Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 08, 1907, Sweiter Theil., Image 12

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    wohin-m- ikagt zwei-. ’
Humor-sie von R o d a - R o o a.
Ob der am Altar geschworene Gib
; End-r ewigen Liebe und Treue eine F: an
verpflichtet, ihren Mann jedesmal am
’ Bahner zu erwarten, wenn er von
einer Reise Umkehr-L ist strittig.
Kommt der Mann aber gar mit dem
Eilznge 5 Uhr 4 Minuten Morgen-Z
am 1,6. Dezember, dann vereinfccht
sich die Antwort für jeden humanen
Menschenr nein, va braucht diean
ihn nicht zu erwarten.
Und trotzdem schritt ich an jenem
drukwijrdigen 16. Dezentbcr bei stock
finstcrer Nacht allein und frierend
über die Murgbrücke zum Westbahnc
« bose.« Unter der Brücke murmelt-« der
Fluß. der Schnee knirschte —— sonst
teinLaut. Mein Schatten folgte mir
in Febhaitknr Waner von Laterne zu
Laterne, ver-doppelte sich und Ver
schwund, um kerzcrrt wieder aufzu-»
tauchen. Alles intenstill Nicht einnal«
Fig Polizi st: n nrn Brückenkopf regten
I i
— IMI nach der Thürichwellr.
M Meyer und Co.«
spmir iommen.«
,;.-;;Du kommst mit mir und schläfit in
"« keinem warm-en Zimmer-. Du kriegst
«« FI- essein nnd wen-n Du satt undmun
EJM bist, wollen wir sehen, was sich
- XII-verlieren an der Hand und zog ihn
its-it mir nach Hause.
nur Dem Atoreangpiatz netz michi
ein leises Geräusch aufschauen. Es
klang wie ein Schluchzen Als ich
mich verwundert umfah, rührte sich
etwas im Schatten eines- H«Iustho:es.(
Ein kleiner Junge war’s.
»Was machst Du hier?«’fragte ich
erstaunt
Keine Antwort
Erst auf mein Drangen begann der
Junge in der plappernden Art aufge
weckt-er Großstndtiinder, aber zähme
tiapperne vor Kälte: er erwarte den
ersten elektrischen Wagen, der komme
um sechs Uhr. ,
»Und wohin ivillisi Du fahren?«
»Rikgends hin. Jch will mich roe
ihn werfen.«
»Um-Z Himmels willen, Kind! Was
»wer-den Deine Eltern sagen?«
«Eltern habe ich teine.«
,.Weder Vater noch Mutter?«
.Wedee Vater noch Mutter.'«
»Wir Inschrift-Du denn?«
«Hier.« Er wies mit zitterndem
» i mer?«
« nchmal auch auf dem Holzplatz
·th-:, mein Junge, Du mußt mit
«MJag nicht,« sagte er, »ich werfe
-mich vor die Elektrische.«
- »Was fällt Dir ein? Das darfst Du
nicht« das ist Unverstand und Unrecht.
Leiter für Dich thun läßt«
M packte ihn, ohne weitere Wort-.
M Mann kam, aber ich sagte
noch nichts- vsn meinem eigen
·« sp lichen Abenteuer-. Er wunderte
Ich bloß, mich wachend anzutreffen,
M legte er sich schlafen.
I ZU Während er ruhte, speiste und wusch
i»
meinen kleinen Findlings und
Her-, ging ich meidet fük den nei- .
s ihn zu Bett; und als es Taq
« M Peter kaufen. Dann erst stelltei
» TM ihn steinern Manne vor. ’
ji WHAT wir haben uns immerj
Buben gewünscht Sieh her, jetzt
uns das Schicksal gleich einen
großen ins Haus.«
kiißte dem »Papa« artig dies
MÄ, und damit war er in die FaH
» aufgenommen Ich athmete erst
i auf, als mein Mann so ohne 1
dareinwilligtr. i
her stiegen meinem Mannei
allerlei Bedenken auf. Wenig
ern-meiden müßten wir den Kna- .
