Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 29, 1907, Sweiter Theil., Image 8

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    «
« Am Verlobunastage ;
Kriminak Roman von Augustc Groner. ] z
s9. Fortsetzung.)
Der Häftling war einer von jenen
» vTausenden von Individuen, welche
THE- Grcßftadt besiyt Die Armuth,
. mindestens zum Theil verfchuxdete
Armuth hatte ihn merkbar schon seit
-·" längre-: in ihren Krallen. Er fah
" hat hungert und wie ein Trinker
, aus; fein Athem verrieth schon von
--Ueitem, welcher Art der Geist sei, mit
dem er sich sein Elend etträaiich zu
stachen suchte. Er war ein Mann,
Zi« der vielleicht noch nicht vierzig Jahre
erseht hatte, den jedoch Entbehrungen
Esset Art wie einen Sechziger ausse:
.«L- he- ließen.
Eines nur nahm sofort zu feinen
Gunsten ein, der traurige, aber freie
Blic, den er nach höflicher-n Gruße
auf Turand heftete. Er bkieb in de
sYteeiithiger Haltung ganz nahe ver
IT Miit stehen.
»Ur-muten Sie nne näher«, sagte
T-; Dur-end freundlich.
Der Mann trat ihm ein paar
-»-Schritte näher, und nun begann ein
.z;j;---eth gemiithliches Verhör, ein Ver
M- das so recht deutlich Zeugniß
Tsz dafür ablegte, ein wie-warmes, echter
,-Menfchenliebe zugängliches Herz DU
ss Umd besaß.
s »Am-, wie heißen wir denn?«
Der Gefragte that einen vernehm
jspkichen Athetnzug, und dann antwor
Hefe er leise: »Ich heiße Alfred
Herst« .
Dur-and schaute ein wenia ver
s. .Wdert auf den sehr reduzirr aug
«i6:enden Mann, der mit solch unge
Höhnlich angenehmer Stimme und in
f gänz nngiezwungenem Hort-deutsch re
e.
the-s Us- -. « H« s. e s
tend, setzte er hinzu: »Sie sind in
einem Schlosse geboren. Sie nannten
mir vermuihlich nicht Ihren ganzen
Namen?«
Der Mann lächelte bitt-r ;,Jch habe
ihn fast schon vergessen,« zagte er leise.
»'5inft nannte ich mich Horft v. De
renherg; es leben jedoch noch einige
unbeschottene Leute dieses Namens,
deshalb habe ich ihn abgelegt. Wie
paßte er auch jetzt noch zu mir?« Er
sah auf seine armseligen Weiden auf
feine zerrissenen Stiefel nieder und
irrich sich über seinen verwilverten
Bart. Der Ausdruck von Elel, toeScher
sich dabei in seinem Gesicht zeigte und
der von tiefer Selbstveeachtungsprach,
berührte Durand recht schmerzlich.
, Er legte seine feinen, weißen Fin
ger auf die schmutzige Hand des Ver
nafteten. ,,Sagen Sie mir noch. wes
halb Sie verurtheilt worden sind.«
»Ich habe gestohlen«
,,Geiiohlen?«
»Ich war, nachdem ich mein und
auch theilweise meiner Verwandten
Geld verspielt hatte, Schreiber bei
einein Adnolaten in Graz sie-wordenu
Sieben Jahre bang führte ich so ein
armseliges, aber ehrbare-Z Leben, dann
wurde ich traut, lag etliche Wochen
im Spital und war, als ich heraus
lam, obne Verdienst. Natürlich, es
gibt immer viele, vie auf eine Stelle
reflektiren Ich tvill nicht davon re
den, wie eifrig ich nach einem neuen
Verdienst suchte —Sie glaubten es
niir vielleicht doch nicht. Als ich nim
mer wußte, wie ich weiterleten tönne
»-« ich war damals noch nicht auf die
Idee getommem daß ich auch Taglöh
nerarbeit thun könne-— stahl ist-VE
itahl meinen früheren Brodherrn.«
»Und bjihten dafür wie langes«
galss UUITU PIIIL , falls TL listi
.Wie alt nnd wo geboren?«
» »Dreiund:tierzig Jahre. Geboten
ssnf Schloß Derenherg in Körnten.«
»Ihr Berufs«
Ueber des Mannes Gesicht zog ein
tieer Roth.
