußte
lange warten. bis er eine Gelegenheit
s.-.nd, sie anzuoeden Erst in dem Au
genblick, als der Hof den Saal betrat
und das ganze Publilum sich den ho
hen Herrschaften zuwandte, befand er
sich ihr gegenüber allein.
Die schöne Geisha legte die Gui
tarre fort.
»Gott sei Dant, Her- Professor,
Ihnen gegenüber brauche ich nicht
Mimofa zu spielen, Sie taufen Jbre
Blumen ebenso gern von Asia Wir
renburg. Nichts ist ansteenaender
als pflichtgernäß Spaß zu machen
und bezaubernd zu seini«
»Also doch ein kleines Opfer neben
dem Vergnügen, sich aus Nächsten
liebe bewundern zu lassen", saate der
Professor Kettler lächelnd, indem er
sich ein-e Kirschblütbe und ein Büschel
chen Mirnosen ins Knopfloch steckte.
»Leider tann man nicht ganz ohne
Opfer wohlthätig sein« bemerkte
Frau von Warenburg seufzend. »Es
müßte noch etwas anderes erfunden
werden als diese Bazare, um große
Summen für Wohlthätigkeitsrwecke
ohne Mühe zusammenzubringen
»Ohne Mühe?" fragte der Profess
sor mit starker Betonung Er sah
die schöne junge Frau fast trauria an.
«,,O, ich weiß, ich weiß ---— in Ihren
Augen hat nur die Menschenliebe
werth, die sich ans Kreuz schlagen
läßt für die leid-enden Brüder!« rief
Asta ungeduldig. »Mir aber will
scheinen. daß derjenige Höhercs ers
zielt, der Gutes zu thun versteht, in
dem er selbst Lebensgenuß und
Freude aus seiner That schöpft, als-—
einer, der sich für andere lasteit und
tnartert.«
«Bloß, daß das große Menschen
leid nicht mit Bergnügungslommit-.
te- aus dek Wen zu schaffen ist«.!
warf Professor Kettler sehr ernsthaft
ein. »Wer das Leid, wo es am tiei
sten ist« stillen will, muß mitleiden.«
»Die Welt ist zweiseitig'«, entgeg- ;
nete Asia-Mimosa mit anmuthiger
Koletterie, »nur im Sonnenschein der
Lebensfreude lann die höchste, feinite
Kulturbilithe gedeihen. Möchten Sie
den Duft und Glanz aus der Welt
bannen, der von uns Pritsterinnen
- der Freude ausgeht-»
«Asta«, sagte der große, starke
Mann mit einem Beben der Stimme,
«nein! Jeb lann den Duft und Glanz
nicht mehr missen! Jcb möchte ihn
fiir immer in mein arbeitsreickies,
ernstes Leben bannen! Schwer habe
ich mit mir ertöntpr das Verlangen
nach Glück läßt sich« nicht unterdrü
etenl Sie wissen nicht, was ich leide,
Sie in dieser Masterade zu sehen,
um das Wohlgefallen jedes eitlen Ge
- »den und der feilen Masse buhlend.
Mir i . als müßte t ersticken in die
ser pspbiire der armhergigtettss
- schelei. in der seder nur sein liebes
- - ur Geltung bringen will und
ein ensch an die Unglücklichen
denkt, die durch Wohlthaten nach er
niedrigt werden· Jch möchte Sie aus
reinere Hshe rettenl Dort sollten Sie
in« Ihrem Dust und Glanz noch viel
schilt-er blühen, nicht nur mir. sondern
vielen zum Segen und zur Freude.
Denn . be Ve» würde mir doppelte
Arbeit reudig et verleihen, den Setz
deuden um Nu n. A a! nur ein
Wort, o ich en darf «
Asta-Mimo a toar er chroclen einen
-tleinen Schritt suec-getreten hr
Auge glitt mit einem halben e
dauern libet den aufgeregten Mann.
iiver seine l)ol;-:, imposante Gestalt miii
dem markanten Charakterlopf. .
