Eida. Roman von G. Yraddow (5. Fortsetzung.) « North wars die Zeitung zur Seite and trank seinen Kassee aus; er fühlte instinktiv, daß er in London, wo so viele Leute ihn kannten, nicht in Si Irheit sei, man wußte ja auch seine iehungen u Jarvis; der Dieb aber we das ld und die Uhr gesioly len, würde um seiner selbst willen schweigen, wenigstens jetzt. »He-den Sie einen Eisenbahncou riet, Kellner? Und bitte, die Reci nung,« rief er, indem er seinen Rock zuknopfte und den Kragen so in die Z Pülpth daß er die Häl te seines S verdeckte einer halben Stunde ging, wie er wußte, der Zug nach Liverpool; es war gerade noch Zeit. Die Rechnung war bald bezahlt und dem Kellner ein Trinkgeld in dieHand gedrückt «»Fröhliche Weihnachten, Herr-" rief dieser ihm nach, als er sich entfernte. »Ich danke Ihnen; ich werde ein un vcr leichliches Weihnachtssest haben.« lachte dabei so seltsam, daß der Mann ihn verwundert anbliclte. Zwanzig Minuten später befand sich Franz orth auf dem Bahnhofe und etreichte den Zug noch rechtzeitig. Den Brief an seine Frau gab er erst in Li verpool auf. Er löste eine Fahrkarte nach New York und nannte sich George Redmann Mehrere Detettivs waren am Landungsplatze sichtbar. Unbe sangen zündeten sich bei dem Einen; eine Ci rre an und pliauderte mit ihm. inen Moment hatte er daran» gedacht sich ein anderes Aussehen zui geben, jetzt wäre es nutzlos gewesen — wenn diePoliZei auf seiner Spur war, ! so kannte sie hn schon. Er kaufte einen kleinen Vorrath an ( "sche und Kleidungsstücken und ber- s rannte das, was-er bei sich getragen und was der Besitz von Frau North gewesen-. Dann schreb er noch einen zweiten traurigen Brief an seine Frau und am nächsten Morgen sckzjffte er sich als Georg Redmann lisray New York ein. Ein heller, sonnigen wolkenloter unitnor en. Auf der lfenhöhe die sserfläche beherrschen , fah man Schloß Dei-trill- dessen Besitzer mit einem rnroar in der hand auf der Thurm pixte and und auf die See hinausin e. «Jban Tredegars Yacht,« murmelte er un duldig vor sich hin; »ich mag ign je i nicht hier haben, man lann i n Ia so schwer in Zaum halten« Er » senkte das Fernrohr und warf einen woblgefälligen Blick «an die sich vor ihm ausbreitende Landschaft. »Es-ist Fut, hier Leise zu fein," flüsterte er eise; «a r seltsam, daß mir dies ni t früher eingefallen.« in weiches.Lächeln umspielle plötz- » lich seine Lippen und ein zärtlicher Ausdruck trat in seine Aug-en Der junge loßherr von Deverill war auch woh gefällig zu schauen? Groß, schlank gewachsen, geschmeidig, blauciugig, mit blonden Haaren. ErJ war jung und reich, und das Lebens mußte ihm gleich einem Sommertraum ! erscheinen. - Guido legte das Fernrohr zur Seite und eilteghsstig die Thurmftufen bin ab. Im e angelangt, beschleunigte Kleine ritte noch mehr- um dem lde zuzueilen Der Pfad wart schmal, under achtete weder des Ge --sa es der Vögel, noch der zu seinen ilng fprießenden Veilchen. - ne Gedanken weilten anderwärts, und erst als er auf eine Lichtung trat, blieb er um sich schauend stehen und nahm dann au einer Moosbanl Platz, den blauen llen der Cigarrette, weisse er tauchte, mit den Blicken fol gen . Eine halbe Stunde verging. Pl otz lich sprang Guido Colin auf, denn er hörte eine anmuthige Frauenstimme, welche ein Lied sang Wenige Sekun den später sah er ein blondhaariges Mädchen mit fröhlichen blauen Augen vor sich; sie trug einen Strohhut am Arm und lächelte ihm entgegen Ehr erbietig lüftete er den Hut. zGuten Morgen, schöne Ada." »Sie sind viel früher als sonst, Guido. Hoffentlich haben Sie das Buch nicht vergessen, welches Sie mir mitzubringen versprachen.