Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 20, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    Mk Roman des Geschwister-.
Von Signor Saliarino.
« Jnr Jahre 1881 oder 82 war ich
Cis Bereiier in dem kleinen dänifchen
Cirins Leonard engagier. Wir spiel
spten in Rath-us« nnd hier vollzog sich
·ein Dreima, über das Die Zeimngen
site-r Länder ausführlich herichtetenr
ein dänischer Kavallerie-Leutnant er
fchoß die einzige, bildfchöne Tochter
des Ciriusdirekiors und dann sich
elhst. , Wie es hieß, sollen einer Ver
indung der beiden jun en Leute un
Kbekwindliche Hinderni e entgegenge
finnden haben. Was Wahres an dem
Gerücht war, haben wir nie erfah
ren.
»Ja, ja«, sagte der bejahrte, hum
lnde Siallmeister Cotrelly uni:
rehiebedöchtig an den Spitzen sei
nes gefärbten Henti quatre, »wir
vom Cirtusn wir sieben und hassen
eben anders als die aus der Bont
eoifre. Jch bin jetzt nahe an die
chzig und von Kind an beim Me
tier. Da habe ich denn anches er
lebt und gesehen. wovon ihr jungen
Dachse Euch nichts träumen läßi.
Freilich bin ich immer ein vorsichtiger
rann gewesen; ich werde daher auch
unbeweibt ins Grab steigen. Doch
auch ich habe einen Roman erlebt, ei
nen Roman, sage ich —«
»Nami, Coirelly, Sie und ein Ro
mars«
so Or c I« M..«t.
»Ur-mich numer, nur ruhig. auch
ich war einst jung und ein ganz pas
abler Mensch, dabei ein leidlicher
hne- Sattel Reiter Jch truc keine
Perriicke, färbte mir nicht den Bart
und —- was die Hauptsache ist —
schleppte nicht ein lahmes Bein hinter
mir her Jch war beim alten Ren;
enga irt bei Ciniselli und auch bei
Wo schlägtn Später freilich, als
ich in die Dreißig kam, mußte ich
mein Brot bei kleinen Gesellschaften
suchen Und da warf mich mein
Schicksal in einen Wandercirtus letz
ten Range-s.
Hier erlebte ich meinen Roman.
Unsere Gesellschaft war klein, eben
so die Gagen Dabei habe ich eine
zusammengewürfeltere Truppe noch
nie wieder gesehen. Alle Nationen
waren in derselben vertreten —- vom
Kaukasus bis Mexito. Ein geradezu
tolles Durcheinander.
Da war zuerst der Direktor, eit
holliinder Namens Robinson, dann
seine Frau, eine baumlange Eng
länderim die bei jeder Gelegenheit er
zählte, daß sie aus sehr feiner Fami
lie ftainme und eigentlich zu etwas
Besserem geboren sei, als mit einen-.
Cirtus in der Weit herumzuziehen
Unser Stall enthielt im Ganzen
siinf Pferde und einen dressirtenEsel,
der von Mr. Jor Austin, dem Clown,
einein Ameritaner, vorgefiihrt wurde.
fett Robinson selbst trat als Dres
eur von Freiheitspferden und als
Schulreiter auf »Padischah«, einem
alten, hochbeini n Engländer aus,
der noch einige aloppschulen abtlap
perte und in einem wackeligen »trot
efpagnol« zeigte, daß er früher eine
wirkliche Schule genossen.
So reiften wir von Stadt zustadt,
von Dorf zu Dorf, natürlich nicht im
Exirazug sondern schäbig behäbig
nnd langsam die Landstraße entlang,
bei Sonnenbrand wie bei eisigen
Winden, doch immer frohgemuth und
immer durstig, wie es sich echten Va
ganten geziemt.
Es war in Friegland, an der hol
landischen Gren e, wo uns das Un
heil erfaßte. « ie Geschäfte gingen
unter aller Kritik.
Robinson wurde schlecht gelaunt
« und griff häufiger denn je zur Gene
seZWenn das so weiter geht, dann
beich bald tein Geld mehr, um
utter für die Pferde zu tausen. Das
nirte Publikum von heutzutage
weiß wahre Kunst nicht zu würdigen.
Gibtes denn in irrend einem andern
Eirtus furiosere Reiter als bei mir?
