Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 10, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    . Die schlechteste Fran.
Dann-teile von T. C. Philips.
Nachdem Tiddy Cunningham so
lange Jurist gewesen war, bis er her
ausfand-, daß die Prozesse nicht auf
ihn warten, warf er sich der Literatur
in die Arme. Zur Schriftstellerei hatte
er sich von jeher hingezogen gefühlt,
das Schreiben aber zu seinem Beruf
szu erwählen, war ihm nie eingefallen,
und kein Mensch war erstaunter als
er selbst, als er ein-s Tages die Ent
deckung machte, daß er thatfächlich un
gefähr 100 Lftr. mit seiner Feder im
Jahre verdiente.
Auch sein Vater war überrascht.
Dieser ehrenwerthe Mann, der fein
Vermögen in Koper erworben, hatte
den Sohn eigentlich nur ftudiren las
sen, um einen »Gentleman« aus ihm
zu machen, und daß er sich in einen
Federfuchser verwandeln wollte, er
schien ihm wie ein Herabftcigen von
der sozialen Leiter. Dennoch fand er
sich mit feiner Enttäufchuna ab und
zahlte dem literarischen Anfänger den
selben Monatswechfel wie dem prozeß
lofen Rechtsanwalt.
-« IeZei eit verging, Ted verdiente sich
f etwa 150 Lstr. im Jahr, da that er
etwas, was seit Erzeuger mit der
»kriinenden Dummheit seiner mißm
thenen Laufbahnc bezeichnete. Er hei
. rathete Jessie Pernbeatdn, eine hüb
«sche, tleine Schauspielerin Und im
Cunninghamfchen Haushalt herrschte
Sturm und Gewitter
Teddv fand sich damit ab, von jetzt
an aus sich selbst angewiesen zu sein
und bezog mit seiner jungen Frau eine
billige Wohnung. Jessie bestand da
rauf, bei dem Theater zu bleiben und
ihr Mann willigte widerstrebend ein.
Nach der Vorstellung holte er sie, ganz
wie früher, am Bühneneingang ab, zu
Hause erwartete sie ein gemiithliches
Abendbrot, und in den Rauchwolten,
die nachher Ted’s Pfeife entströmten,
bauten sie Luftfchlösser.
Nachdem das Kind geboren wurde,
war es nicht mehr ganz so idyllisch
und Teddn mußte angestrengter arbei
ten, um mehr zu verdienen.
Schon seit Monaten schrieb er an
seinem ersten Roman. Jn der freien
Zeit, die ihm seine Thätigleit fiir ei
nige Zeitungen ließ, legte er all seine -
Phantasie und seinen Geist in den
Roman, der im modernen Leben»
spielte, nieder. :
Es wurde ihm immer schwerer, sich »
von seiner fortschreitenden Arbeit log- -
zureißen, um siir dag tägliche Brot zu
sorgen. Mehr und mehr wurde ihm
die Arbeit site die Zeitungen zuwider.
Jessie las stets die laufende Fort
setzung des Romang mit kritischen
Augen durch, und ihre Vorschläge und
Einwände waren von wirtlichem
Werth fiir ihren Gatten.
Als das Baby vier Monate alt
war wurde der Roman beendigt. Nun
entstand die Frage, wie ihn nennen-is
Die Entwickelung im Charakter der!
Heldin schien von selbst auf einen Ti
tel hinzuweisen, der ihnen beiden
ganz besonders gefiel: »Die schlech
teste Frau in London«. Teddy schrieb i
ihn mit großen Buchstaben aus die er- »
fte Seite, hierauf wurde das Manu- ’
stript einaepackt und sortgeschickt.
Sechs Wochen vergingen, bevor sie
etwas davon hörten Dann lehrte es
in ihre Wohnung zurück mit einem
Schreiben des Verlegers, er bedaure
sehr u. s. w. Wüthend warf der
Schriftsteller das Billet in das Feuer.
»Es schadet nichts,'« tröstete ihn
Jefsie, »wir schielen das Buch wo an
ders hin.«
Also geschah es. Wieder hofftrn
sie und wieder tam nach einiger Zeit
die Arbeit zurück. Die erste Entmu
schung war nur der Vorläufer vieler
anderer. Bis eines Morgens —— —
Jessie war die erste, die zum Früh
stiick tam und bei dem Anblick eines
Brieer stieß sie einen Schrei aus
»Teddh,« rief sie·
»Nanu!« tönte es zurück, »was ist
denn los?«
»Hier ist eine Antwort von Regent
undTRow wegen des Romans —- und
—- - ed ——«
»Was?« Der Ton des Gatten
war nun ebenso erregt wie der der
Frau.
