Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 03, 1906, Sweiter Theil., Image 15

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    Ahnungen.
Von Theobald nöthig
Der- Glaube, daß es ein Borgefühl
künftiger Dinge gebe, ist alt; er wurde
von den Held-zuzeiten her den Völkern
überliefert. Schon der berühmte römi
iche Redner nnd Schriftsteller Cicero
schrieb eine gelehrte Abhandlung über
das Ahnung-vermögen und nannte es
eine herrliche Gabe, durch welche die
sterbliche Natur der Götterkraft lehr
nahe kommt. Karl v. Haltet erzählt
davon in dem zweiten Bande »Ck)ar
pie« eine wahre Geschich5. und leitet
sie mit der treffenden Bemerkung ein:
»Das 5ogenannte »zweite Gesicht«
ward nicht allein hochromantischen
Schotten verliehen. Auch andere Men
fchen in ganz gewöhnlichen Lebensver
hiiltnissen erblicken bisweilen Vor
gänge. Ereignisse, Personen oder wäh
nen sie zu erblicken, die noch fern sind,
die sich als »Ahnungen« antiindigen,
aber nicht als duntle Ahnungen, nicht
als jene—auftauchenden Gedanken nnd
Gefühle, welche gar leicht, mögen sie
heitere oder traurige Dinge vorherfa
gen, die folgerichtigen Ergebnisse einer
unbewußt wirkenden Verstandesthötig
krit, einer konsequentem auf Erfah
rung beruhenden, unwillkürlich ver
gleichenden Berechnung fein lönnen ——
nein, wirkliche Erscheinungen! Bism
nen! Und nicht im Halbschlummer,
nicht im nächtlichen Dunkel, nicht in
niedergefchlagenen oder erregten Ge
müthsstimmungem nein, bei kaltem
Blute, vollkommener Ruhe, mitten im
Laufe alltäglichen Daseins! Die mei
ften Menschen achten nicht aus solche
Sachen, wenigstens nicht, ohne daß
irgend eine aufsallende Begebenheit sie
stutzig gemacht hatte· Wer aber dar
auf achten will, wird häufig Gelegen
heit finden. sich zu verwundern. Viele
Denker und Dichter suchten diese
dunkle Eigenschaft der menschlichen
Seele mit der Fackel der Wissenschaft
von neuem zu beleuchten. Jch gehörte
zu den ilngkäubigen Aber ein Erleb
niß in dem denkwiirdigen Jahre 1870
bekehrte mich zu der Anschauung
Goethes: »So viel ist wohl gewiß,
daß in besonderen Zuständen die Fühl
siiden unserer Seele über ihre körper
kichen Grenzen hinausreichen könnten
und ihr ein Borgefiihl, ja anch ein
wirklicher Blick in die nächste Zukunft
gestattet ist.«
Am Ti. Dezember erhielt die 18. Di
vision, der damals unser schlefischeg
GrenadieriRegiment No. ll zugetheilt
war, den ehrenvolle-n Auftrag, gegen
die Mitte der feindlichen Stellung vor
zuaehen und Orleans wieder zu neh
men. Nach den wiederholten lräftigen
Angriffen der Loire-Armee, die am
28. November unser linler Flügel, das
10. Korps und die 5 Division, bei
Beaune la Rolande, am I. und 2. De
zember unser rechter Flügel, oag 1.
