Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 15, 1906, Sweiter Theil., Image 13

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    Knabe. Den milden Kopf schwer in
die Hand gestützt, saß Ellen Hogarth
an dem Bett, dumpf vor sich hinbrü
tend. Ach, wie war sie müde und matt,
müde zum Umsmken. Drei Tage nnd
Nächte fast unnnterbrochene Kranken
pslege sind keine Kleinigkeit selbst für
ein starkes blühendes Mädchen wie
Ellen Hogarth Schlaer —— schlafen,
nur ein Mal wieder fchlasent Das
war fast der einzige klare Gedanke, den
Ellen zu fassen vermochte.
Abend war es. Langsam begann
die Nacht ihre dunklen Schwingen zur
Erde zu senken. Müde und flackernd
brannte das Nachtlämpchen und wars
lange schwarze Schatten in das Zim
mer. Plötzlich regte sich der Knabe
und wurde unruhig. Erschreckt sprang
Ellen anf: »Herr — Gott! Laß ihn
nicht sterben — nur nicht sterben!«
sliisterten ihre behenden Lippen. All
mählich ward das Kind wieder stiller
und auch Ellen sank erschöpft in den
Stuhl zurück, das müde Haupt ties
auf die Brust geneigt.
Plötzlich sühlte sie sich an der Schul
ter berührt und neben ihr tand Rath
Waldow, ihre einzige Freundin, an
der Ellen hing, wie an einer Schwe
ster.
»Ellen! Wie steht est« forschte die
junge Frau angsterfiillt. Und dann,
ohne die Antwort abzuwarten, schlang
sie in jäh ausbrechendem Schmerz
beide Arme um der Freundin Hals:
»Ach, Ellen, Du - —— Du weißt es nicht,
wie einer Mutter zu Muthe ist, wenn
ihr Liebste-L ihr Einzigeg mit dein
Tode ringt! Und daß ich ihn nicht
selbst pflegen darf. meinen Kurt, mei
nen Sonnenstrahl, weil ich selbst so
lranl und hinfällig bin!"
tlnd dann war Ellen wieder allein
mit dem kleinen Knaben. Gleichmä
ßig ticlte die Uhr. Still lag Ellen in
dem Lehnstuhl, mit wachen Augen vor
sich hinträumend. Und ihr ganzes
Wesen, jeder Zug ihres blossen Gesich
tes waren Gebet und Andacht: »Rette
ihn, rette ihn! -—— O Gott, laß das
Kind nicht sterben!« —- —
Sachte ward die Thür geöffnet und
Dr. Heinzius trat iiber die Schwelle.
Bei seinem Anblick erhellten sich die
Züge des jungen Mädchens und iiber
ihr bleiche-Z, sorgenvolleg Gesichtchen
huschte ein sonniges, vertiärteg Lä
cheln.
Der Arzt trat zu dem Bette, unter
suchte -—— priiste that Fragen und
gab Anweisungen. Dann zuckte er
ernst mit den Schultern: »Heute Nacht
muß es sich entscheiden! Ob zum
Guten oder Bösen —- -— Der Satz
blieb unvollendet. Tröstliches der
mochte der Doktor nicht zu sagen.
Und doch, als er gegangen, war es«
Ellen zu Muthe, als sei ein rosiger’
hoffnungsschimmer in dem traurigen
Krankenzimmer zurückckgeblieben
Die Uhr schlug zehn —— -»— schlug
elf. Das Fieber wuchs! Jn wilden
Phantasien warf sich der Knabe. Wie- .
derholt lam Ruth, um nach dem Be .
finden ihres Lieblings zu sehen, dochj
nur Ellen war eg, die die lindernden!
Eisbeutel erneuern, die nassen Widels
wechseln durfte. nicht die zarte, selbstj
schonungsbdiirstige Ruth.
Nach Mitternacht wurde das Rind1
ruhiger, und es schien Ellen, als sei es
ein sanfter, erquickender Schlummer,
der den Kleinen umfing.
Kaum graute der Morgen, als Dr.
heinzius iiber die Schwelle trat, ge
folgt von Ruth. Er nahm die Hand
des Knaben in die seine, befühlte
Stirn und Nacken. Dann streckte er
mit freudigem Aufleuchten der Augen
Ruth beide Hände entgegen. ,,Gnä-s
dige Frau«, sprach er ernst, »Ihr
Kind bleibt Jhnen erhalten — Kurt
wird leben! Danlen Sie es Ihrer
Freundin Ellen! Jhre ausopfernde
Pflege hat den Knaben gerettet.«
Mit jubelndem Schluchzen warf die
junge Frau sich in Ellens Arme, wäh
rend Dr. heinzius Blicke voll freudi
gen Stolzes und inniger Liebe an dem
blonden Mädchen hingen.
