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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 20, 1906)
(---s-«.· Der Defertemx Roman un O. Elster. (7. FortsesungJ Der Oderstleutnant öffnete selbst. Leutnant von Fuchs stand vor der Thür. »Was gibt es?« fragte der Kom - mandeur. »Entschuldigen Herr Oberstleut nant,« entgegnete der Adjutant. »Es ist aber eine sehr wichti e Meldung des Hauptmanns von zaltenhagen eingegangen . . ." »Na —- es ist doch nicht wieder einer seiner Leute desertirt?'« »Allerdings, Herr Oberstleutnant.« »Ei, da soll doch ein Donnerwetter duinschlagenl Wie heißt der Kerl?« »Es ist der Jäger Reimers...« »Wie? Derselbe, der erst vor drei Tagen aus dem Arrest entlassen ist?« »Derselbe. Er hat gestern noch den Dienst mitgemacht, seit gestern Nach mittag aber ist er verschwunden.« »Das ist doch um verrückt zu wer den!« rief der Kommandeur aus, ärgerlich in seinem Zimmer aus- rind als-gehend »Sind die nöthigen Tele grannne fortgegangen?« v »Ja-w l, Herr Oberstleutnant — an alle «renzstationen und an die Grndarrnerie.« »Wo ist der Hauptmann von Fal kenhagen?« »Er erwartet Herrn Qberstleut nant im Regimentsbureau.« »Nun gut — gehen wir. —- Ah, Sie sind ja noch da, Leutnant Heinecki Run, was sagen Sie zu dieser neue sten Ueberraschung?« »Ich weiß nichts zu sagen,« entgeg nete harald mit leiser Stimme. »Wie ist mir denn? War dieser Reimers nicht Bursche bei Ihnen?« »Ja, Herr Oberstleutnant . . .« »Er ist öfter als solcher in das Haus des gewissen Herrn gekommen?« Allerdings . . ." »Ei, sehen Sie! —- Da findet sich wohl eine Spur! Na, man wird ja sehen. Ich danke Ihnen, Leutnant heineckl --— Kommen Sie, Fuchs·« Und der Kommandeur stieg mit sei nem Adjutanten rasch die Treppe hin unter, welche aus seiner Wohnung zu dem Regimentsbureau führte. Auch Harald entfernte sich- betrübt, vernichtet von dem Sturm der Ge danken, der seine Seele durchtobte. · Wäre es möglich, daß der Vater Henriettes sich einer solchen Jnfamie schuldig gemacht haben sollte? Sollte Henriette . . . doch nein, er war wahnsinnig! Sie wußte ganz gewiß nichts von dieser Schändlichkeit, von diesem Verrath, den ihr Vater be gangen haben sollte. Jhr Auge konnte nicht lügen —- sie war rein und un schuldig, wie ein Engel. Und ihr Vater? —- Plötzlich über lies es ihn siedend heiß. Hatte man nicht neulich in seiner Gegenwart ei nen Mann namens Pierre Gaspard bei Hauviller angemeldet, und hatte man ihm nicht gesagt, daß dieser Gas pard der Vater JeannqL der Zofe henriettes, sei? — Der« Wirbel der ! Gedanken drohte ihn zu verschlingen. Rasch eilte er nach seiner Wohnung. 11. Kapitel. V e r r a Ah e n. Friedrich Reimers war in der That verschwunden! — Die Untersuchung gegen ihn hatte teine schwer belastende Umstände zu Tage gefördert, und er war mit fünf Tagen Arrest als Zu schlag zu feiner früheren Strafe da von gekommen. Aber diese in der Arreftzelle zuge brgchten Tage hatten ihn zu einem ganz anderen Menschen gemacht. Das unausgesetzte Grübeln über sein Miß geschick, die Sehnsucht nach Jeanne, und der Zweifel an ihrer Aufrichtig keit und Treue, brachten ihn dem Wahnsinn nahe. Hundert Pläne fiir die Zukunft beschäftigten seinen Geist; der Gedanke an Rache, der Gedanke on Flucht, beschäftigte unausgeietzt seine Seele, und