« Cosin erröthete schuldbewußt, dann Härte sich sein Antlik· «Jch werde es morgen bringen,« itammelte er. »Mir eine Ausrede, damit ich den weiten Weg nochmals zurücklege, um Sie hier wieder zu treffen, nicht wahrs« »O nein, ich gehe mit Vergnügen bis Dassbnenf » I dürer Sie nicht,« rief sie lebhaft indem der Ausdruck der Furcht plötzlich in ihre Augen trat. «Sie baden wieder geraucht und wahr scheian ist es nicht bei der Cigarette sei-stehen« sondern Sie griffen auch m Weit-K « »Und Sie haben gesungen, Ada!« »Es ist Vandaliinius!« TM das Rauchen oder das Sin geni Sie sind miide und sehen erhist aus W Sie. seien Sie sich hier W; ich habe Sie nie «iingen gehört ÆW Wißt-. seinem Be M I ;ermuthigen. Sie sind so viel älter . .,Eisersiicht,ig?« wiederholte sie da bei lächelnd. »Sie reden Unsinn, Herr Colin.« »Nein, Ada, ganz und gar nicht. Mich dünkt, es sei eine Ewigkeit seit dem Sonntag vergangen, und ich be greise nur nicht, wie ich es zwei volle Tage aushth, ohne Sie zu sehen. Wenn Sie nicht gekommen wären, so hätte ich Sie ausgesucht, so hätte ich die Citadelle erstürmt! Blicken Sie nicht so erschreckt darein! Fürwahr, es stehen ja Thränen in Ihren sonst so schelmischen Augen« »Herr Colin —'« " »Nennen Sie mich Guido!« ; »Nun denn, ich will Sie Guido nen- J nen, weil es heute zum letzten Male ist. Ich tatn nur, um Ihnen zu sa gen, daß diese Zusammentiinste ihr Ende erreichen müssen, daß ich meine Mutter nicht länger hintergehen will, es ist schändlich von mir und auch häßlich von Ihnen, daß Sie mich dazu als ich, Guido, daß Sie auch vernünf tiger sein sollten.« »Ich bin erst achtundzwanzig Jahre, Sie böse Evastochter, und Sie?" »Achtzehn,« erwiderte das Mädchen; »aber ich sehe doch ein, saß ich ein großes Unrecht begehe· Wir tennen uns erst seit einigen Wochen, und un sere Bekanntschaft ist eine ganz zu fällige und sliichtige.« »Geben Sie mir sosort einen Kuß, Kleine!« »Wir begegneten uns in den Wöl dern von Deverill!« »Ja, ich traf Sie dort, während Sie aus sremdem Boden Blumen pflückten, und so begann unsere Be kanntschaft. Ada, Geliebte,« sliisterte er ernster werdend hinzu. ,Jch habe erst heute Morgen daran gedacht. Ent nehmen Sie denn nicht daraus die Ge meinschaft unserer Seelen? Wir tra sen uns zufällig, ich hals Jhnen nach einem Zweige haschen, den Sie nicht erreichen konntet-, und ich weiss nicht, wie es geschah, daß wir dann alsbald in heller Liebe zu einander entbrann en.« Ada errötbete aberma!s. »Ich entsinne mich jeder Einzel beit,« sprach sie leise, »und ich bin so glücklich gewesen; aber wir wissen im Grunde genommen nichts von einan der, und ich fühle, daß diese beimlichen Zusammentiinste unmöglich sind« »Ich hasse alle Heimlichteitt Trock nen Sie Jbre Tbriinen, Ada! Jch babe mir die ganze Nacht über du Kopf zerbrochen, wie es mir gelingen soll, das Vertrauen meines geliebten Al penveilchens zu erringen.« XI. · »Ada,« flüsterte Guido Colin träu merisch vor sich bin, —- »schon der Name tlingt so süß und paßt zu Dei ner blumenhaften Schönheit! Weißt Du, daß, bis Du in mein Leben getre ten, ich fiir einen Cvniter und Mi santbropen galt? Als ich noch ein Knabe war, träumte ich von roßen Dingen! Jch hatte gehört· da , um ein Held zu werden« man auch Helden verehren müsse; ich aber buldigte der Kunst, ich war arm und trat, nur mit einer guten Erziehung ausgestattet, in das Leben. Plötzlich wurde ich reich und konnte nun aus Liebe zur Kunst allein arbeiten, brauchte nicht auf den Erwerb zu denken.