Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 16, 1906, Sweiter Theil., Image 14

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    Eida.
Roman von G. Yraddow
(5. Fortsetzung.) «
North wars die Zeitung zur Seite
and trank seinen Kassee aus; er fühlte
instinktiv, daß er in London, wo so
viele Leute ihn kannten, nicht in Si
Irheit sei, man wußte ja auch seine
iehungen u Jarvis; der Dieb aber
we das ld und die Uhr gesioly
len, würde um seiner selbst willen
schweigen, wenigstens jetzt.
»He-den Sie einen Eisenbahncou
riet, Kellner? Und bitte, die Reci
nung,« rief er, indem er seinen Rock
zuknopfte und den Kragen so in die
Z Pülpth daß er die Häl te seines
S verdeckte
einer halben Stunde ging, wie
er wußte, der Zug nach Liverpool; es
war gerade noch Zeit. Die Rechnung
war bald bezahlt und dem Kellner ein
Trinkgeld in dieHand gedrückt
«»Fröhliche Weihnachten, Herr-" rief
dieser ihm nach, als er sich entfernte.
»Ich danke Ihnen; ich werde ein un
vcr leichliches Weihnachtssest haben.«
lachte dabei so seltsam, daß der
Mann ihn verwundert anbliclte.
Zwanzig Minuten später befand sich
Franz orth auf dem Bahnhofe und
etreichte den Zug noch rechtzeitig. Den
Brief an seine Frau gab er erst in Li
verpool auf. Er löste eine Fahrkarte
nach New York und nannte sich George
Redmann Mehrere Detettivs waren
am Landungsplatze sichtbar. Unbe
sangen zündeten sich bei dem Einen;
eine Ci rre an und pliauderte mit
ihm. inen Moment hatte er daran»
gedacht sich ein anderes Aussehen zui
geben, jetzt wäre es nutzlos gewesen —
wenn diePoliZei auf seiner Spur war, !
so kannte sie hn schon.
Er kaufte einen kleinen Vorrath an (
"sche und Kleidungsstücken und ber- s
rannte das, was-er bei sich getragen
und was der Besitz von Frau North
gewesen-.
Dann schreb er noch einen zweiten
traurigen Brief an seine Frau und am
nächsten Morgen sckzjffte er sich als
Georg Redmann lisray New York ein.
Ein heller, sonnigen wolkenloter
unitnor en. Auf der lfenhöhe die
sserfläche beherrschen , fah man
Schloß Dei-trill- dessen Besitzer mit
einem rnroar in der hand auf der
Thurm pixte and und auf die See
hinausin e.
«Jban Tredegars Yacht,« murmelte
er un duldig vor sich hin; »ich mag
ign je i nicht hier haben, man lann
i n Ia so schwer in Zaum halten« Er »
senkte das Fernrohr und warf einen
woblgefälligen Blick «an die sich vor
ihm ausbreitende Landschaft. »Es-ist
Fut, hier Leise zu fein," flüsterte er
eise; «a r seltsam, daß mir dies
ni t früher eingefallen.«
in weiches.Lächeln umspielle plötz- »
lich seine Lippen und ein zärtlicher
Ausdruck trat in seine Aug-en
Der junge loßherr von Deverill
war auch woh gefällig zu schauen?
Groß, schlank gewachsen, geschmeidig,
blauciugig, mit blonden Haaren. ErJ
war jung und reich, und das Lebens
mußte ihm gleich einem Sommertraum !
erscheinen. -
Guido legte das Fernrohr zur Seite
und eilteghsstig die Thurmftufen bin
ab. Im e angelangt, beschleunigte
Kleine ritte noch mehr- um dem
lde zuzueilen Der Pfad wart
schmal, under achtete weder des Ge
--sa es der Vögel, noch der zu seinen
ilng fprießenden Veilchen.
- ne Gedanken weilten anderwärts,
und erst als er auf eine Lichtung trat,
blieb er um sich schauend stehen und
nahm dann au einer Moosbanl Platz,
den blauen llen der Cigarrette,
weisse er tauchte, mit den Blicken fol
gen .
Eine halbe Stunde verging. Pl otz
lich sprang Guido Colin auf, denn er
hörte eine anmuthige Frauenstimme,
welche ein Lied sang Wenige Sekun
den später sah er ein blondhaariges
Mädchen mit fröhlichen blauen Augen
vor sich; sie trug einen Strohhut am
Arm und lächelte ihm entgegen Ehr
erbietig lüftete er den Hut.
zGuten Morgen, schöne Ada."
