Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 22, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    I
I
M
Das Watte-herz.
Jch nahm mir vor. heut ernst mit ihm
, zu grollen,
Dem kleinen, süßen Wichtc, meinem
Linde;
Doch blieb es, ach, nur bei dein lieben
, Wollen,
Als er sich reuig naht so lieb und
linde:
»Ach, Mutterchem ach, sei doch nur
. « nicht böse, «
Lieb’, süße Ma —- ich will·3 nicht wie
der thun!«
Das kleine händchen streichelt mir die
- Wange.
Wo bleibt mein Grolls Was sollt’ ich
« jetzt wohl thun?
!
Jn alle Winde ist er rasch verslogen,
Der Trauer Ernst und Kränkung her
« ber Schmerz.
Ich hab’ das siiße Balg an mich ge
zogen —- —
Ein unergriindlich’ Ding —--- das
Mutterherzt
Gisa Tacchi.
Das Kind.
Von O. We i l.
Ein schriller Klang durch die Stille
einer der leßten Dezemberniichtr.
Doktor Berndes erhob sich von sei
nem Arbeitötisch und össnete das Fen
lter.
»Wer ist da?'« ries er hinunter.
»Ich bin es, Gertrud,« antwortete
eine weibliche Stimme, der man
Angst und Ungeduld anhörte. »Un
ser Kind ist schwer ertrantt. Bitte.
tomni sogleich mit. Die Droschke
wartet.«
»Ich komme im Augenblick!"
Das Fenster tlirrte und der Arzt
ergriss schnell Ueber-ziehen Hut und
Stock, steckte einige Instrumente zu
sich und eilte die Treppe hinunter.
Bald suhr er neben seiner von ihm
getrennt lebenden Frau durch die stil
len Straßen. Sie gab ihm in Hast
aus seine Fragen Antwort.
Dann saßen sie schweigend neben
einander, beide von gleichem Weh,
von gleicher Angst durchzittcrtx denn
beide siebten ihr Kind von ganzem
Herzen.
Endlich hatte man das Ziel erreicht.
Dotter Berikdes stand am Bett sei
nes Kindes-, dag schwer röchelnd in
den Kissen lag.
Mit schars beobachtendeni Auge und
ruhiger Hand fiibrte er seine Hilfe
leistungen aus, unterstützt von der al
ten Dorette, der langjährigen Diene
rin des hause-L während seine Frau
am Fußende des Bettcheng auf den
Knieen lag, den Raps in die Rissen
gedrückt.
Nach und nach wurde das Vlthmen
des Kindes ruhiger, die turzen Worte
des Arztes ertönten nicht mehr, und
die Frau hob den Kors, ihr Kind mit
einem Blicke unendlicher Liebe ums
fassend.
Doktor Berndez hatte die tieine
iHand des Knaben in der seinen und
zählte die Pulsschlöge.
»Die größte Gefahr ist ooriiber,«
sagte er endlich. »Gehen Sie nun zu
Bett, Dorette, ich werde die Nacht
wnche übernehmen. Auch du, Ger
trud,« wandte er sich an seine Frau,
die bleich und erschöpft vor ihm stand,
.,solltest ein wenig ruhen, denn dir-be
darsst der Rube."
Jch konnte ooch man rnrsen," anr
wortete sie.
»So leg dich wenigstens dort aus
das Sosa,« sagte er in ruhigem, aber
desehlendem Tone. »Du wirst deine
Rriiste in nächster Zeit sehr nöthig
haben, und wenn ich hier bin, so ist
dass so gut, als wenn du selbst wachk
te t.«
Sie schien das einzusehen, und noch
einen langen Blick auf das schlafende
Itind werfend, legte·sie sich mit den
Kleidern hin.
Bald schien es dein Arzt, als sei sie
eingeschlafen. Er saß allein am Bett
seines und ihres Kindes, und sonder
’bare Gedanlen übertamen ihn.
Sie waren nun ein halbes Jahr
voneinander getrennt. Wie es getom
men, tonnte er sich selbst nicht reaii
f erklären. Sie hatten sich doch auc
voller Liebe geheirathet. Dann wurde
das Kind geboren und Gertrud lebte
nur noch Ihrem Knaben. Sie ver»
itachlässiate ihn seiner Ansicht nach.