« »Sie sind ein echter Künstler, Co lin; auch meine Mutter malt für illu strirte Zeitschriften« »Dann wird das Band der Sym pathie, welches uns vereint, nur ge kräftigt. Ada! In diesem Sinne bin ich aber kein Künstler, ich bin nur ein Poet; ich habe Vielerlei geschrieben und die Leute sagen, daß ich Erfolg hatte. Trotzdem lernte ich bis jetzt noch nie, was es heiße, glücklich zu sein. Ich durchsuchte die Welt nach dem Paradies meiner eigenen Schöpf una und kam zu der Ueberzeugung, daß es nicht bestehe! Nun aber habe ich dieses Eden gefunden· Als ich ein sünszehnjähriaer Knabe war, fiel mir plötzlich großer Neichthum in den Schoß. Durch ein Verbrechen bin ich aus der Armuth emporaetaucht und in eine angesehene Stellung gebracht worden; aber nicht ich war es, der sich das Verbrechen zu schulden kommen ließ — es ist eine arauenvolle Ge schichte! Der letzte Schloßherr von Deverill starb an einem Schlagansall, l als er vernahm, daß sein Erbe einen ’ Mord begangen. Das war vor etwa E achtzehn Jahren. Der Mörder ent iarn und eine lange Zeit hindurch war das Schloß abgesperrt. Da tauchten plödlich ein paar Verwandte aus, welche sich um die Erbschaft stritten, aus solche Art wurden auch meine An spräche entdeckt und ich wurde legal als der nächstbetechtiate Erbe festge stellt. ob war meine Bzeiehungen zu dem Frei rrn von Deverill sehr schni tenbast gewesen sind. Der eigentliche Erbe lebt vielleicht noch; aber es ist ein Preis aus seinen Kopf ausgesth —- das Ganze ist ein häßlicher Fleck in der·G-schichte des Schloßherren von pens. » Astanng stuiterte Ada, in sich zufammnschauernd » »Von meiner Vergangenheit lädt I sich sonst wenig erzählen,« fuhr Calin prrt. »Meine Eltern starben, als ich lnoch ein Kind war, die liebe, gute, alte Dame, welche mich adoptirte, ist ebenfalls todt. Jch stehe allein in der Welt nnd habe Niemanden auf Er den als Dich, Geliebte.'· Sie erblaßte, und ein trauriger Ausdruck trat in ihre sanften, brau nen Angen. »Es lann nicht sein, es ist unmög lich« Colin. Wenn die arme Mama das wüßte! Wir find mittellos und Sie unermeßlich reich! Darin allein schon liegt das Hinderniß!« ; »Durch welchen Zufall ich reich ge iwordem das erklärte ich bereits, und ! Neichthum schließt die Liebe nicht aus. ;Jch habe erwähnt, welch' unnützes, »ruheloses Leben ich führte, bis der sZufall mich hier in den Wäldern von Deverill meinen Schutzengel finden ließ. Deine äußere Schönheit war es, die mich zuerst fesselte, Ada; dann hörte ich Deine Stimme, und sie tlang wie köstliche Musik in meinem Ohr.s Dein Lächeln war mir der Himmel! Ich sah Dir in die Auan und wußte, daß" sie der Spiegel Deiner Seele seien! Jch liebte Dich vom Augenblick des ersten Sehens an. aber Deine Ju gend, Deine Schönheit, Deine Un schuld hinderten mich daran, die Gluth meines Herzens zu verrathen. Jch liebe Dich, Ada! Jch will Dich zur Herrin von Deverill machen, und Nie mand besitzt die Macht, mich daran zu hindern-« Er zog ihre zarte Gestalt an sich; sie aber zitterte am ganzen Körper und Thränen standen in ihrenAugen. »Ma·ast Du mich denn ein wenig leiden?