Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 04, 1906, Sweiter Theil., Image 14

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    ·ZRda.
Roma von C. Grad-Zorn
siesixBQ Pius und»
heiienW Sie mirne was Sie zu mir
fidei, « sprach Redmann, die Betonung
cheinbar nicht beachtend, welche ver
ndere auf seinen Namen legte, ,cie
kommen vermuthlich als Antwort af
den Brief, welchen ich vor einigen To
sen an Ihren Herrn Vater schrie v.
»Allerdings, mein Vater ist iiiscr
Ihre Großmuth denn auch ganz ver
bliiffi cewesen. Rückzahlung in TM
ien im Lause von sieben Jahren mit
einer Verzinsung von fünf Prozent «
nnd Sie geben denPlan auf, das Heisa
rnserer Ahnen in ein Kohlenbergwer!
uinzuwandeln — sehr rücksichis sooll
das muß ich sagen! Mein Vater fijhl te
fich, alaubeich, verpflichtet, Zinan
cnieefällig dafür zu danken; ich aber
lin aus etwas härteremHolz aeschnc i :,
nnd ich sage Ihnen, wir sind weder
in sieben noch in siebzig Jahren in
Stande, das adzuzahlen, was wi:
Ihnen schalt-ein«
»Wollen Sie gefälligsi zur Sechs
kommen? Wesbafb WnD Sie eicenilick
hier?« i
»Gewiß will ich zur Sache kam
men, «erwiderte svan scheinbar gleid
giltig, aber die Zornesadetn auf seirrr
Stirn schwollen »Ich bin nicht mehr
ais Bittsieller hier, mein Vater ist
sei-wer krank, durch Jhre Drohungen
krank geworden, und ich habe die An
getecenheit in die Hand genommen
von dem Wunsche geleitet, sie zu Ende
zuführen Wir können Jhr Da:
lehen nicht zukuckzahxen dasist klar
Und ich fordete von Ihnen, daß Sie
es ancisv nicht begehren.«
»Sind Sie verrücki?« fraate Reis
mann mit seltsamem Lächeln.
»Wenn, so lie t jedenfalls Meiiioox
in meiner Narrgeit,« erwiderte Ins-n
ruhig.
»Und diese Metksodc wäre?« forschte
Rede-taten indem er in eine Schuh
lade griff, die Ich in seiner nächsten
Nähe befand.
»Wir wollen dieses Spiel aufgeben.
here Redmnnn. Wenn Sie der An
fixhrer irgend einer Gauklerbande
wären, so könnte man es noch ent
schuldbar finden, aber so ——— sind Sie
ein Edelmann, fließt vornehmeg Blut
in Ihren Adern. Wenn ich mich ver-—
gessen habe, so bitte ich Sie deshalb
um Entschuldigung Bin ich berauscht.
dann doch wohl nn: vo: Vergnügen
Jshr Geheimniß ist bei mir wohlver
wahrt, Sie werden bald erfahren
weshalb?««
Er hielt inne, sirn das Resultat sei
ner Worte zu sehen, Redmann aber
steckte mit keiner Muskel.
»Ich warte auf die Entwicklung de
Problems,« sprach Redmann ruhig.
»He-inde« es sich um einen Erntes
sitngsversuch? Sie wollen ein Edel-:
mann und Ossizier sein? Doch ich
vergaß, man hat es Jhnen nahegelegt,
daß es wünschenswerth wäre, wenn
Sie quittiren wollten!"
Joan oon Tredegar sprang aus,
ieine Augen sprühten Feuer.