—A!io that ich es— schziftlich ;
CDLM-»M—«--IJ.-ch . ...... «
Q-»
sp. - -- ------ , uqkkssiusuquzsuku CAN-cui ;
Kam ich für den 19· Dezember eine
Borsadung aqu Amt und ging mit
Mr hin. Zwei Stunden mußte ich
reiner dunklen Stube warten, bis
W mich rief: »Frau v. Belers!«
ists-Beamte fragte mich nach Dem
Texsange der Sache. Dann mußte
ZM erzählen. Er sagte aus, was
Hschon wußte: daß er eine-Waise sei
seinen Geburtsort und Familien
— nicht wisse, daß er allezeit im
re auf dem Albrechtsplatz
chtet habe oder auf dem Heiz
von Meyer und Co. Jn die
sei et nie gegangen
Beamte schnupfte. nieste, Iegte
in den Ofen, schrieb eine
tang, sprach mit dem Amts
Mtd fünf anderen Dienern, las
Geschriebene vor, schrieb wieder.
»So-we lang und las von An
u vor, hieß mich alles unter
and entließ mich endlich.
des 21. Dezember bekam ich
ein-e Vorladung. Diesmals
ich nur anderthalb Stundenp
M vertagste der Beamte das
- weilich Petern nicht mit
Er bestellu mich für den« 23.
B- Iing es mir genau so wie
. Dezember brachte ich auf
III Sei-it amsäbfnd sollte
- a von r onen ge
AuIts-erden, die Kinder
- seit ahren vermißten.
" ha tin-de Gewisse
sktty bei dieser Beleuch
zn sehen, wurde die
Z. Januar ver-tagt
, aber heraus, daß die
sichs einen Knakeus
—-un
11 Uhr Vormittags, daß mein Name
irrtthümlich und gewohnheitsmäßig
ans die Llste der zu Vernehmenden
gekommen wäre. Ich durfte also trie
der gehen-.
Peter war nur einen Monat bei
mir. Er fühlte sich recht heimisch-,
faßte ungemein leicht auf und lernte
spielend lesen und schreit-en Das war
Iaber auch di-: ein ige Freude die ich
lan dem Juncen hatte, denn et ärgette
jtnich sonst den Unzen lieben Tan. Er
aß, was er nicht essen sollt-s Rofinen
ans dem rol: n Kuchen, as Fleisch
» lange oor dem Anrichten, bis-Einem
-lnke aus der Steisetammer. Er malte
sFigntsen an ten Salontapeten und
schnitt Bilder aus den Elluftrirten
Klassikern Er schlug mit bewun
dernsstvertlkem Eifer Purzelbäume
vom Plüfchsoplka auf den Blumen
iifch, riß dem arme-n Kanarienvogef
Federn aus dem Schwanz Und stellte
meines Mannes Gall-schen in die
heiße Bruttöhte, wo sie mit fürchter
lichem Geruch verbrannten Er guckte
uns das Verfahren am Telephon ab
nnd bestellte eines Tages die Dampf
speise vors Haus, wele bei rnir
Uts auc
Roch in der Nacht vom 22. auf den
23. Januar wurde ich zweimal inter
rsietvt. Jch gab dakei eine schlichte
Darstellung des Sache-erhalte Die
»Morgenpresse« ließ sichs natürlich
nicht entgehen. den »Na-eilen Neuig
keiten« eins am Zeuge zu ilicken und
nahm sich ,meiner warm an. Das
»Tiigliche Journal« faßte die Auge
legenheit an einem anderen Zipfel und
suchte die »Neuigleiten« durch ae
nauere Einzelheiten zu überdieten Die
Angaben, die ich »einem bekannten
hiesigen Schundblatte«, dein Redak
teur der «Morgenpresse" geinacht,i
seien von A bis Z erlogen l
Jn dem Prozesse, den ich deswegen T
gegen die Zeitung anstrengte, wurde!
ich am 7. Februar tostenpflichtig abge
wiesen. ;
Am 29. tani Dr. Lofer Don-. »Wo
chenblatN zu mir, und zwei Stunden
später bemerkte ich den Abgang mei
ner Uhr. Als ich deswegen zum-Doktor
Loser schickte, erlliirte er, nie bei mirs
gewesen zu sein; ich zeigte ttm wesen
Diebstahls an, er mich werten der Be
Scidigung
Die· Diebstahlsangelegenheit wurde
verhandelt, und ich am 18. Februar
als Zeugin vor-geladen Der Doktor
trug einen rothen Bollbart. der ihm
anömglich seit vierzehn Tagen gewach
sen sein konnte. Der Mann, der als
Doktor Lofer meine Uhr gestohlen
hatte, war bartlos gewesen-. Es er
folgte eine Venirtheilung wegen Eh
renbeleidigung —- erster Rückfall —
zu fünfhundert Kronen Geldstrafe.