Wer kann einen gleichen Marstall
edelfter Thiere aufweisen?«
Alles ganz schön und ut, Herr
Robinson aber was uns feält ist ein
,,Star«. Sie gehen jetzt nach Gro
nie-gen, da müssen Sie unbedingt eine
Attraktion hame
Der Direktor sah mich ziemlich ver
·ndn" los an. »Ein Star? Eine
ttrattiont Aber Mensch, sind denn
Hadischsaly Bebbe, Austin, sind denn
alle meine Künstler nicht Attrattionen
emsi«
Brummend ging Robinlon von
dannen. Aber der Gedanke an den
»Sie-r« schien ihn nicht verlassen zu
hoben; denn noch an demselbenAbend
ließ er mich in seinen Wohnwagen ru
fen, bot mir einenSiuhl an und sag
F te: »Da Sie die Jdee von dem Sior
" oufgegeriffen haben, müssen Sie auch
schrei n — vielleicht bringt bog
Glück. Schreiben Sie allo on meinen
alten Freund Pontelli nach Hamburg,
er möge mir seine Tochter Heliot
spielen, wenn sie frei ist. Ich würde
eine fürstliche Gage zahlen: zehn
ulden per Ta und volle Pension
mit Familienan chluß. Die schöne
Mist ifi zweifellos ein Stor. Es
gelit- keine eleeontere, tühnere Seit-—
szierin, als Iie Tochter des alten
« « kir· Bauen Sie ja das Zelt fe
r alt sonst; denn die Heliot reißt
ihrer Wildlzeii und Grazie Alles
Use-niem«
Wir spielten in Groningen bereits
sitt-e Zeit rmt mäßigem Erfolge, als
M Vormittags eine hochgewachlenr.
, Blondine in unserZelt trot,
M; Brief in der hand, den der
, M geschrieben Das Mäd
- chen war Miß Heliot, die erste Kabeli
tätgeorin der Welt.
s Teufels-seid war denn auch
die Attraktion, vie mir brauchten. Jcb
habe niemals wieder eine graziöfere,
vollendeten Arbeiter-in auf demTanz
feil ges-eben als diese Arttftin.
Sie zog. Der Cirtus war jeden
Abend onst-erkaqu Die steifen Hol
länder waren geradezu närrisch und
überschütteten die schöne Seiltänzerin
mit Blumen, Gedichten und Geschen
ten. Doch Miß Heliot lachte dieLeute
aus und nahm Huldigungen und Ge
schenke entgegen, als müsse das so
sein.
Leider brach sie auch das Herz un
feres lieben Aujtin, des Clown. Der
junge Mann war still und ernst ge
worden, beinahe menschenlchen..
Heliot bemerkte die Leiden des
Clown nicht, oder wollte sie wenig
ftens nicht sehen An einem Abend,
vielleicht vierzehn Tage nach dem De
lsiit der Seiltänzerin, arbeitete diese
in einem besonders verführerifchen
Joieitoitiim Joe Anstin hatte ihr
bei der Nummer kleine Handreichnns
gen zu leisten, und die »Revrisen«.
das heißt die Pausen, die nöthig wa
ren, damit Miß Heliot Athen-. schö
pfen konnte, mit feinen Mädchen aus
susisxsiik .
Die Leulsnzcklll DccllMlc lkllc Al
beit mit einem kühnen Saltomortale
auf dem Rahel, machte einen zeremo
niösen Knicls und ging mit keuchen
der Bruft durch die Portiere nach der
Garderobe zurück. Der Clown nahte
sich ihr mit komischer Grandezza,
faßte ihre kleine Hand und verbeuate
sich gleichfalls tief vor den u
schauern. Dann hüpfte er mit iß
Heliot zurück, deren Hand lraknpfhaft
sesthaltend.
»Wie schön Sie sind, Miß Heliut!"
flüsterte Austin ihr hinter der Pot
tiere zu.
»Was soll der Unsinn-—- lassen Sie
fofort meine Hand sogl«
«Miß Heliot — ich liebe Sies«
»Scherert Sie sich fort, Sie Narr!"
schrie die Seiltiinzerin zornig. »Das
Gauklerspiel ist aus!"