»Bei Gott, Sie sollen mich nicht
reizen!« rief Jvan. »Sie mögen klug
sein, zweifelsohne aber haben Sie eine
grenzenioie Thorheit begangen, ais
Sie dazu beitragen. daß der »Blitz
Ferdinand« zu schwerer Zuchthaugi
arbeii verurtheilt wurde. Er hat Sie
erkannt und dass wußten Sie-— und
Sie sind es gewesen« der Schuld daran
trug, daß er eines einfachen Diebiahls
wegen aus so lange it ins acht
xrzrs kam. Eine hiebs e Komödie, die
te da spielten! Der »Bliß-Ferdi
nand« bat vor zwei Wochen seine
Strafe til-gesessen und bemühte sich
seither-« Sie einmal recht genau in
Augenschein zu nehmen. Ah, die Ge
schichte fängt an, Sie zu interessiren
--und ich will Sie nicht länger auf
die Falter spannen! Der ,,Blitz-Ferdi
nand" und ich sind alte Freunde ges
wefen, und ich half ihm; er hat ein
Vetenntiuß abgelegt, das sich hinter
Schloß und Riegel in Sicherheit be
findet. Jch habe ihm einen Schwur
abgenommen, Daß er schweigen wird,
half ihm außer Land zu kommen und
bezahlte ihm den Betrag von fünfma
seud Gulden. Er wird ne zurückkeh
ren, er ist ein alter Mann. Fräulein
Spaten das Schantmädchen des ersten
Gasthoer in Verein, war mir behilf
liefss sie weiß aber längst nicht Alles
Nun lassen Sie mich den Sachoeehalt
i:. tue en Worten darstellen. Sie
sind e nso wenia Geora Redmann,
trie· ich« es bin! Sie sind vielmehr
greicm North, der Mörder, der Gaiie
rau Langtons, Der Vater Adag. die
»Ist-II Ihren Verwandten, den jetzigen
Schloß ern von Deveeill, heirathen
U. eine Schwester sah Ihr Bild
see A nen allerie des Schlosses,
M entde te hie Photographie in
z-.z taki Lanatons Album, und sie trägt
. n egyptiseben oder mexikanifchen
;T; ·, welchen Sie he eigen nannten,
Mk im gepenwei igen Augenblicke«
seMst hielt grau Trevegat
As ei see-kochte . ine Blicke nicht
-!" » von dem bleichen
-. kennzeichnen-ei
- Sie ims- alse annelyj
Use-me North ei—undi
» MEPH- M
die Achseln, es wurde ihm ungeduldig
zu Muthe.
»Was dann, wenn ich es sogar
wünsche, vor Richter und Geschwore
nen wegen eines Verbrechens zur Ver
antwortung gezogen zu werden, das
ich ebensowenig regangen habe wie
Sie? Was dann, wenn ich daraus be
stehe, daß Jhre Besitzung sosort ver-«
äußert werde, wenn ich Alles bekannt
mache, was ich von Ihnen weiß?«
»Bei Gott, Das iit zu viel,'« rief
Tredegar zornig ausspringend; in
diesem Augenblicke aber wurde ihm
ein Revolver entgegengehalten nnd
Init rößter Ruhe fuhr Redmann fort:
» as dann, nsenitich mit Jhnen ein
Ende mache? Ich habe schon zu viel
von Jhrem Unnnn mitangehört,« ries
er, indem er seine Stimme lanm ein
tlein wenig erhab. »Ich bin sast dop
pelt so alte wie Sie, Tredegar. aber
Dich habe gute Lust. Sie so durchzu
I prügeln, wie Sie es verdienen. Zittern
«Sie nicht, i schieße Sie nicht nieder,
ia, ich bin Iranz North und viel
leicht werden wir iiber die Bedingun
gen Jhres Schweigens einig. Meinet
wegen ist mir an gar keiner Entdeck
ung etwas gelegen, ich scheue sie nur
wegen Wer und Kind. Wie aber soll
ich einem so charakterlosen, elenden
Wichte, wie Sie es sind, in irgend
einer Richtung hindertrauenlt Jch
wußte immer, daß früher oder später
die Dinge sich so gestalten würden.«
Er hielt inne, es war. als ob er
zu sich selbst rede nnd ein verzweifel
ter Ausdruj trat in seine Augen-.
Joan von Tredegar war eg, wel
cher endlich mit leiser unsicherer
Stimme das Schweinen brach»
»Sie zweifeln an meiner Ehre, Herr
North? Von nun an werde ich Sie
nur North nennen —- wissen Sie denn
nicht, daß ich ein Edelmann bin gleich
Jhnen2·«
»Ich hoffe, nicht,« erwiderte Geoer
Redmann sarhitiich. »Reden Sie mir
gar nicht von Ehre-, vertrauen tanu
ichJhnen xa doch nicht!«
»Ich will Ihnen einen Beweis lie
fern, daß Sie es können, daß irb we
nigstens whnen gegenüber ehrlich zu
sein beabsichtigte. Jch haßte Georg
Redmann, den Finanzien in dessen
Gewalt ich und die Meinigen auf das
Vollständigfte gegeben sind; fiir Franz
North, den Edelmann, hingegen habe
ist-, die größte Hochachtung weil er der
Vater des einzian Weibes ist« das ich
je geliebt. Um ihretwillen sind Sie
also in Sicherheit«
,,J«ch glaube, ich verstehe Sie,« er
widerte North ruhig.
