Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 23, 1906, Sweiter Theil., Image 13

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    M
Das Zeichen der rothen Hand.
Erzählung von Kurt Georgi.
10
»Sieh da! Das ist das Zeichen der
rothen Handt
Jch blickte nach der Decke auf und
fah dort den Abdruck einer Hand, die
in eine rothe Flüssigkeit getaucht ge
wesen war.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte
ich ängstlich.
»Es bedeutet, daß Sie ein gezeich
netdr Mensch sind,« erwiderte Alexis
Pktr witsch. Haben Sie noch nichts
an m Bunde der rechten Hand ge
ort, jener besonders schrecklichen Ab
zweigung der Nihilisten2 Sie miifsen
etwas gethan haben,,was Sie zum
besonderen Gegenstande ihres Hasses
machi. Sie geben ihrem Opfer drei
Zeichen, ehe das Todesurtheil an ihn-i
vollzogen wird, nnd das ift einfach
eines derselben. Noch zweimal werben
Sie es sehen und dann —- unter Hun
dgt ihrer Opfer entrinnt ihnen laum
e es.«
Zch war einer welanorichasr in Oc.
rsburg zugetheilt, und ganz zu
Illig waren verschiedene Informatio
Ien von Bedeutung, die auf einen ni
htlistischen Anschlag Bezug hatten, in
meinen Besitz gekommen. Ich hatte
dieselben mündlich einem der treue
n, einen hohen Posten am Zareni
se begleitenden Beamten mitgetheilt.
temand wußte sonst etwas davon,
nicht ein al der beste Freund, den ich
in St. teröburg erworben, Alex-is
Betrowtt ch. Wie die Sachen lagen,
war es mir ganz unbegreiflich, wie
dte Kenntniß davon in weitere Kreise
hatte dringen können.
Alle möglichen Nachforschungen
wurden angestellt, nm zu ermitteln,
von roem und auf welche Weise dao
Zeichen der rothen Hand an der Decke
angebracht worden war, jedoch ohne
Erfolg Das Zimmer war von be
trächt tcher Höhe, und man konnte sich
kaum erklären, wie die Decke hatte er
reicht werden können. Die ganze An
gelegenheit war höchst geheimniskvollz
doch die Nihilistrn lieben das Mvite
riiisr.
Mir war nicht ganz wohl geworden
bei diesem verhängnißvollen War
nungszeichem doch von denen, die die
besondere Art nnd Weise des Bundeg
zu lennen behaupteten, ward ich inio
weit beruhigt, daß ich nichts zu fürch
ten hahe, bit ich dae dritte Zeichen er
hielte. Meine Besorgniß legte sich also
vorderhand wieder.
Durch den Gesandten war mir ein
Wechsel meiner Stellung angetragen
worden. ; sollte nach Paris gehen,
unter Be ingungen, die ungemein
günstig siir mich waren. Doch ich hatte
mich in die Petersburger Gesellschast
so ein eleht, wo ich manchen lieben
reun gesunden, daß ich auf die
telle verzichtetr. Jetzt ward mir
aufs Neue der Vorschlag gemacht,
daß ich annehmen solle. Es ging mir
aber gegen meine Mannesehre, der
Gefahr aus dem Wege zu gehen; über
dies, um aufrichtig zu sein, verstri
n die Tage, ohne daß ich ein neueg
ichen erhielt, nnd daher sing ich an.
ie ganze Angelegenheit leicht zu neh
men. Vielleicht war Alles nur ein
Scherz und die Thatsache, dasz ich Er
Fssnungen von Bedeutung gemacht,
die den nihtlistischen Anschlag ver
eitelt hatten, war überhaupt Niemand
bekannt geworden.
2.
Eines Abends-, etwa zehn Tage spti
ter, ward ich von einer Dame meiner
Bekanntschaft eingeladen, in ihrer
Loge im Deutschen Theater die Oper
anzuhören. Da ich ein leidenschaftli
cher Verehrer der Musik bin, und mir
die Gesellschaft jener Dame und ihrer
Familie höchst angenehm war, nahnr
ich die Einladung mit Vergnügen an.