»Sie haben wohl derzeit keinen
, Beruf?«
« »Nein, ich verdiene schon seit ver
« gnug-knieen September nichts Nen
mnswerthes mehr.'«
- »Warum denn nicht? Sie sind
»ja, wenigstens anscheinend, gesund
nnd haben eine gewisse Bildung«
T Alfred Horst schwieg. Er hatte
i den Kopf ties gesenkt.
" »Na, reden Sie doch Warum
find Sie seit September stellenlos?«
» Dnrand war ausgestanden Er
: Zegte seine schöne, feine Hand auf
Zorns verstaubten, sleckigen Aermel.
a spürte er, wie der hagere Arm
s" darunter zitterte, sah er, wie des
·"Meknne5 ganze Gestalt bebte. Und
noch etwas sah er, sah das Ausgehuw
Mein dieses ganzen schlotterigen
schen—
; «Wachmann, ich glaube, der Mann
JIdeen-seht dringend Nahrung«, sagte
vTit-reini- und nahm aus seiner Börse
xkieinen Gulden, mit welchem der Mach
zzspmnnn das immer verließ.
»Sehen ie« sich«, wandte sich Du
.;-; Land wieder an den Berhasteten, »und
« Sie mir, solange wir allein
,«we·shalb Sie schon lange bratlos
; Dabei führte er den Mann zu dem
Isctuth welcher neben dem Amts
tische stand, und drückte ihn daraus.
; Und setzt erhob Alired Horst den
E Raps und sagte mit Thränen in den
Augen und in der Stimme: »Ich
lande, Sie denken sichs ohnehin
, weshalb ich keine Beschäftigung
Mr gesunden und warum ich es
" ießlich ausgegeben habe, nach einer
ilchen zu suchen.« .
«Vielleicht denke ich schon an das
iae.« entaeaneie Durand und sah
mitleidsvoll auf sein Gegenüber, das,
er merkte es recht qui, an einem Ge
s« fisndiß würgte. »Nicht wahr, Sie
sieben unter Polizeiauisschts«
Alfred Hvrst nicktr.
. »Und solche Leute beschäftigt man
- nicht geen.«
» Wieder nickte der jetzt fele bleiche
Mann. »Big Ende Dezember babeich
» mich bemüht, Arbeit zu erhalten«
sagte er leise, »aber man hai mich da,
wo man nach Papieten fragt, nir
-gends angenommen Hie und da fand
G Fiit ein paar Tage, oft nur für ein
»Es-Mr Stunden eine Beschäftigung
seine Schneeschaufeln, beim Eigeni
csden oder beim Holzmachem Auch
Masken-idem habe ich geholer und
, be hie und da einen Tagelöhner
yet-treten aber dazwischen gab es wie
t viele Tage, an denen ich kein Brod
d kein Bett und kein Feuer sah.«
.Fie sind wohl derzeit auch obdach
Geiz zwei Wochen nächtige ichim
»so beauf«
H- einet Sand-grabe an der
des Prater-K
d mit haben Sie sich das
sei-new- »
« III-stehn wenn ich. der ich
W seit dem wenigsten haus
—- versteh-. keinen Kreuzer meh
Æi " idem-. «'
» sssssssssszspzsWe w
»-.sirr -.s·noria:e.v
Man konnte zwei tiefe All-entzöge
hören, dann war es ganz still in der
großen Aintsstube.
Nach einer Weile fragte Dnrand:
»We- haben Sie das Rad ge—--n:sm:
men?"
Horst v. Derenberg war aufgestan
dne. Die Aufregung schüttelte ihn
förmlich. als er, unwilltiirlirh die
Hände faltend, sagte: »Wean Sie
rnir die romantische Geschichte denn
auch glauben? —Sie ist io unwahr
scheinlich, so ganz unwahricheinlich.«
»Ich werde glauben, was Sie inir
jetzt sagen werden,« entgegnete Du
rand nnd schaute gütig lächelnd zu
dem vor ihm Stehenden aui.
