Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 11, 1907, Sweiter Theil., Image 12

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    i·
« Ostwospsksvswsspspstsswstsikswwissest-stos
Die Göttin deS Glücks-. Z
z»
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Roman von Printtold Qrtmanw
IOOOOIIOC
" keeeseisiiisiwunieiesi
(17. Fortfetzung.)
Erst als er hinter seinem Rücken
Dank-as klangvolle Stimme sagen
höriei
»Du haft mich rufen lissm Was
ist«-denn :.esck,-ehen?« erhoben sich un
wendend den Kopf um zu seiner Be
stürzung wahrzunehmen daß außer
feiner Schweit-r und ihm niemand
mehr irn Zimmer war.
H— ,,Wo ist Inge?« rief er. »HastT
T fee -·i cht mehr qes. den«
- »Ich trat ans meinem Zihnmer als
sie die Korridcrthiir hinter sich schloß.
Meinen Zuruf mag sie nicht mehr ge
hört haben, denn sie antwortete mir
nicht. Und ich hatte riaiürlich keine
Veranlassung ihr zu Folger-. Aber
was iiir ein Papier hast Du da in
der Hand?«
Er konnte ihr nicht verschweigen.
was sich zuget: agen hatte, Und es he
hurite nur weniger Worte, unt sie von
allem zu unterrichten· Während er
sprach, warf sie den schönen Kopf wie
’triurnphitend empor-. nnd ihre ganze
; Gcsiait schien zn wachsen, während
ein feines Noth sich unter der durch
t Wägen Haut ihrer Wangen verbrei
i
T
X
·
»Und was gedenkft Du nun zu
thun?"
»Ich gedenke dies Papier und mit
ihm zugleich meine Prozeßvsllniacht in
die Hände des Herrn von Reftorp zu
rückzulegen Harro hatte -recht, ess
fcheint ein Fluch an dieser Erbschaft
zu haft-en. Max-II ein anderer sie für
Jnges Vater erkämpfen. Ich will
nichts mehr mit einer Sache zu schaf
fen haben, die mich das Glück meins-H
Lebens gekostet hat«
»Mit Jnge erfahren, daß ihr das
Vernichtungswert nicht vollständig
gelungen ist-— daß man das erhal
ten gebliebene Bruchfiiick noch imme:
als ein Beweismittel würde anwenden
kännen?«
»Ich den-ie, daß fie noch im Zim
mer gewesen fein muß, als ich es
sagte.«
»Und daraufhin ist sie wie eine Ver
sweifeite fort-gestürzt? —- Soll ich Dir
offenbaren, Bernhard, was sie jetzt
thun wird-? Sie wird ihrem Vater
mittheilen, daß er sich des Briefes
nicht bedienen darf, weil—nun, ein
mal muß es ja doch gesagt fein —
weil er nicht von der Hand des ver
stordenen Julius Wedeiiwg herrührt.
end-ern von der meinigen. Sie hat es
m ihrer Weise gut gemeint, als sie
ihn verbrennen wollte, und Du hättest
Eifer gethan, fie nicht daran zu hin
rn.«
Er starrte sie an, als hätte sie ic
einer ihm völlig fremden Sprache zu
ihn-. geredet. Dann griff er sich mit
beiden händen an die«Stirn.
»Ja, bin ich denn von Sinnen —
pder feid es? Nicht von der Hand
Zulius deiings, sondern von de:
einigen? Soll das ein Scherz fei.:,
Damms«
»Man scherzt in der Regel nickt
mit solchen Dinqen. Jch habe Eure
Glücksgöttin sein wollen; aber ich
habe dabei nicht hinlänglich mit Eurer
« Schwäche und Feigheit gerechnet.
Gieb mit den halt-verbrannten Fetzen
zurück, Bernhard — denn da Jnge
jetzt ohne allen Zweifel plaudern
wird, hat er ja doch jeden Werth ver
loren.«
; Dein jungen Rechtsanwait schwin
. belie. Er mußte sich in einen Stuhl
sinken lassen, weil er eine Empfindung
hatte, als schwände ihm der Boden
- unter den Füßen.