Es war »Carmen«, was wir hör
ten, und das Theater überfüllt und
sehr heiß. Vor dem letzten Alte ver
ließ ich die Loge, um im Foyer eine
Eigarette zu rauchen; auch hoffte ich
dort Petrowitsch und einige andere
Freunde zu tressen. Arn Bittset war
großer Andrang, und als ich mein
Glas Els-Limonade in die Hand
nahm, um es an die Lippen zu süh
ren, ward ich von einem Herrn, der
neben mir stand, gegen den Ellbogen
gestoßen, sodaß sich ein Theil der
Flüsigleit über meine Kleider ergok.
sDer gerr erging sich in einer Unza l
von ntschuldigungen, und ich zog
mi in eine weniger iihersiillte Ges
en des Fohers zurück, um meine
leider abzutrocknen
Als ich mein weißes Taschentuch
herauszog, bemerkte ich, daß es rothe
Flecken trug, während ich entschieden
wußte, dasz es sleckenlos war, als ich
es zu Hause einsteckte. Ich schüttelte
es auseinander und hielt es ausge
breitet vor mich.
Das war das zweite Zeichen der
rothen hand.
»Warum sehen Sie so blaß aus?«
fragte mich Alexis Petrowitsch, dem
tch aus dem Rückwe e lzur Lage be
gegnete. »Was ist Khnen begegnet?«
»Ich habe soeben das zweite Zei
chen erhalten« sagte ich mit leiser
Stimme. «
«»Gittiger Gott!« ries er aus.
»Dann lassen Sie sich rathen und
verlassen Sie St. Petersbutg sobald
als umflich. Jn- Deutschland oder
Frankrech ist es möglich, dasz Sie
den Nihilisten entgehen —- vielleicht
halten ste es nicht der Mühe werth,
CIhnen zu folgen —- doch wenn Sie
hier «bletben, ist Jhtien der Tod ge
wt .
var Aber-zeugt dasz Alexis
recht hatte. Es war nicht geraidem
länger in Rußland zu verweilen. Als
ich nach Hause kann-schrieb ich noch
zwei Briefe, ehe ich mich schlafen legte:
der eine beiraf die Aufgabe meiner
Stellung in Petergbnrg und der an
dere die Annahme des Postens in Pa
ris.
Jch verlor keine Zeit und traf alle
nöthigen Vorbereitungen ftjr eine
plötzliche Abbreise. Einilmstand berei
tete mir großes Vergnügen Alexig
hatte sich entschlossen, mich zu be
gleiten. Er hatte mir schon
lange versprochen, mich auf mei
nen Besitzungen zu besuchen, und
da ich mir einen längeren Ur
laub genommen hatte, ehe ich meine
neue Stellung antrat, so bot sich jetzt
eine ausgezeichnete Gelegenheit, seinen
Vorsay auszuführen Und ich war
hocher reut, einen solch ausgezeichneten
Gesellschafter bei mir zu haben.
H
3.
Als wir abreisten, fuhren 5Betro
witsch und ich zusammen zum Bahn
hose. Beim Einsteigen in’g Coupee
trat ein älterer Mann in zerlumpter
Kleidung ran und bot uns Zeitun
en zum ause an. Jch ergriff eine
ummer, steelte sie in die Tasche und
wars ihm einige Kopeten zu.
Auf dem Bahnhose an elommen,
sicherten wir uns zunächst e nen Wa
genabtheil für uns allein und dampf
ten bald ab. Wir unterhielten uns
eine Zeit lang recht lebhaft, und man
lann sich denken, daß sich unsere Un
terPaltung hauptsächlich um die ernste
Ge ahr drehte, die über meinem
Haupte schwebte.
Ein drittes Zeichen haben Sie bis
jetzt noch nicht erhalten?« fragte Pe
trowitsch.
,,Nein,« erwiderte ich. »Das-Geheim
niß meiner Abreise ist, wie ich denke,
gut bewahrt worden, und wenn der
und der rothen Hand seine Mord-«
pliine noch ausführen will, so wird er
mir wohl nach Deutschland folgen
müssen. Jch glaube, ich kann mich
nun für sicher halten«
»Ja, ich hosse es a:ich,« versetzte
mein Freund. »Doch, beiläufig, wag
sagen die Krititer zu dem neuen Stück,
das gestern Abend zum ersten Male
ausgeführt wurde?«
»Hier ist die Zeitung,« antwortete
ich, indem ich das Blatt aus der Tasche
nahm und ihm hinreichte.
Petrowitsch faltete die Zeitung aus
einander, doch im nächsten Augenblicke
stieß er einen Ruf des Erstaunens und
der Bestürzung aus-, und lieF die Hei
tung zwischen uns aus den oden il
len. Er war bleich und sprachlos ge
worden und seine Hände zitterten.
»Was giebt eS,« rief ich aus. »Ha
ben Sie eine schlechte Nachricht ge
lesen?«
»Sehen Sie selbst,« versetzte er mit
heiserer Stimme.
