Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 31, 1906, Sweiter Theil., Image 16

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    Her Deferteur.
Rost-n m O. Elster.
W
(1.3. FortsetzungJ
henriette suer zurück.
»Wie? —-Du ——-Tu —Sie haben
die Leute befehfigt, welche meinen Va
ter verfolgten?«
« nriette. .
»Sie sind sein Denker ——sein Mör
ter... oh, diese Stunde trennt uns
auf ewig . . ."
»Henriette, ich schwöre Dir... in
lonnte nicht anders handeln . . .'«
»Sie haben ihn getödtet... Flucl1
Ihnen . . .'«
»Halt, mein Fräulein,« sprach da
Lulu snit starker energischer Stimmc.
»Wenn hier von Schuld und Mord
die Rede sein soll. so suchen Sie gefäl
lkgst Den Urheber all des linglüctg in
ekuer anderen Person. Sie bemerkten
wohl nicht. daß Herr von Heineck ver
wundet ist-schwer verwundet, mein
Fraulein, so daß er sich las-tm aufrecht
erhalten kann..." l
Fu der Thai--drohte-Har.xld nieder
zumken, so schwer stüyte er sich aus
den Arm Lulus.
stß has» Lulu·«", fllisterte et·
»Fuhre mck fort... sie soll nichts
erfahren . . .'· -
»Ja —- sie soll erfahren, wer die
rerratherische Kugel aus dem Hinter
halt mef Dick- ubschoßZ Hören Sie es
wol-I, mein Fräulein, es war ihr Va- ;
ter, welcher Harald niederschoß als-»
dieser ihn ersuchte, sich zu ers-eben . . . j
er ist der Mörder . . s
«Lulu, ich bitte Dich...« s
Mit einem essen Wimmern sank!
Henriette in die Knie und schlug dies
Hände vo: das Gesicht l
Yie Lmustelzende Menge begann eine
way-nor wtrutig unzuncqmcm »Es-zu
Mann haben sie erschesscn — jetzt be
schimpfen sie auch fein Weib und fei
ne Iochter... ah, die Kanaillen!'«
Drohend erhoben sich einige Fäuste;
einzelne Steine flogen in die Reif-en
der Soldaten.
»Lassen Sie das Seitengewehk auf-—
pflanzen, Sergeant«, befahl Lulu,
»und treiben Sie die Menge ausein
ander.«
Bei dem Klirren der Waffen ftob
die Menge schreiend und fluchend aus- «
einander. Der Weg war frei, der
Sergeant ließ den verwundeten Ge
fangenen nach dem Hospital bringen,
während Lulu Harald nach dessen
Wohnung brachte.
Mit unerwiidlichem Eifer pflegten
Madame Hauviller und Henriette den
fchwerverwundeten Gatten und Vater,
der im Garnifonslazarett unterge
bracht worden war. Man hätte ihn
auch in fein Haus bringen können,
denn an eine Flucht des Verwundeten
war nicht zu denken, fa, der Chefarzt
des Lazaretts, Oberstabsarzt Wintler,
bezeichnete die Wiederherstellung als
eine Unmöglichkeit Er wunderte sich,
daß Hauviller iiberäaupt nach vier
unt-zwanzig- Stunden noch lebte. Das
Gefckoß des Unteroifiziers Marien
hatte ihm Ist-Zielen und Brust durch
bohrt und die Lunge schwer verletzt.
Nur die überaus kräftige und zäye
Natur hauvillers vermochte dieser
Verwundung erfolqreichen Widerstand
zu leisten. Di-: Frage war nur« wie
lange dieser Widerstand dauern wür
de; wie lange die Kräfte vorhanden
waren, um die fortwährenden Fieber
schauest und Blutungen zu überwin
den. I .
Der Arzt zuckte die Schultern .EZ
tnnn mit einem Make vorüber fein«,
sagte er. »Es ann aber auch noch
einige Zeit währen, bis der Verwun
rete an Enthaltung stirbt. Unter
besonders günstigen Verhältnissen hat
man freilich auch beobachtet daß sol
che Lungenverletzungen heilen. Wir
werden sehen ——— jedenfalls ist die
größte Ruhe erforderlich. An eine
Vernehmung« des-I LTiernmndeten ists
um«- zu occur-I- ocuc Utccguug ulukz
vermieden werden«
So hoffien denn Utåctame Hauvils
ler und Hemirtte doch noch ihn am
Lean erhalten zu können. Eine von
ihnen saß ständig an seinem Lager;
von Zeit zu Zeit übernahm auch Julie
auf einige Stunden die Wache bei dem
Urantem aber Julie war zu lebhaft
sie war nicht zur Krankenpflegerin ge
schaffen, wenn sit sich such ehrlich be
nühte ihre Pflicht zu erfüllen.
