Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 17, 1905, Sweiter Theil., Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    E Gift-net Sklxwibtbrikk non
· kizzlk Himmer Z
wwmä
No. 181. —
Es is ja gut
genug, der
Philipp was
mein Hosband
is, belangt jetzt
zu den Bohrd
off Ettjulehi
schen; das is
ja nit viel,
awwer diesel
c we Zeit freut man sich doch driwtver.
Dss Kohrs dein ich mich noch mehr
k» freue, wann er emoi for ebbes diffe
»- tenteg iaufe dehi. Es wer’n doch jedes
, Jahr so schöne fette Offices ausge
botie un manchmal könne die Pariies
» nit emol ein sinne. wo se hawwe will.
I Das wär doch den Philipp seine
«Tschehns. Bei Galle, wann ich en
Okan wär« ich beht for einiges laufe;
- r es·miißt immer e wenig besser
« n, ais das, wo ich schon ben, un den
sz s«« g könnt ich mich so fchluckzesiefe
- uff irawweie bis zu die höchste Of
sis. Ich weiß ja gut, baß en Mann,
T wo in die altie Konirie zuerfchi das
Licht der Weit erblickt bot, nit Pres
fenient sein kann un ich denke, sell is
ario dumm. En deiischet Mann is
doch in viele Sache e autes Deibl bes
g gepohsstet, ais wie so en Jenkie.
nie Se nur emol, was könnt der
- Philipp die Sennetersch sor Peuntekich
»ein die Liekerssiwestschen gewwet Do
; kann er drin spreche wie e Buch. Aw
iver well, ich kann die Kanstituschen
nit tschehnsche. Diesetwe Zeit kann ich
nit sehn, sor warum der Philipp so
wenig Embischen zeige duht. Sehn
Se, in den Schulrath do is ja nicks
drin, das is was mer so ufs deitsch e
Ebrenamt nenne dnht nn ich denke, es
wär ganz schön, wann er auch emol
ehbes hätt, wo er e wenig Geld an die
Seit mache könnt, so was mer usf»
deitsch budele ruse dnht. Jch hen emol !
zn den Wedesweiler acsproche un do i
hot er gesaat, ich sollt sor Guttneßi
Sehis nicks von Buhdel spreche. Buh- I
del deht mer nur einst ecke, awwer ;
mer derst nit davon sprech e. Was
, awwet den Philipp anbetreffe deht. so
müßt ich immer in mein Meind halte«
daß en Mann in die erschte Lein
chm a rt sein müßt; der Phil der
eht doch kein Buhdel kenne, wann er
ihn sehn deht. Jch sollt ihn nor ganz J
ruhig gehn losse. wann emol ehbeg sein «
Weg tomme deht, dann deht der Phi
lipp schon zuschnappe. Well. osse ge- «
itande hot mich den Wedestveiler sein
Saht nit so recht gesuht. Jch kann jo
nit behaupte, daß der Phil einer von
die Schmarteste is, awwer ich dente so
ebbes tvie en Sennetek könnt er doch
ganz gut täckelr. Die müsse nämlich
all in Waschinatbon lewe un denke Se
nor emai, was ich do e Finger kotie
könnt, wann ich do mit mein gute
neue Dreh, wo ich snowe Dahler sor
Diesimehting inkluding Sopper un
Dinner bezahlt hen, in die Sasseiethee
mei Eppirienz mache deht. Schiehs
wiß, do sollte die Piebels emol die
Lizzie kenne lerne. Das is so en Platz
wo ich hinbelange. E Wummen wie»
mich wo so e seine Ettjulehschen hot (
un so e gute Bilduna wei —- ich derf
Rast nit dran denke, was ich do sor e
oll spile deht. Jch hen mich arig
gut insormt, was dort von e Lehdie
eckspeektet werd un ei tell fuh, ich deht
die Bill fülle, wie alles· Nachmittags
"tt ich en Pinktie mit Kehk un
uckies mit Frahsting Wie schön
ksnnt ich do meine pink Kopp un Sah
ser suhse, wo mich emol die Wedeg
weilern for Kriszmes geschenkt bot.