Jch er riss die Zeitung und beim
ersten Bicke daraus schien mein Blut
in den Adern zu erstarren
Das Zeichen der rothen Hand!
Da, quer über die beiden Seiten des
Hauptblattes zog sich der bekannte
Abdruck einer Hand, genau so, wie ich
ihn an der Zimmerdecke und auf dem
Taschentuche qeseben hatte. Diesmal
war es das dritte Warnungszeichem
und mein Geschick war besiegelt. Jeder
Augenblick tonnte mir ietzt den Tod
bringen. -
Wir saßen einige Minuten da, ohne
ein Wort äußern zu können. . Dann
sprach Alexi5:
»Hossentlich sind Sie doch mit Waf
fen versehen?«
»Im have meinen mevower oei nur,
schußbereit,« versetzte ich.
»Auch ich habe den meinen bei mir.
tlnsere,s,rößte Gefahr liegt zwischen
hier und derllstrenze -—— davon bin ich
über engt. Wir müssen die äußerstc
Wo samteit beobachten.«
»Zum Glück haben wir unseren Ab
theil siir ung,« meinte ich, »und die
Thüren sind beide geschlossen. Wir
werden aus unserer Hut sein müssen,
wenn wir diesen Zug verlassen.«
Der erste Theil der Reise war lang
und ermüdend, und als der Tau ver
strich und der-Abend heieinbrach,
machte sich der Einfluß unserer seeli
schen Erregung fühlbar: wir wurden
still und schläfrig. Alekis lehnte sich
in seine Ecke, schlug den Kragen seines
Reise-Mantels in die Höhe, zog die
Reisemiitze über die Augen und
schlummerte. Als ich ihm so schräg
gegenübersasz, siel es mir aus, wie ganz
eihnlich wir gekleidet waren. Jch trug
Mantel und Mütze von gleichem
Schnitt und gleicher Farbe wie er, und
wenn wir uns einhüllten, wie esAlerie
eben gethan, so würde es einem
Fremden nahezu unmöglich gewesen
sein, uns zu unterscheiden.
Es war eine ziemlich dunkle Macht.
« ch wollte gerne wissen, durch welchen
heil des Landes wir dahinjagten,
wandte mich deshalb plötzlich nach dem
Fenster und blickte, meine Augen gegen
das Licht innen mit der Hand schütz
end, in die Dunkelheit hinaus. Als
ich mein Gesicht an die Scheibe preßte,
sah ich deutlich, wie das Gesicht eines
Mannes von draußen hereinblictte.
Er verschwand augenblicklich
Mit der einen Hand riß ich die
Scheibe nieder, faßte mit der anderen
den Revolvek und bog mich hinaus.
Der Zug eilte mit großer Geschwin
digkeit dahin, sodaß mir der Lustzug
beinahe meine Reisemtitze entführt
hätte; doch Niemand war zu sehen.
»Wie haben Sie mich erschreckt!«
ries Petrowitsch, aus seinem Schlum
mer aussahrend. »Was um Himmels
wiklen ist geschehen?«
»Ich sah ein Gesicht am Fenster!«
»- inbildung, lieber Freund; oder
vielleicht war es gar Jhe Spiegelbild.«
M
I
« »Nein; ich weiß es ganz genau, daß
es keines von beiden war. Es war ein
Gesicht mit einem blonden Bollbart,
während ich ja schwarzen Schnurrbart
trage.«
Alexis meinte, ich solle ihn auswei
nen Platz lassen, damit er das gleiche
Experiment machen könne. Wir wech-«
selten die Plätze, und nach meiner Be
schreibung blickte Alexig zum Fenster
hinauf-, wie ich vorhin gethan.
»Es sieht verdächtig au5,« meinte
er. »Wir müssen sicherlich aus unserer
Hut sein« «
Wir blieben sitzen, wo wir waren.
Jeder hielt seinen Revolv r bereit in
der Hand. So sprachen wi mit einan
der ungefähr eine halbe Stunde lang.
Die ganze Zeit über ließ ich meine
Augen unverwandt entweder aus dem
einen over dem anderen Fenster ruhen.
trowitsch war nicht so wachsam.
war beobachtete er auch die Fenster,
doch wenn er sprach, wandte er sich zu
mir.
Plötzlich sah ich auf der Seite, wo
Alerig saß, sich etwas draußen bewei
sen. Als ich mich vorwärts bog,
onnte ich in unbestimmten Umrissen
ein Gesicht wahrnehmen, doch deutlich
glänzte im Schein unserer Lampe der
Lauf eines Revolvers, den eine Hand
nach dem Haupte meines Freundes
richtete.
