Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 05, 1907, Sweiter Theil., Image 7

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    Bebt-aska
tstsstssnsssgssUUIITWIs
Jahrgang 27.
Grund Island Nein-» 5. April 1907. (Zweiter Theil.)
No. 32.
— Stockes s
Von Agnes harder.
Voll Sehnsucht rührte ich den Klöppel
· H VI ID- , one . «
Da gab die Glsse wunderbaren Laut,
So zart, daß mich ein Zittern über
rann,
Wie Blumen zittern, die die Nacht be
· thaut.
Laß ruhn den KlöppeL gramdurch
- furchte hand,
Daß nicht, die in die Glocke ist ge-·
bannt,
Verzweiflung sich befreit und Wehe
fchreit
Durch alle Stunden deiner Lebenszeit,
Jn Sturm und Drohen, bis das Erz
zerspringt,
Und nur ein Wimmern von dem
Thurme dringt!
--.--—
Ehre und Glück.
" Novellette von Ma r i e S t a h l.
Komteß Liane hatte auf dem Früh
ftiickstifch einen Brief vorgefunden bei
dessen Lettiire sie ihr Vater, der Mi
nifterpriisident Graf Necktoitz über
rafchte.
»Papa. das ift gegen die Verabre
dung,« rief sie ihm fchmvllend entge
gen. »Ich habe dir gesagt, daß ich
diefen Winter noch frei bleiben will!
Winzleben konnte bis Ende der Sai
fon warten! Nun überfällt er mich
mit dieser Erklärung und will heut’
Abend beim Kotillon das Jawort von
mir holen. Ich tasnze aber den sit-til
lon gar nicht mit ihm, ich habe ihn
längst Herrn von Eichmart verspro
chen.«
0 »Mit dem jungen Eichmart?«
»Ja, Papa, heut’ will ich mich noch
einmal amiisiren.«
»Gebt das auch nicht mit Winzle
beni«
»O nein, du lieber, dummer Papa!
Winzleben ist doch nur zum heirathen,
da hört natürlich das Vergnügen auf.·«
»Du Krabbe mit deiner achtzehn
jiihtigen LebensweisheiU Da muß ich
allerdings die Segel streichen! Aber
sag’ mal, wenn du nun Eichmarl hei
rathen könntest, würde da auch das
Vergnügen aufhören?«
»Mit-is c’est impossiblet Himmli
scher Papa, ich kann doch keine kleine
Gutsbesiyerösrau werden! Ja, wenn
Cichrnart in Winzlebenö Stelle-wäre
-—— das wäre reizend! Aber du hast
doch selbst gesagt, daß er nie Karriere
machen wird.«
»Nein, nie, wenn ich nicht will. Und
ich wollte nicht bis jetzt«
»Er gehört doch nicht zur Regie
rungspartei — was ist da zu ma
chen?«
»Alles. Glaubst du, daß er nicht
zu haben ware, wenn ich will-«
»Nein Papa, du kennst ihn nicht.
Er ist nicht wie die anderen. Sonst
—- ja, sonst hätte ich dich längst gebe
ten, etwas aus ihm zu machen. Er
gefällt mir fo gut ——— ach, Herzens
papa —, so sehr gut! So viel besser
als Winzleben!"
»Du hast teinen schlechten Ge
schmack, Kleiner-. Jch muß sagen,
wenn ich ein junges Mädchen wäre,
würde ich sogar lieber einen Eichmart
auf feinem kleinen Krautacker heira
then als einen Winzleben mit seinen
Orden, Titeln und Majoraten. Aber
du bitt solch ein schrecklich vertvöbntes
Prinzeßchen.«
Reckwisi streichelie zärtlich den
dunklen Scheitel seines einzigen Stin
des. Die tiese Liebe in seinem Blick
war von einem Bedauern überschattet.
»Papa, Herr von Eichniarl hat mir
gesagt, , seine Frau müßte einmal
selbst die Haushaltungsbücher sühren,
sie müßte eine tüchtige Landwirthin
sein und kochen, backen, waschen, ja
—- selbst Schweine mästen und Feder
viehzucht verstehen! —- Nein, so leid
es mir thut, da heirathe ich lieber
Winzleben!«
»Hm, hm,« machte Reitin und sah
seine Tochter nachdenklich an.
