Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 09, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    lss
Ver Papagei
sIaPaulBonhomme
die en Worten putzte Maitte
suloubeh dvotat am Gerichtshofe zu
Paris, am frühen Morgen in das
Zimmer seiner Frau. Sein Gesicht
Esset steht-roth, seine Augen Hinunter
» laufen, und seine Hände zitterten.
«hat man so was von einem Thier
mal efehen!« rief er erbost.
Dünfmah horst Du wohl —- funfrnal
habe ich wegen dieses verdammten Pa
pa ? mein Plaidoyet von neuem an
fqtengem und ich tann nicht damit zu
» « tande kommen.«
»Aber, lieber Mann, beruhiae Dich
doch,« bat Madame Galoubet, eine
Dame, deren Körpergewicht mit dem
einer Riesendame rivalisiren konnte
rege Dich doch nicht so auf, Tu wirst
Dir noch schaden«
»Das ist mit e al,'« versetzte der Ad
votat im wüthen en Ton, »ich muß
Uesen Papagei los werden, oder ich
gez-e ein Unglück an, ich envürge das-«
. »
«" « . t how ich es nicht mehr ans,
s- » , gib mir meinen Rock und Hut,
, Mc sofort zum PolizejtommissatA !
Jn nervöser Erreguna zoa er seinen
« Rock an, lnöpste sich die Stiefel zu und
stürzte nach der Thür.
Octaoie folgte ihm mit nnruhiaen
Augen und sagte, die Hände faltend:
»Ich befchwöre Dich, Remn, mein
Freund, beherrsche Dich vor dem Rom
missar; laß Dich nicht von Deiner
Wirth hinreißen.«
Jhre Tochter Honorine oereiniate
ihre Bitten mit denen der Mutter, doch
nichts hals: der Knall der befticz zuge
worfenen Thiir war die aanze Ant
wort des Advotaten, der hastig die
Treppe hinuntereilte und den Weg·
nach dem Kommissariat einschlag. «’
2.
Die Situation wurde thatsächlich
unerträglich Und Maitre Galoubet
hatte, wie man zu sagen pflegt, sein
einiiugiges Pferd mit einem blinden
.vertauscht.
Als der Advolat den Boulevard Si.
Michel verließ, um nach der Rue de
Sonde zu ziehen, da hatte er gehofft,
die liirmenden Studentenauszüae, das :
Trambahngeklin el und den Lärm der
durch die Strackze strömenden Men-!
scheumenge los zu sein; dasiir hörte er
jetzt jeden Augenblick aus dem Hofe,
aus dem sein Arbeitszimmer lag, das
scharfe, hetiiuhende Kreijchen eines-.
äapageiz der seine Geduld aus die
"rteste Probe stellte und ihn zur Ver
zweislung trieb.
Auf seine erste Klage hatten die Be
si r des Jolos, die Inhaber eines«
uhwaarenmagazin9, mit einer ein
fachen Unverschämtheit geantwortet
Kurz darauf verlauften sie allerdingg
ihr Geschäft, und Galoubet stieß einen
Schrei der Erleichterung aus. Doch
We Freude war nur von kurzer
uer. Der Papagei war mit dem.
Æzen Inventar verkauft worden, und !
neuen Inhaber waren noch unver- 1
fchsnrter als die vorigen: sie erklärten, s
. trenn man 14,000 Franken Miethe be- i
zahle, so habe man auch das Recht,
sich einen Papaaei zu halten.
» Von diesem Augenblick an war die ;
" Inn der Feindseligleiten eröffnet. und «
, der Advokat mußte zu den Behörden
eine Zuflucht nehmen. Zum Glück
— nte er das anze Arsenal der Ge
«»’1Ieie. Wenn iän sein Miethsoertrag
sis snchäwanG die Nähe der unverschäm:
Mr ehuhmenschen noch mehrere «ahre s
is ertragen, so sicherte ihm doch l aka- !
r h 1719 des St.-G.-B· den »in-v- !
E - " Genuß der von ihm gemietheten i
Vettlichieiten«. Darum hatte er sich,4
II Vertrauen aus, sein Recht, trotz der z
; efte seiner « rau und seiner Toch- I
, , zu demPo tzeikotnrnissar begehen »
is r. Seine Enttiiuschung aber war groß, T
III der Beamte ihm rundwea erklärte, i
ftp-eß ek dem use-et nicht anders-n kam-e :
Schreit der Papa ei vielleicht nachT
Uhr Abends?« ragte er. »
. »Das wol-l nicht." versetzte der Ad
W betros en, »aber er holt es von
« Uhr Morgens bis sechs Uhr
, · U voch.«
. Ver Kommissar machte eine le
W nddeweguna. .