bayerische Korpz im Verein mit der
17. und der 22. Division, bei Ville
pion und Loigny-Poupry siegreich zu
rückgewiesen hatte, wußten wir, das-,
wir auf einen an Zahl bedeutend über
legenen Gegner stoßen würden. Der
Tag war hell und talt. Jn der ver
gangenen Nacht hatte ein fcharfer
Nordost den Himmel wollenrein ac
fegt. Die uns gegenüberstehenden star
ken, dunkeln Heeregsäuten zeichneten
sich auf der weißen Schneeflciche tlar
ab. Um 9 Uhr traf unser Regiment
bei Cbateau Gaillard ein und wartete,
bis sich hier die ganze Division sam
melte. Jn mischen feierten Offiziere
und Mannfchaften der verschiedenen
Bataillone ein frohes Wiedersehen
Unter anderen begrüßte mich mein lie
ber Freund und Landsmann Leut
nant M. Er hatte mir viel zu erziih
len. Seit der Uebergabe von Metz wa
ren wir einander nicht mehr begegnet
Am Schluß unserer Unterhaltung zog
er aus seiner Manteltasche eine Brief
hiille und überreichte sie mir mit den
Worten: »Sieh hier meine letzte
Freude!« Der rotenfarbiae.llniiit,iaa
enthielt ein anmuthiges Familienisiid
Um den fernen, zärtlich geliebt-tu Nat
ten zu überraschen, hatte die junae
Frau meines Freundes fich und ihr
liebliches Kinderpaar photographiren
lassen. Jch fand das Photograinni
sehr ähnlich, gab es dankend zuriirt
und fragte M·: »Warum sollte das
Deine letzte Freude sein?« Er er
widerte ernst: »Ich werde meine Lie
ben nicht mehr wiedersehen. Mir
träumte jüngst, ich läge leblos, itarr
ausgestreckt aus einein großen, weißen
Laken. Heute friih hatte ich bei offe
nen Augen dieselbe unheimliche Er
scheinung.«——Jch versuchte zu scherzen:
»Mensch, wie kommst Du zu solchen
ruseligen Gedankens-Du warst doch
« onst tein TrübetimpeL Liebsten laß
« Dich nicht auf-lachen und nimm einen
Schluck aus meiner Fidgnakslaiche!
Deine Vision bedeutet nur, daf; Tu
nächstens nicht mehr aus hartem
«—-z Stroh, sondern in einem reinen, seinen
ett schlafen und wie ein Bär schnar
n wirst!'« —- M. lächelte wehmiithig
; und drückte mir zum Lebewohl warm
die Hand. Das Kommandm »An«die
Gewehr-et« trennte uns. Wir eilten zu
Yo fegen Kompagniem Gewehr in die
n .
Mit lauter, metallener Stimme ver
ndeten unsere Batterien den Beginn
- S lebten, zweitiigigem blutigen Nin
ens um DrleaneL Jm ersten Ansturm
"J mber bei einer gewaltsamen Erinn
ng kennen elernt. Unsere Korn
gnie verke eb die Befatzung des
Bahnhofs, machte vieles Göfangene und
stellte sich dann zur Beobachtung bei
einer dahinter liegenden Windmühle
auf. Bald zeigten sich über uns die
von Metz her wohlbekannten, weißen
Rauchwöllchen der in hohem Bogen
geworfenen, in der Luft zerspringen
den französischen Schrapnells. Glück
licherweife fügten fie uns keinen Scha
den zu, trafen aber wiederholt eine
Vor uns haltend-en Schwadron der
Ohlauifclren Htifaren. Wir bewun
rerten die musterhafte Haltung der
Iruppr. Ein turzes Aufbäumen der
getroffenen Pferde, ein Komme-noch
eine Schwentung nach rechts oder
links, um das Fortichaffen der Ver
wundeien zu ermöglichen, nnd dann
wieder Richtung und Ruhe wie zuvor.
Plötzlich jagte der Adjutant der
Gcneraltommando9, Hauptmann v.
L., heran. Er überbrachte uns- den
Befehl, sogleich zur Deckung der Ar
tillerie nach Chcteau Auvilliers vor
zuriickeu. Bei einein feindltchen Rück
ston waren die dort aufgefahrenen
sieben Batterien gefährdet. Kaum
hatten wir das Von einem Parl und
Wirthschaftheböuden umgekene
Schloß zur Vertheidigung eingerich
tet. so sprengte unser heldenmiithiaer
Führer Prinz Friedrich Karl mit sei
tsem Stab-schief General v. Stichle in
den Hof. Er fragte, ob man vom
Schloßthurm aus«- das Gefecht-Held
uberschauen könne. Oben-Zieh ich dies
verneinte, befahl er mir doch. ihn
l:inaufzubegleiten. Bald lehrte er
unverrichteter Sache zuriick nnd ritt
mit seinem Gefolge von dannen. Der
auf dem Gelände lagernde dichte Pul
verdampf oerhinderte jede Aussicht.