« fragte er leise. »Ja, o ja, ich lann ja nicht anders; aber es ist sehr unrecht. Jch werde nie den Muth haben, es der Mama zu sagen. Jch habe sie schmählich hin tergangen! Liebe und Liebhaber wer den von ihr zu gleichen Theilen verab scheut. Jch habe anfangs auch gar nicht« geglaubt, das; sich zwischen uns eine Liebesidylle abspielen könne; aber ehe ich mich dessen versah, gerieth ich mitten in dieselbe hinein. Eine an aenehme Bekanntschaft, Jemand, mit dem ich plaudern konnte, der für mich Theilnahme empfand, das war es, was ich haben wollte. Ihre Bücher habe ich heimlich gelesen, Jhre Blu men habe ich versteckt. Wenn Sie mir von allem Anfange an aesagt haben würden, daß Sie der Schloßherr von Deverill sind, so hätte ich mich vor Ihnen gefürchtet· Als ich Sie zum ersten Mal sah, erschienen Sie mir schon wie ein Heldf t Er lauschte wohlgesiillig ihren Wor en. »Meine lleine Königin!« flüsterte er zärtlich. «Wann werden sich diese stolzen Lippen daran gewöhnen, mir das trauliche Du zu gönnen? Jch habe Deine Mutter nie gesehen, Ada, aber ich begrerfe nicht, wie die harte, stolze Frau, als welche Du sie mir schil derst, ein so liebliches Töchterchen be sitzen kann!« »Still. Colin, meine Mutter ist das reizendste Wesen, welches je auf Er den geweilt; aber in dem einen Punk te, in der Liebe, isi sie ftrenal »Ich hänge mit jeder Faser meines Seins an ihr und lomme mir schlecht und untindlich bor, weil ich sie hinter gehe." Guido Colin blickte eine Seiunt ernst vor sich hin, dann lachte er leicht auf, er besaß Vertrauen in die Zu kunst. »Und was wissen Sie von mir au ßer meinem Namens« rief Ada, «nichts! Wir sind sür alle Welt ein Geheimnik Seit ich ein kleines Kind war, leben wir in hiesiger Gegend. Mama empfängt aber gar keine Befu che. nicht einmal den Ortsgeistlichen. Den Vorwand für ihre Zurückgezo genheit bildet die Arbeit und immer wieder die Arbeit, und ich kann wenig thun, wir haben eine alte Dienerin, die mich ewig schilt, ich lenne auf der Welt nichts als unser heim. Ach. ich bin recht unwissend und tindisch.« «Unsinn.« rief Colin, »Du bist ein lluges, wohlerzogenes kleines Miit-H chen.« «Meinen Sie wirklich? Ich schulde alles, was ich bin, meiner Mutter und den Büchern, mit denen sie mich um giebt.« Sie schwiegen Beide eine tleine Wei le. Das Sonnenlicht tanzte über die Grasfliiche dahin, eine leichte Brise rauschte durch das Laubwerk der Bäume. die Vögel fangen fröhlich. »Wenn dieser Tag ewig währen wollte!'« meinte Colin nach einer Weile seufzend. »Ach, Ada, was sollen tvir thun? Ich möchte dem Gebeimniß so gerne ein Ende machen! Jch sehe dal selbe als ein Unrecht aeaen Dich wie gegen mich an! Jch möchte Dich gerne der ganzen Welt als meine künftige Gattin zeigen, möchte Dich in Deverill einführen; ich bin überzeugt, daß Du die Ansichten, welche Deine Mutter über die Liebe haben mag, als schroff hinstellt-L sie ist ein Weib und mußt weiches Eint-finden verstehen. Sie! JäaäUzweifelsobne Deinen Vater ge- » » e .« l »Ich fürchte, nein,« erwiderte das junge-Mädchen träumerisch. » iwegen brauchst Du aber nicht die leichen Erfahrungen zu machen, sein ! Ich sehe auch die Situation in ganz anderem Lichte. Frau Langton betrachtet Dich vertnuthlich noch als Kind —- sie abnt nicht, daß die holde Blüthe sich bereits zu» eetfer Weiblich keit entfaltet bat, sie ist eine oegsarne Mutter, die Dich Ym sich will, bis der echte Matchenprinz kommt, nnd a t nicht, daß Du denselben in m r g unden zu baben glaubst.« E Adq ischene ihm zu. »Den Jbrer Niibe fühle ich mich « star , Guido; aber wenn Sie fort sind, siikchte ich mich! O, ich weiß, fühle es, daß ich nicht die Kraft hätte, Sie zu verlieren.« »Du sollst mich nicht verlieren, Ge liebte! Jch begleite Dich jetzt gleich nach Hause zurück.