" ·»«Js, so ld das Geräusch im Jn-:
M des Hauses und vor zehn Uhr .
« svor sich geht, kann ich nichts
» thun,« erklärte er. «
Gesicht des Maitre Galoubet
abermals eine lrehsrothe Fär
»Herr Kommissar,« tief er, »dann»
muß ich mich an meinen Wirth halten,
denn ich kenne auch das Gesetz. Und
wenn ich durch einen vereidigten Ge
ti tsbollzieher feststellen lasse, daß
die er bosbaste Vogel meine Ruhe
set und mich an meiner Arbeit bin
ti, so wird wohl der Wirth . . .«
»Gewiß. gewiß,« bestätigte der Po
lizeikommissar. »in diesem Falle wer
den Sie sicherlich mit Erfolq Magens
«Run denn,« sagte Maitre Galou
bei, sich erhebend-. »ich gehe sofort zu
einem Getichtsvollziehet.«
»Das ist Jhk Recht.« .
« Der Advokat grüßte, verließ das
·8wmissaxiat Und begab sich zu dem
« sen Gerichtsvollzieher. Schnell
et diesem seinen Fall auseinan
Iu und bat ihn, so bald als möglich
its seine Wohnung zu kommen.
Z.
Gewöhnlich fragen die Papageien
« « Viel nach den Gerichtsleuten, und
M Schuhmachers fragte den Teu
M den« Paragraphen des Gesetz
»- « als Maine Galobuet nach
. guts-Kam
, Musik des Joto, die sich aus
-M.kckiedensten Tönen zusammen
z» M sont Weisen der Amsel, vom
dies Irdisches dem Bellen des
IHundes und den Tönen anderer Thiere
etwas an sich hatte, konnte einem auf
die Dauer wirklich auf die Nerven. fal
len. Fräulein hanorine hatte sich da
bei heute schon eine heftige Migriine
zugezogen «
»Na,« fragte sie, ihrem Vater ent
ge eneilend, »was hat der Kommissar
ge agt?«
»Werden wir den Papagei los?«
fragte auch Frau Galoubet.
»Ja, meine Lieben, sowohl, wir
werden dieses Thier los,'· erwiderte
Maitre Galoubet und trocknete sich
den Schweiß von der Stirn. »Der
Papagei wird auf Grund der Gesetze
verschwinden-"
Die beiden Damen stießen einen
Seufzer der Erleichterung aus·
»Ach, das wäre ein wahres Glück?«
rief Madame Octavie.
»Wird der Kommissar felbft kom
men?« fragte ihre Tochter. «
»Nein, mein Kind,« erklärte der
Vater, »aber ein Gerichtgvollzieher
wird bierhertonimen.
»Ein Gerichtsvollzieher?" ries das
junge Mädchen entsetzt.
»Ja, ich lomme eben von ihm, er
wird mir den Dienst erweisen, den
Lärm des Papageis von Amts- wegen
zu tonstatiren.«
Jii demselben Augenblick tlingelte
es draußen heftig. Das Dienstmäd
chen öffnete und einen Augenblick
später erschien ein· noch junger Mann
eine große schlanke, fast elegante Ge
stalt mit hochgedrehtem Schnurrbart.
Es war der Gerichtsvollzieber Ra
pinaux, der vor kurzem die Kanzlei
seines Vaters übernommen hatte.
Nach kurzem Gruß verschwanden
die beiden Damen; Maitre Galoubet
führte den Fremden in sein Arbeits
zimmer und sagte zu ihm:
»So, verehrter Herr, Sie brauchen
sich nur hierher zu setzen und den
Leirm zu tonstatiren.«
Der junge Beamte setzte sich, und
Maitre Galoubet that desgleichen.
Zwei Juristen gegen einen Papageik
Der Sieg mußte aus ihrer Seite blei
ben. Aber merkwürdig, von dein Au
genblick an, wo Herr Napinaur die
Schwelle des Kabinetts überschritten,
schwieg der Jota Er schien den
Sturm geahnt zu haben, der iiber sei
nem Haupte schwebte. Der Hof lag
in tiefem Schweigen da, das nur von
dein Plätschern des Brunnens unter
brochen wurde. wenn die Dienstmäd
chen aus dem Hause das Wasser hol
ten. Etwas anderes zu tonstatiren,
war der Gerichtsvollzieher nicht in der
Lage. —
»Nur ein bischen Geduld,« grollte
der Advotat, »Sie werden gleich hö
ren.«
Er öffnete das Fenster und forderte
den Gerichtövollzieher aus« näheren
treten. Dann zeigte er mit dem Fin
aer aus den am Fenster hängenden
Käfig und Papageis und fragte:
.Sehen Sie ihn?'«
Der Getichtsdollzieher lehnte sich
aus dem Fenster.