- Do deht ich all die Lehdieg von die
« annere Sennetetsch inweite unObends
dehte mer e Tiejehter Pahrtie nis
Inache Die Tictetz kriegt mer ja soe
nattings. Am annere Morgen deht ich
ins Bett liege bleitve bis die Kuh en
sahe gilt un deht mich dann von mei
s" ne Tichehmbermehd den Kassee ins
» Bett bringe losse. Dann deht ich usi
he, deht mich dresse losse un dann
eht ich en Wahl in en Ahtomobilch
nie, deht e paar Kahls mache un
« be dann aksv widdek in Zeit heim- i
mme for mich an den Dinneriehbel
u sehe. Oss Kohts deht ich dann
uch inweitei wet'n zu anneke Leh
"es, mii die Missus Meseniend debi
Briedetichaft drinle un nekmne Se
ue emol an, was die Frau von mich
— lerne iönnU Sich hen doch so gute Rei
eis for Dickels un Saueettaui un ich »
iyi sie auch mein Weg tu wasche un
Iu eitenne saar. For so ebbes is doch
· iniaeFrau eingenomme. Ach un wann
ch dran denie, was ich for gute Ku- .
ies bade kann! Jch sin fchuht, die.
· hi die Missuö Pressendeni teiteweg
- e. Jch dehi auch gleiche emol ihre .
chen zu sehn. Jch wunner ab se so ;
" eingetichi is, wie meine. Ich denke
« bikahs, for die Kitschen hen ich
et en sahfie Spaii in mei Herz
bi. Der Phil der hätt oss Kohts
« nig mehr Ttubel mit die neue
« eaundingt ecktvehntet zu wer’n; in
. schie Lein müßt er sich e wenig
» iet in seine Lengwitsch mache.
" I deutsche is ja gut genug bei ihn, s
, biiahs mit iuhse in unser-Heim
as beste deutsch, awwee in den
che da macht er noch viele Miß- J
Da mickfi et immer die Gtöms -
ss un macht den Weg e Laii geo
- che Mißith Atome das is i
nit so gefährlich. Das einzige Ding,
was mich Truhel mache werd, das sin
die Bau’s wo mer mache muß. Wisse
Se ich leide doch wenig viel an sup
peesluos Kotpulenzhastigteit was mer
uss deutsch Anghongpeung rufe duht
un do kann ich nit so gut baue, wie es
die Ruhl in Waschtngthon is, awwer
ich denke, das kann ich noch alles tä
ckele. Jch hen mich ernol in Front von
mein große Luckinggläs gestellt un hen
e wenig mit Bau's gepräcktißt, un wie
ich grad so en recht tiefe Bau gemacht
hen, bums, do is mich mein Korsette
bennel geplagt. Ja, ja, das hot mer
davon. Wann ich nor e Remmedie
finne könnt, wo mei Fett e wenig re
duhse deht, dann könnt der Philipp
einige Zeit den Schapp als Senneter
annehme un ich ruhe auch nit ehndet
als bis ich so schlank sin wie die Sa
rah Bernhard. Ennihau gehn ich emol
en Dackter sehn bitahs meine Fettität
soll den Phil in seim Glück nit im
Weg stehn. Einige gute Frau muß
sich ihren Mann zu Lieb ussopsern un
es soll niemand sage, daß die Lizzie
auch nor mit die Wimpern geklimpert
hat, wann eg sich darum handele duht
ebbes sor ihren alte Mann zu duhn.
Seh, Mister Editot, wisse Sie nit e
Remmedie, wo gut sor mich wär?
Mit beste Rigardö
Yourg
Lizzie HansstengeL
» suseltettes Pausen-em- ;
Passauer Kunst oder Waffenzauber I
war eine im Mittelalter und noch bis »
weit in die Neuzeit hinein unter allen
Angehörigen des Waffenhandwerts
hochgeschätzte Kunst, denn sie lieferte die
Mittel, um tm Kampf gegen Hieb,
Stich und Kugeln fest oder »gesroren«
zu sein. Besonders seit der Erfindung
der Feuerwaffen nahm diese Kunst oder
dieser Aberglaube, wie man’g nennen
will, einen bedeutenden Aufschwung;
in deri Zeiten der Landstnechte und des
BOjiihrigen Krieges gab es eine Unmen
ge derschiedenartiger Methoden, um
den Leib lugelfest zu machen. St. Ge
orgshemden, die eine reine Jungfrau
in der Weihnachtsnacht gespannen, ge
webt und genäht hat, mit dem ,,Segen
des Ritters von Flandern«, dein
Passauer Zettel, einem Mangfelder St.
Georgsthaler und anderen Amuletten
wunderlichster Art. Der berühmte
Kriegsoberst Sebastian Schärtlin von
Burtenbach hatte sich dadurch gegen
Verwundungen fest gemacht, daß er fein
Lebenlang teine Nieren gegessen;
sämmtliche Fürsten des Hauses Sa
vohen galten noch im Zofährigen Krie
ge fiir fest, weil sie vorn König David
abstammten.