»Sie sind viel früher als sonst,
Guido. Hoffentlich haben Sie das
Buch nicht vergessen, welches Sie mir
mitzubringen versprachen.«
Cosin erröthete schuldbewußt, dann
Härte sich sein Antlik·
«Jch werde es morgen bringen,«
itammelte er.
»Mir eine Ausrede, damit ich den
weiten Weg nochmals zurücklege, um
Sie hier wieder zu treffen, nicht
wahrs«
»O nein, ich gehe mit Vergnügen
bis Dassbnenf
» I dürer Sie nicht,« rief sie
lebhaft indem der Ausdruck der
Furcht plötzlich in ihre Augen trat.
«Sie baden wieder geraucht und wahr
scheian ist es nicht bei der Cigarette
sei-stehen« sondern Sie griffen auch
m Weit-K
« »Und Sie haben gesungen, Ada!«
»Es ist Vandaliinius!«
TM das Rauchen oder das Sin
geni Sie sind miide und sehen erhist
aus W Sie. seien Sie sich hier
W; ich habe Sie nie «iingen gehört
ÆW Wißt-. seinem Be
M
I
;ermuthigen. Sie sind so viel älter
. .,Eisersiicht,ig?« wiederholte sie da
bei lächelnd. »Sie reden Unsinn, Herr
Colin.«
»Nein, Ada, ganz und gar nicht.
Mich dünkt, es sei eine Ewigkeit seit
dem Sonntag vergangen, und ich be
greise nur nicht, wie ich es zwei volle
Tage aushth, ohne Sie zu sehen.
Wenn Sie nicht gekommen wären, so
hätte ich Sie ausgesucht, so hätte ich
die Citadelle erstürmt! Blicken Sie
nicht so erschreckt darein! Fürwahr, es
stehen ja Thränen in Ihren sonst so
schelmischen Augen«
»Herr Colin —'« "
»Nennen Sie mich Guido!« ;
»Nun denn, ich will Sie Guido nen- J
nen, weil es heute zum letzten Male
ist. Ich tatn nur, um Ihnen zu sa
gen, daß diese Zusammentiinste ihr
Ende erreichen müssen, daß ich meine
Mutter nicht länger hintergehen will,
es ist schändlich von mir und auch
häßlich von Ihnen, daß Sie mich dazu
als ich, Guido, daß Sie auch vernünf
tiger sein sollten.«
»Ich bin erst achtundzwanzig Jahre,
Sie böse Evastochter, und Sie?"
»Achtzehn,« erwiderte das Mädchen;
»aber ich sehe doch ein, saß ich ein
großes Unrecht begehe· Wir tennen
uns erst seit einigen Wochen, und un
sere Bekanntschaft ist eine ganz zu
fällige und sliichtige.«
»Geben Sie mir sosort einen Kuß,
Kleine!«
»Wir begegneten uns in den Wöl
dern von Deverill!«
»Ja, ich traf Sie dort, während
Sie aus sremdem Boden Blumen
pflückten, und so begann unsere Be
kanntschaft. Ada, Geliebte,« sliisterte
er ernster werdend hinzu. ,Jch habe
erst heute Morgen daran gedacht. Ent
nehmen Sie denn nicht daraus die Ge
meinschaft unserer Seelen? Wir tra
sen uns zufällig, ich hals Jhnen nach
einem Zweige haschen, den Sie nicht
erreichen konntet-, und ich weiss nicht,
wie es geschah, daß wir dann alsbald
in heller Liebe zu einander entbrann
en.«
Ada errötbete aberma!s.
»Ich entsinne mich jeder Einzel
beit,« sprach sie leise, »und ich bin so
glücklich gewesen; aber wir wissen im
Grunde genommen nichts von einan
der, und ich fühle, daß diese beimlichen
Zusammentiinste unmöglich sind«
»Ich hasse alle Heimlichteitt Trock
nen Sie Jbre Tbriinen, Ada! Jch babe
mir die ganze Nacht über du Kopf
zerbrochen, wie es mir gelingen soll,
das Vertrauen meines geliebten Al
penveilchens zu erringen.«
XI.
