Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 17, 1905, Sweiter Theil., Image 10

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    Yer Ring.
KriminaLKoman von ID. Elster.
-------------------------
W
(7. FortsehungJ
.Qtdit. Die österreichiickp Gen
lamerie forth wie die preußische
drüben in Friedrich-theil. Außerdem
miß an das kaiserliche Bezirstgericht
und an das königlich preußischeAmtss
sticht Phqu erstattet werden« Wie
mn mir witiixilh hat Marie Brandt
sen hier awi die Straße verfolgt, die
in das Bösmäsche hinein führt«
.Dq.nn werden sie unsere Gent-ar
men schon auffinden ——-verlassen Sie
sich darauf!«
Die Fabrikleiiung ersiatteie darauf
die notwendigen Meldungen und s
noch kurzer Zeit gingen ielegraphiiche .
berichte nach allen- benachbarten Gen
darrneriePosten ab und die Gendar
wen diesseits und jenseits der Grenze
wachsen sich auf die Suche nach der
bestndenen» « »
-.- .- - «
M Umtdspklcylswtq yucke eurer
Wohnung auf das Auffinden der !
Entflohenen ausgesetzt Dann kehrte er
traurig und niedere-schlagen mit Fer
dimnd nach dem Oasthaug urück.
.Wenn sie doch nur mehr rtrauen
In mir gehabt hätte,« murmelte er.
«Dvch nein,« setzte er dann rasch hin
sic, »ich muß mich selbst anklagen. Jch
hatte kein rechtes Vertrauen mehr zu ,
ihr, nachdem Sie, Herr Grollen bei f
mir gewesen waren- Wenn ich geblie
ben wäre, wenn ich sie erwartet hätte,
mit ihr gesprochen hätte, fee würde mir
Alles gesagt haben, und ich hätte ihr
rathen und helfen können. Aber in
einem Augenblick des Mißtrauens
habe ich sie verlassen und sie dadurch
der Verzweiflung preisgegeben Sie
fab. daß ich an ihr zweifelte und das
hat sie zu dem unseligen Schritt bie
Ivogetr. Ich trage die Schuld —ich
alleini« «
So tlagte sich der brave Mann selbst
an und wsar auch nicht durch die Zu
sprache Ferdinands zu beruhigen
»Durch Mißtramn,« fuhr er fort,
den Trost Ferdinandg zurückweisend,
geschieht das meisle Unheil auf der
Welt. Mißtrauen und mangelnde Of
fenheit sind die Grundiibel. . . sie lei
ten gleich höniischen Teufeln die Men
schen auf falsckx Wege und wenn wir
in Sitan und Moder, Sünde und
Verbrechen stecken, dann lassen sie uns
hbhnisch lachend im Stich. Oh ich
Thor« ich awßer Thor!« i
Er setzte sich an eines der Fenster -
in der Gaststube nieder, stützte den
IIva in die band und schaute traurig J
vor sich hin. l
Der Wirth überreichte Ferdinand
einige heute Morgen eingetroffene 1
Briefe. Mechanisch öffnete Ferdinand
und til-erflog ihren gleichgkiltigen
halt. Nur ein Brief erregte feine H
Eufmertsamteit Derselbe lautete:
.Geehrter Herr Grollerl
Hierdurch ersuche ich Sie höf
lschft sobald wie möglich nach Ber
irn zu kommen und bei mir vorzu
spljecheth da ich Ihnen eine wichtige
Mittheilung zu machen habe, welche
ich dem Papier nicht anvertrauen
mag, da ich nicht weiß, ob mein
Brief Sie erreicht. Die Mitthei
legt-r betrifft den Tod Ihr-es Bru
Jshr ergebenster
Berner
Justizrath und Königlicher Notar.«
«Lesen Sie das, Herr Amtågerichts
rath.« sagte Ferdinand, jenem den
Ort-f gebend.
- ».,2xch« eine geschäftliche Angelegen
wtk . . .
Ich qlanbe taum. Jsch vermutne
fass-. daß der Justizrath über den röth
felbafien Tod meines Bruders neue
Entdeckungen gemacht hat. Geschäft
lickx Amelegenheiten erledigt sonst
fein Bumuvorsteher. Mit ihnen be
fcßt sich der Justizrath nicht«
, Das ist wahr. Der Justiztaib hat
mir füsk schwierikk misd pitanie Fälle
Interesse!«
Elias rathen Sie mir alon«
»Ich-ten Sie nach Berlin.«...