Aber er neigte das Haupt tief auf
die Brust herab, um den Ausdruck der
Verachtung zu verbergen, der aus sei
nen Augen sprach. Er wollte Zeit
gewinnen. Die Worte, wetcheer eben
vernommen, klangen ihm noch in den
Ohren und verhältnißmiißig ruhig
fuhr er fort:
»Sie wollen falsch sein gegen Jbren
« ugendfreund —- Zie wollen ihm die
7 rau rauben! Und wie iftes um Jhre
rstiindi teit bestellt? Sind denn alle
Weiber chwach und unverläßlich?«
»F der Liebe ist Alles erlaubt. Es
wrir n:ir leicht gelingen, Jhre
Tochter zu erobern, Erfolg bei Frauen
war mir stets gesichert. Sie haben
Alles zu gewinnen, Herr North, wenn
ich meinen Wunsch erreichte. Was die
Freundschaft zwitckpen Guido und mir
»etrisst, die zahlt nicht. Jhre Tochter
Ist sehr jung, sie wußte verinuthlich
noch nicht recht, was sie wollte, und
Guido ist eifersiichtig und anspruchs
voll; sie wird feiner müde, und mein
.Bortbeil —-—'«
»Halten Sie ein, ich wünsche kein
weiteres Wort zu vernehmen.«
North blickte auf die stille Straße
hinaus; er soh Fräitfein Spicer, das
Schankmädchem weiches vor dem
Hause aus und abenan offenbar aus
Tredegar warttnlx sie trug einen mit
rothem Mohn geputzten Hut.
»Ich glaub-U daß ich Jhnen jetzt
vertrauen kann. Die Dinge müssen
genau so bleiben, bis nach dem Feste
auf Deverill."
»Aber Jhr Versprechen,'« ries Tre
i degar stirnrunzelnd. »
i ,,Hängt von der Einwilligung mei
ner Tochter ab. Jst sie geneigt, ihre
Liebe von dem Einen auf den Andern
zu übertragen, wohl gut. Sie dür
fen aber nichts überstiirzew Als Jhre
Frau wird sie immer vor der Kennt
niß geschützt sein, wer und was ihr
Vater gewesen, es sei denn —
»Es sei denn, daß Guido Colin
mich verräth -— er weiß Alles.«
Tredegar zuckte zusammen, ein un
geduldiger Ausruf trat aus seine Lip
pen.
»Er wird Sie nicht verrathen.
Wenn er einmal sein Versprechen ge
geben, so wird keine Macht Erde
ihn dazu vermögen, es zu br n. Ich
kenne Guido Colin zu gut. Sie mis
gen sehen, »daß auch ich großmüthig
sein kann· Ja, here North, ich nehme
vIhre Bedingungen an. Die Angele
genheiten sollen genau so bleiben, wie
sie es MS W nd. Wie steht ej» frei
Ihre Tochter r mich zu erringen,
TM « MAMHPIEPEZM
. ne, e . . un
Heide Uwiuigkeit zwischen dkm lieben
den staut-an Wollen Sie mir die
Hand keichme Ich weih, daß ich michs
auf Ihre Ehre ebenso sehr verlassen s
kann, wie Sie aus die meine; wies
sind Edelleute.« « :
»Ich würde doch lieber Ihre Hand l
gicht berühren,« erwiderteNorth ru- »
! ig. !
»Wie Sie wollen« Wir verfielsens
einander vollständig.«
»Ja, allem Anscheine nach. Eine
Ihrer Freundinnen wartet, wie'ich
glaube, auf Sie. Leben Sie wohl,
Herr Jvan von Tredegar.«
Der junge Mann warf einen Biick
durch das Fenster; er sah Poldi-Spi
cer, griff nach seinem Hut und ent
fernte sich nach kurzem Gruß.
»Was zum Teufel fällt Dir ein,
Psoldi, mich hier zu erwarten und fo
meine Unterredung zum jähen Ab
schlufse zu bringen ?-« fragte er in her
bem Tone.
»Berzeih’; aber ich dachte, Du frier
dest mich Vielleicht hineinrufen, um
irgend eine Zeugenschaft abzugeben.
Du weißt doch, daß Du vorige Wachs
eine diesbezügliche Bemerkung ge
macht hast-" ---« »Voriae Woche —
;tleine Närrin! Jetzt sieben die Dinge
J ander-BL«
»Es thut mir leid, wenn ich Tief-.
aöärgert hiibe,« sprach Voldi unmü
t ig.
