Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 14, 1906, Sweiter Theil., Image 15

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    i —.».-.-·.
F « icszigäugend
Der- seth spatp
Es war ein Bauer, bei dem ging’s
den Krebsgang von Jahr zu Jahr
mehr. »Seit! Vieh wollte nicht gedei
hen, seine Aecker trugen nicht die
hälste von»dem ein, was sie tragen
mußten, wahrend die Gläubiger fast
wöchentlich zum Fenster hineinsahen
und höflich grüßend zu ihm sprachen:
»Es thut uns leid, Herr Rückwärts,
aber wir müssen unsere Schuldigteit
thun.« Jhre Schutdigteit mit Bitten
und Rathen und Helfen hatten auch
hereits die Haugsreunde gethan; aber
einer nach dem andern war mit der
Erklärung daheim geblieben: ,,Dem
Rückwärts ist nicht mehr zu helfen.'«
Da war aber einer, der hatte das Herz
auf dem rechten Flecke. Wie er mit
dem Rückwärts einmal allein saß, so
brachte er wie durch Zufall die Rede
auf die Sspatzem erzählte von diesem
Gevögel dies und das, wie gar er
,- staunlich sie sich mehrten, wie sie schlau
und gestäßig wären, und der Rück
wärts nickte dazu und meinte, seine
Weizenäcker trügen seit lange nicht
mehr so gut, zweifelsohne wäre der
Spatzensraß daran schuld. Der Haus
freund sagte nichts dagegen und fuhr
fort: »Aber Nachbar, habt ihr denn
schon einen weißen Spatz gesehen? Es
hält sich dieses Jahr einer in der Ge
gend auf·«
»Nein,« gab der Rückwärts zur
Antwort, »die hier herumfliegen, sind
alle grau.« ,
»Glaub's wohl,« sagte daraus der
Nachbar, »mit dem weissen hat es sein
via-n Wen-sehne Nile Anka kommt
nur einer zur Welt, und weil er gar
so absonderlich ist, so beißen ihn die
andern, under muß sein Futter suchen
.am frühen Morgen und dann wieder
zu Neste geben«
»Das wäre!« sagte der Rückwärts,
»den muß ich sehen, und gelingt’s, so
sang’ ich ihn auch.«
Am nächsten Morgen in aller Frühe
war der Bauer auf den Beinen und
ging um seinen Hof herum, auch ein
Stücklein ins Feld hinein, ob der
weiße Spatz nicht bctld vom Neste
käme. Aber der wollte nicht kommen,
und das verdroß den Bauern, aber
noch mehr, daß auch sein Gesinde nicht
aus dem Bette wollte, und die Sonne
stand doch schon hoch. Dazu schrie
das Vieh in den Ställen, und es war
niemand da, der ihm Futter gab.
Indern sieht er einen Knecht aus
dem hose tomnien, der trägt einen
Sack aus der Schulter und will schnell
zum Hofthor hinaus: dem eilt er nach
und nimmt ihm die Last ab; denn in
die Mühle sollte sie nicht, sondern ins
Wirthshaus, wo der Knecht viel schul
dig war.
Nach dem weißen Spatzen sehend,
schaut der Bauer in den Kuhstall
hinein, wo eben die Milchmaad einer
Nachbarin durchs Fenster die Milch
zum Morgentaffee reicht, und die
Milch war nicht mit des Herrn Maß
gemessen. »Eine saubere Wirthschast
dass« denlt der Bauer und weckt schel
tend sein Weib und erllärt, das lange
Schlasen müsse ein Ende haben, oder
er wolle nicht Rückwärts heißen. Und
bei sich selber dentt er: Siehe ich srüh
aus wie heute, so muß auch das Ge
sinde aus dem Hofe heraus, und dabei
sehe ich am Ende doch den weissen
Spatzem und wills das Glück, so
san-ne icki ihn auch
Wie aber drr Bauer das einige
Wochen so getrieben hatte, da sah er
. nicht mehr nach dem weißen Sonnen,
sondern dachte allein an seinen Vor
satz, und aus dem Rückwärts ward
bald ein Vorwärts. Und als der
Nachbar wieder tam und ihn fragte:
»Wie stebt’s, Freund, habt Jhr den
weiß-In Spatzen gesehen?« da lächelte
der Bauer und drückte dem Freunde
die Hand und sagte: »Besten Dant, ich
habe euren Wint verstanden.