» »Sei barmherzig, Hanna,« stöhnte
— er, »dring mich nicht um den Ver
stand-! Was Du ds! andeuteft, ich kann
es nicht fassen. Und ich will es auch
gar nicht fassen. denn es ist ja un
» denkbar, unmöglich Die That, deren
Z Du Dich da antlagft, Du kannst sie
gar nicht begangen haben.«
»Ich tlage mich nicht an, denn ich
sehe dazu Dir qegeniiber nicht die ge
ringste Veranlassung Nicht weil ich
ein Bedürfniß fühlt-e, Dir als reuige
Sänderin mein Herz anszuschiitlen,
sondern nur weil ich sehe, daß dgs
Spiel ohnehin verloren ist, gebe ich
Dir mein Geheimmß preis. Ja, dieser
Brief da ist eine Fällchung. Vom er
sten bis zum letzten Buchstaben ist er
»von meiner Hand nefchtiebem Ich be
ßxe einige Geschicklichkeit in der Nach
n reinnn von Handschriften und —
I in diesem Fall das Wichtige war
such einige Kenntnsisse der Chemie.
Dahin da es keineswegs unmög
. tei, eine chrift verschwinden zu
W nnd eine andere an ihre Stelle
. Und da . nun einmal
ereisftiick ges fen werden
, wenn Du Deine Mitgift et
ipilteft und Varro seine Mil
II sachte ich mir meine Uebung
X Wes-schon zu Nun Exi
Iise gerechte Sache, wie
Mit versichert hattest, und
. zum Siege zu
IOOOOOOOOOOOSH
ehe es zu meiner Zufriedenheit ges
lang. Endlich aber wares gelungen
Und so wie Du und Reftorp und der
Assessor Wedeling getäuscht worden
sind, so mären auch das Gericht und
die Sachverständigen getäuscht wor
den. Eine einzige nur ließ sich nickfi
täuschen, und das war Deine Braut.
Sie wußte, daß der Brief eine Fäl
schung fei« noch ehe Du ihn ihr zum
erstenmal gezeigt. Und sie allein wäre
imstande gewesen, es auch zu bewei
sein«
»Sie wußt-e es—und sie hat ge
schwiegen?«
»Ja, viellicht weil sie mich schonen
wollte, vielleicht auch aus irgend einem
anderen Grund. Jhr Benehmzu
mußte mich ja Ihnen lassen, daß sie
an der Echtheir des ihrer Aufmerk
samkeit angeblich entgangenen Briefes
zweifelte, und daß sie mich im Ver
dacht hatte, feine Urheberin zu sein·
Aber so lange es nur ein Verdacht
mar, brauchte ich mir nicht viel Sorge
darum zu machen, zumal ich über
zeugt war. sie würde um ihres Vaters
und um Deinetwillen reinen Mund
halten. Heute früh aber erhielt ich
einen von ihr geschriebenen Brief, der
mir bewies, daß ich mich darin geirrt.
Sie befchuldigxe mich geradezu der
Fälichung und erklärte, daß sie die
Zast·nicht··liinger auf ihrem Gewissen
kcqllctcß lonnc, sann ne man Ucki
Verstand verlieren oder zur Selbst
mörderin werden sollte. Und sie un
terließmicht mich aus das kleine uan
doch ontriigliche Merkmal hinzuwei.
sen, an dem siedie Fölschung ersann
hatte. Da das Dotatnent nur dann
für echt gelten»konnte, wenn es ans
einen der von Julius Wedeting wirt
lich benutzt-en Briefbogen geschrieben
stand-, hatte ich mir ans den vielen
Geschäftsbriefen den kürzesten ausge
wählt, weil die an und für sich sehr
schwierige Beseitigung der älteren
Schrift ja beträchtlich erleichterttvn:
»Daß der Bogen am unteren Rand
eingerifsen und daß dieser Riß aus
der Rückseite mit dünnem Seiden
papier vertlebrtrar. störte mich weiter
nicht, denn dieser Umstand konnte ist-.
in keiner Weise Anlaß geben, die
Echtheit des Schreibens zu bezwei
feln. Hätte ich gewußt baß Jnge die
kleine Ausbesserung selbst vors-nom
inen hatte, und zwar kurz vor ern
Tage. an welchem Dir die Papiere
cuågehärwigt wurden, so toiirde ich
es ollerdings trotz der größeren Mühe
vorgezogen haben. einen anderen Brief
für das Experiment zu wählen. Aber
man ist eben bei aller Vorsicht und
Ueberlegnng doch niemals tlug ge
nug.«
»Was schrieb ie Dir weiter .’«
fragte Bernhard mit völlig Flangloser
Stimme. »Das vor allem will Ect
wisset-A
»Sie schrieb, daß sie bisher verge
bens über ein Mittel nachgesvnncn
habe, das unselige Schriftstiick zu ver-«
nichten, ehe es in andere Hände ge
langt sei. Und sie deute-te an, daß sie
heute einen verzweifelt-en Versuch kna
chen werde, diese Absicht auszuführen.