»Heliot«, flehte Austin in leiden
schaftlichem Ton, .Heliot, ich lieb-e
dich, ich liebe dich wahnsinnig, höre
mich an, nur wenige Worte —«
»Lassen Sie mich los oder —·· rief
das Mädchen drrhend
Joc, keiner Sinne nicht mehr mäch
tig, riß das schone Weib an sich und
bedeckte dessen Gesicht mit beißen, lei
denschaftlichen Küssen. Mit kräftigem
Arm schob die Seiltänzerin denClown
zurück, hob die Rechte zum Schlag,
die Gerte pfiff durch die Luft und
zeichnete einen dunlelrothen Streifen
auf dem weißbemalten Gesicht des ar
men, verliebten Kerls-.
Joe Austin schrie auf wie ein ver
wundetes Thier, während heliot in
der Garderobe verschwand
Nach diesem Auftritt war der
Clown wie umgewandelt Er war
wieder wie früher, lustig und leben-)
froh, immerdar ein hilfsbereiter Ka
merad, und es schien, als habe er
Peliot und seine Liebe zu ihr verges
ert.
Von Groningen gingen wir nach
Leeuwarden, und auch hier zog die
schöne Seiltiinzerin das Publikum in
Schnaren heran. Herr Rohinson
schwamm in eitel Wonne. Er fühlte
tch jetzt als ein großer Cirkuådireb
tor· oerlie seinen Wahn-vagen und
siedelte mit seiner Frau und Heltot
Pontelli in ein Hotel über.
Letztere feierte wahre Triumphe.
Es regnete geradezu Blumen, und
besonders fiel es aus, daß Miß Heliot
Abend fiir Abend ein prächtiger
Strauß weißer Lilien übrrreicht
wurde.
»Wifsen Sie, Herr Robinion, von
wem unfer Star allabendlich diese
schönen Lilien bekommt?« fragte ich
einen-sit den Direkotn
s- k so. 4 -«:.- BJLTA
»All, Illip stack uuck nun-. Messe
verständlich von einem Anbeter«,
lachte Robinton. »Sie sind wohl ei
fcrsiichtig, wass«
»Eisertiichtig —- ich?« gab ich er
staunt zurück. »Warum sollte ich ei
fersiichtig sein?«
»Sie glauben wohl, daß ich blind
bin! Nachdem Joe sich eine Abfubr
geholt hat, seliekich doch, daß sie be
ständig hinter ihr her sind. Ich gebe
Ihnen aber einen guten Rath, denn
ich kenne die Pontellis besser. Die
Mädchen wollen alle höher hinaus-c
Heliot wünscht ihre Liebe nicht, so
wenig wie die Verehrung des Ausiin.
Lassen Sie ja die Finger davon!«
Jch mußte über Robinsons War
nung lachen. Gewiß, ich bewunderte
die Schönheit der Seiltiinzerin, ihre
exzellente Arbeit —- aber lieben, ich.
ein Mann in reiferem Alter schon,
-nein, davon wußte ich nichts!
Ptöylich stand Miß Heliot neben
mir. »Na, Herr Cotrelly, was haben
Sie denn zu tachen?« fragte sie und
schaute mich mit ihren großen.!
chwarzen Augen so heiß und ver-I
sührerifch an, daß mir das Blut insj
Gesicht schoß. Wie unter einein Bann J
faßte ich ihre Hände und bat: »Mifz
Heliot, von wem betointnen Sie jeden
Abend die schönen. weißen Blumen?«
»Was tiinmtert das Sie!« eer
derte sie schroff und riß ihre Hände
aus den meinen.
Wir standen vor itcprer Garderobe,
ich wollte ihr Adieu agen. da traf
mich wieder ein verheißunssvollsr
Blick aus ihren rä seihasten Augen,
der mich erbeben lie .
» shlt Ihnen etwas, Herr Con
trelns Sie sind heute ganz anders
als sonst.« .
Jch faßte wieder ihre nd, die e
mir-, diesmal nicht entsagtW « si
»Helioi«« sagte ich, »ich glaubte,
Sie nur als Artiftin zu bewundern
—-— jetzt aber weiß ich, daß ich Sie
auch liebe, Lieb-.- ntit der ganzen Ginth
meines Herzens. Die Binmen haben
mir die Ertenntnifz gebracht —- ich
bin eifersiichtig auf den Spender . . .«
Da schlug si-: ihre vollen, weichen
Arme um meinen Fall-. »Auch ich
liebe dich, Henry, hei nnd innig, seit
dem ich- dich zum ersten Male gesehen.
