Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 24, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Ver Knallessekt
Were-te von Teo v. Zorn.
»Den-i ich mir eine Frage erlauben,
Fräulein Luciei«
»Bedaure. ich bin nicht zu sprechen-«
»Nicht gut zu sprechen-aus mich.
Vers merkt ein Pferd. Aber trotzdem.
Eie find rnir Aufklärung schuldigÆ
»Ich bin niemandem etwas schul
dig. Am wenigsten Jshnen.«
»D, doch. Neben der allgemeinen
Achtung und Werkbichiitzung, die ich
Ils Königlich preußilcher Oberwei
-na-n-t zur See und liebenswürdiwer
Zeitaenosse beanspruchen kann, schul
denSie mir auch ———'«
»Herr Leutnnnt v. Decken, ich ver
biete Ihnen. mir zu folgen!«
»Tkmt mir leid. Ich mhorche nicht«
»Ich springe ins Wasser!"
»Ni- auch«
Lueie Gontard war bis in die Mitte
des weit in die See hinaus-gebotnen
Juki-erst schwanken Laufstegs gefliichtet
Weiter traute sie sich nicht. Und da ihr
der Riickweq durch den« aräßlikissen
Menschen verbaut war, so blieb nichts
til-Hm als sich in das Unabänderliche
zu sii—.1en..
»Was also wünschen Sie von
mir ——-«
...7iunächst habe iclernen die Mit
tkeiluna zu machen, daß morgen mein
Urlaub obliiuit.«
»Gliicklicbe Reite.«
»sich danke iehr.«
.Weiier haben Sie nichts auf dem
Her-terri«
»O doch. Heute iit bier der ossirielle
Sckluie der Badesaifon. Du dieser
Schluß sait mit meiner Abreifesztk
fammenfiillt und irb Werth darauf
lege. überall ein sriiblickes Andenken
Zu hinterlassen, so soll die Snison mit
einem »no«b nie daaetreienen« Kur-il
eifett abschließen. Ieis- babe iiir heute
Nachmittaa einen arosxen Phantasie
Korso vorbereitet«
»Das wissen schon die Flundern,'
stinkt Lueie Gontard über die Schulter
,in.
»So. Nun. dann kann ich ohne wei
teres die Fraae an Sie richten: Wes
talb haben Sie es abaelebnt. sich mit
nir an diesem storso zu betbeilis
aen —- ?'«
Das iunae Miidcken fuhr herum
»Wesbalb? Das sraaen Sie noch?
Weil ich es satt dabe, niicki von Ihnen
wie ein Bahn behandeln zu lassen!
Weil Jlire vntelbaften Bevormundun
aen inich tonidrimittiren! Weil Sie
ein unaiissteblicher Mensch sind und,
und ireil —— —-—«
Mit einein hellen Aufschrei brach iie
ab. Kurt von Decken hatte einen Luft
svruna aemacht und dadurch den Steg
in beftiaes Schwanken versetzt Angst
doll geduckt raffte sie ibre Röcke zu
samUmen und die in arauen Eber-teur
stieselchen steckenden Füße trivpelten
in bilslosem Entsetzen von einer auf
die andere der bochfchwinaenden Bab
en.
»Herr —.fserr Leutnant! llin Got
gen-willen! Was machen Sie! Sind»
ie ——- —
»Berliebt. Rettunaslos. Das wissen
Sie Fräulein Lucie, llndS Sie sehen ;
wie leichtiinnia es ist« einen Verliebten i
durch abfälliae Beinertiinaen zu trän
ken. Die Seele tvird in heftiaeSchtvin
aunaen versetzt —und iinwillliirlich
ivippt dann der ganze Mensch init — l
—- sebenS ie ——— so-— i
Wiederum ein Schrei. Noch angst- »
voller als der erste. Liicie Gontard
ließ die Röcke fahren und klammerte»
sich an den Arm ihres Beatriterg, der
ivie ein Seiltanzer unentwegt auf und
nieder bupste. Bei dieser Thatigteit
stieß er in kurzen Absätzen hervor: »
»Ich bin ein empfindlicher Mensch,
mitnen Sie wissen. —:Iterv’v’s bis in !
die Fußtvitiem —Hoppla! — Ganz
recht —wtien Sie sich nur fest. —
Varliiuiia tann ich mich noch nicht
bandiaem — Ich bin zu erregt. —
Hoppla! — Wenn Sie mich am Lande
ichteait behandeln, dann tann ich es
Ihnen niur nicht so zeigen, wie erregt
ich din. WDer festere Boden wider
stebt meiner Genititlisbeweauna —
Aber hier — —- bopplat ·— bier ist der
rechte Seisnisoarapb iiir das Zorn
beben meines Herzens. —Und irenn
Sie mein sturmbetveates Jnnere nicht
gleich durch ein gutes --——- aber auch
lehr nutes Wort berubinen —- dann
fallen wir beide in'e Wasser -——««
»Herr von Decken,« jammerte die
Kleine, »lieber Herr von Decken —
o Gott, o Gott —- ich tann nicht mebri
Ich bitte Sic, ich slebe Sie an— —«
Der wilde Tanz ließ ein wenig
nach.