Wenn er minkcnge io ungesgor
lautete der Schluß ihres- Briefes ——
dizrfe sie allerdings nich: länger
schweigen. Aber sie werde auch dann
noch alles thun, was in ihren schwo
chen Kräften stete, um mich uni- Titl;
vor Borioiirfen nnd Sitzande zu br
wahren.«
»Dich und mich? Sie hielt mir-i
also vielleicht fixr Deinen Mitfchuioi——
gen, Hanna?«
»Ich weiß es nicht« Und wenn es so
fein sollte, wird ef- Dir ja ohne große
Miihe gelingen, sie von der Grund
losigieit ihres Verdachte zu überzeu
gen. Auf eine Schonung meiner Per
son brauchst Du dabei nicht im minde
sten bedacht zu sein. Ich entbinre
Dich ausdrücklich von-jeder derartigen
lsriäderlichen Verpflichtung. Nachdem
mein Bemühen. Dir zu einem beschei
denen Glück zu verhelfen, so tlägiicki
mißlungen ists bin ich ja fiir Euch
alle ohne Zweifel zu einem Gegen
stand oes Abscheu-z geworden, un-)
werde gut thun. Euch so ichnell als
möglich von meinem ioidermärtigen
Anblick zu befreien.«
Bernhard hörte vielleicht tauns
noch, was sie sprach. Mit zerwiihltem
Haar und todtenbleichem, verstörtem
Gesicht. das innerhalb dieser einzigen
Viertelstunde um ein Jahrzehnt geat
teri schien, saß er vor feinem Schreib
tisch, ein völlig gebrochener Mann.
»Was soll nun werdens« stöhnte er.
»Gott im Himmel. was soll nur-.
everlseniin .
Hanna trat auf ihn zu, und etwas!
geringschätzig Mitleidiaes war in der«
Aet, wiesie sich über ihn herabneigte
»Wenn Du es nicht weißt, so will
ich es Dir sagen. Auf oie Hälfte von
Wedekings Millionen wert-St JHr
Euch allerdings keine Hosfnun mehr
machen dürfen. Ganz umson aber
wird mein Bemühen immerhin nicht
emer sein. Der Regierungs-AMI
for wird Dir ja irgend einen Vergle -
oorschtagmachem nnd damit, dpß Du
Reste-to nnd Varro liest-intensi, ihn
ienoedenilich an meet-mein sannst Du
Im wenig I sey etwas
L s
—
return Dein Schwiegervater wird
zwar keine fürstliche Woh
nung am Rande des Thiergarteuik
davon bezahlen können, aber er w.rd
doch auch nicht länger wie ein Bettler
und Jndustrieritter zu leben brau
chen.«
Sie wollte noch mehr sagen, doch
eine ungestüin abwehrend Bewegung
des Bruders hieß sie schweigen.
»Geniig! Quäle inich nicht länger!
Und treibe mich nicht dazu, es auszu
sprechen, wie ich über Dich und Deine
handlungsweise denke. Was ich in
dieser Prozeßangelegenheit zu thun
;habe, weiß ich auch ohne Deinen
ERath Geh jetzt, und laß mich allein.«'
« Sie trat zurück, und ein spöttisches
Lächeln ziickte uin ihre Mundwintel.
»Genau so habe ich mir den Dank
ivorgeftellt, den ich im Fall des Miß
lingens ernten würde,« sagte sie. »Und
ich werde inich iveislich hüten, miij
zum zweitenmal fiir einen Schwäch
;liiig zu opfern.«
E Sie ging, ohne daß Bernhard ihr
jsein Gesicht zugewendet hätte, und es
Ewar nicht die leiseste Spur einer Er
regung in ihren schönen Zügen, als
sie sich in ihrem Zimmer an den
Schreibiifch setzte, uin mit raschen
EFederstrichen aus ein Papierbliittchen
zu schreiben:
E »Alles ist geordnet. Aber ich muß
EDich nothwendig sprechen. Erwarte
inich morgen friih in Deinem Onkel
ziminer HannaK
Als sie die Fesrr iortivarf, glänzten
Eihre Augen wie in stolzer Sieges
Esreude und aus ihrem herrlichen Ani
tin war tein Schatten der Sorge oder
Eder nagenden Gewissensun
Die alte Frau Bading war eg, die
I Bernhard aus sein Klingeln öffnete
IS ie war heute weder mit ihrer fürch
Iterlichen Staatshaube. noch mit einer
Ibliithenweiszen Schürze angethan, wie
Ian jenem Abend, da man seiner
I Schwester einen so seierlichen Empfang
Ibereitet hatte und nicht der Abglanz «
ides festlichen Herdseuers, sondern eine
Itiese Traurigkeit war aus ihrem derb
Ilnochigen, ehrlichen Gesicht.