Des 6 hamålesm
Ezne der merkwürdigsten Thierge
stalten ist das in einer Art in Süd
Svanien voriomenende, sonst noch in
Afrika. Afiten und Australien verbrei
tete EhmnäIeom welches zu den oft
ohne Grund gefiikcheetcn Amphibien
gehöri. Schon seit den ältesten Zeiten
ist bas- Chamäleon gar viel befabelt
und ketpundekt worden, besonders
wegen des willkürlichen Farbenwech
selg seiner Haut. vier ihm den Namen
eines Heuchler-S eingebracht hat« wäh
rend es doch im Gegentlzeil durch den
selben jete feiner Gemütbsskewegum
gen, wis- Angst, Zorn oder Aetgct an
deutet Der Fartemreckssei geht in der
kalten, rauhen, let-ersteigen Haut vor
sich, welche nicht von eigentlichen
Schuppen gebildet ist« sondern nur
seine Körner von ungleicher Größe,
m bestimmten Hausen geordnet, ent
hält; von solchen Körnern finden sich
in jedem Quadraton der harrt fast
tausend, so daß also ein erwachsenes
Thi-r, das einen Umfang von 6 ll
und eine Gesammtlänge von 14.« oll
hat. wovon die Hälfte auf den dünnen.
Rollschwanz kommt, in seiner Haut
80—-40,000 solcher Körnchen»enthält.
Ebenso merkwürdig wie dieser Far
bentrechsel ist jedoch noch manches an
dere an die-sent Thiere. Jeder Fuß
gleicht zwei mit den Jnnensläehen zu
sammengelegtem an den Wurzeln ver
bundenen Händen; die äußere dersel
ben hat drei, die innere zwei dünne,
mit scharfen, getrünnnten Krallen der
sehene Zehen; mittelst der so gestalte
ten Füße und des langen Rollsckwaw
zes kanns sich das Thier ain den Zwei
gen der Bäume festhalten, selbst wenn
dieselben vom störtsten Sturme hin
nnd hergeworsen werden.
Die Augen sind fast ganz von den
verwachsenen Angenlidern bedeckt, nur
das Sehloch in der Größe eines Steck
natelknopses ist frei: dabei bewegt sich
jedes Auge für sich, so daß das Thier
zugleich- mit einem Auge nach unten,
mit dem andern nach oben sehen kann.
Das Maul ist ein offenes Grab für
jedes Insekt, welches in die Nähe des
Chamäleons kommt; ist es geöffnet,
so lann man dem Thiere fast bis in
den Magen sehen, ohne eine Zunge zu
erblicken; man siebt nur am Grunde
des Unterliesers ein weißlichess, schlei
mige-H Ein-as liegen. Erblickt das
Thier jedoch in seiner Nähe ein Jn
sett, welches seinen Appetit reizt, so
i
«- - -d«-.J -D —:-.) m1..---.p k—
IUFDLUULSC LI VII-XI HI«IWI, su- Ilhlzf
dann als eine runde, fleischige, im
Schlunde besestiate Zunge von l-;
Zoll Durchmesser zeigt, auf das Jnselt
los, welches an der schleimigen Masse,
die den- vorderen Theil der Zunre be
deckt, kleben bleibt und so in das-«
Maul gezogen wird.