«Lieber Herr von Decken —- das
tlinat schon non-i hübsch. — Das be
rubiat mich bedeutend. -— Aber es ist
noch nicht das Rechte. —- Machen wir’s
radiML Fräulein Lucie. —— Geben Sie
mir einen Kuß « dann ist meine
Seele rubia und jede Gefahr ——«
Ein dritter Schrei—und diesmal
In wirtlicker Todesangst Lucie Gou
takd hatte den dreisten Menschen von
sitt-. gestoßen —- in der Emvstunq wohl
etn as tm heftig nnd ohne Rücksicht
asgf den schwankenden drei Meter
tit-» dem Seesvieael aeleaenen Stand.
» Leutnnnt von Decken mark-te einen
Satz wie ein tu Tode getroffener Jn
dianer, iikekfchlna sich —tiir einen so
hist-lich Ver snatiinten allerdings auf
fallend knnftaerscckspt -—— und schoß in’s
HAVE-see Lenteres Tvrißte su dem ent
eteten Most-en anf. Rossi einmal
rmnvetten ein Voar lanc- Beine em
vor als nsnn sie zum Ausdruck aller
ttinitee Gemiitbstenseman nach einer
ins-enden thnte fu«-ten —-— dann
ngen die Wellen beeilt-er bin-»
Es »He-te kntt Mai Minssten H
r sit-e Hatmkonimandant a. D.
Gras-met Contard aus seinem ver
zweifelt schluchzenden Töchter n
herausbetonrmen hatte, worum es ich
eigentlich handelte. Als er es aber her
aus hatt-e, stieß er einen feiner vier
undzwanzigsilbigen Fluch-e hervor,
schob die Mühe in’s Genick und eilte,
so schnell ihn feine kurzen, krummen
Seel-eine tragen mochten, zu feinem
Freunde, dem Admiral z. D. von
Decken.
sDieser fafr mit feinem Diener und
Fatiotunt Tedie Muhl in dem weißen
Sande neben der Bootshütie und
flickte ein-einem Klüver, der bei der
letzten Senelvarthie in Lappen gegan
aeu war.
»Du, Admirali« brüllte der Hafen
tommandeur schon von Weitem über
den leeren Strand. »Dein Neffe is
hops in See und versoffen-t«
Die Hiobspoft machte nicht den ge
ringsten Eindruck. Auch als er dann
den alten Herrn bei der Schulter packte
und ihm die Nachricht in die Ohren
schrie, beschränkte sich dieser darauf,
den Nasentvärmer aus dem Munde zu
nehmen und aus dem linken Mund
wintel heraus kräftig auszuspuckein
Dann erst sprach er —— und zwar nicht
zu dem aufgereqten Dicken, sondern
zu dem ebenfalls in stoifcher Ruhe ver
harrenden Diener:
,,Tedje Mühl, iiafi gehört, was der
ollc Drönbartel da red’t — -?«
»Tjä, Herr Adm’ral —«
»Na was meinfi?«
»Ich mein —— dat is mit Verlaub ’n·
Tanz dummen Snacl,«
»Seht richtig. Nu geh man wieder
zu Haus, Gontard.«
»Aber Mensch-t« schnaufte der Kom
mandeur. »Die Sache bat ihre Rich
tigkeit! Meine Tochter ift beinetoesen!«
»Deine Tochter -—-hm. Denn weiß
ich all Bescheid, Gontard. Und wieso
soll er ersoffen sein?«
»Er wollt ihr auf dem Steig einen
Kuß geben und —«
»Na ja. Tedie Muhl hab ich nich
immer gesagt, daß das ’n verdeutoel
teS Krupvzeua ig, diese Weibsleute?
Und dann willsich Dir man sagen,
Gontard —Deine Tochter is aanz be
sonders ’n biischen was dicknäsig. IS
ihr schon recht, wenn der Bengel ihr
mal mit ’n Knallesfett einen Scha
bernack spielt.«
»Ich mein ja auch, Admiral, dasz
die Deern ihm den lumpigen Kuß
bött’ geben tönncnl« rief der Dicke.