Er wurde manchmal ausdrausend,
wenn aus ihn gar teine Rücksicht ge
nommen wurde. Nach solchen Szenen
brachte sie ei- sertig. trotzdem er ihr
stets die hand zur Versöhnung dot,
tagelang lein Wort mit ihm zu spre
chen. Und dann war eines Tages das
böse Wart von der Trennung gesal
len. Jeder war zu stolz, es zurückzu
nehmen. und einige Zeit daraus hatte
Frau Gertrud ihr Kind genommen
und war von dannen gezogen. Er
hatte dann nur noch schriftlich er
sucht, ihm das Kind jede.Woche einen
Tag durch die alte Dienerin zu
schicken, was sie auch eingehalten
hatte.
Nun war er plötzlich wieder in ih
rem heim, in ihrer Nähe, und ein Ge
fühl, als gehöre er hierher, überflu
thete ihn.
Die Uhr schlug dreimal an; bald
dämmerte der Morgen.
Er stand leise aus und ging zu dein
Sola. Sie schlummerte! Die aus
sp Yebraska « «
Staats-Zuzriger nnd Bernh
säh-Ek- "2««7«.
Grund Island Nebt . BL. Februar 1907
——.——- —
cZidtziixiihkikz " " "
gestandene Angst, die Beruhigung sei:
ner Gegenwart mochten das Jhrige
gethan haben.
Sie war schmaler im Gesicht ge
worden, schien ihm; aber es war noch
immer der liebliche Ausdruck darin,
der ihn einst so seht bezaubert hatte.
Eine ihrer langen, schwarzen Flechten
hatte sich gelöst und hing hernieder.
Er strich leise darüber; dann schlich
er schnell wieder an das Bett zurück,
als habe er etwas Unrechteö gethan
Der erste Morgenstrahl blickte bleich
ins Zimmer, und er erhob sich.
fSie erwachte sogleich und sprang
an . -
»Du lonnnst wiedet?« fragte sie
angstvoll
»Ja, heute Abend, wenn inzwischen
hier nichts geschieht — in welchem
Fall du gleich zu mir schicken mußt.'«
»Ich dante dir,« sagte sie einfach,
und reichte ihm die Hand.
Die Gesahr der Krankheit war
ooriiber. Das Kind erholte sich mehr
und mehr und durfte schon einige
Stunden des Tages außer dem Bett
zubringen
Dolior Bernbes lam indes, so oft
es seine Zeit erlaubte, eine Stunde
hin, mit seinem Kinde zu spielen.
Manchmal war Gertrud anwesend,
öfters aber auch aus«-gegangen
Eines Nachmittags war er auch al
lein dort: das Kind baute auf dem
Teppich Spielfachen ans, die er ihm
mitgebracht
Er sah sich iin Zimmer um und be
merlte ein Photographie-Alba-» ans
dem Tische. Ganz mechanisch sing er
darin zu blattern an
Seine Abbildungen waren heraus
zenommen
»Natürlich« dachte er mit Bitter
leit, »sie hat sie vernichtet.«
Der Knabe war hinter ihn getreten
and blickte mit in das Buch.
»Deine Bilder, ciman sagte er,
»hat Maina alle in einem besonderen
Schubsach.«
»Weißt du das-« ganz getvisisk« fragte
er überrascht
»Ganz gemäß« antwortete »der
Iileine eifrig, »ich habe erst heute
Morgen gesehen, wie Mama sie be
trachtet hal.'«
Er nahm den Knaben auf den
Zchoofr und driiclie ihn an sich.
«Warun1 bleibst dn nicht wieder bei
ans, Papa, tote friiber.’« fragte er.
»Weil es Mama nicht will,« ant
svortete der Vater.
Das Feind fah ihn ungläubig an.
Jn diesem Augenblick ltingelte es
and Gertrud trat gleich daraus in das
simnier.
,,Mama,« ries dac- Rind, »nicht
wahr« du willst doch den Papa wie
der bei dir behalten? Er sagt, du
svolltest nichts«
Sie war einige Augenblicke sichtlich
verlegen.