· »Ada,« flüsterte Guido Colin träu
merisch vor sich bin, —- »schon der
Name tlingt so süß und paßt zu Dei
ner blumenhaften Schönheit! Weißt
Du, daß, bis Du in mein Leben getre
ten, ich fiir einen Cvniter und Mi
santbropen galt? Als ich noch ein
Knabe war, träumte ich von roßen
Dingen! Jch hatte gehört· da , um
ein Held zu werden« man auch Helden
verehren müsse; ich aber buldigte der
Kunst, ich war arm und trat, nur mit
einer guten Erziehung ausgestattet, in
das Leben. Plötzlich wurde ich reich
und konnte nun aus Liebe zur Kunst
allein arbeiten, brauchte nicht auf den
Erwerb zu denken.«
»Sie sind ein echter Künstler, Co
lin; auch meine Mutter malt für illu
strirte Zeitschriften«
»Dann wird das Band der Sym
pathie, welches uns vereint, nur ge
kräftigt. Ada! In diesem Sinne bin
ich aber kein Künstler, ich bin nur ein
Poet; ich habe Vielerlei geschrieben
und die Leute sagen, daß ich Erfolg
hatte. Trotzdem lernte ich bis jetzt
noch nie, was es heiße, glücklich zu
sein. Ich durchsuchte die Welt nach
dem Paradies meiner eigenen Schöpf
una und kam zu der Ueberzeugung,
daß es nicht bestehe! Nun aber habe
ich dieses Eden gefunden· Als ich ein
sünszehnjähriaer Knabe war, fiel mir
plötzlich großer Neichthum in den
Schoß. Durch ein Verbrechen bin ich
aus der Armuth emporaetaucht und in
eine angesehene Stellung gebracht
worden; aber nicht ich war es, der sich
das Verbrechen zu schulden kommen
ließ — es ist eine arauenvolle Ge
schichte! Der letzte Schloßherr von
Deverill starb an einem Schlagansall, l
als er vernahm, daß sein Erbe einen ’
Mord begangen. Das war vor etwa E
achtzehn Jahren. Der Mörder ent
iarn und eine lange Zeit hindurch war
das Schloß abgesperrt. Da tauchten
plödlich ein paar Verwandte aus,
welche sich um die Erbschaft stritten,
aus solche Art wurden auch meine An
spräche entdeckt und ich wurde legal
als der nächstbetechtiate Erbe festge
stellt. ob war meine Bzeiehungen zu
dem Frei rrn von Deverill sehr schni
tenbast gewesen sind. Der eigentliche
Erbe lebt vielleicht noch; aber es ist
ein Preis aus seinen Kopf ausgesth
—- das Ganze ist ein häßlicher Fleck
in der·G-schichte des Schloßherren von
pens. »
Astanng stuiterte Ada, in sich
zufammnschauernd »
»Von meiner Vergangenheit lädt
I sich sonst wenig erzählen,« fuhr Calin
prrt. »Meine Eltern starben, als ich
lnoch ein Kind war, die liebe, gute,
alte Dame, welche mich adoptirte, ist
ebenfalls todt. Jch stehe allein in der
Welt nnd habe Niemanden auf Er
den als Dich, Geliebte.'·
Sie erblaßte, und ein trauriger
Ausdruck trat in ihre sanften, brau
nen Angen.
»Es lann nicht sein, es ist unmög
lich« Colin. Wenn die arme Mama
das wüßte! Wir find mittellos und
Sie unermeßlich reich! Darin allein
schon liegt das Hinderniß!«
; »Durch welchen Zufall ich reich ge
iwordem das erklärte ich bereits, und
! Neichthum schließt die Liebe nicht aus.
;Jch habe erwähnt, welch' unnützes,
»ruheloses Leben ich führte, bis der
sZufall mich hier in den Wäldern von
Deverill meinen Schutzengel finden
ließ. Deine äußere Schönheit war es,
die mich zuerst fesselte, Ada; dann
hörte ich Deine Stimme, und sie tlang
wie köstliche Musik in meinem Ohr.s
Dein Lächeln war mir der Himmel!
Ich sah Dir in die Auan und wußte,
daß" sie der Spiegel Deiner Seele
seien! Jch liebte Dich vom Augenblick
des ersten Sehens an. aber Deine Ju
gend, Deine Schönheit, Deine Un
schuld hinderten mich daran, die Gluth
meines Herzens zu verrathen. Jch
liebe Dich, Ada! Jch will Dich zur
Herrin von Deverill machen, und Nie
mand besitzt die Macht, mich daran zu
hindern-«
Er zog ihre zarte Gestalt an sich;
sie aber zitterte am ganzen Körper
und Thränen standen in ihrenAugen.
»Ma·ast Du mich denn ein wenig
leiden?« fragte er leise.