Schade! es war doch wohl nicht die
rechte Erziehung! Er hatte sein Herz
blatt vergöttert und verzogen! Sie
war solch ein gotibegnadetes Geschöpf,
aber nun sehlte es am Charakter. Sie
wird die typische große Dame werden
mit dem unnützen Genußleben
Er, der Mann der harten, eisernen
Arbeitöenergie, hatte so ungeheuren
Respekt vor Charatter, aber er stand
aus einsamer Höhe und langsam war
die Menschenverachtung gewesen mit
seiner steigenden Macht. heute zum
erstenmal süblte er, daß auch sein
Kind, sein Liebstes, versagte. Bis
« jetzt hatten ihn ihre Launeii und
Thorheiten entzückt —- in dieser Schick
salstunde aber hätte sie sich bewähren
müssen! Wie hätte er sich gesreut,
wenn sie den Muth gesunden, ihm zu
sagen: ich will lieber mit Eichmart im
Schweiße meines Angesichts arbeiten,
als das Leben genießen!
Nun sagte er ihr, sie solle sich nicht
übereilen, er wünsche nichts weiter,
als sie glücklich zu machen. Wenn sie
Eichinart borstige, solle sie ihn haben,
er würde etwas aus ihm machen, denn
das Zeug habe er in hohem Maße
Liane blieb nachdenklich
»Es wird vergeblich sein, Papa. Er
wird seinen Standpunkt nie ändern.«
Reekwii sliichelke überlegen.
»Kind, das wäre der erste. Sie
haben alle ihren Preis.«
»Glaubst du wirklich, Papa? Ach,
eg wäre zu himmlisch! Nicht wahr,
dann verhilsst du ihm zu Stellung
und Reichthutn und dann heirathe ich
ihn! Einziger, lieber Papa, es wäre
zu schön!«
Wie süß sie schmeicheln konnte! Er
erwiderte ihre Lieblosungen und küßte
sein schönes Kind, er versprach alles
siir sie zu thun, sie glücklich zu machen,
aber er ging von ihr einsamer und
herzensärrner denn je
—-.·—.. M— .-.—-—-—-.-«--- -...-.-—·
Seit einer halben Stunde war
Achlm von Eichmart ein gemachter
Mann.
Graf Recht-M der allmächtige
Mann, war mit«en durch den Ballsaal
aus ihn zugegangen, und als er be
scheiden zurücktreten wollte, um ihm
Platz zu machen, hatte«er ihm lä
chelnd d·: Hand auf din Arm gelegt.
»Ich bitte Sie, Herr von Eich
marl « Rechts und links wich alles
ehrerbietig zurück. Eichmarl verneigte
»sich tief
i »Habe Jh:e Broschüre gelesen —
sie ist ein kleines Meisterstück Hat
mir imponirt, thatsächlich imponirt.
Es ist jedoch nicht der Ort hier, nä
her darauf einzugeh-n Kommen Sie
morgen zwischen zehn und elf Uhr zu
mir in mein Prioattabinett —- Mini
sterium des Innern ——— ich werde mich
freuen, einen ungestörten Meinungs
austausch mit Jhnen zu haben.« «
Und mit gnädigem Handschiirteln
war der junge Mann entlassen.
Es stieg ihm fast wie ein Rausch zu
Kopf.
Diese Broschüre, die er selbst siir
den Leichenstein seiner Karriere gehal
ten, hatte also dennoch ihre Wirtung
nicht verfehlt? Wenn Reckwih sich
durch sie beeinflussen ließ, dann war
sein tühnster Traum erfüllt. Dann
war er aus seiner Unbedeutenheit de
nen zugesellt, die Kulturgeschichte ma
chen M er hatte eine Zukunft! Stel
lung, Ruhm, Gold, Macht — blen
dende Visionen tauchten vor ihm aus.
Und in dem Sonnennebel, der vor
seinen Augen schwamm, schwebte die
Glücksaöttin in holder Mgdchengk
statt. Die hatte einen dunklen Locken
iopf und trug einen Brauttranz aus
dem Scheitel.