Ausgezeicbnet ist endlich noch die
Eigenschaft dieses Thieres-, seine Ge
stalt zu verändern; oft gleicht es mit
gekrümmtem Rücken und erhobenem
Schwanz einem sprungbereiten Lö
wen; dann ist es wieder, indem es
seine Seiten ausbläst, von unten be
trachtet, einem ovalen Blatte ähnlich,
dessen Stiel der Schwanz, dessen Mit
telrippe eine weiß-gezähnte Linie ist«
welche von der Nase bis- zur Schwanz
spitze an der Unterseite des Körpers
hinläuftx zieht es dann wieder die
Seitensläcl,en deg Körpers ein, indem
es die Lust aus-stößt und sich zugleich
nach oben und unten ausdehnt, so wird
es so dünn wie ein Messer und hat,
von der Seite betrachtet, die Gestalt
eines ovalen Blattes ohne Miit-trippe,
dessen Ränder die scharfgezähnte Linie
des BrucheH und der gezähnte Rücken
zu sein scheinen. Dieser Aehnlichkeit
mit einem Vlatte verdankt das Cha
mäleom weister fast nur ausäumen
Lebt, ost seine Erhaltung, da es durch
dieselbe seinen Verfolgern häufig cer
borgen wird.
Empfehtnugohrtef ohne Worte-.
Auf die Annonre eines Kaufmanns-,
durch welche er einen Knaben für seine
Schreibstube suchte, meldrten sich fünf
zig Knaben. Der Kaufmann wählte
sehr rasch einen unter denselben und
verabschiedete die andern.
Jch möchte wohl wissen, sagte ein
Freund, warum du gerade diesen Kna
ben, der doch keinen einzigen Empfeh
lungsbrief hatte, bevorzugtest?
Du irrst, lautete die Antwort, die
ser Knabe hat viele Empfehlungen.
Er putzte seine Füße ab, ehe er ins
Zimmer trat und machte die Thüre
zu; er ist also sorgfältig. Er gab
ohne Besinnen seinen Stuhl jenem al
ten Manm was Sinn fiir das Schick
liche zeigt. Er nahm seine Mütze vor
der Thüre ab, als er hereintam, und
antwortete schneu und sicher aut meine l
Fragen; er ist also höflich und hat
Manieren. Er hob das Buch aus,
welches ich absichtlich aus den Boden
gelegt hatte, während all-: übrigen
dasselbe zur Seite stießen nnd darüber
stolperten. Er wartete ruhig und
drängte sich nicht heran —— ein gutes
Zeugnis für sein anständiges Beneh
men. Jch bemerkte ferner, daß sein
Rock ausgebiirstet und sein Gesicht und
seine Hände rein waren. Nennst Du
dies alles keinen Enipsehlungsbriesll
Jch gebe mehr daraus, was ich von
einem Knaben weiß, nachdem ich ihn
zehn Minuten lang gesehen, als auf
das, was in Empfehlungsbriesen zu
seinem Lobi geschrieben steht.
A—l
Warum ei in ver Türkei keine
Clettrizttöt gibt.
In der Türkei ist der Be riff
,,Elcttrizität« und alles, was tvi ens
schafttich oder technisch damit zusam
inenyängt, offiziell vollständig unbe
tannt. Schickt man z. B. an das tür
tifckje Patentamt ein Gesuch um Pa
tentirung einer Erfindung auf dem
Gebiete der Elektrotechnil, so erhält
man Den Bescheid, daß man dort Pa
tente über so unbekannte Gebiet-e
grundsätzlich nickt ertheile, und daß
daher das Patentsgefuch abgelehnt sei.
Auf mehrsacke Vorstellungen hin, die
Erfinder in Folge solcher Bescheide
machten, und wobei sie darauf verwie
1en, daß das türkische Gesetz let-ten
Passus enthalte, der ein solch ableh
nendeö Verfahren rechtfertige, erhiel
ten sie privatim von Beamten die
Mittheilung, daß vom ,,Palaste« aus
der Befehl gegeben sei, alle elektro
technischen Patente zurückzuweiiem
und daß überhaupt die Behörden offi
ziell nichts dieser Art zu gewehmigen
hätten. Der Sultan link eben ein
mal eine Abneigung gean die ge
heininißvolle Elektrizität, und dage
gen iit nichts zu machen. Es giebt in
der Türkei keine elektrischen Bahnen,
keine elektriiche Beleuchtung und da,
wo es welche giebt, weiß man höheren
Orts nichts davon· Und- das Alles
im 20. Jahr-hundert
Der Ins Chiarent.
Kiitninab Etizzc von Dr. A Bang.