»Das Buch ist nicht zurückgekom
men.«
»Oh,« hohnlachte Tedth »es wird
schon mit der nächsten Post eintref
fen.« Er öffnete mit zitternden Fin
gern den Brief, las und schrie leise
aus. Die Herren R. und R. schrieben,
»daß sie gerne einer Unterredung mit
herrn Cunningham entgegensähen.«
Mit bleichen Gesichtern sahen sich die
Beiden an, dann schüttelten sie sich die
Hände, küßten sich und tollten durch
das Zimmer.
Es wurde beschlossen, daß derAutar
sein Schicksal ohne Verng tennen ler
nen müsse, und nachdem ser seinen bei
sten Rock angezogen, machte er sich-auf
den Weg.
Herr Regent empfing ihn sehr lie
benswiirdig Er theilte ihm mit, der
Bericht seines Berathers über »Die
schlechteste Frau« sei so günstig gewe
sen, daß sie, trotz der Unbetanntheit
des Verfassers bereit seien, den Ro
man zu veröffentlichen.
»Das ist sehr schmeichelhaft fiir
mich,« antwortete Cunningham, »und
—- hm —- die honorarbedingungen?«
»Das Honorat wäre 50 Lstk.", be
merkte der Verleger bedächtig.
Teddy lehnte sich in seinen Stuhl
zurück und versuchte seine Unruhe zu
verbergen.
»Nein, nein, das geht nicht. Jch
brauchte fast ein Jahr, um das Buch
zu schreiben.«
»Sonst wäre es auch nicht gut ge
worden,« lächelte Herr Regent.
»Das kann schon sein,« sagteTeddy,
»wenn aber ein guter Roman nicht
mehr als 50 Lstr. einbringt, sollte
man überhaupt keinen schreiben.«
»Der Name, lieber Freund,« beru
higte ihn der Verleger und schlug seine
Finger gegeneinander,« »Alles ist
Name. Sobald das Publikum au ein
Buch von Ihnen wartet, sind Sie
zwanzigmal so viel werth, und wäre
es den zehnten Theil so gut wie Jhr
jetziges."
»Sie ermuthigen mich außerordent
lich,« entgegnete Teddy trocken, »aber
wenn ich nicht 100 Lstr. und nach der
ersten Auflage einen Antheil erhalte,
lasse ich das Manuskript lieber in
meinem Schreibtisch liegen-«
»Ich kann Jhnen heute noch keine
bindende Antwort geben, ich muß erst
mit meinem Theilhaber die Sache be- !
sprechen,« erwiderte Herr Regent nach s
längerem Bedenken. Dann schütteltes
er dem jungen Mann die Hand und
dieser entfernte sich klopfenden Her
zens. Wie auch das angebotene Hono
rar sei, der Aussicht, das erste Buch
gedruckt zu sehen, kann kein Mensch
widerstehen. Teddy sprang in seiner
Aufregung in einen Omnibus und zu
Hause erzählte er Jessie beinahe wart
getreu das ganze Gespräch mit Herrn
Negent.
Jn den nächsten Tagen fürchtete er,
das Anerbieten von 50 Lstr. würde
nicht erhöht werden. Als er aber die
Nachricht erhielt, die 100 Lftr. (ein
Check lag gleich dabei) und eine fünf
prozentige Hantierne nach der ersten
Ausgabe sei bewilligt,«sah er wieder
schwatz. »Nietnand wird etwas von
dem Buch hören, wenn es erscheint,«
klagte er. »O, einen Namen, einen
Namen, wer nur einen Namen hättet«
»So mache Dir doch einen," lachte
Jessie, »lasse über Dich sprechen, brin
ge es in die Zeitungen, daß ein Ro
man von Dir gedruckt wird."
,,Pah!« brummte Ted, ziindetc
seine Pfeife an, paffte große Wolken
um sich her und dachte darüber nach,
ob es irgend eine Möglichkeit gäbe,
das Buch zu erwähnen, ehe es erschien.
Etwa eine Wocke später kehrte Jes
sie, die eine Freundin in Harrow be
sucht hatte, mit glühenden Wangen
nach Hause zurück. In der Hand hielt
sie ein gebeimnißvolleg Patri, und als
es Teddy aufmachte, sah er zu seinem
Erstaunen, dab es das wohlbekannte
Manuskript enthielt.
,.Jessie, wo hast Du das her?«
staunte er.