Und die Blumen? Ja, ich weiß selbst
nicht, tver der Zpendcr ist: ich nehme
die Lilien nur deshalb mit in die
Garderabe nnd ins HoteL weil fte
doch so wunderschön sind. Nur bus
Ien sie so scharf, so tüßlich-hitter
möchte ich sagen — das ist fchade.'«
Sie sprang in die Garderobe nnd
kam im Moment zurück. »Da riecht
einmal!« Heliot hielt mir ein Buiect
unter die Nat-en ·
Es war ein mir fremder Geruch.
wie ungefähr Band-in riechen. »ge
liot, ictt bitte dich dringend, nimm i
Vlnmen nicht mit in dein Schlafzitm
mer. Jch habe gelesen. daß Blumen
geencb betäuben solt."
Da lachte sie über meine Angst und
schlug mir mit der tleinen, weißen
Hand auf den Mund
Am anderen Morgen erlitten Mist
beliot nicht zum Frühstiick. Frau
obinson ging zu ihr ins Zimmer,
und berichtete dann, daß die Künstle
rin mit hefti en Kopfschmerzen zu
Bett liege. - er nm feinen »Stat«
besorgte Direktor schickte sofort nach
einem Arzt.
»Welch eine Luft hier!" rief dieser
erstaunt aus« als er das Zimmer be
trat. »Nein Wunder« daß Sie trank
find. Und hier »- der Arzt griff nach
dem Lilienstrauß —— hier haben wir
ja auch gleich die Ursache. Nehmen
Sie nie wieder größere Blumenbiiteite
mit ins Schlafzimmer·—-es taugt nie.
Nun ader an die frische Lust!«
Die Tage, die Wochen gingen vor
über. Jni Anfang des August schlu
gen wir die Leinwand in Zwolle aus.
Hier wollten wir uns offiziell verlo
den, da ja doch die ganz-« Gesellschaft
von unserm Verhältniß wußte.
Joe Austin iibte zu jener Zeit eine
neue Nummer ein — er wollte Kunst
fchiitze werden«
»Wenn mich heuteRobinson davon
jagt und verkauft wir seinen Esel
nicht, bin ich als Clown nicht mehr
viel werth. Es ift immer besser,
wenn man noch eine Spezialität hat«,
meinte er·
Der Clown übte jede freie Stunde
und harte es auch schon zu einer bes
deuienden Fertigleit gebracht. Ei
hatte sich einen Engelsang aus Holz
und Eifenblech hauen lassen, an dem
er handgroße, abgestimmte Metall
scheiben befestigte. Mittels einer
großen Drehpistole schoß er aus die
Eisenplatten, und zwar so schnell hin
tereinander, daß durch die aufschla
genden Kugeln eine einfache Melodie
hervorgebracht wurde.
Bis-weilen schaute auch Heliot sei
nen Proben zu. Sobald Auitin sie
sah, drehte er ihr den Rücken zu. Er
sprach nie ein Wort mit ihr.
Eines Tages stand ich neben der
Seiltiinzerin, als Austin iibte. Ganz
gegen seine Gewohnheit blieb er uns
gegenüberstehen
»Sieh da, Joe ist wieder gut«,
scherzte ich.
Jn Heliots Augen strahlte es auf,
und eine dunlle Röthe der Freude
iilerzog ihrs schönes Antlitz. Wie von
einer großen Gewalt getrieben, öft.
nete sie die Arme. ·
Ein Blick auf das heftig erregte
Mädchen, und wie Schuppen fiel es
mir von den Augen. -
Cotrelly —alter Esel! Helin liebt
Joe und hat ihn wohl immer geliebt,
nur aus einem Ewing falschenStolz
hatte sie es nicht ze n wollen. Sie
hatte mich nur zu dem Rweck belegen
und bethöry uin Joe eiferfiichtig zu
machen und ihn wieder zu ihrenFiißeit
zu bringen. «
«8eliot«, fliisterte ich ihr zu, »ich
dur schaue deine Komödie, abe: suche
dir einen anderen Hanswurft —- ich
bin fiir solche Spielereien zu gut und
zu alt!« - -
»Nicht schbösch seinf ingiik süßer
nrn.'« niei elte ie iin egte inie
gen hand auf meinem Mund. «Nicht
zanien!«
»Ich bemerlte wie sie dabei dem
Clown einen ihrer sinnbethiirenden
Blicke zuwarf.