Die Gliidwiinsche, mit denen sich
gute Betannte jetzt von allen Seiten
an ihn drängten, brachten ihn auf den
Erdboden zurück. Leute, die ihn sonst
kaum tannten« behandelten ihn plötz
lich mit Wohlwollen der Vertraulich
trit. Würdenträger mit hohen Orden
sprachen ihn gönnerhaft an und jeder
wollte ihm schon anderswo und ir
gendwann eine Zukunft prophezeit has
ben.
Es schien ihm später alles wie ein
wunderschöner Traum ——— und es war
etwas dabei, das hatte mit irdischer
Wirklichkeit gar nichts mehr zu thun.
Jm anstoßenden Wintergarten
war’g gewesen.
Um ihn her gedämpstes, mattblaues
Licht wie Mondschein —-·- seuchtschwere
Farren- und Palmenwedel, aus de
nen Büschel weißer Kannaielche gei
sterhaft leuchteten. Von fern, aus dem
Ballsaal sangen die Geigen einen be
thörenden Walzer herüber und ganz
in der Nähe das leise, schläfrige Plät
schern der Fontänr.
Und da —- hinter den Farren -—
ein Knistern von seidenem Gewand
ein Huschen und Flüstern « eine
weiche, schmale Gestalt in seinen Ar
men und ein dunlies Lockenhaupt an
seiner Brust. Ein paar heiße, zuckende
Lippen aus den seinen. ein trunkenes
Stammeln — und die holde Vision
verschwand. -
Er war wieder allein mit den stil
len, weißen Kannablumen und der
übergroßen Last seines Glückes-.
Nach vierundzwanzig Stunden znar
der ganze Traum zerronnen. Er war
und blieb der unbedeutende Mann
ohne Zutunst, der seine Augen nicht
exbeben durfte zu der Tochter des
Mächtigsten im Staat.
Die Audienz bei-Reckwitz hatte jede
Illusion vernichtet.
Es war scheinbar so wenig, was
der Minister von ihm siir seine Pro
teltion verlangte, und doch bedeutet
es einen Widerruf seiner innersten
Ueberzeugung, eine Treuiosigteit aegen
sich sechst. .
Die lange, lange Winternacht
lämpfte er mit sich. Er wollte und
mußte eine Hinterthiir finden, durch
die er seine Ehre und Selbstachtuna
mit hineinreiten konnte in den Hasen
des Glücks.
Er sand keine.
Alle Wasser der Seelenangst gingen
über seine Seele, verzweifelt lehnte er
sich aus gegen den Verzicht.
Es blieb ihm nichts als die Wahl
zwischen Ehre und Glück.
Gegen Morgen schrieb er sein Ent- »
lassungsgesuch — --- —
Die Antwort des Ministers war;
eine Einladung in sein Palais. !
Dort, unter vier Augen, im Aller- »
heiligsten seines
zeigte er ihm noch einmal die Zukunft «
im Sonnenlicht des Erfolges.
»Das alles will ich dir geben, so du
niederfällst und mich anbetest,« klang
es dem jungen Mann im Ohr.
Er blieb fest. Er dachte an seine
todte Mutter. »JUnge, mach mir
Ehre!« mit diesem Wort hatte sie ihn
erzogen, einfach und pflichttreu.
Als der Minister ihm die Hand Zum
Abschied reichte, war ein seltsames
Leuchten in seinem Blick.
»Sie nehmen mir viel und geben
mir alles mit ihrem Verzicht, Sie ge
ben mir den Glauben an unsere J i
gend zurück und damit an die Zukunft
des Reichs,« sagte er mit einem wei
chen Klmm in der Stimme.