»Aber Herr Professot«, sagte si
Hnit der Miene eines bettiibten Kin
Idee-, »ich Verkracje die Krankenhaus
atntoiplsäre eben so wenig wie Sie
idie hiesige Der leiseste Geruch von-I
Tiner und Aether macht mich trank! ;
Seien Sie mir nicht böse, bitteJ
I bitte!«
.Die le ten Worte waren nur noch
hastig ge lüstert, denn in dieiem Au
genblick wandte sich der Schwarm des
kaufluitigen Publitnjng wieder den
Buden zu. Die ichdne Mimosa wart
scfoti von neuem umdkängtnnd umll
worden.
Der Professor war bleich gewor
den. Er mußte sich zufamnienraffem
Um einem der königlichen Winzer-,
let ihn huldvoll anredete, die passende
Antwort zu geben. Der einz ließ
sich eingehend über den Ne bau eines
Krankenlfauses Bericht erstatten, und
ir- diesefe Gespräch tönte eine Guitarre
in weichen, lockenden Akkorden. und
eine süße Stimme sang: » n meiner
Heiinath, da wird es jetzt tiilsling.«
Auch die königliche Hoheit wurde 4
P
zerstreut und lauschte nach der Sän
gerin hinüber.
»Ah, da ist ja unsere charmantc
Wittwe —- verzeihen Sie, Herr Pro
fessor ——— muß nur schnell mal meine
Hutdiguna zu Füßen legen —.«
Mit diesen Worten wandte sich der
Prinz, der zum Comite gehörte, Frau
von Warenburg zu.
Es war tiefe Nacht, als Asta-Mi
mosa, in ihr Heim zurückgekehrt, bei
rauscht von Triumphen. vor allen
ausgezeichnet durch den Prinzen, den
Protettor der Festveranstaltung, zum
erstenmal wieder zum Nachdenken
kam. Sie sonnte sich in dem Be
wußtsein, den giftigen Neid zahlloser
sMitfchwestern erregt zu haben.
’Das Maß ihrer desriedigte Eitel
teit war heute voll geworden is zum
Ueberlaufen, aber all diese angeneh
men Triumphgefühle konnten ein ver
borgenes, von dein brausenden Kling
ttang des Abends übertäubtes Weh
gefiihl nicht ganz ersticken. Und jetzt
in der tiefen Stille der Nacht wurde
es auch itnheimlich»groß. «
DaeBitd des hohen, ernsten Man
nes-« mit der tiefen Liebe im Blick
trat wie eine Anklage vor ihre Seele.
»Was hast du gethan? Du hast ei
nen Edelstein fiir bunte Scherben,
Gold siir Flitter hingegeben!« warnte
eine Stimme in ihrem Innern. Aber
sie wehrte sich dagegen.
« »Ich liebe ihn nicht genug, um ihm
das Opfer meine-Z wundervollen,
fröhlichen Lebens zu bringen«, sagte
sie sich. »Seine Lebenssphäre liegt
auf der Schattenseite, Krankheit,
Tod und Elend find seine täglichen
Gesellschaften Das ertrage ich nicht.
Für das Lebensbediirfniß meines
Herzens habe ich ja mein Kind. Die
Mutterliebe rettet meine Seele vor
der Gefahr, so hohl und obersläch
lich zu werden wie die Mehrzahl mei
ner Standesgenossirtnm Jch brauche
stettler nicht.«
Sie warf ihren seidenen Schlafrock
iiber und ging in das Nebenzimmer«
wo ihr Söhnchem ein sechsjähriges
Kind, den tiefen, festen lstinderschlaf
schlies.
»Mein einziges Glück, mein Alles!«
sliisterte sie mit leidenschaftlicher
Zärtlichkeit und küßte den Kleinen
auf die rosigen Wörtchen
Wochen waren vergangen. Mitten
in den ranschenden Tumult der Hoch
saison tönte eines Tages eine Schre
cienstundr.