Vor anderthalb Menschenaltern war
ich junger Detettiv, in den txtminali
stischen Kreisen meiner Heimat noch
völlig unbekannt und ohne Aussicht,
eine feste, gutbezahlte Anstellung zu er
halten. Zwar gab es im Neapel der
sechziger Jahre erheblich mehr zu thun,
als in der heutigen Stadt, welche die
krastigen Organe des vereinigten Kö
nigtums sehr gesäubert haben, aber
nichtsdestoweniger fand ich lange Zeit
hindurch teine Gelegenheit, mich ir
gendwie hervorzutun. Endlich ereig
nete sich ein Fall, wie ich ihn lange er
sehnt hatte, ein Delikt, das mich mit
einem Schlag bekannt machte und von
dem ich heute erzählen will, da eine tri
minelle Angelegenheit sich in der
Hauptstadt des deutschen Reiches ab
spielte, die mit meiner Geschichte einige
Berührungspuntte hat.
Unsekn des weltberühmten Castel
Nuovo und des Königlichen Schlosses
stand damals und steht noch heute der
Palast der Marchese von Chiarelli, (ich
nenne natürlich nicht den wirklichen
Namen der hochangesehenen Familie)
ein stolzes Bauwerk, das manches
Jahrhundert iiberdauert hat und, von
großen Abmessungen, ein ganzes
Straßenviertel einnimmt. Die Vor
dersront öffnet sich gegen einen kleinen,
stillen Platz, an den Seiten laufen jene
schmalen Gäßchen entlang, die wir
»Sollte« nennen, und die rückwärtige
Fassade stößt an eine der belebten
Straßen. die zur Börse führen.
Hier hauste der alte Marchese Gin
seppe Chiarelli als Junggeselle. Er
war steinreich, galt siir geizig und war
das letzte Mitglied der älteren Linie;
nach seinem Tode sollte das große Ver
mdgen an den jüngeren Zweig über
aeben. dessen bannt damals der Mar
chese Mart-Antonis war, der als Ka
pitän in der Königlichen Leibgarde
stand. Der alte Marchese lebte sehr
einfach. Er beniitzte von seinem Palast
nur einige wenige Zimmer in der ersten
Etage der Hauptfront und wurde von
einem jungen Menschen bedient, den er
von einem seiner Güter in die Nähe
von Neapel hatte kommen lassen.
Beppo war ein guter, bescheidener
Junge und genoß das volle Vertrauen
seines Herrn, der sonst sehr miß
trauisch war, weil er sich in jüngeren
Jahren viel verfeindet hatte und wohl
manche unliebsame Erfahrung gemacht
haben mochte. «
Eines Vormittags lam nun oieser
junge Mann aus das Polizeibureau, in
dem ich gerade arbeitete, und meldete,
das Schlaf-Zimmer seines Gebieters sei
verschlossen und werde auch nicht geöff
net, wiewohl er des öfteren gellopft
habe. Er befürchte, dem alten Herrn
könne ein Zufall zugestoßen sein, und
er ersuche deshalb die Polizei, das Ge
mach amtlich öffnen zu lassen. Ein
Schlosser war bald herbeigeholt, und
wir begaben uns nach dem Palazzo
Chiarelli. -—-« Bcppo, der Handwerker,
der Tistriltslommissär und ich. Oben
angekommen klopfte der Diener mehr
mals, und als wiederum keine Ant
wort erfolgte, öffnete der Schlosser, in
dem er die ganze Tiirfiillung um das
Schloß herum aussägte; denn die Un
tersuchung von außen hatte dargetan,
daß die Thiir zwar nicht verschlossen,
wohl aber von innen verriegelt worden
war.
Ein entsetzlicher Anblick bot sich un
seren Augen. Auf zerwiihlten Kissen
und zerknitterten Decken im Bett lag
von Blut iiberströmt der alte Marchese.
Eine breite Stichwunde in der Herz
gegend zeigte deutlich an, daß er einem
Verbrechen zum Opfer gefallen war.