»Sprich nicht iiber solche Dinge mit
dem Kind,« sagte sie dann in unwilli
zenr Tone. »Ich seh-, ich lann nicht
fortgehen, wenn du hier bist« und ich
glaubte doch, et-. sei siir beide Theile
besser, wenn wir uns so viel wie mög
lich aus dem Wege gingen.«
»Dann lann ich ja gehen,« ries er
:usspringend; »der Mohr hat seine
Schuldi seit gethan -——«
Er l·ßte seinen tlnaben und ver
ließ, ohne sie anzusehen, eilig das
Zimmer.
»Im-net dieselbe,« sagte er zu sich,
ils er langsam seinem heim zuwan
Ielte. »Sie hat lein Herz, wenigstens
nur siir ihr Kind. Und doch glaubte
:ch, als wir uns heiratheten, sie liebte
mich, und hielt ihr zurückhaltendes
Wesen nur stir herbe Jungsräulich
leit, die mich erst recht entzüate nnd
nizog.
— . . k« ·I.-- ...-L .
Vllllgc zuge- luureu vers-Herzen un»
er hatte es vermieden, hinzugehen
Eines Morgens jedoch erschien die
ilte Dorette und bat ihn herzlich. zu
kommen, da der Kleine großes Ver
langen nach ihm habe und unter
Schluchzen und Thränen nach feinem
Vater riefe. Da er aber noch zu
ichwach fei, tönnte man ihn noch nicht
herbringen. Auch Frau Dottor ließ
ihn bitten, es zu thun.
So ließ er sich denn bewegen und
ging am selben Tage hin.
Gertrud öffnete ihm selbst, als er
iellingelt hatte.
»Der-teils mir mein neulicheö Beneh
men,« sagte sie nach der Begriißuna.
»Es war häßlich und undantbar von
mir.«
Er tiißte ihr die dargereichte Hand
und sagte kein Wort darauf.
Aber in seinem Jnnern wurde es
plötzlich so hell, als sei ihm das Glück
begegnet. «
Am letzten Abend des Jahres war
es, als er die beiden wieder aufsuchte,
sie doch eigentlich unlöslieh zu ihm
gehörten -
Das Kind was glücklich über sei-H
Kommen.
Plötzlich schlang Rudi seine Arme
nrn den Hals des Vaters und tiißte
ihn. Dann aber, als sei er seiner
Mutter, die daneben stand, die gleiche
Lieblosung schuldig, bog er sich hin
iiber und liißte auch sie
,·Kiif3 mich noch einmal," sagte der
Vater, nnd des Kindes Lippen, die
Wärme des eben von der Mutter em
pfangenen Kusses ausströmend, drittl
ten sich fest auf die seinen.
Ein Zittern durchlief des Mannes
kräftige Gestalt
Er setzte den Knaben schnell zur
Erde.
,,Leb wohl, Gertrud,« sagte er weich,
ihr die Hand reichend.
»Du gehst?« fragte sie tonloH —
,,Fiir immer-« «
»Für immer, es ist besser so,« ant
wortete er.
Zie ließ feine Hand los. .
»Leb tvohl,« sagte auch sie leise. s
Eine unendliche Trauer legte sich i
über sein Gesicht, während er iurI
Thiir ging. H
»Hermann!« Ein Ton voll Selmi -
sucht nnd Liebe, wie er ihn noch nie
von ihr gehört. Er wandte sich um.
Da stand sie mit ausgestreckten Ar
men, nnd im nächsten Augenblick bielt
er sein Weib umschlungen und preßte
es- fest an sein hochtlopfendeg Herz, um
es nie mehr zu lassen! Das war.det
Beginn eines neuen Lebens nnd eines
neuen Jahres
—-.-O.--—-s
Klevptnt der Zweite.
Im Zirkug Inkrafan in Franks
furt a. M. aaves kürzlich eine lieber-—
rafchuna. Ter »«Llusbrecheriönia«
stieppini. der als ,,aritstifct:e« Num:
mer enaaairt war, trat zum letzten
Mai anf. Als er erschien unv Leute
ein«-« dem Publikum aufforderte, ihn
ins Fafi einzuschließen, aus dein er
sich nachher selbst befreien wollte, er
tsat sich der t.5-lettrctechnils:r des Zir
tus, das Faß derart zu verfchliefxem
das-. Kleupini nicht wieder herauskom
men könne CI war ihm, wie er sagte.