Da setzte Horst ftch wieder nnd be
gann: »Borgestern Nacht war es. Jch
tauerte in meiner Sandrnuide und
wartete auf den Schlaf. Aber ich iror
——ich hatte fast nichts genossen der
ganzen Tag, da ist man doppelt em
pfindlich. Meine Wohnung ist« wie
ich schon erwähnte, eine verlassene
Sandarube, denn um diese Zeit steht
das Grundwasser dort zu hoch, als
daß man abbanen könnte. Auch«die
Tümpel der Donau, deren es dort
mehrere gibt, sind ietzt fast bis zum
Rande gefüllt. Wie ich so ganz still
in meiner Mulde ,tauere, höre ichs
am Weg oben tnirschen —- nicht unter
Schuhsohlen. nicht unter Tritten. Es
tarn ein Radfahrer daher. »Der hat
sich gebdrig verirrt,« denle ich und
war in Sorge um ihn, denn die Nacht
war ziemlich finster, der Weg schlecht
Und der nahe Tümpel tief. Gerade
überlege ich, ob ich ihn rächt warnen
soll, und erhebe mich zu diesem Zwei-,
da hält er, gar nicht weit von mir.
an und springt ab, und dann ge
schieht, was ich am wenigsten erwar
tet hatte: er stößt das Rad in den
Tümpel. Das Wasser sprin hoch aus, -
nnd der Mann geht eilig weiter. Es
war ein eleaant aekleideter bett. Er
.
I
trug einen dunklen, pelzverbriimten
Rock und eine Pelzinütze.«
,.Einen pelzverbriiniten Rock und
eine Pelzrnütze?« wiederholte Durand
und nsintte dem in seinem Berichte
Einhaltend-en sortzufahren
Da sagte dieser: »Sei-r deutlich
konnte ich den Mann wohl nicht sehen,
trodem er, als er sich so eilig ent
fernte, dicht bei mir vorüberkam Als
alles wieder still qeivorden war. stieg
ich zur Straße hinaus und ging zu
jener Stelle. an welcher er das Rad
in das Wasser gestoßen hatte. Es war
nicht mehr zu sehen. Sobald es Tag
wurde, . holte ich mir eine der Holz
stangen, welche die Arbeiter in der
Grube hatten liegen lassen, und suchte
mit dieser das Rad zu heben, aber ein
Bauer, -der in der Ferne auftauchte,
zwang mich, von meinem Versuche
abzulassen. Während des aansen Ta
aes beschäft tate mich der Gedanke an
das versenkte Rad Jch sand auch
gestern, wie so ost keinen Verdienst,
aber eine Frau schenkte mir ein StiFeH
Brod. Damit und mit einem Strick,
den ich gefunden hatte, kehrte ich in
meine Grube zurück. Von dein Strick
machte ich eine Schlinge an dich-itz
ftaiipe iiiid suchte als die Dunkelheit
eintrat. abermals nach dein Rade. Und
usw ERSTE niesaxiedsiänd ickzixand
C uge rich in
see Sei-Manne versengen. gE
=
Beanntweinschenter, bei dem ich rnir
Wärme zu kaufen pflege. und bot sie
ihm an, aber er wollte sie mir als
Pfand nehmer-, und so ließ ich sie
ihm denn als Pfand.«
Alsred Horst v. Derenberg schwieg.
Durand war ausgestanden. Er ging
ein paar-mal, in Gedanken versnnfen,
durch das Zimmer.
Als er endlich vor Horsi sieben
blieb, sagte dieser schwer ausaihmend:
»Sie glauben mir natürlich nicht«
Durand lächelte. »O doch. Jeb
glaube Ihnen. Sagen Sie mir jeit
noch, um welche Stunde beiläufig das
immerhin illierkwiirdige geschahck
»Daß der Mann sein Fahrrad in
das Wasser stieß?«
»Jo—«
»Es mag gegen ein Uhr gewesen
sein«
»Können Sie das mit einiger Si
cherheit behairpten?«
«Sie1;er ist es, daß Mitternacht
schon lehr lange vorbei war.«
,,Wora1!s schließen Sie das?'«
»Man kann bis dorthin, wo ich
nächtigie, die Uhr der Leopoldikirche
schlagen hören. Dieie Uhr hatte. lang
bevor sich das Selisame ereignete,
zwölf geschlagen."
