Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 02, 1906, Sweiter Theil., Image 13

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    W
Die Haarlocke
Novelle von Julius Knopf.
Nachdenklich schlendert der ojunge
aron von Seldis durch die Straßen
der Hauptstadt Er muß aus kurze
it verreien, um aus seinem, im
außersten ipsel Oftpkeußens gelege
nen Gute s Austellen und Inbe
triebseyen zweier neuer Maschinen zu
überwa n, welche er selbst kürzlich
in der esidenz gekauft. Sein Jn
spettor hatte ihm dringend geschrie-·
ben, dasz eine Anwesenheit ersordet-1
lich sei. ergerlich wirst bäte Baron
seine Cigarre aus den Stra ndamm.
Betdammt satal das! — Sich auch
nur aus wenige Wochen von der schö
nen Frau Heila, der interessanten
Wittwe, zu trennen s— unmöglich,
partout unmöglich! Gerade jetzt, wo
sue ihm Advancen machte!——Und was
ilr’n charmantes Frauchem diese
Heila! — Wenn sie nur «n bissel we
niger kpkett wäre und sich nicht von
jedem die Cour schneiden ließe! Ah
bah, was thut’s! Jede schöne Frau
will gefeiert sein; die A betet wurzen
idt das Leben, wie di Trüssel den
Braten. Und ihn liebt sie —- ihn al
lein. Mehr noch als den Kuß, den
sie ihm neulich halb im Scherz gege
ben, und der ihn noch erschauern
macht bis in die Fingerspitzen beweist
es die Locke, welche sie ihm abgeschnit
ten. Die weiche Locke hat sie in das
goldene Medaillon gelegt, das sie stets
am Armband tragt. Sapperment,
das thut keine Frau, wenn sie den
Mann nicht liebt! — —- Und diese
Frau muß sieben können! Ah! Tem
perament liegt d’rin in diesem Wein
Wer sie einmal besitzt....!
Ungeduldig beschleunigt er seine
Schritte. — Bald steht er vor ihrem
hause. —Erregt stürmt er die Trep
pen hinaus. —- Sie sehen — Abschied
nehmen — vorher Hand anbieten -—
ctsr steht vor ihr, nervös —- ausge
reg .
,,—ch komme, um mich zu verab
schie n.« stößt er hervor.
Sie schreckt zusammen.
·,.Wohin aeht die Reise?« sragt sie,
sich schma fasse-w.
Mach meinem Gut, aus zwei bis
drei Wochen.«
Sie athmet aus.
»Alle-ten der neuen Maschinen?«
,,- a.
»Stüssen wir halt ertragen,« scherzt
sie, wieder aus eräumt. »Aber, bitte,
wollen Sie ni t Plan nehmen?«
»Nein, ehe ich Jhnen nicht gesagt
habe, dasz ich Sie liebe, ehe ich Sie
nicht gefragt habe, ob Sie mein wer
den wollen.« ·
»Bitte. seyen Sie sich.«
Sie nimmt ihn an der Hand und
drückt ihn ans ein Tabourett nieder.
»Als-) Sie wollen mich heirathen,«
sagt sie endlich, sich ans ihrem Sessel
ihm vis-a:-vis streckend. »Ich bin
bald dreißig, Sie erst siinsundzwans
ztg —«
»Lassen wir die Arithmetit,« unter
bricht er sie ungestüm, »ich rechne
nicht —- ich siible.«
»Jn zehn Jahren," fährt sie unbe
irrt sort, »werden Sie noch ein junger
Mann sein« während ich dann als alte
»Frau einherwandeln werde, mit Run
zeln im Gesicht und Schminte aus
den Wan en —- wie eine Politi.«
Er la t.
»Sie sind wirklich originell. Nein,
to speisen Sie mich nicht ab. Heute
heißt’s Farbe bekennen. Entweder
Sie sieben mich, und dann nehmen
Sie meine Bewerbung an —- oder
Sie lieben mich nicht, und dann gilts
zu scheiden —- siir immer.«
»Das nenn’ ich schneidia, cher Ba
ron. Sie wollen also gleich einem
Kaballerieossizier alle Hindernisse
durch eine liihne Attacke nehmen! —
Gemach, gemach, ich weiche zurück,
aber ich ergebe« mich nicht. — Sie ha
ben zwar recht, sich siir bevorzugt zu
lten, denn ich habe Jhnen manche
leine Vergünstigung eingeräumt,
weil Sie ein netter, frischer, ein so
an und gar nicht blasirter junger
ann sind.«
»hella!«
Er ergreift ihre weiße, zarte Hand
und tüßt sie leidenschaftlich Sie
läßt ihn gewähren.
