Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 03, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Rinderbrust mit Morchelsauce.
- i
Dummste von Jeo von Tarn.
Als Lieutenant von Amsloh in al
ler Herrgottssriihe und Finsternisz
zum Dienst antrabte, stieß er gleich
unten, in dem matt erleuchteten Flur
der Kaserne aus seinen Kompagnie
Wenn man zehn Minuten zu spät
kommt und tiisst aus den ersten An
hieb seinen direkten Vorgesetzten, so
ist das noch viel unangenehmek, als
wenn ein Jägersmann beim Wirsch
gange einem alten Weiblein begegnet.
Lientenani von Amsloh sprach des
halb schnell sein Morgengehet ——— was
er in der Eile zu hause vergessen hatte
—- und grüßte.
»Verzeihen, Herr Hauptmann —«
Aus einen Wink unterließ er die
herbe Klage wegen der stehengebliebe
nen Wederuhr nnd wartete gotterge
ben, dasz er angeschnauzt wurde.
Nichts dergleichen. Hauptmann
Bernhard machte ganz lleine Augen
und tauchte seine Nase in den starken,
suchsiaen Schnurrbart ---— was bei ihm
ein schallljasteg Lächeln bedeutete.
Gleichzeiti· nahm er den Arm seines
Lieutenant .
»Ist geschentt, Amsloh. Brauchen
.- mir nichts vorzuschweseln. Man ist
doch Mensch — und auch mal jung
verheirathet gewesen« Außerdem pres
sirt es heute nicht so·sehr. Wie geht’s
Frau Gemahlin?«
»Danie gehorsamst, Herr Haupt
mann.«
»Ist doch eine Nichte unseres Herrn
Brigadiers, nicht wahr?«
»Z« Befehl, Herr Hauptmann. Von
mütterlicher Seite.«
»Ganz recht. Was ich sagen wollte,
Amsloh — — am nächsten Mittwoch
ist kesichtigung Wissen Sie das
n «
»Seh: wohl, Herr Hauptmann.
Der Herr General hat sich bei mir
zum Frühstück angesagt —- en sa
mille.« «
Hauptmann Bernhard machte wie
der sein schalthastes Gesicht und
nicltr.
»Also wie ich es vermuthete. Jst
mir sehr verständlich, daß der Herr
General unsern Kasinosyraß perhor
reszirt, wenn er im Krei e lieber Ver
Wandten Besseres bekommen kann,
viel Besseres. Da3’ ist selbstverständ
lich. Sie werden ja alles ansbieten.
Dabei kommt es Jhnen vielleicht ganz
gelegen, wenn ich mir einen kleinen
Wink gestatte, lieber Amsloh —:
Rinderbrust mit Morchelsauce. Jch
entsinne mich eines Besuches des
Herrn Generals vok zwei Jahren. Er
war nicht festlich gestimmt damals.
Gar nicht. Da hat es aber im Kasino
Ränderdrust mit Morchelsauee gege
ben. Eine Rinderbrust, wissen Sie,
so mild gepölelt und zart, daß Herr
General nichts anderes mehr genom
men hat und ein überirdisches Lä
cheln seine Zuge vettlärte. Dieses Lä
cheln hat sich den ganzen Tag über
gehalten —— «l-ei der Besichtigung, bei
der Kritik; sogar noch, als sich der
Herr General verabschiedete, leuchtete
von seinem Antlitze die lErinnerung an
— Rinderbrust und Morchelsauee.«
»Dann gehorsamst, Herr Haupt
mann. Das ist mir außerordentlich
werthvoll. Selbstverständlich werde
ich —--«
»Du-stehen Sie mich recht, lieber
Amsloh. Damit soll nicht etwa ge
sagt sein, daß der Herr General sich
durch leibliche Genüsse irgendwie be
einslussen ließe. So was giebt's na
türlich nicht. Wenn wir schlecht ab
schneiden, hilst uns tein Gott und
seine Rinderbrust. Aber es ist immer
hin ein Unterschied, ob ein hoher Ches
in unsreundlicher oder besserer Stim
mung ist. Sie verstehen mich, lieber
Amsloh ——?'«
»Volliomtnen, Herr Hauptmann
Jch danke nochmals gehorsamst."
»Bitte, bitte. Gehen Sie nur jetzt
an die Arbeit. Es ist die höchste Zeit.