Ists
Zwanzig Jahre später.
Tief im Westen stand die Sonne
nnd grüßt mit ihren letzten Strahlen
das einfame kleine Landftiidtchen, die
breite, in die Ferne führende Straße,
den Wald und die Wiese. Tiefes
Schwigen liegt auf Flur und Heide.
Da theilten sich die Büsche und ans
dem Waldesfehatten tritt ein blondeg
Mädchen auf die freie Holde. Ellen
heinzius. An einem Baumitamm
sich lehnend, bleibt sie tief in Gedan
ken versunken, die Blicke traumverlo
ren auf den frheidenden Sonnenball
heftend, einen kummervollen Ausdruck
im lieblichen Gesichte.
Wie das Licht fo rafch fchwindet,
toie es plöhlich dunkel wird um sie her
» und kalt! Ellen fröftelt und blickt,
aus ihren Träumen jäh aufschrerkend,
sehnend auf die Landstraße hinab.
»Ok) er wohl kommen wir-d'i« flü
stert fie leise vor sich hin — und dann
noch einmal lauter in brennender Lei
denschaft. »Ok) er wohl kommen
wird?«
Da. ein Aufleuchten in den dunklen
Augen« und beflügelten Schrittes eilt
Ellen über die Wiese hinab, dem
Wäldchen zu, in das die vom Städt
chen herausfiihrende Straße mündet.
Eben am Waldessaume tritt Kurt1
Weilde ihr entgegen und bietet ihr
mit tiihlenr Gruße die hand. ,,Kurt,
mein Kurt!« flüstert Ellen selbstver
gessen und ihre Blicke hängen voll
heißer Liebe an der schlanlen Gestalt
des jungen Mannes.
) Ein Lächeln des Unrnutheg fliegt
iiber Kurts Zügen, zwischen seinen
Brauen steht eine senkrechte Falte.
»Laß das, Ellen,« sagte et abweh
rend --— »Du wolltest mich heute spre
chen — Du forderst die Entscheidung
— gut, es sei!«
I Entgeiftert starrt das junges-Mäd
cien ihn an. Was sie längst komme-n
sah f-.ahnte ——- -— fürchtete — wo
ran sie me- glauben konnte und wollte,
nun isteg da, nun steht es vor ihr!
Sie weise, er liebt eine Andere -— er
hat vergessen, was sie ihm war, wag
er ihr ist-—- nnd er fordert von ilir
die Freiheit! Alles dreht sich wie im
Kreise. rnit Mühe hätt Ellen sich cu!
dem nächsten Baumstamm fest Und
rot ihr steht Kurt, um der, die er
einst geliebt, mit seinen Worten den«
Todesstoß zu geben.
Was er spricht, sie hörtes niclt nur
seine letzten Worte drinnen an sein
— . . - . .- - ——I——-——-———- ——.- ——.—.-—
Ohr: »———— und schließlich -——— es
war ja doch nur siinderei, Ellen, auch
Du wirft vergessen und wirst lernen,
wieder zu lieben ——- drum nitnnt den
Ring zurück, hab’ Dank siir manche
schöne Stunde — « und —— laß uns
Freunde bleiben!«
Mechanisch nintmt sie den Ring in
;Etnpsang und läßt ihn in die Tasche
gleiten. Dann streift sie von ihrer
zitternden Rechten langsam einen
schmalen Goldreis mit blitzendent
Stein und hält ih:i Rurt entgegen
tlnd — tran iuir nichts- nach,
lsllen,«' lächelt dieser nun weich-er ge
stimmt. »Du weißt ja, unbedingte
Aufrichtigkeit war der Grundstein
unseres Verhältnisses. Willst Du
mir nicht noch die Hand gebe-n und
Lebewohl sagens«
Einen Augenblick fühlte er ihre eig
kalten Finger in seiner Hand »Leh·
wohl!«
,,Leb’ tvohl!«
Er liistet den Hut und dreht sich
zur Seite. Dann, sich noch einmal zu
der Regungslosen zuriickwendendx
»Ich glaube, es trird Dir angenehm
sein, wenn tvir getrennt die Stadt er
reichen.'«
Sie nickt. Sie weiß nicht, was er
spricht, sie weiß nur, daß er geht, um
sich ihr nie wieder in Liebe zuzuwen
den. Mit den Blicken verfolg sie feine
schlanke Gestalt, die nun —— ——-s—
»Nein, nein, es kann nicht sein.«Heisie
Verzweiflung im Blick, richtet Ellen
sich auf. Ein Schrei, laut und gel
lend, schlägt an das Ohr des jungen
Mannes ,,.siurtt« und noch einmal
ichrill und weh s— ter Aufschrci eine-J
zu Tode getroffenen Menschenherzengz
»Kurt!«
Er zögert-»bleibt stehen-—- blickt
zurück -—- dann ein Achselzucken und
er verschwindet itn Dickicht der Bäume
Allntählig ist es dunkel qeworde.i.