Als ich um diese Zeit einen Damen
laffee geben wollte, ließen alle Be
kannten absagen. Frau Regierungs
rath Dauscher bat mich, ihr Haus vor
läufig durch keinen Besuch zu beehren«
Ia sie umziehe — wohin, wisse sie
noch nicht.
Peter aß also die für den Damen
Eaffee vorbereiteten Torten auf und
lag bis zum 28. Februar trank im
Bett. —- Am 1. März stand er auf
end schien munter· An demselbenTage
»vor ein Polizist bei mir, und als er
wieder ging, fehlte mir die neue Uhr,
die ich mir statt der von dem angeb
lichen Doktor Loser gestohlenen ne
tsiuft ha:et. —Am 2. März wollte ich
eben Anzeige gegen den Polizisten
machen, den ich wohl kannte lich
kannte schon die gainze Polizei). als
ich Petern vermißte. Er kam erst nach
ziner Stunde. Mein Mann nahm ihn
ins Verhön und als er nicht gestehen
wollte, wo er gewesen, durchsuchte er
Vetters Taschen. Sie enthielten: ein
szind Bonlzonsz sechsteifen ver
ianeoener Woge, meines Mannes
lange oermißtes Taschenrnessee, ein
Geldtäichchem dessen wegen ich mein
Smbenmädchen entlassen hatte, einen
Horizieher mit einem Dutzend ak
tsenuchter Rotte einen halben Kilo
meter Bindfaden und etwa zwanzig
Stücken Unterschiedlicher Länge, sie
kennend-zwanzig Kronen baar und ei
nen-—Versatzschein über eine goldene
Uhr.
Das sckxlug dein Faß den Boden
ans. Jch dankte Gott« daß ich den
Schuhen-Inn nicht verklagt hatte, ich
träte wegen Amtsehrenbeteidigunsg im
zweiten Rückfalle ohne Gnade ins Ge
fängniß getommen.
Mein Man-n wollte Petern wachem
was ich, nur aus Angst vor einem
neuerlichen Konflikt mit dem Gesetze,
verhinderte Auch blauen sollte er
Beter-i nicht, das besorgte ich selber-,
um mir die Seele zu erleichtern.
Dann zogen wir uns zu einer Be
rathung zurück. Mein Mann wollte
Petern einfach vor die Thür setzen.
Ich gabs durchaus nicht zu. Es kam
zu einem heftigen Zwist zwischen uns,
dem ersten seit zehn Jahren. —- Bis
qum 5.Mörz sprachen wir nicht mit
einander. —- Am 6. März endlich fand
Iich das erlösende Wort. Mir fielein,
sdnß wir Petern dorthin stecken könn
Jten, wohin er von Rechts wegen ge
thiietu ins Waisenhans. Mein Mann
war einverstanden und küßte mich
satt-etlich- ,
Die it nTeiner Akkoesenijeit be
nittzte ter dazu, ein Bild meines
Großvaters zn verkaufen, haust-kei
ften Aettefte am Auge zu oerietzen
nnd den weihen Pudel aus dem zwei
ten Stocke zu theeren und zu federa.
—- «Er sieht jedoch ganz so aus wie
seither ans-I tagte et unschuldsvoll,
fes-i M ihn zur-dein stellte.——-Dat
·
mik die Wohnung kündiftr.
Dei Beistsee des Wai nrach em
pkinc mich ungemein freundlich und
wollte den hergang haarklein geschil
Leri habet-« Ich sah nach der Uhr.