»Aber-« spricht sie weiter, ,,ob ich
Sie liebe, das weiß ich nicht. Noch
habe ich keinen eliebt —- weder mei
nen Mann, no einen anderen. Sie
sa en alle, ich hätte tein Herz. Mög
licgl ch weiß es nicht. ——— Jch lie e
die A wechseluna, das Ungebunden
sein zu sehr. Reh nur frei sein!
Wäre ich ein ann —- ich wiird’
vielleicht ein Boheme geworden sein
So bin ich die Frau von viel Geist
und wenig Herz — wie man sagt.«
»Sie haben vergessen, Frau .Hella,«
unterbricht er sie wizd, »daß ich eine
Antwort verlange, turz und biindig:
ia oder nein!« i
Sie ziehi ein verdrießliches Gesicht
»Gott, quälen Sie mich doch nicht
fo, Baron, das geht doch nicht so, wie
bei den Alazienbliiiterm er liebt mich
— er liebt mich nicht -—-« liebt mich!
So was will überlegt sein«
»Hella, wenn man liebt, iiberlegi
man nicht.«
»Ja, nn Alter von zwanzig Jah
ren. Da heißi’s verliebt —--—· verlobi.
Aber wenn man eti älter geworden
ist, dann theilen si Kon und Herz
ihn-»die herrschafi über unser Han
«Sie reden wie 'n Professor der
Philosophie,« wirft er anmuthiq ein.
«....Nein, nur wie eine vernünf
tige Frau. Darum," fährt sie begiiiis
end ori, »gewähten Sie mir Be
nl t bis zu Jhrer Rückkehr. Bin
i hnen dann noch so zugexhan wie
je t und haben auch Sie nur Treue
W
bewahrt —- gut, so werde ich Frau
von Seldis. Zufriedent«
,,-Ol) — glücklich!«
»Und nun fort mit den Furchen auf
der Stirn! So — ein freundliches
Gesicht gemacht. —- — Noch freund
licher! -—— — Gut so! — —— und ais
Belohnung für Ihren Gehorsam dür
fen Sie mir einen Handher geben.
Halt —- das sind schon vier! Und nun
lassen Sie uns ein Schälchen Kaffee
trinken —— es ist Zeit. Dabei werde
ichn Ihnen die Grillen ganz austrei
Zwei Monate sind seitdem vergan
gen. Arthur von Seldis sitzt in feiner
elegant ausgestatteten Garconwoh
nung in der Behrenftrafze und be
trachtet nachdenklich die kunstvollen
Rjrrgel, welche er seiner Havana-Jm
port entlocki. Ihm ist sehr anheimg
lich zu Muthe. Gestern ift er ange
kommen. Aus den zwei Wochen, die
er fortbleiben wollte, sind zwei Mo
nate geworden. Er hat sich auch zu
gut nmüsirtt
Teufel auch! Die schlanke Mag«da,
feines Gutsnachbarn, des jovialen
Herrn von Rheinstein, Tochter ift auch
ein zu herziges Mädel! Zum Küssen
—- rein zum Küssen! Na ja, warum
soll er’s sich nicht eingestehen, er hätte
sie vorn Fleck weg heirathen mögen!
Da war noch Jugend, Frische, Jung
fräulichleitl Und sie —-- sie würde
nicht nein gesagt haben! So viel hatte
er schon raus gemerkt. Und der alte,
fidele Rheinstein, das gebe ia den be
sten Schwiegerpapa der Welt! Eine
Schwiegermutter war nicht mehr vor
banden — also! Ja -— also! . . ..
hella, diese Hellat —- — Er zupft
nerviis an den Schnurrbartenden.
Sie hatten sich in der Zwischenzeit
nicht geschrieben —; so hatte es Hella
gewünscht. Sie wiire nie eine Freun
din von Korrespondenzen gewesen. —
Sie hatte partout nichts von sich hö
ren lassen; er auch nicht. —
Was doch so ’n paar unschuldige
Mädchenaugen machen! Die reisfte
Frauenschönheit schlagen sie aus dem
Felde. Und dann: ’5 ist doch ganz
was anderes um eine unentweihte
Knospe als um eine erschlossene Rose!
—- Verdammt, daß es sich quasi schon
gebunden hat! —- Er hat Hella seine
Hand angeboten — sie hat sich Be
denkzeit ausbedungen bis zu seiner
Rücktehr — und als Mann von Ehre
muß er sein Wort halten. Ueber das
Glück — die Ehre!