»Meer Nieder um Fhres Lebens
wimme- kief ich von köstlich-: Angst
ihm zu, doch in demselben Augenblick
ertönte ein Knall, und die Kugel, ein
glattes Loch durch die Scheibe rei
ßend, streckte den armen Petrowitsch
aus den Sitz nieder.
In demselben Augenblicke, kaum
eine halbe Sekunde später, hatte ich
meinen eigenen Revolver abgeseuert.
Als ich das Fenster geöffnet hatte
und mich hinausbog, sah ich einen
Mann auf dem Laufbrette nach dem
Ende des Zuges sich sortgreifen. Jch
seuerte wieder nach ihm, doch ohne
Erfolg.
Der Zug ward sofort zum Halten
gebracht und eine sorgfältige Unter
suchung angestellt, aber nirgends
ward ein Mann gefunden. der dem
ähnlich gewesen wäre, wie ich ihn ge
sehen hatte. Er mußte ein Abtheil
allein inne gehabt haben, denn Nie
mand im Zuge hatte eine Person ei
nen Wagen verlassen sehen. während
der Zug im Gange war.
Ich wandte inzwischen meine ganze
Sorgfalt meinem Freunde Alexis zu.
Er war nicht, wie ich efiirchtet hatte,
tödtlich getroffen morgen, wohl aber
blieb er entstellt sein Leben lang. Er
wurde auf der nächsten Station einem
geschickten Doktor übergeben, der ihn .
in feineBehandlung nahm,während ich
ihn pflegte; und heute ist er wieder
gesund und munter. Vielleicht erfuhr
der Bund der rothen Hand nie, wel- -
chem Mißgriff er dadurch ausgesetzt
worden war, daß wir unsere Sitze
gewechselt hatten. Schließlich glaub: .
ten sie, daß das Todesurtheil an mir »
vollzogen worden sei. Der MeuchelH
mörder freilich war nur bei einem
Haar seiner gerechten Strafe entgan
gen, denn auf der Bahnstrecle ward
eine Mütze gefunden, die von einer
Kugel durchbohrt war. Jch hatte
höchstens um einen Centimeier mein
Ziel verfehlt.
—
Ein andalusischer Imperator
Rumänien, das alte Dazien, konnte
in diesem Jagre die 18. Jahrhundert
seier seiner esiedlung mit spanischen
Legionären durchs den Kaiser Trajan
feiern, der bekanntlich selbst ein Spa
nier war, denn er wurde in Italien
(bei dem heutigen Sevilla) geboren.
Nach Augustus ist er ztoeiselgohne der
voltgtlsiimlichste von allen römischen
Zijsaren gewesen, wovon zahllose Jn
schritten und Stellen in den Klassitern
Zeugniß ablegen. Keiner hat aber
auch nicht nur durch seine persönlichen
Eigenschaften, sondern auch durch die
nronutnentalen Bauten in allen Thei
len des Reiches soviel gethan, um sei
nen Namen in aller Mund zu brin en
und zu veretviaen, tvie dieser spani chi
Jmperator. Wir besitzen Münzen,
die zu Ehren des Baues der großen
steinernen Brücke iiber die Donau bei
Turnu Severin, wo ihm jetzt ein
Denkmal errichtet wird, und der Vier
Trajana in Rom geschlagen worden
sind. Die Trojanssäule, zwei
Triumphbogen, das Forum, die Ba
silila Ulpiana und viele andere Paläste
und öffentliche Gebäude sind auf den
,,besten Fürsten«, wie erspgenannt
wurde, zurückzuführen Die Regie
rung Trajan-Z kann man geradezu als-—
die Apotheose der römischen Architel
tur bezeichnen· Und er vergaß dabei
auch sein Heimathland nicht, wie die«
noch vorhandenen Ueberreste mächtiger
Baurverte beweisen: Das einst so
Prächtige Amphitheater zu Jtalicu,
der großartige Aquädult zu Segovia,
die über 200 Meter lange und 9 Meter
breite, ganz aus Granit, ohne Mörtcl
erbaute Brücke bei Alcantara, die in
sechs riesigen Bogen und in einer
Höh-e von 60 Meter den Taio über
svannt eines der Wunder Spa
nieng - «, ferner der kürzlich in mei
iser Schilderung Tarragonas erwähnte
dortige Aquädutt und der in der Nähe
Tarragonas liegende, ebenfalls ge
schilderte Arco de Bam, der ihm von
seinem Freunde Licinius Sara errich
tet wurde, der 400 Meter lange und
18Meter— breite Tunnel von Monte
Furado in der Provinz Lugo, der
wahrscheinlich zur besseren Ausbeu
tung des oldhaltigen Silslusses
diente, schlie lieh der Trajansbogen
in Merida und die in einen Kirch
thurm verwandelte Trajanssäule zu
Zalamea. Seine Kriegsziige führten
ihn vdn Dazien bis zum Persischen
w
Meerbusen. Aber er war nicht nur
ein vortrefflicher Feldherr, sondern
auch ejn ganz hervorragender, sich
durch große Güte auszeichnender
Staatsmann Die Thore seines
Palastes standen jederzeit denen, die
nach Gerechtigkeit verlangten, offen.