»Gut. Ich werde den Justizrath auf- I
stechen Aber dazu ist es morgen auch z
wirdwa thweedeheukden
Erst-ladet Ermittelunnen nach dem;
Wb Bettha Wüllbrandkz ab-!
warten. «
Der Taa verwa. Gegen Abend lie
fen die Meldunan der verschiedene-il
Cendarmerieiiattonen ein. Man hatte
die Mel-rundes- nichi gefunden.
Um Tage vorher hatte man sie wohl
auf der Landstraße bemerkt, aber nich-i
weiter auf sie gesichtet Sie mußie tie
fer in das Land hineingegangen sein,
oder von irgend einer Staiion die
Eisenbahn benutzt hol-en. Man hatte
vorläufig ihre Spur verloren und
mußte abwarten, ob nicht die entfern
isen Gendsamserie-Postrn gänstigere
Neid-innen einschickien
Der Amiznerichidrath war irvfilos.
»Ich glaube,« sagte Ferdinand,
»daß ans allen diesen Meldung-en we
nigstens die Sicherheit hervorgeht, daß
sie keinen SeMmordveeiuch verübt
nd verübt-n will. Wozu beauchie sie
H its-il io weit zu entfernen?«
.Ssie können Recht bat-en. Aber
weshalb nahm sie das Gift mii?« l
»das sie es wirklich mitaenomsmeni «
M das Wderieglich bewiesen, Herr T
inmitwsth fragte Fern-and i
»W, Sie wosen mich mit meinen
WMM iWIS Mich-gebt
l- v
Ihnen recht-— —es ist noch nichts be
wiesen. und wir wollen« das Vertrauen
nicht verlieren Jahren Sie nach Bet
lin nnd geben Sie mir Nachricht was
der Justizratd Ihnen mitzutheilen hat.
Ich bleibe hier, um mich des armen
verlassenen Kindes anzunehmen.«
»Sie gestatten mir wohl, daß auch
ich fiir das Kind meines Bruders sor
gen darf?«
»Nein. nein, das bleibt meine
Sachet«
Der alte Herr schüttelte Ferdinand
lebhaft die Hand und eilte dann fort
nach dem kleinen Hause, das so lange
ein Hort des Friedens und des stillen
Glücks für ihn gewesen war.
13. Kapitel.
Still und friedlich waren die Jahre
an dem Pfarrhause von Wendessen
ooriibergezogem still und friedlich,
doch auch nicht ohne Sorge und Kum
mer. Auch in das stille Leben des
Pfarrhauses hatte das Geheimnis der
Mordthat seine dunklen Schatten ge
worfen, nnd wen-n die Erinnerung an
diese in der Außenwelt auch mehr und
mehr in Vergessenheit gerathen war,
Käthe Bollmar« des Pfarrers älteste
Tochter, bewahrte sie treu im Gedächt
niß. hatten doch die Folgen dieser
That ihre schönsten Hoffnungen ver
nichtet, und ranlte sich doch diese Erin
nerung aleich einer häßlichen Schma
roserpflanze erstickend und ertodtend
um die Blume ihrer Liebe.
Noch war diese Blume nicht ertöd
tei! Wenn auch ihre Blätter und Blü
then erweltterr so wurzelte sie doch zu
tief in dem Erdreich ihres Herzens,
als daß sie nicht stets von Neuem
selbst unter dem- iiberwuchernden Ge
rant Knospen und Blüthen treiben
sollten. Aber wie lange würde es
dauern, dann war die Kraft dieses
Erdreichs erschöva denn das Gerani
der Schrnaroherpflanze ließ teinen
freundlichen, erwärmenden, neu be
fruchtenden und neues Leben erwecken
den Sonnenstrahl auf den Boden fal
len. Auch die Wurzeln der Blumen
würden vertrocknen, verwelten, hin
sterhen. wie die Blätter und Blüthen.
Schon trankte die Mantel-Man
sah es den müden Augen, den blossen
Wangen, dem traurigen Lächeln
Kätkks an.
Sie hatte sich heimliche Vorwürfe
gemacht, daß sie ihre Unterredung mit
Bertha Wiillbrandt am Grabe Franz
Groller’s verschwiegen; endlich ent
deckte sie sich ihreinBater. Dieser theilte
den Inhalt der Unterredung dem Ju
stizrath Berner mit, doch dieser erwi
derte, daß die Thatsachen schon be
tannt seien. daß sie jedoch keinen An
halt zur Wiederaufnahme der Pro
zessesjdiiten und daß im Uebrigen
Ferdinand Groller keine weitere Er
forschung in dieser Angelegenheit
wünsche.
Damit war finr deanarter die
Sache erledigt under gab auch seiner
Tochter den Rath, nicht mehr daran
zu denken, da ia auch Ferdinand Grol
ler nichts mehr von sich hören ließ.