»Automobilunsall«, erzählte man
sich mit bleichen Lippen. Waben Sie
schon das Entsetzliche gehört? Die
schöne Warenburg und ihr Söhnchen
-«- heraus-geschleudert bei einem Zu
sammenstoß « auf einer Fahrt zum
stindersest —- ich glaube, das Kind
todt und sie rerstümmelt! Gesißlicht«
Wie gewöhnlich hatte die erstes
» Schreckensnachricht übertrieben. Frau j
»von Warenburg haite nur den Arm
,gebrochen und einige nicht lebendige
fiihrliche Wundenddabongetragem nnd
das Kind, das man erst todt ge
geben, schwebte aber in großer Ge
fa r. Auf der Unfallstation, wo man
d erste hilse leistete, verlangte Asta
mit der legten Krast der Besinnung,
daß man Professor Kettler telepho
Frist Zur Stelle und ließ Mutter und
Kind n seine Kttnik bringen.
Und nunztamen Wochen der Qual
nnd Todesangst siir die un liiekliche
Frau. Alles, was sie selbst ltt, war
Sie las in den tiesbekiimmerten Mie
nen des Arztes, daß er« ihren kleinen
Hanssorg aufgegeben und das führte
I sie an den Abgrund der Verzweiflung.
Jn diesem grenzenlosen Seelenleid
lernte sie den Werth der mitleidenden
Liebe kennen. Sie klammerte si wie
eine Ertrinkende an Kettler, un als
-
I
glaubt, hatte bald Lebenszeichen ge-«
nisch herbeirufe. Er war in kürzeste-:
nichts gegen die Angst um ihr Nind.«
endlich, endlich die erlösende Stunde
kam, da er ibr mit leuchtenden Augen
sagen konnte: »Gerettet!« brach sie
laut ausweinend zusammen und küßte
seine Hände.
Langsam lam die Retonvatenszenz.
Sie konnte kaum wieder geben und
stehn, so theilte sie sich mit den
Schwestern in die Pflege ihres Kin
des, und als der Kleine wieder lachte
und plauderte, da war ihr das-·- lo-ge
fürchtete Krankenhaus zu einem-lie
ben Heim geworden· Sie verließ oft
die Räume, die sie bewohnte, und be
suchte die Säle der Kranken und Ge
netenden « · .
Der Tag des Abschieds kam, der sie
und ihr Kind genesen dem ialten Heim
wiedergeben sollte· Neben der - reude
war ihr Herz voll banger-We math
sd schwer wurde es ihr, aus der fo
liebgewordenen Umgebung zu schei
den. Der Professor hatte nie wieder
seine Werbirng erwähnt; streng hielt
er die Grenze zwischen Freunofcha tj
und Liebe inne. Das bedrückte W
schwer, sie fürchtete, daß sie seine;
Liebe für immer verlor und wußte;
doch, daß ein Leben ohne ihn keins
Glück mehr fiir sie sei. »
»Es wird mir so schwer zu gehen-I
sagte sie mit erftickter Stimme, als siex
ihm zum Abschied allein gegenüber-T
stand in feinem Sprechzimrner. !
,,Sehen Sie, man gewiihnt sich an.(
alles,« suchte er heitelr zu scherzen«
,,selbst an die Atmosphäre Von Ksrxl
bol und Aether.« s
Sie brach in The-Einen aus. »JchT
weiß, Sie werden mir das tbörichtej
Wort nie verzeihen! Sie haben so»
furchtbar recht behalten mit dem, wasi
Sie mir an jenem Abend sagten, alsi’
ich noch nicht wußte, was wahres-I
Unglück nnd was —-—wahre Liebe ist!« T
,.Asta!« Ich habe Ihnen längst ver
ziehen-wenn Sie jetzt wissen, was
wabre Liebe ist, dann wissen Ste,
auch daß-sie alles duldet und nie auf
hört.« «
,,;a, ich weiß-es,« sagte sie met
einem leuchtenden Blick. Er zog sie
sanst in seine Armes und den Kopf
an feiner Brust, flsistette sie: »Mens
Leben lang will ich dir dienen - unt-«
ben leidenden Brüdern!«
-.-« - .. .- · - --».-...—»..
AmSee Genezareti7. !
