Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 03, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    Maives Mitgift
Roman von Gurt Darm-dort
(15. FortsehungJ
Malt-e war erschrocken, daß sie sich
ern liebsien gleich wieder aus dem
immer geslitchtet hätte. Denn die
orte ihres Mannes waren ja nicht
Sie ihr- Ohr bestimmt gewesen, und
«" tten sie überdies getroffen wie
au ame Peitschenhiebr.
,, ach allem, was ich hier durch
uachen mußte —« Konnte er es
deutlicher aussprechen, wie unglücklich
L sich fühlte! Unglücklich durch seine
irath, die ihn aus dem Geleise ge
orsen und um seine Zukunftshoifs
eungen betrogen « hatte. Es war ja
chließlich nichts anderes, als was sie
iert langem gefürchtet, was sie zu ih
r Qual sich selber hundertmal ge
gt hatte. Aber daß sie es nun aus-I
inem Munde hören mußte und daß
D gerade Lydia von Thyrnau war,
die er zu seiner Berirauten machte.
Fuhr ihr doch wie mit Messern durch
fie Seele. enes Mädchen also be
saß die Ma i, ihn zu erlösen! Denn
pas Bernd da gesagt hatte, mußte sich
ddch aus einen von ihr ausgegangenen
orschla beziehen. Und nur sie, sein
« ib, and wieder als Hinderniiz
dazwischen. Ihrer ustimmung erst
glaubte er sich versi ern zu müssen,
ehe er that, was ihm wie eine Erlö
sung erschien. Es war nicht ein Be
oeis seiner Liebe, den sie in ihrer ge
-Wartigen verschüchterten und ver
rämten Gemüthsftimmung darin er
klicktq sondern nur ein Beweis seiner
chmerzlichen Resignation, ein unum
wundenes Zugeständnis daß er sich
ganz ais dasrhnmächtige Opfer der
unseligen Verhältnisse betrachtete, die
ihr selbstsüchtigeä Festhalten an ihm
tu sein Leben gebracht.
» athmend und todtenbleich
hat sie den Gast an den im Nebenzimg
mer gedeckten Tisch, wo sie den aus
eini en kalten Schüsseln bestehenden
bes eidenen Abendimbiß hergerichtet
hatte. Berndshatte sich beim Klang
threr Stimme betroffen umgewendet,
denn er hatte ja nichts von ihrem
Eintritt qehört; Lhdia aber, die nicht
im Zweifel darüber sein konnt-» daß
Maer die letzten Worte ihres Man
nes vernommen habe, näherte sich der
runan Frau-und legte schwesierlich
tunlich den Arm urn ji«-.
»Finden Sie es nicht eigentlich febr
freimiithig, liebste Malve, daß ich
ohne alle Bedentlichleiten Jdre Gast
freundschaft annehme, obwohl Sie die
emeinige einst zurückgewiesen Aber
ich habe miss- nun einmal in den
Kopf gesetzt, daß Sie mich liebgewini
gen sollen, und ich werde Inir’s von
nun an nicht mehr verbieten lassen,
um Jkre Freundschaft zu werben.«
Ma ve preßie einen Augenblick die
ippen fest aufeinander, urn nicht
utch ein vertiithetifches Beben der
Stimme zu verrathen, wie es in ih
rem nnern aussah, und sie erstaunte
iiber eh selbst, daß es ihr wirklich ge
lang, scheinbar ruhig zu erwidern:
«— »Sie beschämen mich, Fräulein von
chhtnaM Aber ich hoffe, daß ich mich
en meines damligen Verhaltens
u« t vor Jhnen zu entschuldi en
brauche. Denn ich weiß ja, daß spie
Ineine Beweggründe kennen.«
»Ja. Und ich habe Jhnen deshalb
auch nicht einen Augenblick gezürnt,
pbwohl ich nicht leugnen kann. daß die
cbfage rnir recht weh ethan hat. Eine
kleine Genu thuung a r sind Sie mir
Loch wohl chuldig. Und gerade jetzt
istbedie Gelegenheit da, sie mir zu
n «
Maine wußte. daß die nächste Mi
nute ihr die Erklärung für die röth
felhaften Worte ihres Mannes brin
n winde, und sie nahm all ihren
utb zusammen, um auch dem
Schlimmsten mit Fassung zu begeg
nen.