Durand dachte eine Weile nach,
dann fragte er: »Wie Lang etwa war
der Rock, den jener Radsahrer trug?«
»Er war ganz iurz.« «
«»Wissen Sie das bestimmt?«
..Bestimmt. Ich sah den Mann ja
doch ziemlich deutlich.«
»Und der Rer war also mit Pelz
besetzt?"
»Ja, das heißt sein Kragen und
seine AetmeL Jrh meine auch, eine
Verfchnijrung darauf gesehen zu ha
ben. Aber freilich, ich sah den Mann
im ganzen kaum zwei Minuten in
größerer Nähe. Länaer brauchte er
taum, Um fein Rad zu versenlen."
«Sein Rad!'· sagte Tut-and nach
ten-rich.
»Da fällt mir ein »« begann Horst
zögernd.
«Nun?«
»Der Mann interelsirt Sie wohl
sehr?«' fulir Horft fort. Dann möchte
ich noch eine Wahrnehmung mitthei
len".«
»Und die wäre?«
«Zr.fchien fehr aufgeregt zu sein«
«C-o.«
»Einen Augenblick lang glaubte ich,
er werde sich feinem Rade nachstiir
zen.« -
»Was veranlaßte Sie zu diesem
Glauben«-«
»Er erhob—wie man"s in derAuf
regng zuweilen thut —- plöhlich den
Arm.«
»Nicht die Arme?'·
.Nein, nur einen Arm, den rechten.
Aber er ließ ihn gleich wieder sinlen.«
»Und that sich nichts ani«
»Nein. er ging sehr eilig weiter.«
Jn diesem Busenblick lehrte der
Wachmann zurück. Er brachte Brod
und Schinlen und ein Glas Wein mit.
Er feste all dies auf einem Neben
tifche nieder und teate das reftliche
Geld vor Durand hin.
»Das Rad ist doch draußen?« fragte
ihn Durand.
«szohl·«
»Bringen Sie es herein. —- Und
Sie,« wandte er sich an borst, »Sie
sollen jetzt essen."
Horft v. Derenberg nickte danlend
und fette sich dann zu dem fiir ihn so
seltenen Mahle, dem er mit schwer zu
verhehlean Gier zusprach. während
Durand das Rad aufmerksam be
trachtete.
G flammte aus einer Berliner
Bat-til deren Adresse auf einem der
metallenen Theile eingeätzt war. Das
Nummertäfelchen, welches damals
noch jeder Fahre-: auf seinem Rade
haben mußte, fehlte.
»Die Nummer des Rades haben
wohl Sie entfernt?« fragte Duransd
den eifrig Essenden.
Dieser aber betheuerte, daß das
Itad ein solches Kennzeichen gar nicht
besessen habe.
DO- Wachs-se ng .ps-.Aiig.ssi
c-—..-—
les-Juckt »Um· El HIUUUII UHCUUUK IIIOI
In das, was der Mann sagte. Durand
jedoch zweifelte nicht an der Wahrheit
dieser Aussage, dem schien es sogar
recht wahrscheinlich zu sein« daß der
andere das Rad dieses Zeichens be
raubt hatte, der andere. der dieses
Rad jedenfalls nur verschwinden las
sen wollte, weil es etwas ausiagen
konnt-.
Als Horsi gesättigt time, wurde er
in polizeilichen Gewahrsam gebracht
Das Rad ließ Durand nach dem
Döblinger Polizeiamt schaisen, denn
dort sollte Frau Winller die beiden
Räder besichtigem Durand selber be
gab sich nach rasch eingenommenem
Mittagsmahl zur Station der frei
willigen Rettunasmannschast, wofele
er mit Doktor Josephi, welchem sein
Besuch schon angeiiindigt war eine
Besprechung halte
Dieser schilderte ihm, was er be
züglich des Falles König wahrge
nommen, kurz und klar.