»Ja, ja, ich sehe ihn . . .
Einige Augenblicke betrachteten die
beiden Männer den Pavagei. der sie
überrascht mit seinen runden Augen
ansah, aber boshasterweise oollstäridia
stumm blieb. Zeitweise wiegte er sich
sogar ein wenig aus seiner Stange hin
und her össnete auch den Schnabel,
ließ sich aber nicht den geringsten Laut
entloelen
Maitre Galoubet war wiithend.
»Das ist doch zu start, « tnirschte er
mit aeballten Fäusten. »Man möchte
glauben, er macht das absichtlich.
’,,Ja, es ist wirllich merkwürdig;
seit ich hier bin, ist .er vollständig
stumm.«
Sie warteten noch eine Weile, aber
gee- Papagei össnete nicht den Schna
Der Adootat schäumte, sluchte, wet
terte: und der Gerichtsvollzieher
mußte an sich halten, um nicht laut
auszulachen.
»Das ist teuflisch.« ries Maitre Ga
loubet schließlich. »Er ist im Stande
und macht den ganzen Tag nicht den
Schnabel aus« Nun gut,« suhr er
sort, »ich will Sie nicht länger zu
rückhalten, Jhre Augenblicke sind
ebenso tostbar.»wie die meinen. Jch
mischte Sie nur bitten, zu einer gele
genen Zeit wiederzutommem Natür
lich werde ich Ihnen jeden Ihrer Be
suche bezahlen.« «
Der Gerichiivollzieher verneigte sich
und erklärte sogar in iiebenswiirdigem
Tone, man solle ihn nur benachrichti
geri; sobald der Paoagei seinen ge
Döhnlichea Lärm anstimmte, würde
er sosort erscheinen.
Geben Sie mir nur ein Zeichen,
dann komme ich «
— 4
Maitre Galoutet ließ sich das nicht
zweimal sagen,.und jeder Mensch in
seiner Hanslick-leih die Mutter, die
Tochter, das Dienstmädchen, sogar der
Panier-, mußten sosort zu dem Ge
richtsvollzielzer laufen, sobald der Pa
pagei den Schnabel öffnete. Bedauer
lichertveise schien der Jalo ein wahr
haft teuflisches Vergnügen daran zu
finden. den Advolaten und den Ge
richtsvollzieser zu foppen. Saß herr
Rapinaux in seiner Kanzlei. so
kreischte und psiss der Papagei. daß
das ganze Daus in Verzweiflung ge
rieth, lam er dagegen aus den Ruf
» des Dienstmädchens oder des Portiets
Hathemloö herbeigesiürzt, so versank
Tdas Thier in das tiefste Schweigen
» Er wiegte sich dann, ohne den Schna
bel auszumachen, aus seiner Stange,
zur größten Verzweiflung des Adve
laten. seiner Frau und seiner Toch
zf die nicht mehr wußten, wie sie die
ahr beschwören sollten, denn Mai
tre Galoubet war nahe daran. den
Verstand zu verlieren.
Da die Situation immer gespannter
wurde, die Zahl der Besuche des Deren
Rapinaux zusehends anschwolL so
machte Frau Galoubet ihrem Gatten
den Vorschlag, den Gerichtsvollzieher
doch zum Frühstück einzuladen. Es
mußte doch mit dem Teufel zugehen,
wenn der Papagei während der Mahl
zeit nicht wenigstens ein paatmal
schrie.
Der Gerichtsvollzieher nahm die
Einladung mit größtem Danke an,.
Haber unglücklicherweise fing es um die
Zeit, als Herr Rapinaux kam, gerade
zu regnen an, und die Besitzer des
Schuhwaarenmaaazins holten den Pa
pagei herein
ZU den Gericht-kosten tamen auch
noch die tKosten des Frühstücks, und
Madame Galoubet mußte etwas Neues
ersinnen. Aber was-? . . . Man suchte
Jeder suchte, und Fräulein Honorine
noch eisriger als die anderen. Ach,
wenn sie dem Vogel doch nur eine
vergiftete Wille, etwa mit Arie-UT bei
bringen lönnte, selbst Schierling ge
nügte schon; ja, sogar Betersilie soll
auf die Papageien schädlich wirken.