Wir waren alle tief erschüttert; der
Schlosser sprach schnell ein Gebet vor
sich hin, Bevpo sanl in Thränen am
Bett seines Patrone nieder. Nachdem
die erste Aufregung sich gelegt hatte,
gingen wir an eine genaue Aufnahme
des Thatbestandes. Der Marchese hatte
offenbar die gestrige Abendzeitung noch
gelesen, denn ejn Exemplar des Blat
tes war blutbespritit halb unter das
Nachttischchen gefallen. Die Thür, die
sonst, wie Beppo versicherte, mittels
Schlüssel geschlossen wurde, so daß der
Diener morgens von außen mit einem
zweiten Schlüssel öffnen lonnte,·war
lllllll Derslytuncm suuuclll verriegelt
gewesen. Ein Fenstersliigel fand sich
nur lose angelelmt, und ein kleines
Stückchen Bindfaden war um das
Jensterlreuz geschlungen. Von der
Mordwaffe fand sich leine Spur, doch
hatte der Thäter die Hände in der
Waschschale gründlich gesäubert.
Werthgegenstände wurden nicht ver
mißt, die Schranke und der· Schreib
tisch des Todten waren anscheinend
unberührt.
Der Fall machte in Neapel Serch
tion. Die großen Zeitungen brachten
Bilder und Biographie des Toten, die
Reporter belagerten uns Leute von der
Kriminalpolizei mit Anfragen, jeder
Morgen brachte zahlreiche anonyme
Briefe, in denen bald dieser, bald jener
beschuldigt wurde Der Oberlommis
sar unseres Viertels leitete in eigener
Person die Untersuchung. Zunächst
inquirierie er den armen Beppo, der
natürlich zuerst im Verdacht stand, bei
derThat betheiligt gewesen zu sein. Da
aber diesei achweisen konnte, daß er
am Abend vor der That zu einer hoch
zeit beurlaubt worden war, die Nacht
inmitten jener Gesellschaft zugebracht
hatte und erst am Mor en des folgen
den Tages, eine halbe tunde vor sei
ner Meldung bei der Polizei, zurückge
—
tehrt war, so fiel jeder Verdacht wider
ihn fort. Dafür wurde aber eine an
dere Spur sichtbar, die unsern Kom
missar sehr betiimmerte. Eines
Abends nahm er mich in sein Privat
bureau und hielt mir folgenden Vor
trag: -
»Ich bin jetzt mit der Geschichte fer
tig, junger Freund! Sie ist gräßlich,
sehr gräßlich! Und dabei verhältnis
mäßig einfach. —-— Jch habe den alten
Grundsatz im Auge: Cui pr()(i(-.st?«
(,,Wem nützt es?«) Nun —- wer hatte
Interesse am Tode des Alten? Wer
hatte Interesse, daß die Chiarellifchen
Millionen nicht brach und ungenutzt
dalagen? Wer hatte Interesse, daß
der Marchese bald eine Erbschaft hin
terließ? He? Ja! Sie staunen, jun
ger Freund! Jch staune auch, aber ich
nenne niemand. Und ich bin weit ent
fernt, zu wähnen, der Betreffende, an
den ich denke, habe selbst die Tat voll
führt. Aber man kann hier in Neapel
so leicht einen Dolch mieten. Dieser
Helfer stieg nun mittels Strickleiter ein
und aus ——— wir haben ja einen Faden
am offenen Fenster gefunden. Dieser
Helfer wußte natürlich, daß der Diener
Bepvo in jener Nacht beurlaubt war,
schob aber doch vorsichtigerweise den
Riegel vor. Dieser Helfer hatte na
türlich keinen Anlaß, etwas zu ent
wenden: er wurde ja gut bezahlt. Und
nun wissen Sie, warum wir diesen
Kriminalfall nicht weiter aufklären
werden, — es könnten höchst ärgerliche
Dinge zu Tage kommen!« —
So der Kriminaliommissarx und
wie er, dachte bald ganz Neapel.
Wenn eine gewisse vornehme Equipage
durch die Straßen rollte, zeigte man
mit Fingern nach den Jnsassem »Der
lachende Erhel«
Nach einiaen Taaen suchte mich der
junge Marchese Chiarelli auf.