»Aber damit is doch nu nichts gehol
fen! Willst nich mit riiusfaliren?'«
»Nee. Geb man ruhig iu Haus-,
Gontard. Eber ersausst Du in Dei
nem bolsteiniscken Federl-ett, als der
Jung im Wasser-. Das ist ’ne Amphi
bie. Weißt, was ’ne Amdhibie ist«
Gontard?«
Diese eherne Zuversicht versehlte
ihre Wirkung nicht. Knurrend und
brummend wandte sich der Hasentom
maudant ab. Er mußte sich selbst
sagen, daß ein Schwimmer wie Kurt
Decken hundert Meter vom Lande und
in areisbarer Nähe des Laufstegs nicht
ertrintt. Außerdem hatte KurtDecten
schon Wassertunststiickctken gemacht, die
selbst einem seebesahrenen Menschen
die Haare zu Berge sträubten. Die
Geschichte konnte, richtiq überlegt,
wirklich nur aus irgend ein Allotria
hinauslaufen
Also gesestiat, schwenkte er ab, um
sein Töchterchen zu beruhiaem
Inzwischen arbeiteten der Admiral
und Tedie schweigend weiter. Es
mochte etwa eine Viertelstunde vergan
gen sein, als der Admiral langsam
den Pseisenstummel aus dem Munde
nahm, ausspie und fragte:
«Tedje Muhl, meinst, daß er ersos
sen ist?«
»Ich mein nich, Herr Adm’ral.«
As techt.«
Länaere Pause. Dann —:
,,Tedje Muhl, weißt, Du kannst doch
mal nachsehen. Ich dent eben dran —
der Bengel ist ja verliebt ——— und
das is immer der Anfang von allem
Ungliick. Da hilft auch alles Schwim
men nichts, wenn man verliebt is,
Tedje MubL Nimm mal die grüne
Jolle und schau Dich um.«,
Als Tedie nach zwei Stunden mit
einem Banditenschmunzeln aus dem
verwitterten Seemannsgesicht bei sei-—
nem Herrn sich einsand und diesem
wie auch dem Hasentommandeur seine
Erlebnisse zuflüsterte, sollte gerade der
Knallefsett der Saison, der Korso,
losgebem
Dieser war als eine yumoruuscye
Versinnbitdlichuna des Badelebeng ac
dacht.
»Also unter dem Lausstea hat er ge
Wir-«
»Tiä, Heer Admr’al. Erst hat er
aeschumpsen, daß ich nich schon sriiher
zukommen bin. Dann mußte ich fix
ne Badetarr in See bringen, und da
is er unter Wasser reinaeichwommew
An Land is er nach Hause aeschlicksen
nnd da hab ich ihm geholfen, seinen
Waaen zurecht machen. Und —---—
hol mich dieser oder jener, Herr Adi«
m’ral Mda kommt er schont«
Richtig. Der Waaenzna nahte· Vo
ran ein großer Kahn voller Musikan
ten ---als Meeraöttet gekleidet und
mit Schilskriinzen aus dein Kopf.
Dann ein hübsch deivrirtes Seaelboot,
in weicksem einentlich auch Linie Gan
tard hätte sitzen müssen. Diese war
aber verhindert, da sie alüetselia am
Halse ihres Vaters bina und ietzt erst
dem Zuge entaeiaeneiite —---— —- » denn
e nasbte der dritte Wagen.
Rspei mit Seearas und sriscksen
Wasser-tosen aeschmsiiette Waaenbiicke,
wie sie zum Transvort von Lannholz
benutzt werden. waren weit auseinan
demewaen nnd mit zwei lanaen
scksrislnienden Los-sen Meat —-— als
.-. n ».«-e,,i:.e.« m««.s.-.;sk»»
des Lausiteas allgemein mit Jubel be
»in-e und ein vm Bot-tm wim
Kurt Decken einen von lehhofter Ge
müthshewegung zeugenden wilden
nz.
Als er Lueie Gontard erblickte,
streckte er ihr lachend beide Hände ent
gegen—und sienahm ans Mit einem
Schwunge war sie oben. Natürlich
mußte er sue halten, damit sie nicht
falle —— sehr fest sogar mußte er sie
halten« Und das mag wohl auch der
Grund sein, daß eine ganze Anzahl
Zuschauer den Eindruck hatte, Lucie
Gontard habe sich vor aller Augen
liissen lassen. Einige behaupteten so
gar, es hätte ordentlich getnallt . ..
Aber schliesslich -—’—tr«as war dabei?