»Ich werde gewiß alles thun, wag
ift kann, Fräulein von Thnrnam um
Ihnen eine bessere Meinung von mei
ner Dankbarkeit zu ermöglichen«
»O, wenn Sie es gleich wieder so
an ehent Und wenn Sie mich beharr
Ii Fräulein von Thyrnau nennen —
woher fvll ich dann überhaupt den
Muth nehmen, mit meiner Bitte her
auszuriickeni Denn als Bittftellerixi
komme ich zu Ihnen. Jch befinde
mich in einer großen Verlegenheit.
Die Aufgabe, die ich mit der selbst
ständigen Verwaltung meines Besitzes
auf mich genommen habe, geht über
meine Kraft. Jch war neuerdings ge
nöthigt, Frankenhagen durch Antaxsf
Zweier großer Borwerte abzurunden,
und ich sehe, daßich nun mit der Ar
beitslast nicht mehr fertig werde. Jch
brauche jemanden. auf dessen Schul
tern ich den größten Theil abwälzen
kann —einen thatiräftigen, zuverläs
si en Gehilfen, wie ein Fremder eg
»Ur wahrscheinlich niemals fein
Nrdr. Würden Sie Ihrem Gatten
erlauben, liebste Malve, mir diefer
Mitarbeiter u seini»
. Dei war freilich das Schlimmste
M Walde hätte treffen können
- nd es wurde ihr nicht leicht, ihre Be
-» ng zu verbergen. Aber Bernos
« « , da er darin etwas wie eine
- — ehe, kiangen ihr noch im
« r. Sie zwang ihr zucken
.- ARE-, und indem fie sich
I » , zuwandte, fagte sie:
»" W Wiesi Du rmeh un:
» fresse-: kam-, eh- Du
»- «.
über Deine Angelegenheiten entschei
defti Was Dir als gut und weck
mäßgi erscheint, wird selbstverständ
lich auch fitr mich immer das Gute
und Zweckmäßige Fein« ·
Bernh kämpfte ichtlich mit seiner
Verle enheit.
» ine Cousine hat da vielleicht in
der That einen nicht anz glücklichen
Ausdruck gewählt, liebte Matve,« er
widerte er. »Die Einholung einer
Erlaubniß würde ich allerdings nicht
für erforderlich halten. Aberieh maße
mir nicht das Recht an, über unfere
Zukunft zu verfügen, ohöne zuvor
Deine Meinung gehört zu aben. Du
haft bisher niemals eine besondere
Vorliebe fiir das Landleben gehabt,
und eine Uebersiedelung nach Fran
kenhagen bedeutet deshalb für Dich
vielleicht ein Opfer, das ich mit gutem
Gewissen nicht annehmen iönnte."
»Wodurch habe ich Dir einen An
laß gegeben, mich für fo thöricht zu
halten? Mir ift jeder Aufenthalt
recht, den Du »für mich bestimmst.
Und ich denke, die Annehmlichkeiten
die uns die Großftadt zu bieten ver
mochte, wären leicht genug zu entbeh
ren.«
Mit einem lebhaften Ausruf der
Freude drückte Lydia die junge Frau
an fich.
»Ich wußte es ja im voraus, daß
Sie einverstanden fein würden,« rief
sie. »Und ich verspreche Ihnen, daß
Sie Jhre Zustimmung nicht bereuen
sollen. Gar so trostlos, daß man vor
Langeweile ichwermiithig werden
müßte. ist es aus Frankenhagen doch
nicht. Und ich werde gewiß alles thun,
damit Sie das Landleben von feiner
ausnehmen Seite kennen lernen«
— rnd trat auf seine Cousine u
und bot ihr-den Arm, um sie zu Tityus
zu siihren. Lydia aber schütteite la-’
chend den schönen Kopf.