« »Nein, o nein, heute dürfen Sie noch nicht sprechen, bitte, nicht! Jch muß Mama erst vorbereiten.« Sie erblaßte bei dem bloßen Gedan ten an die Möglichkeit einer Scene und fügte ängstlich hinzu: »Ich bin gewiß, daß es ihr gren zenlose Aufregung bereiten wird! Jch glaube, es würde sie tödten, wenn Sie so unversehens zu ihr kommen und ihr den Verrath offenbaren, welchen ich mir zu schulden kommen ließ. Ich iann nicht versprechen, daß ich morgen wiederkehre, wenn aber übermorgen das Wetter schön ist, will ich mich be mühen, Sie nicht zu enttäuschen.« »Achtundvierzig Stunden.« mur melte er in tläalichem Tone. »Und die Tredegars kommen mir auch in die Quere. Jvan und seine Schwester haben versprochen, mich zu besuchen.« Aeraerlich strich er sich über den goldblonden Bart. »Die Tredegars?« wiederholte das junae Mädchen in sraaendem Tone. »Ja, Jvam aber er ist nicht der» Mensch, welchen ich meiner kleinen Braut vorsellen möchte, ehe alle Welt ; weiß, daß sie mir gehört. Er ist ein schöner Mensch, ein unruhiger, toll tiihner Geist, seine Schwester Edith eine Schönheit, die mich um jeden Preis heirathen niöchte.'« »Q« rief Ada, »ich dachte nicht, daß Frauen solche Wünsche ossenlundig zur Schau tragen.« »Nun, Kleine, willst Du denn Dei-: nen Helden nicht heirathen?« fragte er lachend. »Sie wissen ganz gut. wie ich es meine, und es ist häßlich, mich zu necken.'· »Küsse mich und verzeihe mir,« sprach er, die zitternde Gestalt in seine Arme nehmend. »Uebermorgen — wie soll ich die Zeit erwarten können! Kennst Du den Glockenthurm, Ada?'« »Ja, ich weiß, daß es der höchste Punkt in dieser Gegend ist.« »Nun denn, dort verbringe ich Stunden nur damit. ins Weite zu starren, um Deine Gestalt zu erspä hen, sobald sie in der Ferne sichtbar wird! Jch will auch morgen dorthin gehen, und wenn ich meinen Liebling selbst nur von Weitem sehe. so fühle ich mich reich belohnt! Jch wünsche die Tredegars zu allen Teufeln —- wenn nur ein Sturns entstehen und die Yacht einer entfernten Küste zutrei ben würde.« »Biiser Mann, das wünschen Sie ja aar nicht im Ernste.« « Dann nach kurzer Pause siigte sie hinzu: »Ist Fräulein Tredeaar sehr hübsch? O. Sie brauchen nicht zu lä cheln, ich habe durchaus keinen Hang zur Eifersucht! Sie sagten, daß sie eine Schönheit sei — ist das Jhr Ernst gewesen?« »Sie gilt als solche; aber mich läßt sie kalt, und wenn ich ehrlich sein soll, musz ich sogar gestehen, daß ich sie nicht maa.« »Mama wird mich vermissen, Co lin. Ich muß jetzt wirklich sortaehen.« »Schon? Jch hasse dieses Abschied nehmen.« »Und ich nicht minder.« »Soll ich Dich wirklich erst nach zwei langne, bangen Tagen wiederse hen?« »Ich habe Mama versprochen, ihr morgen bei häuslichen Arbeiten zu hel sen, vielleicht bietet sich mir Gelegen heit, ihr von unserer Liebe zu sprechen wenn ich nur den Muth da u habe.« l »Heute ist Dienstag, ich sehe Dicht also nicht vor Donnerstag, Liebling? Du findest mich dann zur gewohnten i Stunde. O, Ada, wenn irgend et t l l was sich im Leben zwischen uns drän Fen sollte, so wäre mein Dasein sür mmer zerstört.