Von· L. Wert-ird
sieinc uns vertraute Stätte deg- hei
ligen Landes hastet so fest in dem Ge .
dächtniß des Paläsiinapilgers wie der
See Gene«zaretti. Dieser See wirt:
in seiner unberührten Schöne echt, wiei
ein großes Heiligtlznm Der Perlel
gleicht sein smimmernder Spiegel, dies
eingesaßt wird von dem Griin dexj
Matten nnd dem te iiberragendea :
Verglranz Nordgaliläas. -—— To sahen i
wir ihn um die Märzwende des Jan-1
l
i
ree this-. Wir standen auf der Höhe
von Miisis im einsamen Ostjordan-«
lande.
Der Abhang ragt 2000 Fuß Tiere-l
des Furche, die hier in alten Zeiten der H
Jordan in das Antlitz der Mutter Erde
gegraben trat; da kostet eg einen mün
seligen Ulostieg das Kleinod zu gewin
nen, auf dessen gtitzernden Wellen deri
erst-.- Ijtorgenfonnenstrahl sich wiegts
Keusch lsijitr die jungfräuliche Land- I
schaft ihre edlen Formen in einen zir- ;
ten aGleise-. aber gerade die Nenn-s
stimmuna wirkt eine überirdisches
Schönheit Licht ist das Wasser, blziss "
min« sind di: Halden, zum Greifen dies
Umrisse der OiigeL und doch liegt iiver !
dem Ganzen aus verbaltenem Lichts
und Aether gewoben, das Geheimnis-,"
der Ewigkeit. Das Herz richtet sichs
aus den, der da ist »aller Schöne Mei- ’
ster«, kai- leige sucht seine Fußstapsen,
nnd oor dem inneren Sinn füllt sich
der landschaftliche Rahmen mit leben-:
. z . v , . » » .
degen ssrtdern aus Galrlaaö großen
Tagen
Wir reiten am Ostuser entlang, die
abgeiriedenen Gäule erhaschen am Weg
ande manch vorwitzian Hahn der set
ten Sultansaerste.« Dichter und üp
piger wird die Wildniß, bis endlich
unsere Zelte gleich riesigen Glockenblip
men ans dem tniehohen Sens und den
biühenden Wiesen uns entgegenleuch
ten. Sie iiinden willkommene Ruhe,
denn bier zu« ruhen ist wonniqe Aus
sicht siir Leib und Seele. Der Tag
geht schon zur Neige, da schüttet die
Sonne noch einmal eine Fluth milden
Lichts über die dunstige Seelandschaft
aus. Jn feenbaftem Schein erstrahlt
nur der Wasserfiiiche, die der Abend
«wind leicht träufelt, ein Schifflein;
maigriin leuchtet am Strande die
grüne Ebene, nur die Randberge da
hinter versinten im Schatten. O diese
Sonne des Morgenlandes, wie sie ver
schwendeejsch ihre Reize ausgießtz wie
sie malt und tönt, himmel und Wol
ten, Land und Meer! Am nächsten
»Mei«aen bat sie uns driiben am westti
schen See-irr aus den Schatten der
Macht Tiberias bervorgezaubert, die
sStaot, die Herodes Antipas einst ans
Gold nnd Marmor schuf Leuchte-nd
wachsen noch heute die weißgekrönten
THänser am Uferbang ans der blauen
Fluth in den lichten Aether, und fein
wie ein tostbares Spielzeug, aus E!
fenbein geschnitzt, dünkt den Beschauer
das-; Bild. Es winkt ihm, es lockt In
Und vergebens Licht sein Auge nati:
vertrauteren Bibelstätten am Sec;
iibcr Kapernauin, über Chorazin nnd
Bethfaida hat sich das Wehe des Herrn
so gründlich ausgewirkt, daß heute
Dornen nnd Diftcln ihre Stätte
decken. «
Fischer kringen uns in mehrftiindi
Her Rudernrbeit über den See; und
wenn auch der Genuß der Fahrt durch
einen wolkenbruchartigen Sturzregen«
nicht gerade erhöht wird, so wird nach
de: Entladung doch der Ausblick klar,
de: vorher durch die wogenden Nebel
ictnvaden versperrt war. (
Langsam zieht am Ufer das Hiel
boot seine Furche. Die alten Römer
bäder, deren heilkräftiger warmer
Strudel die Stadt nocb heute in einen
tt irort ersten Range-J versetzen könn
te, und die berühmten Rabbinengriiber
mit ihren weißen Synagogentuppeln
gleiten an uns vorüber; Trümmer und.