Madame Haupiller litt schwer Uns;
ter dem Gedanken an die Verschwu
get: ihres Entteir. Sie war trotz ih
rer Heirath mit einem Franzosen eines
gute Deutsche geblieben und hatte ge-·
hofft. daß auch ihr Gatke sich mit der
«« « mit den neuen Verhältnissen aus
öhnen würd-» da ihn ja eigentlich«
ein innerliches Interesse nicht mehr
mit Frankreich verknüpfen konnte.
Dacht-ein dort das napoleonische Kai
seethum der Repubiit hatte Platz ma
chen müssen nnd Frankreich selbst das
nWische Regime, dessen über
zeugter Anhänger Hauviller gewesen
was, mit Schmach und Hohn über
schuttetr.
Fest sah Madame Hauoiller ihre
Hoffnung siit immer zerstört. Selbst
wenn ihr Gaite gesund würde-, er
blieb der Berbeecher an dem Deutsch
ihn-in, den eine harte Strafe erwar
tete. Eine Versöhnung war dadurch
volljkäudig ausgeschlossen-.
Meer jedoch akk« ihre Mutter
litt Henriette. Der Gedante, daß
Haralv es gewesen, welcher-die Gefan
genneczrnung und die schwere Verwun
vksng ihres Vaters herbeigeführt ver
folgte sie Tag und Nacht und zermars
ierte ivre Seele mii X.nriertriiglicher
Pein. Bald gianbke tie sich oon
share-to betrogen und.biniergangen
bald isrchte sie nach (Ir·:·.åschutdigungsi
igriinden iiik sein VII-halten Di
Licbe zuihxn und diezu ihrem Vater
tät-rasten einen schweren Kampf in
ihren Herzen, III-ne daß die eine oder
die andere den Sieg davontragen
tonit:e.
Julie, welche ibe Trost zxssprechen
wollte, erhielt nur ein traurige-J Lä
vcheln zur Antwort
»«-2iiies, trag- Du oreir sagen kannst.
sagte sie, verscheucht nicht den Ge
tanten, daß unter seinem Rommando
auf Smeinen armenVcter geschossen
«rourde.«
»Als-er Dir-weißt ia, daß es nicht
auf seinen Befehl, daß es wider seinen
Willen sogar gesckah—rend Du weißt
such. daß Dein Vater zuerst ans ihn
geschossen hnU
Henrieite senkte sag Haut-i und
entgegnete nichts. Sie vermochte
nicht-z zu erwidern, sie wußte nur, daß
ibr Leber-, ihr Glück und ihre Liebe
vernichtet waren.
»Du weißt aber noch nicht«, fuhr
Julie fort, »daß Harald ebenfalls
schwer krank darnieder liegt· Seine
Kopfwunde war doch schwerer, als
er anfangs atra-ist« das Geschoß bat
die Koofhant verletzt und es hat sich
eine iebr aeiiibrlicite Enteiinduna ein
pestest."
»Woh» weißt Du das so genau?«
Jucie erkötheie ,
»Man hat es mir eezatjie!«
»Wer? —- Ter Arzt-P« "
»J.1!« -—- entgegnete Julie zögernd,
denn sie mochte sexbit ihrer schmetter
lichen Freundin nicht gestehen, dass sie
noch immer mit Lientenant Kett-nd
i,olz zusammentraf, der ihr jene Nach
richte-i über Haraldås Befinden über
bracht hatte.
Wir können nichts weiter für ihn
thun, als für thn beten«, sagte Hen
riette traurig und resignirt.
»Oh, Du kannst nock etwas Ande
res- thun!« eies Julie.
»Und was?«
»Jhm ein Wort des Trostes, der
Verzeihung, der Liebe schreiben«
Niemals, ulie! —- Zwischen uns
besteht kein Hand mehr. Das Ge
schoß. das meines Vater Brust zer
riß, hat auch jenes Band zerrissen.«
»Nicht doch, Henriette. Es kann
noch Alles gut werden«
»Zp:ich nicht so Fiir mich ist Al
tes vorbeiX
Sie veriieß Julie um sich zu ihrem
Vater zu begeben. cie fand ihre
Mutter neben seinem Bette knieend
und seine Hand mit ihren Thriinen
inne-send
Hauvillers Gesicht war Bloß, wie
das einer Leiche; mit geschlossenen
Augen nur leise athmend, lag et re
gungslos da. Man hätte meinen sol
Ien, ee sei schon gestorben.