Er schaffte die Angeberei ab, trat den
Ausschreitungen des Degpotigmus
entgegen, reinigte die Verwaltung,
ermäßigte driickende Abgaben nnd er
laubte sogar-»etwas Unerhörtes in
damaliger Zeit Beschwerden gegen
Maßnahmen der Regierung Bei sei
nem ersten Einzug in Rom soll er dem
räfetten gesagt haben: Nimm dieses
chwett und ziehe es für mich, wenn
ich meine Pflicht thue, aber cegen mich,
irenn ich sie vernachlässng
Unter vielen anderen Charakter
ziigen sei noch folgender erwähnt: Auf
einer seiner Reisen tödtete sein Pferd
durch einen Hufschlag den einzigen
Sohn eine-r armen Wittwe. Trajan
soll darauf seinen eigenen Sohn der
Geschädigten iibergeben haben, damit
er ihr im Alter ais Stiitze diene. Hier
aus bezieht sich eine Marmorgruppe
im Louvre. Trotz dem Purpur, der
seine robusten Schultern bedeckte, trots
der schwindelerregenden Größe seiner
Weltherrschaft blieb er stets derFreund
seiner Freunde. Wenn man ihm seine
allzu große Freigebigkeit vorwars,
pflegte er zu sagen: Jch will das thun,
das ich, wenn ich ein einfacher Privat
mann wäre, von einem Kaiser gethan
zu sehen wünschte. Man versteht da
nach, wie die modernen Spanier sich
danach sehnen, daß ihr Land noch ein
mal eine solche Persönlichkeit erzeugen
möge, um es zu ehemaliger Blüthe
einporzuheben.
Trajan Ist auch den Deutschen kein
Fremder War ev doch vom Jahre 92
Eis zu seinem-sechs Jahre später er
folgten Regierungsantritt kommandi
render General, wie man heute sagen
würde, ten teren Germanien, also
am Mode-seh n, mit dem Amtssitz in
Köln. Von er aus bereiste er be
ständig das t anvertraute Gebiet,
baute d« im aiaveririeg zerstörten
Ortscha M used Kastelle wieder aus,
legte n, , namentlich die nach ihm
benannte, Beter-a geleaene Colonia
· erte die Brücken, Dämme
aus und machte sieh über
haupt ie Rheinlande sehr ver
dient Mbei stellte er die abhan
den ge " ene Disziplin unter den
Legi ’ wieder her und errichtete eine
neueM dreißigste, Ulpia, Vietrir,
die während der Reaierung vieler nach
ihm folgenden Kaiser bisJ ins vierte
Jahrhundert hinein in Vetera, Colo
nia Trajana, Asciburgiutn Und ande
ren Kastellen stationirt war. Bei mei
nen früheren Ansgraktungen aus die
sen niederrheinischen Kastellen ist mir
stets die große Zahl der gefundenen
Trajansinünzen ausgefallen, darunter
solche, die sich auf seine Siege über die
Darier und Parther beziehen Nicht
nteniee Münzen dieses uinsichtigen
Herrschers tragen auch seinen Ehren
iitel: Germaniens.
Der Cenor.
Humoreeste von K a r l lk t t l i n -
ger.
Karl Wild bei-s einen Prächtigen
Tenor. Aber leider fang er damit
,,wie der Vogel singt, der in den
Zweigen wohnet«, d. h. wie ihm der
Schnabel gewachsen war. Seine
Stimme war absolut unauggebildet,
und da ihm das Geschick nur den
Klang seines Tennes, nicht aber auch
den Klang geprägten Goldes verliehen
hatte, war wenig Aussicht vorhanden,
daß feiner Prachtftimme jemalsJ die
nöthige Schulung zu Theil wurde.
So stiftete denn Karl Wild sein Le
ben als ehrfamer Kommis.