Säulenreste, die Zeugen einer längst
eritschwundenen Pracht, stellen die Ver
bindung mit dem heutigen Ort her. Er
iir zu Wasser und zu Lande mit einer
wehrhaften Mauer umschlossen, deren
Thurm molenartig in den See· vor
srringt. Auch die Häuser reichen bis
an den See, zum Theil in den See.
Unter dem Hurrah der hoffnungslos
schmutzigen Jugend geht das Ausboo
ten auf den starken Nacken zweier Fi
scher ohne Unfall von statten
Wir treten einen Gang durch die
Stadt an, als dessen Ziel hoch oben tm
Schatten des Burgberges das deutsche
Hotel winkt. Der Blick von seinem
Thurme til-er die träumenden Palmen
und die schlanten Minaretts wird stir
nianche Mühsal des- Weges entsckädi
gen. Aber der Wanderer muß sein
Herz mit der ganzen Größe seiner star
ten Seele wappnen, denn vorerst har
ren semer bittere Enttäuschungen
Man hat von dem märchenhaftem
Schmutz orientalischen Städtelebens
gehört; hier gibt’s ein Musterbeispiel
dafür-, denn Tiberias ist trotz der ge
winnenden Außenseite im Innern nicht
besser als andere palästinische Städte,
es ist nur noch schlimmer. Schon am
Strande erlebt man, wie der under
gleichliche See den Anwohnern zur
Kloale dient; aber ernst, wirklich ernst
wird es mit dem Schmutze doch erst
auf dem Markte, in dem Herzen von
Tiberias. Berge von Unratl), von dem
suchsartigen Hundegesindel durchwühlt,
wechseln mit übelriechenden Seen, die
der Spätregen frisch gestillt hat. Und
dariiber lagert, dick wie mit Fäusten zu
greifen, eine mit Miasmen gesättigte
Atmosphäre die aus Minuten das
Athmen abstellt. Kein Lüftchen vorn
See, kein reinigender Regengufz hat
hier Zutritt, denn wie ein Alp lastet
ein hölzernes-« lttiebeldach iiber den
Straßen des Marktes.
Hier hausen die Juden; krier hat
auch, wenn der arabische Volks-wund
recht hat, der König der Flöhe seine
Residenz. Schon seit alterg ist Tibe
trias eine jiidische Stadt. Ansanag
als unrein gemieden, wurde sie doch
schon wenige Jahrzehnte darauf, nach
der Zerstörung Jerusalems. der natio
nale Bergccngsort Heimathloser, und
bald wuchs die junge Stadt auch zum
Mittelpuntt des gesetzeetreuen Juden
thutns heran. Seitdem umschwebt sie
der Duft der Heiligkeit, und noch heute
zählt Tiberias zu dem Vierlreis heili
ger Judenstädte in Palästjnamoch heute
wallsahrten fromme Juden an den To
destagen der großen Talmudisten in
Schnaren zuihren Gräbern. Vielleicht,
dat; der Dust der Heiligkeit am Sab
bath erwacht, wenn sarbenfreudigeGe
wänder von Pliisch und Seide dies-um
pender Woche ersetzen und zierliche
Seitenloelen unter der schweren Pelz
niiitze hervorquellen. Uns bot sich an
jenem Mittwoch nur ein unerfreuliches
Abbild der Straße, ein Bild der Ver
nachlässigung Jn zerrissenen Schu
hen, in zerschlissenem Kaftan, den run
dLn Hut schmutzig und abgegrisfen, so
steht der fiidische Händler in dem offe
;nen Vertausåstande und bietet feil.