Daß die beiden mächtigen Menschen,
trotz ihres scheinbaren Kriegszustan
des, zusammen-gehörten das wußte
längst die ganze Gesellschaft Viel
fruher, als die beiden selbst.
Die cffene Thür.
lAuS hinterlassenen Papieren eines
GeneralsJ
»Es giebt Dinge zwischen Himmel
und Erde —-—« wie oft hat der artne
Shakespeare schon herlatsen müssen,
um Lächerlichleiten zu demänteln und
zu entschuldiaent
Aber trotz alledem: es giebt Dinge
Zwischen Himmel und Erde! Und Ihr
jungen Leute, die Ishr heutzutage neue
Gebiete der Natursorichungen erschlos
sen habt, die Jlir mit unsichtbaren
Strahlen arbeitet, von keines Men
schen Auge erschaute Sterne auf die
photographische Platte bannt, die
vanose und Suggestion kennt —
Jhr, diintt mich, solltet am wenigsten
lachen, wenn ein alter Mann, wie ich,
den großen Briten citirt: Es giebt
Dinge zwischen Himmel und Erdet
Hört zu: Selbsterlehtes, lein Mär
chen, will ich Euch erzählen.
Dort oben, wo nach der Ansicht ehr
licher Leute sich Wölfe und Füchse gute
Nach-i sagen und wo doch die herrlich
sten Wälder ihre Kronen in klaren
Seen spiegeln, wo der Eichforst von
Romove zur Bernsteintüste Und zu den
Sluadiinen hinüberariißt, in der Hei
math des Perrunos, Pitullos und Po
tritnvos stand meine Wiege. Von Kind
aus bin ich in Wald und Feld umher
aelausen und als Vieriähriaer
schwamm ich schon wie ein Aal in der
Ostsee. Mein Vater war ein nüchter
ner Mann, der gern erzählte wie er.
Anno 1815 auf einem Schloß in der -
Champaane die Hauzaespenster mit
seinen Reiterpistolen zum Teufel ere
iaat habe und der meine Amme fürch
terlich prügelte weit sie sich einfallen
ließ, mir vom »schwarzen Mann« zu
erzählen. Meine Mutter war eine
schösnaeistige Dame, die iriit den Brü
dern Schlegel torresdondirte und höchst
aufgeklärt machte. Ihr setiet Werb
lich bin ich nicht belastet. Auch meine
Erziehung war in keiner Weise ange
than, uin mich an Geister. Ahnunaen,
Vorzeichen und ähnliche Dinge glau
ben zu machen· Der Vater schickte
niich oft svöt in der Nacht in den
zielte-r, um ihm eine Flasche seines ac
liebten Musiat Luuel heraufzuholem
und ich nahm nicht einmal eine Kerze
mit, obwohl der Wea lang, vielfach
verschlunaen und stocksinster war.
»Wenn Du etwas Aufzeiaewölinli
ckes hörst nnd siehst, mein Kind,«
vileate der alteHerr zu sagen, »dann
bleibst Du stehen und itberlegsL was
es sein kann. Rumeist stammen Ge
räusche von Kayen oder abvlatzendem
Kalk. Glaubst Du aber. es sei ein
Mensch, dann ach-e ans ihn los: Paß
ans: Er wird ausreisiem wie Schafs
leder!«
Mit elf Jahren tam ich in’s Kadet
tentorps: da war natürlich auch teine
Stätte für Ammenmiirchem und wir
Jungens mchten uns oft den Spai;,
zur Nacht-fett aus den naheaelegenen
Kirchhof zu aehen. Furcht hatten wir
wohl, aber nicht vor Gespenstern, fon
dern vor dem Studenälteften, der un
sereMondscheitthlussiiiae dem Haupt
mann melden konnte. -
Aus dein Korps trat ich in daz
ztoeite Garde-Kiirassser-Reaiment iu.
Berlin, wo meine Eltern Winter über
ihren Wohnsitz zu haben pflegten und
wo mir auch die Ehre zu Theil wurde,
dem geistvollen König not-gestellt zu
werden: das war Anfang der Vierzis
ger Jahre.