iveniaer um die 800 Mart zu thun,
die Klepuini fiir den, der das fertig
bringen werde-. ausgesetzt hat, fonsern
aus ,,(Ebraeiz« wollte er Ftleppini,
er soll fich, beiläufig bemerkt, beim
Ziriuspersonal unbeliebt gemacht ha
ben entlarven. Dieser lebnte ie
aoch ab mit der Beqriinduna, daß her
tflettrotectsniler zum Personal des
Zirlus gehöre. Ais Kleppini dann
fein Ausbrechcrluuitftiick hinter sich
hatte, erbot sich der Elektrotechniter,
alles nachzumachen Er kroch, unter
dem Protest Kletzkinis, ins Riefeniaß,
ta- aus der Henninaerfchen Brauerei»
ftainknt una ,,giinzlich unpräpatirt«
ift, hinein. Die Klappe wurde einae i
set-t, der Büael von außen befestigtl
unt-dann die Schraubenmutter des
Viigels mit dem Schraubenfchliiffel
auaezvaen Die »Kunst" besteht nur’
Darin, daf: man in dem VItomenL lvo
die Ftlavve einaefetit wird, von innen
einen Keil lfineinfchiebt, der rann
bei-n Herausziehen sofort eine Lotte
cuna der Manne und der Muitter
schraube berbeiführt. Dann fchrauvt
man die Nfliicke von innen heraus und
ltecle durcks dass Loch einen Draht, mit
tsem man von außen die Mutter
schraube so lanae lockert, bis fie ber
ausfällt Nach wenigen Minuten
hatte »Klein-Ein der Zweite« das
tinnstftiiet zuweae gebracht, die
Ktavve fiel heraus und er entitiea
unter donnerndem Beifall des Publi
kums dein Taf-» Man erfiebt alfo
wiederum einmal, daß es beutsutage
keine wirkliche Zauberei mehr giebt.
—---—-.-—-—
Cim- fossderbare Sport-üble.
Ein Berliner Maurer lkatie sichl
nach und nach ein Vermöaen von über s
1«,«)tm Mart erworben und bewahrte, l
olme das-. seineFrau eswußle, feinen?
Schon in der Matraße leineg Bettes’
auf. Da die Matratze allmählia etwas
frisadlsait cis-morden war, in iiberqcrb
Die ahnunqslofe Frau sie dieser Taae
einem Tavuierer. Der arbeitete sie
ensf und lsracble sie dann aleich rurücL
Als der Meutrer dies erfuhr-, eilte er
ichreeleisizbleirb zur Kriminalpolitei
und klarste ibr. daß man ian lein
uameo Vermöaen gestohlen habe. Ein
»aber Avvarat wurde arriaebolemdie
Vanlen wurden benachriebtiat. die ne
lloblrnen Vaniere gelvetrL Diese
Connlen nur in der Taneziererwerls
flalt entmersdet worden sein. Schleus
vsiolt durchfuckite die Polizei alle
Räume, fand aber keine Svur. Un
lrislilich oina der Meutrer nach haufe.
Nach einiaer oeit aber lebrte er freudes
lirohlend zurück mit der Melduna. er
have seinen Schab- wiederaeiundem
und zwar an derselben Stelle. nmer
immer erlegen Hatte, in feiner Ma
traee Der Tapezierer hatte ihn gar
nicht gesehen!
s-.
ASfchlittenrechL
Von Käte Lubowgli.
Der Rittergutsbesitzer Lobeck nuf
Alt-Marien ging mit dröhnenden
Schritten in feinem Gutshause auf
nnd ab. Jn seinem Gesicht tämvften
Aerqer nnd Rührung offenkundig mit
cinandet: aber dieGefchichte war mehr
"«tragifch als lächerlich. Sie trug den
Titel: »Chriftcl Lobeckg erste Liebe«
oder . . .. »wir Oberleutnant Günter
mit den keitiqsten Gefühlen sein Spiel
trieb« nnd mnfaßte in allen Kapiteln
sein einriqu Mädel, das blaß nnd
Vermeint an einem der Vogenfenlter
stand.
»Cbri5tel.« tagte Lobect ietzt ernst
unl- hielt in seinem Wandern inne:
»Sieh mat, ich kann Dir das nicht to
llar machen, wie es die Mutter ge
tonnt haben würde, wenn das un
linkknlyerziqe Flnochengespenit sie nns
nicht viel ;n frile genommen hätte . ·.