« Ada stammerte sich leidenschaftlich an ihn, ihre Weibesseele war mit ei nem Schlage erwacht, sie hörte aus, ein Kind zu sein. »Nichts kann zwischen uns treten, Colth wir mögen zu warten haben, vielleicht Jahre hindurch; aber das ist daö Schlimmste-« « . »Jahre, wenn es sein muß,« flü sierte er, seine Lippen aus die ihrigen pressend. . XII. Guido Colin begleitete Ada so weit. als er es nur irgend wagte. Um ih retwillen allein scheute er das Ge schwätz der Leute. Als sie an den Saum des Waldes traten, zog er sie nochmals leidenschaftlich bewegt in seine Arme und blickte dann ihrer sich hastig entfernenden Gestalt nach. Ein Gefühl der Einsamkeit tam über ihn, als er sie nicht mehr sehen konnte. Der Sonnenschein war aus seinem Leben gewichen, und er hatte die Empfin ung, als ob tiefe z insterniß ihn um gebe. Es war tbiir cht, das wußte er; ader trotzdem vermochte er nicht, sich zu helfen und egen diese Empfindun gen anzutiirnp en. »Es ist thöricht, so hypersensitio zu sein, wie ich es bin,« sagte er sich, »und »tr-oßdern empfinde ich doch auch leb "hafter jede Freude, wenn ich unter dem Schmerz gar so sebr leide.« « Er blickte empor, ’der himmel hatte sich plötzlich mit Wollen» bedeckt, eine chatfe Brise wehte und die Vögel bat ausgegrt zu singen. »Ein urm naht,« flüsterte er; «a»ber so Gott will, erreicht Ada das s Ischiitende heim, noch bevor derselbe losbrtcht.« Er wandte sich beimwiirts und dachte an Tredegar’ö cht. · »Ein abscheulicher unsch, den ich gehegt, ich verdiene Strafe dafür,« murmelte er leise vor sich bin. Nicht lange sollte es währen. bis er erfuhr, daß die Strafe seiner harre. Als er aus einen Platz binaustrat, sah er, daß die Yacht Anker geworfen, und zur Stunde, da er den Schloßhof betrat, tam Jvan ihm aus demselben entgegen. Guido war nicht der Mensch, um jemals eine Maske zu tragen, und so legte sich denn auch jetzt, als er die ihm dargebotene Hand ergriff, eine finstere Falte auf seine Stirne. - »Ein schöner Willkommengruß das,« rief Tredeaar, der ein auffallend schöner, martialisch aussehender Mann war. »Du hast auch ein eigenes Talent, sungebeten zu tommen," brummte der : Andere. ,,Teufel, was hätt’ ich thun sollen! Ich brachte Editb, und wir dachten, einen ganz großen Kreis vergnügter Gäste biet zu finden, anstatt dessen hast Du ungeselliger Mensch außer der Dienerschast nicht eine Seele im Hause. Ich weiß, daß Du nicht gerne gestört bist, aber nun bin ich einmal da und gedenke auch zu bleiben, zum Mindesten für die Dauer eines Mo nats, wenn der Sturm so lanae währt. Ich habe für mich, fiir Edith und die Zofe Zimmer bestellt. O, wir wer den Dich nicht auälen und Dir nicht im Wege sein. Du magst mit Deiner Schreibarteit fortfahren, so viel es Dir beliebt. Du wolltest während der Saison nicht zur Stadt kommen, ob Iwar Dein reizendes Palais leer steht. Nun trage die Folgen. Komm’, lass, uns auf die Schloßterrasse treten und » den Sturm von dort aus bewundern. : Jch hoffe übriaens. Du lebst-nicht nur ( von Nettar und Ambrosia, folglich! könntest Du mir auch einen meisH reicken lassen, ich wäre Dir dankbars dann-I l» Trotz seiner üblen Laune mußte Guido Colin lachen. »Wenn Du irgend ein Anderer wärst als Du thatfiichlich bist, Jvan, fürwahr« ich würde Dich aus dem Hause werfen. Doch Du sollft die verlangte Erfrischung betommem Du bift mir auch nicht absonderlich im Wege; ich habe gerade teine außerge wishnliche Arbeit, die mich in Anspruch nimmt. Jch raste aus« lese und über (Fortfe2ung folgt.) D r Nester der Könige. Das Voll der Dönen hat kürzlich feinen König verloren. Der Tod des .