Ehe Durand den Arzt verließ,
stellte et noch einige Fee-gen an ihn.
Sie waren mit König befreun
beli«
»Ich rechnete mich mindestens in
seinen intimen Bekannten-«
»Der Doktor war Radsahretl«
Esaus-Oft Sie es amhk
k,. STI- interessipen Sie sich wohl kaum
, tsenizr «
»Und aetpiitdeu « Maschine
W semin- me
UIOWOI i
T.
»Ist sie auch qestoh en worden?«
»Nein, gewiß würde ich dariibel
nichts aussagen können, denn ich habt
f e niemals aufmerksam angesehen
Aber etwas würde ich diesbezüglick
doch aussagen tönnenf
»Nuni«
»König hat seine Maschine von
irgend einer größeren Reise mitge
bracht. Sie muß demnach ausländi
sches Fahrikat sein.«
»Ah! Woher er sie brachte, wissen
Sie nicht?«
Josevhi dachte eine Weile nach
dann schüttelte er den Kopf. »Dann
kann ich mich nicht erinnern.«
»War sie etwa deutsch-s Fabrikat?«
Josephi guckte die Schultern. »Ist
weiß wirklich nichts Näheres da
riiber.'«
»Und seit wann etwa besaß König
fein Fahrrad?«
»Seit etwa drei Jahren«, antwor
tete Josephi. nachdem er ein wenig
nachgedacht hatte. »Ja, ja, in diesem
Frühjahr wird es drei Jahre, daß ei
feine Reise nach Norddeutschland unt
Tänenrark machte-"
»Hai er dabei Berlin berührt.«
»Moti! möglich«
»Können Sie mir jemand nennen
dein Königs damalige Reiserouti
besser bekannt isi als Jhnen?«
»Vielleicht tennt sie einer der Re
dattionsiollegen des Unglücklichen."
»Un«aliicklichen!« wiederholte ge
dehnt und ein wenig lächelnd Dur-and
»Herr Doktor-, soeben erwähnten Sie«
Daß Sie sich zu seinen intiinen Be
tannten rechnen durstem da rannte
Jhnen .sa doch einiges aus seinem
Empfindungsleben bekannt gen-order
sein. War er nicht vielleicht sehr
glücklich so ar?«
Auch Jofephi lächelte je t. »Gewiß.
Er liebte zum Beispiel z räulein v
Mühlheim recht herzlich. Derlei
wallten Sie doch ersahreni"
Durand nicktr. »Derlei. ja —
aber neben einer »recht glücklichen
Liebe« hat —- wir wissen dag, Herr
Doktor —- noch manch andere Liebt
Raum im Leben eines Mannes -—«
»Juki-eilen auch im Leben einer
Frau«, wars Josephi gleichmiithig
ein. um dann zu fragen: »Was
haben Sie denn ba?«7
Durand zog nämlich das Pastell
bilbchen aus der Tasche und hielt es
ihm hin.
»Den Gott, ist die schön!« platzte
der Doktor enthusiastisch heraus.
»Das Original haben Sie niemals
geiehen?«
»Niemals«, versicherte sehr be
stimmt der Arzt, und es klang recht
deutlich das Bedauern über diese
Thatsache mit. »Sie bringen dieses
schöne Mädchen mit König -—» even
tuell« —- er sagte das ganz langsam
-—— »eventuell sogar mit seinem Ver
schwinden in Verbindung?«
Durand nicktr. »Mit seinem Ver
schwinden", wiederholte er, »ja. Des
lb meine Frage. Sie waren er
taunt darüber, aber jeßt scheinen Sie
sie nicht mehr ganz ungereimt zu
sindeni«
Josephi antwortete nicht sogleich.
Nach einer Weile aber sagte er, mehr
zu sich als zu seinem Besuchen Alles
ist möglich. Ein Weib kann uns zum
Narren und zum Schurken machen.«
«Es könnte sich in unserem Fall
vielleicht doch um eine Mystisikation
handeln«, wars Durand bedächtig ein.
