Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 14, 1906, Sweiter Theil., Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Auch ein Heid. i
Rmllette von Ernst Genng
Der Herr Baron! "
Er kam aus dem Walde und trabte
noch gen-schlich in langsamem Trott
aus der Landstraße die Pfeife im
Munde, den Rauch behaglich aus
eßenn Kurz und energisch schien
,eme gedrungene Ge«talt mit dem
,»på verwachsen. sie Hand hie-it
lass-g- die Reiigerte. Den Kopf trug
er steif im Nacken. Der Wind spielte
mit dem eisarauen Bart-e, der das
scharsgeschnittene Antlitz umwalltr.
Scharf blickten die Ausgen, und tut-an
. nisch war der Ausdruck Dieses Man
nes, dessen eiserne Tyrannei auf sei
nen Leuten und nicht minder auf sei
ner eigenen Familie unwidersprochen
kostete.
Wie ein Warnungssignel pflanzte
sich derSchreckensruf: »Der Herr Ba
ron« ron Munde zu Munde fort, wo
immer und wann immer er auch
nahte. Es versehlte in den wohlha
bendsten Bauernhäusern, in den elen
desten Dorfkaten seine Wirkung nicht.
Alle richteten sich straffer empor, alle
arbeiteten eifriger, wenn er kam, und
alle grüßten in tiefster Verneigung,
in s!la-vischer Demuth, sobald er in
Sicht war-. Seine deutschen Bauern
begnügien sich mit Verbeugungen aus
der Ferne. Die Leiten, Russen.Est
den unsd Liiauer, welche auch auffri
nen riesigen Güterkompbexen hausten
nnd tagelölmextem umringten ihn und
I!!s.t..- «
sei-nah tug- soc gkxu ur- zu Wut-u »v
lamen, selbst seine schmutzigen Stie
fel, fein Pferd, seinen Wagen —
« wean sie weder seine Hänre, noch sei
nen Anzug erreichten. Diesen Weih
rarrch von U terthänigteit, der von der
Leibeigenschast noch übrig geblieben.
verlangte der Herr Baron als etwas
Selbstverständliches Daran war er
gewöhnt Und wehe, wenn einer auch
nur um einen Schatten weniger tief
gräbt-h weniger schnell oder gut ar
beitete! Reitpeitsche, Schirm-, Stock
oder die Mode Faust sanften dann so
fort auf den Sämnigen nieder, gleich
viel, welchen Geschlechtes er war. Bei
eeuDeutschen kam es weniger, höchst
selten vor; aber das »andere Gesian
verlangte sein-e Schläge wie das täg
liche Br ", so sagte er. Und Zeit
und Erfahrung schienen ihm Recht zu
geben.
«Kinder! Der Beter!« Die bleiche.
schlanke Baronin rief es laut, denn
auchsie hatte den nahenden Reiter von
Thurmstiulre, »dem alten Macht
thsurrn« aus, entdeckt. Ein nervöser
Schau-er flog über ihren Leib. Hastig
eilte sie hinan-, um das Vesper vor
zubereiten. Nichts durfte versäumt
werden.
Wie eine Alarmalsocle wirkte ihr
Ruf in dem- Jakzrliunderte alten
Schlosse. Die Baronessen versteckten
schleunigst die Roma-ne oder Puppen
nnd nahmen Schmibiicher und Hand-«
arbeiten vor. —- Baron Damit-, der
älteste Sohn, dessen heiße Sehnsucht
nach dein Studium der Malerei
lechzte, warf sein Stizzenbuch in eine
Schiublade und beugte sich über die
Geschäftsbücher der Gute-Verwaltung
in der Kanzlei. Widerwillie hatte er
in St. Peter-Murg und Riga ten
vorgeschriebenen Studien oligelegem
nnd mit heimlich-ein Grimme sich hier
jeyt einfpereen lassen müssen. Gab es
denn einen Widerspruch gegen den
Vater-?