Aber noch ist nicht alle Hoffnung
verloren. Vielleicht sagt sie ,,nein«.
Oh, möchte sie doch nein sagen!! —
Aber sie wird’s nicht. Eine Frau, die
seine Haarlocke gleich einem Heilig
thum im Medaillon aufbewahrt! —
Lächerlichi Ein Resiis ist ausgeschlos
sen. — —
Und er wird unglücklich mit ihr
werden, ek weiß es. Er wird mit ihr
vor den Altar treten, das Bild Mag
da’s im Herzen. —-—- —- —
Berpsuschti Sein ganzes Leben
verpfuscht, um —— ja gerad heraus,
um einer Jugendduselei willen. ’s
war eine Selundanerlieve, weiter
nichts! Er hat für Hella geschwiirmt
—- das war alles.
Und doch — doch ——— vielleicht, das;
sie adlehnt! -—- Gewißheit, nur Ge
wißheitt
Langsam geht er nach ihrer Woh
nung.
Die Zofe, die ihn erstaunt ansieht,
meidet ihn. Wunderbar! Sonst ließ
ihn das niedliche Kammermiidchen
immer unangemeldet ins Allerheiligste
Ein leiser Schimmer von Hofs
nung. —- Sollte? Ach, das wäre ja
gar nicht auszudeuten!
»Der Herr Baron sind willkom
men!«
An der Zose vorbei, deren frische
Wangen und tirschrothe Lippen er
heute so ganz und gar nicht beachtet,
geht er dem Baudoir zu.
Freundlich --—s— wohlwollend em
pfängt ihn Heila. v«
Er entschuldigt sein Fernbleiben.
Aufstellung der Maschinen, Bewirth
schaftung des Gutes -
Er lii t selten, darum stottert er
auch wo l etwas-. ,
Milde hört Hella ihn an.
Das Gespräch tommt ins Stocken.
Es liegt etwas Fremdes zwischen ih
nen. Er sühlt sich schuldbewuszt, und
sie mertt ihm das wohl an.
Sie unterhalten sich von den Auss
sliigen, die Hella während seiner Ab
wesenheit gemacht. Sie hat sich vor
trefflich amiisirt. Namentlich hat sie
da einen charmanten Kavalier tennen
aelernt.
»Entsinnen Sie sich nicht des Ritt
meisters von Landen, von den Garbe
Draaonern, lieber Baront -—— Nein?
—- Dem müssen Sie sich unbedingt
anfteundem Ein reizender Mensch!
Kavalier from top to toe. Blond, im
pertinent biond fast, aber interessant
—- iehr interessant! Von dem könnten
Sie noch lernen.«
Seit-is horchte auf. —- Sollte? Ei,
das wäre ja feudalt Feudat weiss —
Aber hilft nichts s—-— nun muß ek doch
wohl davon anfangen. ,
Er steht auf. «
«Gniidige Frau! Als ich mich von
Ihnen verabschiedete behielten Sie
sich vor, mir Jhre Antwort auf meine
Werbunsg
Ueberrascht springt sie auf. Dabei
totnrnt sie mit dem rechten Arm der
schweren, kostbaren Plüschdecke des
kleinen, runden Ziertifches zu nahe.
l.-—«-F—I
Die feine dünne Goldkette des Me
daillonö streift die Decke, verwickelt
sich in den dichten Fransen und reißt.
Jn weitem Bogen fliegt das Medail
lon iiber den Teppich hinweg auf den
steinharten Parlettboden.
Hastig bückt sie sich nach dem Me
daillon, aber galant kommt er ihr zu
vor.
Die Kapsel des Medaillons ist bei
dem Anprall ausgesprungen. Eine
Locke liegt d’rin. —— Aha — seine
Locke. ——— So liebt sie ihn doch, die
treue Seele.
Er ist gerührt; die Gewissensqualen
überlommen ihn aufs neue.
Er hebt das Medaillon aus.
A——a——h! Was ist dar-? Sein
Had ist braun —- kastanienbraun; er
fist immer stolz daraus gewesen. Und
das da? — Jst er farbenblind gewor
den? ——— Er sieht unwillkürlich in den
Spiegel. — Nein, noch lann er unter
scheiden. Sein Haar ist braun, und
die Locke im Medaillon —- die ist
blond hochblond imperti
- nent blond! Das ist rittmeisterliches
Blond! —- — Also so geht die Sache!