Sie zeigte auf neun. Ich fragte den
Herrn Beisitzm wie lange er Zeit
! have Bis zum Mittag, sagte er. Dann
Hvolle ich gar nicht anfaiigei» sprach
sich. Also bestellte er mich für Don
i neriiag wieder.
Jckk lam Donnerstag Morgens um
sieben Uhr nnd blieb bis zum Abend.
Ter erst-e Brifmer soollit immer noch
niibere Angaben lief-: die Lampe.brin
gen und nbtbizite mich, zu bleiben
’Uin Mitternacht sagte er: »Ist das
Inuic alles, oder baten Sie sonst noch
- etwas anzufiibrens«
J »Nun gut.« erwiderte er. »Ich lebe
Ivolllommen klar in der Sache. Nur
eines ist mir unbegreiflich. Warum
» haben Sie sich nicht gleich bei der Auf
findung des Kuchen mit der Stelle in
Verbindung gesetzt, vor welche die
Sacke von Natur aus gehört?«
»Und die ware?·'
»Nun s— doch die Stadihasavts
mannichaft «
lEude dem Liede mi, des des Wirth
Uc L- ...-L ---1-l-c —:-I- —;s .
JU- sbsåsoss ulIU Ilskfsblqs sslsus lllls J
dem Versprechen, am nächst-en Don
nerstag wieder tomrnen zu wollen, unt
oem Herrn die Angelegenheit noch ein-:
mal von Anfang an zu schildern.
Am nächsten Donnerstag kam ich
alio wieder. Als ich zu dem Punkt
vom Menerschen Holzplatz lam, brach
der herr Beisttzer turz ab und rief:
»Aber, aber, gnädige Frau! Die Holz-«
May-Angelegenheiten gehören doch
nicht vor den Waisenrath, sondern
zum städtischen Bauomt.
Und weg war er.
Wenn er aber gemeint hatte, mich
«au.i so leichte Art los geworden zu
sein, irrte er gewaltig.
Jch faßte den zweiten Beisitzer ab,
beschrieb ihm :n kurzen Worten meine
Erlebnisse, Irrfahrten und Leiden
und brachte zuwege, baß er bis zum
Verfchrvinden der zweiten goldenen
Uhr aushielt. Da versuchte er snich
abzufchiiitelm Er rief: »Aber, aber.
gnädige Frau. Diebstahle gehören..«
und so weiter. Aber ich ließ mich
nicht verblüssen. Ich machte turz
kehrt, schrieb zu Hause einen deutli
chen Artikel iiber die Sache und
brachte das Ganze in die Zeitung.
Das wirkte.
Der Minister ließ mich rufen. Ich
stellte ihrn vor, daß ich doch unmöglich
verpflichtet sein könne, einen wild
fremden Jungen, blos weil ich ihn zu
fällies auf der Straße aufgeleien, zu
begaltem ob er nunPapiere habe oder
ni t.
Mitte April kam Peter in ein Wai
fenhauesk
Es war auch die höchste Zeit. Er
hatte uns die ganze Zimmer-einrich
tung verdorben, alles verschleppt,wsas
nicht niet- und nagelfest war, und nn
sagbaren Unfug sonst noch getrieben
Als Peter vierzehn Tage im Wai
ienhaus gewesen, tara er vlöslich wie
der. Man habe ihn zurückgelchickt
Gewitzigt, wie ich nun schon war,
glaubte ich ihm natürlich kein-e Silbe.
Jch forderte ihn auf, nur ruhig dazu
bleiben; indessen telephonirte mein
Mann an rie Direktion des Waisen
haules. Bald genug erschien ein Ab
grsandier von dort in der Thiir. Als
Peter feiner ansichtig wurde, sprang
er auf und lief schnurstracks davon.
Einen Tag und eine Nacht war
und blieb Peter verschwunden Jch
fürchtete schon, er habe sich ein Leid
cngethan
Alle Aufregungen der letzten Mo
nate wurden aber noch bedeutend
überboten, als eine stämmige Wäsche
rin bei niir eintrat, mich von itond
disk zu Füßen maß und mich dann an
schrie: »Also Sie sind die Kindes
riiuberin, die einer armen Mutter Das
Feind neirnimmt und fünf Monate
reyölt?«
Ach, der gute Peter hieß gar nicht
Peter, irie es sich gar bald erwies,
sondern Franz. Er war auch gar
kein Waisentnobe, sondern der Sohn
oer Wäsckerin Anna Fintenschkaa,
Neugasse 18.
