Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 27, 1905, Sweiter Theil., Image 14

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    Die Spielgefährten.
Roman von V. Wiesen.
(8. FortsesungJ
·Ja, ein böses Wetter, stimmt der
satte bedauetnd bei. Dann, die erste
Frage wiederholend: »Als-«- die Lifel
tsi wohl and munter?«
»Natürlich, das heißt, soweit eine
junge Frau in soichen Zeiten wohl zu
sein pflegt. Etwas blaß sieht sie aus
und ift fentimental gestimmt. Das
kommt von ihrem Zustande-«
«Dat sie über etwas getlath«
forschte et besorgt.
»Ach Gott bewahre, worüber soll sie
wohl klagen? Daß sie jedesmal ein
betrübteö Gesicht aufsetzt, wenn ihr
Mann zur Stadt fährt, finde ich sehr
albern, habe es ihr auch gesagt."
»Als-) fuhr er heute wieder forr«g"
»Nun ja, zu einem kleine Herren
abend im »Goldenen Lamm«. Es war
eine Verabredung mit früheren Be
kannten. So etwas läßt sich nicht um
gehen; das »noblefse oblige" hat gott
lob bei manchen Menschen seine Be
deutung noch nicht verloren. Alice
sollte sich der gesellschaftlichen Bezie
hungen ihres Mannes freuen. statt
darüber zu seufzen. Er braucht doch
nicht immer an ihrer Schürze zu hän
gen.«
»Aber auch nicht Tag fiir Tag sich
auswärts zu amijsiren," murmelte
Dittmer und fügte mit Aufwand von
Energie laut hinzu: « laub mir man,
Mariechen, die Wirthschast kann nicht
gut gehen. wenn er sich blos nebenher
darum kümmert. Er thut zwar im
mer so, nimmt den Mund voll und
redet uns dies und das vor, aber ich
hab« nun mal kein rechtes Zutrauen.«
Maries stechender scharfer Blick läßt
ihn verstummen.
»Du verstehst eben solche Naturen
nicht« Er bewirthschaftet fein Gut
Iielleicht vorzüglich, aber er ist ein
Edelmann und lein Bauer, er dispa
nirt, statt selber hinter dem Pflug
herzugehen. Einer schafft es durch
geistige Fähigkeiten, der andere durch
feine schwieligen Fäuste.«
Dittmer widersprach nicht. Vielleicht
hatte Marie wirklich recht, und nur er
war so altmodisch, zu glauben. man
müsse sich von friih bis spät schinden,
um etwas zu erreichen. Freundlich
und persönlich wünschte er feiner Frau
.Gute Nacht«« nur die schwielige Faust,
die er scheu im Begriff war, ihr km
zufirecken, zog er verlegen wieder zu
tück.
An der Schwelle des Zimmers
übertam ihm plötzlich wieder die
Athemnoth, wieder fühlte er das
schmerzhafte Stechen im Rücken. Al
les Blut trieb nach dem Kopf.
«Jch weiß gar nicht, was das mit
mir ist,« fiammelte er, sich am Thür
pfdsten haltend. ;
Frau Marie fah auf. »Mann,j
was haft Du denn für ein seuerrothes j
Gesicht, wie siehst Du aus? Jch glaube
gar —- Was hast Du Dir zum Abend
brot geben lassen?« (
»Nichts —- ich —- mir ist nicht
wohl. Bis morgen wird’s schon bes
ser sein.« Schtvanienden Schrittes
verließ er das Zimmer.
Aber es war nicht besser am andern
Morgen. Ein heftiges Fieber stellte
sich in der Nacht ein und ein kurzer,
trockener Huftem Dittmer konnte das
Bett nicht mehr verlassen. Frau Ma
rie ließ sofort Fliederthee kochen, den
der Kranke in halbstündigen Pausen
trinken mußte. Dies gute hausmit
tel hatte sich noch stets bei Ertältun
gen bewährt. Auf dem Lande pflegt
man nur in ganz dringenden Fällen
nach dem Arzt zu schicken die Pferde
werden gar zu nöthig für andereZwecke
gebraucht, und man weiß sich auch al
lein zu helfen. Gewiß hatte Dittmer
durch das stundenlange Stehen auf
der zugigen Scheunendiele sich diesen
chlimmen Katarrh geholt. Da war
und Bettwiirme die beste Kur.