»Mein .Herr,« sagte er. »ich leide
entsetzlich unter einem unausgesproche
nen Verdacht. Man meidet mich, wie
die Pest. Jch bitte Sie, klären Sie den
Tod meines Onkels auf und verlangen
Sie jeden Preis. Jch bin bereit, Hun
derttausende für meinen ehrlichen Na
men zu opfern.« Diese Bitte spornte
mich an, der ich ohnehin schon des
Glaubens war, dieSache hänge anders
zusammen,als man gemeinhin glaubte.
Jch lies; mich von anderem Dienst
dispensieren, forschte unablässig und
war eines Tages in der Lage, mit ei
ner neuen Beweiskette vor meinen
Chef zu treten, der zuerst ungläubig
den Kovs schüttelte.
»Sie meinen also?«
»Der Herr Kommissar erinnern sich,
daß wir am Bett eine Nummer der
Abendzeitung blutbefleckt fanden.«
»Die der Ermordete kurz vor der
That wohl noch gelesen hat.«
»So nahmen wir an — aber ich be
streite es jetzt.«
»Und weshale«
»Weil ich festgestellt habe, daß die
betreffende Nummer des Blattes durch
Versehen oder Faulheit des Austrei
gers erst zusammen mit der folgenden
Morgennummer in den Brieskasten des
Palazzo Chiarelli eingesteckt worden
isf.«
»Jn der That?«
»Thatsache! Wie kam nun diese
Nummer blutbedectt an das Bett des
Ermordeten? — Offenbar, weil sie
jemand dort hinlegte! Und warum sie
hinlegte! Um den Moment der Er
mordung zu verwischen! Es sollte der
Eindruck erweckt werden, der Marchese
habe die Abendzeitung noch gelesen und
sei Nachts ermordet worden. Aber ich
behaupte, der Marchese ist schon am
Abend vorher ermordet worden, und
die Zeitung wurde am nächsten Vor
mittag dahingelegt.«
»Aber bei hellem Tage kann doch
niemand durchs Fenster einsteigeu!«
»Gewiß nicht ----— das Fenster war
nur Atradpe, ebenso wie der Riegel.
Der Riegel ist mittels Fädchen von
außen vorgezogen worden, d. h. vom
Korridor her. Er sollte dazu dienen,
den EindruelI zu verstärken, als sei der
Thäter Nachts durch das Fenster ent
wischt.«
»Aber welchen Zweck hätte derThäter
gehabt-—? Es fehlte ja lein Pfen
nig!«
»Wer weiß? Der Marchese hatte
unmöalich seine arosien Linsen ver
,«.ehrt, die er erst jüngst am Monats
Ersten aus der Bank abhob Wo ist
das Geld, frage ich!?! Wo?«
»Sie meinen also, das; --— »
,,Jch meine, daß kein anderer der
Tbäter ist, als Beppo, der Diener. Der
hat Abends seinen Herrn ermordet, der
hat das Fenster geöffnet, Morgens die
Zeitung, die er im Kasten fand und
die er schon abends eingetroffen wähn
te, an das Bett gelegt, den Riegel vor
gezogen —— Herr Beppo, der so prächtig
sein Alibi beweisen kann. Gewiß! Er
war von Abend bis Morgen nicht da;
der Mord war aber schon vorher ge
schehen.« -
Der Kommissar war schwankend ge
worden und beschloß, mit mir zusam
men nach dem Palazzo zu gehen, wo
Beppo noch einsam hauste und anschei
nend seinen geliebten Herrn betrauerte.
Der junge Mann empfing uns mit be
tiimmerter Miene und leitete uns in
die Wohnzimmer seines seligen Herrn
hinaus, die wir noch einmal sehen zu
müssen behaupteten.
s Hier, im hellen Tageslicht, sagte ich
ihm ins Gesicht:
»Du bist der Mörder!«
Und nun geschah, was ich doch nicht
vorausgesehen hatte. Mit einem ge
«
»O
M
Moden-ne Kinder.