wenn er auch so viel moralische Stärke besaß, diese Gedan ken zurückzuweisem so war der Wider stand gegen sie doch immer schwächer, und es bedurfte nur eines Anlasses, um ihren Sieg über sein. ehrliches Den ken und Eint-finden herbeizuführen Ein finsterer Trotz, eine stumpfe Gieichgiiltigkeit, den Anforderungen feines Standes gegenüber, bemäch tigte fich seiner, und schließlich kam er »so dem Entschluß, die noch übrige Dienstzeit so gut und so schlecht, wie ei gehen wollte, abzudienen, dann ·- eher fein Biindel zu fchniiren und mit nne nach Frankreich zu geben« Ob « militärifchen Behörden ihm die Erlaubniß zu einer solchen Diaman detuug geben würden, ob er feine Fa zitilik daheim dadurch nicht tief be E MAY daran dachte er nicht; er würde sie seisrden iiberhaupt nicht um Er — fragen und seinen Eltern M er nicht mehr vor die Augen W Er fürchtete sich vor den W der Mutter und scheute das , . Weftdoäe Auge des Vaters. Sitaris-aus« die heimath, das - thsktm TM Werth fiir M er die TM verließ, fnoste E er Jeanne von seinem Entschluß in Kenntniß sehen. Indessen streifte er am ersten Abend vergeblich um die Billa Hauviller, er konnte Jeanne nir ndj erblicken. Als et sich schon ent ernen wollte, sah er aus der Hausthür eine weibliche Gestalt tre ten, die sich suchend umschnute. Er eilte auf sie zu, doch etlannte er zu seiner Enttiiuschung nicht Jeanne, sondern die Köchin. welche Jeanne zu weilen nach dem Wirthshaus »Zu: gu ten Quelle«' begleitet hatte. »Seid Ihrs-, Friedrich?« fragte das schon ältere Mädchen. « »Ja, Celestine, ich bins. Wo ist Jeanne?« « »Jeanne ist nicht mehr hier —- aber sie hat einen Brief für Euch zurück gelassen -— da ist er.« »Aber sagt mir doch...« »Ich habe keine Zeit, da —- nehmt den Brief....au revoir...« Mit diesen Worten drückte sie ihm einen kleinen Brief in die Hand und entfernte sich rasch. Friedrich ging zur nächsten Stra szentlaterne und erbrach den Brief, der an ettk »Mein theurer Freund! Jch konnt nicht »mehr bleiben, mein Vater hat mich heimgeholt. wenn Du ntich noch einmal sehen willst, komm nach der Ferme Terre nairc auf der Jsle hauviller. Mit Gru Jeanne.« Friedrich örgerte sich ü r die la konische Kürze des Briefes. Aber es war doch wenigstens ein Lebenszei chen von Jeanne, sie hatte doch an ihn gedacht und ihm auch ein Wieder sehen vorgeschlagen. Die Ferme Terre noire kannte er recht gut. Meh rere Felddiensiiibungen hatten dort stattgefunden. Freilich lag sie zwei Stunden von der Stadt entfernt und die franzsiösche Grenze zog sichsehr nahe dort vorbei; aber an einem freien Nachmittag würde er den Aus fiug schon machen können, und wenn er auch den Urlaub noch einmal über schreiten müßte. das machte ihm jetzt nichts mehr aus! Für ein Wiederse hen mit Jeanne nahm er gern einige Tage Arrest in den Kaus. Bestraft war er ja doch einmal, aus ein paar Tage mehr oder weniger Arrest tam es nicht mehr an. Die Gelegenheit zeigte sich bald. Die Kompagnie war auf Wache gewe sen und hatte am Nachmittag nur wei Stunden Dienst zur Zustand fetzung der Sachen. Um vier Uhr war der Dienst zu Ende. Friedrich rasch einen besseren Rock an, band IF den Hirfchfiinger um, seyte die Miipe teck auf das linke Ohr und verließ die Kaserne. « »Nanu'«, sagte der Unterafsizier Marien, »weil-in wollen Sie denn?