»was das Herz sich wünscht, was der
Sinn begehrt. Das Hauptzugmittet
»für den Araber schienen zierlicheScl ach
teln mit der Aufschrift «Salonstreich
shiilzer« zu sein; uns stand der Sinn
fwehr nach Orangen und Zigarren Jm
Orangenbandel erschien uns der Marlt
svon Tiberias fast wie das Schlarasfen
ilaud, da wir drei Früchte siir einen
FMetalliL etwas mehr als ein Cent, er
standen So ,,billig« die Apfelsinein
so «billig und schlecht« waren die Zi
W
garren von Tiberias. Billig, weit das »
Stück nur einen Metallik kostete, wäh- -
rend man sonst im Orient für ein
rauchbaregseraut mindestens das Fünf
fache anlegen muß. Aber schlecht,weit
dem Kühnsten der Kühnen auf der
abendlichen Heimfahrt zu den Zelten sc
weh ums Herz, so blaß um die Lippen
ward, daß er die seltene Seebarbe, die
der Koch uns inzwischen bereitet hatte-,
verschmähte und dem Lager zustrebte.
Ei- behauptcte am nächsten Tage stei
lich ernsthaft, daß es eine ,,richtige«
;Seekrantheit gewesen sei, und berief
Esich aus die phantasiedolle Versicherung
der rudermitden Schiffer-, daß »die
"Wellen in der Mitte des Sees so hoch
gingen als die Berge rings-um« — sie
hatten sich durch diese Versicherung nur
die Ritcltehr abtiirzen wollen — aber
seine Behauptung fand wenig Glauben.
Tie Nacht in den Zeiten ist Schwei
gen. Die Mutaris hatten unsere Ab
wesenheit, wie später herauskam, dazu
benutzt, in orientalischem Herrengefühl
unsere Betten zu bevölkern; und nun
fanden wir sie von jenen ,,unsaßbaren«
Lebewesen besetzt, die die Nacht zum
Tage 1nacten. Es war wieder eine je
ner ,,arabischen Nächte«, die die Poeten
befingen, meist nhne sie zu kennen.
rlcht Lage waret Auf betretene
ten Pfaden naht sich unsere Karawane
von Nordwesten her dem See. Noch
steiler «geht’s zu Thal als neulich, denn
de: See liegt mehr als 600 Fuß unter
dein Meereåspiegeh und wir kommen
von dem obergaliläischen -Safed, der
,,Stadt auf dem Berge« (Matth. 5, 4).
Aber doch istcsz ein wunderbares Reiten
unter lachendem Himmel, in lindcr
Frühlingsluft, mit vollem, übervollem
Herzen. Die Bienlein summen, die
Blumen dztften, der Boden strolzt von
rother Fruchterde, wo ihm nicht die
holden Frühlingskinder ein reiches,
farbenpriichtiges Gewand gewoben ha
. ben. Und all die Friihlingspracht
« streckt sich zum See, sein Becken sam
ntelt die Linien der Landschaft wie in
einem Brennpunkt.
Bei Ain et-Tabira stoßen wir hart
auf sein Ufer. Ein freundliches Gie
belhaue nimmt uns auf, in dessen offe
ner Halle die üppig-: Pracht blutrother
Rantrosen glüht. Hier wüßte ich in
Frühlingstaaen fitr den abgearbeiteten
Gelehrten, fiir die gesellschaftsmiide
Weltdame ein Buen retiro. Selbst fiir
lheilträftige Bäder sorgt hier Mutter
Illtatzir. Wurme Quellen haben schon
-ii:: Munde der alten Pilger dem Ort
»den Namen »Siebenquell« gegeben; ein
shoher, offener Mühllanal leitet heute
ihr Wasser zum See; und- da, wo es
in mächtigen-. Strahl herabstiirzt, bietet
sich-im kühlenden Schatten der Euka
lhptusbäume die prächtigste Gelegenheit
»zum Trausbad. Wir ziehen das lith
lere Seebad vor und schauen, auf einein
Stein im flachen Wasser uns sonnend,
dem Spiel des Fischeris zu, der sein
Netz wirst und rafft, wirft und rafft
» .. Und dazwischen liest er die Beute
T aus und thut die guten ins Lendennetz,
idte faulen ins Wasser. Ganz so. wie
leg in dem Gleichniß vom Menschenki
»scher heißt: »Das-Himmelreich ist gleich
ieinem Netze, damit man allerlei Gat
tung fängt . . .« —- Das gastliche Ho
hniz der deutschen Katholiten hat uns
erquickt; mit frischen Kräften reiten
ilvir oon Tabira gen Süden. Die Hügel
treten zurück, und die alte Ebene Gen
nefar tveitet sich Vor uns. Sie war
einst der Garten Gottes in Galiläa und
hat die Feder des wehrhaften Juden
Joseph-as zu einer glänzenden Schilde-·
rang begeistert Sie könnte bei de«
eFiille der Wasserläufe, der Gluth der
Sonne auch heute noch einen Wettstreit
der Natur entfesseln und die Wunder
melsi der Tropen hervorzaubern Disz
zeigen die mannshohen rosa Malt-en.