»Nein, mein Herr Vetter —- heute
brauche ich keinen Kavalier. Für mich
giebt es an diesem Abend ier nie
manden als Dein reizendes, kleines
Frauchen.« · ;
Sie noch immer zärtlich umschlunsi
gen i,altend, zog sie Malo-e in das an- !
stoßende Zimmer und wurde nicht
milde. sie mitLiebenswiZidigteiien zu
überschütten. In dem Herzen der
Zungen Frau aber wuchs die Furche
vor ihr riesengroß empor. Sie fuhr
zusammen, wenn Lydias weiche Hand
sich schmeichelnd auf die ihrige legte
und jeder Blick der leuchtenden Au en
machte sie erheben. Seitdem sie wu te,
weshalb Lydia von Thyrnau gekom-;
men war, hatte sie das Gefühl, datzt
all ihr Glück zusammengebtochen sei,
und sie sah alles um sich her nur noch
durch den verschleiernden Nebel der
immer wieder heiß in ihren Augen
aufsteigenden Thränen, die sie nur mit
wahrhaft heldenhafter Seibiiktrwiw
dung zurückzuhalten vermochte.
17. Kapitel.
Fräulein Maja Heerlingers indi
ichwarze Augen, die den wesentlichen»
Reiz ihres kleinen, etwas pupbenhaf-;
ten Gesichtes ausmachten, sprühten!
Blige des Zornes. » « s
ie hatte sich in einen der Wichti
gen englischen Ledersesiel geworfen,
die ihres Vaters pomphaites Arbeits
zimmer schmückten und in dessen T«·»eie l
tot zierliches Figiirchen fast vollstan
dig verschwand, und mit dem niedli
chen rechten Fuße versetzte sie einem
ror ihr siehenoen Tabureit eben einen
so kräftigen Stoß, daß die Aschen
becher aus intischer Bronze tlirrend
über den Teppich rollten. Gleichzeiti
schlu sie mit der flachen Hand au?
die Oessellehnh daß es tlatschtr. Jhre
Erregung mußte also einen bedenklich
hohen Grad erreicht haben.
»Und ich sage Dir noch einmal,
Papa, es ist so. Sigrid Breitenbach
ist in ihn verliebt, und wenn Du ihr
noch weiter Gelegenheit giebst, mit
ihm zu totettiren, wird sie ihn ganz
gewiß für sich einfangen.«
Herr Anton Herrlinger wanderte
mit lur en Schritten vor seinem gros- »
lenden Töchter-den aus und nieder. ;
»Du siehst Gespenster, mein Kind,«.
suchte er sie zu beruhigen· ,,Davon,«
daß sie mit Piittner totettirt, müßte
ich doch auch etwas bemerkt haben.«
»Den-on verstehst Du nichts, Papa,«
entschied Fräulein Maja kategorisch
»Es giebt vielerlei Arten, wie ein
junHes Mädchen mit einem Herrn to
tetttren·,tann. Die-einen werfen Blicke
und machen sich niedlich. »Aber das
verfängt nur bei den anz Dummen.
Wenn man Leute wie lter Piittner
tapern will, muß man es schon ge
schickter anfangen. Und sie versteht
sich daraus, das kannst Du mir glau
ben. Gerade weil sie sich so unnahbar
macht, gewinnt sie ihn.·«·
»Na, nnd wenn es schon wirtlichio
wäret Sie ist doch fiir Dich ganz un
gefährlich Eine arme Gesellschafte
rin und die Tochter eines Mannes,
der so endete! hältst Du Piittner
wirttich site so unvernünsiig- daß er
ernst st an ein solches Mädchen den
ten Zuntek —
Fr"itlein Maja machte eine weg
«Wxn·a«d3fi« spie stag
-" «- -- - m. ganz e« tätig.
Banner ßch Sen te sie verliebt, mag
er sie meinetwegen auch gleich heir «
thern Aber iaze finde es abscheulåt
von Si rid. ie und nimmer hiittr
ich ihr olche Falschheit zugetrani. Ich
hatte sie wirklich so lieh."
.Soll ich vielleicht mit ihr reden,
Ma at«
m des Himmelswillem Papa, was
itilltDir ein? Damit würdest Du es
nur schlimmer machen.«
»Aber was willst Du denn eigent
lich, mein Kind, daß ich thun soll?
Jch sehe. daß Du Dich für Piittner
interessirst, und ich bin durchaus nicht
gesonnen, mich Deiner Neigung zu
widerseßem Denn er ist ein tüchtiger
Mann, ein enialer Mensch, der es
im Leben noå sehr weit bringen kann.