I »Wie gut daß Sie endlich kommen,
IHerr Nechtsanwaltl Jch glaube, es
Iist niemals sc nöthig gewesen wie
jheute.'
Er wollte eine Frage an sie richten;
aber da stand schon Georgvon Re- «
storp in der geöffneten Thiir des
lWohnziinmers und lud mit einer T
stummen Handbewegung den An
thimling zu sich ins Gemach. Wohl
trug er auch heute seine hellen Gama
schen und seine schimmernde weiße -
iWeste, aus die das Monotle am brei
zten schwarzen Bande hernieder hing;
Haber seine alten Freunde würden s
trokdem Mühe gehabt haben, ihn zu
:erlennen, so jämmerlich geknickt war
Iseine hohe Gestalt, so wirr und zer
»«zaust der graue Badenbart, so grei
senhast und zerfallen sein Gesicht.
»Ich habe Dich erwartet, mein
Sohn«, sagte er, ohne wohl selbst zu
bemerken, daß er den Verlobten seiner
Tochter zum erstenmal mit Du an
redete, »denn ich wußte ja, daß Du ·
kommen würdest, obwohl sie mir ver- «
boten hat, nach Dir zu schicken. Du
konntest uns nicht verlassen in unserm
furchtbaren Mißgeschick.«
»Wo ist Jnge?« sragte Bernard·
da er sich im Zimmer vergebens nach
ihr umgesehen hatte. »Sie vor allem
muß ich sprech-III
Georg von Restorp deutete aus eine I
der beiden Thüren.
17.Kapitel. (
»Da drinnen -—·- mit ihrer Mutter. »
Aber Du Darfst nicht hinein, ehe ich
sie auf Dein Kommen vorbereitet habe.
Und Du mußt sanft nnd gütig zu
ihr sprechen. Denn sie ist sehr krank-«
»Krant? »- Mein Gott, sie ist doch «
nicht in Gefahr?« «
Der Freiherr fuhr sich mit der
Hand über die Augen, und es war «
ganz Und aarnichts Theatralisches in
diefer Gebärde.
.Der Arzt ging eben fort. Er
lnreint, es ließe sich noch nicht recht er
tennen. Aber er —- er hofft, sie werde
nicht daran sterben.« «
s Bernhard wollte trotz der bittenden «
iMahnung zur Thür; aber Georg von .
zRestorP erfaßte seinen Arm.
J »Ein Wort erst, mein Sohn! Du s
;sollst uns nicht für schlechter halten, ;
falH wir sind! Niemand soll durch
Huns geschädigt und hintergangen wer
Tden — niemand! Der Brief ift schon «
Tunterroegs, der dein Assessor Wede
ling mittheilt, das; ich auf jeden An
spruch verzichte. Und dann —-- sie bat
Jes doch auch ganz aus freien Stücken
.gestanden.'«
»Wer hat etwas gestanden?« fragte
der Rechtsanwalt, der seinen Atbem
stocken fühlte. »Dort nicht Jngef
Was, um des Himmelcwillem hatte sie
zu gestehen?«
»Daß sie — den Brief —- ja, ich
gläubte doch, dasz Du es schon wüß- s
te .«
»Daß sie den Brief —- toeiter, wet
tert was hat sie Dir gesagt?«
»Daß sie den angeblichen Brief des —
akten Wedeting selbst geschrieben und
ihn unter die anderen Papiere gesteckt
habe. Es war ein furchtbares Un
recht —- getviß — aber«
»Und das habt Ihr geglaubt? Das
Ungeheuerliche habt Jhr für möglich .
aebaltenf Ah. Dei bitt nicht werth, «
Dich ihren Vater zu neu-ein« .
Er schüttelte die Band des sassun · «
los dreinschauenden Freiherrn von ei-.
p
nem Arm und zwei Sekunden später
lag er schluchzend neben dem Ruhe
bett, das man der tranken Jnge zum
Lager bereitet hatte. auf den Knieem
»Mein Lieb —- o Du mein armes
theures Liebt« Das war alles, was
er hervorbri gen konnte, und dabei
bedeckte er i re schmale, weiße Hand
mit seinen Küssen wie mit seinen
Thriinen.