Heutzutage gründet sich die Passauer
Kunst nicht mehr auf Aberglauben,
sondern auf technische Fortschritte, und
gerade in Jtalien hört man ab und zu
von einem findigen Kopf, dem es ge
lungen, hinter das Geheimnis der Pas
sauer Fürsten zu kommen, indem er ei
nen besonders präparirten Stoff her
gestellt hat, der gegen Geschosse un
durchdringlich ist. Prattische Bedeu
tung und Anwendung hat aber bis jetzt
teine dieser verschiedenen Erfindungen
erlangt, und so dürfte es wohl auch mit
der neuesten ergehen, von der das Giot
naie d’Jtalia erzählt, mit vem Panzers
hemd des Arztes Ferdinando Guerraz
zi, trotz den günstigen Ergebnissen der
damit angestellten Proben. Auf den
Schießplätzen von Fucechio und Pisa
sind seit vergangenem August in An- .
wesenheit hoher Offiziere und anderer ?
Fachleute Versuche mit dem Panzer ges l
macht worden, die in der That über
raschende Erfolge hatten. Man hat auf
geringe Entfernungen mit Pistolen und j
Gewehren verschiedener Construttion
den Panzer in allen möglichen Lagen, s
sreihängend, an harte und weichens
Körpern als Schutz befestigt, beschaf- i
sen, ohne daß die Stoffschicht oder der
dadurch beschüßte Gegenstand verletzts
wurden.
Der legte Versuch ist am s. October
auf dem Schießplatze zu Pisa gemacht
worden, wobei man einen Zoll dicken ,
Panzer auf 170 Fuß Entfernung mit
dem Jnfanteriegewehr M. 91 beschoß,
ohne ihn zu verletzen. Der Erfinder
hofft, daß sein Präparat nicht nur als
St. Georgshemd auf dem Leib getra
gen als Schutz für den ganzen RumpH
dienen könne, sondern daß ihm auch
eine auggedehnte Verwendung siir ve
wegliche Deckungen der Artillerie wie !
der Fußiruppen sicher ist. Ob dafür ·
ernsthafte Aussicht vorhanden ift, hängt I
nun allerdings noch von anderen Fal- i
toten als von der Undurchdringlichleit «
des Präparates ab; neben dem Kosten
punlt kommen da noch mancherlei tech
nische Fragen in Betracht, die durch die »
bisherigen Versuche noch nicht gelöstl
sind. Das Jnteressantefte wäre nun,
zu wissen, woraus der wunderbarePan
zer besteht, der nur 3 Pfund wiegt und
unter der Weste getragen werden kann;
aber das ist vorläufig das Geheimniß
des Erfinders, wofürwäre es sonst auch l
Passauer Kunst, wenn es jeder ver
stünde?
—--.—-.«-- -——
Ein Pariser Professor bemiilyt sich
fett, die Milraben aus ihrer Verbor
genheit zu ziehen, welche die Alters
schwiiche verursachen. Wenn er nur
nicht vor Altersschwiiche stirbt, ehe er
seinen Zweck erreicht!
i «- i
Mit der Besestigun des Panamas
Kanals sollte man sag wenigstens fo
lvanaemJeit lassen, bis einer vordans »
en
Giovanni.
In weite-n Bogen schleuderte Gio
vanni seinen Ciaarrenstummel in das
blaue, leuchtende Meer. Dann schwang
er sich mit- einer aewandten Bewegung
iiber das zierliche Eilenaeländer, das
die Strandprontenade von Nervi um
lchließt und ließ die Beine baumeln.
Jn wunderlichen Formen zogen sich
die braunvioletten, zackiaen ll’ilippenge
itade längs der feliiaen Küste hin.
Ob die blonde Signora Maria da
heim auch Berge hat? arübelte Gio
vanni. Warum hatt’ ich es blos ver
gessen, sie danach zu fragen? Jmmerzu
muß ich sie anschauen, wenn ich sie sehe,
und darüber vergesse ich alles Andere.
Auch den Signor Paul hab’ ich nun
fchon drei Taae nicht gesehen. Sollten
sie verreist sein ohne Abschied? Nein,
nein, das ist doch nicht möglich-!
Nachdenllich starrte Giovanni in die
lichte märchenblaue Fluth Immer
violetter wurde das duftiae Voraebirge
von Portofino——eine traumhaft se
liae Stimmung laa iiber der unend
lichen Meeresweite.