Trotzdem war die Besteigung des
Thurmes nicht erfolglos-. Jch entdeckte
dabei eineBodenlammer voll löstlicher
Aepfel. Jn Ermangelung des Mit
tagessens war uns dieser meiß sehr
willkommen. Der schmackhafte Fund
reizte mich, auch in den anderen äu
inen Umschau nach eßbaren Gegen
ständen zu halten. Jn dem zu ebener
Erde gelegenen Speifesaal bot sich
mir ein eigenartiger, unvergeßlicher
Anblick. Tod und Leben! Aufeinem
Smyrnateppich gebettet lag unter dein
langen, eichenen Eßtisch ein todterx
Hufan Jhm zu Füßen spielte ein etwa
dreijähriger, bildhiibscher, blonder
Knabe mit der Säbeltaiche des Gefal
lenen. Ein der Kinderhand entfallener
Brief trug die Auffchrift: An Herrn
Hufar Glogerl
Jndessen hatten unsere Kameraden
nach hartem Kampfe Moulin Auvils
lierg erobert. Die Batterien rückten
vor und leschosfen den nach La Croixi
Llriquet zurückweichenden Feind. Nach
der Erstiirmung dieses Ortes setzte die
l)ereinbreel,enile Nacht dem weiteren
Vordringerr der 18.Division ein Ziel.
Wir bofften," m Schloß Auvilliers
über Nacht zu bleiben und dort ein
reautrirtes Rind zum Abendbrod z:.
verzehren. Jedoch unser Divisiong
lommandeur, der sich auch hier ein
anartiert«:, dachte darüber anders. Um
S Uhr löste uns ein Bataillon Hessen
ad und setzte sich in unser warmes
Nest. Wir aber mußten hinaus in dir
iinstere Nacht nnd unser Bataillon
.1nfsuct,en. Wo dies steckte, konnte un
lein Adjutant sagen. Noch dunkler
wurde unser Weg durch ein heilige-I
Echneetreikem Nur ’ ein brennendes
Dorf diente uns als ferner Leucht
1l)urm. Auf gut Glück marschirlen wir
irnerseldeinsoarauf los-.
Nach einer Stunde erreichten wir
die große Laterne. Sie hieß La Croir
Briquet Der tleine Ort beherbergte
nicht nur das erste und das dritte Ba
taillon unseres Neainients, fondern
fast die ganze Division. Als wir uns
crei dem Regimentslommandeur, dein
Oberstleutnant v; sil· meldeten, sprach
er sein Bedauern über den beschwer
lichen nächtlichen Marsch aus. Das
Gute lag für uns so nah. Unser Ba
taillon war in Artenan als Ehren
nsarbe leim Prinzen Friedrich Karl
geblieben. Außerdem erfuhr ich,dasz
zu den Opfern des Sieges auch mein
Freund M. gehöre. Seine Ahnung
erfüllte sich. Bei der Erstijrmuna
donIMoulin Auvillkers hatte den sei
ner Kompagnie kühn Voranreitenden
ein Herzscbuß aufs Schneefeld ge
streckt-— Die Nachricht erschütterte
mich tief. Allein die Pflicht drängte
mit eiserner Faust die Traurigkeit zu
rück. Jetzt galt es für die Lebenden
fiir nikine im Schnee lagernd-: Kom
lsignie, zu sorgen. Wir versuchten
zunächst uns an den brennend-en Ge
bäuden zu wärmen und zu trocknen,
ater bald forderte die Natur ihr
Recht. Einzelne Leute santen vor
Müdigkeit und Hunger am Straßen
rand nieder. Alle Bemühungen, in
dem mit Truppen überfüllten Dorf
ein schützendes Dach zu finden, waren
vergeblich. Sogar jeder Schwein
tatt irar belegt. Jch betrat ein Haus,
dessen Stille mir auffiel, verließ es
jedoch sogleich wieder. Es war voll
fchmerverwundeter Franzosen. An
der Thiir dem Kamin gegenüber lag
ein sterbender Kanonier, dern ein
Granatsplitter den Leib ausgerissen
hatte. Auf dein Rückwege begegnete
mir eine Sanitätskolonnr. Jch führte
sie zu jener Höhle des Grauens und
cuartierte nach ihrer Räumung- meine
Ftompagnie dort ein. Die Kranken
träger hatten kurzen Prozeß gemacht
und vier inzwischen Verstorbene mit
ten in den Hof gelegt. Als wir dort
untere Kochfeuer anziindeten, rief die
grellflackernde Flamme den gespensti
ickssn Eindruck hervor, als ob die Lei
alen lebten. Ich ließ sie hinter einen
nahen Sciober tragen und mit Stroh
zudecken· Nachdem wir unser endlich
weich gewordenes Rindfleich ver-speist
halten, legten wir uns auf der sehr
oberflächlich gereinigten Stubendiele
zur Ruhe nieder. Der Zufall fügte
es, daß mir mein Strohlager auf der
selben Stelle bereitet wurde, wo lurz
zuvor der Sterbende mich angestarrt
hatte. Mi überschlich ein leichter
Schauer, d ch bald wurde ich der
Schwäche gern Warum sollte mir
bangen? es Krieges harte Schule
lehrte täglich: Das Leben ist der Gü-!