»Ja, o ja, ich lann ja nicht anders;
aber es ist sehr unrecht. Jch werde nie
den Muth haben, es der Mama zu
sagen. Jch habe sie schmählich hin
tergangen! Liebe und Liebhaber wer
den von ihr zu gleichen Theilen verab
scheut. Jch habe anfangs auch gar
nicht« geglaubt, das; sich zwischen uns
eine Liebesidylle abspielen könne; aber
ehe ich mich dessen versah, gerieth ich
mitten in dieselbe hinein. Eine an
aenehme Bekanntschaft, Jemand, mit
dem ich plaudern konnte, der für mich
Theilnahme empfand, das war es,
was ich haben wollte. Ihre Bücher
habe ich heimlich gelesen, Jhre Blu
men habe ich versteckt. Wenn Sie mir
von allem Anfange an aesagt haben
würden, daß Sie der Schloßherr von
Deverill sind, so hätte ich mich vor
Ihnen gefürchtet· Als ich Sie zum
ersten Mal sah, erschienen Sie mir
schon wie ein Heldf
t Er lauschte wohlgesiillig ihren Wor
en.
»Meine lleine Königin!« flüsterte
er zärtlich. «Wann werden sich diese
stolzen Lippen daran gewöhnen, mir
das trauliche Du zu gönnen? Jch habe
Deine Mutter nie gesehen, Ada, aber
ich begrerfe nicht, wie die harte, stolze
Frau, als welche Du sie mir schil
derst, ein so liebliches Töchterchen be
sitzen kann!«
»Still. Colin, meine Mutter ist das
reizendste Wesen, welches je auf Er
den geweilt; aber in dem einen Punk
te, in der Liebe, isi sie ftrenal »Ich
hänge mit jeder Faser meines Seins
an ihr und lomme mir schlecht und
untindlich bor, weil ich sie hinter
gehe."
Guido Colin blickte eine Seiunt
ernst vor sich hin, dann lachte er leicht
auf, er besaß Vertrauen in die Zu
kunst.
»Und was wissen Sie von mir au
ßer meinem Namens« rief Ada,
«nichts! Wir sind sür alle Welt ein
Geheimnik Seit ich ein kleines Kind
war, leben wir in hiesiger Gegend.
Mama empfängt aber gar keine Befu
che. nicht einmal den Ortsgeistlichen.
Den Vorwand für ihre Zurückgezo
genheit bildet die Arbeit und immer
wieder die Arbeit, und ich kann wenig
thun, wir haben eine alte Dienerin, die
mich ewig schilt, ich lenne auf der Welt
nichts als unser heim. Ach. ich bin
recht unwissend und tindisch.«
«Unsinn.« rief Colin, »Du bist ein
lluges, wohlerzogenes kleines Miit-H
chen.«
«Meinen Sie wirklich? Ich schulde
alles, was ich bin, meiner Mutter und
den Büchern, mit denen sie mich um
giebt.«
Sie schwiegen Beide eine tleine Wei
le. Das Sonnenlicht tanzte über die
Grasfliiche dahin, eine leichte Brise
rauschte durch das Laubwerk der
Bäume. die Vögel fangen fröhlich.
»Wenn dieser Tag ewig währen
wollte!'« meinte Colin nach einer Weile
seufzend. »Ach, Ada, was sollen tvir
thun? Ich möchte dem Gebeimniß so
gerne ein Ende machen! Jch sehe dal
selbe als ein Unrecht aeaen Dich wie
gegen mich an! Jch möchte Dich gerne
der ganzen Welt als meine künftige
Gattin zeigen, möchte Dich in Deverill
einführen; ich bin überzeugt, daß Du
die Ansichten, welche Deine Mutter
über die Liebe haben mag, als schroff
hinstellt-L sie ist ein Weib und mußt
weiches Eint-finden verstehen. Sie!
JäaäUzweifelsobne Deinen Vater ge- »
» e .« l
»Ich fürchte, nein,« erwiderte das
junge-Mädchen träumerisch.
» iwegen brauchst Du aber nicht
die leichen Erfahrungen zu machen,
sein ! Ich sehe auch die Situation in
ganz anderem Lichte. Frau Langton
betrachtet Dich vertnuthlich noch als
Kind —- sie abnt nicht, daß die holde
Blüthe sich bereits zu» eetfer Weiblich
keit entfaltet bat, sie ist eine oegsarne
Mutter, die Dich Ym sich will,
bis der echte Matchenprinz kommt,
nnd a t nicht, daß Du denselben
in m r g unden zu baben glaubst.«
E Adq ischene ihm zu.