Aber das war leichter gesagt, als
aethant Käthe ariibelte Tau und Nacht
über das duntle Geheimniß nach und
wenn sie auch mit der ganzen Kraft
eines liebenden Herzens gegen das
ausdeiniende Mißtrauen dem Geliebten
aeaeniiber ankämpfie, so kamen die
meheirnlichen Gedanken doch stets wie
der und verdüsterten ihre Pflicht, so
aut sie es vermochte, und such-te in
anaestrenater Arbeit zu bemessen
Besonders lieb war idr die Arbeit in
dem Garten aeworden Hier zwischen
den Blumen- undGemüsedeeten konnte
sue umenirt ihren Gedanken nackibäm
gen. Frübmoraens schon itand sie auf
und deaab sich in den Garten. Der
helle Sonnenschein, die zwitschernden
BöaeL der feine Duft der Blumen, die
aaulelnden Schrnetterlinae und sum
mienden Bienen waren ihre Freunde
nnd Ver-trauten geworden; sie trösteten
sie und sie lenkten ihre trüben Ge
danken von dem einen Gegenstande ab,
der stets und ständig ihre Seele er
füllte
So war sie auch an dem heutigen
Spätsonnnermoraen wieder in dem
Garten beschäftigt Es war so feierlich
still, wie an einein Sonntaa: kein Ton
war vernelrmban die Leute im Dorfe
waren sasi alle auf den Feldern de
ichiiftiatr nur einige Kinder spielten
auf der Dorfaaiie ten-d ein altes Weib
lein «bintte mit einein Kruge zum
Bekennen unter der breitiittiaen Dorf
lin .
Da tauchte am Ende der Dorfgasse
eine hohe dunkle Frauenaestalt auf
und schritt hastig die Straer entlang.
Ein dunkler Mantel umhüllte die Ge
stalt, ein schwarzes Tuch das bannt
Ein todtenblasses, erschöpftes Gesicht
sah unter dein überbänaenden Tuch ne
fvensiisch hervor. In der Hand trug
die Frau ein kleines Bündel nnd einen
derben Stock, auf densie sich beirn
Geben stütitr. .
Die Kinder aitf derStraske trieben
ihr scheu aus. Dann rief ein nase
wetfe l Wäsche-It WGuckt da ist eine
Ziaeuuerschet« und die Kinder schrieen
und suchten auf. nach allen Seiten
auan Weben ben·d
Ueber das Masse Gesicht der Frau
glitt ein bitteres Wel- in Odnesisb
umzuschaue- irhtitt weiten M
l
fix-set auf dei- Slpck nah-un arg have
; IeMiihe f aufrecht zu halten.
k Das Gef ei der Kinder veranlaßte
i Käthe von ihrer Arbeit aufzusehm
Sie erblickte die Gestalt der fremden
jFrau und fah ihr in gleichgültiger
» Neugier nach.
Doch plötzlich fchrai sie zusammen.
Eine Unruhe überiain sie, und sie eilte
zur Gartenpforte, von der aus sie die
Straße besser übersehen konnte.
Die hohe dunkle Gestalt der fremden
Frau erschien ihr bekannt. Sie hatte
diese schon gesehen.
Jetzt lenkte die Fremde von der gro
ßen Straße ab und bog in den Fuß
tvea ein, der zu der Kirche führte·
Ein-en Augenblick stand sie an der
Kirchhofs-Pforte still. dann öffnete sie
, diese und trai in den Friedhof, wie ein
Schatten zwischen den Gräbern wei
terschtvebend
Ein leichter Schrei entrang sich den
Lippen Mitbes. Rasch entschlossen
iissnete sie die Gartenthiir nnd eilte
nach dem Friedhof, in dem die Fremde
verscknvunden war.
Jn fieberhaster Erregung durch
schritt sie die Reihen der Gräber —
Schrecken, Freude. Hoffnung und
Angst durchflutheten in stiirmiscken
Wogen ihre Seele Jetzt endlich sollte
sich das Geheimniß ihr offenbaren!
Jeiu endlich sollte ihre Seele von dem
iahrelangen' Drucl befreit werden!
Da— da war das Grab des armen
Franz Groller! Und das-da stand
an dem schwarzen Marmortreuze, wie
damals an jene-m Unglückstage, die
dunlle quengesialt, die Arme um
das- Kreuz geschlungen, das Haupt aus
den Stein niedergekeugt.
Der dunkle Mantel war ihr halb
von der Schulter gefallen, Wanderstab
und das kleine Bündel lagen neben ihr
aus der Erde.
Käthe hatte sich nicht getäuschi: es
war Bertha Wüllbrandt, tvelche dort
am Grabe des Ermordeten-stand!