ter höchstes nicht! l
«Das tiefe Atbmen der schlummern
den Kameraden und der gleichmäßige;
Pendelschlag einer Uhr beruhigtenH
meine Nerven. Jch gedachte dzs heutel
gebliebenen heldenhaften Freundes»
ich erinnerte mich an den ,,letztenTrost« i
Hörner-J: »Frei woll’n wir das Vater- !
land wiederseh’n oder frei zu den ;
glücklichen Vätern gel)’n! Ja, glücklichl
und frei sind die Todtenl« Die Tod
ten---«tick——tack—ticl. Der Schlaf liber
mannte mich. Plötzlich spürte ich einen
eisigen Hauch. Jch sah das von f
Schmerz verzerrte Antlitz des Artille I
risten vor mir. Er lniete auf meiner
Brust und« preßte meine Kehle. Jch
strebte- mit all’ meiner Kraft, die
furchtbare Last abzuwälzen. Umsonst,
die tnöchernen, pulvergefchwärzten
Finger trallten sich immer tiefer in’s
Fleisch. Jch röchelte laut und erwachte. i
Die auf dem Kamin stehende Stutzuhr :
schlug eins. Kalter Schweiß stand mir T
auf der Stirn. Der Alp hatte mich ge- i
drückt. Mit einem Ruck richtete ich mich !
auf und lächelte. Der schöne Vers»
Friedrich Hebbels fiel mir ein: l
»Den bängsten Traum begleitet
Ein heimliches Gefühl.
Daß alles nichts bedeutet,
Und wär’ uns noch so schwül.
Da spielt in unser Weinen
Ein Lächeln hold hinein,
Ich aber möchte meinen,
So sollt« es immer sein«.
Aber auch dieser Traum wurde
wahr. Bevor der Tag sich neigte,
wurde ich von der Hand des Todes
hart gestreift· Bei dem Sturm aus
eine Barrikade verwundeten mich meh
rene Schüsse an Arm und Fuß. Die
Schlacht von Orleang war mein letz
ter Waffengang.«
Der große Gewinn.
Berliner Slizäe von J u l i u s
K n o p s.
Athmlos kam Karl Ebeling unt 7
Uhr-, vor Geschäftsschluß schon, nach
Hause. Er schnappte nach Lust, ver
suchte zu sprechen, konnte aber nur ein
paar abgebrochene Worte hervor-gur
geln. Dafür schwang er triumphi
rend ein Zeitunggblatt in der Hand,
umfaßte seine Frau und drehte sie ei
nige Male um ihre Are, bis fie, von
einein leichten Schwindelanfall ergrif
fen, ihm einen so derben Stoß gab,
daß er zurücktaumelte. Dann fragte
sie zärtlich. ob er verrückt geworden
sei. Er schüttelte den schon leicht er
grauten Kopf: ,,Nee, nich ganz· Denky
Dir ’n1al, Mutter, Frau — na, kannst
Du Dir denn jarnich drittens-«
»Was soll ich mir denten?« fragte
sie. »Ich denke mir nur, daß Du ent
weder einen über’n Durscht jetrunten
hast, oder daß Dir irgendwo-Z zu Kopf
gestiegen is .«
»Richtig!« bestätigte er. »Natürlich
ist mir was zu Kopf gestiegen. Und
weißt Du was? Na, Du wirst schöne
Augen machen. Also höre, jewonnen
haben wir. Hier in der Abendzeitung
stehi’s, und der Cigarrenhändler, bei
dem ich das Zwanzigstel der.preu’schen
Klassenlotterie mitspiele, hat’5 mir be
stätigt; rund achttausend Mark kom
men aus unsern Theil. Verstehfte?«
»Ist das auch richtig?« fragte seine
bessere Hälfte zweifelnd
»Richtig, wie ich.«
Sie sah ihn kritisch an. »Na, ob
es mit Dir janz richtig is—?-!« Noch
einmal musterte sie ihn, unt-sich zu
überzeugen, daß er nicht angesiiuselt
sei, dann sagte sie kühl: »Nu, setz’ Dir
man.« -
Gehorsam ließ er sich aus dem Le
dersopha nieder, dein Brachtstiickihrcr
Einrichtung, das sie erst kürzlich ndie
der hatten neu über-ziehen lassen. Frau
Ebeling schloß die Rommode auf, ent
nahm ihr ein lleine5, geschnitzteg Holz
lästchen, das ihre sämmtlichen Werth
gegenstande barg, goldene Brosche,
einen Siegelring und ihr silberne-H
Koitsirmationslreuz, und holte sang
dem Kästchen das bewußte-Lotterie
loos hervor. Dann verglich sie die
Nummern sorgfältig mit der Zie
hungsliste des Zeitungsblattes. Nun
verklärten sich auch ihre Züge.