Baron Jvar, der Geschich- se ftudiren
wollte, sich aber dem medizinischen
Berufe zuwenden mußte. seufzte bei
demRUfe der Mutter schwer und ver
barg eine alte Chronik schleunigst
in der Schloßbibliothet. —- Und Ba
ron Boris gab plötzlich seinen ina
benlxrften Troh aus und fügte sich- den
Wünschen des erleichtert aufathsmem
den Kandidaten
In dem etcyengetasenem nur we
wehren,— MAY Ahnenbilrern
geschmütctten Speiiesaale versammelte
sich um sieben Uhr die Familie zum
NachtmæhL Der Herr Baron sprach
das Tischgebset Dann setzte er sich
geräuschvoll nieder. Alle bückten ihn
stumm an. Die Züge seiner Gattin
Indien in merkbar-er Spannung. Sie
wußte, daß ein Gewittersturm bei ihm
im Anznge war; aber sie wagte nicht
zu fragen. Er aß und trank, bis der
erste Hunger gelöscht war, dann legte
er die Gabel nieder-, blickte alte der
nach an und sacrte grollenr:
RKsernePdrIshkeis.ieEisenl)c1hn! Ueberall
Streits und A1:.fruhr Walden Hen
terbrueh« Königswnld sollen in Flam
men stehen«
»Um Gottes- willen, Vater, und- das
sasgft Du so ruhig?« Die Bjronin
bebte.
,Wad hat die Versammlung be
schlossen? Wie wirdes msit der Orga
nisation der SelbstvertbeidisgnngI
Nequirirt ihr kein Militär, lieber Vn
ists« fragte der älteste Sohn besorgt
— nnd erregt.
, Der Alte sah ihn an und schwieg
THE eine Weile. Dann entgegnete er in
wonniges Verachtung hohnlachend:
ZM früh rücken hundert Dragps
" zwischqu der Nachbarschaft bei
M ein. Lächersjcht Meine Leute ten
»se- und wogen nicht zu knacken
- nicht zu den fortschrittli
die ihre Bauern mit Hu
MM sibersiitieM und denen sie
R diechJZHer getilgt-It
te wetzen r s
- . Esel istruhtgsp Uns-wehe
III-tänz- Taf nikdmwäåerskx
: ng ou I
I« Aktienm mtt bewundernder
M den Man-n, der to ruhig
W
s iste, während das ganze Land in
evolntion war.
, »So-lieu wir nicht doch Waffen ver
theilen und Wachen ausstellem lieber
Bateri« -
,,Jch dächte Du wartest besser
meine Entf cheidungen ab lieber Ha
Iraltu Seitche wann ist es Sitte daß
sineine Söhne mir Vorschläge machen?«
Wir sind keine Kinder mehr, par
don, Vaterl« Harald stieß es zor«n:-.
sticlt aus.
»Ihr seid meine Kinder. Hier gibt
es außer unserm Gott nur einen
iHerrm und der bin ich! Verstanden!«
»Harald!« flehte die Mutter bang
und wandte sich zu dem Gatten. »Du
weißt nicht, wie ängstlich ich bin, Lie
ber! Unsere Töchter —- wir — ich —
idie Leute — der glimmende Haß —
die Aufhetzer —«
I »Ja, ja, die Aufheyek!« wiederholte
er verbissen. »Wer sie duldet, wird
l
l
f
sie fürchten lernen. Nicht ich! Both-I
habe ich auf dem dritten Vorwerk in.
Krug ein paar betrunkene, lettische
Bauernliimmel ausgespürt,« er lachte,
»du war solch Studentenbengel aus
Riga, der wollte ihnen auch ein Lied
von der Freiheit singen. Aber —«
»Aber?« Alle schauten ihn erwar
tungsvoll an.
»Um ein Haar hätte ich den Bur
Ischen mit rniener Reitpeitsche gezeich
snet. Nur quietschte er wie besessen bei
imeinem Anblick und rannte nach dem
stlialde Der kommt wohl nicht wie
l et!«
T Mehr war für heute aus dem Th
staunen nicht herauszuheben Gleich
inach der Mahlzeit begab er sich in das
jBillardzirnmer und befahl «fe»i·n»em
»Ja-eilen VIIan, einem vorzuguuycn -
iSpieler, mit ihm eine Partie zu spie
len.