Der Kranke klagte taum, und wenn
nicht gerade ein schwerer, athemberau
bender Huftenansall ihn rüttelte, lag
er ganz still, die groben, braunen
Hände auf der Bettdecke gesaltet, die
Augen starr aus irgend einen Punkt
des Zimmers geheftet. Ab und zu
murmelte er Zahlen vor sich hin, dann
wurde sein Blick unruhig, der graue
Kopf wandte sich wie in innerer Pein
von einer Seite zur anderen, und in
die blaßblauen, glanzlosen Augen trat
der hülslose Ausdruck des tlardenten
wollen und nicht -tönnen3.
So war sast eine Woche vergangen,
aber statt nachzulassen, steigerten sich
sien und Fieber von Tag zu Tag.
t redete Dittmer wirres Zeug vor
seh hin. Da wurde Frau Marie doch
besorgt und Ließ aus der Stadt den
Doktor holen. Dieser stellte eine bes
ttge Limgenentziindnng fest, die lei
der schon sehr weit vorgeschritten und
. deren gnzgang daher schwer vorherzm
Ums saß Frau Dittmee in gewis
Pslichteesullung am Bett bei
reichte ihm die Medizin und
zumute-. Er merkte ei
II- fes-Iso- sm its-Ist e
schlv en. die breite Brust arbeitete
mii am beim Athemholen, die Lip
pen murmelten verworrene Sätze.
Immer war es Alice, mit der er
sich beschäftigte, Alice, zu der er sprach.
Dann zuckte über sein Faltengesicht
ein verwehtes Lächeln, das gleich da
raus in einem schmerzverzerrten Aus
druck erstarb. «
Die Nacht war sehr unruhig gewe-»
sen. Jn der Frühe wurde eint Bote
nach Dobratvitz geschickt. Gegen Mit- 1
tag kam Alice.»
Wie sie stürmisch, leidenschaftlich
nach dem Besinden des Kranken fragte,
war sie noch ganz die Alice von ehe
dem, nur ihre Augen hatten einen ver
schleierten, in sich geschrien Blick, der
früher nicht darin gewesen war.
Voll zitternder Angst beugt sie sich
über den Kranken und streichelt sein
dünnes, an den feuchten Schläsen kle
bendes haar.
.»papachen. iieves Papachem rore
geht's? « Hast Du große Schmerzens«
Er antwortete nicht; die trockenen
Lippen bewegen sich leise.
»Papachen, Du erkennst mich, nicht
sahn Papachen? Ich bin doch Deine
ich.«
«Lich,« wiederholte der Kranke, den
Klang des lieben Namens erfassend
Die junge Frau setzte sich behutsam
auf den äußersten Bettrand.
«Soll ich Dir nicht die Kissen auf
schiitteln, Dir etwas zu trinken drin
gen? Sag doch nur ein Wort, Papa
chen. Freut es Dich denn gar nicht,
daß ich bei Dir bin?«
»Lich,« murmelte er noch einmal,
»kleine Lich.« Darin wie im Traum:
»Ich soll Geschichten erzählen —- wart
inal — ich muß mich erst besinnen —
imrnerzu Geschichten —- nein, ich weiß
nicht mehr. Komm, wir gehen spa
zieren —«
Alire hält seine fieberheiße band in
der ihren, lauscht auf die anzusam
menhängenden Worte, die er mühselig
herdotstößL
Längst vergangene Bilder scheinen
ihin vorzuschwebem Liry ist noch klein«
trippelt neben ihm durch das Feld, er
muß acht geben, daß sie nicht weiter
fortliiuft. Und dann ist sie müde, er
will sie tragen. «Lieschen, nicht wei
nen. Vater nimmt Dich hol-hat«
Wir rührend zärtlich diese arme,
rasselnde Stimme klingt! Der Kranke
macht eine Bewegung, als wollte er
die Arme heben; schwer fallen sie auf
die Bettdecle zurück. Ein Stöhnen,
ein neuer Huftenanfall.
Alice weicht nicht mehr von der
Seite des Kranken. Gegen Abend
mahnt Frau Marie, daß es Zeit sei,
nach hause zu fahren. Die junge Frau
schüttelt den Kopf. »Ich bleibe bei
Papa, solange ich ihn noch habe.«
Die ganze Nacht sitzt sie aufrecht an
seinem Bett, wie erstarrt vor Jammer.