Einen Augenblick rang Mithe nach
Fassung. Das Blut pulste ihr stür
misch durch die Adern und stieg ihr
glühend heiß in die Stirn. Aber sie
zwang ihre Erreauna nieder und trat
mit sestrm Entschluß und in ruhiger
Haltung aus die Gebeuate zu.
»Sind Sie es wirklich. Bertba
Wüllbrandt?« fragte sie mit debender
Stimme.
Ohne Ueberraschung zu zeigen, ohne
Hast oder Schrecken, richtete sich die
Frau am Grabe empor und blickte
Käthe mit ruhigen, traurig-en Augen
an.
Jn, es wasr Bertha Wüllbrandti
Aber wie hatte sie sich verändert?
Nicht mehr ein trotzigeö wildes Ant
litz ein finster drohendes Auge starrte
Käthe enigegen, sondern ein todten
blasses, todestrauriges. kummervolles
Gesicht und ein aramoerschleiertes
Auge! und dieGestalt zeigte nicht mehr
die stolze, trotzige Haltung. sondern
schien srch nur noch mit Miihe aufrecht
zu erhalten.
Ein arnies.elende5,· bis zum Tode
erschöpfteö Weid, so stand Bertha
Wüllbrandt vor ihr.
»Be:tha Wüllbrandt —ja, ich bin
eg,« entgegnete sie mit erlöschender
Stimme. »Und Sie, Mithe Vollmar,
kommen auch noch hierher zu seinem
Grabes —Aber weshalb pflegen Sie
es nicht mehr? Es sieht wiist und un
geuslegt aus . . . damals brachten Sie
blühende Blumen. .,aber Sie haben
ihn wohl schon lange um eines andern
willen vergessen.«
Bertha«. .. unterbrach sie Mitbe.
»Noch immer dieser unselige Jrrthumi
Jch danke Gott, daß er Sie zurückge
fiihrt hat« damit ich mich von dem
Verdachte reinigen iann, daß ich Ih
nen die Liebe dieses Mannes, der da
im Grabe ruht, geraubt. So wahr ein »
Gott im Himmel lebt, ich habe diesen -
Mann nie geliebt·.. es sei denn als
LSchwester und weil er der Bruder
Fertinand Groller·s wor.« . ..
In den Augen Berin leuchtete es
aus. Sie nickte einige Male mit dem
Kopfe. »
,,Also das war es?« sagte sie dann.
»Sie liebten nicht ihn, sondern Indi
nand Groller... und dieser? Liebte
er Sie nicht wiean«
»Ich weiß es nicht... ich glaubte,
ich hoffte es. Aber Ferdinand Groller
verließ tirrz nach Jhinen Wendessen
und ist nicht wieder zurückgekehrt.«
»Er wird zurückkehren —- glauben
Sie mir. Nur noch eine kurze Zeit und
er kehrt zurück."...
»Ja — wen-n Sie das unselige Ge
heinmiß der Mordthat austlären!«
«Wenn ich es tönnte, ich wiirde es
schon längst gethan haben«
»Sie kennen den Mörder nichts«
»Ach kennte ich ihn,« ries Bertha
leidenschaftlich aus« »ich wiirde ihn
vor seine Richter schleppen mit diesen
meinen händen!«
Sie streckte die hageren hönde trac
lenartia aus, daß Käihe erschreckt zu
rüetfuhr.
»Und doch sagten Sie damals, alt
wir uns zuletzt sahen, daß Franz
Groll-r um meinetwillen hatte sterben
müssen . . . Sie müssen also um seinen
Mörder wissen.«
»Ich kenne ihn nicht,.xonst wäre Al
les aut." iaate Bertha raurig.
»WissenSie, daß man Sie selbst siir
die Mörder-in höit2«
März-reach es und tann nichts da
gegen i « . . .
»Ich benreise Sie nicht! Weshalb
verbergen Sie sich denni Was treibt
Sie ietit M drei Jahren hierher zu
rüai Yas wollen Sie hier on diesem
Goal-ei
Da sah sertda das Mädchen mit
einem Blick von solch Magst-Meutr
eiiåtteit an, daß Miit-e erschreckt zurück
EFM ich hier willi« erriet-bete sie.
.O nicks rief-M W
»Schon mancher mänschie zu stet
ben nnd lebte.«
»Ju. der Tod ist unbarmherzi ,
auch gegen die. welche ihn herbeis
um«
«.,Weshalb sehen Sie den Tod her
bei, wenn Sie schuldlos?«
los-Fee sagt Ihnen, daß ich schuld
»Sie selbst behaupten es.« . · .