: Auf Bitten der Mutter und der
Schwester ritt indessen der ältefie
Sohn die Umgebung des Schlos
fes ah, untersuchte Thore und
;Thiiren, vertheilte Waffen unter
Idie treuen Diener und ftellte
Wachen aus. Das alles mußte heim
slich und sehr geräufchlos geschehen, da
Jmit der Herr Baron nichts merkte. Er
swäre iiher diefe »feigen Vorsicht-IMM
regeln«, wie sie alle Besitzer der Um
gegend längst til-ten sehr angehalten
geweer —
; Alles schien ruhig. Um zehn Uhr
bereits lag das Hurenhaus in tiefer
Dunkelheit Seine Bewohner schienen
;zu schlafen, trotzdem manche von ihnen
»sich unruhig wälzten und in die nächt
Jliche Stille hinauslaufchten Die Lage
sder Provinz war kritisch genug, um
Hdie Nerven zu erregen. — Um elf Uhr
machten die Posten leife eine Runde
und bemerkten befriedigt , daß keine
Störung nahte. Um zwölf Uhr waren
die alten Getreuen auf ihren Macht
lpvsten fest eingenickt und hörten nicht
jeinmal mehr das dumpfe Schlagen der
Thurmuhr.
Da — um halb eins fuhren sie em
por. Hundegebell, in der Ferne zuerst,
näherte sich und schwoll zu tobendem
Geheul und Gerafe an. Windlichter
erglühten wie Leuchtkäfer am dunklen
Waldrande. Trupvs von Menschen,
die in der Finsterniß nicht zu zählen
waren. fchobsn sich plötzlich, wie aus
dem Erdboden emportauchend, von al
len Seiten auf den das Schloß um
gebenden Pakt zu. Wie Katzen über
tletterten sie die Gitter, legten Leitern
an die Thore und stiegen einfach über
diese hinweg —- Ehe noch die schlaf
truntene Dienerichaft recht zur Be
sinnung kam, war das Gebäude von
allen Seiten umringt Wildes Ge
schrei, Schmähungen, drohnendeö
Klopfen mit Drefchflegeln, zerpraf
felnde Fensterfcheiben, Steinwiirfe und
danach ein wahres Triumvhgehriill er
weckten dieHerrfchaften, die entsetzt von
ihren Lagern sprangen. Bevor sie noch
flüchtig Kleidungsftiicke übergeworfen,
ertönten Schüsse
»Die Frauen in die Haue: Benutzt
die Frauen!« rief Baron Harald,
,,Leute, nehmt die Waffen. vertheidigt
die Damen, bis sum letzten Blutstro
Pfen! Ein Schqu wer weicht!« Er
war als Erster auf dem Platze erschie
nen, den Revolver in der Hand. »Nein
Licht machen, das verräth die Spur!
Ihm-, Bari-T Leute, alle in die balle!«
»Vater! —- Um Gottes Willen,
Vater! — Herr Baron!«
Etsch-reckt aufgeregt, verängftigt
stürzten die Damen, die weibliche Die
nerschaft aus allen Zimmern, halb
wahnsinnia vor TodesfurchL — Ha
rald behielt die Ruhe. Er geleitete alle
in die Halle des Wachtburmes. Er
vertheilte die Waffen, stellte die Leute
vor die Thüren.
Draußen verstärlte sich der Lärm.
Die Treuen der Guts-Verwaltung die
Beamten der Oetonomie suchten die
anstürmenden Belagerer zu vertreiben.
Es kam zu ver-zweifelten handgemen
nen; aber die angetrunlensen, tacht
schnaubenden Horden waren in der
UeberzahL Sie schlugen das Thor
ein. Sie drangen in das Schloß und
eroberten johlend ein Gemach nach dem
andern.
»Der herr Baron!« —- »Gebt den
fis-ern Baron heraust« hörte man
chreien.
Im Dunkel lnieten die Bat-messen,
die Gouvernante, die Zofen und dete
tsen stammen-T »We- ist der Vaters« «
fragte harald beklommen »Und die
Muttert« sagte Jvar behend.
»Da muß ein Unglück geschehen
lein. Wir wollen die Eltern holen!«
slchrie der älteste Sohn plößlitb und
stärkste, gefolgt von den Briidern, zu»
dem Schlafzitnmer der beiden Bee
tnißtem Jn qualvoller Unruhe rissen
sie die Thüren anf, drangen in den
Raum ein und standen wie erstarrt.