in deren Schatten wir dahinreiten, und
die Diftelriesetn die mit-den spitzigenl
Krallen unsere Mantel verwunoeii.s
Und Jris und Gladiole, Phlox und’
Margarete nicken dazu,wenn der Steig
biigel sie berührt; kaum läßt sich der
Versuchung widerstehen, abzusitzen und
die Fülle an Farben und Formen in
einem prächtig-en Feldblumenstrauß zu
vereinen. Aber das Land, darinnen
Milch und Honig floß, liegt noch im
Dcrnrösehenschlaf und harrt des Prin- -
zen, der es wach küßt; vielleicht sind
Pflug und Ochsen, die wir in dermitte I
der Ebene in Tbätigteit antreffen, die-»
ersten Zeichen seines Rabens.
Wohl eine Stunde streckt sich der
schmale Paradiesesstreif am Ufer ent
lang, dann heißt es Abschied von dem
See nehmen« da die Berge Weg und
Steg versperren. Wohin nun? Eine
riesige Schlucht, die das Beraland jäh
unterbricht, weist uns den Weg. Aus
der Schlucht aber steiat die massige Ho
b» von Hattin mit ihren beiden »Hör
ner « heraus. Aus dieser Hochebenej
Ia i in isen Sommertagen des Jahres
—-.- —-«-.
1187 die Bliitlye der abendländischei
Ritterschast vor Saladin in venSthI
und mit ihr zerbrach die Herrschaft de
Kteiizcs im Motgenlandz aus den
zweigipseligen Höhenritcken aber, de
ihr ausgesetzt ist, sucht seit dem Mittei
alter massive Frömmigkeit die Kan e
des Bergpkedigers. Tief-r AbendfTH
de lagert iiber der Landschaft, die Ietz
ten Farbenstreisen verglimmen an
westlichen Himmel. Und aus den
Rauschen der salben Oelbaumkronet
EtlingT es leise zu unseren Zeiten her
nieder-: -
" ,,,Selig sind dieSanstmiithigen, denk
sie werden das Erdreich besitzen. Selig
sind die Bürmhekzigem denn sie wer
den Barmherzigkeit erlangen. Selig
sind die Friedfertigen, denn sie werdet
Gottes Kinder heißei!.«
Auch eine Ali-nein
Im Welfenmuseum zu Hannovet
hängt seit vielen Jahren als histori
sche Reliquie eine lederne Hose, nnd
Die Geschichte derselben ist solgendkt "
Jin 16. Jahrhundert, als die
Städte Eimbeck und Osterode nack
zusammen ein Fürstenthum« bildeten,
das den Namen Grubenhagen führte
regierte dort Herzog Erich, ein lei
denschaftlicher Freund des köstlichen
Eimbecker Bieres. Davon ließ er sicks
öfters eine Tonne auf sein Schloß
kommen, hatte jedoch nicht immer das
nöthige Geld zur Bezahlung. Eines
Tages hatte der Herzog Gäste send
Verlangie von den Einbeckern Vierz
echielt aber die Antwort, daß er ersti
dasi früher gelieferte bezahlen solle-»
Auf diese Weise gedrängt, übergak
der Herzog seine lederne—-—Hose als»
Faustpsand, löste es jedoch nie wieder-Z
ein, und so wußten die Bewohner Von-.