Achim von Eichmark ging wie be-!
täubt, er hatte den Sinn dieser Worte
laum erfaßt. Er wußte nur, daß er
jetzt fortging aus der Welt, in der die
große, ruhmreiche Arbeit mit dem
klingenden Erfolg gethan wird, daß
er hinabstieg von den Höhen des Le
bens in das stille, dunkle Thal der
Unfcheinbarteit, wo man sich müht im
Schweiße seines Angesichts ohne Lor
beeren zu ernten, ohne Roer zu -
pflücken von den Dornen. i
Und er wußte, daß er allein gehens
mußte. Sie blieb oben-auf den Sonss
nenhähen. T
Er mußte feinen Mannesmuth zu- i
fammennehmen, um aufrecht zu blei
ben, um vorwärts zu gehen, ohne um
zukehren, durch die glänzenden Ge
mächer, durch die hallenden Rom-»
dare, die breite Marmortreppe hinun
ter, an automatenhaften Lakaien vor
bei, vorbei an der speerwerfenden
Aznazone von Tuaillon im Bestibiil.
Und er dachte: Ach, dafi der eherne
Speer ihn treffen und aller Qual ein
Ende machen mächtet
Der Portier trat eben aus seiner
Boge, um das Potnl zu öffnen — da
«ein seltsamer Laut oben sonder-Gatt
lerie, —---————— rief da nicht jemand
seine Namen? Jetzt ein Rauschen wies
fliegendes Frauengewand, ein leichter,
eilender Schritt --— -——— s- rinc helle
Gestalt läuft, springt, stürzis die große
Treppe herunter — alle Lalaien
springen zur Seite —-- --—-—— jetzt steht
sie vor ihm, ringt nach Athem, faßt
außer sich mit beiden Händen nach sei
nein Arm, und keuchend, flehend flu
ftert’s ihm ins Ohr:
»Geh nicht geh’ nicht von uni
b-leib, du mußt bleiben!«
Ihm fchrvindelt. Er sieht Herzens
angst in den großen, brennenden Miid
chcnaugen und sieht den lieben Mund,
den er geliißt, von verhaltenem Wei
nen zucken.
L L.» in-..t!-.. ,.«k LI- z-.
UL VTIHIHI Ucll psklillc UUU Ulc ON
taten, er weiß nicht mehr, daß er in
dem Bestibiil faft wie auf der Straße
steht. Er zieht die behende Gestalt in
seineArme, streichett sanft den dunt
ten Scheitel und fagt leise:
»Leb wohi! ich muß gehen! Ich
»tann nicht bleiben nnd ehrlos ivssr
s den.«
f »Dann geh ich mit dir! Wo du
ihingehft, da geh ich auch hin « — ich
frteihe nicht ohne dicht-«
; Sie hat es laut, faft jauchzend ae
Hufen und mit einem Jubeiruf reißt
’ srr sie an fein Herz. -
Graf Reckwitz, der seiner Tochter
gefolgt war, hatte von derGallerie
die Szene beobachtet.
. »Gott sei Dankt Sie ist doch meine
Tochter!« sagte er mit einem strah
tenden Lächeln.
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Der Unglückshut
a—-—-«
Humoreste von Marias. Deutsch von
A. Friedheim.
Reinhold Bolder tatu nach Haus
quriick und war etwas erstaunt, daß
»feine Frau ihn bereits in der geöffne
»ten Thüre erwartete.
I Sie rief ihm ein vergnügtes »(5nd
I licht« zu, das ihn gleichfalls sehr über
f raschte und ihn unwillkürlich an die
Zeit der Ftitterwochen erinnerte.
So lange waren die nun zwar noch
nicht vorüber. Zwei Jahre höchstens,
und die Ehegatten hatten sich noch sehr
lieb, wollten sich auch immer lieb ha
ben . . . der Weg zur Hölle ift ja mit
guten Vorfätzen gepflastert! Aber
nichtsoeftoweniger hatte die gnädige
Frau doch gelernt, nicht mehr voller
ungeduld, fondern mit aller Seelen
ruhe auf die Rückkehr des Gatten
aus dem Bureau zu warten.