Jcti kann Dir nnr sagen, »e5 gefällt
mir nicht von Dir, daß Du nach der
Geschichte diese ReqimenLSsSchtittew
partie morgen durchaus nicht missen
tannst"... das blonde Mädchen am
Fenster lwb den Kopf ein wenig.
,,Versteb’ mich doch, Voter... Ich
thn·g ja nicht« um itnn »in zeigen, daß
mir sein Scherz nicht nahe vsieht . . ."
,Ein feiner Scheus« Polterte Lobeck
herang. Warum sagst Du nicht eine
»Gemeint;eit«... tnn? oder ist Das
vielleicht eine mit Charaktergröße ge
würzte Leldenxbnn wenn so ein junger
Dachs« wie des- sterlentnant Winter
es ist, beim ersten Liebestnaht in fci
ner neuen tsinrnison wettet,... das-,
.cc Ulllllcli llcUYl AlDlllUkIl UVS Ullcll
Lobeete nnkesiegbare Aelteste, oon der
sie ihm wer weis; wag erzählt halten,
geliisit haben the-dek« —
»Du vergißt bei Deiner gerechten
Emaiirung gänzlich. daß er mich Da
mals noch nictt lan«nte.«
»Um nichts vergesse ich, lshrisielk
Habe teine Anast, das; ich die ganzen
alten titesklkichten wieder auswärme,«
sagte der Vater. »Mir nie Nebenum
Jstiinde mus; ich noch einmal turz er
wähnen. Giinter schleicht sich mit der
Empfehlung eines Jugendsreundeg
von mir in unser Haus ein, macht
Tir. aus« »Jense! tomm heraus-« den
Hof und hätte ei« wahrhaftig noch vor
Ablauf :er festgesetzten Frist zu dem
besagten Kuß gebracht, wenn nicht
Leerleutnant Spiegel mir unter dein
Siegel der Verschwiegenheit die-Sache
rechtzeitig gesteckt hatte... Mit einem
sozchen Menschen willst Du also noch
einmal insainmentonnnen?«
»Das will ich, Vater, weil ich eg
:ms.f;. Lberleutnant Spiegel und ich
werden sogar dirett hinter seinem
sthxlitten hersahren· Wenn wir im
Fdrsthaug rasten, werde icheg so ein
zurichten wissen, daß wir uns kurze
Zeit miteinander unterhalten. Was
In ihm nicht sagen darfst, weil Dich
ein Versprechen lsindet, will ich ihm
ll.1rlegen.
»Na, denn meinetwegen, tThristel..
arrausgesetzt, daß es Dir Vergnügen
i!:.!cht.« . ..
tshristel Lodeet sieht ihren alten Va
ter traurig an . .. Er versteht sein
Fund . . .
Sie hat den ,,Windhund«, dem auch
er einmal oon Herzen zugethan war,
immer noch lief) . .. Es ist doch »rein
»in-n Auswachsen« . ..
Lobed dreht sich heftig um un: reLszt
einen Fensterslugel aus.
,,Teusels,teug, macht den Rücken ge
fiilligst lrunnn. —--( Meint ihr viel
leicht, ich pslncle Euer Tagelohn von
dixi Bäumen herunter«... schreit er
sit-er den Hos den Dienstgöngern zu,
die nicht gerade eilig den datntisenben
Tiinger aus dem Hausen auseinander
r-—.·-.-iten... Er hat das sagen müssen,
tienn sonst hätte wahrhaftig die Rüh
rung über seines Feindes tiese Lieb-:
feinen Aerxser iiber den Sausewind
erstickt . . .