Friedlich liegt die Gegend. Nichts un
terbricht die heilige Stille als der noch
serne Psiff eines daherrollenden Zu
ges. Vom Wäldchen her die Land
ttrafze entlang totntnt mit miidets,
schweren Schritten Ellen Heiniiug ge
gangen Nun steht sie antSchrantctr
des Eifenbahnstrange5, der sie noch
von tetn Städtcksen trennt. Der
Schranken ist geschlossen, denn in der
Ferne leuchten schon die rothen Lich
ter des näherbrausenden Zuge-z
Scheu blickt Ellen um sich. Ihr Ge
sicht ist starr und unbeweat Mit
festem Entschluß blickte sie sich und
schlüpft durch die Schranken. Noch
iwei —-drei Schritte und sie steht
hart am Geleise. Näher und näher
braust die Lotomotive —-—— schneller
stiegen Ellens Pulse. --- Kaum zwan
Fig Schritte von ihr entfernt blitzen
die rothen Lichter durch das Dunlel
der Nacht. In lähutendem Entsetzen
schließt Ellen die Augen und preßt die
Hände aus die Ohren, —— dann ein
gellender Schrei und über die zucken
den Glieder des jungen Mädchens
hinweg rollt der Zug dem Städtchen
zu.
.«. .-. «
Mit Wahnsinnigem Entsetzen er
iiulre sinkt Viellde die Nachricht, die
nm nächsten Morgen schon in aller
Leute Mund war: lssllen Heinziuo sei
verunglüle sei vom Zuge überfahren
worden! »Ungliiclclssall!« Mochten die
Leute daran glauben, Hure tonßteeg
besser. Zur Gewißheit ward es ihm,
daß Ellen Heinzing keinem Unglücks
salle zum Opfer gefallen, sondern sich
m felbstnsörderischerAbsicht unter den
Zug gestürzt hatte. Und er, er war
ihr Mörder, er, Finrt Waldom. Mör
der s— Mörder! Wo qab es Ruhe, vor
tiefer furchtbaren Anklage, die ihm
unaufhörlich in den Ohren töntrxi
Sich selbst zu entfliehen, irrte Rurt
den ganzen Tag iiher jin-Freien um
her, doch am Abend -—— ohne daß er
sichRechenschast geben konnte, warum
---- zog- efe ihn mit unividerstehlicher
Gewalt in das kleine, villenartige
Häuschen, in dem er so manche
Stunde verlebt hatte, zu der- einsamen
Frau, die Cllens Mutter eweien
war. Was er von ihr wo te, er
wu te es selber nicht: Trost geben?
—- - rost empfangen?
Aber als er dann vor ihr stand und
als er ihre Blicke auf sich ruhen sit ite,
von denen jeder ein schneidendcrt or
wurs sitt ihn war. da war es Kurtzu
Muthe, als stünde er vor seinemewi
gen Richter.