Jch war etwa vier oder funfzraure
Ofsizien da besuchte ich in einem
Frühjahr meine oftpreufiischen Ver
wandten und Bekannten. Ein halbe-J
Dutzend Güter hatte ich schon abge
arast. da mach-te ich inich nach Rom
bischlen auf, einem wundervollen Be
sitz der gräflichen Fan ie v. A .....
auf dem damals Grau Geora A»
Maior a. D. und Krieaslamerad mei
nes Vaters wohnte. Der Graf hatte
eine Tochter aus erster Ehe, die lieb
liche Ellen, ein reizendes blondes Mild
chen von 18oderl9 Jahren, die mit
dem Rittmeifter Baron V . .. der Pes
tersburaer Gardetavallerie, einem
Kurländer. verlobt war: in jenen Ta
aen sollte die Hochzeit stattfinden
Graf A. selbst war zum zweitenmal
verheiratket mit einer Freiin C...,
einer Frau von medhiftovlyelifcker
Schönheit Hatte Ellen blondes Haar,
blaue Auaeu und die reaelmäßiaen
Altar« so war die iunae Frau — die
biirstens drei lstakyre älter war. als
ibre Stieftochter —- braun an Augen«
wie Haar, und ihr Gesisiit enstbelnte
iealicker Snnsmetrin irr-Indem zoa sie
sofort alle-r Blicke auf sich durch die
wilde Graiie ihres Wesens.
Graf A. und Herin, seine Gattin,
lebten in der aliicklichsten Ehe, und
derselbe freundliche Stern sollte auch
allem Anscksr in n-«b über dem jnnaen
Paar leuchten Baron B. überhäuste
feine Braut mit Beweisen der Zärt
litt-leih und Ellen betete den schönen
Mann an, der einen Kon grö wie
sie war und von dem die är er
zählte, er habe einst ein wildes Pferd
mit einem Faustschlags zu Boden- ge
worfen. Natürlich nur Märchen —
aber charakteristisch
Schloß Rombischlen liegt herrlich
auf einer Anhijhz die sich steil aus der
Memel erhebt. Ein Flügel ist aus
Granitfundament bis an den Strand
l)-eranaefül7rt, so daß man, wie in
einem oenezianischen Palast, aus den
Fenstern in das Wasser h-ineinspringen
könnte. Ein prachtvoller Parl im eng
lischen Geschmack, unigiebt den Her
rensiiz und drüben, jenseits der stolzen
MeineL öffnet sich ein lieblicher Blick
in die weite Niederuna und auf die
Riombifchter Waldungen.
Wir -—— etwa zwanzig bis dreißig
Hochneitsgästr. zumeist ostpreußifche
Landaristokratie, und einige Freunde
des Bräutigams, verlebten entzückende
Tage in dieser anmuthigen Gegend.
Wasser- und Wagenpartien wechselten
mit ein-ander ab und am Vorabend der
Hoclszeit führte uns ein Spazierritt
weithin iiber die Besitzungen des Gra
fen. Ich sehe sie noch- alle; den alten
Herrn auf seinem bewährten Rappen,
Ell-en aus ihrem Falbein die Gsräfin
auf einein unbändian Scheel, Baron
B. aus herrlichem (ttoldfuchs, dem Ge
schenk eines Großfürst-e:i.
Als wir vom Acker, über den eine
slotte Steeplechase geritten worden
war, in den Wald einritten, sagte einer
der Herren lacksend:
»Und in Pofeidons Fichtenhain—
tritt er mit frommem Schauder eins
An diese Bemerkung knüpfte sich ein
Gespräch über Ahnunan und Anzei
chen, und bald aab ein jeder seine
Hausfuae zum besten. Der eine erzählte
von Wichtelmännchen, der andere von
einer weißen Frau, der dritte von
einem mysteriösen Trintpotal u.s. w
»Nun, GrafA., und was haben Sie
für ein artiaes Fainilienaeschichtchen?«
fraate endlich ein Gast den alten
Herrn, der still feines Weges dahin
ritt Und lächelnd zu allen Erzählun
aen den Kon schüttelte, ,.aeben Sie
uns, bitte, auch etwas zum besten.'«
Der Graf sah den Frager fast un
willia an:
»Ich alaube an diese Thorheiten
nicht!«
»Aber wir haben doch eine Fami
lienfaae,« fiel die Gräfin ein. »Und
wenn mir mein Herr und Gebieter auch
abwinlt —« ich will sie erzählen, wie sie
mir erzählt worden ist. Vor bund-er
ten von Jahren safien die Atmen mei
neg Mannes hier schon auf Rombisch
ken: sie waren tvSeiden, wie alle alten
Mreufien Endlich lief-, sich einer von
ihnen zum Christentbnni belehren. Er
baute die alte Fiirase imDorf mit der
(t-tral1tanelle und wurde dort als Erster
kestattet Als er anf dem Sterbebette
laa, erschienen iltm die Heidenaötter,
denen er abaesckmoren hatte. Sie
durften ihm nichts anhaben, denn der
lsbriftenvriester mit dem Kreuz stand
dabei: aber sie verflncksten den Unge
treuen in aräfilicken Tönen und spra
chen: »Du und Deine Nachkommen —
Ihr sollt den Tod fiirrfiten lernen! Je
desmaL Wenn einer stirbt, am Vor
abend seines Todes-, soll die Tbür der
Grablanelle offen lieben, ok- sie auch
verschlossen war. Wisse, das sind wir,
die alten Götter!« Und so aesebieht es
ietzt noch immer durch die Jahrhun
derte bis in unsere Taae hinein.«
Diese Ereiibluncr welche die Gräfin
in ihrer seltsam-en Art nnd Weise,
mitten im Forst mit Ausdruck vor
trun. fand allaemeinen Beifall nnd
Herr v· D» ein Verwandter des Ba
rons, machte den Vorschla.a, nach dem
Dorf biniiber zu reiten und die selt
same Pforte anmsehm Der alte
Gras hatte emiae lrmwanoe als aver
seine Gattin ——dic wie eine Walliire
zu Pferde saf-. ——- dem Scheck die
-Svoren aab nnd dabinsauste, solate
ihr die aanxe Kavallade und nach sehn
Minuten leielten wir vor der Kirche
und Grabkahellentbiin
Und die Jbiir stand offen!