»Ach ja —- Sie haben recht! Schuld
los und doch schuldig.«
« ch verstehe Sie nicht meht.«
»Ich glaube es wohl,« sagte Bertha
lächelnd und kannte sich auf dem
Grabe nieder. »
»Wollen Sie sich nicht näher erkla
ren?'«
»Wozu?«
»Um endlich das Wimm des
Todes Franz Grollen zu ent llen
das uns alle unglücklich gemacht "
»Auch Siei —Ach ja —Sie sag
ten mir Ia. dass sie Ferdinand Groller
beliebt« . nun» ich habe diesen hier
geliebt, der hier ruht« .wir sind beide
unglücklich — aber Sie werden noch
aliicklich werden —- ich kann nur noch
sterben-«
»Aber so saaen Sie doch. .. !«
»Ich sagte Ihnen schon, daß ich M
Geheimniß nicht kenne.« . ..
»Aber Sie kennen den Zusammen
hana. Einst sagten Sie mir: um Ih
retwillen mußte er sterben... Sie
wissen daher, wie er starb-«...
»Das weiß Jeder. Er wurde im
Wald erschossen . .. an der Stelle, wo
hin ich ilm bestellt hatte zu einer Un
terredung."
»Sie wissen mehr! Ich lasseSie
nicht mehr fort. Endlich müssen Sie
sich erklären! Wissen Sie nicht, wie
schwer der Fluch dieses Geheimnisses
auf Ferdinand Groller lasteti"
»Lastet er nicht viel schwerer auf
mir selbst? Er hat mich die Jahre hin
durch verfolgt und ietzt hat er mich von
ders- Stätte des Friedens, des Glückes
von der Seite des Mannes, den ich wie
meinen Vater liebe von der Seite
meines Kindes fortaetrieben bis Leu
diesem Grabe. Hier aber ist das En
—- hier will ich sterben«
Sie verhüllte das Haupt in den
Mantel und sant tief in sich zusam
men.
»Sie sind verheirathet?« fragte
Käthr. »Sie besitzen ein Kind und
wollen doch sterben?«
«Berheirathet bin ich nicht-mein
Kind ist der Sohn des Todten hier.«
»Ah-— ist es möglich! — Nun
glaube ich Ihnen, daß Sie nicht seine
Mörderin sind» . nun beareise ich
Ihren Schmerz. Jshre Verzweiflung
Ihren Zorn aeaen die vermeintliche
Nebenbublerin Aufs Jnniaste bemit
leide ich Sie . . . kommen Sie, Berti-C
aeben Sie mit mir —- Sie haben
Schweres erduldet, Sie tragen am
Schwersten von uns an diesem Tode,
kommen Sie mit mir zu meinem Ba
ter. Ihm können Sie Ihr Herz aus
schiitten —er wird sie verstehen und
trösten. Und dann lassen Sie uns
gemeinsam nach dem Geheimniß sor
«
Bertha schüttelte das Haupt.
»Ich gehe nicht mehr von hier fort, "
saate sie. »Aber ietzt, wo ich dem Tode
nahe, wäre es ein Verbrechen, wollte
ich meine Schuld mit in das Grab
nehmen, ohne ein Geständniß abgelegt
zu haben. Lassen Sie uns auf der
Bank dort Platz nehmen« Ich will Ih
nen Alles sagen.«
Sie setzten sich auf die Bank, und
mit arfpannter Aufmerksamkeit
lauschte Rathe den Worten Berthas.
»Ja, wir liebten uns,« hub diese
leise an. ,,Seine Worte, Wust-rechnu
aew Schwüre bethörten mein leiden
schaftliches, nach Liebe sich sehnendes
einsames herz. ich glaubte ihm. .Er
wollte mich zum- Altar führen, so
schwurer mir. Aber die Zeit verging,
er erfüllte seinen Schwur nicht —s
auch nicht, alsich ihn beschwor mich (
vor Schmach und Schande zu retten. l
lkine andere Liebe hatte von seinem 4
flatterhasten Herzen damals Besitz ge- i
nommen. die Liebe zu Ihnen. Erj
saate mir auch mit spöttischer Eisen I
heit, daßer mich nicht heirathen könne, !
er wollte Sie heirathen« . und ich
schwor ihm Nache. Noch einmal aber ;
bat ich ihn um eine Unierreduna; er s
schlua mir spöttisch sein Zimmer zum «
Zweck dieser Unterredung vor, ich wei- I
aerte mich und bat ihn, mich im Wald i
»Du erwarten· Er versprach es. an -
Hder Nacht aina ich zusr verabredeten i
s Stelle: ich benußte den Ausgang durch
sein Zimmer iiber die Veranda .als
jich durch den Bari schritt, hörte ich
lrasch hinter einander zwei Schüsse
fallen, ich eilte vorwärts. eine banae .