Aber wie sollte sie diese Ville,- dieses
Arsenit, diesen Schierling. diese Pe
tersilie in den Käfig des Thieres
schmuggeln? Und wenn sie dabei ge
faßt wurde, lam c gewiß zu einem
Prozeß, zu einer Schadenersatzllage
wegen Tödtung eines Hausthieres.
Sie wußte das, denn sie war ja die
Tochter eines Advolaten.
»Darum, Herr Rapinaur, können
Sie allein uns von diesem gräßlichen
Tyrannen beseeien,« gestand sie dem
jungen Gerichtsdoll let-er, als dieser
einige Tage später -. adarne Galoubet
seine «Verdauungsvisite« machte.
Als Fräulein Honorine dieses Wort
mit ganz besonderer Feierlichleit und
in slebendem Tone ausgesprochen
hatte, versetzte Rapinaur galant: »Es
gäbe vielleicht ein Mittel, das es mir
ermöglichte, das Geschrei des Papa
geis zu hören.«
»Ein Mittel? Was sür ein Mittel.
——bitte, sagen Sie es schnell, schnell!«
« Der junge Gerichtsvollzieher, der
siir die Reize des Fräulein bonorine
offenbar nickt sühllos geblieben war,
beobachtete ein turzes Schweigen,
drehte an seinem Schnurrbart und
fah Madame Galoubet mit forschen
den Blicken an.
»Ih« Frau Mutter und Ihr Herr
Vater müßten mir gestatten, ösler
hierher zu tornrnen.« meinte er halb
laut.
»Aber Papa verlangt ja gar nicht-Z
Besseres, er wäre entzückt,« ries das
junge Mädchen naiv.
»Er vielleicht. aber Sie, mein Fräu
lein, würden Sie diese Meinung thei
len? Jch wage es taurn zu hassen.«
Fräulein Honorine, die seine Worte
ietzt erst verstand, wurde roth bis über
die lleinen Ohren.
Z-).
Allerdings war es nicht gerade ihr
Traum, einen Gerichtsvollzieber zu
heirathen, und als Mailre Galoubet,
den seine Frau von der Sachlage un
terrichtet, sie bat. ihr herz zu befra
gen, konnte Fräulein Honorine darin
leine allzu lebhaste Neigung siir den
jungen ann, den man ihr vorschlug.
entdecken.
Aber Maitre Galoubet war so be
redtt Er pries die Segnungen des
liinstigen Friedens, wenn sein Schwie
gersohn seinen schrecklichsten Feind
einmal »in slagranti« ertappt, daß
das reizende Kind sich rühren ließ.
Diese Heirath war die Rettung siir
ihn! Warum hatte er nicht sriiher
daran gedacht?
»Ja meine Arme, mein lieber Herr
Rapinaur,« ri«s er, als er ihn wies
ersah. »Sie betommen meine Tochter,
doch unter einer Bedingung!«
»Sie können sich aus mich verlassen,"'
sang der Gerichtsoollzieher glückslrah
en . .
Drei Wochen später feierten die Ga
loubets mit einem großen Diner die»
Verlobung ihrer lieben bono-eine. Wie
groß war aber ihre Bestiirzung, als
man arn nächsten Tage erfuhr, daß der
Papagei gestorben war! Die Kö in
von drüben hatte am Fenster Peter lie
schnitten und aus Versehen einige
lätter in den Käfig sallen lassen,
ldiett der Jato sosort ausgetnabberl
a e.
F Ei- war seine Henkersmahlzeit ge
wesen.
Als praktischer Mann dachte Maitre
Galoubet daran, die Verlobung wieder
aufzuheben. Doch dem widersprach
jetzt Fräulein Honorine. die in der
Zwischenzeit die Vorzüge ihres Bräu
tigams näher tennen und schätzen ge
lernt hatte. Sie liebte ihn jetzt, und
da sie nicht aeneiat war, aus ihn zu
verzichten, so ließ man den Dingen
ihren Laus.
Jetzt ist Fräulein Honorine schon
seit mehreren Jahren Frau Rapinauxx
sie ist die glücklichste Frau von derWelt
Und aedenlt noch ost dankbaren her
zens des Papageis, der ihr im wahren
Sinne des Wortes ihren Gatten zuge
siihrt hatte.
«--—-— «
par-ernst
Bauer (dem zum Kartenspiel im
Case ein kleiner Tisch angewiesen
wird): »Was, an dem Marmorti eh
chen sollen wir Slat spielen? en
schlagen wie ja beim ersten Grund
taputt«
til-ti.