Mit einem leisen Schreckensruf eil
te Henrietie an seine Seite.
Da schlug ee die Augen langsam
aus, nnd ein Lächeln hnichte über seis
eingefallenes Gesicht, als er feine Toch
ter erkannte.
,,H-nriette, mein Kind«, siiisterte
er mit heiseeer verschkeierter Stimme.
,Jch danke Dir, daß auch Du gekom
men bist» . .vee!aßt mich nicht mehr
...es geht m Ende....'«
»O nicht doch —- lieber Vater....
der Arzt»
»Ich weis-: es besser, ols der Arzt
ommt oer Notar Liebe Frau?«
»Er ist bestellt.«
»Und der Geistliche?«
»Auch er wird kommen ...« ent
gegnete Madame Hauviller schmett
send.
»Wenn sie kommen, dann laßt mich
rnit ihnen· ollem Jch habe mein
Haus zu keitellen.·...fo lange wird
mir der liebe Gott trotzt noch Kraft
rec!eihen....ich danke Dir. meine
itebe Frau. und Dir. Henriette, tiir
alle Eure Liebe, die ich in schlecht ver
golten habe. Aber mein herz hatte
sich verhärtet weine Seele war ver
düstert.»jet3t iit es zu fpiit...aber
was in meinen Kräften steht, will ich
thun, um gut zu machen-Hen:iette,
mein Kind, Du liebst Herald . . .«
»Mein Vater, sprich nicht davonk-—
Jch denke nicht mehr an meine thörich
te Liede...ve«-zeih mir...'« ·
»Ich habe Dir nichts zu verzeihen,
mein Kin. Laß meinen Schatten
nicht zwischen Euch treten...det
Haß stirbt mit mir...laß die »Liebe«
Wein »berrichen werdet glücks
«Vatek, Vater, der Gedanke an
Dich würde mir keine Ruhe lassen!«
»Er soll es, mein Kind hr
sollt in Liebe meiner qsoentem nicht
in Haß. . . ich fees-ne Euch-...«
Einige Mast-www die auf seine
Lippen traten ersticken seine Worte.
’Er kämpfte Heftig mit einer seine
Brust bektenunenden Athemnoth. Die
beiden Frauen richteten ihn empor.
Die Beklemmung Ließ nach einiger
Zeit nach.
—
»Komm der Geistliche und der
Notar noch nicht?« fragte er mit
angiilichem Blick nach der Thiir
Jn diesem . Klugenillitt trat ein jun
Ier Afsiftenznth ein, welcher den Auf
sichtsdientt im Lazarett l;atte.
»Sie haben nach einem Notar und
einem Geistlichen verlangt«, sagte er.
»Die vbeiden Herren sind da."
»Ich bitte, sie eintreten zu lassen . .'
»Sind Sie auch kräftig genug,
Mmsieur Hauviller?«
»Ich deute, iiafz ich zu dem letzten
Geschäft auf Erden noch die Hirt-is
lsesrye'·, entgegnete dieser lächelnd
.J-ch bitte Zic, Herr Doktor. als
Zeuge meines letzten Willens hier zu
bleiben...Jve, meine Lieben enk
fernt Euch so lange-. Jst sollt in :
mir zufrieden niein boise ich" «
« Der Arzt entsprach deu: Wunsch
des Kranken Er fah, daß irdiiaie
Hilfe hier Zettel-eng tret, der Ver
tvundete würde die Nacht nicht mehr
überleben, tue seid-en des nahend-r
Todes waren auf seinem eingekille
.ier·i Gesicht ei: izzecrabeex
Fast zwei Stunden währte die Un
irrte-Jung des Stett-enden mit den
Notar und teut Geistlichen Ein vol
le«: teufgez Betenntnß seiner Sckulr
legte er ab, do. ..t ordnete ee seine Ver
mögensrerlziiltnisse, beichtete beim-Beist
lichen und eclnett die letzte Oelung und
die Absolution
Bei der Hi ert heiligen handlung
tnieten seine Frau Henriette und
Julie neben seinem Loger, ausgelöst
in Schmerz denn ausl- ihnen war es
nicht mehr zweifelhaft, daf: die letzte
Stunde nahte.
Als Heut-illa den letzten Seger
des Geistlichen empfangen, sant er
mit einem Seufzer der Erleichterun;
und einem tsertltirten Läcketn auf dem
okeichen Gesichte in oie stiften zurück
»Sol! ich bei Ihnen bleiben?«
fragte der Pfarrer, sich iiber ihr-.
beugend.