Mit dem genügenden Kapital erobert
dieser Püttner sich die halbe Welt·
Der Geist ift es, liebes Kind, der
heute die Welt regiert. Warum sollte
er mir da als Schwiegersohn nicht
willkommen seini«
Trog ihrer sehr burschikosen Ma
nieren mußte Fräulein Maja doch
nicht ohne alles feinere weibliche Em
Jvfinden sein. Denn sie war bei der
Rede ihres Vaters sehr roth gewor
den und nun arbeitet sie sich mit
einem energischen Schwunge aus den
Tiefen ihres Sessels heraus.
»Ich danke, Papa! Einen Mann,
iden ich erst einer anderen adspenftig
machen müßte, mag ich nicht haben.
»Und ich mache mir überhaupt gar.
nicht so viel aus ihm. Wenn erI
mich auf den Finieen anflehte, seine
lFrau zu werden« so würde ich mir’s.
Mt jedenfalls noch sehr iibetlegen.!
einetwegen mag et Sigrid heira-4
sthen, mir ist es ganz gleichgültig —
ich gönne ihn ihr von Herzen. Aber
vich will nicht mit ansehen, wie sie ihn
in ihr Herz zieht. Das tann niemand
von mir verlangen. Du mußt ent
weder dafiir sorgen, Papa, daß Mitt
ner nach Somlo zurückreiit, oder
Fräulein Breitenhach muß aus dein
Hause. Jch habe wahrhaftig nicht die
geringste Luft, die ungetheitigte und
über-flüssige Zuschauerin bei den Lie
beleien meiner Gesellschaftetin zu
spielen. Irgend ein Verwand, sie zu
entlassen, wird sich doch wohl stnden··
»Das wäre dann schon die vierte
Gesellschafterin innerhalb eines Jah
res, liebe Majas Und ich war glück
lich, daß Du in Fräulein Breitenbach
endlich die rechte gesunden hattest-«
»Wenn sie Dir schon so ans her-z
gewachsen ist, Papa, daß Du Dich
nicht von ihr trennen kannst, so muß
ich natürlich zurückstehen. Aber dann
giebt es eines Tages einen großen
StandaL Jch tann leine hinterliti
gen Menschen um mich leiden und ich
werde mich durchaus nicht genieren,
dem Fräulein bei der ersten Gelegen
heit meine Meinung zu sagen.'«
Damit stürmte sie, ohne erst aus
eine Antwort zu warten, aus dem
Zimmer, herrn Anton Herrlinger in
der Gewißheit zurücklassend daß es
aus dieser schwierigen Lage siir ihnv
leinen anderen Ausweg gab, als be
dingungslose Unterwersung unter den
Willen seines Töchterchens, wie dies
ja bei allen Meinungsverschiedenheiten
zwischen ihm und seiner Tochter ron
jeher der einzige Ausweg gewesen war.
Ein unglücklicher Zufall wollte, daß
Fräulein Maja iaum eine Minute,
nachdem sie sich mit einem so tatego
rischen Ultimatum von ihrem Papa
getrennt hatte, auf diejenige trai. die
ihre zornmüthige Stimmung verschul
det hatte. Sigrid, die frisch und dickf
tig aussah. wie ein Maienröslein, und
neben deren jungfräulich-n Liebreiz
die körperlichen Vorzüge ihrer hart
sischhasten jungen Gebieterin aller
dings iauin noch bestechend wirken
konnten, hatte allem Anschein nach
teine Ahnung von dem Ungewitter,
das sich da so drohend iiber ihrem
haupte usammenzog. Lächelnd trat
sie der usgeregten in denWe und
seagte mit einer kleinen Beimischung
oon gutmüthigern Spott:
»Warum machen wir denn schon
wieder ein so bitter-böses Gesicht, mein
kleines ungnädiges Fräulein? Wissen
Sie auch, daß das der Schönheit kei
neswegs zutriiglich ists«
»Die Sorge sür meine Schönheit
können Sie getrost mir selbst überlas
sen,« llang es scharf und spitzig zu
rück. »Und nach der Ursache meiner
Verstimmung sollten Sie mich lieber
nicht fragen« Fräulein BreitenbachZ
Wir tönnten sonst in eine unerfreu
liche Erörterung über menschliche
Falschheit und Hinterlist hineingew
then, die ich vorläufig lieber noch ver
meiden möchte.«
Krachend slog schon bei dem letzten
dieser unter vielsagendem Augensprü
hen hervorgestoßenen Worte die Thiir
des nächsten Zimmer-S hinter ihr ins
Schloß, und Sigrid sah sich dadurch
sder Möglichkeit beraubt, eine nähere
i
)
i
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Erklärung zu erbitten. -
Sie war siir einen Moment sehr
bleich geworden, denn sie tonnte nicht
zweifeln, daß Majas anziigliche Worte
einzig aus sie gemänzt waren. Aber
sie mochte sich daran gewöhnt haben,
die unter dem Einfluß der ersten be
sten Laune ohne jede Ueberlegung her- s
vorgesprudelten Reden des oerrodhnten s
und unerzogenen Mädchens nicht allzu J
ernsthaft zu nehmen, denn mit einein -
leichten Achselzucken sehte sie ihren !