»Den Jbrer Niibe fühle ich mich
« star , Guido; aber wenn Sie fort sind,
siikchte ich mich! O, ich weiß, fühle es,
daß ich nicht die Kraft hätte, Sie zu
verlieren.«
»Du sollst mich nicht verlieren, Ge
liebte! Jch begleite Dich jetzt gleich nach
Hause zurück.«
»Nein, o nein, heute dürfen Sie noch
nicht sprechen, bitte, nicht! Jch muß
Mama erst vorbereiten.«
Sie erblaßte bei dem bloßen Gedan
ten an die Möglichkeit einer Scene
und fügte ängstlich hinzu:
»Ich bin gewiß, daß es ihr gren
zenlose Aufregung bereiten wird! Jch
glaube, es würde sie tödten, wenn Sie
so unversehens zu ihr kommen und ihr
den Verrath offenbaren, welchen ich
mir zu schulden kommen ließ. Ich
iann nicht versprechen, daß ich morgen
wiederkehre, wenn aber übermorgen
das Wetter schön ist, will ich mich be
mühen, Sie nicht zu enttäuschen.«
»Achtundvierzig Stunden.« mur
melte er in tläalichem Tone. »Und die
Tredegars kommen mir auch in die
Quere. Jvan und seine Schwester
haben versprochen, mich zu besuchen.«
Aeraerlich strich er sich über den
goldblonden Bart.
»Die Tredegars?« wiederholte das
junae Mädchen in sraaendem Tone.
»Ja, Jvam aber er ist nicht der»
Mensch, welchen ich meiner kleinen
Braut vorsellen möchte, ehe alle Welt ;
weiß, daß sie mir gehört. Er ist ein
schöner Mensch, ein unruhiger, toll
tiihner Geist, seine Schwester Edith
eine Schönheit, die mich um jeden
Preis heirathen niöchte.'«
»Q« rief Ada, »ich dachte nicht, daß
Frauen solche Wünsche ossenlundig
zur Schau tragen.«
»Nun, Kleine, willst Du denn Dei-:
nen Helden nicht heirathen?« fragte er
lachend.
»Sie wissen ganz gut. wie ich es
meine, und es ist häßlich, mich zu
necken.'·
»Küsse mich und verzeihe mir,«
sprach er, die zitternde Gestalt in seine
Arme nehmend. »Uebermorgen —
wie soll ich die Zeit erwarten können!
Kennst Du den Glockenthurm, Ada?'«
»Ja, ich weiß, daß es der höchste
Punkt in dieser Gegend ist.«
»Nun denn, dort verbringe ich
Stunden nur damit. ins Weite zu
starren, um Deine Gestalt zu erspä
hen, sobald sie in der Ferne sichtbar
wird! Jch will auch morgen dorthin
gehen, und wenn ich meinen Liebling
selbst nur von Weitem sehe. so fühle
ich mich reich belohnt! Jch wünsche die
Tredegars zu allen Teufeln —- wenn
nur ein Sturns entstehen und die
Yacht einer entfernten Küste zutrei
ben würde.«
»Biiser Mann, das wünschen Sie
ja aar nicht im Ernste.« «
Dann nach kurzer Pause siigte sie
hinzu:
»Ist Fräulein Tredeaar sehr
hübsch? O. Sie brauchen nicht zu lä
cheln, ich habe durchaus keinen Hang
zur Eifersucht! Sie sagten, daß sie
eine Schönheit sei — ist das Jhr
Ernst gewesen?«
»Sie gilt als solche; aber mich läßt
sie kalt, und wenn ich ehrlich sein soll,
musz ich sogar gestehen, daß ich sie
nicht maa.«
»Mama wird mich vermissen, Co
lin. Ich muß jetzt wirklich sortaehen.«
»Schon? Jch hasse dieses Abschied
nehmen.«
»Und ich nicht minder.«
»Soll ich Dich wirklich erst nach
zwei langne, bangen Tagen wiederse
hen?«
»Ich habe Mama versprochen, ihr
morgen bei häuslichen Arbeiten zu hel
sen, vielleicht bietet sich mir Gelegen
heit, ihr von unserer Liebe zu sprechen
wenn ich nur den Muth da u habe.« l
»Heute ist Dienstag, ich sehe Dicht
also nicht vor Donnerstag, Liebling?
Du findest mich dann zur gewohnten i
Stunde. O, Ada, wenn irgend et
t
l
l
was sich im Leben zwischen uns drän
Fen sollte, so wäre mein Dasein sür
mmer zerstört.«
Ada stammerte sich leidenschaftlich
an ihn, ihre Weibesseele war mit ei
nem Schlage erwacht, sie hörte aus,
ein Kind zu sein.