« «Spaziergang machen«, entgegnete Friedrich kurz. »So ganz allerne?« spottete Mar ten. »Mamselle Jeanne is ja aus gerückt» ..thut Jhnen wohl sehr; Friedrich zuckte die Achseln und entfernte sich ohne Antwort. Der Unterossizier sah ihm lachend nach. »Wenn der wüßte«, murmelie er pfissi , »daß ich mit der Jeanne letz ten r-onntng tanzen war, er würde aus der Haut fahren...« Es war ein trüber, regenschwiiler Sommertag. Dennoch schritt Fried rich rasch vorwärts. Er berechnete, wenn er um sechs Uhr in der Terrx noire war, so blieb ihm rade eine Stunde des Zusammen eins mit Jeanne, wenn er rechtzeitig um neun Uhr wieder in der Kaserne sein wollte. Weshalb mochte aber Jeanne ge rade dies verlassene Geböft an der Grenze zum Stelldichein bestimmt haben?" Doch einerlei! Er sah sie wenig stens wieder und konnte ihr seinen Entschluß mittheiken. Wegen ihres Verkehrs mit dem Unterosfizier Marien wollte er ihr aber auch seine Meinung nicht vorenthalten Kurz vor sechs Uhr langte er bei dem verlassenen Gehöft an. Er Poss ie, Jeanne würde ihm entgegen sm rnen, doch teine Menschenseele ließ sich sehen. Die Gegend war wie ausgestorben Ueber dem Wiesen grunde schwebten dichte, graue Ne elschwaden Aus dem abgestorbenen Birnbanrn vor dem verfallenen Wohnbause saß ein großer, kohl schwarzer Nabe und siierte den Nik bertornknenden mit großen Glo ngen an. Dann erhob er sich mit chwers fällt m Flügelschlag in die Lust und strize einen rni tönenden Schrei aus sioßend, dem alde zu Friedrich trat durch die offensie hende Tbür in den hauislnr, an de ren Ende sich die Küche befand. Erstaunt blieb er stehen. Aus dem Herde brannte ein kleines aer nnd eine derbe Arbeitergestalt aß davor nnd wärmte sich die Hände. Das Gesicht des Mannes, das ein verwil derter Bart umgab, war von Ruh und Rauch geschwärzt, die Augen blick ten· fchsar und drohend unter den bu schleeq ngenbranen hervor. Seine s barst war die eins Kohienarbeis teri iach zerrissen, gesittet nnd MMGWU Friedrichs was-vie sich der Mann langsam um. »Eint S’ doch noch iugrmekW m h « »Ich bin Zier er e ", en eg nete Iriedri . äch sollte» Matte rnoiselle Jeanne Isard hier tref fen. Jst sie nicht da « « »Die staune ischt net hier , sagte der Arbeiter. »Aber ich sollt’ Sie zu i r sühren.« «R ocåinHV « » a ayangr. « »’ne halbe Stund’ non hier. ’s tschi das Geschäft von Monsieur Gasgard » hrem Vatert« « » a, Monsieur Gaögard tschi der Vater von Mamselle Jeanne.« . »Liegt denn Hayange auch in Lothringen?« » · »Ja, aber uff de sranzosische Set te«, grin te der Mann. · » Friedrich erschrock. Die»franzosi sche Grenze durfte er nicht uberschrei ten, noch dazu, da er in Unisorni war. Wenn es herauskom. konnten große Unannehmlichieiten entstehen. Die Befehle in dieser Beziehung wa ren sehr streng. · »Wenn Hayange in Frankreich liegt, tann ich nicht mitgehen«, sagte er zögernd. »Ja, aber das wird Mamselle äcanne nicht lieb sein. Sie erwartet uch ganz bestimmt und hat Euch viel u sagen.« »« esbalb ist sie nicht hieher ge tommen?« »Sie durf' net. Aber haben S’ nur teine Angst net, Hahange liegt net weit von der Grenze’, in zehn Minuten könnt Fhr wieder drüben sein. Niemand reht Euch, ich tenn’ die Weg ariz genau!