So war es denn auch nur fehr na
türlich, daß Neinhold Volder auf die
sen ungewöhnlichen Empfang mit der
Frage auittirte: «
»Was ist denn passirtW
»Was Gutes!« «
»Dir auch Z«
,,Wieso mir auch? Hast Du mir
denn auch was Gutes mitzutheilen?«
«Jatvohl. Der Herr des Hauses
bringt eine gute Nachricht mit: im
Vurean gibts einen Wechsel unter den
Beamten. Der Abtbeilungsches, xder
iinausstebliche Virbilo, hat seinen Ab
schied und an seine Stelle tritt Herr
Alexander Pech...«
Frau Bolder lacht beim Hören die
ses Namens belustigt auf. Aber Herr
Bolder erstickt dieses Lachen in den
Festen Anfängen, indem er gemessen
agt:
,·Pech, oder ein anderer Name, das
iskdoch ganz gleich·.. es gibt noch
viel schlimmere Namen.«
Reinhold ist sest überzeugt, daß
Herr Pech — er kennt ihn übrigens
noch gar nicht —- ein kluger, sympa
thischer Mensch ist, der seine Unter
gebenen rücksichtsvoll behandelt, wäh
rend Birbilo namentlich in letzterer
Beziehung Bolder reichliche Beweise
vom Gegentheil geliefert hat. Frau
Bolder umß sich doch noch erinnern,
was der widerlich-e Mensch alles aus
getliigclt hat, um ihm,« ReinholdBok
der, beim Ausriicken Steine in den
Weg zu werfen.
« »Und glaubst Du, daß Dein neuer
Ches...?«
»Auch zum Oureauszzorneher er-"
nennen wird? Ja! Das glaube ich!
Nun, und was hast Du zu berichten?«
»Ich tann Dich mit zwei Theater
txillets überraschen,- die uns Durlits
zu heute Abend geschickt haben...
Baltonpläde. erste Reihe, stir’s Lust
spielhaus!«
,,Darum bist Du wohl so in vollem
Putz!... Ganz sektigk... Und die
Suppe steht schon auf dem Tisch,
während sonst . .
Falls ein männliches Wesen sagt,
das-, eine Frau ,,ganz fertig« ist, wenn
sie noch ihren Hut auszusetzen hat, so
ist das eine Naivität, deren eben nur
ein Mann fähig ist!
Frau Bolder beeilte sich mit ihrem
Dessert denn auch so, daß sie es be-«
teits verzehrt hatte, als Reinhotd erst
damit begann, und Verschwand in ih
sMZimmed - -- — - -
Herr Bolder hatte auch noch alle
Zeit, in voller Behaglichteit eine Zi
garre zu tauchen und dabei die Abend
zeitung zu lesen. Da erst tam Frau
Botder zurück
tFin Schatten glitt iiber Reinhale
Gesicht, und mit gan; veränderter
Stimme, die eigenthümlich, wie von
Angst durchzittert, klang, fragte er:
»Willst Du denn mit d e ni Hut ins
Theater?«
»Und warum etwa nicht, wenns
beliebt?«
»Aber, liebste Gertrud, das Ge
bäude, was Du da auf dem Kon hast,
muß schon an und fiir sich ausfallen
. »und nun jetzt gar, wo alle Zeitun
gen darüber schreiben, wäre es doch
geradezu eine Thorheit, wenn .. «
»Die Zeitungen beschäftigen sich
»Wil! IMU UND cinochll Iclncsglclx"
chen. Die Hntsrage ist jetzt an der
Tagesordnung... Theaterhiite nnd
solche, die nicht Theaterhiite find.
Leute, die sonst vielleicht nur still
schweigend die Achseln zuckten, werden
durch die Zeitungspolemit ermuthigt
und sagen sehr unaenirt ihve Meinung
. und sie haben auch Recht!«
»Deine Artikel nnd die arroqanten
Menschen sind mir. höchst gleichgiltig
. . nicht soviel mache ich mir draus«
—-—und Frau Gertrud schnippte mit
den seinen Fingern in die Lust. »So
Kommst Du jetzt?«
Es blieb Herrn Bolder also gar
nichts weiter übrig, als sich zu be
scheiden. Er zog seinen Paletot an
und war im Begriff, seinen gewöhn
lichen Stock, den niit der uniqeboaenen
Krücke, zu nehmen, alser ihn wieder
hinstellte.
»Nein, den nicht « sagte Herr Bol
der ich will lieber den spanischen
Nohrstock nehmen... der kann mir
bessere Dienste leisten, wenns sich um
eine eventuelle Ziichtigung handelt..«
Kaum hatten die Gatten die ihnen
angewiesenen Plätze eingenommen,
als sich hinterGertrud ein leises Mur
ren vernehmen ließ.