Ahnuna hatte mich nicht betrogen als
ich an der verabredeten Stelle ankam,
sand ich ihn todt in seinem Blute lie
aen Ich selbst habe ihn in den Tod
getrieben . . . durch meine Bitte, mich .
im Walde zu erwarten« . . . .
»Und Sie sahen Niemanden . . . i«
»Ich hörte einen eilenden Schritt
durch den Wald davon fliehen-—
war Alles! Ich wars mich neben dem
lErschossenen nieder, ich suchte nach
seinem Lebenszeichen —- vergebengt Er
» war todt —- Wie lanne ich halb besin
nunaölos neben ihm aelniet, ich weiß
Wes nicht. Doch prizscich schoß mir des
jGedanbe durch den Kons; wenn man
tDich hier findet wirst Du als Mör
derin gelten. Du hast ihn an diese ;
Stelle in den Wald bestellt, Du hattest
ein Liebebvrhiiltnisz mit ihm, Du hast s
ihm M gesehm-»rein weil er Dich;
verlassen —die Briefe, welche er von «
Dir beschi, beweisen est Du wirst in
den Amen aller Menschen seine Mör
derin seinl Du wirst vor Aller Auan
mit Schmach und Schande als seine
verbtschekischk Geliebte dastehen —
Eine namenlose Angst er ss mich.
Ichwolltenichtdieschm nnddas
Verbrechen zugleich aus mich nehmen.
« . Ich eilte in das han« zurück aus
demselben Wege, den ich gekommen.
Niemand hatte mich bemerkt. Noch
ionnte ich auch meine Schmach var den
Augen der Welt verbergen. Ich ent
wars meinen Plan. Jeb wußte, wo
er seine Briese aufbewahrte, ich nahm
die meiniaen, nebst alle den kleinen
Andenken verbrannte ich seine und
meine Briese in meinem Ofen. Nur
diesen tleinen Ring behielt ich, den er
mir in der Zeit unserer ersten Liebe
geschenkt. Und doch sollte dieser Ring
zum Verräther werden! Ich hatte ganz
vergessen, daß auch er den gleichen
Ring besaß ———er hatte die Ringe siir
uns anfertigen lassen. Dieser Ring
fiel seinem Bruder in die Hand-— die
sen Ring sandte er mir vor einigen
Taaen in mein Asyl des Friedens
zum Zeichen, daß er Alles wisse...
und ich erkannte, daß ich verloren,
und entfloh, um in der Einsamkeit zu
sterben . .. als ich schon das Gift zum
Munde führte, schauderte ich zurück —
ich floh weiter und weiter. Der Ge
danke an dieses Grab verfolgte mich,
ich wunderte Tag und Nacht, um hier
zu sterben —aus seinem Grabe. «
Sie schan die Hände vor das Ge
sicht und blieb regungslos sitzen.
»Sie haben- die Wahrheit gespro
chen, Berthsa Wüllbrandti« fragte
Rathe mit bebender Stimme.
Da fuhr sie empor.
»Bei dem Leben meines Kindes, das
ich vor der Schmach seiner Mutter
wahren wollte ich sprach dieWahr Wahr- I
heit!—— Aber sehen Sie« fuhr sie mit 1
bitterem Lächeln fort, «nicht einmalj
Sie glauben mir, wie sollten da die(
anderen Menschen mir glauben?« »
»Nein,« rief Mithe aus, »ich giaube z
Ihnen! Und die Anderen sollen und
werden Ihnen auch glauben. dabenz
Sie nur denMuth, die Wahrheit zuz
sagen!« ;
»Es ist zu spät. ". j
JEs ist niemals zu spät außer wir «
stehen schon vor Gottes Richter- »
thron.« . . .
»Binnen kurzer Zeit werde ich vor
seinem Throne stehen, und er wird
nur barmherzig sein«
.Sie sind erschöpft, ermattet von »
der langen Wanderung, in unserem
hause werden Sie sich erholen.«
»Nein. .nein. .ich danke Ihnen
es ist vorüber. .ich sterbe» »
ich habe Gift...« ;
Sie vollendete die Rede nicht« son- »
dern sank zurück, während eine sahle ;
Todtenbliisse ihr Gesicht überzoa und H
ein tramdfbaster Schauder durch ihre j
Glieder rieselte.
»Bertba... um des Himnrelswil-:
len!—— Nein, nein. Sie dürfen nicht«
sterben.'« . .. J
Sie schlana die Arme um Berthas :
Körper und versuchte sie auszurichten. j
Bertha schlug noch einmal die Augen
auf. »Da-MU- tausend Dant.« flü
sterten ihre Lippen, dann schloß sie die
Augen und sank schwer und leblos in
die Arme Käthes zurück.