,,Gefunden,« erwiderte sie lakonisch
»Gefunden?" -
,,Ted, in meinem Zuge saß ein gut
niiithig aussehenden tahltöpfiger
Herr, der lag darin. Er trug eine
große Tasche mit den Buchstaben W.
R. bei sich. Jst es Herr Regent?«
»Wahrscheinlich, er wohnt in der.
Gegend von Harrom Und weiter?«
»Als wir an einer Station hielten,
war er fest eingeschlafen.«
,,lleber meinen Roman?«
»Den hatte er vorher beiseite ne
legt. Der Zur war fast schon wieder
im Gehen, da machte er aus, ergriff
seine Tasche und sprang zur Thüre
hinaug.«
»Und das Manuskript ließ er zu
rückt-«
»Ja, und hier ist es. Ted, geliebter
Ted, es ist das größte Glück, das uns
zustoßen tonnte.«
»Gliick?!« ’
,,Unmenschliches Glück. Höre —«
Sie sprach hastig, aufgeregt in ihn
hinein, und als sse endlich innehielt,
starrte Ted sie noch immer an.
»Gehst Du Dich in meine
Hände?« fragte Jessie.
»Ohne jeden Rückhalt,« sliisterte er.
Und dann steckte er sich seiie Pseise
an und lachte und lachte und lachte.
Etwa drei Tage später wurde in
allen Zeitungen eine Belohnung von
560 Lstr. für den Finder eines Ma
nuskrips ausgeschrieben. das in ei
nem Coupe zweiter Klasse zwischen
Euston und Harrorv verloren worden
war und den seltsamen Titel führte:
»Die schlechteste Frau in London«.
Der Finder wurde gebeten, sich mit
den Herren Regent und Rom in Ver
bindung zu setzen. Die hohe der Ve- »
lohnung, der Titel und der wohlbe
kannte Name der Verleger, erregte«
einiges Aussehen. s
Augenscheinlich hatte die glückliche»
Persönlichkeit, die sich so leicht eine
solch große Summe verdienen konnt.
den Ausruf nicht gelesen, denn eine
Woche später wurden Zettel ausgege
ben, in denen das Anerbieten wieder
holt ward. Die Stadt schien förm
lich übersluihet von ihnen und 500
Lstr. und »Die schlechtesteFrau« starr
ten dem Publikum in dicken, schwar
zen Buchstaben überall entgegen.
Kleine Einzelheiten mit Bezug aus
die Sache erschienen in den Zeitun
gen. Ein Roman aus dem modernen
Leben von einem wohlbekannten
Journalisten war den Herren Regent
und Rotv vorgelegt worden und un
glücklicherweise hatte ihn Herr Regent
im Zug, der ihn nach Hause führte,
J
wo er die Arbeit weiter lesen wollte,
verloren. Verschiedene Romanleser
sollten bedauert haben, daß man aus
ein so interessantes Manuskript, in
Anbetracht der vielen Schunderzcug
nisse, nicht besser acht gegeben hatte.
Eine gereizte Persönlichkeit, die sich
,,Cynitus« unterzeichnete, schrieb ei
nen sarlastisclsen Brief an ein Blatt
und führte einen Jndianertanz aus,
als sie ihn gedruckt sah. Jhr Name
war Jessie.
Nach einiger Zeit ließ die Aufre
gung nach, um bald desto heller aus
zuflammen. Das Manuskript war
gesunden morden! Jn dem Coupe,
in dem es zurückgelassen worden war,
hatte sich nur noch ein Reisender
aufgehalten. Aus Langeweile -fing
er an, darin zu lesen. Der Jnhalt
fesselte ihn aber derartig, daß er,
in Liverpool angelangt, wo er den
Dampfer nach New York bestieg, sich
nicht entschließen konnte, das Ma
nuskript an die darauf geschriebene
Adresse zurückzusenden. Er nahm die
Arbeit mit und las sie während der
Ueberfahrt zu Ende.
In New York wollte er sie sofort
zurückschicken. Aber ein Telegramm,
das ihn dort erwartete, ließ ihn das
unglückselige Manuskript vergessen.
Er mußte fosor nach San· Francisco
weiterreifen d von da nach einer
Stadt im aniiern Chinas.
Wieder auf der See, dachte er von
neuem daran, und machte sich Bor
wsiirfe über seine Verg-eßlichkeit. Doch
seine ersten Erfahrungen auf chinesi
schem Boden war der Verlust seines
Mantelfackes, in dem sich der Roman
befand. Die Suche nach der Tasche
und seine mahnsinnigen Bemühungen
wieder in ihren Besitz zu gelangen,
gab Material zu verschiedenen humo
ristischen Abenteuern und verforgte
die Zeitungen einige Tage mit Stoff.