. . . Das — das ist zum Trudelnl
Magda, sreu’ dich, du belommst ’n sa
mosen Mann! ———- —- —
Er athmete aus«
Sie ist sehr bleich geworden.
Er geht aus sie zu, über-reicht ihr
das Medaillon und lüßt ihr ritterlich,
dankbar die Hand.
Sie ist zuerst erschreckt ein wenig
zurückgewichen, faßt sich aber schnell,
da sie sieht, daß cr ihr keine Szene
macht. —
Nun lächelt sie gezwungen.
Er verbeugt sich vor ihr.
»Viel Glück, gnädige Frau!!« —- —
Unten auf der Straße jauchzt er
laut auf, daß die Leute verwundert
stehen bleiben. —
Zwei Stunden später sitzt er im
Eisenbahncoupr. Ungeduldig sehnt er
das Ziel seiner Reise herbei, denn der
Zug führte ihn nach seiner Heimath
zu feinem jungen Lieb.
AhA »—
Ja der Klein-ne
Humoresle von Adolf Thiele.
»Wie kommen Sie denn einmal
hierher?« so fragte der Kaufmann
Dreher seinen Bekannten, den Far
benfabrilanten Binnebiise, der bei ihm
am Tisch des RestaurantsPlatz nahm.
»Das hat seine Gründe,« erwiderte
der Angeredete.
»Sagen Sie einmal, das Zimmer
dort, wv das Billard steht, hat doch,
so viel ich weiß, keinen anderen Aus
gang?«
»Ganz richtig!,, erwiderte Dreher.
»Aber warum?«
»Nun ich kann es Jshnen sagen. Als
ich eben vorbeiging, bemerkte ich, daß
der Litograph Daus —— Sie kennen
ihn wohl? — dort drinnen Billard
spielt.«
»Natürlich, kenne ich,« schmunzelte
Dreher. »Und da wollen Sie ihn ein
mal fassen?«
»Ganz recht! Er hängt bei mir, aber
der Kerl ist nie zu kriegen. Gehe ich
zu ihm, so ist er nicht zu Hause —- wie
er es fertig bringt, immer zu ver
schwinden, ist mir ein Räthsel, und
wenn man ihn einmal aus der Straße
trifft, da ist der Windhund ver
schwunden, man weiß nicht wohin.«
»Ja der Daus, der ist bekannt!«
lachte Dreher. »Neulich war ich im
»Griinen Hech« beim Stiftungs-fest
desBereins »Sangesbriider«, und das
mußte Daus natürlich mitmachen.
Ebenso natürlich litt er wieder an
chronischem Geldschwund und —- was
denken Sie — er versetzte den Sonn
tagsanzug seines Lehrlings, und der
arme Lehrling mußte den ganzen
Sonntag zu Hause hocken!« 1
»Ein Filou!«'
»Na und nachts da packen sie denn
die vier letzten Sangesbriider, natür
lish meinen Daus dabei, in eine
Droschke und fahren sie heim· Als der
Wagen bei Dausens Wohnung an
tomm, schafft der Kutscher mit Hilfe
eines Vorübergehenden einen von den
Vieren die drei Treppen hoch, und wie
sie oben ankommen, schreit die Dau
sen: »Das ist doch gar nicht mein
Mann!« Der Kutscher antwortet
nun: »Ja, liebe Fran, da kommen
Sie nur mit hinunter und suchen Sie
den Nichtigen aus; Sie können doch
nicht verlangen, daß ich Jhnen einen
nach dem anderen zur Auswahl her
aufschleppe!«
«Das sieht Dausen ähnlich!« sagte
Binnebösr.
Jn diesem Augenblicke erschien der
so liebenswiirdig Beuriheilie zufällig
in der Thür des Billardiiinmerg nnd
sah das Queue in der Hand, neugie:
rig ins Gastzimmer herein.
Als sein Blick sich mit dein Binne
böse’s begegnete, konnte es dieser sich
nicht nehmen, ihin einen höhnisch
sreundlichen Gruß zuzunicken.
Daus war zunächst erschrocken, da
er« sich seinem grimmigen Gläubiger
endlich einmal gegenüber sah, dann
aber saßte er sich, erwiderte den Gruß
freundlich und zog sich nun wieder
zum Billard zurück.
»Na, endlich habe ich ihn einmali«
sagte Binnebiise.