Rathlos sah diese sich um. Da ge- s
wabrte sie den Kirchendiener und den i
Todtenariiber welche soeben den«-fried
bos heiraten Sie-rief die Männerl
herbei, erklärte ihnen mit kurzen, (
raschen Worten, was geschehen und »
bat sie die Leblose in das Psarrhausj
zu tragen.
Die Männer gehorchten ihr gernl
und so truaen sie die Bewußtlose und
nur zuweilen hestia und tramvfhatt4
Erschauernde zu dem Psarrhause,
während Käthe zum Arzt eilte, um »
Hülfe herbeizuholm «
14. Kapitel.
»Sie leben schlecht aus, rnein ver
ehrter Herr Grollert Wo haben Sie
sich denn fo lanae umbrraetrieben?«
Mit diesen Worten reichte der Ju
ftizratb Berner Ferdinand die Hand
und führte ibn in sein Privatlombtoir,
urn nicht durch andere Besuche aeftört J
Zu werden. Das Kornvtoir sah eigent- ?
lich aar nicht aefchäftsmiifzia aus
Juttizratb Berner liebte es, feine
aeiftreichen nnd bbantasievollen Ver
theidiaunasreden in einer schönen, an
reaenden Umaebunq auszuarbeitenx
deshalb fab man bier an den Wänden
ritächiiae Gewölbe und auf den Ti
fchen lünstlerifch schöne Statt-eilen
und Büfterr. Den Schritt dämpfte ein
welcher varna-Tevvich. eleltrifche »
Flammen, in liinftlerifchen Blumen
ranlen verboraen. erliellten das Zim
mer, dessen Luft mit einem feinen
Parfiinr aefcbwänqert war. Nur der
aroße, aber eleaante Schreibtifcb erin
nerte an den Beruf des berühmten
Mrtbeidiaers. denn dort laaen ganze
Stöße von Alten aufgehäuft
«Setzen Sie sich in diefen Sessel.’
lieber Freund,« lud der Justizrath
Ferdinand»ein. »Alfo Sie haben mei
nen Brief erhalten. Wo bat er Sie
denn erreicht, Sie Globetrotteri«
»Ja einem kleinen Dorfe des Nie
lenaebiraes.
»Btrr —da möchte ich nicht begra
ben sein! Diefe kleinen sogenannten
anfpruchilofen Bade-s und Luftlur
orte sind mir ein Greuel. Aber das ift
Gefchmacksfache. Beeilt haben Sie sich T
scheinbar nicht, zu mir zu tomrnen.«
»Ich erhielt Ihren Brief vor fünf
Tagenk I
»Und was hielt Sie fo lange noch
feft in jenem neiileichen Nesie?«
»Ein mmderbares Ereigniß. Den
ten Sie sich, ich fand dort meine
frühere Wirtbschcfterin Bertha Müll
brandt alt Fabrilarbeiterin wieder. «
»Gt der Tausend das isi ja interes
lantt Nun Sie haben sie natürlich
festgehaltent«
»Ich machte den Versuch aber sie
entfloh und tsi bis seht nichta usu
-finden. Man fürchtet fees-Ir, sie be
sich Mittels l
,, m —lvelchen stund hatte It
imqu
»Sie wissen ja, here Justizraib,
welcher Verdacht auf ihr ruhi.«
»Ja, aber der Verdacht ist falsch.