»Geärgert i— nein; aber Du hättest
warten fallen. bis ich um Dich ge
schickt! Was thust Du überhaupt auf
derPStrasze zu dieser Stunde des Ta
ges-«
»Ich habe meine Beschäftigung auf
geqebein Du sagtest, dasz wir bald
heirathen werden und ich habe ja ei
nige Ersparnisse Saae mir, ob Herr
Redmann Dich nachsichtig behandeln
wird —-— davon hängt ja so viel fiir
Uns ab!«
Sie Legte eine Hand auf feinen
Fluch er aber stieß sie ungeduldig von
ich.
»Heiraihen —- was Jhr Weiher
doch für unsinniaes Zeug redet! Jus-.
rner führt Jhr eine Heirath im Schil
de! Ich glaube wahrlich, Du hast
mich schon genug gekostet, PoldU Jch
bin kein Heirathslandidat, ich ——-«
Er sah ihre bliyenden Augen, ihre
todtenbleichen Wangen, ihre zuckenden
Lippen nicht
»Jvan, hast Du die ganze Zeit über
mit mir gespieli?« fragte sie. »Ich
habe Dich so wahr, so innig geliebt,
wie nur ein Weib zu lieben vermag.
Ich liebe Dich noch, — willst Du diese
Liebe in Haß verwandeln?«
Er lachie verlegen.
»Woh, nur keine Szene! Jrh basse
Szenen! Ich habe mir erzählen las
sen, dafz keine Furie so ara ist. wie
ein verschmähtes Weib. Poldi. es hat
keinen Zweck, Dich noch weiter mit
Spiegelfechiereien hintanzuhalten; ich
beae nicht die Absicht, Dich oder eine
Andere zu heirathen; wenn Du Geld
brauchst ——-«« « ·
.Schurke," stieß sie "zwischen den
Zähnen hervor. Dann brach sie in
einen heißen Tbränenstrom ans
Jvan fühlte sich unaussprechlich ge
langweili: er hatte derlei Szenen
schon mehrmals mitgemacht und fand
sie grenzenlos langweilig: er zündete
sich eine Cigarre an und sprach in ge
reiztem Tone:
»So sei doch vernünftig. Poldi: ich
habe Dich ja sehr gern, aber —«
»Verlafse mich! Ich habe Dich einft
geliebt, doch ich lerne es, Dich zu ver
achten. Hüte Dich vor meinem Haß.
er soll Dich bis zum Grabe verfol
gen.«
Er zuckte die Achseln und wandte
sich ab.
l·ck;,Kleine Hexe,« murmelte er ärger
t .
--—-J
Zi.
Guido Colin wurde durch Ge
schäfte siinf Taae in London seitaebali
ten; es war ihm dies sebr äraerlish,
ließ sich aber nicht ändern. In der
Dauer seiner Abwesenheit schrieb er
drei Briese an Ada und erhielt nur
einen von ihr· EH war ein kurzer,
qliicklicher Brief, aber die Freude an
demselben wurde ihm benommen durch
eine darin vorkommende Erwähnung
über Jvan von Tredegar. »Man-a
und ich begegneten gestern Herrn von
Tredeaar,« schrieb das Mädchen: ..wie
liebenswürdig er bei jeder Gelegen
heit ist, läßt sich gar nicht sagen. Jch
erwähnte zufällig, daß ein paar Ane
monen, die an einer wirklich aesährli
chen Stelle blühten, sehr hübsch seien,
und es genüate dies auch schon, damit
er sie mir holte — er hätte sich dabei
leicht aus das Schwerste verletzen tön
nen."
»Ich wollte, es wäre der Fall ge
wesen,« dachte sich Colin unwirsci).
Er trachtete, diese Worte seiner Braut
.zu vergessen, aber sie wurden wieder
und immer wieder in seiner Seele
wach; er sah im Geiste Jvan Tit-de
aars lachende blaue Auaen. Wie ost
hatte er damit geprahlt, daß lein
Weib ihm zu widerstehen vermochte,
wenn er sich die Mühe gab, dasse he
fesseln zu wollen. Colin hatte dam ls
über seine egoistischen Lebensanschau
ungen nur gelacht. jth widerten sie
ihn an.
»Ich dachte, Ada sei mit anderen
Mädchen nicht zu veraleichen.« sagte
er sieh, ärgerlich über sich selbst.