Weg in den Musitsalon sort, den sie,
wie immer um diese Tagesstunde,s
hatte aussuchen wollen. «
Sigrtd trat an den Flügel unb»
blätterte eine Weile in den Noten, an· s
scheinend ohne das Rechte finden zu
tönnens dann schließlich wars sie den
ganzen Stoß beiseite und ging zur-·
zuriickschob, unt aus die Straße hinab
blicken zu tännen
Der Unwille tiber den heftigen Aus
fall Majas, fllr dessen Veranlassung
sie durchaus keine Erktiirung hatte,
mußte doch noch in ihr nachwirten.
denn ihr schönes Gesicht war sehr ernst
geworden und von Zeit zu Zeit zuctte
es verdächtig um ihre Mundwintel.
Dis Marthrium einer AMngigteit
von Menschen, die ihr an Erziehung
und Bildung so wenig ebendiirtig wa
ren wollte doch manchmal ihre Kraft
fast übersteigen. Und wenn sie auch
nicht daran zweifelte, daß Fräulein
Maja, wie schon so oft zuvor, auch
diesmal noch vor Ablauf des Tages
ihr in der Uebereilung begangenes Un
recht durch eine reumiithige Bitte um
IVerzeihung und durch überschwem
liche Zärtlichkeit wieder gut zu machen
isuchen würde, so legte sie sich doch
ibeute ernsthafter als bei allen früheren
ItZlnliissen die Frage vor, ob sie ihr sor
Jgensreies Wohlleben in diesem Fause
Tdamit. daß sie sich zum Spielda fiir
die Launen eines unreifen und oft
recht boshaften Mädchens machte, nicht
zu theuer bezahlte. Wahrhaftig, hätte
sie nicht die grausamen Bitternisse der
Biotlosigkeit eben erst bis zum Grunde
austosten müssen, sie würde diese
Frage sicherlich ohne langes Zögern
bejaht und dem Herrlingerschen Pa
last leichten herzens den Rücken ge
lehrt haben. So wenigstens sagte sie
sich in diesem Augenblick, aber schon
im nächsten Moment tamen ihrer ehr
lichen Natur doch wieder Zweifel, ob
sie damit anz aufrichtig gewesen sei
gegen sich selbst
Leichten Herzens? Nein, leichten
Herzens wäre sie gewiß nicht gegan
gen. Denn wenn es auch wahrlich
nicht die Anhänglichkeit an Herrn An
ton Herrlinger oder an sein weiter
wendisches Tächterchen gewesen wäre,
die ihr den Abschied schwer gemacht
hätte, so gab es doch vielleicht etwas
anderes, das sie hier festhielt, etwas
vorläufig noch kaum Eingestandenes
und doch immer deutlicher Empfand
nes, gegen das sie seit einer Reihe von
Tagen tapfer antämpfte, und das doch
nur um so unaushaltsamer wuchs, se
energischer sie es nieder-zuhalten suchte.