Sie haben sich ohnehin wieder mal
eine halbe Stunde verspätet. Und daß
Sie mit die Leute gehörig zusammen
reißeni Jhr Zug gefällt mir schon
lange nicht mehr, here Lieuienant.
Die vFliiiertrwchenduselei muß eben
mal ein Ende haben. Das bitte ich
mir dringend aus. Denken Sie an
die Besichtigung.«
»Und an Rinderbrust mit Morchel
saure,« ergänzae Alsred von Amsloh
nachdenklich, als et die Treppe hinan
stieg, um »ein die Arbeit« zu gehen.
Zum ersten Male in seiner jungen
Ehe kam Lieutenani von Anisloh ek
was zerstreut nach hause. Die kleine
Frau, weiche sich ihm schon im Kor
ridor mit einem Schrei der Wieder
sehenssreude an de Hals. hing und
dort zehn Minuten zu hängen pflegte,
wich entsetzt «i-.:riick, als er bereits nach
tnappen siini Minuten ihre Arme
löste. «
Was war geschehen —?
Frau Märcö tiesblaue Märchen
augen, die über alle praktischen Fragen
des Lebens wildsremd und verständ
nißlos hinweaschautem stillten sich mit
Thriinem Es nützte auch nicht viel,
s«das; er diese lummervollen Tröpschen
sortkiißke. Denn gleich daraus --—— bei
Tisch —- gab es eine zweite, noch
schrecklickere Sensation.
So sehr ihr der Gotte das Ideal,
der lonzenttirte Inbegriff aller Tu
genden und Vorzüge - war — eins
hatte sie an ihm nie recht begriffen: —
— dasz er essen lonntel Ein Mensch,
der solchen Appetit hatte, konnte der
eigentlich wahrhaft lieben —?
Heute aß er mit langen Zähnen.
Jedem Bissen folgte ein prufendes
Ytachschmeclen —- und er gab sich nicht
einmal Mühe, das zu verbergen.
»Sag mal, Schatzl hatten wir
das nicht schon gestern? Und vor
gestern?« «
Die großen Märchenblauen starr
ten ihn sassungslos an. Dann erhob
sie sich langsam. wankte um den Tisch
und sank an seinem Stuhle nieder
»Fred!! —- Du liebst mich nicht
mehrt«
Wäre Lieutenant von Amsloh län
ger verheirathet gewesen, als zwei
Monate und achtzehn Tage, würde
ihn dieser gebräuchlichste aller eheli
chen Vorwürfe minder tief berührt
haben. So aber war er hastig er
schrocken, warf die Serviette aus den
Tisch und hob die kleine Frau zärtlich
auf seine Knie.
»Aber einzig süße Maus! Wie
kannst du so etwas daherredent Was
hat denn solch eine beläufige Frage
mit meiner Liebe zu thun! Und wenn
es morgen wieder Fritassee geben
sollte, wird mir das eine besondere
Freude sein «—4-«
»Das ist doch Gulasch!«
»Verzeiht Selbstverständlich ist das
Gulasch. Jch habe mich nur verspro
en «
»Ach Fred,« schluchzte« sie und barg
das Köpfchen an seinem Halse, »diese
gräßliche Kochereii Es ist wirklich
nicht meine Schuld. Jch lann es an
stellen, wie ich will » es wird immer
Gulasch!«
»So beruhige dich doch, mein Lieb.
Das ist ja auch sehr schön. Ich esse
nichts lieber als das. Fiir Gulasch
lasse ich Rehseule Poularden — ja
sogar Rinder ruft und Morchelsaiice.
Aber ·—— da wir grade von dergleichen
sprechen —- hat sich auf die vielen An
noncen immer noch keine Köchin ge
meldet?«
»Das schon. Sie lonnten nur alle
nichts. Nicht eine hat gewußt, wie
viel Grad Celsius siedendez Wasser
hat. Und an:uaßend gelacht haben sie
auch noch —«
»Hm s— — — ja ja, es ist ein
Elend mit den Dienstboten. Wir wer-—
den uns wohl oder übel zu einer ent
schließen müssen. Nicht meinetwegen
J Gott bewahre. Nur weil wir doch
am Mittwoch deinen Herrn OlJeim zu
Tisch haben und ich nicht ganz sicher
bin, ob er Gnlasch mag —-'—'
»Ach Fredy, ich liebe dich so schri«
»Ich dich amti. mein Her«3l, ich dich
auch. Glaube mir das. Um aber auf
deinen Oheim zurückzukommen —- —
ich habe durch einen glücklichen Zufall
erfahren, daß er Rinderbrnst mit
Morchelsaure alleiii anderen vor
zieht —-—'«
»Du dentst an Rinderbrust, —
während ich dir sage, wie ich«dich
liebe . . .«
Lieutenant von Amsloh athmete
tief auf.