Beim Scheine des Nachtlichtes er
kannten sie die Mutter. Sie lehnte
seht blaß und ruhig gegen einen
Schrank, völlig angetleidet. Mit un
beschreiblich verachtungsvollet Miene
schaute sie nach dem Bett. Wie ange
etelt wandte sie sich den Söhnen ent
gegen und hob die Hand:
»Seht dass Ich verstehe Euren Va
ter nicht mehr. Er muß ltant fein!«
Wie ein Wahnsinniger wälzte sich
der Tyrann der Familie, »der Herr
Baron,« in den Kissen und rang die
Hände. »Ach Gott, ach Gott. holt die
Dragrwet! Helft mir! Rettel mich!
Ach Gott« das Gefindel bringt mich
um! Hilfe! Bcirnxlyerzigteitk« ächzte
er, sinnlos rot Angst- Kasim sah e:
endlich die Löhne, so ftiirnxle er auf
tie zu, umfcklnnp sie und flehte:
»Minder, reitet mich, Kinde-, helft!«
Schon hörte man die nahendeBan
te. lirelcke von einem Knechte gerade
hierher geleitet w:-rde, um den ver
haßt-n Mann Zu ergreifen, da et
manntc sich der älteste Sohn. Seine
Wangen erglühten, fein Herz schien
still zu stehen in einem plötzlichen
heiße-i Schamgefiihi. ,,Echnell, Jun
gen,'« sagte er nastizz ,.b-tingen wir»
ihn nach der Halle. Er ist trant3«:
Und sie schleppten den cianz unfähi-;
gen, laumelnden Feiglina durch Sei-(
tentreppen in den Wacknthsurm zu den
Frauen. Der alte Theil des Schlosses
hanc schon in früheren Jahrhunderten
Belagerungen aushalten müssen. Sein
vieles Gemiiuer. feine eisenbeschlage
nen Eichenpsorren schätzten auch heute
die kleine Vertheidigerschaar lange
Stunden gegen die Revolutionäte·
Das Schloß worin ihrem Besitz; aber
sie erhitzten sich immer mehr, weil sie
»den Herrn Var-tm's den Verhaßten,
nach immer nicht in ihrer Gewalt hat
ten nnd vor Rache dürfteten.
Ein Bild des Jammers, zähnellaps
pernd, zitternd saß dieser unter den
Frauen und flehte jeden einzelnen an.
ihn zutetten Undes war, als ob das
Flehen des Feiglings selbst den schwa
chen Geschöpfen den Damen undKim
dern, die Ruhe wiedergegeben Nicht
ein Laut wurde hörbrrr!——Die Die
ner standen an den Thüren. Die
Söhne und der Kundidat an den Fen
stern. Ab sind zu lnnllte ein Schuß,
aus den aufbrandendes Geheul, das
Kreisckxen der Verwundeten folgte. Jrn
Wachttburm hörte man nur noch das
»AchGr-ti, rette mich, Gott, schützt
mich!"' des so jäh veränderten. nicht
wieder zu criennersden Tyrannen
»Na-h zwei Stunden halten wir
uns vielleicht! Längrr nicht!" ertllirte
Harald ernst, die Munition prüfend-.
Unwillkiirlich falteten sich die
Hände.
»Sie sprengen die Verbindung, die
Aanaillen,« rief plötzlich der Haus
meister, »dann ist ca a-u"5!«
Draußen graute der Morgen.
»Gebt uns den Herrn Baron, den
Menschenquiiler, den Elend-In heraus-!
Euch soll nichts aeschehen!« rief eine
Stint-me. »Wir krummen Euch ande
rm kein Haar aus dem Kopfes«
Die Einkreichlossenen vernahmen es.
»Verlaßt rnich nicht« wintinerte de:
Baron, sein Weib nrnllannnernd
.Wir sterben mit Dir, Vater! Sei
ein Mnnn!" malt-me Harald kalt.
Unter dem Thurme trat plötzlich
Stille ein« Dann thi-: man Sprechen
verworren-es Rufen. Eine Minute
später trachten Schüsse, vernahm rnan
Trommeln-trieb Pserdegetrarnvei.
»Das Milirär ist da! Die Dragos
ner sind da! Wir sind g-:rettei!'«
treisrhte der Baron Boris, der vom
Thurm aus Rundschau gehalten.
S-. waren gerettet.