Nach Deverill zurückaetehrt, schrieb
er einen langen. fast zärtlichen Brief
an seinen Blutioerwandten Franz
Roethz ei war dies eine Pslichi, der
er nach seinem Passe-halten schon zu
lange nicht nachgeht-einen war. Jin
Grunde genommen steure er sich aus
den Aus-endlich wenn das Fest vor
über sein werde, nnd begriff nicht,
day die Ists Festen mit .ar so leh
hc ter Ung- uld besessen ere. Er
sprach ihr warmen Dank ans file alte
Mühe, welche sie sich gab und äußerte,
daß et ia froh sei, endlich Gelegenheit
zu finden, seine künftige Frau in all’
das einzuführen, was ja von Gott und
Rechtswegen ihr gehöre. Die Griifin
lauschte diesen Worten mit eint m
Befremden, ohne denSinn dersel en
so recht fassen zu lönnen.
»Ihr gebisre,« wiederholte sie sich
verwundert. »Was in aller Welt mag
er damit meinen?'«
Laut sprach fie: ·
»Ich habe einen sehr nennenswer
then Gehilfen in Jvan Treoegar ge
habt, er hat sorgfältig Aufsicht bei
allen Arbeiten geführt, die im Schlosse
vorgenommen wurden.«
»Ja, Jvan ist derlei Dingen ge
wachsen« erwiderte Colin kurz.
»Mein lieber Herr von Colin,« warf
die Gtäfin Feston geheimnißvoll ein,
»mitt) soll es in außergewöhnlichem
Maße freuen, wenn ich Herrn von
Tredegar mit der Tochter der Gräfin
leornlen zusammen bringen könnte.
Er sollte heirathen, und Sie wissen,
daß die Beiden schon einmal verlobt
gewesen sind; es läßt sich gar keine
passendere Partbie denken.'«
»Er hat so viele Frauen geliebt. als
es Tage im Jahre giebt,« warf Colin
; verächtlich ein; »Ja Sie aber diese Ehe
lVerlangen. so will ich wiinfchen, daß
ssie auch zu Stande komme, obzwor
s ich weit davon entfernt bin, das Ver
ideeben :-.«r jungen Dame herbeizusch
um«
»Welcl1’ unfreundliche Wortes Doch
lassen Sie uns von Anderem sprechen.
Hobensäie insotzbrn alle Bestellun
gen ge.n:tt, mit denen ich Sie beauf
tranke?«
»Ich nasse bis in die kleinste Einzel
beit Alte-s durchgeführt Nun erzählen
Sie mir lieber, wie es bei Frau Lang
ton geht; ich tonnte noch teinen Be
such dort machen und habe auch meine
Braut seit einer Woche nicht zu Gesicht
ketommen·«
Die Beiden trennten sich und we
nige Augenblicke später traf Colin mit
Joan Tredegar zusammen, welcher
ihm mittheilte, daß er in Folge eines
Telegramins, das er von seinem Vater
erhalten, sofort abreisen müsse.
Colin vermochte seine Freude kaum
zu derber-sen, maßigte den Ausdruck
derselben aber doch nach besten Kräf
ten unl- dantte Iredeqar fin die
Hilfe, welche Jener während seiner
Ziowesenheit aus dem Schlosse gelei
tel
Nach tiiblern Gruße trennten sich
Eolin und Jan dann, und während
Jvan in Gedanten versunken der Ei
senbahnstation zuschritt, fragte er sich
unwilltiirlich, ob seine Schwester wohl
ein willigeå Wertzeua in seinen än
den wäre, wenn sie Alle-Z wüßte·
Er schritt ziemlich eilig einen
schmalen Fußweg entlang, als plötz
lich sein Name laut genannt wurde
und er zusammenzuckend Poldi Spi
eer vor sich sah. «
«Du, Pokdi-—-war in des Teufels
Namen führt Dich hierher?« ries er
ungeduldig.
»Wie magst Du in solchem Tone
zu mir reden?« schluchzte sie laut.
»L, Jvan, Jvan, Inir bricht das Herz!
Ich erinnere mich aller guten Worte,
welche Du tu mir geredet! Jch kann
Dich nicht hassen! Verlaß mich nicht!
Eine Liebe und Treue gleich der mei
nen wird nie ein weibliche-B Wesen Dir
bieten!«
»Schon .wieder eine Scenet Jch
hatte Deinen Brief erhalten und
würde Dir heute aus denselben geant
wortet haben! Du siehst ja ganz ver
staubt und unordentlich auf-! Nein, ich
kann mich mit Dir nicht auf der
Straße zeigen. Kehre nach Perrin zu
xiickz ich dachte, daß ich deutlich genug
gewesen sei, scheint aber nicht; sich
werde Dich in Verein nussuchen und
nun gieb mir Ruhe.«
i »Jvan, o Jvan, vergißt Du denn
alle frohen Stunden, die wir zusam
men durchgemacht? Veraißt Du Dei
neg Versprechens-? Weißt Du nicht.
daß fiir mich Leben oder Tod davon
abhängt?'«
Reine Reue reate sich in seiner Seele
und Ungeduldig rief er:
»Was willst Du eigentlich, Poldi?