M
. . .Wie?- Du hast in so kurzer Zeit schon drei Puppen zerbrochen?«
»Was willst du denn?! Heutzuta ge muß man eben intensiv leben!« s—
waltigen Satz war Beppo im Neben
zimmer, mit zwei weiteren Sprüngen
hatte er dieses Gemach durcheilt. Wir
natürlich hinterdrein, was wir laufen
konnten. Aber er war schneller, er
kannte jeden Winkel dieses weitläufi
gen Gebäudes-, er hatte die Flucht er
sichtlich vorbereitet. Thiir auf Thür
warf er ins Schloß und bald war sein
Tritt verhallt: wir aber standen vor
verschlossenen Pforten.
Als gewiegte Kriminalisten hatten
wir den Palast auf allen Seiten um
stellen lassen, ehe wir zu Beppo eintra
ten und die Polizisten gründlich infor
miert: Niemand diirfe hinaus, keine
Katze!
Und doch entwischte uns der geris
sene Bursche. In einer Kriminalisten
Uniforni, die er sicherlich schon langer
hand sich besorgt hatte — wahrschein
lich lange vor Ausführung des Mor
des — trat er drüben, auf der anderen
Front des Palazzo, aus der Thiir und
winkte einigen Polizisten, sie sollten
schnell bereintommen, der Vogel sei ge
faßt. Während diese Leute arglos dem
Befehl des vermeintlichen Kommissars
gehorchten, stieg er ruhig in eine
Droschte und fuhr davon. So erfuh
ren wir später, als Herr Bepvo schon
iiber alle Berge war.
Wir haben ihn auch niemals be
kommen, aber seinem Schicksal ist der
Halunke doch nicht entgangen. Einige
Monate später fand man ihn mit
durchschnittener Kehle im alten Hasen;
offenbar hatte sein Geld einen anderen
Verbrecher gereizt, und der beförderte
ihn schnell ins Jenseits. —
Jch aber wurde durch den Vorfall
siadtbeiannt, und der Marchese Chia
relli, dessen Unschuld nun tlar dastand,
ließ es an blankem Lohn nicht fehlen.
Noch heute erzählen sich alte Leute von
der kühnen Flucht des durchtriebenen
Mörders, und in den Polizei-Annalen
Neapels ist meine Erzählung bekannt
als »Der Fall Chiarelli«.
—-—--.-.——--—
Etwas über das Handarbeit.
Der Hochmiithige ergreift einen
Finger, -—- höchstens zwei, jc nach der
Wichtigkeit der Persijnlichiteit, welche
er ehren will.
Der Schiichterne wagt keinen
Händedruck, während der Mühn-: die
Hände Preßt und schüttelt.
Der Fanle ist Zu l-:queni, um die
Hand zu reichen.
Der gute, wund-, moralisch wie
physisch feste Mensch äußert sich durch
einen kräftigen-, festem jedoch aller
Rauhhseit entbehrenden Händedruck
—
Autoniobilcs.
Herr: »Haben Sie ein Zeugniß von
Jshrem letzten I)iensil)i:rrn?«
Chnuffeun »Das kann ich erst spä
ter bekommen, denn vorläufig liegt
er noch im-— Hospital.«
Immer streng.
Chef: »Mayer, jetzt fehlt Jshnen
scljon wieder ein Knopf am Rock:
sagen Sie mir nur, zu was hinten
Sie denn eigentlich g.el«,seirntl)et?«
Klarqcmacht
Hausfrau: »Ich pflege zu meinem
Di nsipersonal »Du« zu sagen«
Dienstmädchen: »Mit diesen Tradi
tionen werden Sie nun- brechsen müs
sen, gnädige Fran.«
Summaiiich.
Dame (zur neuen Köchin): »Ich
muß Ihnen gleich zu Anfang bemer
ten, daß ich drei Sachen nicht ver
trage: Rauchfleisch, panirte Schnitzel
und —-— Mkmspruch!«
Bei-rathen.
Herr: »Den Reisen«den, der mir Die
letzten Cigarren verkauft hat, schmei
sßen Sie heraus, wen-n er wieder
s kommt.«
E Diener: »Das hatte ich mir auch
schon vorgenommen.«
s Bei den chinesischen Armee-Mand
ivem wird jedenfalls der Dauerlauf
iam meisten geübt werden.