Sie that, als wenn sie es nicht
hörte.
Das Murren wurde lauter.
Da wandte sie den Kopf ein wenig,
und ihre Augen begegneten den zorn
sprtihenden eines dicken, tahltöpsigen
deren.
Frau Bolder quitttrte den zorn
spriihenden Blick mit einem verächt
lich-en. Dann wandte sie sich rasch
unt, neigte sich direkt zu ihrem Mann,
sodasf ihre Schulter an seiner lehnte,
und lüsterte ihm eine Zärtlichkeit zu.
Dieser Liebesheweis ging Reinhold
zu Herzen, und er lächelte seiner jun
gen Frau zärtlich zu.
Dann aber war es ihm gleich da-;
rauf, als wenn er hinter sich wie kaum
unterdrücktes Murren hörte. Reinhold
Boloer horchte besorgt danach hin.
Jm selben Moment lehnte GertrubJ
wieder an seiner Schulter und flü
stertex
»Oh, sieh doch, Reinhold, wie das
Paar auf der Bühne sich liebt . .. ge
rade wie wir» «
Reinhold fühlte den warmen Athem
seiner Frau, der wie eine Liebkosung
seine Wange streifte, und vergaß da
rüber auf das verdächtige Geräuschzu
lauschen.
Der Alt war zu Ende, und um
seine junge Frausür ihre Zärtlichkei
ten zu belohnen, bot der Ehemann
seiner Gattin galant an, mit ihm ins
Foner zu gehen und eine Erfrischung
zu sich zu nehmen: er wußte, wie Ger
trud das liebte. «
Aber heute Abend zog Frau Ger
trudez vor, an ihrem Platz zu bleiben.
,,Vielleicht im nächsten Zwischen
alt,« meinte sie . « aber geh’ Du doch
;et3t... ja, ja gewiß! Geh’ nur und
trinke ein Glas Bier . .. Du bist doch
sicherlich durstig-«a
p.---8««
»un» »Hu Dorne-» uscu Wort-l Nur
sorge der Gattin ordentlich rührt, ver
läßt den Rang. »
Kaum hat sich die kleineLogenthiitT
hinter ihm geschlossen, da wendet sich
Frau Gertrud sehr energisch um und
spricht den dicken, alten Herrn höchst
kategorisch an:
,,Sagen Sie mal, mein Herr, wol
len Sie vielleicht den ganzen Abend
Ihr-e Bemerkungen über meinen Hut
machen . . . ich habe sie wohl gehört ..
wenn mein Hut Sie genirt·. so thut
mir das ja leid... aber ich kann
nichts dastir... mein Mannshat bis
jetzt glücklicherweise nichts gehört,
aber es dtirste für Sie sehr unange
nehm ablaufen, wenn der Fall ein
tritt . · .«
Der dicke, tahllöpfige Herr ist zu
erst ganz sprachlos, dann weicht die
Ueberraschung, so abgekanzelt zu wer
den, dein Zorn. Sein hochrothes Ge
sicht spielt ins Violette über, und ohne
jede Rücksicht, die man dem zarten
Geschlecht schuldig ist« sagt er über
ZeugungsvoM
«·",M aber wirklich eine Drei
stigteit . .
Und gerade in dem Moment er
scheint Reinhold Bolder, den es treibt,
wieder neben seinem lieben, kleinen
Fraurhen zu sitzen.
»Mein Herr! Was unterstehen Sie
sich argen meine Frau . .
»Mein Herr! Jhre Frau hat sich
itnterstandsen . . .«
Die Stimmen der beiden Herren
sind laut und kräftig. Die Uinsitzen
den horchen auf, lachen. Gertrud ist
ganz blaß geworden und stammelt
abwechselnd:
»Mein Herr... Reinl)old, ich bitte
T:ich... mein Herr, entschuldigen
Sie doch . . .«
»Wir wollen ung- drnuxxen des Wei
teren auseinandersetzen mein Herr.«
Gertrud ist, ganz aisfgeidst vor
Angst und b?rregung, den beiden ge
folgt.