Als das Buch endlich erschien, war
i »die schlechteste Frau« ein so bekann
ter Titel wie »Ontel Tom-L Hütte«
und die Nachfrage dementspreckend
Jn einer Woche war die erste Auflage
ausoerkaust und die zweite begann,
an der Teddh ein vekuniäres Inter
esse hatte. Die Kritiker priesen das
Buch, und das Publikum hatte davon
gehört. Der zweiten Auflage folgte
eine dritte und vierte. Jn den ersten
sechs Monaten erschien ein halbes
Dutzend Auflaaen. Herr Grimm-g
bam senior, stolz aus seFieg Sohnes
Erfolg streckte ihm die pyriedenghand
entgegen, und ihm erzählte Teder
wahrheitsgetreu den ganzen Vorgang.
Der alt-e Herr blickte nachdenklich vor
sich hin, pfiff ein Weilcken und brach
dann in ein heftiaes Lachen aus-.
.,Ted, mein Ihman keuckte er und
wischte sich die kahle Stirn, »Du hast
ein sehr gescheiteg Fraurksen Ich will
sie tennen lernen. Jcb darfst-e, Tu
hättest eine Serausvielerin aelreiratbeh
abe«r eine Geschäftssrau, Ted, eine Ge
s-«kiistsfrau mit solch einem Kopf-—
die ist ein Vermögen werth«
Sie schüttelten sich die Hände-, nnd
Jessie und das Feind wurden herein
Iaerufens, um dem alten Herrn vorge
stellt zu werden.
—--. -——---—
der Pulvetthurm von Laon.
Ein Krieggerlebniß M Sept. 187(1).
Von F. S ch u n1n1.
Wir hatten vor Laon Gefechtsanf- E
. ftellung genommen: die 6. itavallerie «
division (8. nnd lu. Ulanen, 6. stü
raisiere und 16. Hufaren), die 2 rei
tenden Batterien der 8 und4 Bri
nade und das 4. gzägerbataillon des
nach einaem Zögern übergab der-«
i 4. Arnieetorps.
Es tam aber nicht zum Angrisf z
Die Unterhandlungen des voraus ent
sandten Parlamentiirg nlücttem nnd
Kommerndiant General Therenin
d’.f)ame Stadt und Festung Laon dein
Divisionstommandeur Herzog Wil
belm von Mecklenbura. Das war Ins
9.Septenrber, Mittags halb zwölf-I
Um 2Uhr erfolgte die Entwaffnnng"
der einziehend-en Mobilgarde, Zur-»
Mann start. Unter den Klängen des .
Jägermarsches und des Preußenliedeis z
zog eine Kompagnie unserer Jäacr
ein. Um, wie Krieqsaebrauch, die .
ausgelieferten Geickütze unschädlicher
machen, ward eine Kommission ent
sandt. Der Befehl betraf den jüngsten
Hauptmann. Das war der Haupts-«
mann Mann, Chef der 2. reitenden s
Batterie des 4. Magdeburgisclxen
Feldartillerieregimentg, wo ich als.
Roßarzt stand Da ich dem Haupt
mann seh-r befreundet war, schloß ichs
mich, wie immer wenn s irgend ainq,
ihm an Zur Kommission gehHrten
noch Premierlentnant Löhne (längst
schon General), ein Vizewachtmeister,
eine Ordonnaniz und ein Trompeter.
Wir sechs ritten auf die Zitadelle zu.
Vor uns die maistgen Thürme der
Kathedrale zu Ladu.
Es war recht schlechtes, regnerisckes
Wetter-.
Da trafen wir einen Kollegen von
mir, von der 8.Brigade. Wie dassof
acht: er und ich, wir verwickelten uns
in ein Gespräch über dienstliche An
gelegenheiten wobei wir aar nicht be
mertten, daß meine Begleiter die Zi
tadelle bereits erreicht hatten.
Plötzlich -— ein furchtbarer Knall
Deutlich verspürten wir den Luft
druck.
Die Thürme wie wegraiirt. Es
waren aber nur mächtiae Rauchnyb
ten, die sie uns verhüllt hatten; sie
kamen gleich wieder zum Vorschein.