·Mil hoheitsvoller Oandbeweguug
Zieh Frau Dein-sites ihn stehen bei
en; und ihre Stimme llan unnatürds
lich hohl und heiser, als ie zu spre
chen anfing: »Frau Waldow —- bis
hierher un nicht weiter! Mein Haus,
ift rein nnd unbef eelt, nnd Du, Du
list ein Mörder! -—— -—- Knrt Wal
ran-! « sie ler r:r zwanzig Jsiyren
haben diese Hand-: Tkeh aefnrsd HIR
;-ileat, He ii sc Oknde Dein-sc
Mutter ii,k L :elis.: -.— Dem Tod-: abge
rnnaen: vor zwrnzig Jahren haben
diese Linien siir Dich aebetet und
zsefletjt nnd heute stehst Du vor
inir als Mörder des Liebsten, was ich
l).11te!« Und als die Frau feinen ent
setzten, starren Blick gewahrte, fuhr
sie mit erhobener Stimme fort: Nein
fie, sie hat mir nichts gesagt, denn
als man sie brachte. war sie
talt nnd -— zerstückelt! Aber Du
nast .ni: Mutter-auan nnd mit
einem sMutterberzen gerechnet. Kuri
Waldori1! Jclj weis; alles ——- alles-«
Ich WITH Du bist ihr Mörder, nnd
wenn ich will, weiß eg morgen die
ganze Stadt·«
Gellend tönten die Worte an Kurtg
Obr! Aber die Frau war no«ch nicht
n Ende. Erstarrte Verweiflnng und
wiithenden Ha߻im Blick trat sie um
einen Schritt näher an Kurt heran.
»Wenn Du nun noch weiterleben
tanns,« fuhr sie fort, »dann thu’s —
aber dann -—— dann bist Du ein Einla
ser, ein Schurke --— und hier «- nimm
dieses um Abschied!«
Und mit sausendein Pfiff klatschte
Ellens Reitgerte, die neben Frau Hein
ius ans einem Tischchen gelegen, ni
der auf Kurts Gsicht. Mit gurgeln
dem Stöhnen wandte er sich und
stürzte zum Hause hinaus.
Frau Heinzing aber trat langsamen
Schrittes in das Nebenzimmer nnd
brach vor dein Blicke ihres Kindes be
sinnungglog zusammen.
Ob
Vom Mann, der alles um
.tauschte
Stizze von Henrh F Urban, New
Yort
Mein Freund Otto TomlinH Acker
mann ist ein lieber Kerl, ein sehr lie
ber Kerl. Von Brus Arzt Wenn er
aus der Straße einen Bekannten
trifft, so ist ihm das eine Freude, als
ob er soeben an der Börse siinstausend
Dollar gewonnen hätte. Denn wie so
viele New Yorter Aerzte spekulirt er.
Er schüttelt einem siinf Minuten lang
die Hand mit geradezu verklärtcm
Gesicht, erkundigt sich nach dem wer
then Besinden, gesteht, daß man aus
sehe wi ein blühender Kirschbaum nnd
sagt zum Schluß: Kommen Sie, tvir
miissen eins aus Jhr Wohl trinken!'
lfg ist,unm«o·glich, seiner Ziehens-wür
digleit zu widerstehen. Und doch -——
auch in sinem wohlregulirten Denk
apparat war ein Schräubchen los, ein
aanz kleines Schräuhchen, wie sich das
·sijr einen richtigen Yankee gehört.
Eine einzige Absonderlichleit reihte
auch ihn dem großen Heer der
»Quinte« ein, die eine amerikanische
Eigenthiimlichteit bilden. Seine Ma
rotte war, alles umzutauschen, und
zwar nicht blos-, Geschenke, die er er
hielt, sondern alt-h Sachen, die er sich
selbst anschasste· Jsch kam hinter seine
Marotte einmal nach Weihnachten.
Da sah ich den zweibinigen Wollen
tratzer (so nannten wir ihn wegen sei
ner Dünnheit nnd Länge) den Brand
way hinaussausen, mit nnheirnlichen
Schritten, die jeder fürchtete, wenn er
mit ihm spaziren ging. Jn der Lin
ten trug er die lederne Dottortasche,
die siir die Ausnahme von medizini
schen Jnstrumentn und allerlei sonsti:
gen Handtoertgzeug bestimmt ist. Na
tiirlich sollte ich sofort mitlommen,
damit er aus mein Wohl eing trinken
tönne. Aber ich schlug es ihm a««.
»8udem«, minte ich, »sind Sie je
densalls in Eile, zu Patienten!« Und
ich deutete aus die Handtaschr.
»Ach nein,« erwiderte er im sog.
nannten gebildeten Deutsch der sein
der deutscher Eltern in Amrita, »was
ich hier in der Tasche habe, sind die
Präsente von meine Freunde und von
die Patschenten.« Er meinte Patien
ten. »Es sind wunderscheene Sachen,
aber ich will sie umtauschen.« Damit
össnete er die Tasche, und ich erblickte
drei Tintensiisser, vier Papierschnei
der, zwei Briefbeschwerer, stins Zi
aarrenspitiem drei Geldtaschen und
sieben Schlipse.