»Ossen gestanden,« meinte der-kauf
mann, »es war nichi diplomatisch von
Ihnen, ihm Jhre Absicht durch Jhr
Lächeln so Iundzugebenz nun ist er
gewarnt.«
,,Einerlei, diesmal entgeht mir der
sx
Fuchs nicht. Wie er es aber treibt, mn l
Gläubigern zu entgehen,' davon nur
ein Stückchen! Eines Tages komme
ich zu ihm, um ihn zu mahnen. Sein
Angestellter sagt mir, als ich in sein
Arbeitgzimmer trete, Dans sei nicht
zn Hause. Nun steht da eine große
Kiste, und ich bin zwar ganz arglos,
aber es fällt mir auf, daß ein wenig
Rauch aus den Ritzen hervorbringt:
Die Kiste raucht ja, sage ich. Da
schweseln wir Glacepapier, erwidert
der Angestellte. Kann ich das nicht
einmal sehen? frage ich ganz harm
los. Leider nicht, sagt jener, sonst
würde die Flamme zu start. Ich ging
nun meiner Wege. Erst später hab’
ich’-H erfahren: ist der Dau5, als er
mich kommen hörte, in die Kiste ge
sprungen und hat seine brennende
Pfeife mitgenommen, und die hat ge
qnalmti Na, was sagen Sie dazn?«
»Alle Achtung!« lachte Drehen
»Und wie gesagt, zu Hause trifft
man ihn nie; er muß mit seiner
Frau, die einen immer an der Kot-ri
dorthiir empfängt, eine Art drahtlose
Telegraphie eingerichtet haben.«
»Das Drabtslose liegt bei ihm
nahe!« spottete Drehen
Nach weiterer· Unterhandlung trat
plötzlich Daus, mit Hut und Stock in
der Hand, aus dem Biillardzimmer
und ging frei und ohne Zögern aus
seinen Gläubiger zu, der ob dieses
unerwarteten Selbstbewußtseins ganz
perplex war.
»Freut mich sehr, Sie einmal zu
treffen, Herr Binnebärse!« sagte Daus
mit gewinnender Freundlichkeit
»Bitte, behalten Sie Platz! Meinen
eingeschriebenen Brief haben Sie doch
wohl bereits erhalten?«
Während der zuhörende Kaufmann
iiber diese anscheinende Ausrede die
Achseln zuckte, wurde Binnebäse är
eertich Er sprang in die Höhe und
steltte sich drohend vor Daus.
,,.Herr!" rief er. »Lassen Sie mich
mit solchen faulen Ausreden in Ruhe!«
»Ausreden?« erwiderte Daus ge
tränkt. »Aber, Herr Binnebäsei Doch,
Spaß beiseite, hier ist der Beweis!«
Zum Staunen seines Gläubi« ers
entnahm nun Daus der etwas zer eß
ten Tasche seines etwas fadenscheinigen
Rockes erne etwas schäbige Brieftasche,
suchte einen Augenblick und wies dann
den Postschein über den eingeschriebe
nen Brief vom heutigen Tage vor.
Dies entwafsnete Binnebäse natür
lich; er sagte in entschuldigendem
Tone: »Richtig! Na, bitte um Ent
fchlpildigungi Vielleicht Zigarre gefäl
tgzsc
Mit liebenswürdiger Miene nahm
sTcårus die Zigarre an und entfernte
i .
Binneböse nahm auch glteich darauf
von Dreher Abschied mit den Worten:
»Na also, hat er doch noch einmal ge
zahlt!«
Dreher aber, als Steptiier, mur
melte hinter ihm her: »Wer weiß, was
der Dans wieder im Schilde führt?«
Binnebiise wunderte sich, zu Hause
den Brief noch nicht vorzufinden. Erst
nach einigen Stunden tam dieser an.
Der Fabrikant öffnete ihn und las:
’ »Seht geehrter Herr Binneböse!
,,Verze«ihen Sie, daß ich Jhr Gut
haben heute noch nicht begleiche,
leider bin ich aber momentan nicht
in der Lage. «
Hochachtungsvoll «R. Daus.«
Das war der Inhalt des Briefes»
den Daus —dies konnte sich Binne
bäse nun zusammenreimen —im« Bil
lirdzimmer abgefaßt und durch den
Piccolo auf die Post gesandt hatte.
Mit dem Schein, den ihm dieser ge
bracht, war er dann seinem Gläubiger
entgegengetreten
»Wieder einmal durch die Lappen!«
murmelte Binnebäse, indem er mit
wiithenderGeberde den Brief in Stücke
riß.
Das Ende eines Clowns.