»Nichts kann zwischen uns treten,
Colth wir mögen zu warten haben,
vielleicht Jahre hindurch; aber das ist
daö Schlimmste-« « .
»Jahre, wenn es sein muß,« flü
sierte er, seine Lippen aus die ihrigen
pressend. .
XII.
Guido Colin begleitete Ada so weit.
als er es nur irgend wagte. Um ih
retwillen allein scheute er das Ge
schwätz der Leute. Als sie an den
Saum des Waldes traten, zog er sie
nochmals leidenschaftlich bewegt in
seine Arme und blickte dann ihrer sich
hastig entfernenden Gestalt nach. Ein
Gefühl der Einsamkeit tam über ihn,
als er sie nicht mehr sehen konnte. Der
Sonnenschein war aus seinem Leben
gewichen, und er hatte die Empfin
ung, als ob tiefe z insterniß ihn um
gebe. Es war tbiir cht, das wußte er;
ader trotzdem vermochte er nicht, sich
zu helfen und egen diese Empfindun
gen anzutiirnp en.
»Es ist thöricht, so hypersensitio zu
sein, wie ich es bin,« sagte er sich, »und
»tr-oßdern empfinde ich doch auch leb
"hafter jede Freude, wenn ich unter
dem Schmerz gar so sebr leide.«
« Er blickte empor, ’der himmel hatte
sich plötzlich mit Wollen» bedeckt, eine
chatfe Brise wehte und die Vögel bat
ausgegrt zu singen.
»Ein urm naht,« flüsterte er;
«a»ber so Gott will, erreicht Ada das
s
Ischiitende heim, noch bevor derselbe
losbrtcht.«
Er wandte sich beimwiirts und
dachte an Tredegar’ö cht. ·
»Ein abscheulicher unsch, den ich
gehegt, ich verdiene Strafe dafür,«
murmelte er leise vor sich bin.
Nicht lange sollte es währen. bis
er erfuhr, daß die Strafe seiner harre.
Als er aus einen Platz binaustrat,
sah er, daß die Yacht Anker geworfen,
und zur Stunde, da er den Schloßhof
betrat, tam Jvan ihm aus demselben
entgegen. Guido war nicht der
Mensch, um jemals eine Maske zu
tragen, und so legte sich denn auch
jetzt, als er die ihm dargebotene Hand
ergriff, eine finstere Falte auf seine
Stirne.
- »Ein schöner Willkommengruß
das,« rief Tredeaar, der ein auffallend
schöner, martialisch aussehender Mann
war.
»Du hast auch ein eigenes Talent,
sungebeten zu tommen," brummte der
: Andere.
,,Teufel, was hätt’ ich thun sollen!
Ich brachte Editb, und wir dachten,
einen ganz großen Kreis vergnügter
Gäste biet zu finden, anstatt dessen
hast Du ungeselliger Mensch außer
der Dienerschast nicht eine Seele im
Hause. Ich weiß, daß Du nicht gerne
gestört bist, aber nun bin ich einmal
da und gedenke auch zu bleiben, zum
Mindesten für die Dauer eines Mo
nats, wenn der Sturm so lanae währt.
Ich habe für mich, fiir Edith und die
Zofe Zimmer bestellt. O, wir wer
den Dich nicht auälen und Dir nicht
im Wege sein. Du magst mit Deiner
Schreibarteit fortfahren, so viel es
Dir beliebt. Du wolltest während der
Saison nicht zur Stadt kommen, ob
Iwar Dein reizendes Palais leer steht.
Nun trage die Folgen. Komm’, lass,
uns auf die Schloßterrasse treten und »
den Sturm von dort aus bewundern. :
Jch hoffe übriaens. Du lebst-nicht nur (
von Nettar und Ambrosia, folglich!
könntest Du mir auch einen meisH
reicken lassen, ich wäre Dir dankbars
dann-I l»
Trotz seiner üblen Laune mußte
Guido Colin lachen.
»Wenn Du irgend ein Anderer
wärst als Du thatfiichlich bist, Jvan,
fürwahr« ich würde Dich aus dem
Hause werfen. Doch Du sollft die
verlangte Erfrischung betommem Du
bift mir auch nicht absonderlich im
Wege; ich habe gerade teine außerge
wishnliche Arbeit, die mich in Anspruch
nimmt. Jch raste aus« lese und über
(Fortfe2ung folgt.)
D r Nester der Könige.