Um des Himmels willen laß diese
Narretheien endlich einmal zum Ab
schlusfe iommen.«
Sie wurde ruhiger und wischte sich
die Thrönen vom Gesicht.
«Jvan, ich bin heute hierhergetom
men, um ein- fiir allemal die Wahr
heit zu erfahren; ich sah Dich ins
Schloß aehen und wartete, bis Du
dasselbe wieder verlassen werdeft. Jst
eå dentbar. daß Du aufgehört haft,
mich zu lieben?«
»Auigehört? Jch liebte Dich gar
nie. Einer Unzahl von Mädchen habe
ich das Gleiche gesagt, was ich Dir
gesagt, und keine nahm es fo ernsthaft,
leine hat mich auch je so viel gekostet.
Wenn Du Geld haben willst, da ist
meine Börse, ich verlange aber, daß
Du mich auf der Straße nie mehr be
belliasi. wenn ich nicht die Hilfe der
Polizei gegen Dich in Anspruch neh
men soll.«
Poldi itieß einen leilen Schrei aus,
alle Hoffnung war in ihrem Herzen
erstorben, Undwte mit Blindheit ge
schlagen taumelte sie davon, ohne die
Börse zu berühren, welche er ihr vor
vie Füße geworfen. Trede ar zuate
rie Achseln und entfernte si mit ra
schen Schritten.
32.
Der zwanzigite Juli brach an; es
war der Toa sei Festes und iein
Wölkchen triibte den Himmel. Guido
unt-M ftmden auf der Thurmspine
und blickten auf das bunte Treiben
im Garten nieder.
—s
»Ich bin überzeugt, da Du Dich
sehr gut unterhalten wir , Liebling.
Wie herrlich. daß das Wetter so ta
delloi.«
Sie plauderten unbefangen und
heiter, wie zwei harmlose Kinder, und
endlich wies Ada von der Höhe rab
aus eine junge Dame, die sie irn arie
sah, und ira te, mer dieselbe sei.
»Zum-a T ornlkV, ein liebes Ge-.
schöps und die einzige Tochter ihreri
Ettern; ich würde aufrichtig betlagenJ
wenn das arme Ding wirklich denf
Plänen der Gräsin Feston zum Opfer;
sollen würde. Sie hat sie Pier-herges
biacht, von dem Wunsche be eelt, eine
Verlobung zwischen ihr und Jvan
Tredegar anzubahnen; ich glaube, eine
solche war einst schon halb und halb
geplant und soll nun zur Wirtlichteit
werden«
»Da thöte sie mir leid, denn mir
macht der Mann einen ganz verächt
lichen Eindruck.« erwiderte Ada, und
Colin athmete erleichtert aus«
»Du hast also entdeckt, daß der
schöne, liebenswürdige Jvan nicht so
ganz fehlerlos sei? Jch möchte wohl
wissen, ob die Gräsin Festen über sei
nen wahren Eharatter im Klaren ist."
»Ich glaube taum, obzioar die
Frauen meist sehr nachsichtig sind,
wenn es sich um die Fehler der Män
ner handelt.«
Die Beiden plauderten noch eine
Weile über dieses und jenes-, Colin
glaubte die Ueberzeugung gewinnen zu
dürfen, daß Jvan Tredegar seiner
Braut wirllich widerwiirtig sei, und
erleichterten Herzens schritter endlich
an ihrer Seite den Garten hinab.
iFortsetzung folgt.
NR
f Auf dein Zweirad.
Erzählung von J H. R o S n y.
Ich hatte einen schönen Ruheort ge
sunden, der angenehme Kühlung,
Schatten und Wohlgeriich spendete.
Auf dein Abhang am Meere wuchsen
schlanke Fichten, daneben standen
Ulmen und lange Reihen zitternder
Pappeln. llnd dort ——— wie das Pa
radies ——— lag ein großer, träumender
Garten, ans welchem unter Weinlaub,
Epheii und Glyzinen verborgen, ein
altes, vernachlässigtes Haus hervor
schaute.