..Stimmt, Karl, wir haben jetvon
nen.«
Er triumphirte. »Na, siehste, wie
steh’ ich nu da? Bin ich nich ein tüchL
tiger Kerl?« Aufs Neue überlam ihn
der Glücksiibermuth, und er liiszte die
Gefährtin seiner Tage trästig ab.
Dann jubelte er: »Na gebe ich aber
meine Stellung aus und nmch’ mir
selbstständig«
Die energische Frau, die so llug den
Pantossel zu schwingen verstand, schiit
telte den Kopf: »Nein» Karl, das
wirst Du nich thun! Wo Du nu bald
dreiundzwanzig Jahre in dem Geschäft
als Hausdienet thätig bist und in zwei
Jahren Dein Jubiläum feierst. Du
wirst doch Deinen Chess nich die drei
hundert Marl schenken, die sie Euch
dann jeden, wenn Jhr nich lieber ’ne
ioldene, Uhr und Kette haben wollt!
Karl, sei lei Dusselll Du bleibst in
Stellung-«
« Dem Mann leuchteten ihre Gründe
ein. »Du hast Recht, Mutter.« Dann
überlegt er einen Augenblick; er hatte
etwas Neues gefunden, was er sich zur
Feier des Lotteriegewinnstes angedei
hen lassen wollte. »Mutter,« meinte
er, »dann mache ich wenigstens acht
Tage blau.«
Wieder rieth sie ab. »Was willste
denn anfangen bei dem schlechten Wet
ter, wo es alle Tage regnet! Willste
in der Kneipe sitzen und das schöne
Geld veraufen und Dein bischen Ver
stand dazu?«
Er erschrak. »Na ne, wo ich so we
nig vertragen kann. Aber etwas muß
man doch anfangen, wenn man so viel
Geld jewonnen hat. Aber was?« Er
grübelte eine Weile und sprach: ,,Weisz
der Deixel, es ist wirklich schwer, Geld
gis eine vernünftige Weise auszuge
n.«
Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Mut
ter, ich hab’s! Wir kaufen Dir ein
seidene-s Kleid und mir ’ne neue
Kluft.«
Frau Ebeling dachte nach; ein sei
denes Kleid-nicht übel. Aber schließ
lich jagte sie auch diesen schönen Ge
danken ihrem Manne aus dem Köpf
heraus. ,,Sieh’ mal, Karl,« sagte sie
bedenklich, »was- soll ’ne Hausdieners
seau mit ’n seidenes Kleid? Die Be
kannten würden denken, ich bin me
schugge geworden, und ich würde mir
nich ’mal wohl fühlen in de seidene
Kledasche Aber hinjegen den neuen
Anng für Dich— schön, machen wir,
soliste haben.«
Nun war es jedoch an dein Mann,
sich Von der vernünftigen Seite zu
zeigen.
»Wenn Du kein neues Kleid haben
willst ——— ich brauche eigentlich auch kei:
nett neuen Anzug, wo ich mir kürzlich
erst einen sehr schönen für fünfund
dreißig Mark jetauft habe. Er hängt
schließlich bloß im Spinde und de
Fiktiotten kommen rein und zerfressen
: 1·«n.«
; Die Kostümfrage war damit abge
s than.
Karl Ebeling war mit feinen Vor
schlägen zu Rande, sein Jdeenvorrath
war total erschöpft; er wußte in der«
That nicht mehr, woran man sich zur
Feier des glücklichen Ereignisses gilt
litks thun konnte. Vergebens zumar
terte er fein Hirn.