Dieser schaute sie talt und verächt
lich an. Dann lud er von Neuem die
Pistole4
Da trachte ein Schuß. heliot
stürzte lautlos zu meinen Füßen nie
der. Ein zweiter S uß —- unv auch
Owe Austin war aus iesem Leben ge
chieden Die Seiltiinzerin hatte er
mitten ins Herz getroffen: er selbst
hatte sich in die Schläfe geschossen.
Der Staatsanwalt legte Beschlag
auf die Effekten der Beiden. Initiati
fer des Clown-s fand man einen Zet
tel in englischer Sprache. mit rother
Tinte geschrieben: »Ja Austin
schenkt teinem Menschen ein-H Peit
chenhiev, und wenn er ausk- von ei
nem Weib kommt. Wer mich schlagt,
muß sterben. Wirtt das Gift nicht
—- die Kugel führt steter zum Ziele
s George Sherman, ugennnnt Joe
jAuftim aus NafhvilleJI US A. «
III
Dai war der No an des alten
Stallmeifters Henry trellt).
W
Zu gefährlich.
Er ebeim Abschied): »Jedeö al,
wenn ich aus diesem Glase tri le T
will ich an Dich denken, mein Verzi«
Sie: ,,’:Thui aber denke nur nich
allzuoft an wicht«
-
Können Sie französisch?
Heiteres aus Kurhefsens vergangenen
Tagen. Von-S. Laß iHMgnm
deim).
Wenn jetzt in deutschen Landen ei
nige Männer von 50 bis 60 Jahren
zusammenkornmem wird von dem
Krieg 1870-—71 geredet, denn jeder
ist dabei gewesen. Gerade so und in
noch oerstiirtterem Masse wurde in
meiner Jugend über die stanzösische
Jnvasionszeit end die deutschen Be
sreiunsekriege gesprochen. DieJuqend
hörte mit größter Aufmerksamkeit zu«
wenn die »Frankreicher«, so nannte
man die Veteranen der Befreiung-Is
trieae, von set-en Jnvasionzs und
Kriegsjadren erzählten
Die sranzösische Jnvasion hatte sieh
in Kuchessen noch mehr geltend ge
macht als in anderen Gegenden
Deutschiands. weil man da einen
Franzosen zum König bekommen
hatte. Von diesen Zeiten dre- Königs
Jerome erzählte man denn auch sehr
vieles. Den Namen König Lustick«
konnte zch begreifen, aber unter »Je:
rosne« konnte im rein gar nichts den
ken. Jch kannt-: wohl die in der Ge
gend gewöhnlichen Namen Friedrich
Wilhelm, Caspar, Lorenz, ottsried,
Gottlob usw« aber femme war mir
so fremd und unvertändlich wie ir
gend ein chinesischer Name. Hätte
man mir ert!ärt, dzsz Jerome aus
deutsch Hieronymus heißt, so wäre
ich auch noch nicht besser daran gewe
sen, denn Hieronnrnns war ein unge
brägchlicker Name in der Kasseicr Ge
gen .
llnd das war ja das einzi e Enk
aexentommen Napvleons, das Jem
sxze osssziell sich König Hieronymus
hiesz und nicht Fett-me wie er allge
mein genannt wird. Aus den Kupfer
Sotstiutem die man noch lange häu
fig ehen konnte, da sie, wenn nicht
im erlehr, is doch von jedem zum
Andenken zurückbehalten wurden, zeig
te die Rückseite ein großes Mono
gtamm und HN als ossizielle Be-v
qeicimung des Königs Hieronymus
apoleon.
»War es nun Bosheit oderUnlennt
nisz der einfachen löndlichen Leute,
niemand wußte, daß HR Hieronymus
Napolean heiß-In sollte, sondern aus
dem unbekannten Monogramm des
durch visete Anetdoten bekannten Kö
nig Lustick tonstruirte man fiir NO
die Bedeutung hans Narr, so daß
nian allgemein von »Köuia Hans
Narr« sprach. Ich war schon zehn
Jahre alt, als ich mich einmal mei
nem Vater gegenüber wunderte, daß
ein König sich selbe-r Hans Narr
nennt.