Jch danke Dieser angeblichen Waise
Peter den Verlust meiner Unbeschol
tenheit lzwei Berurtheilun en wegen
Ehrenbeleidigung), den Ver ust zweier
Uhren sowie des Oelpvrtröts meines
Großvater-A -
Dagegen danke ich ihm meine Lo
lalkerühmtheil ldie Leute zeigen mit
Fingern aus mich), meine eingehende
Bekanntschaft mit sämmtlichen Ami
tern und Gerichten der Stadt, den
Verlust mehrerer Freundinnen (da
tunter Frau Regierungsrat-h Dau
lcher) und den Besit eines Blumen
tischchens, das mir die Firma Meyer
ä- Co. unlängst zum. Dante siir die
sittsame Rellome verehrte.
Ja, Wohlthun trägt Zinsen.
-.
Ja der cser.
»Halte-r Sie sich das letzte Malgut
unterhalten in der Oper, Herr Kom
merzienrath?«
»Nein, ich habe nichts gehört.«
»Weshalb nichts« «
»Bist mir saßen zwei Damen, die
den anzen Abend davon schwahtery
wie ebr sie die Musik lieben.«
Wüs.
»Als ich meinem Bräutigam mit
theilte, wieviel Mitgift ich bekäme,
sagte er: »Wenn ex sich um Dich
handelt, ilt mir nichts zu viell« »
. »Was soll ich nun davon haltet-W
W
Die Krabbenfängerim
Novelleite von Gan de la Minde.
Uebertrcsgung von M a i l). B e cl.
Mit il;-ren Möwenaugen das Halb
cnntel des Speichers durchbohrend,
ikolperteHsie alte Julotie tastend uni
ker und durchsuchte das Durcheinan
der von alten Tauenden, zerbrochenen
Fifchteuien, zerrissenen Netzen nnd
wurmsiichigensiangem an denen noch
der Seetang hing-. Ihre rissigen
Hände zoge die alten Neye hervor,
auf Denen si , ein grünlicker Staub
festgesetzt hatt-; und vriiften fie anf
nierlfam. Aergerlich warf sie fsie
dann wie:er hin und Innrmelie zwi
schen den zwei einzigen Schneidexähs
i-.en. die ihr geblieben waren:
»Ganz wie ich! Sie machen nicht
mehr mil.«
Schließticb wurde es die Alte über-s
deiissig, »in dem Chaos unbrauchbar
gewordener Fifclxrgerätliichafien ber
umzuwühlen, aus dem ihr nur vie
Vergangenheit entgegenwehte nnd :as3
ihr die Kehle rnii trockenem Staube
füllte. Auch von den Ratten ange
sressene Lappen, Fetzen alter Kleider
lagen zwischen dem Geriiknpel umher
unZ hingensich an ihre Füße »
JM Is- Uns waren ore urserrruei
einer Matrosenjacke von Julot, ihrem
Manne, der bei dein Schiffbruch der
Eoeletle Espoir ertrant. Das dort
zic Mütze ihres Aeltesten, der im
eKrankenhaus von Samt-Pietr-. ge
storben war. Und dieses zerlumpte,
aestkictte Wamms?- Das halte ihrem
Jüngsten gehört. Als Schifssjunge
war er eines Tages nach Island ge
fahren Und nie mehr zurückgekehrt!
Einen nacb dem anderen hatte ihr
rie See -genomn1en, erst den Mann,
dann die beiden Kinder. Nur Simon
roar ibr noch geblieben und siir ihn
sticht-ei Be in diesem Augenblick nach
einem en, das sich vielleicht nachein
nial auf-bessern ließe. Am Abend vor
lker .batte ein Sturmwind iiber die
Küste gesegt. Wütbend waren die
Wogen gegen vie steil absallenden Fel
icn geprallt. Simon hatte sich nicht
Jur rechten Zeit in den Oasen flüchten
können; sein Boot war gekentert. lsin
Wunden daß das Rettungsboot ilkn
und seine zwei Leute noch hatte auf
irekrnen tönnen.