Und mit traumhafter Deutlichkeit
tauchte jener Sonntaasmorgen vor
Giovannis Erinneruna auf, der die
schöne Sianora Maria, die auf den
steilen Klippen flink wie eine Gemse
umherlletterte, plötzlich ausgeglitten
war und mit einem leisen Aufschrei in
das tiefe, blaue Meer versank Die
Stufen hinabstiiwrzen die Klippen er
klettern, dem weißen Kleid nachsprin
aen, war das Werk eines Auaenblicls
gewesen« und in den Armen hatte er
das holde, hlasse Kind im Triumph
hinaufaetraaen zum Bruder. Der
Maler, Sianor Paolo, hatte Giovanni
reichlich aelohnt, aber ein schönerer
Lohn als die hundert Lire war dem
armen Burschen etwas Anderes gewe
lent Maria, die aus tiefer Bewußt
losialeit erwacht war, hatte ihm ihr
weißes Händcken arreirljt und mit see
lenollem Lächeln aefaatt »Ich danke
Fuch, Giovanni« lieber Freund! Ich
hätte noch nicht sterben niöaen.«
»Lieker Freund« hatte sie ihn aei
nannt, sie, die Schönste und Lieb
lichste von allen lsolden Möbel-en, die
Giovanni fe aeseben ihm den ita
lienifcksen Bauernlsurlcken War es ein
Wunder, wenn er immer an sie denken
mußte?
-.«- « -»« --« · -
»I:.V"lkll L-!!·Pllli, UUVVCUUIU llck clllc
vergnügte Männerstimme — »ich soll
Euch einen Gruß iaaen von meiner
Schwester-, und Ihr möchtet lTiuch ke
reit halten, moraen in der Frühe Wir
wollen nach Portofino binausrudern,
wollen malen, die Maria und ich.«
Mit einem Satz war Giovanni von
dem Geländer herunter. Sein brau
nes Gesicht strahlte.
»Steine-r Paolo. welcke Freude! Jch
fürchtete schon, daß Sianor Paolo
verreist seien.« saate er mit qliicklickem
Lächeln. »Wie aebt’s der Signora
Maria? Hab' immer nach Jlmen Bei
den ausaeschaut.«
»Die Schwester war krank —- laa Zu
Bett,« saate der Maler-nun aeht’s
schon tvieder.«
»Sianora Maria trank?« rief Gio
vanni, und sein hiibsrlses Gesicht nahm
einen kesoraten Ausdruck an. «Wo
bat’s denn gefehlt?«
Der Maler machte eine bezeichnende
Bewegung nach der Brust hin.
«,Maria war immer zart,« sagte er,
»aber nun freut sie sich aus morgen.
Um acht Uhr also! Gute Nacht, Gio
vanni." .
»Einen Gruß an Fräulein Maria,«
sagte Giovanni.
Um sieben Uhr Morgens war Gio
vanni mit seiner Barte schon auf dem
Platz. Aus dem Steuersitz lag ein
niächtiaer Strauß weißer Narzissen.
Endlich schlua’s am Kirchthurm
von Nervi acht. Da kamen zwei Ge
stalten die Strandpromenade entlang
Sie waren mit Schirmen und Mal
aeräth beladen- Grüßend schwenkte
ihnen Giovanni den Hut entgegen.
Die weiße, zarte Mädchenaestalt mit
dem breiten indischen Basthute winkte
und nickte.
»O schönstes-, schönstes Fräulein
Maria!« sliisterte Giovanni. Sein
Herz schlua rasch und heftig.
Leichtsüßia schritt sie heran und
gichke dem Schiffer die tleine, weiße
an .
»Dann für den Gruß, Giovanni,"
sagte sie herzlich, »nun heute wollen
wir Alle recht vergnügt sein: ich habe
aute Nachrichten aus der Heimath, da
sollt Ihr Euch mitfreuen!«
»Wenn Signorina Maria glücklich
ist« ist’s Giovanni doppelt,« sagte der
Schiffer mit einer einfachen Ritterlich
teit, die ihm natürlich war.
»Q, die schönen Blumen!« tief
Maria freudig, ,,sollt)en sie für mich
sein? Sind sie aus Ihrem Garten,
Giovanni? Sieh nur, Paul, wie Gio
vanni mich vermöhnt!«
»Wer verwöhnt dich denn nicht,
kleine Schwester?« sachte der Maler.
Der Bursche lachte. Er war so
von Herzen froh.
ist spannte die Ruder. Leicht wie
eine Schwalbe flog die weiße Barte
durch die blaue glänzende Fluch Am
lSteuer scß Maria und hielt die wei
sen Blumen im Schooß. Nun durfte
Giovanni sie wieder so recht nach Her
zenslust anschauen. Wie schön sie war!