»O, du hist ja seiber ein Hans
Narr«. sagte mein Vater in ärgerli
chem Tone. »wie tannst du nur so
dumm sein und tannst glauben, das;
ein König sich« selber Hans Narr
nennt. Alle Leute halten sich für ge
scheit und ein König hölt sich für dort
peit gescheit!«
Als ich iiber die-sen Vorwurf der
Dummheit ein betrübtes Gesicht
machte, erklärte mir mein Vater zum
ersten Mal, daß» erome und Hierony
ums dasselbe ort sei, das eine
französisch, das andere griechisch. -
So aufmerksam ich den Erzählun
gen der alten Leute zuhörte, ich hatte
das Wort Königreich Westsalen nie
gehört und ternte es erst im Ge
schichtsunterricht kennen. Die Be
zeichnung Königreich Weitsalen war
tem Ballsmund nie vertraut und ge
läufig geworden. »Als König hans
Narr noch,aus Withemshöh wohnte«,
das war gewöhnlich die Bezeichnung
iiir jene Zeiten«
»Als König Haus Narr noch aus
der Wilhelmshöh’ wohnte«, so er
ziihlte einer der ältesten Männer, dem
man an seinem Wesen noch tm Grei
senalter den leis sten Geist und die
hervorragende hattrast anmertte,
«hatte ich einmal einen Process mit
rem alten Kasver. Jhr atten Leute
habt ihn ja noch gekannt, den alten
Nase-er, der tein Geschiist ohne Proz
resz machen konnte. Er war mir drei
Karolin schuldig sür Waaren, unv
ali ich mein Geld nach jahrelangem
Warten entchieden verlangt-, wallte
er mir anatt drei Karolin sechs
Lauhthaler geben. Ich lachte ihn
natürlich aus. da bot er mir sechs
Spezialthater und schließlich sechk
Kronenthaler-. Als ich auch diese
nicht nahm« sa te er ruhig: »Na,
Its
dann vertlaa’ mi .
Und ich ver-klagte ihn. Zum Tet
min ging ii anfs Amt und dachte,
die Geschichte wird bald erledigt sein.
Jch wnt aber ganz erstaunt-. ais ich
ans dem Amt fah, daß der-Kaina
sich einen Ptvtmtek — in Kuthefsen
hießen die Nechtsanwäite Prokura
token -—— mitgebracht hatte. Da hier
damals, es war im Jahre 1808 oder
1809, noch tein Prottator wohnte,
hatte er sich einen von Kassel nein-In
Als ich meine Sachen dem Amt
mann vorgetragen hatte, fing dec
aProtrater an, eine lange feanzösiiche
Rede gn halten, und ais er fertig
war. fragte mich der Amtnianm
»Nun, was haben Sie datan zu
sagen?«
.Dntauf hab’ ich zu sagen, daß
der here Prottatek deutsch sprechen
soll, dann-will ich antworten!«
»Das half ich nicht nöthig, ich
habe das Recht französifch zu Midi
reni Wenn dex Kläger sein eFrau-zö
sifch versteht. toll et ich au tecne
Kosten einen Dolknet chee mitbrin
gen.
· Er raubt-, ich würde lieb-i weni
ger ne men, als mit einen Dplssteti
scker von Kasiel desor n, denn hier
verstand keiner seanzdts ».
Nun war der Amtmann ein echter
Deutscher, derdie französische Wirth
fchaft haßte und alle Leute nicht leiden
konnte, die sraryziiseltm Der Pietra
ter ivar gerade im Gegentheil einer
von denen, die sich durch Franzoseln
bei den Herren in Kassel lieb Kind
machen wollten«
»Na, wollenSie sich einen Dolinets
schcr nehmen, oder wollenSie sich lie
lrer vergleichen?« fragte der Amt
inann. . A «
»Nein. Herr Amtmann,« sagte ich.
Jch vergleiche mich nicht und nehme
auch keinen Dolmetscher. Wenn de:
Herr Prolrater nicht deutsch wieder
holen will, was er gesagt hat« dann
will ich ihm lieber stanzösrsch antwor
ten.«
Der Amtmann riß erstaunt die
Augen auf und fuhr ordentlich auf
seinem Stuhl zurück: »Was?'· schrie
er, Minnen Sie französisch?«
»Ja, Herr Amme-um ich kann sehr
gut sranzösifch!«
»Na, dann parliren Sie los!"schrie
der in seinem Patriotismue verletzte
Antmann wüthend und wars mit
ärgerlicher Miene-die Feder« die erin
der Hand hielt, auf den Tisch.