Josephi fuhr sich aufgeregt durchs
Haar. »Sie nehmen es also garnicht
als für sicher an, baß Köni todt ist?«
Duranb zuate die A ein. »Ich
werde das erst sicher annehmen« wenn
ich seine Leiche sehe.«
»Und dieses schöne Weib -—?".s
» »Ist nahezujcher mit ihm in Ver
UlllUUllI gnscfclb
Mit diesen Worten erhob sich Du
rann, steckte das Bild wieder zu sich.
gff noch feinem Hut und empfahl
i .
Er lief-, den guten Doktor in heller
Verwunderung zurück.
In der Redaktion, wohin sich Du
rand nun begab, erfuhr er zweierlei,
daß König daselbst als geistig sehr
bedeutender Mensch hochgeschäyy aber
als Mensch fchlechtweg nur wenig be
tannt war.
Wohl hatten alle seine Kollegen
freundschaftlich rnit ihm verkehrt, daß
aber diefer Verkehr dennoch»ein ganz
rberfliichlicher gewesen war, ergab sich
ietzt; denn ehrlichertoeife konnte keiner
der Herren, welche sich nach und nach
iin Zimmer des Chefredakteurg einge
funden hatten, ein sicheres Urtheil
über den Charakter des Mannes ab
eben, der doch über fünf Jahre oeni
edattionsverbonde des Blattes an
gehört hatte und mit welchern sie sonst
naturgemäß oft verkehrt hatten.
Jn zwei Punkten nur trafen sich
ihre Meinungen darin, baß lie
sämmtlich ihren verfchoklenen Kollegen
tir einen unbefleehttehen und strengen
Kritiker und Kunsttennee ersten Ran
gez und — fiir menschenseheu hielten
»Er hat sich wenigstens niemals
aus rein geselligen Anlassen zu uns
gehalten«, bemerkte einer der Herren.
Und ein anderer fii te hinzu: »Auch
vie Wiener Geer chaft kannte ihn
nicht. Wir haben uns oft darüber
Petvunderh das er sich nirgends sehen
ieß. Gar seit zwei Jahren muk er
ein richtiges Einsirderleben ge iihet
hol-ein«
So und ähnlich hatten sieh die Her
ren geäußert Ueber die Erwerbunq
oder das Aussehen feines Rades
Faßte keiner un ihnen etwas auszie
asnt .
Der usmeister. bei dein König,
der hiiu ig aus seinem Rad zur Re
daltion fuhr, dieses inzustellen
pflegte, erklärte. er würde es nicht er
tennen können, falls man es ihm
zeigte.
So war denn auch dieser Gang re
sultatlos gewesen.
Nur die Bemerkung. daß König
seit etwa zwei Jahren wie ein Ein
siedler gelebt haben müsse, gab Dir
rand zu denken.
hatte vielleicht jene Radja diese
vermeintlirhe Einsamkeit getheilt?
Nach dem Besuch in der Redattion
fuhr Turand nach seinem Bureau. Er
traf gegen halb fünf Uhr dort ein und
fand schon mehrere der vorgeladenen
Kutscher daselbst seiner wartend an.
Die Leute sagten in ganz bestimm:
ter Weise aus, daß sie teinen Herrn
des Aussehen-T wie es die Photogra
phie ihnen wies. gefahren hätten, nnd
jeder von ihnen wußte anzugeben,
welches das Ziel seiner nächtlichen
Fahrt gewesen war. Bii aus einen
einzigen hatten sie alle ihre Fahrgiiste
dirett bis an das ihnen angegebene
Haus gebracht. Nur einer ber Kut
scher hatte seinen Fahrgast in den
ersten Stadtbezirl, nnd zwar bis zur
Elisabethbriicke geführt, wo der Herr
ausstieg, ihn bezahlte und gegen den
Wienfluß hin verschwand
.Und das war bestimmt nicht dieser
Herri« fragte noch einmal Durand
den Kutscher und hielt ihm noch ein
mal das Bildnisz Königs hin.
Aufmerksam betrachtete der junge
Inhan ern-K sinnt-II di- Nbvimszhbik
Endsertliivkte dann; ebenso bestimmt
wie zum ersten Male. daß sein Fahr- «
gast so nicht aus-gesehen habe.