»Mein Herr, Ihre Frau . . .«
,«»,J-ch verbiete Ihnen, etwas- über
meine Frau zu sagen
»Ich werde niir von einem Patron?
wie Sie eJ sind gar nichts verbieten
lassen» Oh!!«
Der Stock, das biegfame Rohrstöck
chen, hat seine Aufgabe nur zu gut
erfiillt... ein weißer Streifen zieht
sich quer über die dunkelrothe Wange
des dicken Herrn
· Es entsteht ein Höllenlärn1, wacht-»
habende Schutzleute kommen herbei
und Gertrud folgt weinend dem Paar;
Reinhold Bolder, der außer sich ist,
und der dicke, kahlköpsige Herr, der
vollständig tobt Beide müssen mit
auf die Wache.
Dein Beamten kommt die Sache
spaßhast vor . . . ’"S ist ja auch zum
Lachen, daß um den Hut einer Dame
losgeschlagen wird . . . . er macht eine
kleine anzügliche Bemerkung über die
Vorliebe sür große Hüte, die die Gnü
dige hat, und versucht die Gegner zum
Einlenken zu bringen.
»Mein Herr«, erklärte Reinholdw
Bolder würdevoll, »ich stehe ganz zut
Ihrer Verfügung . . . . hier ist meine
Karte und Adresse.«
»Weswegen sollen wir uns schießen?
Nein, ich kluge in aller Form gegen
Sie, Herr . . . . Mit Jhrer Karte habe
ich gar nichts zu schaffen. Herr Macht
meister, bitte, schreiben Sie wie ich dik
tire:
»Alexander Pech, Abtheilungschef
im Ministerium der«
Ein Schreckensschrei unterbrach den
S.prechenden
Frau Gertrud Bolder hatte ihn
ausgestoßen und lehnte nun mit einer
Ohnmacht til-triefend, in den » «
ihres Gatten . . . . die breiten «
des Unglückshutes wurden dabei
sammengetlappt wie die mutigen-of
nen Flügel eines Vogels . . . .
Nie wieder hat Fran Einkaufs-MI- «.
der den unglückshut aufgesere Festes
lich war ihr und ihrem Gatten aw
für lange Zeit die Lust vergangen,·"«s-"
wieder ins Theater zu gehen . . . . es
hätte so schön sein können . . . wenn
der Unglückshut nicht gewesen wärestv "«
Glück im Unglück war nur, daß,
wie sich später herausstellte, besagter
Alexander Pech doch nicht Reinhold
jBolders Vorgesetzter wurde, sondern
an einem anderen Ministerium einen .
Posten erhielt.
Ein Patheutiuo Rappe-ons.
Man hat vor Kurzem den Todg
einer Frau gemeldet, die Goethe nochit
von Angesicht zu Angesicht geschenk
hatte. Jetzt ist in Frankreich, an derIv
Schwelle des 90. Lebensjahres, eine
Frau dahingeschieden, die von Nahm-;
icon dem Ersten über die Taufe gehal
ten wurde und die die ersten Jahres-?i
ihr-er Kindheit auf der Jus-el- St.He-j»;
lena als eine kleine Gefährtin des extra-Z
seen Verbannten zubrachte. Zu den-Z
Getreuen des entthronten Jmperatorsjs
gehörte auch der General Charlesss;;’
Tristan de Montholon, der nachher
sein Testamentvollstrecker wurde. Die zj "«
Gräfin Bertrand und die Gräsinji I
Montholon waren die einzigen
Frauen, die das Exil von Longwoode
mit dem Lichte ihrer Jugend und Lin-JE
niuth veriliirten. Leicht war ihre Aus-IF
gabe nicht. Stundenlang mußten sie-«-Ä
den Kaiser auf seinem SpaziergangeL
durch seinen Garten begleiten, wos-;
fünfzig Chinesen arbeiteten, und Z:
Abends mußten sie mit nie verminder-.si- ;
ter Andacht lauschen, wenn Napoleon
ihnen ein Drarna vorlag, eine Tra- T
gödie von Corneille oder Voltaire;
und der Kaiser las ohne jede Veto-»F
nung mit schlechter korsischer Aus-?
c
;
s-.