»Waru wollen Sie denn das al
les umtan chen?«
»Ja, wissen Sie, ich bin nicht leicht
uz befriedigen. Und bann, es ig eine
Masse Spaß—dabei.«
Damit Verabschiedete er sich lachend
und sauste in einen Laden, loo allerlei
Luxnsartitel zu haben waren. Noch
drei Wochen nach Weihnachten machte
er die Geschäfte am Broadtvay und
der Fünften Avenne unsicher. Jch er
fuhr, daß nian ihn dort schon kannte
und zu dem Ungeziefee rechnete. Rost
bate Zeit vertrödelte er mit der Um
tauscherei. Aber wenn er alles umae «
tauscht hatte, war er glücklich. Rein
Geschenk fand seinen ungetheilten Bei
fall. Daher brachten ihn die litte
schenle zur Verzweiflung, die sinnige
Damen für Doktoren höchsteigenhän
dig zu verfertigen pflegen, zum Exem
pel die beliebten Sofatissen. Die
konnte er wohl oder übel nicht um
tauschen. Aber einmal erwifchte er so
ein weibliches Wesen doch. Eines
Abends llingelte es bei mir, und Acker
nian erschien mit einem Packet.
»Sagen Sie mal,« sagte er, »Sie
haben doch gewiß irgendeins von die
Bichet, wo die Flaggen von alle Veller
I
und Natschonen drin sind. Kennte
ich’5 mal ansehen?«
,,«.7;l.’it Vergnügen Aber wozu bran
cl;c-«-. Sie die Flaggen?«
»Ja, selxen Sie, da hat mir hier so
eine Patschentin ler öffnete das
Pastet) ein Sofakissen geschenkt mit
die Flaggen von alle Vetter drauf.
Jch mechte mal nachsehen, ob die Far
ben richtig sinds«
»Aha, um es nöthigensalls zurück
zusenden, ich verstehe.«
Er nickte vergnügt. Also gab ich
ihm dag Buch, und er setzte sich an den
Tisch und begann zu vergleichen. Und
er stieß einen Freudenschrei aus nnd
noch einen und einen dritten
»Hurra!« rief er, ,,sie hat alles
duriheinandergeschmeißt Zwei Flag
gen haben ganz falsche Farben, und
die französische hat ide Farben in fal
scher Reihenfolge!« Diese Seligkeit
AckermanS! Richtig brachte er der Pa
tientin das Kissen zurück und bat
freundlichst, doch den Irrthnm mit
den Farben zu beseitigen. Seine Fa
milie hatte längst ein Abtomnien mit
ihm getroffen, daß er sich seine Weih
nachtsis und Geburtstagsgpschente
selbst taufen solle. Aber die Gerech
tigteit erfordert es, festzustellen, daß
er gegen sich selbst ebenso u-ierbittlich
war, wenn er etwas kaufte. Zum
Exempel — et hatte sich in dem größ
ten Waarenhaus der Stadt einen
neuen Hut gekauft. Er gefiel ihm
augiiehmend. Dies, erklärte er, sei
der einzig richtige Hut fiir ihn, den er
tragen könne· Nach zwei Tagen
tauschte er ihn gegen einen harten,
braunen Hut um und nach abermals
zwei Tagen den braunen gegen einen
weichen, schwarzen Filzhut. Dann
tauschte er dn schwarzen Filzhut ge
gen einen importirten Bierirug und
den Biertrng zuletzt gegen zwei Kan
nen Spargel um. Er brachte alles
—iertig. Man sagte ihm nach, daß er
lseine unersättliche Unitauschlusi sogar
an seinen Patienten augließe, in der
Weise, daß er einen Patienten mit
Hererweiterung gegen einen Patienten
mit Gallensteinen augtauschte, den ein
anderer Kollege behandelt hatte.
Eines Abends, im Sommer, sitze ich
auf der Veranda eines Hotels in Far
Roclawah, esse ein Backhuhn und blicke
träumerisch auf das leise wogende,
mondbeglänzte Meer, alg mir jemand
aus die Schulter klopft. Es war Acker
nian in Begleitung einer überaus nied
lichen, lächelnden Blondine.
»Er-stauen Sie,« sagte er, »daß ich
Ihnen meine Braut oorstelle Fräu
lin Mhra Hiller.«
Jch lade ihn ein, an meinem Tisch
Platz u nehmen. Das nimmt er mit
Dank an. Nein, so etwas Verliebtes
hatte ich lange nicht gesehen. Alle fünf
Minuten sischte er nach Mhras mollii
gem Händchem ozg es über den Tisch
näher zu sich heran und streichelte lieb
tosend daran herum.