Nachtschwärmer Gngt liirrnend):
»Gute Nacht. Du mein herzigeöieind!«
Nachtwächter: «Na gut; nu halten
Sie aber hübsch Ruhe, damit das
»herzige Kind« nicht wieder usswacht.«
Der Zimmtpudding.
Humans-te Jus dem Holländischen
von C a n t e r .
i
i
Christine sasz in ihrem hellrothen
Morgensteid im.Wohnzimmer a dem
Sosa, Franz war eben sortgega gen,
hatte die Thüre wiithend zugeichlagen
Sie hatten sich zum ersten Male
nach ihrer Dochzeit gezankt. Ein hal
bes ahr lang hatten sie so reizend
und odurch und durch zufrieden mit
einander gelebt... Jept war das
plößlich andero... sie wurde sich nie
mehr glücklich siihlen... Sie blickte
sich im Zimmer um. Wie kalt war
doch alles in solch' einem jungen
Haushalt, alles so neu, so glänzend
genau so, als gehöre es Einem gar
nicht·.. wie wiithend Franz werden
ionnte... das hätte sie niemals ge
dacht. Wie schlecht und falsch waren
doch alle Männer! Während ihrer
Verlobung hatte er nie auch nur ein
ein iges hartes Wort zu ihr gesagt.
-,bristine lehnte sich in dir Sopha
ecke zuriicl und begann zu weinen.
Und noch dazu wegen solcher Kleinig
leit. Ich- eine Kleinigleit war es
eigentlich doch nicht. Es war etwas,
womit sie sich schon lange abgeauiiit
hatten... aber das aab Franz doch
noch lange nicht das Recht, so aufzu
fahren. Sie war doch seine Frau . . .
Wie war es doch gleich gewesen . . .
Franz war ganz ruhig und vergnügt
ausgestanden, hatte beim Frühstück
das Morgenblatt elesen, dies und je
nes über die rusischen Generäle ge
sagt und dann so ganz obenhin gei
fragt: »Was essen wir heute Mittag,
Christine?«
·,,Nun, wie immer.«'
»Ja, das kann ich mir schon denken;
aber was?«
»Nun, was wollen wir essen? —
Mach’ Du das Menii."
»Nein, das ist Deine Arbeit . ..«
»Kalbsschnitzel und Kartoffeln und
Erbsen aus der Büchse.« ?
»Schon wieder, Christine?'«
»Nun, meinetwegen dann mal was;
anderes, sag’ Du mal etwas.« i
,,Cbristine, wir essen schon seit lan- E
aerZeit sehr schlecht. Jeden Tag das
selbe. Willst Du mir glauben, daß ich
mich manchmal nach dem Restaura
tionsessen spon sriiher iebne?«
»Nun, so geh doch in ein Restau
rant . .
»Das ist teine Antwort, Christine.
Sage lieber, daß Du das Menii mal
ändern willst.«
»Ich andere es jeden Tag. Aber es
giebt lein Gerniiie.«
»Dann bereite mal irgend etwas
Gutes zu.'«
»Das Essen ist jeden Mittag gut."
»Wir haben nie irgend ein Extra
gericht. Mach doch mal einen Pud
ding oder eine Torte oder eine Eier
speise oder etwas Aehnlicheg . .
»Ich tann solchen Kracn nicht zu
bereiten. Meine Mutter machte sich
nichts daraus . . .«
»Und was Du »Kram« nennst. das
esie ich nun gerade gern, und das will
ich auch aus meinem Tisch sehen. Was
Deine Mutter gern oder nicht gern
ißt, das läßt mich talt· hier bin ich
der Herr, und Deine Mutter ist es zu
Hauses
.- «.-· os
s »wer ooai man gleich ro auc. Du
Jbrauchit Mutter nicht zu beleidiaen.
Ich verbitte mir tas, hörst Tit wohl?«
»Und izti saaeTir, daß ich anderes
Listen aus meinem Tisch sehen witt,
verstehst Du michs- Eonit totnrne ich
einfach überhaupt nicht mehr . .
Bei diesen Worten war Fran; zum
Hause hinaus-gerannt Und da saß sie
nun ganz allein und iebr betrübt.
Wenn sie doch nur nicht so schnippisch
geantwortet hätte! Aber warum wurde
er auch ptötztich so furckibar loiitbend?
. Sie hatte teine Ahnung daß er so
sein tonnte... und dann ewig diese
Bemerkunisen iiber ihre Mutter . . .
das tonnte sie nun einmal in den Tod
nicht leiden.