« Friedri kämpfte einen kurzen Kampf. ie Sehnsucht, Jeanne wie derzusehen, siegte über feine Beden ken. Was konnte denn auch dieser kurze Spa iergang über die Grenze schaden«-! zu einer Stunde würde er wieder zurück sein. Und Jeanne erwartete ihn! Sie hatte ihm diel u sagen —- er ihr ebenfalls-. Also rn Gottes Name-a dorwiittsi »Wir werden aber doch keinen Gent-armen begegnen?" Der Arbeiter lachte. »So dumm werd’ ich net sein«, entgegnete er. .Hab’ selber net gern mit n Schand-armen zu thun. — Also wollt’ Jhr mitkommen?« s- ,a-« — » a, denn allons-marchons!« rief der Mann und sprang aus« »Jn ei ner halben Stunde seit Jhr bei Mamselle Jeanne!« Er schritt aus einer tleinen hin terthür, welche in einen oerwilderten Gemüsegarten fiihrte .Friedrich folg te ihm. Aus dem Garten tam man direkt in den Wald, der hier besonders dicht mit Unterholz verwachsen war. Der Arbeiter schan sich sofort in die dichten Büsche, ein schmalen-kaum er kennbarer Fußpfad, liei hier durch. den die Beiden dann in westlicher Rich tung verfolgten. Sie sprachen tein Wort mit ein ander, tiefe Stille herrschte in dem Walde, Niemand begegnete ihnen. Nach einer Viertelstunde lichtete sich der Wald. Als man am Saume desselben angelangt war, sah man ein Gehöst inmitten grüner Gärten daliegen. » a. « ir sind schon in Frankreich?« »Za, freilich. habt Jshr Furcht?« - » ein — aber wenn wir diesen Feldweg verfolgen, wird man uns vorn Dorf aus sehen tönnen?« »Sei-Dei nix — tommt nur· Wir zehen die hecke entlang, da sieht uns iemand.« Der Weg senkte sich. hohe-Feld raine, mit hepen depran t, faßte-i ihn u beiden Seiten ein, sodaß man geschützt gegen die Entdecknn war. «’s ist nur noch fünf innten«, singte der Mann. »Da hört hr i chdn den bund von Monsieur a ! tpard bellen.« Jn der That bellte ein Hund. Dann wurde es wieder still. Nur aus der Ferne tönte das Läuten der Abendglocke herüber. , Plöhtich stuyte Friedrich· hatte sich da hinter dem Bufchwert nicht etawö bewegt Blintte nicht ein BajoneM — Da noch eins! Er wollte umdrehen und fortlau fen. Da tönte ihm ein lautes »Mit — — da!« entgegen und zwei fran zösische Gendartnen sprangen auf die Straße und versperrten ihm den Inn das verhunger Weg. xriedrich griff nach der Wasse. Aber die Gendarcnen hielten ihm das gefällte Bajonettgewehr entgegen. » hr seid verloren, wenn Jhr die Wo e zieht!« rief der eine in deut icher Sprache. »Wir-hin wollt’ Jhr2 —- Srid Jhr Deserteur?« »Ich bin kein Wintean entgegne te Friedrich anmuthig. »Ich wollte nurTzcemanden in hat-enge befuchen.« » er ist est« «Mademotselle Jeanne Gaspard . .« »Die wohnt nicht dort. —- Wir tennen sie nicht« ,.Ei, is fragen Sie doch meinen Begleiter! Er sollte mich zu ihr führen!« Er wandte sich nn seinem Führer um, erstaunt aber blckte er sich um, er sah den Mann nicht mehr, der sich seitwärts in die Wische geichla n hatte nnd nun spornstreichs durch Fie Felder davonlie . «Euer Betzleiter scheint auch kein gutes Gewt en zu -hcben«, ent ge nete der Gendarrn lachend. »Aber lage ihn nur laufen, wir kennen ihn un tve sen ihn schon wieder. Jhr müßt mit unt kommen» Gebt Euer Seitennewehe her.« »Aber ich bin kein Deserteur —4 ich will wieder iider die Gren —- ich bitte Sie, lassen-Sie mich ge n.« »Das ist wider unsere Instruktion. wir müssen Euch verhaften. Wider fetzt Euch n t, oder wir müssen von unseren Wa ( n Gebrauch machen.