Als die Kutscher gegangen waren,
saltete Durand oen Zettel, aus wel
chem ibte Namen, ihre Wagennuins .
mern und ibte Standpläge notirt
waren, zusammen und steckte ibn in
seine Brieftaiche. Er schloß alsdann
eine Lade seines Schreibtisches aus.
Darin lagen die Dinge, die man bei
Alerin gesunden hatte: der Revolver,
das Btiessragment und die Börse.
Durand nahm die Börse heraus
und untersuchte sie, wie er es schon
in Döblina getban hatte, noch einmal
recht genau. Es war eine recht
hübsche, aber doch ganz gewöhnliche «
Börse. Sie hatte tein Fabrilzeichen
und tonnte ebensogut in der Qärntlxi I
nerstraße zu Wien als in Der Labo
anstaja zu Mostau getauft sein« Es i
besann sich auch nichts anderes darin .
als etliche Guldenstiicte und einige
kleinere Münzen.
Die Börse schwieg, wie das Rad «
schwieg. wie alles schwieg, das sich «
aus diesen merkwürdigen Fall bezog.
Und es sind schon dreiundvierzig
Stunden vergangen, seit man König
zum letzten Male gesehen bat«, sagte
Durand, aus seine Uhr blickend, laut
bot sich bin, und dann sagte er noch
etwas, sagte: »Aber nur Geduld,
httt v. Müblheini, in irgend einerj
Stunde wird man es dennoch wissen,:
wie die Sache sich verhält, die jetzt so
räthselbast ist." —
Etliche Minuten nach dieser Reste
xion sahe Dutand nach Döbling.
Daselbst sand et die zwei Personen,
welche man zum Zwecke einer Gegen
überstellung mit Wasili Alexin vorge
i
laden hatte: den Zabntechniter Thei- kt
mer und die Quartiergeberin desst
;
1ungen Russern ;
Ersterer hatte sich den Vethnftetenl
schon angesehen und bestätigte, daß ·
dieiet zwei Monate hindurch bei ihm
Beschäftigung gehabt, jedoch nicht bei
ihm gewohnt habe. »Am 18. Jän
ner habe ich ihn entlassen", gab er an»
Datum-, der ihn vernahm, fragtes
weshatb dies geschehen sei.
»Er ist mir unheimlich geworden.«'
»Warum d:nn?« .
»Und zuwider.«
»Auch das no ?'·
»Ja. Jch habe mit, vielleicht ganz
ohne Grund, eingebildet, daß der mir
von ihm angegebene Name nicht fein
richtiger fei.'·
»Es muß Si denn doch etwas auf
diese Idee gebracht haben?'« .
«Freilich. Er betam Btieie unter
derEhissre «W.K." E: holte sich diese
Briefe immer von der hauptpoit ab.
Sie kamen. wie gesagt, unter der
Ciissre »W.K,« an ihn. «W.« stimmt
ic, das «K.« aber machte mich ftutzia.«
,.Mich auch," bemerkte Durand
trocken.
Theimer sah ihn nack- dieier Bei «
smertung neugierig an, fuhr jedoch, als
nichts weiter folgte. in der Schilde
rung feines Verhältnisses zu iemem
— gewesenen Gehilfen fort.
W
»Er bat mir überdies ewenig ge
niiht,« sagte er. »Er hätte schon et
was leisten können, geschickt ist er ja,
aber er versteht es nicht mit Kunden
umzugehen, und hat keine- Ahnung
davon, was die Zeit werth isi.«
»Jst also träge oder gar saul.«
»Arbeitsscheu ist er, ganz einfach
arbeitsscheu Wo er sich drücken konn
te von einer Arbeit. hat er es gethan
und hat dafür vorn »Recht aus Ar
beit« und vom ,,Recht aus Geniesjen"
meinen Hausleuten und auch meinen
Kunden vordetlamirt. Eine Dame ist
aus Furcht vor ihm ausgeblieben.«
»Warum denn aus Furcht?«
»Weil er lich so exzenttisch ges-är
dei hat. Rasse ist er auch noch da u,
da hat sie ilin lurzweg für einen « i
lxilisten gehauen Manches Mal, wenn
er Morgens gelommen ist, hater auch
geradezu unheimlich ausgesehemgans
bleich, und war so unruhig, wie wenn
er just von einem Attentat läme und
die ganze Polizei aus den Fersen
hätte.«
»Und bat vermuthlich nur einen
Ansall gehabt,"" meinte Turand
»Was sük einen Ansall?« fragte
Theimer verwundert
,.Einen epilepiischen.'