Und ich sing an: »Am-n olam ascher
malach deterem lol jezir nidra," und
so das ganze israelitische Morgen
aedet, das ich auswendig kannte, im
schnellsten Tempo, ohne abuieyem
Der Amtmann hatte mich gleich
durchschaut und fah mich gespannt.
dabei aber zufrieden schmunzelnd,an.
Er verstand natiirlich von meiner he
lsriiischen Rede nicht mehr als der
Prokrater auch. Aber als ich nach
einer halben Stunde endlich schwieg,
richtete der Amlniann mit der größten
Ruhe die Frage an den Prokrater:
’ »Nun, was haben Sie darauf zu
sagen?«
»Das war doch kein Französisch, ich
habe kein Wort verstanden!«
»Wenn Sie nicht genug französisch
Versicher-» um einer etwas schnellver
aetragenen französischen Ansprache zu
folgen, so ist das Jhre Sache, ich habe
alles verstanden und sraasr Sie, ob
Sie auf Jhre Kosten einen Polemi
icher zuziehen wollen«
»Fal« mir ga: nicht ein« ich würde
mich schämen zu sagen, das-, ich die
französischer Rede des Vertlaaten nicht
verstanden hätte.«
»Nun, dann ist es ja gut,'« sagte
der Amtmann, »ich habe verstanden,
was beide Parteien vorgetragen, und
werde das Urtheil sällen.«
»Eins, zwei, drei hatte ich meinen
Prozeß gewonnen«
W
Die vier sie-meinem
Einem neuen Tritt internationaler
Hochstapler ist die Polizei in Paris
aus die Spur getornrnen, sind zwar
einein Trick, dem es nicht an einem
kleinen amiisanten Beigeschmack fehlt.
Seit mehreren Wochen schon beschwer
ten sich reiche in der französischen
Hauptstadt mit dsn Erpreßziigen aus
Calais antominende Englander da
rüber, daß ihnen auf dein Bahnhose
ihr Handgepöck und sogar ihre Brief
taschen, ihre Portrnionnaies und iJsre
Uhren aus die unertlärlichste Weise
entwendei worden seien. Die Polizei
nahm infolge dieser Anzeigen den
Nordbahnhos unter besonders strenoe
Beobachtung, und endlich «liidte es
ihr, tie Schuldi(,-:n auf sris r That
zu ertappen. Der Schnellzua mit den
Passagieren aus London war gerade
in die Bahnhoishalle einaerollt, und
aus dem Schtattvaqen erster Klasse
stieg, nicht ohne Beschwerden, ein
torpulenter .Enaländer heraus, dein
man sofort von weitem anseben konn
te, daiz er nicht zu den Unbemittelten
gehörte. während der joviale Aue
druck seines tebensfrohen Antlitze-J
vermuthen ließ« daß er sich mit ge
nügend Kleingeld vorgesehen hab-n
würde, um die Freuden der schönen
Seinestadt zu genießen. Während er
noch auf der untersten tuse des Wa
gentrittes stand, tiirzt sich plötzlich
aus einer nahen nippe von vier ta
dellos elegant und distingairt ausse
henden herren einer auf die Thiir des
Schlasivagens zu, um scheinbar in
diesen hinein zugetanaen Dabei ges
langte er naturlich in heftige Berüh
rung init dem würdigen alten Herrn,
dem der Handtosser aus den Händen
fiec sind der selbst bedentsich in’s
Schwanten gerieth· Sosort traten
die drei anderen hinzu, stiiyien ihn,
biirsteten ihn ab —- und leeiten ihm
gleichzeitig, ohne daß er es merkte.
litzartig schnell die Nocktafchen. Er
lsedantte sich eben noch höflich fiir ihre
Hilse bei ihnen, als ein Krirninalbei
aniter, der die Szene beobachtet hatte,
die vier sein-en herren seitnohrn. Man
fand bei ihnen außer dein Portefeuille
des Englanders große Summen
Baargeldes, kostbare goldene Uhren
nud viel Schmuck. Keiner von den
vier Gauner-m die äußerlich den Ein
druck machten, der besten Gesellschaft
anzugehören, verstand ein einziges
Wort - anziiiich Der eine von ih
nen ga sich 'r einen Ingenieure aus
Dnblin aus, der zweite berief sich
darauf, englischer Untertkan zu sein,
der deitt sprach nur Rus iseh und der
vierte nur Rumiinisch s etzt sitzt das
vietbliitterige Kleeblatt hinter Schloß
und Riegel.