»Es-MS nicht ein wunderherrlicher
Tag heute?« jubelte Maria, »gerade
als Irsüßt’s der Himmel, daß wir heute
malen wollten!«
»Der Himmel weiß es aewiß,«
sprach Giovanni, «darum hat er den
Tag so bereitet, wie Signorina ihn
brauchen!«
Maria lachte hell auf. »Der Gio
vanni ist ja ein richtiger Hofmann,«
saate sie, »in-e geschickt er seine Worte
en setzen weiß! Bei welcher schönen
-
Dame habt Ihr das gelernt, Gio
vanni?«
»So etwas lernt sich n.icht,« gab
Giovanni zurück· »Das kommt so
wie die Träume kommen —- im
Schlaf!"
,,Kinder, seid gescheith rief »der
Maler. »Erzählt uns von Eurem
Leben, Giovanni. Was treibst Ihr zur
Sommerzeit, wenn die Fremden fort
gefloan sind-S«
»Wir fischen, « erwiderte Giovanni,
,,Taa und Nacht, besonders Nachts,
denn iaasiiber ist es heiß. Wir segeln
hinüber nach Korsila und Sardinien
und verbringen unsere Tage auf dem
blauen Meer. Abends flechten wiir
Netze.«
»Ob« wir schießen Wachteln und
stellen den armen Sinavöaeln nachs,«
weckte Maria tadelnd, »das ist nicht
schön von Euch!«
»No, no, no, Sianorina!« rief Gio
vanni eifrig, »die Vögel lasse ich we
nigstens ganz in Ruh-e «
»Seit wann denn?«
··:,Se«it... nu, seit Signoran da- —
ruoer so traurig waren. Ich mag reine
Vögel mehr schießen.«
»Wirilich?« Marias Augen leuch
ieten aus.
»Ihr seid ein lieber Mensch, Gio
vanni ich möchte Euch gern eine
Freud machen!«
Sie westelte an ihrem Kleide und
zog ein kleines goldenes Medaillon
hervor. »Schaut ’mal, ist das nicht
ein gutes, liebes Gesicht?«
Aufmerksam beugte sich Giovanni
über das kleine Bild.
»Das ist mein Verlobter, sagte
Maria, stolz lächelnd
Giovanni fuhr zusammen. Seine
Augen derdunkelten sich. Alle Sonne
war aus seinem Antlitz geschwunden.
Jnheknurzem raschen Sätzen ging sein
Der Maler hatte sein Skizzenbuch
bervoraezogen und zeichnete den hüb
schen Burschen: ihm war die Verän
derung in Giovanni’s Zügen nicht ent
ganaen
»Wenn die Signorina noch einmal
ins Wasser stürzte, ich spränge ihr
wieder nach, aber nur, um mit ihr zu
sammen zu ertrinten, grübelte Gio
vanni. Ohne mich wäre sie ja doch
nicht mehr am Leben. Halt! Ein
düsterer Gedanke durchzuckte ihn —
war er denn nicht Herr auf seinem
Boot? Konnte er es nicht zum Um
schlagen bringen«-? Was nützte ihm
denn noch das Leben, wenn Maria ei
nem Anderen gehörte? Aber durfte
er Signor Paolos Leben aufs Spiel
setzen?«
Unsicher starrte er den Maler an.
Marias Bruder verstand es, in Ge
sichern zu lesen. »Giovanni, besinnt
Euch!« sprach er leise und eindring-l
lich. ;
Unbesangen schaute Maria aus. i
Die beiden Männer starrten sich Auge
in Auge wie zwei erbitterte Gegner.
Großer Gott —- was hatte das zu be
deuten?
»Was ist Euch, Giovanni, Paul?«
rief sie angstvoll. »Was habt Jhr?
Warum seht Jhr einander so furcht
bar an? Hab ich Euch etwas zuleide
gethan?«
Sie hob flehend die kleinen Hände.
Da zuckte es in Giovannis Zügen
wie im Krampf, und heiß und trocken
schluchzte er auf:
»Ich hatte einen bösen Traum,
Signoran Maria — jetzt bin ich er
wacht!«
—«--—-—-.s-s-s——s
samt die Rentcheeu
Er hatte von einem Freunde Be
s1.ch, mit dem er aeschästlich zu thun
hatte und beim Fortgehen bemerkte
der Gast:
,,Uebrigens waren Sie nicht an den
Seen im Sommer?«
»Ja. sreilich.«
,,’fischen gewesen?«
»Gewiß.«
»Was gefangen?«
,,.lch, einen kleinen Baß «
»Ha, ha, ha, das dachte ich mir.
Na, gute Nacht «
Wie der Besucher fort war, sagte
die Hausfrau:
»Aber Richard, wie kannst Du nur
mit solch kaltem Blute solche Unwahr
heit sagen. Du weißt doch, wir haben
über zwanzig Fische gefangen, von
denen jeder ein Pfund wog Und der
eine große Kerl wog gar elf Psund·«
»Liebe-Z Kind,« sagte der Gatte
sanst, »Du kennst die menschliche Na
tur nicht. Der Mann schwört jetzt
aus meine Wahrheitsliebe und kredi
tirt mir, so viel ich will. Wenn ich
ihm von den Fischen erzählt hätte, so
würde er mich aber siir den größten
Windhund im Lande halten«
i-—--·-.-.s--s —.