Sie aber neigte ihr blasses, sanftes
Gesichtchen zu ihm und flüsterte:
»Laß die Eltern hinausgehen, Bern
hard — ich möchte unter vier Augen
mit Dir sprechen!«
Von dem Rechtsanwalt unterstützt,
führte Georg von Restorp seine leise
weinende Gattin in das anstoßende
Zimmer-. Dann tehrte Bernhard Syl
oander zu seiner Braut zurück, und
keines dritten Ohr vernahm, was sie
in dieser feierlichen Stunde miteinan
der sprachen.
Als der Freiherr, unfähig, seine
angstvolle Ungeduld länger zu mei
stern, zaghast an die sitt zu tlopsen
wagte, wurde ihm von dem Verlobten
Jnges ausgetban. Er sah wohl noch
immer sehr bleich aus, aber ein selt
srcgnes Leuchten war auf seinem Ge
i t«
»Komm herein,« sagte er, »und bitte
Euer hochberziges Kind um Verzei
hung. Erst, wenn das geschehen ist,
werde ich Euch sagen, was sie thun
wollte. um eine Unwiirdige zu retten
-—— nur weil diese Verworsene den Na
men meiner Schwester trägt·«
, Äther-Zuge ließ es nicht zu einer
Ists-»Ist Dust lyccV Danks lsclllllcIL
ills er sich ihrem Lager näherte, streckte
sie ihm beide Arme entgegen und zog
seinen Kops zu sich herab, um ihn zu
küssen.
»Wie glücklich ich bin«, hauchte sie
ihm ins Ohr. »Nein, Du darfst nicht
weinen, lieber Vater! Jetzt —- nein.
setzt werde ich gewiß nicht sterben.«
Georg von Restorp verstand nichts
oon alledem; aber auch er fühlte sich
nichts destoweniger so glücklich, wie
er es nimmermehr für möglich gehal
ten hätte an einem Tage, da alle seine
stolzen Zukunftspliine nnd schim
mernden Lustschlösser kläglich in
nichts zerflossen waren. Wenn ihm
nur sein geliebtes Kind erhalten blieb,
so war er ja reich, unermeßlich reich,
und der Assessor Wedeiing mochte in
Gottesnamen seine Millionen behal
ren.
Und als er eine Stunde später von
Bernhard Sylvander sreimiithig über
Den Zusammenhang der Dinge ausge
tlärt worden war, blieb dies erlösende
Glücksgesiihl unverringert in seinem
derzen. — «
Jn einer geschlossenen Droschte war
banna Sylvander um neun Uhr Mor
rens am hotel Bristol vorgesahren.
ilus dem Bock neben dem Kutscher
stand ein großer Koffer, nnd ein klei
rerer befand sich neben allerlei Hand
repäct im Jnnern.des Wagens. Sie
selbst aber trug denselben knapp an
schließenden ReisemanteL in welchem
chre wundervolle Gestalt an jenem
Abend, da sie den Bruder so lustig
iberraschte, Harros Kilnstlerauge ent
Iiickt hatte.
Leichtsiißig eilte sie an dem ver
wunderten Pförtner vorüber, die
breite, ievpichbelegte Stiege hinauf,
nnd in kurzem, besehlen«,-en Ton rief
sie den Zimmerlellner, d« ihr oan
mtgegeniam,·zu, er möge dem Regie
rungs-Assessor Wedeting den Besuch,
kiner Dame melden. Jm ntichsten
Augenblick schon erschien Hubert in
der Thür seines tleinen Satans-, hei
ter lächelnd. Als sie rasch an ihm
vorbei über die Schwelle trat, er
haschte er ihre Hand und führte sie
zärtlich an seine Lippen. Aber er
iprach kein Wort zu ibrer Begriiszung
and auch als er die Ihiir hinter sich
geschlossen hatte erwartete er schwei
gend ihre Anrede.
»Nun?" fragte sie, ihn befremdet
rnsehend, »hast Du inir nichts zu sa
rent«
Nichts, als dasz ich entzückt bin,
Dich wiederzusehen, meine holde Her
ienitönigint Jst es auch gegen die
Ihrede, so ist es darum doch sicherlich
nicht weniger erfreulich!«
Der leichtsertige Ton seiner Erwi
Ierung trieb ihr das Blut in die Wan
ren.