—- Alleö, was ihr der arme, alte
Mann, den sie in aualdollem Leiren
ringen sieht, von frühester Kindheit an
war, tritt lebhaft vor ihre Seele. Jhni
dankt sie jede Freude, jede sonnige
Erinnerung. Wie hatte er sein Kind
verhiitschelt, umsorgt, wie war es
glücklich und geborgen gewesen in sei
ner Liebe.
Ein Frösteln läuft durch ihre Ge
stalt. Nur nicht ihn verlieren, nur
das nicht! Sie braucht dies warme,
treue Herz, es darf nicht aufhören zu
schlugen
Aber vielleicht wird auch alles wie
der gut. Der Vater war itn Leben
nie trank, hat nie geklagt, hatte eine
so kräftige Natur. Vielleicht, ach viel
leicht! —- Behutsam beugt sie sich über
den Leidendein Er liegt viel stiller
als bisher, auch das entsetzliche Rö
cheln auf der Brust klingt weniger
laut.
Schläft er? —- cie lauscht mit an
gehaltenern Athem —- dann — hastig,
entsetzt richtete sie sich aus und stürzt
über den Flur nach der Mutter Schlaf
zimmer.
Frau Marie ist noch wach; sie hat
eben ihre Wochenrechnung abgeschlos
sen und liest zetzt das tägliche Kapitel
in einein Erbauungsbuch
»Mutter, um Gottes willen, schnell,
schicke nach der Stadt zum Doktor.
Papa —- ich weiß nicht, was das ist
—- ich meine, der Athem setzt biswei
len aus.«
Frau Ditttner legt das Gebetbuch
aus der hand.
»Du-tust Dich entschieden, mein
Kind, nimm Dich zusammen. Du
mußt Dich-in Deiner Lage nicht so
furchtbar aufvegern Vater ging eö ja
am Nachmittag viel» besser als die
Tage zum-IX «
., Aber jest ist’5 schlimmer, glaub
mir; laß sosortsben Arzt holen." Der
Kutscher wird geweckt. Eine halbe
Stunde später rasselt der Wagen vorn
Das herunter.
Dann ist wieder alles still rings
umher, unheimlich still. Die Minu
mi MM engb- langtzdnz inieiqneear
stehen . mmer w r
skMIMMDMMUbt-—
will er denn nicht von der Stelle
rücken? «
s Ach, dieses Worten, diese taihlose
zAngstL — Und wenn die Pferde ja
;gen, was sie können, es müssen min
destens vier Stunden vergeben, ehe der
FArzi da ist.
z Alice kniet neben dem Bett; ge
iwaltsam unterdrücktes Schluchzen et
Ischiittert ihren Körper. Frau.Matie
Jsitzi steif und gerade aus einem Stuhl
iam Fußende des Lagers. Auch sie ist
»sehr blaß; vielleicht kommt es ihr jetzt
zum ersten Mal zum Bewußtsein,
was sie an diesem schlichten Mann be
saß.
--·.-« - kno
Das gcvcmpsle Licht einer nett-au
.ten Lampe läßt die Ziige des Kranken
nur undeutlich erkennen, aber sein Ge
sicht scheint die runde Form verloren
zu haben, es sieht tlein und schmal
aus. Die Schlösen sind eingefallen.
O Gott, kommt denn der Dottor
noch immer nicht!? — Horch — war
das nicht der Wagens
Alire springt aus« eilt ans Fenster
und schlägt die Laden zurück. —
Duntle, sternenlose Nacht. —- Nein.
tein Räderrolten. Es ist nur Thraz.
der dicht vor dein Hause in langgezos
gen-en, tläglichen Tönen winselt.
Kummermüde lehnt die junge Frau
ihren brennenden Kon an das Fen
sterglas. Sie will beten —- beten. —
T Da — ein leiser Aufschrei im
JKranlenzimmen Sie stürzt hin.
sMama steht aufrecht neben dem Bett,
jhat das Taschentuch an die Augen ge
spreßt —- und der Vater. der liebe,
Lliebe Vater . . . Es war zu Ende.