Wenn zwei jetzt voneinandergehn
So heißt es nicht: aus Wiedersehn!
Sie sagen lächelnd: Ich erwarte
Von Ihnen eine Ansichtgtartr.
ll· If sc
Mit Zerstreutheit wollte sich der
Kassirer eines Geschäfte in St. Louis
entschuldigen« der aus der Kasse 87
nahm. Er gab an, daß er den Be
richt über die Verwaltung der großen
Versicherungsgesellschasten las, daß
sich dabei seine Hand in die Kasse
verirrte, woraus er in Gedanken das
Geld eingesteckt habe. Man glaubte
ihm aber nicht, weil er nur einen
Theil des Inhalts der Kasse nahm.
III-its
Dem Admiral Togo wird es an
allerlei Ehren in Japan nicht fehlen.
Aber er sollte aus der Geschichte eine
Lehre ziehen und sich ja nicht etwa ein
Saus schenken lassen.
Wie man Verbrecher fängt.
Doch besitzen wir weder an unseren
Hochschulen, noch an den moder- «
nen Volks - Universitäten einen .
Lehrstuhl für die Polizeiwisseu
schnit, d. h. für die Forschung nach’
dem ewig interessanten X» nach dem
Verbrecher auf der Flucht· Giebt es
überhaupt allgemeine Regeln sür diese
sich immer erneuernde
Forschung? Das einzige,
ankommt, der ,,Flair«, die Witterung,
s
i
s
aufregende J
woraus es ’
läßt sich durch Buch und Beispiel,"
durch die weisesten allgemeinen und
besonderen Jnstruktionen nicht erfas
sen. Er, er und immer wieder er —
ihn auszuspüren, fassen und zum Ge
ständniß bringen —- dag ist der Tag
und Nachtgedanke des Polizeichess.
Obwohl ein Mord immer ein Mord
bleibt, sei er in Borbedacht
oder
meuchlings begangen, so ist doch jedes »
solches Ereigniß ein Drum-a, das sickk
von den anderen durch seine Einzel
heiten, seine Vorbereitung und die Art
der Ausführung unterscheidet.
Ich lege Werth darauf, von vorn
herein die Legende zu zerstoren, alss
ob in Paris alle Tage ein Mord be
gangen wird.
Als Ich tm Amte wur, habe Ich seit- !
gestellt, daß wahrend eines Zeitraums s
von 25 Jahren in Paris und seinem
Weichbild im Durchschnitt vier bis
fünf Kapitalverbrechen im Jahre vor
kamen. Wohlverstanden spreche ich!
von Verbrechen deren Opfer jeder Be- »
sitzende werden kann, also von Verbre
chen, die Raub als Beweggrund hat
ten, nicht von Leidenschaftsverbrechen
und Todtschlägen unter «Trunkenen
oder Vertommenen.
Man fragt sich oft, wie die Polizei
es anfängt, den Urheber eines Ber
brechens zu entdecken.
Eine Antwort hierauf ist schwer zu
finden, und oft habe ich mir, wenn
ich vor einer Leiche stand, die gleiche
Frage vorgelegt. Ich kann sogar hin
zufügen, daß mir wie allen Polizei
chefs sehr viele Mörder entschlüpft
wären, wenn mich nicht ihre Dumm
heit oder der Zufall, die »Vorsehung
der Polizei«, unterstützt hätten, denn
die Detectives und die mit der Ent
deckung der Verbrecher beauftragten
Beamten sind meist aus Schlüsse an
gewiesen, die auf der Loait basiren,
und sie bemerken zu spät, daß diese
Loaik sich ganz und gar nicht in
Thun und Lassen des Mörder-Z fand
Bei der Beaehung von Verbrechen
aibt es keine Methode im strenaen
Wortsinn. Aber es aibt mehrere Mu
ster, wenn ich so sagen darf, die sich
immer wiederholen.
Eines Moraens will die Dienerin
einer alleinstehenden Frau wie gewöhn
lich die Thiir ihrer Herrin öffnen . ..