Aber nein, da fiel ihm ’was Feinegz
ein. Seine sämmtlichen Freunde vom
lifeifdnllub einladen und bewirthen
—---« das- gab einen Hauptspaß. Seine
Frau war sprachlos, als er mit die
fcm Gedanken herauf-rückte, indes;
schnell faßte sie sich.
»Nimm mir’g nicht übel, Karl,Du
bijt ein großer Duinmlonf. Deine
Freunde einladcn —— das wäre so un
politisch wie irgend möglich; eine di
rette Eselei wär’5. Eine große Futte
rei geben, damit die ganze Welt er
fährt, daß wir in de Lotterie jeman
uen haben, und Deine Herren Prinzi
piiler sich sagen: Na, wenn der Karl
Eteling so ville Jeld in de preu’sclic
Klassenlotterie jewonnen hat, dann
brauchen wir ihm keine Zulage mehr
zu geben; der hat’«g nich nöthig. Ne,
r.e, Karl, Du bist ja ’n guter Mensch,
aber das Pulver hättste nich erfun
den, und wenn Du tausend Jahre alt
jeworden wärst. Nu werde ich Dir
Z tnal ’was sagen. Wir setzen uns jetzt
YDiedHiite aus und jelsen in die Kneipe
»Ein —«
»Du, das is ’ne seine Idee!« fiel
er ihr in’·S Wort. »Wird sofort aus-:
geführt! Jck binde mir meine weisze
Strawatte vor, nnd dann gehn wir
in’s Weinrestanrant und sausen Seit
nnd essen Austern.«
»Quatschtopp!« Frau Ebeling war
ernstlich böse. »Vater,« lenkte sie ein«
san-. den Kraftausdrncl abzuschwäctnn,
»Du wirst auch nie kan werden. Wir
nassen nich in ein seines Restaurant
da sind wir nn wieder nich nobel ge
nug angezogen. Mir würde vor las-i
ter Genirlichkeit das Essen nich
schmecken. Nein, Karl, wag ich wilt,
tus- iL«, wir sehen bei Spiesesen in die
Zkrdite, wo Du Sonnabendakendinr
mer Deinen Slat tlopst, nnd da ma
chen wiss uns gemiithlich nnd essen
unsere Lichlinggspeisa die Delitatesse
von jeder Saison, Eigbein mitSauei—
kohl. Und trinken dazu ’ne große
Weiße mit ·ner Strippe. Siehstc,
Karl, das paßt for nns.«
»Na, wennste witlst,« gab Edeling
nach, trotzdem ihm die Sache nicht
einleuchtend erschien. »Ich bin kein
Spielverderber nich, trotzdem wir ans
diese Weise von dem janzen Kitt, den
n:ir iewonnen haben, nischt Beson
deres haben thnn.«
Frau Ebeling streichelte ihrem
Manne zärtlich die Backen nnd gab
ihm einen Kuß. »Ach, Karl,« belehrte
sie ihn, ,,wie tannst Du nur so nn
dantbar fegen das Gliict sein? Nischt
Besonderes hat«-sen, meinst Du. haben
von der Masse Gele Ein sorgen
sreies Alter haben wir dadurch. Und
das soll nischt sein? Das is ia das
Schönste, was sich der Mensch über
hTaupt wünschen kann, etwas, das von
» e ausend kaum einer hat. Achttausend
.Mart! Die nehmen wir und die tra
gen wir aus die Bank und die lassen
wir betten. Das Jeld rühren wi; nich
an, so lange Du arbeiten und ver
die kannst. Das ist ein Sparpsen
nig uf unsere alten Tage... Also
jeh’n wir nu bei Spieseten, Vater?«
Und sie gingen zu Spiesete und
aßen ihr Eisbein mit Sauertohl, das
»thnen ausgezeichnet schmeckte.
Daß selbst die Kriegsgeriichte sür
manche Nationen sehr kostspielig sind,
beweist das Defizit von 80 Millionen
Dollars im französischen But-get
Jn der Gentrittdcraihssitzung.
A
Bauer: »Alle seid ihr Lumpen, ihr . . .
Bürgermeister: »Halt’s Maul, Huberbauer, wenn d’ hier schimpfrn
1villst,hast d’ zuerst ums Wort zu bitten!«
Ein schwarzer Kater.