Vor dem Stasino des Tertenberger
1«. ArtillerieMeginicnts stehen eine
stattliche Anzahl Schlitten — in ge
nau bemessenen Abstancen ---- hinter
e:-iander... Die Ordonanz gibt mit
stolzer Handbewegung ein Zeichen, da
nimmt Bewegung in die silbernen
Wörtchen an den Schlitten. Als erster
ttingelt derjenige dee Obersten vor die
Freitreppr. Der Vater des Regiments
end die ältesteMaiorin nehmen in dem
Iltjesährt Platz. Die jungen Dachse
aber treten erwartungsvoll von einem
Fuß aus den andern und lächeln ver
gnügt, als der »Alte« endlich abschiebt
So bimmelt denn allmählich die ganze
tltangliste von dannen. ·
Jetzt hebt Oberleutnant Spiegel«
Christel Lobeck, die unter Frau Haupt-—
mann Treusches Schutz steht, aus die
rothe Schlittentnuschel, vor die zwei
Schimmel gespannt sind. Es ist ent
schieden das vornehmste Gefährt von
alten. Die beiden jüngsten Kritnweri
iskerde schäumen wie Vollblitter nn
Gebiß und der Bursche» .. der Dom
browsli».. hinten au dem Bock ist
in seine Pelzlivree ver entt, daß man
nur sein Gesicht als einen weißen
Punkt sehen kann.
Dennoch hat die Spiegelsche Herr
lichkeit einen großen Haken-. Gestern
»Mittag hatte der Oberleutnant noch
Hiricht daran gedacht, die beiden schnee
;tveißen Durchganger zu nehmen. Erst
am Abend im Knsino wußte er esp
denn ein Kamerad hatte sie im Scherz ?
lsorgeschlagen... Günter war sofort
aufgefahren und hatte erregt gesagt:
»Das geht aus keinen Fall, Herr
Kamerad, Sie fahren viel zu unsicher.
Nehmen Sie lieber die Asta und den
«;il;önix.« . . .
Spiegel hatte sich über diese Bemer
tttng geärgert, denn die beiden Gäule
gingen wie steife Böcke und wurden
»nur noch zu den leichtesten Krümm
zfubren verwendet. Deshalb gab -er
isein Wort, das; keine anderen als die
ISchimmel unter seinem Zügel gehen
! würden.
s Am geilriaeu Abend war auch die
"(steschichte mit der Wette noch einmal
durchgesvroclien worden, und Spiegel,
der sich noch für die ,,Asta und den
Phönix« revanebiren wollte, erzählte
nebenbei, daf; er Lobeck iiber den
Scherz insormirt habe. Der Hieb saß!
—-—tfine1?ekun!e hatte es den An
sctiein gehabt, als wenn sich Giinter
ikuf Den Spressker stürzen wollte, um
eine Pronoiatizn zu veranlassen; aber
er beherrfolite Jiiti rechtzeitig, nahm die
Hatten zusammen und sagte: »Ich
danke J.i;nen, Herr Kamerad, dasz Sie
nsir endlich Aufklärung über die ver-—
(inderte litefinuisng der Lobeckfchen
Herrsct)aften... Gute Nacht, meine
Herren. .
stach diesem thvischenfall war man
natürlich auf dieEreignisse des heuti
gen Tages doppelt gespannt. Wie ein
Strahl talten Wassers berührte des
tnlb die im letzten Augenblick gegebene
Absage rez- Oberleutnantz Günter für
das Schläft-kniest Cliristel Lobect stan
dest die Tlsriinen in den Augen, als sie
Davon tijjrtr. Nun war ihr Opfer doch
umsonst gebrast,t; Spiegel war indeß
in bester Laune! Er hatte den gefähr
ltltxen Rinalen mit einem Zuge ,,m-itt«
gesetzt ans das schönste nnd geliebtcste
Mädchen Zur Zeite.
Die Titegimcsitgtapelte intonirte die
»Exislittfchublhufet:Gavotte« und los
s gina’5.
Tag Schimmetvaar tänzelte herr
»:iit. dahin. ——- Die ewige Klingelei
j machte es offenbar nervös. Das Hand:
jisscidreaairte iiberhaupt nicht aus die
Hätt-get und SpiegePS Hände erlahm
ten schon nach den ersten zehn Minu
ie:s. Er stets-Lang die Leine fest um die
tsandgelente und biß die Zähne zu
sammen. Ein Gefühl der Wuth über-«
tan- ihn auf den, der ihn in diese sa
tale Lage gebricht hatte. Wenn tue
nigsteng Doiulsrowgti . . . ihn ablösen
triunte. .. Aber der Fierl · fuhr noch
schlechter als er. Eine unendliche
Ucattigteit schlich durch seinen Köri
ret. Die Meine locterte sich ein wenig
und dle milden, schlechteingesahrenen
Pferde bäumt-In sich augenblicklich
lsuch auf. Was half ihm nun die Nlihe
rsez geliebten tjliädchcney wenn ihm die !