»Man muß sich leider auch mit
praktischen Dingen beschäftigen,« er
widerte er mit edler Selbstbel;err
schung. »Nanientlich wenn von die-.
ien Dingen ichr viel abhängt. Laß
uns also mal vernünftig darüber re-:
den, Märchen Abgesehen von dem
übrigen Küchenzetteh über den wir
uns noch verständigen können, muß
es unbedingt Ninderbrust mit Mor-«
chelsanre geben —«
»Es wird doch wieder Eulasch,«
murmelte sie verzagt.
»Das soll es eben nicht, Liebchen.
Deshalb werdeich dir, wenn wir bis
dahin teine Köchin bekommen, eine
perfette Kochsrau schicken — eine, die
so firm ist, daß du sie gar nicht erst
nach den Siedengraden der-Wassers zu
fragen brauchst. Inzwischen mußt du
mir eine Gesälligieit erweisen. Willst
du das?«
»Ich will alles, was du willst,
FUva
»Na schön. Dann gehst du gleich
nach Tisch zu unserm Schlächter und
besorgst fiiiif Pfund Rinderbrust.
Du besorgst das aber persönlich,
Schatz! Unserem wuschligen Zim
inermädchen gebe ich mein Schicksal
und das des Negiments »Karl Wil
helm« nicht in die Hände. Sage dem
Schliichter ernst und eindringlich fol
gendes: Wenn diese fünf Pfund Nin
derbrust nicht das zarteste und delika
teste sind, was es auf diesem Ge
biete- giebt, dann wird er mit heißem
Pech übergossen und aus Anlaß mei
ner Beisetzunz als Flambeau ange
steckt —--«
,,’-’5red, wie kannst du so Fürchterli
dies reden!«
,,Meinettvegen drohe ihm mit etwas
anderem. Hauptsache ist: DZe Minder
brust muß gut, muß tadellos, muß
ein Gedicht sein. Pöleln werde ich sie
selbst. Jch bin vom Lande und weiß
ungefähr Bescheid. Die Schlächtp
versalzen alles-. Hast du mich nun ver
standen, KlörchenW
»Ja, Ftedy —- denn ich habe dich
unsinnig lieb."
Die Liebe schließt zwar nicht aus,
daß man etwas nicht begreift ——s- im
merhin glaubte Lieutenant vvn Ams
lob, nunmehr alles gethan zu haben,
was er nach menschlichem Ermessen
Ist-nächst in dieser Angelegenheit thun
konnte. «
Und et fand sein Vertrauen auch
nicht getäuscht Die Rinderbrust,
welche er gegen Abend zu Hause vor
fand, sah so wundervoll aus, daß man
Isich versucht fühlte, sie roh zu essen.
Da auch sonst alles aus-Z beste be
sorgt war und die Kochftau —- eine
Hotelierswitttve, die es eigentlich gar
nicht nöthig hatte und nur noch aus
Liebe zur Kunst hie und da ein Man
dat annahm — fest zugesagt hatte,
war Lieutenant Von Amsloh sicher,
daß das Regiment »Kat! Wilhelm«
lmit ihm zufrieden sein würde.
General von Kappel hatte sich einen
dienstlichen Empfang verbeten. Er
wurde daher nur von seinem Neffen
abgeholi, der direkt von der Kaserne
zum Bahnhof gefahren war.
Die Stimmung des hohen Herrn
schien leine glänzende. Seine erstt
Frage war, ro die Kläre immer noch
so eine Traumflöte sei. Auf die flam
mende Vertheidigungsrede des jungen
Gatten hatte er nur ein Lächeln, das
Lieutenant von Amslvh bei jedem an
deren als ,,dreckig« bezeichnet und sich
verbeten haben würde. Dem Vorgesetz
ten gegenüber konnte er das nicht, und
so beschränkte er sich auf die Bemer
kung, daß der Herr Oheimsich ja selbst
überzeugen tr-iirde, was siir eine tüch
tige und umsichtig-Z Hausfrau Kläre
geworden sei
Aber schon im Entree verließ ihn
diese schöne Sicherheit Es war alles
so still und ketriebslos. Aus der Küche
drüben kein Klappern von Tellern und
Schüsseln, tein Dust von Rinderbrust
mit Morchelsauce...