Nach kurzem, heißem Kampfe hat
ten die Soldatendie Ausriihrerdpep
irieben Bi-: Aiiiunrer waren ermun
sen over gefangen Die besehlger-:n
den «T»ssiziere kntten das- Echlosz oon
den Mannsctiaslen saubern lasset-»Es
war viel zerstört, vernidktetz aber
glücklicherweise nichts niedekgebranni.
Die Familie des Besitz-ers athnietc
aus, obgleich ihnen allen« mehr als
Schreiten nnd Anqst eine seelische
schwer zu dezeicksrnende inst die Herzen
bedrückte. Es war ihnen allen, als sei
etwas unsagkor Hohes und Heiligee
in Ihnen zerbrochen-. Stumm gingen
sie aneinander vorbei.
Allmälig hatte »der Herr Baron«
sich wiedergefunden und die Haltung, ;
die ihm eigen, angenommen Kaum
war das Militär im Schlosse unt-«
seine Sicherheit verbükgt, so richtete
sich sein Muth empor-. Aber nur
äußerlich. Jnsgseheim fühlte er eine
brennende, scheue Scham. Nachdem er
Toilette gemacht, zeigte er sich seinen
Rettern und befahl, ein Mahl herzu
stellen. .
Bei der Tafel erlliirte er den Offi
ieren, daß er mit seiner Familie aus
as in Deutschland liegende, obtaini
strirte Gut seiner Gemahlin überzu
siedeln gedenke« Er hoffe, daß diesse
terung bald mit dem Raikbsesindel
ertig werden würde. Ihm sei ivland
vorläufig verleidei. Er bitte nun-dass
man ihn und dieSemen nach Riga
sicher eitottiren wellez Die Fremden
verspr n. ihr Möflschsth zu thun.
Am achmittage aß die ganze Ia
milie schweigend m dem ausser-hin
derten, fast eren Wohnzunmer bei
,saminea. Scheu blickte »der HerrBO
s ran« von einem zum andern. In sei
ner Haltung lag etwas Gebrochen-.
Es schien so, als traute sich der kleine
gedrungen-le Körper » nicht mehr, die
aufgebläht sterse Wurde zu dolus-ten
time »Man erwartet, dass die Bahn
linie von Riga bis zur Grenze mot
wieder im geordneten Gang sein wird
und ter erstefo abgehen kann, ssgt
man mir. Un erer Reise in’s Ausland
wird dann nichts im Wege stehenl
Packt also zusammen, was das vers1...
Gesindel dagelassen hat!« sagte er,
anscheinend so hakt wie sriiher.
Seine beiden ältesten Söhne tausch
ten einen schnellen Blick. Dann rich
tete sich Haeald ernst empor nnd be
gann mit ruhiger Energie: »Unser
Nitscizer Besitz ist gnt verwaltet nnd
ertraareich Unsere Mitarbeit dort
nicht nöthig. Wir halten es siir besser,
wenn Du mit uns nach Berlin til-et
sredelst, Vater!«
,Warnm? Weshald?" knurrte der
Herr Baron.
»Weil wir dort am besten unsere
Zutunftgpliine verwirklichen tönncn,«
fuhr Harald fort, ich lann mich der
Malerei widmen, Bartes das Grimm
sinm besuchen und JvarM ———«
,,«I iir ist in dieser schrecklichen Nacht
klar geworden, ins-, man seinem Jch
folg-In soll nnd als erwachsener
;’-.-"ienfck- teiner Votmundschaft mehr
liedars,« fiel der zweite Sohn dem
Bruder in’·g Wort. »Ich kenne unsere
Verhältnisse nnd weiß, daß ich mich
Ider Geschichte, meinem Liebling-situ
rium wärmen kann. Jcti will daher
»Du — sp— willst? —- —«- haeald
bestimmt? ——— Was- bedentet das,
zum Donnerwetter7"’ fuhr der Herr
Baron zornbebend empor; aber unter
den kalten Blicken seiner Familie sanl
er schen, die Augen nieder-schlagend
wieter aus seinen Sitz zurück.