»Nein, nein Vater«, entgegnete des
Sterbende. »Ich danle Ihnen für
den himmlischen Trost. den Sie mir
gebracht, ich fühle mick leicht und
stei, die lthe Stunde möchte ich mit
den meinigen zusammen sein-«
Der Geistliche verbengte fis-tx, machte
das Zeichen ies Kreuzes über der
thirn des Kranken nnd entfernte sich
er e.
— Eine Weile kerrschte tiefes Schwei
gen in Dein Krankenzimmer, unter
brochen nur ron dem röchelnden
Nil-einholen des Sterbenden Auf
Anordnung des Arztes waren die
Fenster geöffnet und dE wilden,
Tsonimerlickzen Abendliifte konnten ber
J einwehen.
« Von dein Thurme der Kirchf klang
die Vesperaloclr. Der Abend senkte
sich nieder unt- die fernen Berge der
HBogesen erglühten im herrlichsten
Abendroth.
Frau Haut-älter ergifs die Hand
ihres Gatten und drückte einen leisen,
zärtlichen Kuß daraus.
Der Sterbende öffnete die Augen
und lächelte sie an. ,
» »Es ist alle-;- besorgt«, sliisterte er.
HTLeine nich:, meine Liebe....es ist
Ebessen dass ich sterbe, als-. rcsz ich
tehrlos weiter lebe es ist besser so,
tich iegue das Geschick, das mich ge
troffen. -— Versprich mir Gläse, ntein
Testament genau zu erfüllen . . .«
»Aber selbstverständlich Louis!
Doch wir wollen noch nicht daran
denken...«
»Ja deckt, wir wollen daran den
len. J ch habe mit der Weit abge
schlossen. Ihr werdet weinen letzten
Willen erfüllen, vielleicht macht Jhr
dadurch manches gut, was ich schlecht
gemacht habe. — Julie, tun-m her,
Jnein Kind . . . .«
Julie näherte sich dem Lager
,,Du hast mich retten wollen, mein
Kind —- lxaft mich ten geheimen
Cang geführt, dabei habe ich dann
eine Entdeckung gemacht....es war
tete dort jemand auf Dich.«'
Falte wier von Purpueglnth über
ge en.
.Mein theuter Onlel... ich weiß
nicht....«
»Wenn Du ihn lieb hast, Julie,
so sei unbesorgt unt Deine Zukunft.
Meinen Segen hast Du.t..rnein
Testament txtrd Die Las Weitere sa
k--. .
chs · - a - UllU IIIII IIIUJII UND-b ist-Ue
welilichen Dingen. Meine liebe Elise
.. . Henrietie gebt mir die Hand, laßt
uns zusammen beien.«
Die Frauen sanken an dem Lager
auf die Knie nieder nnd beteten leise,
während die Thränen ihnen über die
Wangen perlten. Ter Sterbenden
Hände hielten ihre Hände, seine
ugen waren auf das verglimmende
Abendroth gerichtet, feine Lippen bes
wegten sich leise, als flüsserien sie ein
Gebei.
So schlummern er lautlos, ohne
eine andere Bewegung. als das leichte
Erbeben, welch-s seine Glieder durch
irrie, hinüber.
Julie bemerkte zuerst fein itarrcs,
gebrochenes Asese und sprang empor-.
»Onlel...lieber Onlel!'« rief sie
bestürzt.
Da fah auch Frau Haubiller, daß
ihr Gotte estorben und ausser-leich
zend warf re sich über ihn.
Henrietie jedoch erhob sich anschei
nend ruhig und gefaßt. Sie legte
rie hand auf die Augen des Verstor
benen und sprach mit tiefer, liebender
S;imme:
»Schlummre sanft und ruhig, mein
Vater. Jch sühne, ibas Du in dein
Schmerz um Deinen Sohn geil-an.
Deine Schuld soll auch meine Schrle
sein, mein Vater...«.
-—-——-—
Lo. Kapitel.
D a s G e l ii hd
HUeherleien Sie sieh Jhren Ent
schlusz doch nvch einmal mein liebes
Kind«, sagte der greife Pfarrer zu
denriette, .-.!-:- er nach der Beerdigung
Lauvilters die Damen nach Hanf-.