General von Kappell lachte.
»Wo ist meine Maus-« herrschte
Lseutnant von Amslosh das Zimmer
mädchen an.
»Die aniidige Frau bat Besuch.«
,,Be——s-be——besnuunuch -— ?«
In diesem Augenblick erschien Frau
Kläre im Entree. A-ufgeliist, nach
Worten rinaend. Kaum, daß sie in
der Aufregung den Lbeim begrüßte
,,Denke dir-: Fred,« wisperte sie, »seit
drei Stunden ist ein-e ältere Dame bei
mir Zu Besuch. Zirin Teller Kuchen
hat sie schon aufaeaessen und drei
Glas Porttvein aetrunten. Ich mußte
ihr doch tras anbieten, da sie so lange
blieb. llnd das schlimmste. Fred —
das schlimmstsi ——--—- idie stochsruu ist
nicht gekommen . . .«
,,Allmäcl«-tiaer Gott «---——- —--—- aber
da sitzt sie doch!« schrie Lentnant
hon Amslob nachdem er einen wilden
Blick ins Zimmer geworfen »Was
soll denn das heiß-en, Frau Maljsnch
Weshalb —- —-«
»Berebrter Herr Leutnani,« ermi
derte die wiirdiae Dame getriinlt
,.mniichst bitte icb Sie, mich nicht nls
stock-start en l«·:-«ei-f·nen. Sie wissen
sehr aut, daß ich Ihnen nur eine Ge
fälligleit erweise. Frau Gemahlin hat
das-anch durch ihren liebenswürdigen
Empfang sehr richtig zu erkennen ge
sehen-. Wir haben uns vortrefflich un
terhalten. Und da Frau Leutnant
leine Anstalten machte, mich in die
Küche zu führen, hab-: ich annehmen
müssen, daß Sie die ,Essensz.eit ver
schoben haben.«
General von Kappell lächelte nicht
n«.ebr—W er lachte. Lachte, daß ihm die
hellen Thränen in den Bart liefen.
Auch noch drei Stunden später, als er
mit tnurrendem Maaen den Bambe
marsch des Regiments ,,Karl Wil
h:lin" entaegenaenominen hatte und
dem Osfizierslorvs seine volle Zufrie
denheit ausdrückte, laa eine nach
lostende, beinahe iibermijthige Heiter
leit aus seinen Zügen.
Als die Herren dann zum zweiten
« ale bei Frau Kläre anrüctten, war
das Essen sei-tin, Die Koch-—- dame
hatte ihr Miöglichstes gethan.
»Die Rinderbrust aber, Herr Leut
nant. konnte ich unter keinen Umstän
den serviren.«
»Um bismmelswillen —- weshalb
denn nicht!?«
»Total versalzen."
.,Ver——sal—-zen—? Ja, erlauben
Sie mal-—ich habe das Fleisch selbst
aePZtelt und weiß genau — —
«Soooo —-— Sie haben es auch noch
aepöteltl Dann verstehe ich, weshalb
einem das Zeug rein ans dem Halse
brennt. Jch war nämlich zufällig da
bei, wie Frau Gemahlin die Rinder
brust kaufte. Sie wa r schon ge
pötelt.«
Herbst.
Nun fällt das Laub, das falbe,
Mit mildern Flug vom Baum,
Die Welt hat ausgeträumet
Des Leben großen Traum.
Es geistern treiße Nebel
Gespenstisch durchs Gefild;
Ein Rabe nickt verdrossen
Vom morschen Gnadenbild.
Da plötzlich bricht aus Nebeln
Hervor ein mild (5,teleucht,
Und küßt viel wildes Leben,
Viel Augen thränenfeucht.
Auch ich hab’ ansgetriiurnet,
Den großen Lebenstraum,
Es fällt das Laub, das falbe,
Mit mildem Flug vom Baum.
Länast schwand der Lenz, der milde,
Der beiße Sommer fleukbtx
Noch einmal bricht aus Nebeln
Hellgoldtgeg Geleucht.
Heinrich Müller
Weil sie glaubte, sie wäre ver-v
lassen.
Erzählung von R u su s.