Weit offen. so dast nsan in den
’6lana bineinsals und rechts und links
die bestaubten Same erkennen konnte.
,,11nsinn!« saate Baron V, »Wabr
scheinlich vom Wind aufaesvrnnaen!
»Aber die Bauerniunaen haben daran
»aesvielt’«
H Aber Niemand wollte an die Erklä
; runa glauben, und etwas aedriiclt und
Tstill kamen wir wieder im Schloß an.
jDoch bei junaen Leuten und zumal
solchen. die eine Hochzeit feiern woll
ten, halten trübe Stimmunan nicht
Latac vor; schon nach einer halben
Stunde scholl fröhliches Lachen und
Schergen durch die Zimmer und als
der große Fackel-jun der Dorsbewohner
vor der Rampe ausmsarschirte, da war
die echte Polterabendlaune da.
Ich hatte scharf dem Champagner
zuaesvrochen und aina um die zehnte
Stunde ein wenia in den Part, um
mich abzutüblenx der Mond war bei
nahe voll und zauberte seltsame
Schatten aus die Rasensliichen und
merkwürdiae Reslere aus die Sträu
cher und Baumarupnen Auf einer
versteckten Bank nahm ich Platz und
träumte für mich hin: wie still, wie
aebeimnißvoll still war es hier! Nichts
als das leise Plätschern des Stromes
in der Ferne!
Plötzlich hörte ich einen schlürfen
den· knirsrlienden Ton, als ob eine
Sohle sliichtia iiker den Sand h-inalei
let. Und nun löst sich drüben in der
Kastaniensaller. die im halbdunkelda
liaet. eine düstere Gestalt aus der Fin
sternifr und schwebt mit flieaendem
Schleier nach dem Sckslosi zu. Schon
will ich mich ersticken und ihr nacheilen,
da iciselt mein Anae eine weite Er
sckeinnna. Lanasam. aeisterl1-ast. wie
ein Schemen aleiiet eine weiße Gestalt
euer iiber den Rasen; die Hände hiini
am schlaff aus beiden Seiten herab,
der seon ist hintenübergefassem Die
Erscheinung tonnnt aus derselben
Richtung wie die dunkle Gestalt, nnd
such sie verschwindet gegen das Schloß
m.
Ich fasse an meinen Kopf; träume
ich? bin ich betrunken? Habe ich Hal
luzinationen?
Aber vielleicht erscheinen sie noch
einmal?! Jch warte fünf, zehn Mi
nuten —- endlich ein Tritt. Aber
nichts Geisterhaftes, fest und männ
lich! Sporen und das Glimmen einer
Zigarre. Jch sehe genau zu, der
Riitmeister Baron B» der gemächlich
des Weges daheriommi. Er sieht
mich nicht, geht auf zehn Schritte an
mir vorbei und summt ein Liedchen
vor sich hin, deutlich höre ich einige
Worte: Es ist ein altes Chanson und
der Schluß lautet: ,,Mais hors du
mariage ca fait toujors plaisir.«
Gut, er raucht seine Abendzigatre——
aber sein Lied mißfällt mir; wenn ich
einmal Bräutigam bin und am Vor
abend der Hochzeit in den Park gehe,
dann singe ich ein Danilied in meinem
Herzen, und auf meinen Lippen soll
nur der reine Name meiner Braut
schweben.
So gingen meine Gedanken damals-.