»Das bedeutet, daß unsere Sohne,
die uns heute Nacht so heldenmiithig
vertheidigten, sich ans ihre Männer
wiirde besonnen hab-ent« ertliirte die
Baronin tapser mit leicht zitternder
Stimme. »Ich bin mit ihnen einver
standen. Wir geMn nach Berlin, wo
wir auch die Erziehung unserer Töch:
ie: besser vollenden können. So lange
hier die Revolution droht --——« Sie
tornte ihren Satz nicht aussprechen
Wie ein sauchender Choleriter war
der Herr Baron aufgesprungen.· Er
schnappte, blaß vor Zorn, nach Luft.
Seine Faust iasusie auf den Tisch:
»Das ist«-— das —- -—— wird ———
taJ ——- ——« stieß er hervor und glotzte
seine Frau an, die seinen glühenden
Blick ruhig aushielt. Dann stierte er
auf sein-. Kinder. Auch sie saßen nn
l«erregt, schweigend mit, entsschlossenen
Gesichtern Der Herr Baron siih te
nun, daß er etwas verloren, was un
widerdringtich war. -—- »Macht —
was ihr ——— wollt!" tnirschte er nur
und stürzte hinaus.
Seine- vte schöne »Herr-g
Die berüchtigten Hexenversolgungen
in Saturn Mass., waren keineswegs-,
wie Manche glauben, die letzten in
unserem Lande, auch wenn man der
artige Fälle bei Wilden oder Hatk
wilden gar nicht in Berechnung zieht.
Wenig bekannt ist der heutigen Ge
neration ein Hexenpwzeß im schönen,
tebenssreudigen Virginien ans dem
Jahre 1705; und doch war es in man
cher Hinsicht einer der dentwiirdigsten,
wenn er auch nicht in dem Tode des
Opfers seine Krönung sand· Jn Ver
bindung mit vielen anderen geschicht
lichen Erinnerungen anläßlich der
kommenden Ansstellung von James
town wurde auch diese Episode wieder
ausgegraben, ein so garstig-r Fleck aus
dem Schilde Virginiens si: auch ist. ,
Jm genannten Jahre ging eine neue
Woge von versolgungssiichtigem Fa
natismus über das östliche Birginien
dahin, nnd es war nicht schwer, in
den Verdacht der hexerei zu kommen
oder von Solchen, denen man unbe
auem war, derartiger Dinge besich
tigt zu werden! Dies war denn auch
das Schicksal der schönen Grace Gher
wood·
Grace war ein yocygewacyseneg
Mädchen, so ebenmäßig gebaut wie
eine griechische Statue, mit einem
Haar so schwarz wie Ebenholz, brau
nen Augen und einem so berückend
schönem Gesicht, daß andere Frauen
sagten, leine gewöhnliche Sterbliche
könne so schön sein! Sie war ebenso
gut, wie schön; Niemand konnte ein
zarter sühlendes Herz siir Kranke oder
irgend wie in Noth Befindliche ha
ben und bethötigen Aber auch das
wurde nur gegen sie ausgebeutet; die
bösen Zungen sagten: »Sie will eben
nur Gelegenheit haben, ihre Mitmen
schen zu schädigen!« Die meisten
Männer waren voll Lobes siir die
schöne und gute Grace, und das machte
die betreffenden Cheweibetmeistens zu
um so wüthenderen Feindinnen der
selben.
Endlich erhob ein Ehepaar in der
Nachbarschaft, Namens bill, die sor
melle Anklage gegen Grau« durch
hexerei ihr Vieh trank gemacht zu ha
ben. Graee wurde verhaftet und in
das alte Gefängniß von Princeß Anne
Counth gesteckt, das noch heute sieht.
Nach Verhandlungen von einem Mo
nat gelangte das sechslövsige Nichter
collegium zu dem merkwürdigen Be
schluß, daß das hilksehe Ehepaar die
Kosten des Prozesses tragen, Graee
Sherwood aber von einer aus Frauen
bestehenden ury abgeurtheilt werden
solle. Dami war sie sckon im Vor
aus verurtheilt! Noch ilber drei Mo
nate, bis in dem Juli, zog sieh der
Prozeß hin; es wurde auch nicht der
Schatten eines Beweises erbracht, —
abet Graee wurde für eine Hexe er
iliirii Doch fiel das Urtheil noch
»
In den Ritters-scien.
. Ple « J».?«- O.