Ich hielt mein Stahlroß an, mei
nen schweigsamen, treuen Gefährten,
und letzte mich dicht an die Mauer des
Gartens. Jch sah das Meer vor mir
liegen; heftig bewegte es sich und ver
einigte sich am Horizonte mit den wei
fzen Streifen der fernen-Wollen Die
erregten Wellenberge glichen zuweilen
einer unendlichen Fabellandschaft, auf
der ganze Schaaren weißer Viiffel in
wirrem Durcheinander daherstiirmten,
und kleinen Muscheln gleich verloren
sich die Fischerboote zwischen den stei
genden und fallenden Wogen.
Ich gab« mich vollkommen meinen
Träumen hin, als sich plötzlich eine
kleine Tür in der Gartenmaiier öff
nete. Kurz vorher schon hatte ich ein
leises Knarren und Knirschen gehört
und den Kopf gewendet. Da bot sich
mir ein entzückendes Bild, wie es sich
schöner ein Mannesauge nicht träu
men kann: Ein reizendes Mägdelein
sah ich mit glänzendem Haar. in ein
leichtes, weißes Gewand gehüllt, das
um sie floß wie der Schaum des Mee
res.
Sie näherte sich mir mit wiegenden
Schritten, die Augen auf mein Rad
gerichtet. Sie blieb stehen, um es zu
betrachten. Mit wachsender Aufmerk
samteit tat sie es, und- ihre schönen
Augen füllten sich mit Bewunderung·
Ihre Gegenwart erregte mich, und
ich zitterte. War es der Ort, ihr
rätselhastes Erscheinen, war es einer
jener geheimnisvollen Vorgänge, die
unsere Seelen emvfiinglicher machen
siir das Schöne und fiir die Seligkeit
der Liebe? —— Jch war erfüllt von
einer unendlichen Sehnsucht. Nie
mals hatte das Bild eines Weibes
mich in dem Maße entziickt. Und ich
betrachtete sie schweigend, unfähig,
ein Wort zu finden·
Da begann sie zu sprechen. Sie
wendete sich mit lächelndem Blick zu
mir und sagte:
L
»Ob das Rad wohl auch eine Seele
hat? Ich dente immer, daß der
Mensch mit der Zeit den Instrumen
ten, deren er sich täglich bedient, Le
ben geben wird. Jn dem Maße, in
dem er sie verseinert und verbessert,
wird er ihnen etwas von seinem eige
nen Wesen geben. . . .«
Jch hörte ihr zu, erstaunt und voll
kommen bezaubert von ihrer Stimme,
die süß war wie der Ton der Gewitt
ser, die im Innern der Gietfcher flie
ßen und mit deren Reinheit nichts
vergleichbar iit.
Sie lachte und sprach dann weiter:
»Sie sinden mich wohl ein wenig zu
nachdentsam7 Aber meine ganze Fa
milie ilt so. Mein Vater liest am
»College de France«, und meine Brit
der sind Bahnbrecher der Wissens
schast.«
Sie wurde plöhlich ernst. Jhre
glänzenden Augentterne wurden von
einer tiefen Traurigkeit beschattet, und
seufzend sprach sie: »Ich langweile
mich. Die Stunden vergehen to lang
iam und diister in diesem alten hause.
Die Gefährten, die man mir gegeben
hat, sind.sonderbar, die Vorsteherin
regt mich aus mit ihrer Beschränktheit
und Strenge. Ich möchte mich wohl
auf Ihrem Rade sortftehlen, weit,
weit satt-Dis an das Ende des ho
rizontei, bis zu den Ardennem wo ich
geboren hint«
Sie sprach wie im Traum, und ich
selbst glaubte zu träumen. Ich hatte,
das Gefühl, als ob mein Leben mit
unendlicher Eile dahinfchroiindez schon
siihlte ich das Alter mit den Zeichen
des Verfalles mich berühren. Vlies
schien verwellt —- nur nicht dreier·
purpurne Mund, diese Zauberstimme
und diese Augen, erfil t mit der
Schönheit der Vergangenheit, Gegen
wart und Zukunft
»Lassen Sie mich einige Minuten
meinem erdriiclenden Dasein entflie
hen!« sagte ste.