Einsam stand das kleine roh gezim
merte Holzhäuschen an der Seite des
HUMT am Eingang in das Thal,
Meilen entfernt von der nächsten
menschlichen Wohnung, und nur selten
kam ein Fremder in dieses Haus, den-n
es lag weit abseits von der nächsten
Straße. Ein kleiner Garten wiar da
l:i, der sich hinabzoa nach- dem Bache,
der im Sommer ziemlich trocken war,
in den aber in der Regen-seit die rau
schenden Wasser aus den hohen Felsen
rechts und links zusammenströmten
und hinab rauschten. Das Häuschen
hatte drei Fenster, eines nach demGar
ten, eines ins Thal hinaus uind das
andere nach einem Schuppen, in dem
ein paar Hausthiere geh-alten wurden.
Jn dem Zimmer aber saß eine alte
Frau auf dem hölzernen Schaufel
ftuhl mit den Füßen aus dem Herde,
dessen Feuer ausgeganan war. Ihr
weißes-, seidenlreiclfes Haar sicl wel
lensörmia aus die Stirn herab, und sie
strich es oft nervös zurück ———- —— Alles
an ihr war nervös, und man hätte
fraacsn möan, wenn man sie sah: ist
sie bl)1)ochondrisch, ist sie vielleicht gar
aeistia deranairt?«
Sie war so sonderbar, diie"Aite, nnd
doch war sie ganz vernünftia. Aber sie
saß seit Jahren in dieser lautlosen
Einsamkeit, nnd sie dachte fast nur
an sich und bedauerte sich selber, nur
hier und da bedauerte sie auch einmal
einen Andern, und das war ihr Sohn.
So saß sie da und die Stunden gin
aen lanasam dahin, und das gleichs
miisziae Ticken der Uhr störte sie, es
ließ sie empfinden, wie still es rings
um war, nnd fast zornig rief sie der
Uhr zu und drob-te its-r mit dem Fuß:
»Mach’ nicht so viel Lärm, du dum
mes Ding, man lann sa nichts hören!«
Seit einer, nein, seit zwei Stunden
schon borckzte sie in die Einsamkeit
hinaus, ol· sie noeli keinen Hufschlaa
höre, noch kein Räder-warum denn
ihr Sohn war zur Stadt gefahren,
und er blieb wieder so lanae aus«
Endlich lzioa der Waan um die Ecke
und bald darauf war er auch bei ihrem
Hause. Sie war schon lanae aufne
sprunaen —- Alles aina schnell bei ihr.
und toar dem Waaen bis an die nächste
Bienuna des Pfades entaeaenaeaan
aen. Sie konnte sich nicht l·»-lsen. sie
weinte bstisterisch als-der Waaen hielt,
Und ilir Sohn schaute sie mit seinen
sreitndlirteii Aue-en tranria an und
sagte: »Was bast dn wieder-, Mutter?«
»O Andrew. du lsist wieder so lanae
Geblieben-nnd es war entsetzlich ein
sam nnd still, ron der Erde bis hin
ans zum Oimnel Nur die alte vers
riictte illir tirlte so itnbeinilicki. als
wolle sie ibr Leben ans den Rädern
beransscktaaen — « das macbte die
Stille noch s«:i«re.«klist«i:r. O ich rskrlanate
so danach, eine menselsliste Stimme
m böten——ivarum bleibst du immer
so lanase?«
»Mutter, dn treißt sa, ich muß zum
Markt fahren nnd unsere treniaen
Nrodntte Vers-Inferi, damit wir leiten
können. Und du treiskt der Wea ist
Viele Meilen lana nnd Ki — tdas trat
das Pferds ----— ist nickt mehr is!na.«
Er sprach sanst nnd freundlich mit
der Alten. trsie mit einem Kinde, aber
sie blieb bitter nnd nninsriedem unsd
fnlyr fort: »Mir bin lalt bis anf’s
Mart. kNe Kohlen sind lanae verlo
sckssen auf dem Herde.«
,E’(a dann bast du wohl vergessen
neue attszuleaen?«
»Wie kann man an altes denken
wenn man einen Sohn bit nnd der ist
sortaea«anaen. nnd kommt vielleiebt nie
wieder-. Mises tdas war der nämlic
Narbbar, ein alter braver Mann der
alle Rilme ein vaar Mal in die Siitte
In Bein-b kam) bat mir non dien kotb
scisen Weibern und Mädchen da unten
in der Stadt erzählt, nnd ich treisi ——-—
ich -bin nnr die alte Mutter-, nnd sie
haben roth-e Wsanaen und blitzende
Auaen und lustiae Lippen, und der
Taa wird kommen, da aeslyst du fort
von mir Und kommst nicht wieder, und
das-n muß ich allein hier sterben. Und
daoor habe ich Anast.« s
»Ach, Mutter, sei doch nicht immer
so trübsinnia —-— ich hab-e wahrlich kein-e
;D,eit, an sotcke Dinge zu denken, und
ieh werde dich nie verlassen. Und nun
-- - Ki ist durstig und hungrig —- ieb
muß ihm Wasser get-en und ihn füt
tern. Aber erst will ich dir rasehFeuer
auf dem Herde inachen.«
Die Mutter wurde sanfter, ihr böser
Unnmth verflog und sie sagt-et »Dann
will ich den Those machen, und irenn
du wieder hereintoinnist, soll der Tisch
gedeckt sein.«
»Das hört sich gut an« für einen
hungrigen Msann,«« sagte Andequ und
er ging und machte Feuer, und dann
«h-olte er aus deni Wagen einen Kasten,
der war mit einem Tuche verbunden.