Nach dem Spanischen von J. L aza
r u s.
Ein schwarzer Kater soll Glück
bringen, hatte ich oft sagen hören,
darum wollte ich gern einen besitzen
Aber, wer einen schwarzen Kater
that, verkauft ihn nicht; es ist also
schwer, einen zu erwerben.
Jch annoncirte in den Zeitungen:
»Wer einen schwarzen Kater zu ver
taufen wiinscht, wende sich an Herrn
Soundso, da und da. Jch zahle gut. «
Niemand meldete sictj Aber meine
Geschäfte gingen schlecht und ich
mußte meine Lage verbessern
Eines Tages-, als ich inGeschästen
durch die Straßen ging, ah ich an
der Thijr eines Kohlenkellers einen
Kater mit glänzend schwarzem Fell
sich sonnen
»Nun, fragen kostet ja nichts,«
dachte ich und wandte mich an den
Kohlenhändler, der mit seinem
schwarzen Gesicht wie ein Mahnu
tönig a115sah.
,,Wollt-Jt)r mir den Kater ver
tausen?«
Ohne Besinnen antwortete er:
»Recht gern!«
»Wieviel soll er kosten?«
«Vier Thaler.«
..Gut.«
ach gab ihm vier Thaler, der zta
ter wurde in einen Sack gesteckt und
in meine Wohnung gebracht. Darob
arosze Freude in der Familie. Das
Glück war einaezogen Jetzt mußte
sich alles ivenken, sagte die Köchin,
die eine halte Zigeunerin war
Am selben Abend brannte ihr der
Reis an, nnd als sie Obst herans
holen wollte, siel sie aus der Treppe
und brach den Arm.
»Die Sache fängt gut an,« sagten
wir. Die Köchin überlegte.
»Jedensalls ist er nicht an’s Haus
gewöhnt und muß erst zwei oder drei
Tage sich einleben.«
,,.lch so!« .
Arn folgenden Tage wollte uns ein
entsernter Verwandter besuchen; als
er bei uns eintrat, befiel ihn eine Ohn
macht und er sank halbtodt in unsere
Arme. Während wir um ihn bemüht
waren, schlich sich jemand in den Kor
ridor und stahl meinen Ueberzieher.
Einige Tage daraus legte sich das
Hausmädchen an den Blattern hin.
Man mußte sie ins Krankenhaus
bringen und eine Hilfe einstellen —
ein Vergniigent Inzwischen trank mein
kleiner Nesse irrthiimlich aus einer
Flasche Chloral und wäre beinahe ge
storben. Er schlief daraus 7 Tage
und 7 Nächte und aß, ais er aufwachte,
sämmtliche Vorräthe aus.
Mein Vetter Josef aber, der bei
ung wohnte, hantirte unvorsichtig mit
dem Revolver, den er reinigen wollte,
und schoß sich das rechte Ohr ab.
»Nun, toi e bewährt sich Jhr schwar
zer Kater?« sragte mich ein Bekann
ter.
Der Katert
Unter all der Aufregung hatten wir
ihn vergessen. Und er lag in der
Küche in der Sonne und sah uns ver
ständniszlos an.
»Nehmet! Sie den Hinter nnd wer
fen Sie ihn zum Fenster l)inaus«, be
fahl ich der Köchin.
»Um Gottes ioillen«, sagte sie, »Sie
wissen nicht, mag geschehen ist!«
»Was denn?«
»Das ist gar tein Kater, sondern
eine statze.«
Jch stand mit offenein Munde da!
»Den haben sich der Herr nicht an
gesehen!«
»Nein, der Vertijuser hat mir anch
nichts gesagt.«
»Aha, da haben Sie es. Ein schwar
zer Kater bringt Glück, aber eine
schwarze Katze Unglück!«
Da nahm ich das Thier und warf
es in den Garten hinunter, von tvo in
dem nächsten Augenblick ein jämmer
liches Geschrei ertönte, denn ich hatte
die Katze meinem Hauswirth an den
Kopf geworfen. Und der kam jetzt die
Treppe herausgestiirmt. .
Jch aber schloß mich in mein Zim
mer ein und hängte mich am Fenster
lreuz aus.
So steht es in den Memoiren mei
rsiæesl Freundes Sebastian. Armee
er !