begleitete. »Sie diirien nicht in ein
Kloster eintreten wenn Sie nicht die
straft in sich fühlen. ans alle Jhre
Wünsche irdisikee Natur zu verzich
ten. Tie Reise dürfte sonst nicht ans
bleiben und Ihre Ritte, Jhr Eli-et,
Jlre Zufriedenheit zerstören«
»Mein Entschluß ftebt sest, Hoch
niirden« e: tgegnete Henr ette, indem
ilsre Augen den Boden suchten nnd
eineleichteNI eihre Wonnen ist-via
Mich Eine-et tem Wnnin mehr an
die Wett, mein einziger Wunsch ist«
die Verfehknnren sneines Vaters,
unter denen er so schwer zu leiden
gehabt, durch ein frommes-, gotterge
Venes Lebe-s zu sühnen. Jn; habe es
car. seinem steif-eben netislst und ist:
werde mein Geläbde halte-L "
»Es ist ein sehr löbliwr Entschluß
von Ihnen, »reine Ieicht-: Aber ich
glaube, daß ei- nicht der Wunsch
Jhtes Vaters war. das-. Sie den
Schleier nehmen sollten.«
»Was- sisti im hier im Leben not-«
hegtnnean staate chriette leise-.
während ihr die Thriine" iiver die«
Wangen pert ten.
»Die Jugend vera: set die Enttäek
schungen kez Lebens rasch und neue
Wiinsche entkeimen dem jungen her
zen", sagte der Pfarrer ernst. »Sie
wollen siir die Verfehlungen Ihre-z
Vaters Siilme bieten, Sie wissen
aber-, daß er selbst schon gest-thut hat,
soweit es in sein-r Macht stand.
Allen jenen Urgliicklichem .die, due-h
ihn verleitet noch Frankreich gingen
und «’Bilicht verletzten hat er in
seinem Testament beieiiritlicbe Leoni
uisgesenh so Daß sie sich, wenn sie in
die Fremden-eitlen eingetreten Inw.
los-taufen nnd sich eine biirgerlii,e
Existenz grünte-n können. Jch«dente·
das ist eine edle Sühne.'«
»Sie ist aber nur äußerlich Herr
Piarrer.«
»Mein Kind, es Seht Ihnen nicht
zu, ein solch sparte-Z Urtheil zu fällen
Jhr armen Vater ist als gläubig-«
Christ gestorben. er hat im heiliqen
Saltamekt Vergehn-a seiner Sün
den gefunden, Gott iit barmherzig,
wollen Sie weniger barinkierzig sein.
als-« Gott?« -
»Ich bin weit davon entierni,
mein Vater«, cntgegnete Henriette er
schreckt. »Aber wac- soll ich hier noch?
--— Lassen Sie mich Ruhe und Frie
den in einem Kloster iinken.«
»Ruhe und Frieden wohnen auch
in einem stammen Herzen außerhalb
Tier Kloster-murren Doch ist es
wirklich Jlir fester Entschluß, den
Schleier zu nehmen, se toill ich mit
der Aebtissin des Klosters- zum hei
ligen Herzen Jesu in Naan sprechen.
Aber Präien Sie lieb stock-, einmal,"
meine Tochter, und sagen Sie mir
noch einmal Besiheid.«
Er legte segnend die Hand auf ihi
Haupt und entfernte fiel-. Henriette
be;.cb sich in ihr Zimmer und rang
in heißem Gebet um Muth und
Kraft.
Sie dachte nicht daran, Ehren Ent
schluß zu ändern. Der Gedante, den
Schleier zu nehmen, tsntte sich so ties
in ihre Seele gesetzt, daf: die Erinne
rung an ihre Liebe ihn nicht daran-:
vertreiben lsnntr. Sie gxaubte ja
nicht mehr an diese Liebe, sie hatte
Das Vertrauen zu dem Mann ihrer
Liebe verloren nnd zwischen ihn und
sich drängte sit die blutige Gestalt
ihres Vater-T die Schreckensszene an
jenem Abend, wo sie ihren Vater
blutiiberstriintt heimgebrccht hatten.
An demselben Tage, wo Harald
ihr Liebe geschworem wo sie ihm il;r
ganzes Herz eröffnet, wo ihr Vater
diese ihre Liebe gesegnet nnd die Bor
tehrungen zu ihrem Glück getroffen
nn demselben Tage stellte sicks Hat-rit
an die Spitze seiner Verfolgu, an
demselben Tage duldete er, daß einer
seiner Untergebenen aus ihren un
glücklichen Vater schoß! «
Diesen Gedanken wurde sie nicht
les-, und ein Abgrund öffnete sich vor
ihr, den sen-se ihre Lier nicht übe-l
kriicken konnte. l
Sie wollte sich seibst zum Opfer
bringen. Ihr Verzicht aus die We!i,
aus irdisches Giüct sollte die Sühne
sur all das Furchtbare bieten, das an
jenem Tage Feschehen war. Sie
schaudern davor zurück, dem Manne
die hand zu bieten, welcher ihrem
Vater mit ke: Wasse in der Hand
gegenüber gestanden; ter Gedanke
war ihr unerträglich ans dem Unter-—
gang ihres Vaters, aus dessen Tod
ihr Giiick zu begründen, und wenn
ihr Vater auch Haratd verziehen und
ihren Bund gesegnet, sie selbst ver
mochte nicht zu vergessen und zu vert
zeihen. Zu ties war ihr Schmerz, zu
grausam hatte das Schicksal in ihr
Glück eingegrissem sie glaubte nicht
daran, daß es noch einmal erstehen
könnte.