O
sprache. Es war in der Einförmigkeitf
dieses Zusammenlebens ein wichtigesz
Ereigniß, als die Gräfin Montholonx
Mutter wurde. Der Kaiser über-H
nahm die Pathenschast, und nach ihm«7k
erhielt das kleine Mädchen —- New-Eff
leon Marie Helene Charlotte —- den-T
ersten Bornamien. Einen katholischen-f
Pfarrer gab es in Longwood nicht-III
So vollzog ein junger englischers;«
Geistlicher die feierlich-e Handlungs
wobei Napoleon als Gevatter, die Geizk
neralin Berirand als Gevatterinkzg
wirkte. An diesem Tage lud der Kai-(
ser, der sonst allein in seinem Zimmer
hastig speiste, die ganze Tausgesell-»
schast zu sich. Fünf Jahre lang wars-if
dieses Kind der Liebling seines kais-I
serlichen Pathm Aber aus seinemjsi
weiteren Dasein ist nicht viel zu mel--Is"1
den. Am 18. Juni 1816 geboren,
heirathete Natioleone de Montholo
18;,-37 einen Vicomte de Conedie
Fiergonaler, und nach dessen To
schloß sie eine zweite Ehe mit einemt
Herrn de Rochon de la Veyrouse. Stets-«
selbst ist in keiner Weise je hervorge
treten: man hat von ihr nichts öffent
lich gewußt. Aber ihr Tod erweckt
jcizt die Erinnerung darin, unter wel-«
chen eigenthiimlichen, denkwürdigen
Umständen sie geboren wurde. t
( —
i
Der gebisseuc Wagner. t·
Arg Richard Wagner sich in Bicbkichi
am Rhein aufhielt, zog er sich dur «
seine bekannte Thierfreundlichkeit eithk
gefährliche Verletzung zu. Vor seineth
Hause, links vom Garteneingang«
stand eine Hütte, nnd an der Kette la ,
ein großer Hund, den der Hauseigen-z
thümer als »bös« bezeichnet hatte;
Wagner, bekanntlich ein großer Thierjz «
freund, war der Meinung, durch liebe- i
volle Behandlung könne man auch dag-I
bösartigste Geschöpf zu einem umse
gänglichen machen. Jn der That hatten-,
er eg bald dahin gebracht, daß dergl
Hund bei seinem Anblick wedelte undgj
es ruhig geschehen ließ, wenn er hin-Hi
ging und ihm den Kopf tätschelte.k«;.
Wagner wollte ihm an jenem heißen .
Julitag auch die Wohlthat eines er-»
quickenden Rheinbades zutheil werden-—
lassen, band den Hund los und führte-i ;
ihn an der Kette durch den Garten bist «
an den Rhein. Je näher er dem Was-f»
ser kam, desto widersetzlicher wurde dem· » »
Hund, und als er ihn gewaltsam weiiti L
terzog, schnappte dieser nach seinehe
Hand. Nun ließ Wagner die Kettk
fahren —— die Bestie hatte ihm ders
rechten Daumen durchgebisseni Alki
der Arzt iam, gerieth Wagner in ieinofk
geringe Verzweiflung, als der Doktotzt·»·
G. auf seine angstliche Frage: »Wir-is
lange wird es dauern, bis ich wiedesslxxi
schreiben kann?« antwortete: »Vier biZIET »
secth Wochen-« -
.-.————-.-.-——
i
Aue dem Gerichtssaat si
Vorsitzenden ,,Jhre Frau beklag
sim über schlechte Behandlung!« «
Angeklagiert »Ich wiißte nicht — it
Vorsitzenden »So sollen Sie vi
Jahre kein Wort mit ihr gewechse M
habe-n« -««
Angeklagter: ,,Nur aus Pflicht-isij
Ich wollte sie nicht unterbrechen!«,
-.
Schlan.
Erster Bettler: »Wie stellst Du LI»
denn an, daß Du Von den zwei List-T
igen Hausstauen im ersten Sto itn k;sp"
Inier etwas bekommst?« -
I Zweiter Bettler: »Ich läute immqj .
zbci allen zwei zugleich an, da gereinka
xsie sich dann vor einander, mit nicht«-?TJH «
Izu geben« " M