—«;errschers, der gegenwärtig der älteste Monate-h war, trat ganz unerwartet ein. Es ist eine lange Regierun szeit, auf die dieser liebeswiirdige estor der europäifchen Köni e zurück blicken konnte. Unter sehr schwie rigen Umständen haben sich die An fänge der Regentschaft von Christian dem Neunten abgefpiett. Damals don nerten bekanntlich die Kanonen bei Düppel. Der junge König hatte teine glän zende Erbschaft angetreten. Man er zählt, daß im Jahre 1814 bei einer öffentlichen Einsammlung von Mitteln zu wohltätigen Zwecken in Dänemart anonvme Beiträge eingingen unter der Devifet Mein kleines Haus steht noch. Der Gebet war König Friedrich der Siebente von Dänemark, der damals soeben Norwegen an Schweden hatte abtreten müssen. Das «tleine haus« Friedrichs des Siebenten ift unter fei nem Nachfolger Christian des Neun ten noch kleiner geworden, wenn auch dieser ebenfalls in den Worten seines Voraiinaers Troft finden konnte. Jn schwieriger Lage ergriff Chri ftian der Neunte am 15. November 1863 das Szepter, und bald darauf sollte die nennenswerteste Begebenheit seiner Regentschaft eintreten, jener un glückliche Krieg, der alle hoffnunaen der Dänen. Schleswig mit der Zeit untrennbar an das Königreich zu knü pfen, für immer vernichtete. Diele Krieasentfcheiduna mag in Dänemart niemand mehr betrübt haben als den iunaen König, der aus dem verlorenen Lande stammt — er wurde am 8. Avril 1818 im Schloß Gottorp bei Schleswig aeboren —- und sich nur un ter dem zwinaenden Einfluß einer po litischen Partei seines Landes, inner lich widerstrebend, zu diesem verhäng nisvollen Kriege entschlossen hatte. ; Vielleicht aber waren es gerade die -Iiriegsniederlage und die darauf fol genden inneren Kämpfe, die Anlaß zum Aufschwung des Landes gaben. Klein ist wohl das Haus der dänischen Könige, aber wohlgebaut. Wissenschaft und Kunst hat die tleine Nation un verhältnismäßig grofze Beiträge gelei stet, und das gegenwärtig erreichte Stadium der wirtschaftlichen Entwick lung macht einem Volle von nur et was mehr als zwei Millionen Einwoh nern alle Ehre. Dänemarl ist einl landwirtschaftlin Staat, eine Na-! tion von Bauern, aber es hat verstan- . den, diesen wichtigsten ErwerbszweigH für die zeitgenössischen Berussgenossen aller Länder vorbildlich zu gestalten." Auf dem Meere hat das kleine Insel volt sich eine achtungsgebietende Stel lung erworben· Viel hat König Christian zu diesem Ausschwunge seines Volkes beigemi gen, und er konnte mit Bestiedl ung aus seine Regierungszeit zurückbl elen. Auch die Geschichte seiner Familie lonnte ihn mit Stolz erfüllen, nannte man ihn doch nicht unzutr end den Vater Europas. Diese No e hat et« eigentlich erst nach dem Heim ange sei ner Gattin, der Königin Lui e, die am 29. September 1898 starb, angetreten· Diese galt wegen der weiten Ber wandtfchaft der dänischen Königs a milie als die Schwiegermutter von u ropa. Groß war der Familiensinn der Holstein - Glücksburger. Jahrelang lentte Schloß Frevensborg die Augen der Welt auf fich, denn in seinen Mauern versammelte sich in jedem Herbst eine Zahl von getriinten haup tern, wie sie größer und machtvoller wohl taum sonst aus der Erde unter einem Dach zusammeniarm Wollenlos blau war dann der him mel iiber dem dänischen Tustulum. Jm matten Goldgelb prangten die großen Linden im Schloßpart und auch in das Tiesgriin der möchtigsten Buchenv und Fichten hatte dann meist schon der Maler Herbst die ersten gel-; »ben und braunen Farben geworfen.j sStill lag das weiße Schloß, nur aus kdem Erdgeichoß und einem Stockwerk bestehend, überragt von einem hohen Kuppelbau, im Sonnenglanzr. Dis Schildwache mit den mächtigen Bären miißen patrouillierten mit getreuzten Armen das »Gewehr über« tragend, vor den tiefroten Schilderhäusern im Schloßbof aus und ab, und mit dün ner Stimme vertiindete die Uhr im Turm die enteilenden Stunden. Hier