Tief sank ihr Hain-i aus die
trarnpshast gesalteten Hände herab.
Sie rang iin Gebet, ihre Jugend
striiubte sich gegen den Gedanken, daß
Alles verloren sein sollte und doch
sand sie nicht den Muth, sich zum
März zu neuer Hossnungs auszu
russen.
Ja, wenn sie sein könnte, wie
Julie! Diese würde das Schreckliche
re essen; diese würde des reichen
Er ö, weiches Henriettens Vaters ih
grvszmiithi hinterlassen, sich er
freuen. Eies würde auch den Ge
- ! .
siebten alilcklih machen, und bald
würde der d. srtle Schatten verschwin
den, der die lebten Ereignisse aus
ihren Lebenstreg eworsen
Julie nur gemi nicht schlecht; aber
sie konnte ttcht ange sieh schmerzlichen
Gedanken hingeben, sie betrauerte
ibsen Oheim aufrichtig, aber durch
die Trauer blinte doch gleich ejnem
Sonnenstrehl durch dunkles Gewölk,
das Lächeln der Oeffnung auf eine
glückliche, frohe Zukunft.
Dieser Gedanke war Henrietten ar
:omrnen, a! s.5 sie heute in der Kirche
bei dem Trauugottesdienlt den Blr d
l:e:ilies oexnertt hatte, mit dem diese
« Leutnant Krum olr " gleichsam
» . ngi ßt, ier ernst nnd theilnahthi
voll den- Gottesdienste begewohnt
hatte.
llnwillkiirlich hatte auch Henriette
iificr nack- ie ner Stelle erblickt wo de:
jlnae Offiziri stand. Da ichrat sie
shcftig zusammen und sant erbleichen»
.nieder. Denn neben dem Offizier
stand Hargltx blaß und abgemagert
durch die Itrantheit und mit einer
rothen Narbe eins der Stirn
Nur einen h’«'"kotnent trafen sich ihre
Augen. liirr tiefe Glut-) überflog
lein Gesicht, to daß die Narbe senkr
roth aufflnztnnte, ein furchtbares Mal
der entsetzlichen Vorgänge, welche ihre·
Herzen getrennt.
Dieses Feickxmal stand ihr auch
ietzt noch immer vor Augen. Es
n«.ahnte sie an das grausame Schick
sal, er mahnte sie an ihre zerstörte
Hbffnung, es ließ aber auch eine
Si Innre in ihrem Herzen erklingen
welch-s zu sei-sen Gunsten svrnch.
.Dieses Pf-uertnat hnre das Ges
sckwß ihres Vaters gszozrenk Ein
Zufall verhinderte es, das-, ihr Vate:
zxnu Mörder ward!
Sie sprang empor! Sie vermochte
rä— in dem engen Zimmer nicht aus
! Juli-er « s- Rinsvflftnft bepk
Mutter nnd Juliens vermochte sie nicht
zu ertragen. die schon fiel, wieder mit
res Leise-:- Ullltäglichen zu be
fckästigsn anfingen
tzvttistzuna ist-JU
W
Konstantin-pein- ,,saarchiflen«.
KonstantinopeL im Juli Mit sit
Kern und .:-et Zagen setze ich die Ueber
schrist hin; ich Junke, wie das Auge
des taiserliii ottornanischen Zensors
durchbohrend eins mir ruht-; ich ver
neisme, wie iekne vor Entriisiung bei
bende Stirn-ne mir znzischeit· »Hei-Irr
Anarchisten wollen Sie schreiben!?
Ueber Anarchisten in KonstantinopelZ
Aber eg gibt doch teine hier! Jch be
greiie nicht, wie Sie aus die Jdee
tommen. . .. Was? .... Jch sage Ih
nen nochmals, es gibt keine, es darf
keine geben, das ist dochallgemein be
tannt. Und wenn es doch welche ge
ben sollte, dann darf man nicht davon
sprechen, nicht über sie schreiben. Will
man aber über sie schreiben — wohl
verstanden, ganz im allgemeinen, zum
Beispiel über ihr Auftreten in Nuß
land oder in Italien, in Spanien,
dann darf man sdennoch nicht von
Anarchisten reden, sondern muß ihnen
einen anderen Namen geben —- nennen
Sie sie meinetwegen Answiegler, Um
stiirzler, aber Anarchisten -— niemals!