»Ich habe gegen die Verabredung
gehandelt weil seit gestern Ereignisse
eingetreten sind, die ich nicht voraus
sehen konnte. Jedenfalls habe ich
mein Versprechen eingelöit Du haft
von Dtetrich von Restorps Erben
nichts mehr zu fürchten.«
»Ich weiß es bereits, liebster Schatz!
lind wenn es Dein Verdienst ist, so
dank I Dir das-It von herzen."
Er war satt durch die ganze Breite
des Zimmer-·- vvn ihr getrennt und
machte auch keinen Versuch, sich ihr
In nähern. Drohend zogen sich Han
nat Brauen zusammen.
»Du weißt es? Durch wen?'«
»Durch einen Brief des Herrn Georg
Don Restorp und durch einen weiteren
des Deren Rechtsanrvalts Bernhard
Sylvanber.«
»Und was haben sie Dir geschrie- .
ben?«
«Daß sie die egen mich angestrengte
Klage zurückzie n und in aller Form
ruf jeden Anspruch an das Salzberg
gener Terrain ein fiir alle mal ver
Itchien.«
»Das hätte mein Bruder geschrie
beni Jch glaube es einsach nicht, Du
willst mich hintergehen.'«
»Bitte —- da ist der Brief.«
Hanna las und schlass sank ihr Arm
mit dem Blatte nieder.
aWohl —- um so besser. Und Du
hast es mir zu danken, hubert —- mir
allein! Jch habe um Deinetwillen alles
geopfert. Nun ist es an Dit, Dein
Versprechen zu ersiillen.«
»So weit ich dazu imstande bin,
werde ich mich Dir gewiß nach Ver
dienst erkenntlich zeigen, liebste
Hanna!«
»So weit Du dazu imstande bist?««
Was heißt das? Und was bedeutet
diese ganze lächerliche Komödie? hast
Du etwa die Absicht, mich um den
Preis meiner Aufopferung zu betrü
gen?«
»Mineswegs. Vorausgeseht na
türlich, daß Du nichts Unmögliches
von mir sorderst.«
»Du kennst meine Forderung gut
genug. Deine Hand und Dein Name
sind es, die ich begehre —- nicht als
ein Gnadengefchent, sondern als mein
heitiges Recht-«
»Ich aber lann sie Dir zu meinem
schmerzlichen Bedauern weder als das
eine, noch als das andere gewähren.
Jch habe Dir geschworen, daß ich
Dich liebe. und es ist die lautete Wahr
heit. Aber Du wirst Dich eben mit
meiner Liebe begnügen müssen, denn
---- S--.X -;e has-k- msk »Ja-III
ssskrssb Wiss-s- vs see-o -
....... ..,
herzlich sauer, Dir diese Enttiiufchuna
zu bereiten —- meine Hand ift feii
Monaten versagt.«
Seine Linie fpieite mit der Uhr
lette, und Hanna fah das Glänzen des
schmalen Goldreifs, den er heute nicht
wie bei ihrem ersten Besuche in der
Westentafche, sondern am Ringfinger
trug. Mit einem wilden Schrei
ftiirite sie auf ihn zu.
»Nichtöwiirdiger! Und Du glaubst,
man könne mich abschiitteln wie eine
lästige Betteldirne? Und wärest Du
hundertfach gebunden —-- auf der
Skellr. hier Vo-. meinen Augen wirft
Du diese Bande zerreißen und wirft
mit mir abreisen, um mich Deinen
Angehörigen und Freunden vorzustel
len als das, was ich nach Deinem hei
ligen Eidfchwur bin —— als Deine ver
lr-l.«te Braut!«
(Sch(.si,- folgt.l
Unter-ts- tn sten.
Man trifft es bei Leichetizly im
Allgemeinen Krankenhaus am Turf,
auf der Bühne des Varietes und »lait
not lcaii" auf der nmeritanischen
Botichaft. Jm Costage widmet es sich
rer Kunst, in bewillseritraße der Wis
senschaft, ani den grünen Rasen dem
Sport, im Bari-te athletischem Spiel,
dem Tanz und dem Vergnügen. Aber
von diesen Zentren schlängeln fich Sei
tenpfade in unser österreichisches Le- «
ben. Diese ameritanischen Jnfeln ha
ben Brücken, auf denen die aus den
genannten Berufen Auggesprungenem
dann die Durchreisenden und die stän
dig ansässtgen Familien. welche Nei
gung und Erwer hier festhält, zu un
seren Daseins-formen und Empfin
dunngphären herüberwanbern. Jm
trägen Fluß unseres behaglichen All
tags läßt sichs nämlich bequemer
fchwimmen al- in den Stromschnellen
und Katarakten itberseeifcher Gewöl
fcr. Besonders wenn der Rettungg
gürtel mit Dollarfcheinen leidlich gut
gepolitert ist. Und fo begegnet man
Amerika jeht immer häufiger in Wien.