, z, HEFT— «- - ».-.·,.-.»W
»
-s-(
.:«:
Freundin: »Wohin habt ihr denn eure Hochzeitsreise gemacht?'«
Junge Frau: »Er-ff nach Venedig, und dann sind wir eben noch immer
zugefahren.«
tziemciche gen-we aus« vorbehaltlich
späteren strengeren Gerichtes: der
Spruch lautete auf Untertauchen im
Wasser, was eine der unter dem Na
men »Gottesgericht« bekannt geworde
nen Proben war, in diesem Fall we
nigstens. Aber da monatelang unge
wöhnlich schlechtes Wetter herrschte, so
wurde, »damit ihre Gesundheit durch
die Procedur nicht gefährdet werde«,
die Urtheilsvollftreetung b:inahe ein
Jahr verschoben. Während der gan
zen Zeit schmachtete Grace im Kerker.
Dann aber wurde sie nach John
Harper’s Plantaae geführt und, im
Beifein einer gross-en Volksmaffe aus
der Umgegend, im Lynchavenfluß wie
derholt untergetaucht. Schwer er
schöpft, wurde sie nach dem Gesäng
nisz zurückgefiihrt und noch viele Mo
nate festgehalten. Endlich ließ man
das Opfer wahnsinniger Eifersucht —
denn diese allein steckte hinter dieser
ganzen Verfolgung —- in aller Stille
laufen.
Aber noch nach ihrem Tode wob
sich ein ganzer Legendentreis um sie
und um die Taucherei. Man erzählte
u. A» ihre Hände seien gebunden, und
ein Mühlstein sei an ihrem Hals be
festiat worden, aber iie iei fast augen
blicklich wieder an die Oberfläche des
Wassers gekommen, den Mühlstein
noch am Halse, aber mit freien Hän
den! Einer anderen Leaende zufolge
sollte sie mittels Zauberei auf einer
Briaa binnsn wenigen Stunden nach
England aessegelt fein. Einige heutige
Nachkommen von ihr glauben an ihre
Hexerei!
Einen muntrer-mischen sus von
Ofen-Ir- -
pflegte, wie die Kölner Zeitung mit
theilt, der General v. Jsing zu er
zählen, jener verdienstvolle Ossizier,
den der Krieg 1870 seines linlen Ar
mes beraubt hatte und der seine
Stellung außerhalb der Front dazu
benutzte, aus dem Arsenal dke be
rühmte Wassensagmlung zu machen.
»Was verstehen ie unter »einiae?'«
mit diesen Worten trat Bismarcl bald
nach dem Einzua der siegreichen Trup
ven in Berlin eines Tages an den al
ten Haudegen heran, »einige, das sind
doch 3 oder 4, «nicht»wahr?« «—·» »Ist
llUll, Exzcuclls, DCO winqu uuw u »s
6 sein,« meinte der Gesraqte. —- »Na,
schön«, erwiderte Bismarcl. »ich wollte
Sie bloß vorher mal sraaen, Seine
Majestät sagte mir nämlich. ich sollte
mir einige von den französischen Ge
schützen sür meinen Pakt in Schönbau
sen geben lassen, —- wollen Sie die
Güte haben, mir sechs bereit zu stel
len?« —- Was wollte der General ma
chen, der gewiegte Diplomat hatte ihm
mit seiner schlauen Frone die Verant
wortung sür die Zahl zugeschoben, und
es blieb nichts übrig, als ihm die Ka
nonen in der gewünschten Anzahl aus
zusolgen.
-——
Eine bettete hegebeeeheih
welche das österreichische Militärleben
charakterisirt, macht das »Wiener
Deutsche Tageblatt« belannt. Bei den
diessährigen Manövern sollte eines
neue Tragart des Jnsanteriespatenss
erprobt werden. Derselbe sollte nun-.