Stssusze fehlte-, seine Werbung anzu
l:iuaen.... Immer toller wurde die
Fahrt. Wollte er nicht seinem Vor
deraiann in den Schlitten fahren, so
mußte er ausbrechen. Es gelang ihm
auch und das Handpserd sprang, durch !
einen Peitschenhiieb scheu gemacht, nun i
rechts vom Wege ab, riß das Sattel- ’
usero mit sich fert, und ehe die Jnsas
sen der Schlittemnuschel recht zur Ve
fmnung kamen. sausten sie iiber Herrn t
Lobectg verschneitenSturzacker, htneins
in Dunst und Nebel. .. Christel Lober-l »
hatte keine Furcht. Sie hielt ihre;
Hunde fest im Musi zusammengepreßt .
uno sah starr geradeaus, auf den
ichsrsärzlicben Strich in der Ferne, der
in Wirklichkeit du mehrere Meter tie
Fer, frisch ausgerissener Drainirgrahen
mar. Wenn sie da hineinsausten...
rann . . . Gnade ihnen!
. Plötzlich kam Leben in die regungs
I lase Gestalt auf dem Bock. Er sprang
mit mächtige-n Satz hinten ab, eilte
vorwärts, packte die Gäule an den
Hafftern und riß sie mit aetoaltiger
Kraftanstrengung herum. Das ganze
war das Wert einer Minute. Die
Schimmel standen zitternd und
schiueifzbereckt und tnirschten leise im
(«.kebiß. Dann schwang sich Dom
tsromgti auf den Vordersitz, zwischen
Cisristel und Oberleutnant Spiegel,
nahm Letzterem die Leinen ab und fuhr
den Weg den sie unfreiwillig genom
men hatten, zurück. Ein paar Sekun
den lang sprach niemand ein Wort;
rann schlug Spiegel dem neben ihm
siixendcn Dombrowsti auf die Schul
ter und sagte:
»Kerl, Du tannst ja doch fahren!«
Nun fand auch Christ-ei Lobeei die
Sprache wieder.
»Herr Leutnant, wissen Sie auch,
daß wir in wenigen Minuten in Alt
Marien sind?«
H
Spiegel schuttelte den Kopf und
sagte zum Kutscher:
»Alte: Esel, wir wollen doch in’s
Forsthaus7 das-. gnädige Fräulein
tommt schon früh genug nach Hause."
Aber Dombrowsti reagirte auf
nichts. lkr fuhr ruhig weiter, und es
hkieh dem Qberleutnant nichts anderes
als die Bemerkung übrig: »Bielleicht
gibt uns Jhr verehrter Herr Vater
auch ein Täßchen Molla2«
Das that Vater Lobeck natürlich
mit Freuden. Ja, er that noch viel
mehr. Als er die Geschichte aus dem
Munde feiner Tochter ziemlich aus-s
jährlich vernommen Hatte, schickte er
den Diener hinaus und ließ den bra
ven Domhrowsti hereinholen, um ihm
einen ,,tlingenden Händedruck« zu ver
» absolgen.
Dombrowsli kam, nahm höflich
seine Pelzmiitze vom Kopf, und. .ein
dreistimmiger Schrei hallte in dein
selben Augenblick durch das Zimmer·
Es war nicht Dombroivski. son
dern der Oberleutnant Giinter, den
die Angst auf den Kutschbock getrie
len hatte, es könne dem von ihm iiber
alles geliebten Mädchen bei dieser
Schlittenfahrt ein Unglück zustoßen.
Jm Verlaufe des Gesprächs stellte
sich die Geschichte mit der Wette ganz
anders dar. litin harmloser Scherz
war es, nichts weiter. Wie Oberleut:
nant Günter feierlich erklärte, sei in
sofern heiliaer Ernst aus ihm gewor
den, als jener Kuß ihm jetzt wie em
dringende-J Lchensbediirfnifz vor-s
schwebe
Nnmnehr hielt es Spiegel an der
Zeit, sich Zu empfehlen. Er wurde
durch Lobeclg Rappen in seine Gar
nison geschafft und verlebte den tRest
des Tages in einer sütchtktllckJM
Stimmnna »
In Alt-«Marien aber ging es sehr
lustig her. Oberleatnant Günter er
hielt in unaezählten Auflagen sein
Schlittenrecht und VaterLobeck meinte
fchmnnzelnd daß das nach einer sol-«
Imm -—-- Heldknthat ganz selbstver
ständlich seit -—
Die eigene Hochzeit vergesse-m
! klug London wird berichtet: Ein
JFall von Bergeßlichleit, wie er denn
Hdocb nicht oft Vorkommen dürfte, er
-cignete sich in der Gemeinde der St.