Der vor einig-en Jahren in einem
BerlinerZirtus verunglückte berühmte
Clown Thomas lechansth ist dieser
Tage in Kopenhagen gestorben. Er
war von dänischer Heriunft und hieß
eigentlich Olsen. Als ,,Dsummer Au
gust« und sonst als iiichtiger Artist
angesehen. bezog er in der mit Misset
dorf für die Hauptstadt des europäi
schen Artiftenthums geltenden däni
schen Residenz hohe Einnahmen und
arbeitete auch außerhalb Kopenhagens
für beträchtliche Gagen an Berlin
that er eines Abends einen versehlien
Sprung nnd stiirzte auf den Kopf, so
daß er als todt fortgetragen wurde.
vak »das-ital ers-Its er sich langscn!,
aber sein Verstand hatte gelitten und
Von derWiederaufnalnne seiner frühe
ren Thätiateit war siir ihn nicht die
Rede. Er kehrte nach Kopenhagen zu
riiit u. lebte von seinen Ersparnissen.
Als diese verzehrt waren, stellte er
ans einer Zigarrentiste eine Art von
Violine her, bezog sie mit dünnem
Garn und strich mit dem Spazierstocl
darüber: die drdurch hervorgebrach
’ten Töne hatten etwas musikalisches u.
mit der »Geige« unter dem Arm zog«
er in den Kopenhagener Schenken um
her, loo man immer etwas Kupfer
münze fiir ihn übrig hatte. Bei dem
Empfang der Gaben dankte er stets
mit Kraßfuß und Grimasse, genau in
dem überlieferten Stil des ,,Dummen
August«. Diese Fähigkeit war ihm
aus der Zeit seines Ruhmes einzig
noch geblieben. Jetzt ist er verhältniß
mäßig jung gestorben·
Ein liebevolles- Vom-.
Richter: »Aber wie konnten Sie Jhr
Kind am Kopfe so blutig schtsagenW
Vater: ,,«" ch wollt’ mein’ Sohn gern
studiten la en, und da solli’ er einer
.offenen Kopf kriegen.«
Der gelbe Domino.
Eine Erzählung ans alter Zeit von
Franz Vanfelow.
Die hohen Säle und großen Gase
rien des Königsschlosses zu Versailles
waren überfällt von einer zahlreichen,
prächtig geschmiickten und in die
Trachten aller Völker und Zeitalter
gekleideten Gesellschaft, denn Ludwig
der Fiinfzehnte oder eigentlich die
Marquise von Pompadour gab einen
Maskenball Man begrüßte, foppte
und neckte sich, trieb die verschieden
artigsten geistreichen Spielereien,
welche solchen Festen die eigentliche
Würze verleihen; in allen Gruppen er
tönte heiteres Lachen, und der nicht
zum wenigsten Besrgniigte war der
König selbst. Er hatte die höchst ori
ginelleMaske eines Taxusbaumes ge
wäh!-t, die ihn vollständi unkenntlich
machte, und unter deren Schutz es ihm
möglich war, mit Sscherzworten um
sich zu werfen und Antworten zu er
halten, die nicht dem Könige, sondern
dem unbekannten Angreifer ertheilt
wurden. Jn, die allgemeine Heiterkeit
feel plötzlich storend die Nachricht von
einem seltsamen Ereigniß. Obgteich
man in jener Zeit gut und viel zu
essen pflegte, atten die Geist-e des
Königs doch noch nie einen solschen
Appetit an den Tag gelegt, wie bei
diesem Feste Das mit den seltensten
Leckerbi en reich besetzte Bufset leerte
sich mit ein-er beispiellosen Schnellig
keit, der Haushosmeister und die Die
nerschast gaben sich die größte Mühe,
die entstehenden Lücken sofort wieder
auszufüllen, dennoch erschien es bei
ru·r";-.s unmö lich, die Speisen und Ge
tränke so chell wieder herbeizuschaf
fen, wie sie verschwanden Und dabei
bemerkte man kein aussälliges Drän
gen um das B-usfet, und die Mehrzahl
der Eingeladenen gestand sich und an
deren, daxzs sie noch wenig oder gar
nichts gege en hatten.
Das Bufset ward nunmehr der
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und
bald siek eine in einen weiten gelben
Domino gehüllte Gestalt aus, die un
asegeure Speisevorrätbe zu sich nahm,
I aus. etwa fünsMinuten entfernte
und dann wieder karn, um mit unge
schwächtem Appetit neue Verwüstun
gen unter den Lebensmitteln einzurich
ten. Fleischspeisetu Backwert, Gelees,
Eis, Wein und Liqueur, was nur an
Eßwaaren vorhanden war, verschwand
in einer so überraschenden Weise, daß
die Zuschauer ein Grauen anwandelte.