Als eg später wurde und sie sich
während des Staubwischeng ein wenig
»der-klingt hatte, begann sie allmählich
lRene zu empfinden. kjranz hatte ei
sgentlich nicht so ganz Unrecht. Sie
konnte recht gnt mal versuchen, irgend
etwas zuzubereiten. Solche Kunst war
das doch nicht. Mit einem Kochbuch
würde es schon geben. Aber dann
würde Franz am Ende glauben, daß
sie sich vor ihm sürchtete... und das
durfte nicht sein. Alles aus Liebe,
aber nichts aus Zwang oder Furcht.
Das lag nun einmal so in ihrem Cha
ratter.
Sie ging in die Küche, nahm das
Kochbuch vom Kii nbrett und be ann
darin zu lesen. A mählich vertie te sie
sich in ihre Lettüre... Sie las erst
die Einleitung, dann die Vorschriften
sür das Tranchiren, sah sich die Jllu- .
strationen an, aus denen gedeckteTische T
abgebildet waren dann las sie das s
Kapitel iiber »Ein und deren Zuberei- «
tung«. Sieb mal an, da lernte sie
was Neues. »Um das Schalen ge
tochtee Eier zu erleickåtfztm wende man
folgende Mittel an: an lege dieEier
sosoet, nachdem man sie aus dem to
chenden Wasser genommen, vorsichtig
in kaltes Wasser und lasse sie darin
einen Augenblick abkühlen Alsdann
wird man die Beobachtun machen,
kaädie Fchate sich ganz lei t ablbsen
a
as wollte sie sich merken. Franz
atte so ost geber-wenn wenn sich sein
i des fEliorgeni so schwer schäten
liess. S las weiter «Apeitosengelee,
Kirschenskrndeh Erdbeeepudding .. eo
gefiel ibe alles nicht. Sie tat wieder
weitee». nein, da stand eigenttich
nichts Besonderes dein... wenn sie
sich selbst mal· was auidachtei ranz
aß so gerne munt. Wenn ee Re s aß,
sirente er si immer eine dicke Lage
Zimnrt dariiher . .. Wenn fie mal ir
nd eine Zimmtfpeife zubereitete.
chwer konnte das ni t fern » . Sie
machte sum Beispiel ernen gewöhnli
chen Gr espudding . . . das war leicht;
und dann that man tmmt in die
Milch. bevor man die ilch hinein
» ad... Man tlopfte die Milch und
n Zimmt gut durcheinander . .. das
würde fchon gehen . . . War nochZimmt
im Haufe? Sie fah im Gewürz
fchränkchen nach... Nein... aufdem
Herdfims? Ja, da lag noch eine kleine
Diite. Sie öffnete sie -—— fah das feine
braune Pulver-« richtig». es war
gerade noch genug. Milch war auch da
und Gries... Sie begann damit die
Milch in einem kleinen offenen Ton
aufs Feuer zu setzen und schüttete,
als sie zu kochen begann« den Jnhalt
der kleinen Diite hinein, legte den
Deckel auf den Topf und ließ das
Ganze ein paar Minuten durchkoehew
Nach einer halben Stunde war der
Pudding in der Form. Sie hatte auch
noch ein klein wenig Orangenhliithen
essenz hinein gethan und ein kleines
Stückchen Banille, um ihn zu überra
schen. So konnte man nicht riechen,
daß ’«in1mt darin war, und er wiirde
es ert schmecken, wenn er von dem
Pudding aß. Sie wollte ihn als
Schokoladenpudding ferviren. Er
hatte ungefähr die gleiche hellbraune
Farbe. Sie ftellte die gefüllte irdene
Puddinxjsform in das kleine Schrank
chen im Korridor . . . dort war eg
schön tiihl . . . dann die Thüre an
gelegt und einen Stuhl davor ge
stellt . . . der Katze wean . . .Narh
mittags kam Franz nach Haufe. Sie
erwartete ihn schon an der Thür...
Er war fchon längst nicht mehr höfe
«- hatte auf seinem Vureau die Sache
fchothereuL
»Wir essen Puooing, yranziz
»Bist Du mir nicht mehr böse,
mein Lieblings« ·
»Bist Du denn nicht mehr böse,
Franzi? Du hattest eisenttich doch ein
wenig Recht, weißt Du.
Sie aingen zusammen hinein wiih
rend Pietje, das Dienstmädchen, das
Essen servirte.
Als der Nachtisch kommen sollte,
fragte sie: »Gnädi,ie Frau, soll ich den
Pudding ausstiilpen, oder solt die
»Frau« es thun?«
Die »Frau« toar die Reinmacke:
stau, die jeden Dienstag und Donner
stag kam.