Es bewegte sieh etwas darinnen, und
als er das Tuch abnahui, sah man ei
nen jungen Vogel darin, den hatte er
unterwegs einem Habicht abgsejagt,
der ihn soeben gefangen hatte und töd
ten wollte. Der Flügel des Vogels
war schlimm zugerichtet, aber sonst
war er gesund, und er schrie vor
i Hunger. "
i s bringst du mir immer solch
hä liches Biehzeug mit — du weißt
ja, ich kann es nicht leiden,« sagte die
)alte Frau. Aber als der Sohn ant
» wortete: »Ja, ich kann es nun einmal
j nicht lassen, den- Hilslosen zu helfen —
belfe ich nicht auch dir, wenn ich nur
;immer tann?« —- da wurde die alte
»Frau vson Neuem zornig. »Ich habe
viel ertragen seit langen Jahren, aber
; das war doch das Schlimmste. dasi du
mir. vortotrsst, daß du mir helfen
mußt. O, wenn ich doch stürbe, da
ich dich von mir befreite — ja, ich wet
wohl, wir haben nur Brod sür zwei,
und so lanae ich lebe, ia so lange ——«
»Mutter, vergieb mir die ungeschick
ten Reden, ich habe es ja nicht so e
mein-t, wie du es verstanden hast. Zch
wollte ja nur sagen,··daß ich das, was
ich in Wirklichkeit aus Liebe thue, auch
selbst ohne Liebe thxun würde, schosn
aus Mitleid,,1reil es nun einmal so
in meiner Natur liegt, den Htlslosen
zu helfen. Aber nun muß ich hin-aus«
Ki muß Wasser haben«
Ki war schon den Weg hinabgewan
dert nach dem Bach, aber er wartete
auf seinen Herrn, er war gewohnt, aus
dem vollen Eimer zu trinken, Und nicht
aus dem Bach, und so wartete er aus
den Eimer. Endlich kam der Herr-—
aber in demselben Augenblick tvsieherte
Ki, wie er es zu thiun pflegte, wenn
er etwas Unaewöhmliches hörte und
sali. Andrew schaute nun hinüber
nach dem Felsen, und da. sah er ein
Mädchen liegen, das war offenbar
iibser den Fels aewandert und war
dort an einer steilen Stelle hinab-ge
alitten und bietabsaestiirzt und hatte
sich sehr web gethan Sie versucht-e
sich zu erheben, aber daH aina nicht «--—
Andrem aan hinüber iiber den Bach,
um ibr zu helfen, und als- er sah, wie
die Sacke stand, und das-z sie sichs weit
Vom Wege verirrt lsiatte und biet ar
stiith trat, lud er sie schließlich auf
das Pferd und brachte sie zur Hütte
Die Fremde mußte aepileat werden,
das aina absolut nicht anders, sie
konnte nicht neben. Und sie blieb in
dem Hause: dsaiZ waren schreckliche
Jaae siir die Mutter und schöne siir
Andrem Jedes freundliche Wort,
welckeg der Sohn zu der schönen
Fremd-en sprach, die Rachel hieß,
schnitt der alten Mutter ins Herz;
mit wachsend-er Angst sah sie, wie die
Beiden von all dem Schönen sprachen,
was es auch In dieser Einsamkeit gab
von den Blumen im Garten, von den
Schmetterlinan, non den Insekten,
von den Steinen und ihnen Formatio
nen. Die Mutter hatt-e das Gefühl,
als ob iede Stunde ein Erdbehen
kommen könnte, oder als ab ein Tor
nado, eine Lawine Alles hinwegreißen
werde und sie dann allein, verlassen,
blind zurückbleiben miisse.