Bald darauf erhob ich mich und suchte
mein Zimmer auf, denn ich war müde
und sollte morgen als Vortänzer fun
giren: das ist ein anstrengendes Ehren
amt.
Am andern Morgen, ich stehe gerad
vor dem Toilettenspiegel, höre ich einen
Schrei, dann Lärmen und Laufen.
Draußen jagt ein berittener Bote nach
dem Dorf hinunter. Was ist geschehen?
Jch fahre schnell in den Kollek, nehme
die Mütze und will mein Zimmer ver-’
lassen, da tritt mir der alte Johann,
der mich bedient, entgegen, ein Bild
des Jammers: Thräneniiberströmt,
blaß wie der Kalt an der Wand, schlot
ternd an allen Gliedern.
,,Mann —- Mann, was ist denn ge
schehen?«
»Die Komtefs’ —- ist —- todt.«
Und so war es wirklich. Als Ellen
am Morgen auf das Klopfen ihrer
Jungfer nicht öffnete und die Thiir er
brochen worden war, fand man sie am
offenen Fenster leblos: die Arme nie
derhängend, der Kopf hinteniiberge
beugt, in schneesriszem Gewande.
Unter dem Fenster rauschte der
Strom.
Der Arzt, ker bald zur Stelle war,
glaubte Herzschlag annehmen zu dür
fen; jedenfalls war der Tod schon ge
stern Abend eingetreten, spätestens ge
gen 11 Uhr.
Der alte Graf war untröstlich, in
einer Nacht wurde er grau. Die Stief
mutter-Jud der Bräutigam zeigten gute
Haltung und waren gefaßt.
Jn der alten Kapelle wurde sie ge
bettet, in einem weißen Sarg unter
Myrthen. Jn aller Augen schimmer
ten Thränen, als sie die Braut hinein
trugen.
Und die Leute vom Dorf flüstertem
»Die Thiir war offen!«
Die Zukunft ver JudianetX
Ueber die Zukunft der rnittelame:i
tanischen Jndianerstämme äußert sich
Karl Sapper im Archiv für Rassen
und Gesellschafts-Biologie Jahrgang
1905. Der Globus berichtet dariibert
Die kleinen Urwaldstämme gehen trotz
eines verhältnismäßig großen Maßes
politischer, zum Theil auch noch kultu
reller Unabhänaiakeit weaen der un
günstigen Gesundheits- und Erwerbs- "
verhältnisse ihres Wohnortes ihrem
Untergange entgegen und sind theil
weise bereits im Aussterben begriffen.
Jhre entlegenen Wohnorte schützen sie
zwar einigermaßen vor rascher-Ver
mischung mit Weißen und Mestizen,
aber schließlich wird durch den immer
stärker werdenden Verkehr und die
wirthschaftliche Abhängigkeit das End
ziel der noch lebensfähigen, wenig
volkreichen Urwaldstämme, das Aus
gehen in der umgebenden Mischlings
beoölierung, erreicht werden. Rasch
wird dieses Aufgehen in der Mestizen
umgebung eintreten bei den wenig
volkreichen Jndianerstämmen« die jetzt
nur noch kleine, inselartige Gebiete in
mitten spanischer Umgebung besitzen
und ihre eigene Sprache und Kultur
bereits ganz oder fast ganz verloren
haben. Eine bedeutende Widerstands
straft werden dagegen die tompatten
HJndianermassen Guatemalas und
ISiidmexitos beweisen, da bei ihnen
ieinmal die natürliche Volksvermis
irung recht bedeutend ist, und ander
Lseiis auch stellenweise eine gewisse
wirthschastliche Selbständigkeit vor
ihanden ist in jenen Gegenden, wo Jn
dianer großen Grundbesitz ihr eigen
nennen. Dort diirstc in der nächsten
Zeit die Zahl der Jndiäner noch be
deutend anwachsen, aber bei dem stei
genden Eindringen der spanischen
Sprache und europäischen Kultur wie
entsprechenden Rückgang-Z der indiani
schen Eigenart wird auch hier schließ
lich das Endziel darin zu finden sein,
daß allmählich Vermischung mit der
umliegenden europäischen wie Mesti
zenbevöllerung eintreten wird und so
—- sreilich erst nach Jahrhunderten —
der Untergang der reinen Indiana
rasse besigelt sein wird, ein Untergang,
den indianische Sprachen noch ein
wenig, indianische Kulturelemente aber
wohl für immer iiberleben werden
Ein seien aus Der-the
Jn einer größeren Gesellschaft muss
kürzlich die Behauptung an gestey
aus »Mensch« nnd aus » en lan
gäbe es keinen Reim. Ob der « ensM
sich reimt« weiß ich nicht, dess- aben
aus Deutschland ein Reitn vorhanden
sei, konnte Schreiber dieses mit einem
Gedicht des Schriftstellers A. Schnezs
ler beweisen, der in seiner humoristis
schen Ruphsodie: ,,Delirium rimanb«
u. a. folgendes sagt:
»O daß reimen sich aus Erden
Alles ungereimt-e ließe! »
Bald zu einem Paradiese »Is)
Würde sie dem Menschen werden«
Der doch selbst vor allen Dingen T«
Jst in keinen Reim zu bringen«
b
Und vor allem du« o Devisss
la n d,
Dem so mancher Funkenstern,
Dran du sehnlich dich gesrrus
chwand
In ein ödes Dunkel sernt
Mögsi du von des Nordens Sunde
Bis zum Saum des Alpentranzes
Dich zu einem Riesenhunde
Einen, als gereimtes Ganzes!