»Es ist ewig- schade um ihre
Stimme!« versicherten ihm die Vor
stände der Vereine, deren Stiftungs
feste er durch das »Haidegrab«, »Das
Herz am Rheine« oder »Das Mutter
herz« verschönte. »Sie sollten Jhre
Stimme ausbilden lassen! Jn Jhrer
Kehle steckt ein Kapital!«
»Stertte es in meiner Tasche, statt
in meiner Kehle, ich wollte es in drei
Jahren verdoppeln,« dachte Wild als
dann betrübt. Er bemühte sich, Zutritt
zu Kiinstlertreifen zu erlangen· »Viel:
leicht finde ich einen, der mich aus-bil
den läsz«,« speiulirte er. Aber arme
Leute speiuliren immer falsch, an der
Börse wie im Leben. Karl Wild suchte
durch die Zeitung einen Mär-en -—- ver
gebens. Eine einzige Ofserte lief ein
und diese stammte von einer älteren
Dame, die vorher geheirathet sein
wollte. Das ist nun eine Zeremonie,
gegen die die meisten Teniire eine in
stinttide Abneigung haben.
Karl Wild gab allmählich die Hoff
nung auf und suchte sich mit seinem
Loose u versöhnen. »Das Kommis
lcben at ja auch seine schönen Sei
ten,« tröstete er fich. »Man bedient
junge hübsche Damen, hat keine Sor
gen, verdient ganz leidlich na also,
was will ich denn«eigentlich? Wenn
man bedenkt, wie viele Tenöre plötzlich
die Stimme verlieren, lann man ei
gentlich seinem Schöpfer recht dankbar
sein, wenn er einen nicht zum Tenor
geschaffen hat. Und außerdem: Die
Kunst ist etwas sehr Schönes, solange
man sie als Dilettant platonisch liebt.
Sobald man sie aber berufe-mäßig
ausübt, kriegt man einen Ekel davor
und ist treuzunglücklich.«
So sagte sich der junge Tenor und
war überzeugt, daßseres auch glaubte.
Dem war jedoch keineswegs so. Jm
GegentheiL Karl Wild wurde immer
ungdleuetlichen und— wer weiß --——- am
En hatte er sich gar noch umge
bracht, hatte er nicht eines Tages den
Varieteagenten Schleieriiiacher kennen
gelernt. «
s Die Agenten erfreuen sich im allge
lmeinen des Rufes großer S läue.
IDie Theateragenten sind die ber
skellner unter den Agenten, wenn man
sso sagen dars, und gar die Variete
zagenten . . . ! Und unter allen Parteie
sagenten besaß Moritz Schleiermacher
Hin hervorragendstem Maße alle jene
sEigenschsastem die ich im vorigenSatze
Hdurch drei Punkte distret angedeutet
j abe. Diesem Manne schüttete Karl
s -ild sein Herz aus.
»Was zahlen Sie?« frug Moritz
Schleiermacher.
»Wofiir?« staunte der Tenosr.
,,Wosür? —- thr einen Mären!«
»Was Sie wollen!«
»Also hundert Markt Jn acht Ta
xn haben Sie einen Mitten. Aber
«-ie müssen mir vertrauen, vollstän
dig, loie Ihrem Bruder.«
Da Karl Wild keinen Bruder be
saß, konnte er mit ruhigem Gewissen
das verlangte Versprechen ab eben.
,,Zunächs,« erklärte Moritj chleier
macher, »geben Sie sofort hre Stel
lung aus und bewerben si um eine
Stelle als Hotelhaustnecht.«
»Sie sind verrückt!«
,,Dante, gleichfalls!«
»Aber ich habe ja vierteljährliche
Kündigung! Jch tann ja gar nich:
»sort von Meyer und Sohn«
; Am Vormittag des nächsten Tages
ztrat eine feingetleidete Dame bei
»Meine und Sohn ein, um eine seidene
iBluse zu tausen. Karl Wild bediente
lgä Nachdem sie sich den gesammten
aarenbestand hatte vorlegen lassen,
verlan te sie Neues zu sehen.
»Gncidige fran, steigen Sie mir den
Buckel hinan !« sagte Karl Wild.
»Was sagen Sie, Sie frecher
Mensch?« entrüstete sich die Dame.
»Ich sagte, Sie seien ein altes wi
iderwärtiges Gerüst!« Die Dame
stauschte wüthend zum Chef.
l »Herr Wild! Sie nehmen sofort
Jhren Hut und verlassen mein Ge
schäft! Hinaugl Auf der Stelle
hinausl«
»Mit Vergniigen!« sagte Karl Wild
und ging.