Aber nichts von alledem geschah —
die Fremde wurde wieder aesund und
ir anderte weiter ein paar Meilen nur
hatt-e sie zu geht-n nach dem Platze,
wohin sve gewollt hatte, nnd Andrew
zeigte ihr den Wieg.
Nun war es wieder still und einsam
in der Hütte, noch stiller als vorher,
denn die Mutter sprach kaum noch ein
Wort. Andrew versuchte es auf alle
Weile« sie zum Reden zu bringen, sie
lriitete vor sich hin. und ihsm war es
nun so einsam zu M.1the, wo er ging
und stand, dermißte er die selji" one Ra
fel. Er arbeitete, um sier reraessen
nnd als er selber nieltt aenug zu thun
hatte, da gan er hiniilser zu dem alten
Miles, um ihm zu helfen, ein neues
Dach auf seine Hitze zu setzen.
So gingen die Tage trübselig dahin
—- eines Morgens stand Andrew neben
dem Stuhl aus, auf dem die alte Mut
ter saß und strich ihr mit der Hand
Eil-er das Haar. »Warum bist du so
still geworden, liebe Mutter, warum
sprichst du fast gar nicht mehr?« fragte
er sie. Aber sie lonnte ihm nicht ant
worten — sie wußte, daf; er an diesem
Tage hinabfabren mußte nach der
Stadt, um Mehl zu tausen, und die
Angst schnürte ihr die Kehle zufam
men.
Er fuhr davon und als er wieder
iam, da war die Mutter nicht in dem
Hause, nicht in dem Garten. Er suchte
sie, und er fand sie todt in der
Scheune, sie hatte sich selber den Tod
Iegehen
Da senkte es sich wie schwarze Nacht
lerab auf den jungen Mann —-— er
konnte das Schreckliche nicht fassen,
nicht verbinden. Monate lang war er
wie betäubt, der alte Miles hatte ihn
Zu sich genom ken in sein Haus, damit
r nicht ganz allein war in seinem
Schmerz. Nach und nach fing die Zeit
an, den Schmerz zu lindern, nach und
nach sing er an zu glauben, was Mi
les ihm jeden Tag sagte: »Sie war ja
nicht bei Verstand, als sie das that, du
haft ja immer an ihr gehandelt, wie
ein guter Sohn, du hast dir keinen
Vorwurf zu machen. Endlich kehrte er
nach- seinem eigenen Häuschen zuriick,
nnd an der Hand führte er die schöne
Esiachel — sie war nun sein Weib, sie
wollte in der Einsamkeit bei ihm woh
nen. Und Glück zog ein in das kleine
Haus, wo so lange bitteres Weh ge
wohnt hatte. -
Monate waren vergangen, da fand
Rachel in dem Schuppen unter Balken
und Brettern Versteckt einen Brief, den
Die Mutter an dem Tage geschrieben
««I:atte, wo sie in den Tod ging. Darin
stand, daß sie glaubte, ihr Sohn werde
nicht wieder aus der Stadt zurückkeh
ren — denn er liebe die junge, schöne
Fremde.
Rachel las den Brief und weinte
bitterlich. Dann aber nahm sie das
Papier und trug es zum Feuer, und
wartete, bis es zu Asche geworden war
s— denn das Eine war ihr klar, daß es
ssesser siir ihren Andrew war, wenn er
niemals erfuhr, was in diesem Briese
gestanden hatte.
HON
Erklärt
»Du wolltest doch die kleine Ging
hosf heirathen — woran hat sichs
zexfchlagen —- hat sie zu wenigGeld?«
»Nein —- zu viel Verstand!«
Alt-suec Nisvexstsnstiss -
Hausarzt: ».... ja, sa, IIIM
auf Jhr Herzchen müssen wir geb-b
tig auspassan Das haben Sie III
Jhkem seligen Großvaters«
Backfisch: »Ach, war der auch ff
» verliebt?!«
Was Hüttchen werden will. . . .
Lehrer: ,Welcheg1 Nutzen brin
uns die Naturgeschichte?«
Moritz: ,,Vierzig Prozent!«
Lehrer: »Wie meinst Du dem
das?«
Moritz: »Nu, der Vater sooft se mit
sechzig Fennje un Verkooft se mit ’ue
Mark!«
Gut abgelaufen.