Das Voll der Dönen hat kürzlich
feinen König verloren. Der Tod des
.—«;errschers, der gegenwärtig der älteste
Monate-h war, trat ganz unerwartet
ein. Es ist eine lange Regierun szeit,
auf die dieser liebeswiirdige estor
der europäifchen Köni e zurück
blicken konnte. Unter sehr schwie
rigen Umständen haben sich die An
fänge der Regentschaft von Christian
dem Neunten abgefpiett. Damals don
nerten bekanntlich die Kanonen bei
Düppel.
Der junge König hatte teine glän
zende Erbschaft angetreten. Man er
zählt, daß im Jahre 1814 bei einer
öffentlichen Einsammlung von Mitteln
zu wohltätigen Zwecken in Dänemart
anonvme Beiträge eingingen unter der
Devifet Mein kleines Haus steht noch.
Der Gebet war König Friedrich der
Siebente von Dänemark, der damals
soeben Norwegen an Schweden hatte
abtreten müssen. Das «tleine haus«
Friedrichs des Siebenten ift unter fei
nem Nachfolger Christian des Neun
ten noch kleiner geworden, wenn auch
dieser ebenfalls in den Worten seines
Voraiinaers Troft finden konnte.
Jn schwieriger Lage ergriff Chri
ftian der Neunte am 15. November
1863 das Szepter, und bald darauf
sollte die nennenswerteste Begebenheit
seiner Regentschaft eintreten, jener un
glückliche Krieg, der alle hoffnunaen
der Dänen. Schleswig mit der Zeit
untrennbar an das Königreich zu knü
pfen, für immer vernichtete. Diele
Krieasentfcheiduna mag in Dänemart
niemand mehr betrübt haben als den
iunaen König, der aus dem verlorenen
Lande stammt — er wurde am 8.
Avril 1818 im Schloß Gottorp bei
Schleswig aeboren —- und sich nur un
ter dem zwinaenden Einfluß einer po
litischen Partei seines Landes, inner
lich widerstrebend, zu diesem verhäng
nisvollen Kriege entschlossen hatte.
; Vielleicht aber waren es gerade die
-Iiriegsniederlage und die darauf fol
genden inneren Kämpfe, die Anlaß
zum Aufschwung des Landes gaben.
Klein ist wohl das Haus der dänischen
Könige, aber wohlgebaut. Wissenschaft
und Kunst hat die tleine Nation un
verhältnismäßig grofze Beiträge gelei
stet, und das gegenwärtig erreichte
Stadium der wirtschaftlichen Entwick
lung macht einem Volle von nur et
was mehr als zwei Millionen Einwoh
nern alle Ehre. Dänemarl ist einl
landwirtschaftlin Staat, eine Na-!
tion von Bauern, aber es hat verstan- .
den, diesen wichtigsten ErwerbszweigH
für die zeitgenössischen Berussgenossen
aller Länder vorbildlich zu gestalten."
Auf dem Meere hat das kleine Insel
volt sich eine achtungsgebietende Stel
lung erworben·
Viel hat König Christian zu diesem
Ausschwunge seines Volkes beigemi
gen, und er konnte mit Bestiedl ung
aus seine Regierungszeit zurückbl elen.
Auch die Geschichte seiner Familie
lonnte ihn mit Stolz erfüllen, nannte
man ihn doch nicht unzutr end den
Vater Europas. Diese No e hat et«
eigentlich erst nach dem Heim ange sei
ner Gattin, der Königin Lui e, die am
29. September 1898 starb, angetreten·
Diese galt wegen der weiten Ber
wandtfchaft der dänischen Königs a
milie als die Schwiegermutter von u
ropa.
Groß war der Familiensinn der
Holstein - Glücksburger. Jahrelang
lentte Schloß Frevensborg die Augen
der Welt auf fich, denn in seinen
Mauern versammelte sich in jedem
Herbst eine Zahl von getriinten haup
tern, wie sie größer und machtvoller
wohl taum sonst aus der Erde unter
einem Dach zusammeniarm
Wollenlos blau war dann der him
mel iiber dem dänischen Tustulum.
Jm matten Goldgelb prangten die
großen Linden im Schloßpart und
auch in das Tiesgriin der möchtigsten
Buchenv und Fichten hatte dann meist
schon der Maler Herbst die ersten gel-;
»ben und braunen Farben geworfen.j
sStill lag das weiße Schloß, nur aus
kdem Erdgeichoß und einem Stockwerk
bestehend, überragt von einem hohen
Kuppelbau, im Sonnenglanzr. Dis
Schildwache mit den mächtigen Bären
miißen patrouillierten mit getreuzten
Armen das »Gewehr über« tragend,
vor den tiefroten Schilderhäusern im
Schloßbof aus und ab, und mit dün
ner Stimme vertiindete die Uhr im
Turm die enteilenden Stunden. Hier
vflrgte die diinische Köniassamilie, ver
eint mit Kindern und Schwiegertini
dern, im September den Geburtstag
der Köniain Luise zu seiern. Hier wur
de die Einigkeit dieler mächtigen Fa
milie zum Ausdruck gebracht, deren
Mittelpunkt die ,,Schwiegermutter von
Europa« war.