Wenige Minuten später verließ
Frau Schleiermacher das Geschäft,
nachdem sie dem Chef versichert hatte,
aus Rücksicht auf sein Renommee von
einer Beleidigunggtlaae absehen zu
wollen«
Drei Tage später trat Karl Wild
sein Engagement alg Hausknecht«i1n
»Rothen Löwen« an. Eg- mar ihm
zwar räthselhast, weshalb er sich dazu
erniedrigen mußte, wildsremden Leu
ten die Stiefel zu nutzen; er hatte bis-s
her immer aedacht, daß diese Funktion
nicht eigentlich zum Wirkiinggtreife
eineg Tenorg gehöre - aber er hatte
dem Agenten riickhalllofeg Vertrauen
versprochen. Wie einem Bruder. Und
da thatsächlich seine Frau Mama in
diesen Tagen die Welt um einen Bür
ger bereichert hatte, ninszle er wohl
oder übel sein Wort einlbsen.
Eines Abends betrat Moritz
Schleiermacher mit einem älteren,
alattrasirten Herrn die Gaststube deLJ
»Rolheu Löwen«. Beide nahmen an
einem Tische Platz und bestellten ein
Glas Bier.
»Lachen Sie nicht, Herr Direktor.
Sie werden hören und staunen!«
»Also hier befindet sich Jhr gebil
deter .Hau5lnecht2« srug der glatt
rasirte Herr lächelnd.
»Na, ich bin neugierig, machen lrsir
einen Versuch!« Die Beiden gingen
it-. eines der Hotelzimmer und schell
ten dreimal. Pijnttlich erschien Fiarl
Wild.
c7tau·gtnecht!« redete ihn Schleier
macher an, »Hau·3knecht, siug’ a mal
wag! Der Herr da ist der Direktor
vom Rationaltheater. Der versteht
was! Also gieb dir Miith Hörs !«
Karl Wilde hörte. Er sehrnetterte
das Haidegrab gegen den Plasond,
daß die übrigen Hotelgäste frag-en, ob
da einer verriictt geworden sei.
»Gros3a«rtig!« sagte der Direttor.
«Einfach verbliissendt Und mit soviel
natiirlichem Verständniß vorgetra.
gen.«
»Meinst, a Hausknecht hat toa Ver
ständniß nöt?« srua Kaerild, wo
raus der Direktor eine Lachsalve log
ließ, die die schlechteste Operette geret
tet hätte.
,,Wissen Sie was?« sagte er schlies;
lich, »ich werde Sie augbilden lassen!
Sie tönnen’s noch zu wac- bringen!
Wollen Sie?«
»Wannst du’s zahlst —- i mag
schont« lachte Karl Wild.
Tags daraus meldeten die Zeituu
gen der Residenz, daß Direktor Miit
ler vom Nationaltheater wieder ein
mal einen Tenor entdeckt habe, der
alles Dagewesene in den Schatten
stelle. «-Der Mann, bisher Hausknecht
im ,,Rothen Löwen«, erhalte bei Mei
ster Mordini seine Ausbildung und
zeige eine überraschend hervorragende
Aussassunaggabr.
Zur Zeit gastirt Karl Wild an
einem Hostheater, wo er gegen eine
Riesengage den Tannhäuser und
Lohengrin singt. Schleiermaclter aber
ist Dramaturg am Nationaltheater
geworden und lehnt prinzipiell alle
Opern ohne Heldentenor ab.
N --.-—--———
Aus der ankrmn
Unteroffizier: »Kerl, Sie haben ja
Jhr Gewehr nicht ordentlich geputzt!
Mann, bedenken Sie doch bloß, wenn
man uns plötzlich den Krieg er
klärte!«
Rekrtttenmonolog.
»Hettgott, muß so a General schim
per können, wenn i denk’, was schon
unser Korporal Zusannn schimpft!«
Der Wissenschaft M
Nachtwächter (zum einsteigenden
Dieb): »Was machen Sie denn da
oben?«
Dieb: »Ich will die Temperatur in
den höheren Luftschichten feststellen!«
Post-oft
Wirthim »Was mag das sein? Die
Hansleute beklagen sich oben alle, daß
diebxklsasserleitung zu wenig Wasser
gie i «
Gast: -»Zieht Jshr Mann im Keller
vielleicht gerade Wein ab?«
Im zoologifchen Garten.
Aufseher: »Hier, meine Herrschaf
ten: Ein Elefant, dessen Wiege in
Hinterindien gestanden hat «
Besuchen ,,Donnerwetter, muß das
’n Kasten gewesen sein!« -
Rachsüchtigc Geistes-.