Da —- schon wieder ein start er
ichiitternder KnalL Rauch- und
Staubwsollen iiker der Zitadelle ———
Port mußte eine Explosion geschehen
ein. -
Der hauptmannl Mit diesem
Schreckensgedanten gab ich demPferde
die Sporen und gelangte bis dicht vor
die Zitadelle, in deren Umgebung eine
heillose Verwirrung herrschte.
Ein mittielgroßses Haus wsar von
oben bis unten geborsten. Vor ihm
stand, völlig kopflos, ein langer Fran
zose, der Eigenthümer. Jch ward ge
marnt, weiter vorzudringen, war aber
natüsrlich entschlossen, nicht darauf zu
hören.
Doch war ich genöthigt, den Fran
zosen um einen Trunk zu bitten. Jsrn
raschen Gespräch hatte sieh herausge
stellt, daß er zufällig gleich mir Bete
rinär war. Er brachte mir ein Glas
Wein. Ich bat ihn, es anzutrinken
Eine unschöne Vorsicht, zu der man
leider, zumal in dies-er Stunde offen
baren Verraths gezwungen war.
Hatte mir ein deutscher Kollege vor
wenigen Minuten wahrscheinlich das
Leben gerettet, so hatte ich keine Lust,
es unter Umständen durch einen fran
zösischen einzubijszen
Nun galt’s, meinen Hauptmann
suchen. Nach allern, was ich sah und
hörte, wohl nicht mehr unter den Le
benden! »
Also das Pferd angebunden und
direkt in den Hof der Zitadelle. Solch
ein Anblick. Jch vergess« ihn nie.
Da lagen unsere Jäger zusammen
Mit den Mobilgiardisten mit Schutt
und Steinen eine leblose Masse bil
dend, verstümmelt! Von den begrabe
nen Körpern ragte hier und da ein
Arn: oder ein Bein hieraus-.
Man hanc Iaxon oegonnen, oie
Schwerverwundeten wseazufchaffen
Auch die Todten zog man hervor.
Meinen Hauptmann fand ich nicht·
Ich fraate hier, »ich fraate dort: von
einem ,,Artilleriekapitän« wußte Nie
mand etwas-.
Ich durcheilte all die zuweist sffent
lieben Gebäude, in die man Verwun
dete aebracht. Die Fahne des »Rotben
Kreuzes« war meine Führerin. Mit
erwacter Hoffnung lief ich- alle Zim
mer im Hause eines Abbe ab, wo Ver
wundete lagen: von den füner keine
Spur.
Dann traf ich unseren Trompeter
im Freien: er war fast unverletit Er
kerick«tete, daß die Anderen abgestiegen,
usm das Vernaaeln der Kanonen vor
zunehmen· Die Pferde, die er so lanae
halten sollte, hatten ihn aedeeti. Zirei
derselben traren todt. Also weiter
streben! Zu einer Aebtissin in’s Kloster
aelanate ich. Die alte Dame, die in
ihrer sckneeweifzen Trackt einen ehr
wiirdiaen Eindruck «rnaekte, fiibrte
mieb durch die Laaer der Berwundekem
als irb den Gesuchien nisbt fand, wies
sie micbstill in den Garten: »Dort
lieaen die To-dten!« »
Gott sei Dank, dachte ich, als ich
ihn lsei denen auh nickt fand. Im
n’i«t«··«««n Hause lass-en ater zwei feiner
Bealeiter; der fltrerniessleutnant laa
vertrsindet auf einem Bett, der Vhr
trackstmeister scktrer rerwunket da
neben ans einer Matratve Auf meine
atbesnlose Fraae erhielt irls die trost
los-: Anttrort des einen: »Der ist todt
neben mir hinaefunken.«
Und aleicki darauffand ieh ihn. In
einem Schlassaale dss Kolleae fdas
wie üblich Jnternat triar). Ich ke
fraate. als ich di eintrat, dsn dir-sit
ti,uendsen franiöfifckkn Aret. Er niekte,
nahm mich an der Hand und führte
mieb an sein Vett.
Da laa mein Hauptmann in voller
Uniform. die srbweren Reiterstiefel
an den Fiifzen Er lebte nob. Aber
—-—— ein Blick saate mir aenua. Die
Brust hob nnd senkte sish —-— fo hoch
—als wolle sie Zersvrinaen An rer
linken Srtläfenaeaend klaffte eine
Siädelsvalte durch die sich mit den
Atbemziiaen das Gehirn hob und
sentte... So fand is) ihn wieder.
Ich rief ihm feinen Namen ins
Ohr. Wieder und wieder! Er hörte
nickt.