Kunftjiinger und -Jiingerinnen, denen
der Anschlag Lefchetiztns zu beschwer
lich ist, bleiben dennoch weiter hier und
cis-su- fmri Seins-nolens ster« Auf dor
Klaviatur im W. B. C. mit dem
Teumstacket; Und lernen Deutsch beim
Flirt; und fchwelgen in Musik, die
andre machen, in der Oper und bei Bö
sendorier. Und Wissenschaftler, denen
ein Kurs aus nnseren medizinischen
Abtheilungen zn systematisch scheint,
wersen sich aus die Chemie und trach
ten vor allem anderen Studium die
Beschaffenheit, die Jngredienzien und
den spezifischen Gehalt der nationalen
Getränke in den Wiener Kasseehäusern,
Restaurants und Bars zu ergründen.
Alle diese Menschen einer anderm
Welt lann man an einem Tag des
Jahres aus einem Fleck beisammen
sehen· An diesem einen Nachmittag
sind diePensiOnen im Rathhausdiertel
und im Umkreis der Votivtirche leer
und ausgestorbem der tleine große
Meister im Cvttaae hält teine Klasse
ab, die Klaviere ruhen, jeder Steinway
seiert und bei Coot tritt Stillstand im
Geschäfte ein.... Gegen das Bot
schastspalais jedoch bewegt sich eine
tleine Völkerwanderung. Der Arzt
aus Manila, die Belle os New York,
die ehemalige Primadonna unserer
hosoper, der englischeBotschaststaplan,
die Mulattin, die bei Nonacher semi
mentale Coonsongs singt, dann alle die
bebrillten, glattrnsirten Männer mit
der nach Jndianerart gescheitelten Fri
sur, mit den breiten Schubsohlen und
der. weiten Risiken und alle die Da
men, die zum Ibeit ein nnd dieselan
Gesichtsziige aufweisen, die ein und
denselben Schnitt vder Kleider tragen,
denselben ut, diesxlbe haartracht —
an einem achininag irn Jahre, am
Dantsagungstag versammeln sie sich
alle, als die Vereinigten der Staaten
Americas, ohne den Ozean überaueren
zu müssen, aus heimathiichem Boden,
aus exterritorialer Erde, im amerika
nischen Botschastsgebäudr.
Um Dantsagungstage sinden b
ianntlich im Weißen Haus zu Wash
H
ington Empfänge statt, wobei der Prä
sident jedem Bürger, der sein Haus be
treten mag, die Hand schüttelt. llnd
feinem Beispiel haben alle bevollmäch
tigten Vertreter im Auslande zu fol
gen.
Wer diesem letzten öffentlichen Emp
fang in Wien beiwohnen durfte« wird
gewiß die Empfindung gehabt haben,
daß es gut sei, unter dem Schutz des
Sternenbanners zu weilen. Und wer
bisher nicht wußte, daß auch ein ame
ritanisches Vatsiim ,,Extrait de koeur«
existier, der konnte die Luft in den
Botschaftsräumen mit dieser Marte
gesättigt finden. Gleich von allem
Anfang an fühlte man den Duft der
Herzlichteit, der die Konturen der stei
fen Zeremonie völlig verschwimmen
ließ. —- Am Ende langer, lichter Kor
ridore, die zu den verschiedenen Gemä
chern führen, nennt man einem Diener
feinen Namen. Der gibt ihn dem
Botschafter und feiner Gemahlin, die
im ekstenSalon nahe der Thür stehen,
weiter. Dort wird man nun —- eine
fchöne Form aufmertsamer Höflichkeit
— bei feinem Namen angesprochen und
in liebenswürdigster Weise willkom
men geheißen. Keine leichte Aufgabs
fiir die Gqftgeber, wenn man bedenkt«
daß der Empfang vier Stunden dan
ert. Man wechselt ein paar Worte
und tritt in den zweiten, größeren Su
coll
Hier ist bereits eine bunte Gesell
schaft versammelt. Neben der zarten
Blässe der« Ameritanerin fallen das
dunkle Kvlorit einer Kreolin und der
gelbe Teint eines Japanerö aus. An
den Wänden hängen Gobelins und Re
droduttionen der Mdna Lisa und des
Colleane, dann altenglische Sportbil
der, Marinen und wunderbare Tep
diche aus der Athener Gesandtschafts
zeit. Gobeliniiberzdgene Möbelstiicle
stehen neben hohen Silbertandelabern,
deren Schirme Heliograviiren decken.