Der Ruhestöru
Uhirmascher:» »Sin"d Sie mit der
Weceruhr zufrieden die Sie von mir
gekauft hiaben-?«
Her r: »Die habe ich länsgft in tau
senk Stiicke geschlagen-. «
Uhrmacher: »Nami, Warum denn
das-«
Herr-: »Das Ding hat mich ja im- ·
mer isn besten Seh-las gestösrt.«
Die beste.
Vater (Prosfessor, dessen Tochter,
die studirt, sich soeben mit einem Leh
rer der Anstalt oerlobt hat): . ,,Aker,
Hannchem Deine SprachenSI«
Tochter: »Habt-U ihrre Schiuldigkeit
gethan; ich- werde jetzt nur noch eine
Sprache reden, die Sprache des Her
zens.«
FataL
I »Warum sagen denn die Leut’ alle
I, Herr FörsterC wo er doch schon drei
ev;’ahr Oberföriter ist?«
»Weil s ihm Niemand glaubt!«
Es
Jndividuelle Auffassung-.
»Was, Dein Sohn hat fein Ge
sahäft schon 15 Jahre, und noch nicht
ein einzig’ Mai hat er Konkurs ge
mack;t?«
»Nein!.. . Er war schon als Kind
ein Sonderlincs!«
Gaumen-paid ·
»mu, ,Msein Mann kawft niemals
bei seinem Schneider einen neuen nAn
zun, bevor er den alten bezahlt hatt . .
Da laßt er lieber inzwischen anders
wo arieiten!«
Wider-legt
»Der Ariqeklaate will uns glauben
n ameri, daß er ein-;- schwache Körner
lpnftitntion besitzeL . Nachgewiese
sirritiaszen hat era aber im vierqangenen
Winter über ziehn Wohlthätigkeit-S
lonzerte besucht!«
Zweicrlki Auffassung.
Vater: »Was —— jetzt friih 6 Uhr
kommst Du auc- der Knieiies Weißt
Du nicht, Daß vor Mitternacht der
--1efiji.Defe Schlaf ist?«
Siridiosiiz: ».ller ich bitt Dich,
Bapa ——— bis Mitternaclt ist doch noch
lanqu«
Unvcrfrorcn
Gläubiger (a1tf ein Buch zeikiend):
,,;sa, den ,Gsisten Ton« haben Sie
wohl da liegen! Jsch meine, liium gu
ten Ton gehört es aler auch, seine
Scluldcn zu hezahlen!«
Schuldner: »Davon sieht nichts
drin!«
Vor-spiegelnan falchct Thaifachem
Stimmen von oben: »Gut-lich ist ek
da——der Lüderjahn!... Na, kommt
Du mir nur lyeruuf!«
Beisxunkener szum Sichutzmann, der
ilni heimgefiihirt hat, em:pö·tt): ,,Hötm
Sie, das ist aber eine Gemeinheitvou
Ihnen! Sie wollten mich auf die Po
lizei siilxren nnd jetzt haben S’ mich
nach- Haug qebmckt!«
Mulitiiis.
Freund (zu einem Wseinhänsdler):
«,,Wie, Du mille eine Rheinwise ma
Ici·e:i’3 . .. Wird Dir denn da nichi die
Galle iiberlanfem nsenn Du siehst, daß
der Wein auch lviieltst!«
Famle Höflichkeit
Vater wer mit einem Besuch nnd
seinen beiden kleinen Törin-en spa
zieren geht, Ieise zu den letzteren):
»Daß ihr mir nun aber nicht vor
jedem Gerichstsrollzieher. der uns ke
geg,1-et, einen Fenix machi!«
Rette Familie
Richier (zn dem jugendlicer An
gellagten): »Sin-d Deine Eltern hier
vielleichi im Saale anwesend?«
Angeklagtett »Me, die werden ir
gendwo anders abgeurt«l)eilt.«
Vom Laternenhoih
»Trampel, wissen Sie, wen-n Sie
Parademarschi machen, ist es gerade,
cle wenn derWind ein Stiick Wut-schi
papier übet«n- Kasernenhof wsehi.«