« riedrich lah das Nu iose des Wi der tandes en. Gegen ie zwei mit Bajonettgetrehren bewaffneten Gen darmen hätte er mit seinem kurzen Seitengewehr nichts ausriedten kön nen. Er zog den Hirschfänger aus dem Koppel und reichte ihm dem Gen darni. »Ich fol e Jhnen«, sagte er. »Aber ich werde och wieder frei gelassens«' D »Das wird sich "finden. Also vor wärts marsch. Und versucht nicht zu entfliehen unsere Chassepotkugeln sind schneller, als Jhr laufen tönnt.« Zwischen den beiden Gendarmen schritt Friedrich mit gesenktem Kopfe dahin. » Das konnte eine risse Geschichte siir ihn werden! Wenn er auch wirklich nach einigen Tagen wieder freigelas sen und an die Grenze zurückge bracht wurde, so sah er doch einer strengen Bestrafung in feiner Gar nison entgegen. Vielleicht glaubte man ihm auch gar nicht, daß er nur zu einem kurzen Rendezvous hatte gehen wollen. Vielleicht verdächtigte man ihn, daß er hatte desertiren wol len! Hatte er doch schon einmal in dem Verdacht gestanden. « Es übertief ihn siedend heiß. Er fühlte, wie ihm das Blut in die Wein cen schoß und«sein Herz in wilden » Schlägen pochte. f O mein Gott, wohin war er in so kurzer Zeit gelangtil —- Noch vor wenigen Ta en ein unbeschcsltener, ehrlicher Sol It —- W ein Flücht ling, ein Deserteur, ein Eidbriichiger, sein Gefangenerk » Und weshalb das alles? —- Nur ! weil er einige Minuten zu spät in die lKaserne gekommen war! Weil er »den Schmeichelworten, den Lieblosun ; en eines Mädchens nicht hatte wider IFtehen können! ) llnd JeanneZ —- Wo war sie? — FDer französische Gendarm sagte, daß ;er sie nicht kenne. Aber wenn sie in Donau e wohnte, mußte er sie oder ihren s ater doch kennen. ; »Wollen Sie nicht Jeanne Gaspard "sragen?« sagte er, sich an den deutsch sprechenden Gendarmen wendend. -»Sie wird Jhnen bestätigen, daß nsiein Besuch ganz harmloser Natur i t." »Aber ich sagte Euch doch schon, daß wir leine Jeanne Gaspard len nen.« ,,Und doch wohnt sie in ayange.« »Das muß ein Jerthuni ein. Jn Hayange wohnt lerne Familie dieses Namens. Ein Vierte Gaspard ist Köhlermeister auf der deutschen Seit-: —- vielleicht meint Jhr diesen?« ,, a, Ia.« - » a, mon ansi, dann seid Jbr in eine schöne Falle gerathen!" lachte der Gendarm. »Wie so?« »Das kann ich Euch nicht sagen. TWir haben nur den Befhel erhalten« . Euch hier in Empfang zu nehmen und s nach Nanch zu transportiren.« »Sie wußten, dasz ich lommen würde?!« »Freilich. Man bat es uns ange zeiat. Aber was habt Jhr?« Als ob ein Blitzstrahl vok die Füße Friedrichs eingeschlagen, so lau-· nielte er zurück. Eine furchtbare Klarheit öffnete sich ihm. Er war betrogen und verrathen! —- Und von ihr, die er aus tiefstem Herzen ge liebt. Ein Stöhnen entrang sich seine Btusi. Es war ihm, als ob sein Kopf zerspringen mußte. Dann lachte et plötzlich hell aus und finste rer Troy der Verzweiflung ersiillte seine Seele. Nun war es einerlei —- sein Leben war vernichtet — und willenlos folgte er den Gendarrnen. 