»O Otto,« sagte dann Myra mit
holdem Lächeln und ebenfalls im »ge
bildetsten« Deutsch - Ameritanisch
ldenn auch sie war von deutscher Ab
tunst), »Du solltest Dich schämen.
Alle Leute sehen es und lachen in ihre
Llerniels.«· Und Otto erwiderte glück
selig: »Ach das- stert mich nich,
Myra Es macht hechstens ihren
LMUnd wässern!«
Das war im Juni. Im Septem
ber traf ich Ackerinan in Maillards
französischer Konditorei am Broad
wah, wiederuni in Begleitung einer
jungen Dame
»Gestatten Sie,« sagte Ackerman
sreunlich, »daß ich Ihnen meine Ver
lobte vorstelle, Fräulein Helen
Stuart·«
Also es war ganz so gekommen, wie
ich gedacht hatte. Er hatt-: Myra ge
gen Helen umgetauscht, weil die »Bri
netten«, wie er mir später sagte, doch
interessanter seien als ie Blondinem
ferner, weil Helen tausendmal lieber
und »sißer« sei. Sie hatte nämlich
Geld, kam aus dem Süden, aus
Memphis in Tennessee, wo eine
Baumwollplantage ihr zukünftigeg
Eigenthum war. Die bekam sie, wenn
eine Tante starb. Dann wollte- er
nach dem Süden gehen und Plantas
genbesitzer werden. Oder vielleicht
ließ sich die Baumwollplantage gegen
eine Apfelsinenplantage in Florida
uintauschen. Unermeßlich und ganz
neue Umiauschmöglichleiten erössiieten
sich da im Süden. Nach drei Mona
ten war auch Helen umgetauscht ge
gen Henny Hod, eine wohlhabende
Waise; ihre Multr war Schauspiele
rin gewesen. Die war schwarz und
.hatte ein Paar feuchte-, dunkle Augen,
idie unter halbgeschlossenen Lidern
ileuchtetem und volle, rathe Lippen,
Yum die ewig ein geheimnißvvlleg
lLächeln spielte. Jhre Figur war von
iquellender Rundung, und sie kleidete
isich mit rassinirter Einfachheit, die
inichts verbarg. Dabei war sie von
Gesicht kaum schön zu nennen. Die
tauschte er nicht um« Sie wußte os
ssenbay wie Acker-non behandelt wer
den mußte. Je leidenschaftlicher er
war, desto tiihler blieb sie. Und weil
si ihn befürchten ließ, sie könnte ihm
ientwischem heirathete er sie Hals über
»Kopf. Wie er uns gestand, war er
jmehr im Himmel als aus Erden, seit
iHenny seine Frau war. Wir lächel
ten.
) »Ja,« sagte einer von Ottos Freun
sde»n, »wenn Du nicht diese ver
lwiinschte Umtauschsucht hättest!«
- »Aber ich habe sie doch geheirathet!«
erwiderte er getränkt. »Wir sind an
einander gebindet. Mit den andern
war ich doch nur verlobt. Das ist ein
Unterschied!«
»Seht schön cI giebt Scheidun
gen, nicht wahr?«
»Unsinn ----— Henne) hat mir gesagt,
sie würde mir das Vergnigen am Um
tauschen schon abgewehnen!«
»So, so --— siehst du, sie traut dir
nicht. Nun hoffentlich gliiclt’s
ihr!«
Nein ——- es glückte ihr nicht. Jin
Gegentheil —-—— sie selbst wurde von ihm
angesteckt. Den Frauen ist ja der
Hang zum Umtauschen so wie so ei
genthiinilich. So dauerte es nicht
lange,. und Otto nnd Henny betrieben
das Unitauschen um die Wette, leiden-:
schaftlich, gleichsam sportniäßig.
Hennh übertraf darin sogar ihren
Gatten, schon deshalb, weil sie mehr
Zeit hatte. Von früh bis spät war
sie unterwegs-J um tausenderlei Dinge
nmzutauschen --— eigene und solche, die
ihrem Mann gehörten. Zuletzt wurde
es eine Strapaze siir sie. Sie wurde
immer blässer, immer matter, immer
nervöser. Da es Winter war, empfahl
der Arzt eine Erholung itn Süden.