.«ltauls:skirche, Breiitsord. Es war ver
einbart worden, daß ein Brautvaar
am Weihnachtgtage zum Altar schrei
; ten sollte, um feierlich den Bund fürs
Erben zu schlleszen. Um neun Uhr
sMorgens traf auch die Braut mit ih
nen Angehörigen in der Kirche ein.
J Ader der Bräutigam war nirgends zu
;eclili(jen. So nahm die Gesellschaft
Platz, und wohnte einstweilen mehre
Jrcn anderen Eheschließungen bei. Als
I dann der Bräutigam aber immer noch
nicht lam, sandte man einen Boten
aug, den Vermiszten zu suchen. Man
fand den angcticnren Gatten damit
beschäftigt, mit Würde und Ruhe und
mit der Snralofigleit des Gerechten
sein Frühstück zu verzehren. Seiner
Gewohnheit gemä war er um 6 Uhr
ausgestanden, Eiat e gearbeitet und da
iiiver seine eigene Hochzeit völlig ver
gessen. Jndefz die Braut in der Kirche
harrte und sapluchzte, fuhr der au
gehende Ehemann nun hastig in die
Fehl-leiden sprang in eine Trost-hie
lxct den Butsu-se doppelt so rasch zu
tat-rein und kam endlich athemlos in
disk stirrlre kir«·iir,2,t, too er schließlich
Hoch inscli gliirilicli seine Braut zum
Altar fxibren konnte-.
l
i
i
Die bestohcmc Polizei.
lisin heiteres Dieliesstiirllein lrird
aug- Psirig gemeldet: Jn jedem Paris
ser aniieitltevier ist ein Mann enga
znrt, dein eg oliliegt, die Bureauräume
nnd die Zellen zu reinigen. Seit Jah
rcn ist eg nun dort Sitte, daß Die
Polizisten zu Elteujahr diesem Stuben
reiniaer ein kleines Gelgeschenk zu
tnnimen lassen, Tag in eine an einer
Thiir anaebrachte Bitchse gethan irr-ird.
»So geschah es auch.in diesem Jahre
auf einer Polizeiwache im Centrum
ison Paris, wo fiir den Arbeiter nahe
zu zehn Franl zusammenaekommen
waren. Als rer also Bedachte den
Loolus in Empfang nehmen wollte
und ani Neujahrstage die Büchse öff
iiete, war diese lter und ihres Inhal
teg beraubt worden. Die Polizisten,
die von einem Diebstahl in ihrem eige
nen Heim natiirlich wenia erbaut wa
ren. stellten bald sest, das; nur ein
Lzaziabund, der in der Nacht vorher
inhastirt und dann wieder entlassen
worden war, als Thäter in Betracht
iominen tönne.
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Vorn Kasrrncnhoi
Der sehr wohlbeleibte und gemach
liebe Nettut Pimpsinger murmelt
während der Gelenliibunaen Wstöh
ncnd und schwitzend zu sich selbst:
»Mein Gott, lvan i’ nur schon
Mitarbeit loär!«
»Des:s alanb’ i,« schreit ihn Der Un
terofsizien der diese Bemerkung gehört
hat« an, -—- ,.dasch Jhna das recht
nickt-, in’ ganzen Tag in Sarg d’rin
lisan und nir thun miissen Sc
diameeh Je fanl’5!«
Seine Spezialität
Antiquitätenhiindler: »Sie haben
schon bei mehreren «tlntiquitätenhiind
lcrn gearbeitet. Können Sie niir
emcn Tisch aus dem 16. Jahrhundert
herstellch
lTischteraesellm »Gewiß, lieer
Frass mir aber, wenn er 200 Jahre
alter sein dürfte. ich bin mein- aus
dar- .l4. Jahrhundert eingearbeitet.«