Einbeck nichts Besseres damit anzu-i
fangen, als das herzogliche Beinlleid
dem Welfenmuseum in Hannover zum
Geschenk zu machen. I
Ein fchlagfertiser RechtsnmmutT
Mit großem Geschick hat sich kürz
lich ein Rsechtsanwält beim Kölner
Oberlandesgerichte in einer peinlichex
Situation, in die er wegen Verwechs
selung der Parteirollen gerathen war-,
zn helfen gewußt. In einer Brig-at
tlagesache, in der das Oberlan Dz;
gericht in der Revisionsinstanz zu ent-J
scheiden hatte, trug er irrthiimlicher-»
weise den Standpunkt des Privatkläisz
gers vor, während ihm das Mandat-I
von dem Beklagten übertragen work
den war, und er deshalb dessen Such-T
zu vertreten hatte» Auf seinen Irr
thum wurde er aufmerksam, als ihtkz
der Vorsitzende am Ende seines Plaist
doners fragte: «Wessen Sache vertrei-5
ten Sie denn eigentlich?« Schnell gei
faßt replizirt der Anwalt: »Was ickk
bis jetzt vorgetragen habe, ist des;
Rechtsstandpunkt der Gegenseiie, des
ren logische und juristische Begriinx
dung so mangel- und lückenhaft ists-;
wie ich sie in meiner langjähriger
Praxis noch nicht erlebt habe, univ
wie sie Vor diesem hohen Gerichtshof
wohl noch nicht vorgetragen worder
ii1.« Schallende Heiterkeit der ii
ihren Sesseln thronenden Richter bel?
lot-nie diese Ausführungen des schlag;
fertigen Rechtsanwaltes, der osfenbak
auch der schwierigsten Situation ges
wachsen ist.
W
Goethe in der Musik.
Man zählt über tausend Komposr
tionen zu Goethe’schen Liedern. Das
achtzehnte Jahrhundert allein-hat, wi
Max Friedländer in seinem große
Werke iiber das deutsche Lied zeigt
bereits an 185 KompositionenGoethesp
scher Gedicht-I gekannt. Am häufigste·
ist wohl ,,Wanderer"s NachtliedUom
ponirt worden. Bierundneunzigma
bat man Versucht, den stillen Zaube
dieses Gedichtes in Musik Umzusetzer
darunter bekanntlich Schumant
Schubert, Liszt, Loewe und andere
Von demGedicht »U-cber allen Wipfel
ist Ruhm giebt es 86 Vertonunger
Dann folaen »Der cKönig von Thule
mit St, »Mianon« mit 68, »Nähe de
Geliebten« mit 80, .,Haideröschen
mit DEL, »Meine Rats ist hin« m
I-’.s; und so sort. Dazu kommen no(
die Kompositionen der Dramen, Or
vertnren, Opern nnd Singfpiele,- di
ren Quelle ein Goethe’sches Gedick
oder Schauspie! ist. Der »Fm.tst
allein ist etwa zwanzig Mal auf di
Opernbübne gebracht worden.
—--—— —
Sie kennen das.
Räuber (zum Herrn, den er übe1
fallen hai): »Sie, SchlanieL wolle ·
d gleich den Ehering hergeben!«
Der Ueberfallene: »Ich bin ja gc
nicht verheirathei!«
Räuber: ,.Plauschen S’ nicht, fi
einen Ledigen haben S’ doch viel z
wenig Konrage!«
Eingeganqen
Tourist: »Hier soll ja ein großa
iiges Echo sein!«
» Führer »Ja-schreien Sie ma;
- Zwei Maß Bier!«
Tourist (nachdem er es gethan; «
»Man hört ja nichts!«
Führer: »Nein hier nicht, aberd
IKnthi vom Bergwir th bringts Bi
» ichoni«
Similia stimmt-T
»Sieh’ mal, dem reichen Weit-« :
«l;änldler« seine Frau trägt ja Brillanå
ohrringe vom reinsten Wasset!« Z-«
I
Zwei-«- .....
B: Das ist nun mal nicht aude
in der Familie. —- shkes Ostia-;
Weine sind von gleicher Güte.«