»Nein, ich werde es thun.«
Christine ging hinaus- und nahm die
Puddingsorm aus dem Schrank Der
Pudding war prachtvolt steis und als
sie ihn geschickt aus eine Schüssel ge
stiilpt hatte, sah sie, daß er glänzend
braun war.
»Tragen Sie ihn nur so hinein,
aber vorsichtig, hören Sie wohl? Und
dann die Sauce in dieser kleinen
SchaleX
Christine ginc hinein und wartete.
Pietje folgte ihr alsbald und brachte
den Pudding herein, den sie behutsam
vor sich hertrug. Die »Frau« reichte
die Sauciere herein.
Als das Dienstmädchen hinausge
gangn war-, sragteJ k Franz:
Ochoioladenpuddinm nicht wahr-«
»Nein selbst schmecken " sagte Chr:s
stine lachend.
»Ja, aber erst einen Kuß horst Du
wohl, mein liebes, gutes Frauchen!«
Er tiißte sie lange und innig· Dann
steckte er einen silbernen Lössel in die
glatte, behende Delitatesse, legte ein
Stück aus einen Teller und stellte ihn
vor Christine hin. Daraus legte er
sich selbst ein großes Stück aus«
»Siehst Du, danach habe ich mich
nun gerade gesehnt...'«
Sie hatte schon ein lleines Stück
chen im Mund, schmeckte, erschrat...
spuctte es aus.
»Is; es nicht, iß es nicht, Franz,
es ist nicht zu essen.«
Franz, ungläubig, schmeckte nun
seinerseits, spuckteeks aber auch sofort
wieder aus.
»Was hast Du da bloß hineingei
than?«
,, immt,'« sagte Christinr.
« ber es ist so bitter wie Galle.
Was tann denn sonst noch darin
sein?«
»Gme sonst nichts!«
Preise wurde hereingerusen
.Pietje, ist etwas mit dem Pudding
gel heut«
- ein gnädige Frauf
umDie «Irau« wurde hereingerusen
eden Pudding schmecken.
r schmeckt nach Tabak« sagte
die« Frau, ,hat die gnädige Frau viel
leicht? die tleine Düte vom herd genom
men «
Jäch so,« sagte die Frau —- »aber
da war kein Zimmt drin. Wissen Sie
ich leide manchmal am Fluß, und in
der kleinen Diite war mein.
Schnupstabat.«
W
Uopoleons Ill. letzter Tag.
·
Kaiser Napoleon der Dritte besaß
ein sehr iverthvalles Stammbuch, in
welchem sich ein großer Theil der eure
päischen herrschet und die berühmte
iien seiner Zeitgenoyen eingeschriebe..
hatten, so auch Rai er Friedrich und
Meiste, ais sie sich im Jahre 1856 am
ofe Napoleon’ö befanden. Dieses
zemlich umfangreiche und kostbar aus
geftaitete Albnm befindet sich wohl
noch heute im Besitz der Kaiserin
Eu enie.
m Jahre 1.868, als die Fürstin
Pauline von Metiernich, Gattin des
damaligen österreichischen Botschaf
ters, bei der Kaiserin in den Tuiierien
weilte, unterbreitete Napoleon dersel
jben sein Stammbuch mit einer bereite
seingeiauchien Feder und den Worten:
i»See fehlen noch immer, Fürstin
Bitte, schreidenSie, was Jhnen rade
einfällt — so etwas recht Pricke des-,
wie know von Madame Pauline ge
wohnt it.«
»Dar es in der That nichts Ernpes
sein, Sire?« erwiderte die Fiir in
lächelnd.
»Schreiden Sie, was Sie wollen.
Aus ; hter Feder eflofsen, kann das
Ernste te nur geistreich klingen und
wirten.« .
»Seht schmeichelhaft, Sire,« errors
derte Fürstin Pauline, die Tochter des
ungarrschen Grafen Sandor. Und sie
ergriff die hin ehaltene Feder und
schrieb folgende orte in das Ali-um:
»Der Mensch erfährt, er sei auch, wer
er mag,
Ein letztes Glück und einen letzten
Tag!«
»Ah, ein deutscher Vers!« sagte der
Kaiser. »Wie sentimental das tlirxtt
Ich wette, Fürstin, daß, hätten «ie
irgend einen heliebi en Gedanken in
Z rer ungarischen . uttersprache um
usdruck gebracht, so würde er icher
weit flottet und lustiger klingen.