Frau: »Was ist denn los da drun
ten?«
Mann: ,,Runter g’stürzt bin i in
Keller!«
Frau: »Doch net unter die Wein
flaschen?«
Mann: »Nein, dene ist uix passittf
Frau: »Na, was schreist denn nach
her a so?«
Satknstisch.
Kellner: »Bei uns ist heuteTause!·
Gast: «Erlliiren Sie sich deutlicher
Wein- oder Kindtaufe?«
Kaserncnhosblüthe.
»Sie, Einjähriger! Sie machen
auch so ein griesgrämiges Gesicht, als
ob Ihnen das Dienen nicht behage; -
Sie sind doch Freiroilliger!«
Sichcres Zeichen.
Kommerzienraths Aelteste scheint
das Heirathen endgültig aufgegeben
zu haben.«
»Ja! — Sie tritt bereits als
Frauenrechtlerin auf!«
Protz.
»Ist das vielleicht ein Onkel Jhres
Herrn Sohnes, mit dem ich selben
heute begegnete?«
»Mein Sohn hat’s Gott sei Dank
nicht nöthig, Onkel zu haben!«
Erstcs Ballgcspriich.
Er (zu seiner Angebeteten, welche
die Tochter eines Schneiders isl):
Fräulein Hulda, können Sie mir
vielleicht sagen, ob Jhr Herr Vater
meine Hosen fertig hat?«
Nobel.
Gnädiae (zur stellesuchenden KI
chin): ,,Waren Sie nicht auch einige
Zeit bei der Räthin?«
Köchin (da sie nur aushilssweise
dort war): »Ja, dort habe ich abet
nur gastirt!«
Scharf-e Konkurrenz.
Pietolm »Herr, soeben ist aus dem
Weg zu unserem Hotel ein Reisender
total aus«-geraubt worden!«
Hotelier: »Gemeinheit, einem dii
Kundschaft so vor der Nase wegzu
ichnappen!«
Das grosse Uebel.
Herr (lachend): »Heute war der
Gerichtgvollzieher in meiner Wohnung
und hat einen Theil unserer Möbel
gepfändet.«
»Und darüber lachst Du?«
»Ja, weißt Du, es ist nämlich auch
meiner Frau ihr Klavier darunter.«
Wenn.
Arzt: «Fünsundachtzig Jahre also
haben Sie schon hinter sich, da haben
Sie aber ein schönes Alter erreicht.«
Bauer: »Fiinfundacl;tzig Jahre,
was will das sagen! Wenn mein Va
ter noch leben würde, dann wäre er
jetzt über hundertzwanzig Jahre alt!«
Unversrorrm
Hausfrau lzur Köchin): »Ich muß
Zie noch einmal um Stundung Jhres
Lohin bitten, aber in nächster Woche
k.«ezahle ich Sie bestimmt mit einem
Fünfziamarlsclkein —- können Sie mit
vielleicht schon jetzt den überschüssigen
Betrag von zehn Mart l)erausgeben?«
Ein Vorsichtiacr.
Professor (von Selbstmordgedanleu
geplagt, am Wasser stel)end): »Ich
halte es nicht mehr länger aus, hier
stütze ich mich hinein! — Aber ich bin
augenblicklich sehr erhitzt, da muß ich
noch ein Weilchen warten, Um nicht
nachher krank zu tverden!«
Vätcrlichc Freude.
»Wie, Herr Müller, Sie freuen sich.
weil Jhre Tochter im Abiturienten
examen durchgefallen ist?«
»Unsäglich! Denn Tags darauf
fing sie an, kochen zu lernen!«
Der Mücken-in
Ein fabelhaftes Gliid hat der Bo
ron. Erst verlobt er sich mit einer
steinreichen Dame und nachher gr
winni er auch noch das große Lops
jetzt braucht er sie vielleicht got
nicht zu heiratl)en!« ·
C -.--.—.»...
Aus Erfahrung.
Junge: »Vater, gieb mir zehn Hek
ler, ich tnöcht’ mir drüben bei de
Manne Aepfel kaufen.«
Vater (Schmieren - Schauspieier):
»Junge, das kannsie billiger habe-.
Geh’ hin, streck’ ihm die Zunge ais-.
vielleicht wirft er Dir ’n paar Aepiel
nach.»