Denn ich wiederhole es Ihnen, es gibt
hier keine! Wie sollte es auch hier wel
che geben? Wir leben doch in einem
Lande mit geordneten Zuständen, un
ter den Augen einer Polizei« der nichts
verborgen bleibt, die den Rus der best
Irganisirten der Welt hat. unter dein
milden und gerechten Szepter eines er
leuchteten Herrschers — wie sollte es
hier Anarchisten geben i«
Woraus ich dem Herrn ehrerbietig
antworten Asde, daß ich mir, so leid
es mir tbut,. erlauben muß, darüber
anderer Meinung ufein daß ich aber
ganz sicher bin, das er, wenn er später
lesen wird, was ich geschrieben habe,
mir selber recht geben wird. Es kommt
nämlich, würde ich noch ehrerbietiger
belehren, nur daraus an, was man un
ter Anarchist versteht, und wen man
mit dem Namen belegt. So würde ich
znsn Beispiel einen Beamten, der seine
Entlassung einreicht, weil er seit eini
aen Monaten kein Gehalt bekommen
hat, noch nicht Anarchist nennen; auch
scheint mir, ist ein ehrsamer Bürger,
der sich einem hochgestellten Nachbarn
gegenüber bei der Grundstücksabgrew
zung ungeiällig zeigt, noch lange nicht
Anarchist; selbst einem armen Bauern,
»der sich.weigert, die Steuern zu bezah
slen, weil er keinen Para sein eigen
snennt, würde ich ebenfalls nicht diese
Bezeichnung geben. Dafür aber will sie
mir vollständig- zutreffend erscheinen
für die liebenswürdigen hilfsbereiten
kMitglieder unseres städtischen Gemein
,wesens, die wir hierzulande »Hamals«
nennen, also die Angehörigen jener
mächtigen Zunft, in deren banden das
wohl und Wehe unseres Eigenthums
beim »sieben« liegt. einer Art »Rück
lompagnie« mit dem Unterschied, dasz
die Damals bei ihrem Wert das Licht
des Tages nicht scheuen. Jm Gegen
ttzeili Sie arbeiten nur am Tage und
machen dabei Lärm genug, um die
sämmtlichen Hunde des Quartiers in
Ausrubr zu bringen, und verfahren so
selbstherrlich und riielsichtslos, daß alle
guten Christenmenschen der Nachbar
schaft sich fromm belteugigen und ih
rem herrgott danken, daß sie nicht um
ziehen müssen. Wenn eines Tages,
»sriihmorgens, elf die Hähne lräh’n«,
das auielende Knarren schlecht ge
schmierter hölzerner Achsen und Deich
seln, das dumpfe Rollen schwersälliger
Karten und das helle Klirren eisenbe
schlagener Biifselbuse durch die Stille
I
—. « .
«der erwachenden Straße schallen, dann
sagt man sich mit leisem Schauder:
»Da »zieht« schon wieder eine amilie;
Gott sei dani, daß wir's ni t find«,
und legt sich behaglich sausö andere
Ohr.
Gerade ieht wieder ist das »Ziehen«
an der Tagesordnung; denn die Som
mersaison hat eingesetzt, und man zieht
in die Sommerfrischen am Boshorus
oder Marmarameer, was bei den hie
sigen Verhältnissen schließlich ebenso
umständlich ist, als gülte es einen doll
stiindigenllinzug mit einer gesammten
Habe in eine anderes tadt. Zunächst
heißt es da, sich« der wohlwollenden
Mitwirkung des Herrn »Rayonchess«
der Damals des betreffendenQuartiers
zu versicheru, ohne die ein Umzug un
möglich ist. Mit diesem hochbermögen
den Mann verhandelt man zunächst
über den Tag, an dem man zu »ziehen«
gedenkt — die Stunde bestimmt selbst
verständlich er souverän-—, dann über
die Anzahl der Karten und der zu
stellenden Damals und schließlich über
den Preis. Was: verhandeln, sagte ich,
über den Preis? Das ist ein unver
lzeihlicher Euphemismus; man erklärt
ssich einfach unter Dankes- undFreund
sschaftsbezeugungen mit dem geforder
; ienPreiS einverstanden, denn thut man
les nicht« setzt sich aufs hohe Pferd oder
’trol:t gar xnit der Polizei, dann thiste
fman besser, seinen Hals mit dem be
kannten Mühlstein in Verbindung zu
bringen.