Ich blieb an seinem Vett. Narli und
naeb wurde das aräleickse Athnen
s-:blr«ci(fer. So laa er bewußtlos bis
halb sieben. Dann war’s zu Ende.
Ich nahm ihm die Orden von der
Brust. Mein Versprechen falls er fiele,
Uhr und Rinae seiner Mutter tu brin
aen, konnte ich nicht halten. Die Uhr
hatteer nicht niehrs die Finaer der
linken Hand mit dem Rina, zerrissen
von Verletzunaen, waren so schmerz
haft verlrampft, daß ich den Rina
nicht abziehen konnte.
Dann nahm ickx Abschied von ihm.
Das schöne sckwarie Haar und der
iuaendlicke dunkle Vollbart. Und so
still und bleich.
i
Ich stiirnrte hinaus . ..
Es stellte sieh bald beraus, wie alles
zuaseaanaen Der Pulvertburm war
in die Luft aiesvrenat worden. Der
Kommandant Theremin, aus den sicb
natürlich zuerst der Verdacht lenkte,
war, wie eine sofort ooraenonnnene
Untersuchuna eraab, aänzlich unscful:
dia· Auch trar er, der sich zur Zeit
der Svrenauna mit dem Stabe unter
hielt, selbst stsstver verletzt; er ist aqu
nach einiaen Wochen seinen Verletzun:
aen erleaen.
Ein fanatiscker Unterofsizier der
französischen Artillerie, der die Schlitt
sel zum Pulvermaaazin besessen, hatte
dieses in die Lust asesprenat, wobei er
selbstverständlich sein Leben einbüßtr.
Die Explosion aeschiah ungefähr eine
Viertelstunde früher, als beabsichtigt
war. Die Msobilaarde tvssar noch im
Abzua bearisfen. sodaß die Franzosen
einiae hundert Todte, darunter 10 bis
12 Offiziere hatten, während unser
Verlust an Todten 89 Mann und 8
Ofiiziere betrug-.
Unter der erheblichen Anzahl Ver
wundeter (die meisten auch wieder aus
französischer Seite) befand sich Her
zoa Wilhelm. der mehrere schwere
Verletzunan davontrag.
Die Stadt Laon erhielt sofort eine
Kriegssteuerauferlegt und wurde mit
Truppen besetzt. Sie hatte selbst sehr
gelitten, doch schaffte sie bereitwillig
alles Gewünschte und durch das
schwere Unglück nothwendig Gewor
dene hierbei; auch die Särge, das
heißt die langen Holziistem in deren
eine wir unseren Hauptmann detteten.
Die Leute hatten ein Holzkreuz zu
riechitgesck,snitzt. Sie hatten ihn alle
geliebt.
Am anderen Abend —- wir hatten
Ruhetag —war es so weit, daß die
Beerdigung vor sich gehen konnte. Der
Feldprediger hielt eine ergrieisende
Rede. Unser Trompeterkorps spielte,
und über die Gräber ward geschossen.
850 Gewehre der Mobilgarde aber
waren zu einer hohen Pyramide auf
as Laut und wurden abgebrannt Die
pylannnensäule leuchtete weithin ZU
Ehren unserer Todten.
Am anderen Tage gings weiter
nach Chivy zu— am Friedhof vor
über, wo wir sie wußten die nicht
mehr mitkonnten..
W
Ein Kriegergrab in Nishi-.
Auf dem weiten Platz an der Ring
mauer Wisbys, wo im Jahre 1861 rer
Dänentönig Waldemar Alterdag das
von der Hansestadt aufgebotene Heer
schlug, ist durch Zufall das Massen
grab der dänischen Krieger entdeckt
worden Es liegt unweit des Kalk
steintreuzes, das zur Erinnerung an
die gefallenen Vertheidiger Wisbys
errichtet wurde, und zu dem auch die
Touristen, die Wisby besuchen, zu
wandern pflegen· Nach vorläufiger
Schätzung enthält das Grab minde
stens Sco, wenn nicht 400 Skelette,
deren wirres Durcheinander zeigt, daß
man die Krieger bei der Beerdigung
regellos hingeworfen hat. Ein großer
Theil der Leichen ist anscheinend vor
der Teisetzurig geplündert worden,
aber gleichwohl sind große Bestand
theile der Ausriistung vorhanden. Letz
tere wesentlich aus Ringpanzerungz
die vollständige Harnischausriistung
gehört einer spät-ern Zeit an. Mir sol
chen Ringpanzern sind nicht wenige
der Stelette versehen, und auf man
rken Schädeln sitzen noch Panzerhau
ben. Die Verletzungen lassen erken
nen, wie erbittert getämpft worden ift.