Und eines Morgens reiste sie ab, zu
einer Freundin nach San Antonio in
Texas. Sie schrieb dann und wann,
daß sie sich wunderbar erhole. Als
ich eines Abends zu Ackermann kam,
stand er vor dem Spiegel nnd lachte
wie ein Jdiot.
»Was ist denn log?« fragt ich be
lustigt. »Und wie geht«-;- Jhrer Frau?«
»Aus-gezeichnet —— da lesen Sie Ih
ren letzten Brief, aber lantt« Er wies
auf sein Pult.
Jch nahm den Brief und las: »Lie
ber Otto! Jch bin schon in New York
zu der lleberzeugung gekommen, daß
wir doch eigentlich nicht zu einander
passen, und halte es daher fiir besser,
nicht mehr zu Dir zurückzukehren
Nimm mir meinen Entschluß nicht
übel. Jch kann nicht anders· Jch
habe schon in New York einen Mann
kennen gelernt, der mein lange ge
suchtes Ideal oertiirpert, und habe
mich entschlossen, ihn mit Dir zu ver
tauschen-«
»Ein vertauschen!« johlte Ackerman,
also selbst umgetauscht!« warf sich auf
einen Diwan und streckte die endlosen
Beine gegen die Decke«
HO
Deutsche Haue-sitt- tu Paris.
Jn Paris hat man neuerdings
ländliche Feste und Pienies in den
Wohnungen veranstaltet, und gerade
die Wohnungen junger Eheleute suchte
man sich dort als llebungsfeld fiir die
Hauptpienies aus. Diese Einfälle der
Pariser wurden als- etwas Neues ge
priesen; indes; es ist nur eine schöne
deutsche Volkssittc nach Paris ver
pflanzt worden. Bei diesen Pariser
häuslichen Pienieg spielte sich nämlich
alles genau so ab, wie es bei dem
»Herdbegiefjen« in einzelnen Gegenden
Deutschlands der Fall ist. D iuje-n
Deutschlands der Fall ist. Die jun
gen Eheleute sitzen ahnungslos in ih
rem neuen Heime; unangemeldet er
scheint ein Bekannter bei ihnen, dann
lornmt noch einer, der sich natürlich
sehr wundert, den anreren auch da zu
sehen, ein dritter erscheint, es wieder
holt fich dasselbe Staunen, aber alle
zeigen sich merkwürdig seßhaft. Noch
sind sich die jungen Eheleute nicht klar
dariiber, Ida-:- nun werden soll, wenn
auch langsam ein Verdacht aufsteigt.
Wie aber nach einer Weile immer wie
der neue ,,·zufällige« Gäste antmntnen,
giebt es keinen Zweifel mehr; heute
soll dr ,,.Herd begossen« werden. Nun
bricht die Heiterkeit durch, jetzt sind die
Gäste die Herren im Hause, sie räu
men alles um, schieben alle Tische an
einander, um eine lange Tafel herzu
stellen, holen sich aus der Küche, was
sie an tsteräthen brauchen, und bauen
schließlich auf der Tafel all’ die mitge
brachten Herrlichkeiten auf, denn jeder
Gast hat ein Gericht mitgebracht. Die
junge Hausfrau ist aus allen Nöthen,
nur der Hausherr hat so schnell als
möglich fiir as nöthige Faß Bier zu
sorgen, damit das ,,Herdbegießen« be
ginnen und in der rechten Weise durch
geführt werden kann. Die schöne
Sitte besteht hauptsächlich im nörd
lichen Thüringen, aber sie ist auch in
Mectlenburg zu Hause. Bei uns in
Amerika haben wir ein Seitenstiick
dazu in den sogenannten »Surprise
Parties«.
Die Bannen Former-seh
Der Ums-old Mark-Gewinn der Ma
rienvnrger Schloßlotterie ist einem
Berliner Losehändler ans eigenartige
Weise in den Schoß gefallen. Er war
am zweiten Ziehunggtage Von Berlin
nach Danzig gekommen, um dort noch
die in seinem Besitz gebliebenen letzten
150 Loose abzusetzen. Allein vergeb
lich bot er sie verschiedenen Danziger
Händler an; er fand keinen Käufec
siir sie und mußte die Loose nothge
drangen auf eigene Rechnung spielen.
Um so größer war seine Freude, als
er erfuhr. daß eins seiner Loose mit
dem zweiten Hauptgelvinn im Betrage
von 50,000 Mark gezogen worden
War.