Sie weicht erschrocken zurück, da sie
deren Leiche mit durchschnittener Kehle
in einer Blntlache lieaen sieht. Sie
schreit, der Vortier kommt, Schutzleute
werden geholt, der Vorsteher des Po
lizeireviers erscheint und läszt durchs
Telephon Staatsanwalt Untersuch
unasrichter und cicherheitschef benach
richtiaen. Alle diese Beamten betreten
das Zimmer des Ovsers, und was
können sie zuerst feststellen? Nur eins:
vor ihnen lieat die Leiche der Frau
X, der Ungliicklichen ist der Hals
durchschnitten worden: ein Punkt, daL
ist alles.
Um das Aufgebot zu vervollständi
aen und sich ein wenig in Scene zu
setzen, läßt man einen Arzt kommen,
der auch nur den Tod konstatiren
kann, sowie Herrn Bertillon, den of
ficiellen Photographen der Polizei-:
präsettur, der zahlreiche Ausnahmen
des Zimmers und der Leiche macht.
Das ist alles sehr schön, sagt sich
der Sicherheitsches, aber die kleinste
Spur des Mörders wäre mir mehr
werth; dieser hat in unentschuldbarer
Nachlässigkeit versäumt, seine Visiten
larte hier zu lassen. Man findet
nichts.
Man verhört die Pförtner die ja
gewöhnlich sehr geschwätzig sind: sie
bleiben stumm, sie haben nichts ge
sehen. Schließlich saat der Pförtner
aus, daß er am Morgen zu sehr
früh-er Stunde gesehen hat, wie ein
Mann im Lodenroek mit Hornknöpfen
das Haus verließ. Die Bäckerfran
von gegeniiber hat auch einen geschen,
nur war dieser groß und dunkel und
der Mann des Pförtners klein und
blond. Man kommt nicht zur Eini
aung, und der Untersuchungsrichter,
der doch ein Sianalement veröffent
lichen muß, giebt dem Mörder kurz
entschlossen Mittelsigur und braunes
Haar.
Versucht doch, den Mann damit zn
finden!
Schließlich läßt man einen Leichen
wagen kommen und bringt den Kör
Per nach dem Schauhaus. damit dort
die Leichenerösfnung vorgenommen
wird.
Eine Anzahl von Kriniinalbeamten
ist, durch ihren Chef gerufen, nach
dem Thatort gekommen. Man schickt
sie dorthin, wo das Opfer verkehrt
hat. Jedermann weiß etwas.
»Ich habe sie aus einem Restaurant
kommen sehen... mit einem Mann,
der wie ein Südamerikaner aussah,«
sagt einer.
»Der ist’s nicht,« sagt ein anderer,
»denn eine Stunde später war sie mit
mir im Bazar.«
Während einer Woche, vierzehn
Tagen, eines Monats findet man
nichts-, nichts!
Jch habe zu sagen vergessen, daß
sich gleichzeitig mit den Beamten eine
Wolke von Reportern auf das diistere
Haus giestiisrzt hat, die der Polizei
Konkurrenz macht, indem sie alles
ausfragt, Geschenke und Trinkgelder
an die Nachbarn, die Bekannten der
Ermordeten, kurz an alle, die etwas
wissen thun-ten, austhekli.
W
Und so geht’s weiter: die Zeitun
aen halten das Publikum in Athernz
der Sicherheitsches und der Unter
suchungs-richten die nicht mehr wissen,
welchen Zauberei sie zu Hülfe rufen
sollen, lesen täglich sämmtliche Zei
tungen der Hauptstadt, weil sie sich
sagen: vielleicht könnte man doch in
all diesen Wiederholungen eine Spur
finden!
Endlich, als Preis von tausend Be
mühungen, haben die Deiectives fest
gestellt, daß der Mörder ein Indivi
duum ist, das in gewissen Bars und
Cases der Boulevardg verkhrie.
Sie kennen seinen Namen, und es
ist bewiesen, daß er seine Wohnung,
ein möblirtes Zimmer, am Tag des
Mordeg verlassen hat.
All das ist sehr viel; es handelt
sich nur noch darum, die Hand auf
ihn zu legen, und da sitzt der Haken.
Herr Bertillon wühlt in seinen
Meßkarten. Zuerst findet er nichts,
schließlich entdeckt er eine, aber unter
einem falschen Namen. Er läßt Zeu
gen kommen, die die jedein Zettel bei
aesiigte Photographie rekognoszirem
Nun haben die Polizisten endlich eine
aute Spur-L « -
HEFT clillchllcssscll Ue HO, IMcScMssc
zu verbrennen und die Presse um ih
ren Beistand anzugehen, der diesmal
sehr nützlich sein wird, während er
bis nun nur gestört hat. Man über
schwemmt die Zeitungen mit Einzel
heiten; das Bildniß wird von vorn
und von der Seite veröffentlicht, und
nun Gott befohlen!