Jhre älteste Tochter Alexandra war
die jetzige Königin von England,.ihr
Zweiter Schwiegersohn war der Zar
Alerander ill» die jünaste Tochter,
Thora, hatt den Herzog von Cumberi
land aebeiratet, der den Anspruch aus
den hannoverschen Köniastbron nicht
ansaeaeben hatte, während der diinische
Kronvrinz mit einer fchwedifchen Kis
niaötocher vermählt war, fein Bruder
Milbelm als Geora l» mit der russis
schen Großsiirstin Olaa verebelicht. den
Königsthron von Griechenland bestieg
und der jüngste Sohn, Waldemar, eine
Prinzessin vonOrleans heimsiihrtr.Alle
diese ,.Kinder« kamen saft regesmiißig
zum Besuch der Mutter und Schwie
germutter nach Fredengborg und
brachten natürlich auch ihre Kinder
Init. sodaß die Unterbrinaung so vie
lerPersonen mit der zugehörigenBegleii
tnna und Dienerfchaft dem Heimat
schall oft nicht geringe Verlegenheiten
bereitete. Aber man behalf sich gern;
man war ia »in Hause«, und da moch
te auch wohl ein Kammerdiener besser
wohnen als ein Könia, der mit seiner
Gemahlin ost nur zwei Zimmer teilen
konnte. Hier fühlten sie sich alle toohl
und heimisch und fürchteten keine At
tentatr. Nur der Könia von Enaland,
damals Prinz von Wale5, hatte keinen
Sinn siir dies Familienleben. Da
aenen ist bekannt, daß Alerander III.
es hier Ivaate, allein auseuaehen und
aus dem blauen Esromsee. der den
Schlaf-hart bearenzL du seaeln; sa, er
ist verschiedentlich mit einer aanzen
Schar seiner iunaen Consinen und
cui-isten in die banntsiadt aesalsrem um
sie in eine Konditorei ru, iiihrem lvo
sie nach bereersslust KE- « siissiaseiten
Wt essen durften, Quer Zar bezahlte
allez.
Indessen das Jahr 1864 war hier
im Schlosse nicht dergessen. und beson
ders die Königin Luise konnte als ge
botene Prinzessin von Hessen auch die
Zeiten von 1866 nicht verzeihen und
ist Preußen nie gewogen gewesen. Wie
osi sind von hier aus die Geschicke Eu
ropas bestimmt worden!
Nach dem Besuche des deutschen
Kaisers in Kopenhaaen schien hier der
Wind siir Deutschland günstiger zu
wehen, und dazu hat auch der Tod der
Köniqin sicherlich betaetragen, die sieh
an ihrem letzten Geburtstage noch als
Schwieaermutier von Europa im
Kreise ihrer Kinder und Enkel aus ei
neiåi großen Gruppenbilde vereinigen
lie .
Nach ihrem Heimganae hat ihr nun
mehr auch verstorbener Gemahl die sich
alljährlich wiederholenden Zusammen
iiinste mit den Seinen sortaesest und
in der unwandelbaren Liebe seiner Un
tertanen reichen Trost siir seinen Le
bensabend gesunden.
Ein Kleiner bemertt auf dem Bahn
hofe viele Kisten, die mit einer Flasche
bezeichnet waren. Er fragt, was dies
zu bedeuten habe. Seine Mutter er
tliirt ihm, die Flaschen setene ein Zet
chen, daß man mit den bezeichneten Ki
sten nicht herumschlagen dürfe, um den
Jnhalt nicht zu befchädigen. Da dittet
der Kleine: »Mutter, mach mir auch
eine Flasche auf meine Hofe, damit
mich der Vater nicht so haut.«
« II I
Jn seinen Neujahrsprophezeiungen
schreibt der Simpliciistmus: Jm März
wird in Berlin ein Wunderkind auf
tauchen, das sämtliche Reden Kaiser
Wilhelmg austvendig kann.
O « If
»Sie haben Ratten imhause!« sagte
der Neueingezogene. ——- »O la en Sie
das gut sein,« ent egnete der anitor,
l »die sind so lange Bier, daß sie o saht
I wie die Katzen sind.