Wi
Radilnlkim
Alpenwirth lwelcher mit einein
Gaste Rechnung macht, leise zu den
umstehenden Familienmitgliedern):
,,Wißt’s nicht noch was, . . . der hat
noch Geld bei sicht«
l Vogt-m
Junger Schriftsteller: »Diesen
« Morgen habe ich das erste Honorar
von meinem Berleger erhalten!«
Freund: »Drum hast Du heute ei
nen neuen iPapieriragen um!«
Sondervor.
Professor (der vergessen hat, seinen
Hut abzunehmen): »Donnertvetter,
jetzt kratze ich mir schon seit einer hal
ben Stunde den Kopf, und ich spüre
noch immer nichts davon!«
Der Glückliche.
Frau A.: »Leben Sie glücklich mit
Ihrem Mann?«
Frau B.: »Selbstverständlich! Der
soll nur mal versuchen, mit mir nicht
glücklich zu leben!«
Jn der Sekundm
Professor: »Schulze, Sie können
sich mit Ihrem Aufsatz begraben las
sen und Müller mag die Grabrede
Ei:erfa.«sse11,v der schreibt den traurigsten
s-til.«
Abgeiiihtt.
Gert: »Wenn ich nur wüßte, Gna
digste, wo die hübschen Damen alle
sind heute Abend?«
Dame: »Die sind mit den geistrei
ehen Herren schon wieder weg!«
—
an Sicherheit
Bauer (für sich): »Nun weiß ich
nicht, hab’ ich dem Hiesl die Ohrfeig
gegeben, die ich ihm zugedacht hatte,
oder hab’ ich das nur geträumt? . · .
Zur Sicherheit will ich sie ihm lieber
s«
noch mal neben.
Anregung.
»chhalb hast Du denn aus Dei
nein Schreibtisch lauter Postanwei
sunggabschnitte ausgebreitet?«
Dichter: »Die stammen von meinen
früheren Honoraren; ohne diese An-.
regnng kann ich nicht dichten!«
Undankbar.
Flossie: ,,Findet er es denn nicht
ziemlich undankbar, fiir Zeitungen
und Zeitschriften zu schreiben?«
Essie: »Ganz und gar nicht! —
Beinahe alles, was er schreibt, wirt
mit Dank zririictgeschickt!«
Ein Menschenfreund.
A.: »Na, wag ist denn mit Dir
heute log? Machst ja ein Gesicht. als
wenn Du die ganze Menschheit ver
giften möchtest!«
B.: »Ach, ich t)nb’ das Leben auch
gründlich satt. Hätte ich noch 10
Mart im Besitz, kaufte ich mir sofort
einen Revolver, um der ganzen Hun
gerleiderei ein Ende zu machen ——— aber
leider bin ich bereits bis auf 50 Pfen
nige abgebrannt!«
Fiolporteur tder das Gespräch zu
fällig mit angehört hat): ,,Kausen Se
mer ab dag Buch zum Todtlachen!
Kostet gerade 50 Pfennige!«
Zufrefsend.
Polizeibeamter lwelcher dazu
kommt, als ein Automobilist in eine
Gänseheerde gefahren ist): »Aber hö
ren Sie, das ist ja die reinste —
Großschlächterei!«
(tzutniiitliig.
Jungcr Mann: »Nun werde ich Sie
bald bezahlen, ich werde l)eirathen.«
VermietherinJ »Weaen der paar
Mark, die Sie mir schulden, brauchen
Sie nicht gerade «zu l:eirathen, Herr
i Elter.«
Trost.
Frau ("z11 ihrem Manne): »Häng’
nur unserm staffeelriinzchen soviele
perside Bezeichnung-en an, wie Du
magst, Hang! . . . . Einen Friedens
tonaresz kannst Du ec« doch nicht nen
snenl . . . .«
l
Ja to
A. inachdem er die Kneipe verlassen
hat): »So ein Pech; da habe ich meinen
Schirm vergessent«
,B B« »Geh’r doch schnell zurückl«
! A »Ja . . . ich habe aber auch zu
! be ezahlen vergessen!«
t
Mensch
»Sehen Sie nur« wie affektirt die
Frau Maier um ihren Mann trauert!«
»Ja, wenns ihr zu Gesicht stände,
würde sie sich sogar schwarz schmins
icn!«
Ueberrasetmnn.
Hausherr Hum Besuchers): »Ja,
dieses Zimmer ist allerdings etwas
düster, aber kommen Sie nur mit in
das andere, da lacht die Sonne nur
geradeso —
zum Fenster benim«