Das ging über den Mastenfcherz:
Hatte man es hier etwa mit einem
Werwolf zu thun?
Die wunderbare Miihr drang auch
M den Ohren des Königs nnd- der
arguise von Pxompadour, und sie
kamen ebenfalls nach dem SpeisefaaL
um den unheimlichen Vorgang mit
eigenen Augen zu sehen. Auch sie wur- !
den von Bestürzung erfaßt und wuß- H
ten sich die Erscheinung nicht zu deu- s
ten. Anfänglich war der König ge:’
neigt zu Dauben, der Marschall von
Sachsen teete in dem gelben Doininox
nachdem er aber gesehen, wie der-«
selbe nach Verlauf von fünf Minuten
immer wiedertehrte und mit unge
schwächter Eßlust neue Portiouen vers
tilgte, gab er die Veriuuthung auf.
Moritz von Sachsen galt zwar für
ebenso unüberwindlich an der Tafel
wie auf dem Schlachtfelde, diese Lei
einem gewöhnlich organisirten mensch
lichen Wesen überhaupt zuzutrauen.
Jmmer stärker ward das Gefühl aber
gliiubischer Furcht, das sich der Ver
sammlung bemächtigte; das konnte
kein Mensch sein, sondern ein unheim
licher Spuk.
Der König fragte die ihn umgeben
den Herren, ob einer von ihnen sich ge
traue, dem Gespenst zu folgen und
ausfindig zu machen, in welchem un
terirdischen Gewölbe oder in welchem
Grabe es zwischen den Mahlzeiten
Athem schöpfe. Ein Ofsizier der
Garde erklärte sich bereit, das Wage
stück zu unternehmen. Er heftete sich
an die Sohlen des gelben Dominos,
folgte ihm durch lau-ge, sinstere Kont
dore, über Höfe und Treppen nnd ge
langte endlich zu einer Thür, durch
welche beim Oeffnen sich ein so dichter,
erstickender Dampf ins Freie wälzte,
daß man sich in der That am Ein
gange der Hölle glauben konnte. Er
befand sich indeß nur vor dem Macht
lokale der Schloßwache, und der Rauch
entquoll den geschwärzten Thoupsei:
sen, aus denen Mann für Mann mit
aller Kraft der Lungen passie.
Das Geheinmifz hatte damit
sehr natürliche Aufklärung gesundem
Der gelbe Domino war das Gemein
gut fämmtlicher hundert Schloßgar
disten, und unter seinem Schutz hatten
sie der Reihe nach die Festsäle betreten
und sich am Busfet des Königs giillicb
gthan.
Der König war erst aufgebracht,
dann aber lachte er nnd befahl fiir
die Zukunft eine strengere Warnpr
krit.
- h-,
!
s
i
stung war aber doch weder ihm ich
l
eine E
Iamilicnscst.
»Warisk« seid Jhr so veraniigt, Lin
der, wo noch Euer Vater soeben ins
Gefängniß gebracht wurde?
»Wir freuen uns daraus, wenn er
wieder herauskommt, da barst die
Mutter immer Kuch-en!«
Usiaiwblciblich.
Mann (der einen Brief von seiner
Frau erhalten hat): «Diesmal hat sie
kein Postskripium gemacht . da
kommt wahrscheinlich mit der nächsten
Posti« -
o Moderan Verhältniii.
Jnnger Mann: »Mit-it Du mich
auch nicht sitzen lassen, liebe Etna
wenn Du. das Doktorat gemacht hastfz
Folgerung.
Junger Ehcmanm »Seit ich verhei
rathet bin, hat meinLeben erst Werth«
Bekannten »So, Du hast Dich ge
wiß versichern lassen«3«
Verlsckcnvcs Tliiikichild.
Dr. med. Schlunde-kl, Spezialist
für Magenleiden. Sprechsiusnde von
8—-—11 Uhr. Bierttinken wird nicht
Verboim
»Geld kann ich meiner Tochter vor
derkyand nicht mitgeben!«
»O, das macht nichts, da heirath
ich sie hat-i einstweiken ans Liebe!«
Schwm —
Oberkellner: »Der Ungar auf Num
mer fünfzehn verlangt die Rechnung!«
Hotelier: »Dein tönnen Sie sie tüch
tig papriziren, der ist daran ge
wsöhnt!«
Anerkennung.