12. Kapitel. Ein Verhör. Leutnant von Fuchs hatte irn Bei-l sein des Ehrenrathes Harald seine Entschuldigung ausgesprochen und dieser sie angenommen. Damit war die leidige Duellaffaire beseitigt dant der geschickten und tattoollen Inter vention des Kommandeurs, der auf den sehr richtigen und verständigen Standpunkt sich stellte, zufällig ent-. ftandene Streitfälle zwischen seinen; Offizieren möglichft auszugleichen; und die thörichten Zweikiimpfe einerJ Bagatelle wegen zu verhindern. Er ’hieit es für ehrenhafter, ein in der Er- » regung begangenes Unrecht« durch offenes Bekennen und durch die BitteI um Entschuldigung zu sühnen, als durch halsstarrigee Beharren aus dem einma! begangenen Fehler einen Zweikampf hervorzurufen, der nur allzu leicht blutig endigen konnte. « harald nahm die Entschuldigung seines Gegners um so eher an, als er den Standpunkt seines Kommandeurs theilte und weil feine Seele durch die Zweifel an der Ehrenhastigteit des Vaters henriettes zerrissen wurde Er wußte, daß eine geheime Unter Lspsuehung gegen Monsieur hauoiller eingeleitet war. Er e fuhr aber auch, daß man bislang ni ts geradezu Be lastendei entdeckt hatte. Er war von einer angsivolIen Un ruhe beseelt. Er wagte nicht mehr, M baut dei Perdiichtigen u betre-. ten, aus urcht einen Um and zui entdecken, den Verdacht bestärken konnte ,oder ein Wort zu- sagen. wel ches auf die geheime Untersuchung hinwies. Jm ersieren Falle wiirde er sich ver pflichtet gefiihlt haben, feine Ent deckung dem Kommandeur zu mel den; im zweiten Falle wiirde er nach feiner Ansicht einer ftrafbaren Indis tretion sich schuldig gemacht haben. Und dennoch zog es ihn mit aller Macht nach jenem Haufett Seine Liebe zu Henriette hatte sich von Tag zu Tag vertieft; je näher er das junge Mädchen kennen lernte, desto höher stieg seine Achtung vor ihrem Charak ter, defto tiefer ward feine Liebe zu dem schönen und edlen Mädchen. Er wußte auch, dafz Henrietes Liebe zu i m fester und tiefer geworden war; enn sie auch nicht von ihrer Liebe sprachen, fo sah er es doch an dem Aufleuchten ihrer Augen« so merkte er es an dem warmen , innigen Druck ihrer Hand, an ihrem ganzen Wesen, das von einem großen, tiefen, be gliirlenden Gefühl übergossen war und in fonniger Heiterkeit und Anmuth erftrahlte. Hatte sie bei ihren Zu fammentiinften an der »guten Quelle« ftets eine gewisse fcheue Zu rückhaltung gezeigt, fo kam -sie ihm jeht mit offenem Vertrauen entgegen, welches ihn beglückte. Auch wenn das bindende Wort noch nicht gesprochen war, fo gehörten sie zusammen. Das fprach ihr ganzes Wesen, ihr ganzes Benehmen ihm gegenüber aus. Und diesem rührenden Vertrauen gegenüber mußte er jetzt schweigen, obwohl er von der Gefahr wußte, welche ihre Familie bedrohte? Er durfte nicht offen vor sie hintreten mit dem Worte: »Diefer Verdacht lastet auf Deinem Vater —- lafz ihn sprechen, daß er diesen Verdacht zer streut, der unfer Glück bedroht und vernichtet.« Er durfte ihr nicht feine Sorgen, feine Zweifel, seinen Kummer geste hen und Trost und Hoffnung bei ihr suchen. CFortfetzung folgt.) Orkan staunt-at Jn drei mit Guirlanden und Fah nen eschmiictten Ertraziigen verließen die heilnehmer an der Simplons Feier Lausanne, um zum ersten Mai sen neuen Weg nach Jtatien anzutre en. Jch fuhr in dem gleichen Zuge, der den Bundespräsidenten Forrer und die Vertreter der italienischen Re gierung mit sich führte, und konnte so die Empfänge und Ovationen mit an sehen, die während der ganzen Fahrt in der Schweiz Herrn Forrer und den italienischen Nachbarn dargebracht wurden. Fast