Man mertt ein wenig: es ist tein Haus
zu dauerndem Aufenthalt; das Amt
dauert ji«- belanntlich nur vier Jahre.
Manche-s steht bloß hier, weil es schon
stand, als man das Haus bezog; vom
Vorgänger übernommen, wird es dem
Nachfolgerchinterlasien werden. Aber
einige Miniatnren, manch ein Buch der
Bibliothet und das lichte Boudoir der
baussrau lassen eine eigene Note erken
nen und verrathen den Geschmack see
Besitzer. Hat man Glück, wird man
in diesem Satan, im Gewimmel der
Menschen. aus die Töchter des Hauses
stoßen. Wer ihnen vorgestellt wird,
den wissen sie geschickt sogleich in ein
Gespräch zu ziehen; ihre Augen leuch
ten, wenn sie sprechen, und ihr Mund
ist beweglich, voller Lächeln und von so
gesunder Lebenslust, daß es zumindest
den Anschein hat« als mache es ihnen
Spaß und Freude, die vielen, wild
iremden Menschen zu empfangen nnd
Iu bewirten. Die eine ist zart und
hoheitsvoll wie eine lleine Königin.
Wenn sie mit ihren schlanten Fingern
sich das Haar vorn Nacken aus steil in
die Höhe streicht oder die Seide ihrer
Schleppe hebt, so glaubt man ein Bild
Gandaras vor sich zu sehen. Die an
dere, jüngere, ist geschmeidig, muåtuliis
und voller Lustigleit. Mit ihrem vsses
den Gesicht, dem starten Kinn und der
hohen Stirne ist sie im Typus ameri
lanischer als ihre Schwester. Aus dem
Iiovf bliht ihr ein silbernes Mönchem
Lille-L was sie sonst von Schmuck an
sich trägt, ist ihre Jugend und ihre An
-:·1:tl:. Ater dass strahlt und glidert
und verwirrt. Ameritanerinnen tön
nen wie eine Salzwasserbrise aus die
Nerven wirken und wie Morgensonne
.«.:n Meer aus das Gemiitts».
Jnt Dining Roan halten sich natür
lich die meisten Menschen aus. hier
sind Bussets ausgestellt, Diener bieten
used elarrst an, und unter dustenden,
rothenRiesenrosen gibts-s allcmäglii
chenPitanterien und Süßigteiten siir
den Gaumen. Aber auch die Augen
kommen nicht zu turz, die den Damen,
welche an Stelle der haussrau die
Honneurs machen und Rassee servis
ren, aus die Finger sehen. Hier stehen
die Menschen in dichtem Gen-irr mit
ihren Tassen in den Händen, in ge
vämpstem Gespräch. Stehen; denn der
Anglosachse sidt nicht in Gesellschaft.
Und wer jemals, von einem Salontisch
und einer Wand blockirt, zwischen
zwei unangenehmen Nachbarn einge
ztvängt, einen ganzen Nachmittag ver
bringen mußte, wird detthrtheildies
set Sitte zu schii en wissen. Einsache,
unscheinbare Han tunng der Konven
tion tönnen oft symbolisch siir den
Charakter und kiesWesenseigenthiims
lichteiten eines ganzen Voltes ausge
saßt werden. Aeußert sich zum Bei
spiel in solchen stehenden, leicht beweg
lichen Gruppen der Unabhängigkeits
sinn des Republilaners, so zeigt der
Händedruck, den die Tochter des Bot
schasterö mit einer Musichall-Tänzerin
wechselt, welcher Respekt der Arbeit
nnd ehrlichem Erwerb gezollt wird.
Denn in diesen Räumen gilt noch, zu
mal in feierlicher Stunde, der Tritolo
renspruch: Freiheit, Gleichheit, Brüder
lichteit.
—- —s« —--. - Ost- -----
Mancher spricht wie ein Buch, das
er gelesen, aer nicht verstanden hat.
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Da Gras Boni de Castellane sich
nunmehr in den Dienst einer Pariser
Zeitung gestellt hat« sind die Dime
Museen wieder um eine vorzügliche
Attraltion gestoman
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T Jedes Amt hat die Würde seines
rager .
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