Aus kräftigen Schenkeltnochen wur
den große Splitter gehauen. Jii einem
Schädel hat der erste Hieb einen brei
teii Riß gemacht und der zweite Hieb
den Sclxiidel gespalten. Meistengi seith
re:i die Verletzungen von Streitäxtm
her, die an iiieterlangen Schriften ge
schwungen murr« Glienfo kamen
Fieuleii zur Anweiidiiii:. Von den
Steletten ist erst tein Th. il aufgeno :
nten worden, doch tre: ii die irl,.·-:- o:
schen Behörden re ra: . "l, die ni
ti,igeii Mittel zur U- , stell »
damit das ganze Mii ist-. .. J blos-»He
legt irerden kann Auf dixse ttlrt wurd
das erinneruiiggreicbe Bisbn das nat-ji
dem diesjährigen Betadi ozg Kaisers
Wilhelm voii vielen Deutschen besticht
ivurk:, eine net-: An,;iel;ii:tgölrs.-.ft er
halten. Ter st.i:i«.;)f. rzxi d::n das
fand atii 27.
diesem Jghre
Firiegergrab herrührt,
Juli 1861 statt· Jn
landete Walde-. s ar Afterng
d:ndi:»
reichen Schätze Wigbiis a- ilorlten, mit;
eine m Heere bei Firouwall iiiio mar
feliirte nachdem er die feil-: cht tbewaff
neten und ungeiibten Baueriischaaren
die sich
hatte, geaen Wir-bit dessen Birnen
wie ri-: Chronik berichtet, einen Aus
fall machten. Sie wurden vor der
Ringmauer geschlaaen, woran der
Däitenkiiiiia in Wigiti einzog und die
bekannte Braiidsel iatiiing voriierinen
tieß. Waldeiiar Atterdig begniigtsJ
sich aber nicht mit den Kostbarkeiten
mit denen die Viiraerseliaft drei der
größten B·erfässer stillen mußte, son
dern pliindserte auch die Kirchen nndi
die Waarenfnaqaiine .
Klöster sowie
Indessen ging eins der Schiffe-. das
die größten Kostbarkeiten enthielt,
inätrend des Sturmes bei der aroßen
Karlsinsel unter. Was den Kampf
vor Wisby betrifft. so erleidet die bis
herige Annahme daß sich dsfe Bürger
der Stadt den Tänen entaeaenstellten,
durch den jiiniisten A iåirabunaen in
sofern einen Stoß als die Ve rletiun
aen der dänischen Krieger von Waffen
herriihrten, die niciit von Büraern
sondern von Bauern benutzt wurden.
Möglicherrveise brinaen etwaige wei
tere Ausgrabungen Licht über diesen
Punkt.
———.-..s— ·---- ,
ihm entgegenstellten, besiegt«
Gswintt oder genau-strit?
Eine scleönie Antwort ertljieilte ein
mal der Onnxotift Saphir on sstrin
Aleonnentinnein die fragten: »Wir
streiten uns, ob es hseifkti Ich- habe
Ihnen cewunlen oder ich hole Ihnen
acwinlt.« Seine Antwort lautete:
»Weil act-r zu schön im Glas der Wein
n-el(lilnlen,
Hat lich der Hang dickvoll qetrinkt;
Dran ist im Zickzack er nach Haus
qehunken.
Und feiner Grete in den Arm esinkt.
Die aber hat ganz zornig abqe unten
Und hinter ihm die Thüre zugellum
len.«
Wie dir Alten sammt-m I
Lehrer (der dem Wirthssöhnchen,
welches zum erstenmal in der Schule
ist, eins auf die Finger gegeben hat): i
»Witst Du jetzt ruhig sitzen?« ,
l
t
Wirthssöhnchem (heulend): »Nein,
’s Beichwerdebuch will ich hol-kni«
Sein Kummer-.
Philanthrop: »Sie sagen, daß Sie
der Sorgen wegen trinken, was haben
Sie denn blos für Sorgen?«
Säufer: »Ja, schauen S’, ich sorg’
mich immer, wo ich’s Geld für’n näch
sten Schnaps herkrigg!«
Rollcntausch.
,,Wo bleibt nur Spund heute, sitzt
wohl bei seiner kranken Erbtante?«
»Nein, die sitzt bei ihm.