m r neben dem Basonett angehängt,
die er Seiten-weisse ähnlich getra n
werden« Da das Neichstriegsenin· te
rium, in dessen Schoosse diese epochale
Jdee geboren wurde, ziemlich deutlich
hatte durchdlicken lassen, daß es nur
Nelationen im günstigen Sinne über
diese Neuerung erwarte. so war
Oberst X. recht unarienehm berührt,
als die Kotnpagne Kornmiandanten
einstimmig ihre wünschten dahin ab
gaben« daß die zu erprobende Trag
art MS tens aus dem Grunde un
, praktisch ei, weil der schwere eiserne
Spaten mit jedem Schritte des Man
nes aus dessen Knie schlage, daß diese
blaue Flecken und selbst schmerzende
hautabschiirsnngen in Masse aufwie
sen, was der Regimenisarzt bests
tigen in der Lage sei. ,,- was-'
samatrte ver Oberst lGeneralstiibley
die um ihn versammelte-n Hauptleuie
an, »meine mir wegen der Kniescheis
ten von ein paar Bauernlackeln ni
die Qualifikationslisie verpatzen la
sen. Werden sich schon daran gewöh
nen und Schwielen iringen wie Ka
meele. Werde nur noch die Relation
des beurlaublen HauptmannssSchiaus
meier abwarten und dann irn zustim
mencen Sinne berichten. Jch danke,
meine herren« Anderen Tages lang
te die Relation des von dem Vorge
fallenen bereits in Kenntniß gesetten
Hauptmannes Schlaumeier schriftlich
in der Regirnenislanszlei ein. Unser
Oberst war entzückt darüber, änderte
seine Ansicht aber gründlich, da er so
fort berichteiet Die bisherige Tragart
des Spatens sei beizubehalten Wie
das kam-? Iiun, Hauptmann Schlau
meier hatte ganz einfach berichtet, daß
die neue Tragart yöckst praktisch, ja
geradezu das Ideal eines jeden Sol
datenterzen sein müsse und in der
That nur dem Gehirn eines crahren
Feidherrn entsprungen sein könne.
Nur ganz zum Schlusse fügte der
Fuchs ganz unschuldig tei, einen al
lerdings anweseniiiuixen Nacktheil kön
ne er nicht verschweigen: ras- Anschla
gen des Spitens auf die sinke der
marlckirenden Selbatzn vgvrnrsaadtc
oiele Löcker in den Hcsicn der Mann
fchaii, was eine Herabsetzung der
Tragdrsuer dieses nichtiaen Beklei
tunasstiicles zur Folg-: hat-en müßte,
was ter Reciimentgiclxkteider zu bestä
tigen in der Lage sei. Oberst X. fand
dieses Gutachien geeignet, um sich
teim hohen Ministerium in ein alln
fliges Licht zu setzen, und beriritieie
ganz im selben Sinne. Justier
siiindlich wird der Kronenvrden nicht
mehr lang-. auf sich krauen lassen.
Wir wollen es hoffen.
-----
ckttiieflsche Gedankenwttttsr.
Die Geduld ist der usier Stein der
Weitem tret sie gefunden hat, hat nur
noch zu fürchten, sie zu neuerer-«
XI H st
Dcr Verschwender titeut tsca Goid
aus wie Mitt, fssr Geizhals fannntht
ten Mist trie Gold.
Ti- t st
Der Luxus vermehrt die Bedürf
nisse» die Mäßigteii die Vetgnüsgum
gen.
46 It sit
Die guten Quellen izrtennt man in
trockenet Jahreszeit, cie guten Freun
de tm Unglück·
« II If
Mit Geld drin-at man die Todten
zum Reden, und ohne Geld kann man
die Stummen nicht zum Schweigen
bringen.
I I- If
Man mißt die Thütme nach ihre-m
Schatten und große Männer nach ih
ren Neidern.
It- s If
Man ist schon unglücklich, wenn
man fürchtet es zu werden, und we:
es zu sein verdient, fürchtet es immer.
Use-steten
Gattin: »Du hattest mir doch ver
sprochen Männchen, obald ich selbst
ständig kochen tann, mit eine Ueber
raschung zu bereiten-F
Gatte: »Gewiß Schatz! Jch habe
heute der Köchtn gekündith
-—r—
Etu Strich such Ue schaun-.
Bekannten »Wie, den Pferd-tagt
haben Ste xttcknängia aemachtt«
Baron: ·,Mutzte; ver insakne Schu
ger wollte vie Rettftjefel nicht ohne
nzahlmtg heunsgekent«
tm
Ass- sähe.
-,.Run, Den Lentnant. tote viel Zeit
bat-en Sie gebraucht, bis Sie tadeln
konnte-ist«
» keine» Gnädigstr. Rad gesehen,
daraus gesetzt und fort trat jetzt«