Ein paar Tage später erhält der
Polizei-Preise« ein Telegramrn: der
Mörder ist im Augenblick, als er sich
z nach Alexandria einschifsen wollte,
’ verhaftet worden.
Zwei Stunden später eine Depesrhe
aus Gras: »Wenn nicht alle Anzeichen
trügen, so haben wir euern Mann ge
saszt.« Der SicherheitssChes fragt
sich einen Augenblicks nach Egyvten
oder nach St—eiertnarl? Da fällt ihm
der Lodenrocl mit den Horntnöpfen
ein also aus nach Grazi Das ist kin
disch, unsinnig, wenn Sie wollen, aber
es ist so.
Nach einigen Verhandlungen wird
der Mann den französischen Behörden
ausgeliefert und nach Paris gebracht.
Das verhaftete Individuum setzt
den Beschuldigungen strikteste Ableug
nung gegenüber. Man konsrontirt
ihn mit den Zeugen, die mehr oder
weniger sicher sind, und selbst mit sei
nem unglücklich-en Opfer, dessen Kör
per in einem Gefrier-Apparat des
Schauhauses konservirt worden ist.
Er betrachtet gleichgültig die Leiche
und sagt: »Diese Frau habe ich nie
gesehen.«
Schließlich wird er miirbe durch den
Aufenthalt in der Zelle, er möchte
diesen Berhören, Konfrontationen,
dem Abholen aus dem Gefängniß im
Zellenwagsen und dem Zuriickfiihren
in seine Zelle ein Ende machen, er
fühlt, daß er immer mehr und mehr
belastet wird, er fragt sich-, ob er nicht,
wenn er gesteht, Aussicht auf die
Milde des Gerichtshofes hätte.
Uebrigens ist er geschickt bearbeitet
(",,getocht«) dusrch die Beamten, die,
anstatt ihn als Banditen, als furcht
bares Ungeheuer zu behandeln, mit
Milde, fast wie Kameraden, ncit ihm
gesprochen, die sein Vertrauen so weit
gewonnen haben, daß er sich manch
mal fragt, ob diese braven Leute nicht
ebensogut wie er fähig wären. das
Verbrechen zu begehen·
Wie Raslolnikoff sagt er sich, daß
sein Gesiändniß sicher den, dem er’s
macht, freuen wird. Es wird eine
Befriedigung siir die Eigenliebe dieses
Mannes sein, ein Erfolg, auf den er
stolz sein tann, und er sucht sich unter
den Polizisten den aus, der ihm am
sympathischsten ist.
Er erinnert sich, daß der Sicher
heitsiChef ihm, als er am Bahnhof
eingeliesert wurde, sogleich zu essen
geben ließ und alles so eingerichtet
hatte, das; er der Neugier und den
Beschimpfungen der Menge entgehen
ioiinte.« »Dies» Beamte hat außerdem
III ocksmlcoscncli Verricko mit clnck
gewissen Milde zu ihm gesprochen.
Jhm wird er gestehen, und wirklich
verlangt er den Sicherlxits-Chef zu
sprech-en und saat ihm alles.
Jsch habe eben vom anthropometri
schen Dienst gesprochen, der ein wich
tiaes Hilfsmittel der Polizei ist, aber
wie man aesehen hat, offenbart sich
der große Nutzen dieses Dienstes erst,
wenn man eine Spur findet. Herr
Bertillon und sein-e Meßkarten fon
nen diese Spur nur bestätigen.
Seit einiger Zeit ist auch viel von
der Entdeckung von Verbrechsern durch
die Finaerabdriicle die Rede, die am
Thatort zurückgelassen werden; aber
ihrer kann man sich nur bedienen,
wenn der Verbrecher ein Trinkglas,
eine Fensterscheibe, ein Möbel u. s. w.
anaefaszt hat, und wenn seine Finger
feucht gewesen sind.
Uebrigens muß man des Mörders
immer erst habhaft sein, um lontrol
liren zu können, ob seine Fingerab
driicke mit denen am Thatort überein
stimmen. Leider haben die Verbrecher
von den großen Chiruraen in neuester
Zeit die Methode desr großen Reinlich
leit gelernt. Man mordet jetzt anti
sevtisch
Ich finde, daß schließlich die Fort
schritte der Wissenschaft und Technik
den Verbrechern mehr nützen als de
nen, die sie verfolgen sollen.
Wenn die Eisenbahnen, die Zwei
räder. die Automobile den Deteetives
erlauben, die Verbrecher schneller zu
verfolgen, so stehen doch diese Beför
derungsmittel auch i wen zu Gebote,
und übrigens haben ie den Vortheil,
schon weit fort zu sein, wenn die Po
lizei von ihren Verbrechen benachrtchs
tigt wird.