Was sollte setzt aus ihrem Jungen
werden«- Wiiede er sich einem anderen
rseroingen und siir ihn die Netze aus
rein Wasser ziehen? Würde der Tage
Lohn aus-reichen, seine i rau nnd fiinf
Kinder zu ernähren? hne den Vei
srand von Julotte, deren kleines
Wirthshaus am Ende ver Moze in der
sasönen Jahreszeit manchen Groschen
.-tswarf, wären die Kleinen fo schon
längst verhungert
Als sie wieder der Treppe zitfchritt,
stieß ihr Fuß an etwas harte-e: ein
Bikrerrabmem in dem ein verstaubtes
Bild steckte.
Sie blickt sich, sucht in der Erinne
rang.
Ach ja, jetzt fällt es ihr ein. Fast
ein halt-es Jahrhundert war es her,
baß das Bild aus den Speicher ver
bannt worden war wegen Julots Ei
fersucht. Wenn man es hiibsch rei
nigte, kennte man es vielleicht drun
ten in der großen Stube aushängen,
wo es den Gästen gefallen würde. Der .
Gedanke war nicht übel. .
Das Bild stellt eine normanische
Küste dar. Es ist Ebbe; im Vorder
grund steht eine junge Krabbensiinae
tin bie Kiepe aus dem Rücken die
nackten Füße in dem silberiaen Naß
der heranrollenden Wogen. Jm Hin
rergrunde siebt man Seaekschikse und
Harten auf einem leuchtenden Meer,
wie es fiir den Fischfana günstig ist
Nachdem sie vorn Speicher herabge
stiegen ist« reibt Julotte, an der
Schwelle ihrer Schente sitzend, mit
einem Stückchen Flanell den Stank
JO. der sich aus der Leinwand und in
Den Ecken Des Rahmens festgesetzt hat.
...Nein, welcher Staub!
Doch bald muß sie ihre Arbeit ein
stellen: am Ende des Hafendammes
taucht ein Greis a:1s. Es ist der wun
derliche alte Herr, der seit drei Wochen
regelmäßig jeden Tag Puntt 9 Uhr
eine Tasse Milch in ihrer tteinen
Wirthschast trintt. Sein Gesicht ver
täth den Siesziejiibrigem aber sein
Körper unter dem schwarzen Geht-ach
aus dessen Kragen ein rothes Stück
chen Band leuchtet. ist noch ungebeugt
und hat seine Haltung bewahrt.
»Guten Tag, Madame-"
»Guten Tag, M’sieur.« antwortet
Julotte und stellt ihm seine Tasse aus
ein kleines Tischchen
Der here thut einen Schluck, dann
beugt er sich vor und sucht den Namen
unten aus dem Gemälde zu entzissern,
das Julotte zur Reinigungv wieder
vorgenommen hat. Plötzlich erhellen
sich seine Augen« und mit zitternden
Lippen tragt er:
«Gehört das Bild Ihnen, Ma
dame?« ·
»Ja, M’sieur. Es hat seine fünfzig
Jahre aus dem Speicher gelegen. Ein
Unglück gab den Anlaß, daß ich es
dort wieder ausstöberte... Das Boot
non Simon, meinem Sohne, hat ge
stern Schiffbruch gelitten. Jetzt steht
e- da, arm wie eine Kirchenmant wie
man la sagt. . . kein Nes, teinenSou,
altes st hint«
»Es würde mich interessiren, Ma
dame, u hören, wie das Bild in Ih
ren s kam.«
»Oh, das können Sie erfahren. Die
Metie, meine Großmutter, natte da
mals diese Wirthschnst». ich wurde
nämlich gleich nach meiner Geburt
Waise wit- tvabnte bei ihr. In der
l
:
Det most-tue Mensch.