Nachdem also diese wichtigen Prä
liminarien erledigt sind, geht man
schleunigst an’s Einpacken und harrt
dann der Ankunft der Karten und ha
malQ. die sich, wie schon angedeutet, ge
wöbniich in aller Frühe einstellen.
Selbstverständlich hat man vor Auf
regung die Nacht nicht ruhig geschla
fen. Man ist schon lange vor«n: Ein
tressen aus den Beinen und bat sich
an’s Fenster gestellt, unt die Büffel ja
nicht warten zu lassen. Man schaut
durch die geöffneten Scheiben, reibt
sich die Augen und erblickt zu seiner
großen Verwunderung an den Stra
ßenecken«in einer gewissen Entfernung
Leute postårt. die man nnschncer ali—
Schildwachen der Zunft ertennt, be
auftragt mit der Ueberwachung des
Schlachtfeldes, um etwaigen Zuzug
aus anderen Quartieren eventuell mit
Gewalt zu verhindern, « den man ja,
wenn man auch anscheinend mit dem
Oberhammel« in Frieden und Ein
tracht geschieden ist, doch hätte hinter
rücks vereinbaren tönnen. Man sieht,
man ist den Herren, die ein unantast
bares Privileg fiir ihr Quartier bean
spruchen, auf Gnade undilngnade aus
geiiesert! Schließlich langen die Büs
scltarren und die Hamals an, und das
Verladen beginnt. Himmel, welch ein
Berladen! Nicht ein Verladen, ein
Zerbrechen ists zu nennen. Rücksicht
wird weder aus Größe, Schwere, Kost
barteit oderZerbrechlichteit genommen:
zehn, zwölf nervige Fäuste pacten zu
nnd thürtncu trachcnd und splitternd
Schränle auf Körbr. Korbe auf Spie
gel; ja, nickt imhöufig passirtes, das;
ein altersschwacher Wagen unter dem
vereinten Gewicht von Menschen und
Möbeln zusammenbricht, und alles auf
das Pflaster stürzt Von Glück kann
man sagen, wer mehr als die Hälfte
seiner Habe am Bestimmungsort heil
anlangen sieht Jede Verantwortung
für Verluste oder sonstige Schädigung
Hdurch Bruch usw. lehnt die Zunft
grundsätzlich ad, und nie ist einer die
ser Gentlemen gerichtlich zu fassen,
denn einezibcils halten sie, das must
ihnen der Neid lassen, zusammen wie
die Brüder der MafiJ, learn nie Zeug
nis wider einander ab, und dann fin
det sich auch nicht so leicht ein einheimi
fches Gericht, das es wagen würde, ei
nen Hamat wegen eines solchen Verge
; hens zu bestrafen. Denn die Zunft de
siyt thaciiichlrch uralte Privilegien, die
xihr in diesem Lande des eingefleischte
sten Konservatismus eine Sonderint
lung außerhalb der Landesgesetze ver
schafft und ihre Mitglieder zu mehr
oder we ger gefärchteten Angehörigen
des städaiischen Gemeinwesens gemacht
haben. Die meisten Damals gehören,
nebenbei gesagt, auch dem Fort-s der ""
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und schlimmeren Verbrechen geneigten
freiwilligen Spritzenleutem die ihret
seits auch wieder eine privilegirte
Kasse bilden, an deren Gerechtsamen
man nicht zu riitteln wagt. So stehen
und stellen sich die Hamals tatsächlich
außerhalb der Gesetze, sind also Anor
chisten —- was zu beweisen war-E
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Von fremden Jrrthiimern lernen
wir mehr, als oon eigenen, weil wtf
eher an sie glauben. «
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»Sie sollten etwas sür die Löcher
in diesem Käse vergüten,« sagte die -
schneivige junge Hausfrau, als ihr der,
Grocer das halbe Pfund Schweizer- -
einpackte. —- »Mit Vergnügen« ant
wortete er, »ich vergüte Ihnen einen «
Cent pro Stück, wenn Sie die Löcher
herausgeschiilt und ohne Käsering «
«darum zurückbringen.« ,
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Ein Trost ist bei diesen hohen Eis- ·
preisen: »Cold Storage« ist so tost
spielig, daß kein Profit mehr darin ist, ;
oerdorbene Waren im Kühlraum aus-: .
zubewahren. »
se si- Vk »
Wer da glaubt, das-, die russis I
Revolution eingeschlasen sei, wir
troydem wohl daran tun, wenn er ihrs-;
nicht näher seht, um ihr dk Fliequ
ahzuwehrep. «