W
Vater: »Na, Max, ich denke, ihr
habt heute Prüfung?«
Max: .,J0W0hl, Papa, von 3 bis
47 tomm’ aber nicht hin, Du blamirst
Dich blosi«
Höchste Eile.
Auf der Landstraße traf ich neulich
Abends einen meiner Freunde, der,
mit einem merkwürdig gesormten
Packet in der Hand, in größter Schnel
ligkeit nach Hause lief. »Halloh!« rief
ich ihm zu, »warum so eilig?« Er
blieb nicht stehen, sondern schrie mir
im Weiter-laufen zu: ,,Neuen Hut fiir
meine Frau! Muß machen, daß ich
schnell nach Haus komm’, ehe er uns
modern wird.«
Solide Verhältnisse.
Onkel (seinen Neffen in der Stadt
besuchend): »Na, das scheinen ja schöne
Zustände hier zu sein; acht Zimmer
hat der Junge zwar, aber in jedem
sitzt ein Gerichtsvollzieher und warte
auf ihn!«
Sichetcs Zeichen.
Frau: »Ich glaube wirklich, der
Assessor hat unsere Tochter nur aus
Liebe geheirathet!«
Mann: »Na, da sehlt’s aber weit.
Wie ich ihm die Mitgift auszahlte,
merkte er gleich, daß ich ihm 1000
Mark zu wenig gegeben hatte!«
Unter Dienern.
Fraan »Wie gehts »denned - seinem
Baron?«
Jean: »O danke! Seine finanziellen
Verhältnisse scheinen sich zu bessern —
er bekommt jetzt schon wieder Mahn
briefe!«
Wint.
»Ach, Herr Doktor, der Tonst, den
Sie neulich bei der Hochzeit meiner
Freundin auf-brachten, war doch zu
reizend!«
,,z,aiiden Sie das, mein Fräulein!«
»Ja, man möchte gleich selber hei
ratl;cn.«
In einer modernen Ansstellung.
""Se’o«p: »Hergott, is dös a Glück, daß
»die Bilder eing’rahmt san!«
Nazi: »Warum denn?«
Sepp: »Weil ma sonst ja gar not
wiifzt’, wo das ane aufhört und’s an
dere anfangt!«
Sein Spiel.
Dame welche einem Herrn etwas
auf dem Piano vorgetragen hat):
,,Spielen Sie auch, mein Herr?«
Herr: »O ja. Jn meiner Stamm
kneipe Stat, im Dilettantentheater
den ersten Liebhaber und in der Lotte
rie zwei Zehntel-"
Verdtichtig.
»Er: »Deine Freundinnen haben
Dir heute Abend ja riesig viel Kom
plimente Deines neuen Kleides wegen
gemacht!«
Sie: »Ja, ich werde wohl oder übel
bei einer and-sen Schneidekin arbeite
lassen mijssen:« «
Unter Kollegen.
Direktor A.: »Sagen Sie mal,
Herr Kollege, wo ist denn das Feuer
in Jhrer Fabrik eigentlich ausgebro
chen?«
Direktor B.: ,,Bedaure, Jhnen Da
rüber keine Auskunft geben zu tön
nen!«
Direkto: A.: »Aha, Gechäftsgeheims
niß!«
Im Hutladcin
; Hutniachcr: »Ja, aber um Himmels
swillen, Herr Wamperl, was haben
Sie denn mit dein schönen Hute ange
fangen? Der ist ja voller Veulen!«
. Wamperlt »Ja schau’ns, ich war 3
sWochen in Oberbayern, und das sind
ihalt Reiseeindrücke!«
; Nicht wankend zu machen.
j Anna: »Du, ich habe gehört, daß
Dein Bräutigam lolossal verschuldej
ist?«
Eminm »Weis3 ich; aber gerade das
ist siir mich ein Grund mehr, ihn zu
heirathen!«
Anna: »Wieso denn?«
Emma: »Weil es ein Beweis dasiit
ist, daß alle Welt Vertrauen zu ihm
hat!«
Trüber Blick in dir Zukunft.
Frau Müller: »Denken Sie sich,
Frau Schulze, gestern ist der alte
Thiirmer Obenaus von einem Auto
Inobil überfahren worden!«
Frau Schulze: »O, du grundgiitiss
ger Himmelt Was soll nur noch wer
den« wenn man nicht einmal mehr auf
einem Thurm vor diesen Dingen
iicher ist!«