Doppelt hält besser, Fürstin-Darf
Ich Sie bitten, mir auch noch etwas
In dieser so sympathisch klingenden
Sprache zu schreiben?«
Und die Metternich schrieb noch
zwei Zeilen in ungarischer Sprache,
xvelchh in’S Deutsche übertragen, lau
en:
« »Blutigroth ergliiht das Firmamenh
Und der Ta, er neigt si
»So schlie t ein herrliches Gedicht
unseres unvergeßlichen Petön « « sprach
sie und legte die Feder aus er Fand
»Wo haben Sie heute nur ren
sonst so sprudelnd-en Humor gela en,
Fürstint'« fragte Napoleon. «Setnen
letzten Tag erlebt man friih genug-« —
Zivei Jahre später, am Tage von
Sedan, dachte der gestürzte und ge
fangene Kaiser an die Albumeinzeich
nung der Fürstin Metternich, denn zu
wiederholten Malen sagte er in Pau
sen ohne Zusammenhang in dem mit
seinem Adjiitantm Gras v Genile,
vorher geführten Gespräche, vor si
hin: Lebe wohl, Glück—letzterTa·g!
Das ist historisch nach den Aufzeich
nungen des Marquis de Galiset.
Als die Fürstin Metternich, welche
sich dem so tief gedeiniithigten Kaiser
rsaar als treue Freundin bewährte, itn
Jahre 1872 ausBesuch nach Chiizle
barst tain, da legte ihr der Ex Kaiser,
damals schon sehr leidend, wieder sein
Athtn vor und sagte: »Es at Fch
iniemand seit jenem Tage, da · ich
irinzeichnetem in diesem Buche ver
einigt Verehrte ich in Ihnen, Fürstin
nicht unseren Futen Genius, der Ge
dante läge nahe, daß Sie eine böse
Zauberin seien Hier lesen »Sie Fiir
stin, was Sie damals eintragen. Jch
wünschte, Sie hätten damals besseren
..fsumor entwickelt. Aber geschehen ist
grsetsehen!«
s Und Napoleon zeichnete drei große
Kreuze aus den unteren Theil des Al
sbumblatteoy dann schlug er das Buch
zu, under hat nie mehr darin gebliit
tert· Als aber einige Monate später,
am t).J-anuar 18753, die Todesstunde
an den Verbannten herantrat, da hörte
man itvischen seinen Fieberreden die
abgerissenen Worte: Echtes Glück-—
letzter Tag — er neigt sicht«
Os--—-—
Gesåhklsthc deshm
Ein Zeitungsmanm der Lord Pras
sey in Red Bont. N.J., traf, fragte
den vornehmentlteisenden, ob er Furcht
habe, auf ameritanischen Bahnen zu
fahren.
»ich nein,'· entgegnete Lord Bros
sey, »Eure maeritanischen Bahnen
tödten ja im Laufe des Jahres eine
ganze Anzahl Menschen, aber tvir
müssen doch bedenten, daß sie eine be
triichtliche Menge von Pasiagieren
eine ebenso beträchtliche Anzahl von
Meilen weit bringen. Jm Verhältniß
mögen sie wohl nicht mehr Schaden
anrichten, als die Bahnen Frantreichs
und Schottlands. Vor den s otti
schen Bahnen habe ich allen Re peit.
Da wollte einmal der berühmte Theo
loge Dr. Normann Macleod eine Reise
idurch das Land machen; erade im
JMoment der Absahrt steette s Geist
i lichen Diener seinen Kopf in den Wo
! gen und fragte ihn:
»haben Sie ein Versicherung-bil
let genommen?«
»Ja,« sagte der Doktor, »ich habe
eins.«
.,«Nun, meinte der Diener, »dann
schreiben Sie bitte Jhren Namen da
raus und geben Sie ed mir. Die Leute
haben hier eine reine Manie, die Lei
chen auf dieser Bahnstreete zu be
rauben.«
Frei noch stets-.
Julius Bauer. der bekannte Wiener
Humotisl, besingt im Wiener Künstler-·
Kalender fiir 1906 das Antomobil
Er schreibt zum Bilde einer Jochslra
iin Hochgebirkbh über die ein Vogt
wagen fährt, ie folgenden Verse:
»An allen Wipfeln
ft uh’,
« us allen Gipfeln
Spürefl du
Kein Autornobil.
Das Poslhorn schmettert erhebend.
Langsam« doch lebend,
Kommst du an’"s Ziel.
Sotglos lntlchirfi du
Dahin.
Auf Bergen spilrst du
Von Benzin
ges-g W W
e u i rein ani - g
Watte nur, balde H N
Stinll ej hier auch-«