Studiosns der Medizin (das Geld
zählend, das ihm fein verstorbener
Onkel vermacht): »Es ist doch wirklich
etwas Schönes um diese Veeerbungs
theorie!«
Dame: »Ich kann mir gar nie-at
vorstellen, welcher Genuß das i ,
ohne Durst zu trinken.«
Herr-: »Der-selbe wie in den SpiegeI
zu schauen, ohne hübsch zu sein.«.
Weiter Blick.
Jung-e Frau lznm Gattoth der ihr
die Thränen von-"den«-Wangen tüssen
Ivill): »Nicht doch, Alfons, Thriinen
sind salzig, nnd dann hast Du nachher
wieder Durst nnd gehst in den Cwb.«
Jnstrultionsstnndr.
Zeraeant: ,,T:—«nnimberger, wenn
Sie vor einem Pulverschuppen Wache
stehen nnd der fliegt in die Luft, was
thun Sie da?«
Dmnmberger: »Ich fliege mitt«
Moder-ne Jugend.
Erster Tertianer: »Du, Dein Alter
ist doch eigentlich gar nicht gebildet.««
Zweiter Tertianer: »Ja, von wem
soll er denn das haben? Ich bin der
einzige gebildete Mensch im Hauer«
Die Krabbe.
Referendar ider Vormittags zehen
Uhr kommt, mn einen dringMchsen
Austrag auss«3urict)ten): »Kann ich
vielleicht schon mit Mama spre ni«
Lieschen ldie Augen nieder chla
gend): »Da warten Sie lieber, bis ich
noch etwas arößer bin!«
Kann schön werden.
Junger Ehemann lan dem Bahn
hof anlommend und seine Frau nebst
Schwiegermutter erblickend, leise):
,,H-atte ich Dir nicht telegraplyirt, da -
Du Manier nicht mitbringen solltest?
Junge Fran: «Dariiber will Mama
gerade mit Dir sprech-en. Sie hat die
Tepesche gelesen!«
Llcrztlicher Rath.
Badear,;t izn einem sich verabschie
denden Knrgast): »Sie haben also 15
Pfund biet abgenommen? Na, ’s ist
doch was-! Aber nun thqu Sie mit
auch den Gefallen und sakren Sie aus
der Riiareiie nicht im Opeisewagem
sonst haben Zie, bevor Sie zu Hause
anlangen, die 15 Pfund schon wieder
auf dem Leibe!«
Blick in die Zukunft.
Mart »Mama, wenn ich einmal
groß bin, dann heirathe ich ein sehr
reiches Liliädchen.« v
Mama: »Sprichi nicht so naseweis-.
Man lieirathet nicht nach Reichthum,
sondern man hieirathet Jemand,'den
man lieb bat!«
Max mach einigem Rachdenleim
»Mama, ich werde einmal ein se.,-k
reicheS TUiiidchen lieb haben.«
Beim Provinztlieatetz
Gast tzum Iliestanrateur eines Pro
vinztheatergj: »Der Akt muß doch
schon gleich wieder beginnen, da kann
ich die bestellten Wiirstel unmöglich
mehr essen!"
Siiestanratenr: »O, Sie haben noch
aanz ani Zeit... ich halfst dem Re
gisseur schon aeiaai, damit er nicht
eher anfanat!«
« Kaifccklmich.
Frau sZetretiiU »Der jüngsiverhei.s
ratbete Arzt in unserem Haufe hat,
wie ichs hörte, auch einen schweren
Staud. Seine Frau lvsill nämlich
nicht leiden, daß er junge Damen in
Behandlung nimnit!«
Frau streigtliierarzlr »Du lieber
Himmel, wir Doktor-stauen miissen es
uns elen alle aliaemalmem eifersüch
lia zu fein!«
Bescheid-nd
A.: »Das Problem des lenkbaren
Liiftsrliiffez soll noch immer nicht gie
löft sein-L-«
Bd lSonntaasreilet »Was brau
chen sich auch die Menechen damit ab
zuniiihen Jch lvcit schon mit einem
lenkbaren Pferd zufrieden!«
Auf Uns-regen
Frauz »Also Deinen Geschmack
habe ich getrofer mit der Kravaiie?«
Mann: »O ja!«
Frau: »Gott sei Dant. ich dachte
schon, die Farbe hätte Dir nicht zu
ae sagt; ich habe mir nämxich solch« ein
Klei machen lassen-«