Als im ersten blassen Morgengrauen
der Arzt lam, konnte er nur noch den
,Todtenschein aiisstellen
) Still und ohne Gedränge, wie sein
Leben gewesen, so wurde der alte Ditt
mer zur Ruhe gebettet auf dem kleinen
Frindhof des Kirchspiels. Aber der
Tag bewies, wie viel Liebe und Werth
schätzung sich der bescheidene Mann
bei allen, die ihn tannten, erworben
hatte· Von i;ah und fern kamen sie
herbei, um ihm das letzte Geleit zu ge
ben. Unzähiige Zeichen aufrichtigen
Beileids wurden der Wittwe in Ge
stalt von Kränzen und Zuschriften zu
theil, immer hörte sie es von neuem,
was siir ein edler, braver, hochherzi
ger Mensch ihr Gatte gewesen war.
Frau Man-.- empfing jeden Besuch
und antwortete aus jede Zuschrift mit
sder ihr eigenen gemessenen Ruhe. Sie
hatte ihre Fassung und vornehme Hal
Ftung nicht einen Augenblick verloren.
tMit bewunderswürdiger Umsicht nahm
sie schon nach wenigen Tagen die Guts
verwaltung in ihre eigene Hand und
wußte sich in den Büchern. die übri
gens in peinlichster Ordnung geführt
waren, zurechtzufinden
« Fiir die äußere Wirthschaft hatte«
sie an dem Kämmeier Brunt einen
vortrefflichen Beistand. Brunl, ein
rüstiger Fünfzigen war nun schon
nahezu zwanzig Jahre in Tanninten«
mit allen Einrichtungen vertraut und
idaher vollkommen fähig, in gleicher
sWeise wie bisher weiter sortzuwirth
ischasten «
So beschloß Frau Marie, das Gut
einstweilen zu behalten, da ohnehin
bei einein Verlauf, nach Abzahlung
der Hypothekenlaften, ihr laum das
iNothwendigfte zum Lebensunterhalt
sübrig geblieben wäre. —
l Jm gleichmäßigen Lauf der Tage
ischloß sich die Lücke schnell, welche der
sheimgang des alten Dittmer hinter
slassetn und dem tühlen herzen seiner
IFrau hatte er nie so nahe gestanden,
Jdaß sie ihn jetzt schmerzlich vermißt
shätth ;
J Nur Lich trauerte tief und heiß um
jden Verstorbenen· Jhrein ernsten, zit
Jgellos hervorbrechenden Schmerz war
;allmiihlich ein stummes, brennendes
JSehnen gefolgt. Unablässig fiihlte sie
dies heimweh nach des Vaters linderp
« zärtlicher Liebe.
« Gegen ihren Gatten sprach sie sich
nie darüber aus; sie empfand instink
tiv, daß seine Art, landläufigen TrosiI
zu spenden, ihr nur noch weher thun
würde. Auch war er ein Feind-jeder
spSentinientalitätch iind Alice hatte
iin den zwei Jahren ihrer Ehe längst
jgelernt, sich seinen Wünschen anzu
»passen. .
Wenn die junge Frau, in den vie
llen einsamen Stunden des Tages acn
Fenster ihres hohen, düsteren Wohn
zimtnerg saß, gedankenvoll in den
Schloßparl hinausblickend, der einst
das Ziel ihre: Neugier gewesen, dann
fragte sie sich oft, woher es käme,
das-. das unermeßliech Glückaeiiibl,
mit dem sie diese Schwelle überschrit
ten, so bald vertauscht war.
Alice hatte sich das Leben an der
-Seite des geliebten Mannes anders
gedacht. Nicht eigentlich, daß sie Wa
isil einen Vorwurf machen konnte; er
war, wenn überhaupt daheim, nicht
unfreundlich, im Beisein Fremder sa
gar zuvorlammend gegen sie. Aber
seine Stimmungen schwankten fort
während zwischen kühlen überlegener
Ruhe und nervöser Erregtheit; his
weilen glaubte sie allerdings aus sei
nem Ton etwas wie spöttische Ge
ringschätzung herauszuhsrem doch das
mußte natürlich ein Jrrthum sein«
Wasil liebte sie ja, warum hätte er sie
sonst begehrt? Alice war zu jung« zu
weltsrernd, hatte nie Gelegenheit ge
habt, andere Ehen mit der ihrigen zu
vergleichen- Sie beschwichtigte ihr
herz, indem sie sich einredete, was ihr
früher von Liebesglllck vor fchvedt
Ist-seen evmantifche Phanta gebilde.
denen die Wirklichkeit niemals ent
spräche. Anfangs wehrte sie sich mit
aller Kraft der Seele gegen diese Ueber
zeugung; ihr warmes, junges heez
wollte sich feine Jdeale nicht entreißen
flossen, sie opferte noch dem Gösem
.wennschon der Glaube an ihn zu
E schwinden begann.