Daß sie sich dieses anderen gerade
im gegenwärtigen Moment mit einem
Gefüh! peinigender Unruhe bewußt
wurde, hatte seine Ursache in einer
Beobachtung, die sie unten aus ver
Straße gemacht und die sie veranlaßt
hatte, sosort vom Fenster zurückzuke
ten. Es war ganz unmöglich« daß der
stattliche, vollbärtige Mann, der da
dem Herrlingerschen Hause zuschritt,
sie hier oben auf ihrem Lauscherposten
gewahrt haben konnte, und doch brann
ten ihre eben noch recht blossen Wan
gen in einem so dunklen Roth, als ob
sie aus einem großen Unrecht ertappi
worden wäre.
fußen denen Spuk-unm- nc sp weit
Haflig, wie in dem Bedürfnis, sich
selbst damit auf andere Gedanken zu
bringen« lehrte sie an den Fliigel zu
riick und begann zu spielen, ohne erst
eines der Notenhefte aufzuschlagen.
Sigrid Breitenbaeh war nicht ge
rade eine vollendete Künstlerim aber
ein feines natürliches Verftiindniß fiir
das Wesen eines musikalischen Kunst
trsertes und eine von guten Lehrern
ausgebildete, solide Technik hatten ihr
hier im Herlinger’schen Hause, wo
nur der schlimmste Dilettantismus
bisher geherrscht hatte, den Ruf eines
ungewöhnlichen Talents verschafft undf
mit einem letsen Gefühl des Mitleids
fiir die Urtheilslosigkeit ihrer Umge
bung tte sie sich diese überschweng
liche nerlenriung gefallen lassen.
heute jedoch spielte sie nicht für den
Beifall einer nachsichtigen Zuhörers
scheit, sondern nur fiir sich selbst, in
der Absicht, ihre wilden, rebellischen
Gedanken abzulenlen oder vielleicht
auch, um ein heißes Sehnen ihres
jungen, glückdurftigen Herzens zu
übertäuken.
Und gerade darum spielte sie wohl
viel ieelenvoller als je zuvor. Mit
einem Chopin’ichen Naturw-, das ihr
eben in den Sinn gekommen war,
hatte sie be onnen, aber als ihr Ge
dächtniß an ing, sie im Stiche zu tas
fen, phantasirte sie nach Gefühl und
Stimmung weiter, volltomrnen futer
in der Gewißheit, tein Publikum siir
ihre kühnen Jmprpvifationen zu ha
n.
Und doch hatte diese Gewißheit sie
·etiiuicht. Durch die Iliigelthiir, der
fie den Rücken zugetehrt, war schon
beim nginn ihres Spieles leiien
Schrittes ein Zuhiirer ein etreten. der
selbe stattliche Mann, de en Annähe
rung sie vorhin vom Fenster fortge
fcheucht hatt-. Dicht an der Schwelle
war er stehen geblieben, behutsam
jede Bewegung vermeidend, um der
jungen Künstlerin ieine Anwesenheit
nicht vorzeitig zu verrathen, aber mit
leuchtenden Augen und mit einem
Ausdruck geipannten Jntere es in
dem hübschen, männlichen Geräth
Nun aber, da Sigrid plötzlich ah
brach und sich erhob, als ob sie instink
tiv die Gegenwart von etwas Susten
dem empfunden hätte, that er ein paar
Schritte weiter ins immer hinein
und sagte mit einer hii lichen Verbeu
gunxe
» statten Sie mir. Jhnen meine
Verwunderung auszudrücken, räu
lein Breitenbachi Seit lan emitmir
tein so hoher tünstierifcher enuß be
schieden gewesen, wie während dieser
festen Minuten.«
Stsrid atte-- bei Ietnen Worten ein
wenig die ntbe bekundet-i und es la
wie ein Schatten des Unmuths aus
Hihrem Gesicht
»Wenn ich nicht sicher wäre, hnen
keinen Anla? dazu gegeben zu aben,
tönnte ich ast auf die Vermutbung
kommen, Herr Direktor, daß Sie sich
über mich lustig machen wollen. Hatte
iä J ren Eintritt bemerkt, so würde
i fo rt aufgehört baben.7«
Es war der-Elbe kiihl abweisende
Ton, den g- alter Piittner gegen
über seit en ersten Tage ihrer Be
kanntchast angeschlagen hatte, der
selbe on, der von Fräulein Maja für
Koketterie erklärt worden war. Und
man hätte saxt aus die Vermuthung
kommen könn n, dakz der natiirliche
weibliche Instinkt die es eben etstzur
Jungfrau herangereisten Kindes der
Wahrheit ziemlich nahe gekommen sei.