Jhre kleine, nerviise Hand hatte die
Lentsiange ergriffen. Und ich, ohne
zu antworten, ihrer Laune vollständig
Gewähr leistend, wie ein Ritter seiner
Königin gehorcht, ich hielt das leichte
Rad und verhalf meiner Göttin zu
ihrer Flucht. Sie stieß einen Jubel-.
ruf aus, und mit entzückenden Bewe
aungen begann sie die Fahrt. Jn
siinf Minuten war ihre schlanke Sil
houeiie verschwunden
sc si- «
Wie lange harrte ich auf ihre Rück
"iehr? Eine Stunde ——— zwei Stun
.»den —— ich weiß es nicht. Die Walten
jwaren nicht mehr grau, sondern von
jden wundersamen Künstlerfingcrn der
iAbenddämmetung gezeichnet. Die
»große Sonne war wie eine rote Ku
sgel der Ewigkeit in den Ozean gesun
lien. . .. Da machte sich in dem von
’Weinlaub und Glhzinien umrantten
yhaufe ein unruhiges Hin und Her be
kmerlban Leute liefen im Gatten um«
’her und riefen einander. Plötzlich er
Ifchienen zwei Männer an der kleinen
"Ga;’tentiir, und einer von ihnen fragte
.mt : .
« »Hahen Sie nicht ein junges Mäd
chen in weißem Kleide vor-übergehen
sehen, mein Heut-«
l »Es ist eine Verriiclte, die aus un
irrem Jrrenhanse entslohen ist,« fügte
sder andere hinzu
Verriickt oder nicht« ich war noch
vollkommen in ihrem Bann: ich be
schloß, meine Venus nicht zu verra
ten.
Und ich erwiderte:
»Ich habe niemand gesehen.«
Die beiden Wärter entfernten «sich.
O O Of
Wieder vergingen einige Stunden.
Ein Sehnen, schmerzhaft nnd wonne
voll zugleich, hielt mich fest. Der
zarte, dlasse Mond war emporgestie
gen und hatte sich auf sein Wollen
bett gelegt. Langsam und sinnlich wie
imeine Gedanken bewegte er sich.
EDa —- plötzlich ein leiser Seufzer - »
eine schlante Gestalt - — Meine irre
Zauberin war zurückgetehrt Beleuch
tet von den silbernen Mondstrahlen
i stand sie da und sah mich an mit ihren
schönen Augen denen die Melancholie
einen neuen Reiz verliehen hatte. Sie
v sprach mit leiser Stimme:
« »Ich wußte, daß Du mich erwarten
würdest. Jch habe es in Deinen Bli«
cken gelesen. Meine Fahrt durch die
Ebene nnd iiber die Hügel war schön,
so wie ich mir den Flug der Vögel
denle. . . .Jeht muß ich in mein trau
riges heim zurückkehren.«
Mit fast erloschener Stimme fügte
sie hinzu:
»Und zu meinem Elend, meinem
Wahnsinns«
Bewundernswiirdig schnell faßte sie
sich wieder, und mit einem süßen Lä
cheln sagte sie:
I »Ich weiß, daß Du mich liebst
lund ich habe gewußt, dasz ich Dich
I liissen werde, wenn der Abendwind die
EWogen bewegt· «
! Jch sah sie, vom Mondlicht umstos
Isen, ties erröten. Traurig sprach sie:
j »Schließe Deine Augens«
: Sie hatte ihre Arme sür eine Mi
nute um meinen Hals geschlungen,
nun leqte sie ihre kleinen Hände aus
meine Augen. Jch fühlte einen süßen,
glühenden Kuß auf meinen Lippen.
Dann sprach sie Abschied nehmend:
»Ich gebe Dir meinen ersten und
einzigen Liebeslusz. Jch werde nie
mals einen zweiten einem andern
geben. Was ich Dir gab, ist Alles,
was ich je dem Liebesgotte opsern
durfte!«
Eine Minute später war sie ver
schwanden.
Und ich lag noch stundenlang bei
dem wogenden Meere und träumte,
träumte von ihr. Ach! Nicht tausend
Jahre können mir meinen Traum
entreißen.
-.----· ON
Der Lenz ist va.
In die Ecke trockne Prosal
icht mehr tannst du rnir aesallen.
Singen will ich fröhlich singen!
eo auch lein Jubelllinarn,
åei es doch ein srohes Laden
Seid gepriesen, holde Töne
Frühlin siroher VogelliederL
Süße isen, wonnia schöne
ballt in meinem Busen wider,
Denn der junge Lenz ist da!
I —...».......
i
)
f
Bestätigt-ask
Dichterling: »War in den Epigraw
men, die ich Ihnen einsandte, nicht
Schwung?"
Redakteur: «Gewisz. sie sind sogar
in den Papiertorb geflogen!«
Die spart-see dortstu
rau (zu ihrem U rtta tei
enkzen Manne der Was-after erfor
chea will): Daß ich es nicht mal-Im
Du könntest etwas weihen Hand
bringen!«