I Die junge Frau saß und geübelte,
die Hände im Schoß gefaltet. Lang
sam rollten ohne daß sie es merkte,
Thtänen über ihr Gesicht. Jm Zim
mer breitete sich die Dämmerung des
,Hetbstabends aus.
. Da wurde die Thitt geräuschvoll ge
öffnet.
Bist Du hier, Alice?«
Sie sprang auf. »Ja Wasil, was
soll ichs«
»Ich glaube gar, Du sihest im Dun
keln und weinst. Wie kann man sich
nur so geben lassen? Es ist bald ein
Vierteljahr daß Dein Vater todt ist,
nun wörg wirklich bald an der Zeit,
sich in das Unabänderliche zu sindenk
Sie fuhr mit der Hand iiber die
feuchten Augen· »Es kam mir —- ich
weiß selbst nicht« wie. Verzeiht —
Was wolltest Du von mir?«
Er rechte ihr einen offenen Brief.
»Plessens laden uns fiir nächsten
Freitag zum Mittagessen ein« Er
schreibt, wir möchten uns einrichten
auch gleich den Abend dort zu bleiben
Jhr Frauen schwatzt miteinander, und
wir machen ein Spielchen Nun?«
aW»s"Il, jetzt während der Trauer
kann ich doch nicht in Gesellschaft ge
henGesellschaft? Plessens geben lei
nen Ball; in solchem ile nen Kreise
list Dein schwarzes Kleid kein hinder
s niß «
s »Aber ich tann es noch nicht ertra
sgen unter irohliche gleichgültigeMen
Lschen zu gehen; wirklich ich kann nicht
lAlles Trauriae steht noch zu frisch in
meinem Gedäd:iniß. «
Es war jetzt fast dunkel im Zim
mer. aber sie meinte doch zu sehen, wie
sihres Mannes schone weiße Stirn sich
Iwrunzelte
l »Dann das-ist Du Dich nicht wun
ydern, wenn ich silr mich allein zusage,«
entgegnete er in ungeduldigem Ton.
»Du kannst nicht von mir erwarten,
kdasz ich Deine setir überflüssige und
stangweilige Klausur theile. Und seht
;a·dieu, liebes Kind.« Er streckte ihr
die band hin und sagte freundlicher
ihinzm
Laß Dir die Lampe bringen und
.lieii irgend einen Schmöker, damit Du
auf andere Gedanken kommst. Jch muß
heute noch zur Stadt, es ist wieder eine
verdammte Menge von Geschäften ab
.zuwickeln. Abendbrot brauchst Du
nicht siir mich aufzuheben, es wird
gewiß spöt, ehe ich zurücktommc Gute
Nacht also.«
»Gute Nachts nickte Aliee. Die
Thiir schloß sich hinter Wasil. —- Die
junge Frau Zauschte auf die sich ent
fernenden elastischen Schritte. Es war
iilsr irn ersten Augenblick schmerzlich ge
’wesen, den langen Abend wieder al
lein zubringen zu miissen dann freute
Isie sich der ungestörten Einsamleit.
; Lautlose Stille rinsgumher. Nur
don Zeit zu Zeit schlug wie mit Gei
Jsterhand eine lose Ranke des den alten
Schloßbau umspannenden Efeus ge
gen die Fensterscheiben.
» Aliee ließ trin Licht bringen. Jn
diesen einsamen Stunden zog Erleb
·tes und Empfandenes durch ihre Ge
danken. Sie nahm sich vor, »oerniins
tig" zu sein, das nutzlose Sehnen nach
unwiederbringlich Berlorenem zu über
winden —— und dann driiclte sie doch
den blonden Kopf tief in die Kissen
des Sofas und schluchzte:
, «Papa, lieber, lieber. alter Papa,
warum hast Du mich verlassen!«
I I I
Mit grimmer Kälte war der Win
ter in's Land gezogen. Die verschlun
genen Wege des Dobrawitzer Paris
lagen fchneeverwehtz jede der schwärz
lichen Ssndsteinfiguren trug eine leuch
tend weiße Kappe, und von den drei
. ten Aeften der Kiefern rollten oft ganze
ESchneelaften herab, die Kröhen auf
»fcheuchend, welche dann mit lautern,
öngftlichem Geträchz umherflatterten.