W
Public-.
Großmutter (etzählt): »Ja, im
dreißigjährigen Kriege waren böse
iten in Deutschland Da t
Zanchet seinen Schatz « vergra n
müssCM
Entslim »Lebendig, Großmuttet?«
Des yet-streute Stiftung
—
Professor (in der Badeanstalt zu ei
nein Schüler): »Wie warm ist heut«
das Wasser, Müllers«
s Schüler: «18 Grad, here Profes
ais-«
Professor: «Dante, setzen Sie sicht«
Danntt
»Was sagt denn Jhre Frau dazu.
wenn Sie gelegentlich iiber die
Schnur hanen3«
»D, ich haue nie über die Schnur;
und wenn ich iiber die Schnur haue,
dann erfährt’g meine Frau nicht;
und wenn sie’s erfährt, dann sagt sie
nichts; nnd trenn sie etwas sagt, dann
—- na freilich, dann gibt’s tvas!«
Unangenehrn.
Lebemann tverschuldc , aber
reich verlobt, zum Diener): »Johann,
ictk habe doch vor der Pianduna Al
les geordnet, wo sind nur die Pfand
sregel hingekommen?«
Diener: »O weh, Herr Baron, da
hab’ ich einen schönen Stiefel ge
Inacht...denten Sie nur, die habe
ich in Gedanken in das Briesniarieni
Album getlebt, das Sie Jhrer Braut
geschickt haben.«
Ein Kenner!
»Daß Sie der Wahrheit endlich
die Ehre geben und den Einbruch bei
dein Weinhändler eingestehen, ist ja
ganz gut und schön, aber es ist bei
demselben früher schon einmal einge
brochen worden und da liegt der Ver
dacht nahe, daß Sie das auch gewe
sen sind.«
Angeklagter: »Bitte um Entschul
dieung, Herr Amtörichteiz aber von
den Weinen dieses Herrn stiehlt man
in seinem Leben nur einmal!«
Oegiinstiflmts.
Richter: »Also, Soiselbaner, Euer
Nachbar hat Euch ein Kanieel genannt
und Jhr ihn ein Schaf. Da schlage
ich vor, daß Jeder seine Beleidi ung
zurücknimmt —— und die Sache it er
ledigt« s
Stosselbauer: »·- a s— aber —- da
is doch mein Nach ar im Vortheil!'«
Wink mit dem sannusnhb
unae Wittwe: »Qh Herr Tim
mein Töchterchen ist ganz entzückt Von
Jhnenl«
Der Besuch: »Wir-flich» was sagte
sie denn?«
Die junge Wittwe: »Deinen Sie,
erst neulich meinte sie: »Siehit Du,
Mama, das ist ein herr, den ich mir
zum Papa wünsche!«
Speer-laute
Frieda und Karlchen tzum dreißig
jährigen Ontel); »Gelt, Onkel, wenn
unser Weihnachtsgeld nicht reicht,
dürfen wir Dir wieder graue Haare
ausrupien —- uni drei heller das
Stück?«
Eins-ungen.
Ontscl (u seinem armen Reisen.
der ihn in n Universitätsserien be
sucht hat und nun wieder abreist):
»Hier, lieber Richard, hast Du noch
’ne echte Upmann mit dem Ninqe zum
Rauschen auf der heimreiie.«
Student (der vom Onlel nur das
Fahrgeld Z. Klasse erhalten): »Aber,
lieber Onlel, tviirde das nicht im
Caupe s. Klatie zu sehr aussallenf«
such ein Grund.
Nichter: »Warum schlugen Sie
den Zeugen mit dem dicken Kniittel
auf den Konsi«
Anaetlagten »Weil er schwerhörig
ist und ich nicht wußte, wie ich mich
sonst verständlich machen sollte.«
Nobel Ilder Willen.
»Aber weißt Du, es iii wirklich
nicht recht von Dir, daß Du gerade
Exng theuersten Schneider arbeiten
»Was soll ich machen-l Er ist der
Einztge, der mir noch pruni-W
.- Bsrinntr.
»Juki und Nacht quält mich meine «
Frau um ein Automobil!«
»So» ist's. mir auch aszangeru sa,
wenn die Weiber einmal Benzin ge
rochen nahm«