Denn die Wirkung der wenig freund
lichen Erwideriing aus den jungen
Bergwertsditettor war teineswegs die
des Unwillens oder der Entn!uihi
gung.
«Eben deshalb bin ich mit ganz be
sonderer Vorsicht querle gegangen,«
sagte er lächelnd. »Ich hatte mich bei
Herrn Herrlinge anelden lassen und
Lwar ersucht nin n, einige Minuten
-z:: warten, daiz er even durch einen
wichtigen geschäftlichen Besuch in An
spruch genommen sei. Jn das Biblio
thetzimmer aber, wohin man mich ge
siihrt hatte, klangen die Töne des Flu
elö so verlockend herüber, daß ich der
Versuchung nicht widerstehen tonnte,1
ihnen nachzugehen. Jch habe Sie nochs
nie so schön, so beseelt spielen hörenJ
Fräulein Breitenbach!« · 1
Sigrid hieltes nicht siir angezeigt,
durch ein Wort des Dante-Z über die
Les Kompliment zu auittiren. Sie
chloß schweigend den Deckel des Jn
ruments und ging dann zur Thur.
Piittner aber machte eine rasche Be
wegung, als wollte er ihr den Weg
vertreten.
»Den meine kleine Jndistretion Sie
denn wirklich so sehr erzürnt, daß Sie
mich durch Jhre Flucht dasiir bestrafen
wollen?«« fragte er mit liebenswürdi
ger herzlichteir. »Ich hätte so gern
ein bischen mit Ihnen geptaudert.«
»Ich ehe, Fräulein Herrlinger von
Ihrem iersein zu unterrichten, Herr
Piittner. Man hatte jedenfalls unter
lassen, es ihr zu melden.«
»Aberes lieat mir durchaus nichts
daran, daß Fräulein Herrlinger von
meinem Hiersein erfährt. Jhr sollte
; mein heutiger Besuch ja gar nicht gel
ten.«
»Mir ader galt er doch wohl noch
weniger. Und ich muß wirtlich um
« Entschuldigung bitten, daß meine Ver
pflichtungen mir nicht gestatten —«'
Sie wäre jept in der That gegan
gen, wenn er nicht seine vorige Ansicht
ausgeführt undihr den Weg zur Thür
abgeschnitten hätte.
,,’·ltein, ich lasse Sie noch nicht fort.
Wer weiß, ob ich vor meiner Riiiikeite
nach Somio noch einmal Gelegenheit
finden würde, Sie zu fragen, womit
ich die wenig freundliche Behandlung
verdient hat-e, die Sie mir seit der
Stunde zu Heil werden lassen, da itk
Ihnen in diesem Haufe vor-gestellt
wurde. Gerade weil ich die Ursache
zu errathen glaube, liegt mir sehr viel
daran, meine Vermutbung aus Ihrem
Munde bestätigt zu hören."
Es geschah nicht leicht, daß die
sichere, selbstbelvußte Sigrid in Verle
genheit gerieth; diese unumwunden
Sptache aber brzchte sie doch für einen
Moment in Verwirrung.
Wohl war sie sich bewußt, daß
Walter Püttner ein Recht habe, sich
iiber sie zu beklagen, denn er hätte von
seht wenig feinem Eint-finden sein
müssen,-um ihre hart bitt an dieGrenze
der ,Unhöfiichkeit gehende Zurückhal
tung nicht zu bemerten. Aber daßet.
wie er sagte, auch die Ursache dieses
Benehmens errathen haben sollte, et
fiillte sie mit Schrecken. War sie selbst
sich doch erst in den leyten Tagen da
rüber tlae geworden, daß ihricheues,
deinahe feindseliaes uruckwetchen
vor dem bevorzugten Ga des herr
linger’schsen hauseö einem ganz ande
ren Beweg runde entsprang, alt die
vornehme esetve, die sie auch sonst
im Verkehr mit erren beobachtete
Nicht weil er mi siel, hatte sie sich
vor ihm hinter den Schuhwall einer
eisigen VI lichleii ge liichiei, sondern
weil sie sich halb in inltiv gegen die
seltsame, geheimnißvolle Macht hatte
wehren wollen, die von seiner Persön
lichkeit ausging und die ihr bei jeder
neuen Begegnung sühlbarer wurde;
Beinahe täglich in diesen letzten zwei
IWochen war sie ohne ihr uthun ge
nöthigt gewesen, mehrere tunden in
seiner Gesellschaft zuzubringen, denn
Anton Herrlinger und sein Töchter
chen boten alles Erdeniliche aus, ihn
zu fesseln und ihm den Aufenthalt in
ihrem hause angenehm zu machen.