Klaus fzum Nachbar Beit, mit dem
er prozessirt): ,,Wart nur, Du Lump,
miserabler, Dir setz’ ich noch den ro
then Hahn aufs Dach!« ·
Beit: »Und bei Dir lösch’ ich,
: wenn g brennt, Spitzbube, ver-sicher
tcr « s
Herde Kritik.
Theaterdirektor (nach der Probe zur
neuengagirten »komischen Alten«)
»Aber, Fräulein, Sie erfüllen Ihre
Aufgabe ja nur halb?«
Schauspielerin: «Wieso, Herr Di
rektor?«
Direktor: »Sie sind zwar alt, aber
nicht komisch.«
Kindlikh.
Mama: »Was thust Du denn da,
Kind?«
Kind: »Ich schäle einen Apfel. Du
hast doch gesagt, das müßte man.« »
Mama: »Ganz recht, mein Kind,
nur loirf die Schalen nicht aus den
Fußboden «
Kind: »Nein, die esse ich alle anf.«
Der Grund. «
»Wie kommt es denn, liebe Frau
Doktor, daß Jshre Dienstmädchen im
mer so lange bei Jhnen aushalten, obs
tvohl Sie doch so strenae sind?«
»Ja, sehen Sie, verehrte Frau
Amte-richten der Küche gerade gegen
über ist die Jägerkaserne!«
Doch etwas
Alter Einbrecher (dessen Diebstahl
vereitelt worden ist« darüber in der
Zeitung lesend: . . . Der Dieb hat
zwar nichts erlangt, aber mit großer
Geschicklichkeit sämmtliche Thüren ge
öffnet!): »Na, wenigstens ein Ach
s«
titligserfola.
Eine Klette.
Junger Mann: ,,««’fräulein Erne«
diiifte ich es wagen, um Jihre Hans
an.uhalien?«
Fräulein: ,,Bedaure, habe mich ge
stern Abend bereits verlobt!«
Jnnaer Mann: »Schade! Wann
denken Sie, daß ich wieder nachfragen
diirfte?«
Unbcdacht.
Junge Frau Czum Gast, einem
Staatsanwalt): »Sie essen aber mit
einem Gesicht, als ob Sie gleich ein
Jahr Gefängniß gegen mich beantra
acn wollten!«
»Gott bewahre . . . höchstens sechs
Wochen!«
Geistiitlilich.
Anwalt: Sie, Herr! Die Frau, die
Sie mir da anfaeschwatzt halen, hat
ja aeradez u häßliche Charaktereigen
sclaften!«
Fseirathsvermiitlen »Aber Herr
Doktor! Sie als Verthridiaer thinen
doch alles beschöniacn!«
Sclbstncfülsi.
,,Jsst’s denn wahr, Wastl, daß D’
Dsei’ Amt bei d’r G’!neind’ als Sau
hirt eina’biif3t hast, weil D’ öfters a
bis;’l ana’trunk’n a’wes’n bist?««
»Freili is ’s wahr! Na, meinet
mea’n, mei’ Stell’ tönn’n s’ mer
nebma, aber, was d’ Hauptsach is,
meine Kenntniss net!«
Rekrutenausbilduttg.
llnteroffizier linstrmirend): »Ihr
niiiszt bedenken, daß Eure Vorgese -
ten immer aus Euer Wohl beda t
sind und stets das Beste wollen. Hu
ber, was will ich z. B» wenn du von
Haufe ein Packet bekommst?«
Haber: »Stets das Beste, Herr Un
terossizier«
Unteroffiziert »Stimn1t! Mert Dir
dan!«
Motivirimg.
Betannter: »Das ist aber ganz vers
kehrt, den Fisch zuletzt zu serviren!«
Hausherr: »Mag sein; aber wenn
einer der Gäste eine Gräte verschluckt
nnd erstickt daran dann kommt er we
nigstens nicht um die anderen vier
Gänge!«
Klein-e Täuschung
Junge Frau-Un ihrer Freundin)2
»Mein Mann ist wirklich ein seelenss
guter Mensch! So oft unsere Köchin
ihren freien Tag hat, ißt er zu Mit
tag im Restaurant, um niir möglichst
wenig Arbeit zu vernrsachenF
..,.- Yj
Dag- kommt daran an. ’«
Richter: »Angeklagter, ich mache Si
darauf aufmerksam, daß Sie bei ei
nein Geständniß eine viel geringere
Strafe treffen würde. Bekennen Sit
sich also schuldig oder nicht?« I
Angeklagter: »Erlauben Sie, ds
muß ich erst die Zeugen hörenl« j