Aus der Kasernr.
Oberst (sich an einenSolbaten wem
dend): »Bist Du zufrieden mit des
Menage?« Z «
Soldat: »Jawohl, Herr Obersti«
Oberst :,,Bekommen nicht Einzelne
bisweilen größere Portionsen als bis
Anderen?«
Soldat: »Nein, nein, Herr Oberst,
mir. kriegen alle blos lleene Portio
nen.«
Konservativ.
Schneidermeister: »Sie haben vor
Kurzem eine schöne «Summe von
Ihrem verstorbenen Onkel geerbt,
Herr Sch.midt; warum bezahlen Si
mich jetzt nicht?"
»Ich bin ein großer Feind von
Aeußerlichkeiten. Ich will nicht, daß
man von mir sagt, mein neuer Reich
thum hat mich veranlaßt, von meinen
früheren einfachen Gewohnheiten ab·
zulassen-!«
Im Barbiergeschäst.
Junger Mann: ,»,Jct) lasse mich
zum erstenmal rasiren!«
Lehrling (vertraulich): »Und ich
rasire ’S erstemal!«
Energie.
Dienstmädchen: »Seit die Herr
schaft merkt, daß ich an der Thiit
horche, spricht sie nur noch französisch
zusammen . . . . jetzt heißt’s aber stu
biren.«
BostiafD
Tantet »Ueber eine Stunde singe
ich dem Bubi schbn vor, under schreit
immer noch fort! Was soll ich dens
ba thun?«
Vater: »Aufhören!«
Zu arg.
Diener (ber in der Premiere des
Stückes seines Herrn ist, als alles
pfeift): »Ich bin acht Jahre bei mei
nem Herrn, aber zu dem Zeug mns
ich wirklich auch pfeifen!«
In nKrlsbath
»Wissen- Sie, im Anfang der Sai
son ist’s immer sehr voll, in biet Wo
chen giebt es mehr Platz.«
»Reifen denn die meisten schon so
früh wieder ab?«
»Das nicht, aber sie werden diini
ner.«
Malier.
Schauspielerin: »Ich höre, Herr
Direktor, Sie wollen eine Konkurren
tin engagiren?«'
Direktor: »Aber die ist ja keine
Konkurrentin von Ihnen, die spiels
ja vorzüglich.«
Sein letzter Wunsch.
Bauer (auf dem Sterbebette, zur
Bäuerin): »Und woaßt, Zenzl, wennsi
wirklich no’ mal heirih’st, nachher
nimmst ’n Hupfauer Toni, der is mi
no’ hundert Guld’n schuldi’!«
Einzigcr Fall.
Lentnani A.: »Der Oberst sieht ja
heute wieder aus wie das reine ha
gelwetter!«
Leutnant B.: »Das ist doch bei
dem nichts Neues-! Ich habe ihn
überhaupt nur einmal lachen sehen —
und da war er in Civil!«
Ein guter Sohn.
»Wie viel hab' ich getrunken,
Willy«s«
Fünf Maß, Vater!«
»So viel? Wenn Dir nachher
d’ Mutter fragt, so sagst Du drei —
— jetzt ionin1’!«
»Ach, Papa, wenn ich doch einmal
lügen soll, da kannst Du meinetwegw
noch eine Maß trinken!«
Häusllchc Justiz·
Kommissar (zu einem wegen Trun
kenheit auf die Polizeiwache verbrach
ten Arrestanten): »Ja, was soll i
denn mit Ihnen ansangens J
werde Sie halt iiber Nacht einst-er
ren.«
Umstaan »Bitt’ schön, Herr Kom
missär, lassen S’ mich laufen, i
lrieg’ von meiner Alten 3’Haus e -
mein Theil!«