überall donnerten die Böller und wehren die Fahnen, erklan gen während des Vorbeipassirens die Töne des schweizerischen Nationalw des »heil dir Heloetia oder der Mar tia reale und an einigen Hauptpunkten wurden den festen Bestandtheilen des Programms noch einige weitere Lecker bissen hinzugefügt So in St. Mau rice, wo eine stinderfchaar dem Präsi denten den Gruß brachte, die Jungen mit ihren kleinen Trommeln, die Mäd chen mit ihren hellen, frohen Kinder stimmen. Noch hiihfcher gestaltete sich nach dem großen Festnrahl in Sitten, das in einem Zelt aus offenem Felde stattfand, unter theilnehmenderAufsicht der ganzen im weiten Kreise umher stehenden Bevölkerung die Begriiszung in«Visp. hier war eine ganze leben dige und todte Simplon-Ausftellung auf dem Bahnhos veranstaltet. Das Maulthier. das früher über den Paß »in! Nebel seinen Weg suchte," ein Bernhardinerhund, Bergwanderer und Bergschlitten, schließlich als Haupt schaustiick ein Postwagen ohne Pferde, der Postillon daneben mit umflorter Peitsche, und über dem allen die Auf schrift: Morituri te salutant. Und die Bergsiihrer von Visp und Zer nratt, prächtige verwetterte Kerle mit blitzenden Augen und machtigen Bar ten eilten den Zug entlang und reichten Champagner zu den Wagen hinauf Einer fügte dazu einen Strauß Alpen rosen, mit dem er zu meiner Ueberra schung gerade mich erfreute, obwohl der Minister Guicciardini zwei Schritt daneben stand —- ob die Blumen nur durch ein Mißverständniß an den fal fchen Mann kamen oder ob den braven Mann aus Visv die heimliche Vorab nung einer günstigen Kritit zu dem Tintenmenfchen zog, ließ sich nicht fest stellen, denn die Fahrt ging weite-. Jn wenigen Minuten sollen wir den Simdlon erreichen. Jegt paisiren wir Brig und empfinden doch alle ein Ge fühl neugieriger Beklemmung als der liebenswürdige Betriebs-direkten der unser Wagengenosse ist, vie Mahnung ausspricht, die Fenster feft zu schliessen Plötzlichst wird es dunkel: wir sind in den Tunnel eingefahren. Was uns in den vorhergehenden Tagen alles erzählt wurde vön der furchtbaren hine, die auf dem Men schen lasten, von dem betlemmenden Gefühl, das in der Tiefe auch den Be zherztesten beschleichen sollte! Nun, es : fei festgestellt: alle diese Geschichten sind HMärchenz Jch habe über die Tun ;nelfahrt meine Beobschiungen in HZivischemäumen von je fünf Minuten ;niedeegeschrieben.· Wer Lust und Ge legenheit hat, mag sie nachprüfen, wo be freilich zu bedeuten ist, daß dieser erste Stmvlon - Zug sehr rasch fuhr (rnit zwei Maschinen) ,und daß, tote ich höre, etn euerungoinaterial von Ibefonderer G te für diesen Tag aus Ygewählt war. Nun folgen die Rott zeu. s Uhr. Wir sind im Tunnei. We niger Lärm als im Gotthard, Tempe ratur 20 Grad Celsius, tein Kohlen geruch. 3 Uhr 5 Minuten. Es wird wär mer. aber durchaus keine bellemmende .Empfindung. Die Nähe der Tun-sel iwände, die zuerst besremdete, wirkt ijetzt interessant, beinahe beru igend; man erlennt im Vorbeisahren ie be leuchteten Kabinem die in angemessenen stirxschenräumen im Tunnel errichtet in . I 3 uhk 10 Minuten Jch öffne not ides strengen Verbotes ein Fenster, um die Wittfngen des »Hihstrahls« zu spüren, von dem man in Bern er zählte. »sieine Ahnung!