total falsch, lieber Freund! Wir ww
ten da aus einer verflucht falschen
Fahrte.«
»Also Yai der Aniisqerichtsraib»
doch rechts
»Wer-I«
»Der Amtsgekichtsratb Wer-nette,
welcher sich der Unglücklichen und ihres
Kindes anwenommen haiie.«
»Ah, steckt der dahinter! Das sieht
dem Menschensteund ähnlich Aber
Sie sprechen von einem Kindes«
»Ja ——dem Kinde meines Bruders
und Bertha Wiillbrandts.«
»Alio doch! —- No, das konnte man
sich ia denken. Aber, lieber Herr
Groller, wenn Sie wissen wollen, wo
sich Bertba Wiillbmndi ietzt befindet
so lesen Sie diese Demfche, welche i
herzte Morgen empfing.«»
- —
i
Bamtt Meiste dct Juskumly »er
dinawd eine Depesche, welche lautete
»J-Uftitoatb Bemer, Berlin. Bitte
Heim Gkonkk vemchxichtigm daß sich
Bertba Wiillbranbt schwer erkrankt
bei mir befindet. Unterrednna drin
aend nothwendig. Wichtiae Mittlzets
lunaen. Pfarrer Vollmar.«
Erstaunt blckte Ferdinand auf
»Wie kommt Bertba nach
essen?«
». , das weise ich auch nicht. Aber
vorläufia interessirt uns das Schicksal
Bertha Wiillbrandt'g weniaer, als das
Liben nnd Sterben eines Mannes, zu
dem ich Sie ietzt führen muß.«
»Wer iit der Manni«
»Der Herr Lentnant a. D· Adals
bert Ritter bon Kaminöki . . .«
»Alle Wetter. Aber ich lenne keinen
Herrn dieses Namens!«
lFortseßuna folgt)
Ein ereentriicher Gielehetee.«L
An das kürzlich in andere Hände
übergegangene Cavendish House bei
Clapham Common, jahrzehntelang
das Heim von Henry Cavendish,
schreibt die «London News«, knüpfen
sich Erinnerungen an den großen Na
turphilosophen, der unter seinem Da
che »die Welt wog«, indem er dieDichs
tigteit der Erde bestimmte, der zuerst
die atmvsphärische Lust und daöWass
ser analystrte und die Eigenschaften
des Wasserstosses sand. Gabe-Wile
der dritte Sohn des zweiten Herzogs
von Devonshire war so excentrisch wie
nur ein Mann sein konnte, der von
ebenso großer Gelehrsamkeit wie von
altem Adel war. Von seinem riesigen
Vermögen gab er fast nichts anz, son
dern lebte still und einfach in seinem
Fansefjrauen gegenüber zeigte er eine
olche Schiichternheit, daß er selbst
seine weiblichen Dienstboten nie an
sprach, sondern beispielsweise seine
Malslzeiten täglich in einem Briese be
stellte, den er aus den Tisch im Flur
legte-»Mein Fremder kam je in sein
Haus. Lord Brougham, der ihn bei
einer der wenigen Gelegenheiten traf,
die ihn in Gesellschaft führten, erklär
te, daß vielleicht lein Mann, der acht
zig Jahre alt wurde, in seinem gan
zen Leben weniger gesprochen hätte.
Eine seiner besonderen Eigenheiten
war die, daß er niemals ein Buch aus
seiner Bibliothet nahm, ohne eine Be
icheinigung darüber an dessen Stelle
zu legen. Er war nur ein einziges
Mal in seinem Leben irani nnd diese
Arantbeit war auch seine letzte, an der
er starb; sein auf 1,175,000 Pfund
angewachsenes Vermögen fiel an den
Großvater des jetzigen Herzogs von
Devonshirr.
—-———
CI war so wundertmöu . . . «
Aus eincnt Schubsack-, drin die Gros
rnnma
Die Zettel aufhob, die der Enkel schritt-,
Fiel mirs entgegen, steif nnd groß ge
malt
Ein Vrieilein, das ins FerifttvnradieG
An meines Lebens erstes-, ictt gesandt.
Die Hei-nicht tneldendr »Liebe Groß
ninntai
Es war so wunderschön; nu its vorbeil·
Das klang so dkollig--Ttriilv, nnd tvie der
« « kli
Trüb-droltig, klang der immrnelnde Ser
nton.
Mir aber siec aus-s Herze, hart und
chtver
Der siittderipruch. —- Was auch an Mist
lichem
Das Leben gab: stets hängt als arger
Schluß
Mein Oubenieuszeerlein iich hinten an:
»Es tvar so wun cschöni nn is« vorbeit.
Webmiitbig lächelnd salici« ich das sit-V
« use-innrem te t’ es in das Joch zurück
nd saß nochS Welj::ll....llnd leiss
t
Vorüber mir ein h s Frauenbild;
Das winkte süßen u s mir zu —- III
s and. ..
Und schmerzlich sinntnielt' ich wie eins
das Kinderwortt
»Es war so wundersan nu is« vorbeit
Frih Etdnetz
schweinigel und schmissen-tin
Folgende niedliche Geschichte wird
aus Thüringen berichtet: Vor dem
Schöfsengericht in Neustadt s. C.
erschienen kürzlich, von ihren Antoäls
ten bestreiten zwei Landwtrihe, von
denen r eine den anderen »Du
Schweinigeli« titulirt hatte. Es geqzt
iang dem Nichtst, einen Vergleich her
beizuführen und der Beleidiger er
klärte sich bereit, alle Kosten seines
Ge need u übernehmen Als er «e·
do ersu r, daß diese einschließlich
»der Mittagen des von Kot-arg her
übetgetommenen Anwalts 57 Mart
ern-machten meinte er re gnirt: «Jq,
fest, wo die Siine io heiter sind.
wundeee·ich mich nicht mehr. doit ein
Schweintgel auf 57 Mart tun-Mk