-
t
? . S ’»
« Gast: »Was bat denn der Herr am Nebentisch für eine Menge Fla
scixen vor fich?'« «
Kellnerim »Das sint alle-;- Extra tie, die et dem Essen zusetzen :nuß.« ·
schiinen Jahreszeit nahm sie ein paar
Gäste ins Haus« .. damals iwar aber
Beauport noch nicht, was es heute ist«
Am Strande stand noch teinsiiistew
telegraph, und all die Villen und Ho
tels dort aab.»es noch nicht · » ’s war
drum in der Welt nicht weniger schön,
nur siir die-Bequemlichkeit war nicht
io gut gesorgt. . . Also eines Morgens
lemnrt da ein junger Mann, de: so
25 Jahre zählen mochte. Wir nann-·
ten ihn M·sienr Reve. Er malte von
Morgens bis Abends; man sah ihn
immer am Strande... unt hinter
mir her, denn er war in mich ver
liebt. und er verbaxg essnickpt.«
.,Ah!«·
»Das scheint Ihnen wohl komisch,
jem, wo ich eine Nase habe wie ein
Wellendrecher und ein ausgedörrtes
Gesicht wie eine alte Baumrinde. Doch
damals hatte ich Farbe in den Wan
gen, meine Haut wa rein und weiß
nnd meine Augen« so chwarz, daß sich
alle Osfiziere und Matrosen nach mir
usnrrehtem wenn sie in unser Fischer
dors tamen... Zum Beweis schauen
Sie her, M’sieur: diese Krabbensäiw
gerin, die Sie da sehen.. da ans
dem Bilde, das bin ich, nie mich
Elll’sieis.r Rene gemalt hat." ·
»Fühlten Sie Liebe siir ihn-«
»Weil davon war ich nicht. Er
war so sanft und »c,ut, und so nett
iah er immer aus, wie ein kleiner Hei
land. Doch ans Jahr vorher hatte
ich mich deniJulot versprochen, nnd
wenn man ehrlich ist, hält man sein
Wort.«
»Das erlliixt mir noch nickt, wie
das Bild in Jhren Besitz hins«
»Ja, ja. Bei seiner Abreise hates
uns M’s·reur Rene dageiassen . .. weil
er uns weh ein paar Thaler ichuldcte.
Er war nicht reich, der Gute. Lr lebte
sast nur von der hoffnung. Jch
erinnere mich seiner, Abreise noch wie
heute. Er staate, ob er mich küssen
diirse, nnd als seine Lippen meine
Stirne berührten, rollte mir eine heiße
Thriine iiker rie Wan e. .
Eine Minute lang fchwiegen beide,
dann fragte der alte Herr:
»Und weshalb verbannten Sie das
Bild aus den Speicher?«
»Julot wollte es. Nachdem wir ein
mal verheirathet waren, setzte man
ihm allerlei in den Kopf wegen des
M’sieur Reue. Er war so eiserliichtig,
mein armer Mann! Drum um des
lieben Friedens millen that ich das
Bild weg.'«
,,Aber wissen Sie denn, daß Sie
damit ein kleines Vermö n haben im
Verborgenen schlafen la en?«
»Heilige Jungfrau! Ein kleines
Verwka
ka-- - « - ·
,.«x-lccckut1;. Deut- Cweuo rrcyu ru
nach Paris zurück. Wenn Sie rnir
djk Bild anvertrauen, will ich ver
suchen, es voriheilhast zu veri.rusen.«
,,-Nei;rnen Sie es mit. mein guter
Herr. · ch habe Vertrauen zu Ihnen.
Wenn «ie es lot-schlagen tönnen, ioll
wiss recht sein, und wären es nnr
zehn Pistolen io iviirde das meinem
armen Sohn aus der Verlegenheii
helsen.'·
« i «
Drei Tage später tani Simon schel
tend in die Wirthschnsi seiner Mutter.
Er war bei einem anderen Fischer in
Dienst getreten, aber bei der stiirmi
schen See san eTe rnit dein Fischfang
schlecht aus.
,,Schent mir einen Bittern ein,
Mutter,« sagte er mit oumvser
Stimme. »Damit schlägt man am be
steär dieZeit todt, bis man selber draus
ge t.«
Betrübt ging Jnlotte aan Biifeti,
wo die Litöre standen. Da irai der
Brieftriiger ein und überreichte ihr
einen dicken Werthbries.