Und obwohl Sigrid sich während die
ses Beisammenseing sast ganz aus die
Rolle der stummen Zuhörerin be
schränkt, hatte, war doch immer etwas
wie ein geheimnißvoller Rapport zwi
schen ihr und dem Bergwertgdieettosr
!geioesen.
! Er hatte im Gespräch mit den an
ideren manchmal plötzlich einen Gedan
jten aufgenommen ober eine z raste be
’antwortet, die sie eben be chei tigte,
Zne daß sie ihnen durch ein einziges
« ort Ausdruck gegeben hatte. Und
immer war das, was er gesprochen,
lwie ein Echo ihres ei enen Denkens
gewesen, nur daß er a es so viel kla
rer, bestimmter und tiefer zu fassen
wußte. Gerade weil sie ihn um der
überschwenglichen Verehrung der an
deren willen anfänglich mit einem ge
wissen Mißteauen betrachtet und je
dem seiner Worte nur deshalb so auf
niertfain gelauscht hatte, um die klei
nen Schwächen auszuspüren, die sie
bisher noch an jedem Manne entdeckt
hatte, gerade deshalb war die Wir
kung, die seine edle Männlichteit, die
natürliche Schlichtheit und unbestech
liche Wahrhaftigkeit seines Wesens
aus sie iibten, eine so vielT stärkere und
nachhaltigere. Sie hatte nur sehr turze
Zeit gebraucht, um zu ertennen, wie
weiter nicht nur an Wissen und Welt
tenntniß, sondern vor allein an inne
rem Werth seiner Umgebung til-erlegen
war, und es hatte sie sast verdrossen,
ihn in der Gesellschaft von Menschen
zu sehen, die mit jedem Tage tiefer
in ihrer Scheidung sanlen. Waren
doch die Sympathiem die Majas tem
peramentvolles Wesen ihr anfänglich
eingeslößt hatte. weil sie darin eine
gewisse Verwandtschaft mit ihrer eige
nen Natur zu finden glaubte, bei
näherer Kenntniß ihres Charakters
immer mehr geschwunden, und es gab
Au enblicte, wo sich fast etwas wie
Nei gegen das vom Glück so ver
schwenderisch bedachte Töchterchen
Anton Herrlingers in ihr regte. Daß
es weibliche Eifersucht war, die ihren
Blick neuerdings iiir Majas Fehler
gefchärft hatte, kam ihr selber tauw
zum Bewußtsein
Fortsetzung solgt.)
Beim Spargel und Karpfen ist der
Kopf immer das Beste —— vom Men
schen kann man das gerade nicht be
haupten.
E I II
Deutschland unterzieht neuerdings
bänischeiz Schlachtvieh und Fleisch der
gleichen scharfen Jnspettion, wie ame
ritanisches. Sollte hamlet Recht ge
babt haben und »etwas faul sein im
Staate Dänemart i«
O III O
Die Grand Jurn von Cincinnati
untersucht zur Zeit die Methoden eines
angeblichen Wäscherei - Trusts. Wä
schereien sollte es eigentlich nicht schwer
faiien,sich chiveißzuwaschem
O c I
Einen höuslichen herd zu grünt-ein
Jst lobenswert und anzuratem
Wenn nur alle Frauen verstunden,
Daraus zu lochen unb zu braten
L
Tkk soc-same Patient.
s--;--, --ds»7---s-, «J-’7 f--,·«'«’ «
»Wie ist es denn mit pem Essen, Here Doktok?«
»Sie können alles gemeinn, was Sie gerne e en!"
.Liebe Mian was darf ich alles gerne essen «