Der Zahntechnitek subr von seinen
Sitz empor und rief schier entseßt
aus: »Die Gpilevssie hat er? Unddao
oon hat er mir kein Wort gesagt?«
»Was ziemlich leicht veareislich ist»
wenn er einen Posten bei Ihnen hu
ben wollte,« wars Durand gleich
miithig ein. »Es;ileptiler brauchrs
nämlich auch einen Verdienst, denn sit
wollan doch auch leben."
« «—-:— m-k-..t« k--i... Att
»AI-(t llcslll MsWIIH »so-tu VII
nur mein Geschäft -—— das ist winket
Denn es unter die Leute kommt, da
ein Mensch, den jeden Augenblick der
ltrarnpf bintverfen tann, meinen Kun
den die Zähne zieht«
der Mann war aanz aufgeregt
Desio ruhiger war Durand.
Da musz man bdlt solch einein Un
iliialichen nicht solche Arbeit zuwei
sen. Er hätte ja auch in aller Stille
and Abgeschlossenheit sich bei Ihnen
bethötigen tönnen· aber freilich, wenn
Er faul und anen unheimlich war-"
»Der arme Kerl!" seufzte der im
Grunde sehr gutmüthiqe einstige
Brodherr Alerinö oder wie sonst die
"er Rasse heißen mochte, und nnchiins
rend setzte er hinzu: »Jetzt wird mir«
nancheö tlar: seine scheue Art, sein
ift so starrer Blick.« Der wackere
Zahnliinstler hatte sich erhoben. »Was
neinen Sie,« fragte er, »wenn ich
lim doch wieder nähme? Er ist ja ge
"chi:tt, und seine Arleitslust sehe ich
est auch mit anderen Augen an. Er
se vielleicht oft müde gewiesen wegen
feiner verheimlichten Leantheitk
Gortsesung folgt.) »t;
Das tleine Solvador will jetzt sei-«
rem Nachbarn Hondurag zu hilft
vmmen — ein wirklicher -S;lvatat
äte der ganzen Gesellschaft nötigen
I - I I
, Die Geschichte lehrt uns, daß sie die
Beute nie etwas lehrte.
t- C- I
Jn London und in Paris will man
sen Japanern mit einer Anleihe unter
sie Arme greifen ——— auch im Schul
Ienmachen hat Japan viel von der
ibendländischen Kultur gelernt. Wie
s mit dem Zahlen fleht, muß erst bit
zutunft lehren.
I O I
Beim Panamalanal aibt es entp
Ien allen sonstigen Erfahrungen ent
chieden mehr Leute, die ihn befehesy
ils solche. die ihn anfassen wollen.
I F f
Den Spruch »Ein mit Weile« los
en die Bahnen nmändern, so daß et
autet »Ein mit « Sicherheit«
I I II
Keine wahrhaftige Träne wird mu
onst vergessen.
i s f
Wirkliche Belcheidenheit und An
pruchslosigleit lind der wahre Schuf
legen die Krznlnngen und Zurüc
etznngen in der grossen Welt.
's I It
Beim Deinem-Landbau sollte leite
löherer Beamte angestellt werden, ohne
inen Kontrast für mindestens eint
Woche zu unterzeichnerr.
i s «
Die Meinung eines Kenners lI
"chmeichelhafter alk- das Lob des III
oissenden Haufe-IT
Lake-sich.
'- s-- ·«·E«F-.ks-e-r., « Ist— . »M-- - J
Herr (der einem ausgeworfenen Sonntagsreitet au il : «Sie
wohl heute das erstemal geritten?'« w w M
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