»Sie haben wohl eine Erbschaft ge
macht, Madame Juloite?« lachte er.
Zie verstand ihn nicht. Ihr Blick
haftete starr und verwirrt aus dem
geheimnisyvollen Umschlag mit den
fiins Siegeln Ihre zittern-Je Hand
sehte eine unleierliche Unterschrift auf
den Schein des Brieftriigeri. Nackp
dein dieser die Stube verlassen hatte,
siamrnelte see: .
»Mach ilyn doch aus, Simon, und
sieh, was drinnen ist.«
i Der iicher erbrach den Umschlan
.Ban noienl«
Und rnit einer Stimme, die schließ
lich fast versagte, las er:
Liebe Frau Julottel
Ich hatte die lleine Schuld, die ich
vor nun bald fünfzig Jahren m Ih
rem Gasthaui machte, gänzlich verges
sen, nnd ich beeile mich, sie einzuliiien
Anbei finden Sie zehntausend Fran
len in Paninolem die Summe, auf
die»ich den dandeliiwerth des Bildet
schahe, das Sie mir überlassen hassen.
Jetzt bleibt mir nur noch, Ihnen zu
tanlen iiir die tiefe Rührung. in die
Sie mein herz versehtem indem Sie
die Erinnerung an jene reine Jugend
iielse in mir wach riefen, vie ich fiir
die liebe Krabbeniöngerin von einst
empfand.
Seien Sie versichert, daß ich if s
köstliche, ourch das Alter geheili
Erinnerungnie einen Schatz in
bewahre. ,
Jhr dankbarer Rene D . ..
Mitglied der Atademie.
Mich ein unterbrochen-O Indien«
Jtn Konzertsaal ist’ö, in Münster;
auf dem Podiuin steht die geieierte
Sängerin, das oielhunoerttöpiige Pu
blikum lauscht andachtsvoll ihrem Ge
sang. Amalia Joachim sinnt Schu
bert’s »Saleila«. Weltentriickt steht
iie da, tief empfindend Wort und Me-«
lot-ie. Wie von Sehn-sucht getragen.
im fchmelzenden piano lommt’s von
ihren Lippen »Deine Liebe iei mein
Leben«, lautlose Stille im ganzen
Saale —- plötzlich marterichiitternd
ans den ersten Reihen ein dröhnendes
»Hazzi!" —- Zuiammen iurtt die-Sän
gerin, hält ein, wie entgeistert starrt
sie in die Menge —- von Neuem be
ginnt sie — dann aber läßt sie die No
ten sinken. aus ihrem Munde tönt ein
tlangvolles Lachen« sie ruitz Ich lann
nicht, kann wirklich nicht! —— Schon ist
die Sängerin im Begriff, sich zurück
zuziehen, da springt ihr im Konzert
anwesender Gatte auf die Tribiine,
fcht sich an den Miigel beginnt Men
riessohncs anfprechendes tleines Lied
«Leise zieht durch mein ()lemiith«.
Amalia Joachim ietzt ein nnd singt,
singt, wie ich niemals wieder habe ein
Lied singen hören. Tafenrer Beifalls
iturm lohnt die Sängerin, sie aber
verneigt sich mit lieblichem Lächeln.
Die Erinneruan an den grotesken
Ztoilchenfall war damit ariindlich
ansgelöscht
Und braucht der staut-er nun
dau- baue-»
Diese schwierige Frage ist, wie re
schrieben wird, in einem Dörfchen bei
Hcag von einem Kinde spielend ge
liiit worden. Auf die Frage des Leh
rers-: »Was wohl der Manier am
nothwendig-isten zum Bauen eines
Hauses braucht?«, wußte ein diclbackis
ges, lugelrundes Mädel, die Kleinstr
der ganzen Schule, die fchneltlte und
erste Antwort: »A Bier«.
- h-,
—
Am Silvester-tunc
AK
»Was machen Sie denn Vogt oben,
he?« .
»Ich- sitze auf der erhabenen Zinne
ver Zeit und erwarte den Andruch des
neuen Jahres!«
Dei »Mit-listige Chri.
Beamten »Ich habe die Ehre!«
Chef: »Sie haben jeden Tag was
anderes!"