vflrgte die diinische Köniassamilie, ver eint mit Kindern und Schwiegertini dern, im September den Geburtstag der Köniain Luise zu seiern. Hier wur de die Einigkeit dieler mächtigen Fa milie zum Ausdruck gebracht, deren Mittelpunkt die ,,Schwiegermutter von Europa« war. Jhre älteste Tochter Alexandra war die jetzige Königin von England,.ihr Zweiter Schwiegersohn war der Zar Alerander ill» die jünaste Tochter, Thora, hatt den Herzog von Cumberi land aebeiratet, der den Anspruch aus den hannoverschen Köniastbron nicht ansaeaeben hatte, während der diinische Kronvrinz mit einer fchwedifchen Kis niaötocher vermählt war, fein Bruder Milbelm als Geora l» mit der russis schen Großsiirstin Olaa verebelicht. den Königsthron von Griechenland bestieg und der jüngste Sohn, Waldemar, eine Prinzessin vonOrleans heimsiihrtr.Alle diese ,.Kinder« kamen saft regesmiißig zum Besuch der Mutter und Schwie germutter nach Fredengborg und brachten natürlich auch ihre Kinder Init. sodaß die Unterbrinaung so vie lerPersonen mit der zugehörigenBegleii tnna und Dienerfchaft dem Heimat schall oft nicht geringe Verlegenheiten bereitete. Aber man behalf sich gern; man war ia »in Hause«, und da moch te auch wohl ein Kammerdiener besser wohnen als ein Könia, der mit seiner Gemahlin ost nur zwei Zimmer teilen konnte. Hier fühlten sie sich alle toohl und heimisch und fürchteten keine At tentatr. Nur der Könia von Enaland, damals Prinz von Wale5, hatte keinen Sinn siir dies Familienleben. Da aenen ist bekannt, daß Alerander III. es hier Ivaate, allein auseuaehen und aus dem blauen Esromsee. der den Schlaf-hart bearenzL du seaeln; sa, er ist verschiedentlich mit einer aanzen Schar seiner iunaen Consinen und cui-isten in die banntsiadt aesalsrem um sie in eine Konditorei ru, iiihrem lvo sie nach bereersslust KE- « siissiaseiten Wt essen durften, Quer Zar bezahlte allez. Indessen das Jahr 1864 war hier im Schlosse nicht dergessen. und beson ders die Königin Luise konnte als ge botene Prinzessin von Hessen auch die Zeiten von 1866 nicht verzeihen und ist Preußen nie gewogen gewesen. Wie osi sind von hier aus die Geschicke Eu ropas bestimmt worden! Nach dem Besuche des deutschen Kaisers in Kopenhaaen schien hier der Wind siir Deutschland günstiger zu wehen, und dazu hat auch der Tod der Köniqin sicherlich betaetragen, die sieh an ihrem letzten Geburtstage noch als Schwieaermutier von Europa im Kreise ihrer Kinder und Enkel aus ei neiåi großen Gruppenbilde vereinigen lie . Nach ihrem Heimganae hat ihr nun mehr auch verstorbener Gemahl die sich alljährlich wiederholenden Zusammen iiinste mit den Seinen sortaesest und in der unwandelbaren Liebe seiner Un tertanen reichen Trost siir seinen Le bensabend gesunden. Ein Kleiner bemertt auf dem Bahn hofe viele Kisten, die mit einer Flasche bezeichnet waren. Er fragt, was dies zu bedeuten habe. Seine Mutter er tliirt ihm, die Flaschen setene ein Zet chen, daß man mit den bezeichneten Ki sten nicht herumschlagen dürfe, um den Jnhalt nicht zu befchädigen. Da dittet der Kleine: »Mutter, mach mir auch eine Flasche auf meine Hofe, damit mich der Vater nicht so haut.« « II I Jn seinen Neujahrsprophezeiungen schreibt der Simpliciistmus: Jm März wird in Berlin ein Wunderkind auf tauchen, das sämtliche Reden Kaiser Wilhelmg austvendig kann. O « If »Sie haben Ratten imhause!« sagte der Neueingezogene. ——- »O la en Sie das gut sein,« ent egnete der anitor, l »die sind so lange Bier, daß sie o saht I wie die Katzen sind.