Als er die heute früh besuchen woll
te, konnte sie ihm selbst wieder öffnen
und da ist er so erschrocker daß er
krank darniederlegt.«
Von seinem Standpunkt
Examinator: »Herr Kandidqt, was
wissen Sie Wichtisges, von der Tele
graphie?« .
Kandidat: »Das Wichtigste daran
ist, daß man durch ielegraphische Ein
richtung blitzschnell Geld von zu Haus
bekommen kann!«
Modern.
»Nun, wie gefällt Dir der Assessor-.1«
»Hm! Als Mann würde er mir
recht gut gefallen, aber als Courma
cher finde ich ihn recht fade und nichts
sagend!«
Ihre Sorge.
Professor: »Niichstens mache ich eine
Fahrt im Luftballon mit.«
Frau: »Thu’s nicht, Theobald, sonst
läßt Du gewiß unterwegs irgendwo
den Fallschirm stehen.«
Immer dicselbc.
Herr (zu einer Fran, die sich über
ihren Mann beklagt): »Was wollen
Sie denn? Jetzt, seitdem er ein biß
chen nnwohl ist, trinkt er keinen Tro
pfen Bier mehr!«
Frau: »Ach, das kenn’ ich schon!
Das thut er ja doch blos, damit er
dann wieder desto mehr trinken kannt«
Missoerftnndem
Ein Freier belrirbt sieh um die
Hand der Tochter des Kommerzien
raths Goldknopf. Er hält eine lange
Rede, welche mit zahlreichenSchmeiche
leien für Goldmon verbunden ist, die -
er durch fortgesetzte tiefe Verbeugun
gen besonders hervor-hebt. Er kommt
hierkei unwillkürlich immer ein wenig
weiter nach rückwärts, wo ein großer
Geldschrank siebt. Wie er in dessen
Nähe angelangt ist, macht ihn der
Firmmerzienrath aufmerksam mit den
Werten: »Stoßen Sie- sich nicht an
meinen Geldschrank!«
»Ach nein, Herr Kommerzienrath
- - de: soll gewiß kein Hinderniß bil
den!«
Grabe Höflichkeit
»Wir-»ich Einma, in Deinem neuen
Hut siehst Du reizend ans -— ich l)ab’
Dich axxr nicht erkannt!«
Lins- dcr Zonknicrfrifchm
»Das Zimmer gefällt mir ganz gut,
nur der l;r-l)e Miilhaufen direkt vorm
Feniier genirt mich.«
»Ach, Aussicht hätten S’ nach dera
Seien ja doch leine!«
Ahnung-sinnli
Gattim »Höre, lTrin, heut’ mufzt
Du wegen des Essens- schon ’mal ein
Auae zndriicken!«
Gatte: »Mein Gott, also nicht ein
mal zum Ansehen ist’s-?!«
Maliziii-J.
Wirth: »Kriegen Sie eigentlich kein
Heimweh, wenn Sie so jeden Abend
Rheinwein trinken?«
Gast (Rheinländer): »Bei diesem
nicht!«
s, Mildrr Protest.
Hausfrau (zu dem neuen Dienst
nsiidrlken): »Das sind ja ein Paar -
Striinmfe von mir, melelie Sie da tra
gen, Anna...so hatte ich den Fami
lienanfchlnsz aber eigentlich nicht auf
gefaßt!«
ist-in nirdlichcss Fäßchen.
»Die Stiefel hat Dir also Deine
Frau oerfteclt?! . . . Wie bist Du dann
doch in’5 Wittlyshans gekommen?« «
»Ganz einfach; ihre Schuhe hab’ ich
angezogen!«
Ein Vorschlag.
»Mein Mann aelJt tagtäglich in’5
Wirthshaus. Wissen Sie mir viel
leicht ein Mittel, ihn davon abzuhal
ten?«
»Gewiß! Geh’n Sie ’mal ins
Wirthsbans vielleicht bleibt er
dann daheiml«
Kann stimmen.
Kommerzienrath (oerfchiedcnen Gä
sten fein kürzlich erworbene-Z altes
Schloß zeigend): »Was meinen die
Herren, wie lange der Efeu hier schon
wuchert?«
Gast: »Na, jedenfalls schon länger
wie Sie, Herr Kommerzienratht«
Lebenseinsicht.
Geheimriithim «Denken Sie sich,
Herr Dottot, der junge Dichter, den
ich eingeladen hatte, wagte es gestern
zum Diner in langem Salonrock zu
erscheinen. So ein Mangel an Re
fpekt!«
Arzt: ,,Respelt dürfte er schon ha
ben, gnädige Frau, alser keinen
Frack!«