«, wie der Ba ron im Nachtasyl sagt. Nur ein «tiichtiger Mund vollRauch belohnt mei ne Neugier. Das Thermometer im Wagen steigt langsam, nachdem es son derbar genug lurz vorher etwas ge fallen war. (Wie mir später erklärt wird, lag das wahrscheinlich an der Nähe der lalten Quellen, die zuerst die Arbeiten im Simvlon störten, jegt aber eingesungen sind.) 3 Uhr 15 Minuten. 29 Grad Cel siusi Ziemlich warm, wenn man den ganzen Tag bei dieser Temperatur um herwandeln sollte, aber hier unten nicht so schlimm, wie man geglaubt hat 3 Uhr 17 Minuten. Das Thema meter ist noch um einen Grad gestiegen. Wir sind jetzt 4000 Fuß unter Fels gestein, weniger belastet als noch fiinf Minuten vorher, und doch merkt man die hine weit stärker. Das geschieht, weil wir jetzt in der Nähe der heißen Quellen sind, die den Gelehrten soviel Kopfzerbrechen gemacht haben. 3 Uhr 2 Minuten. Die Fahrt ist vorüber, der Tunnel liegt hinter uns. Gleich nach der höchsten Temperatur svon 30 Grad fiel das Thermometer Irapid. Jetzt ist es wieder gestiegen. Musik, Geschrei und ein brauner Junge im zerrissenen Hemd, der neben dem Zuge herläuft: Italien, Damm dossola. So weit mögen die Notizen wieder gegeben sein, denen noch hinzugefügt werden foll, daß die GotthardiBahn bei der Einsahrt von der Schweiz aus größere landschaftliche Reize bietet, fwährend die Fahrt durch den Simvlon sogleich beim Austritt aus Zem Tun nel sehr schöne Bilder italienischer Na tur zeigt. Etwas später, bei der Fahrt am Lago Maggiore intiang mit dem Blick auf die Borrvmeischen Inseln, wächst der Anblick zu wundervoller , An dem Jnteressantesten freilich sind iwir im Dunkel des Tunnels vorbeige ifahrem an der sogenannten stummen Station von der aus die Sicherheits vorlehrungen im Tunnel geregelt und Idie maschinellen Einrichtungen lontrol lirt werden. Es gelang mir nicht die Station vor der Einfahrt zu besuchen, ;da man natürlich Laien in diesen Ta gen dort nicht brauchen konnte Und nun sind wir in Mailand. Die letzten Meilen der Bahnstrecke J wurden von Soldaten und Karabinieri Hbewacht —- eine freundliche Aufmetl jsamleit für die Tiraden einiger Ueber l ängstlicher, die etwas von Bomben und iDynamit gefabelt hatten. Jn der iStadt herrscht das gewöhnliche laute sLeben: die Temperatur ist vorläufig nicht viel höher als die im Simplon Tunnel. Noch ein feierlicher Em pfang im Enopolio, von dem sich man che drücken werden, denn es ift nicht Jedermanns Sache, den ganzen Tag in Bratenrock und Zvlinder umher zu lau fen, dann noch ein Konzert in der Skala, auf das sich das Herr freut, und dann geht der Zug der Feitgäite weiter nach Genua. Einige bleiben in Mailand zurück, weil sie trotz aller ge botenen Herrlichteiten sich gern wieder als Individuum fühlen wollen: der moderne Mensch tann herdenweise Ver frachtung auf die Dauer schwer ertra gen. Aber auch diese abtriinniaen Simp lon - Fahrer denlen mit Gesiihlen der Lieb und des Dankes der gaftlichen Schweiz, deren neuestes Verlehrswum der hoffentlich alle Erwartungen er füllen wird. Heil dik, Helvetiat Schm- imis. « I LQ V »Nein Schet Fräulein Elsa; aus Liebe zu mir feind bereits zwei Mäd chen wahnsinniq tgeworden — und Sie sollt-Fu mich wir lich nicht lieben tön neu »Nein Herr Dotmk JAlio schon — drittes wahnsinnigez Mädchen!« Was heute modern ist, wird morge fchon modern.