; Jtn Herrenhaufe, dessen weite Säle
Jund hallen schwer zu erwärmen waren,
jwurden nur wenige Räurne bewohnt.
iWasil hielt sich meift in seinem Ar
lbeitszimrner auf, wo er auch Geschäft
iliches erledigte und gelegentliche Be
ssuche empfing. Größern geselliger
Hlkertehr mußte iu diesem Jahr wegen
der Trauer und Alieens leidenden Zu
standes unterbleiben. Ein puarmal
war sie, Wasils Wunsch gehorchend,
einer Einladung in die Nachbarschaft
gefolgt. Da saß sie dann schweigfam
zwischen den viel älteren hauöfrauem
und während diese sich eifrig überho
ten, in felbslgefälliger Breite die Un
übertrefflichteit ihrer Wasch-, Schlacht
oderEinmachniethode zu rühmen, zählte
sie, elend zum Umsinten, die Minuten
Bis zur heimfahrt Aber Stunde auf
Stunde verging; aus dem Rauchzirni
rner der herven schallte noch immer
gleichmäßig fort das laute Lachen und
Gläsertlingem Niemand dachte an
Aufl-ruch. Beidender Zigarrendampf
drang durch die halbgeöffnete Thür
und erfüllte auch die Rebenriwme mit
bläullchem Dunst. Aliee flüchtete ohn
rnichtta zu werden. Sie faßte sich ein
i
Herz, stand auf und bai ihnen Mann,
das Anspannen zu bestellen. Er that
es sofort Man verabschiedete sich,
und voll Sotgfalt hüllte Wasil feine
Frau in ihren Mantel. Aber unter
wegs sprach er kein Wort; sie wußte,
er war erzürnt. Weihnachten rückte
allmählich heran. Etwa zwei Wachen
vorher-, als sich die Gatten Mittags’
bei Tisch gegenübersaßen, fragte Alice:
»Wi) meinst Du, baß wie den Dorf
kindern aufbauen, Wasil, im Garten
saai oder in der großen halle?« Bis
her hatte man das Fest immer in Tan
ninien verlebt.
»Was denn aufbauen?' äußerte er
verwundert.
»Nun den Weihnachtsbaum und ein
bischen Spielzeug, Niisfe und Pfeffer
tuchen.«
»Weihnachtsbaum fiir anderer Leute
Kinder? Nein, hör mal, das laß nur
bleiben. Da soll wohl vie ganze
schmuhige Bande ins Schloß tommeni
Davon tst keine Rede «
»Aber bei uns zu Hause Wasil, ge
schab es doch stets Papa.
»Wie es Dein Papa in diesemPunlt
gehalten hat, ist für mich nicht maß
gebend. Uebrigens habe ich auch tein
IGeld zu solchen ganz unnützen Aus
gaben. Es ist ohnehin so verteufelt
tnapp, daß ich nicht weifz . . ."
s Er unterbrach sich und zerrte net
svös an seinem dunllen Schnurrbart.
Alice, die ihren Mann für sehr
wohlhabend gehalten hatte, sah Eber
wundett auf.
»Du wolltest etwas sagen?«
»Nein, nichts wenigstens nichts,
was Dich interessiren kann. Jch schaffe
schon allein Rath. und endlich muß
Idoch mal. . Aber hörst Du, liebes
Ufiind die Weiinachtsfaxen mit der
IHDorfjugendlifx jede falls bleiben. Der
gleichen ist nidt mein Geschmack. «
(Fortsetzung folgt)
. uneroherte Gebiete.
l Noch ist der Erdball nicht der Vert
schaft des Menschen unterworfen. Un
ser Wissen von fernen Ländern und
Völkern ist nur Stückweti, so Hervor
ragendes von Forschern und Reisenden
und der wissenschaftlichen Welt auf
diesem wichtigen Gebiete geleistet
Iworden ist Auf dem Globui und
im Atlas stellt sich die Fläche der
IErde als ein vollheschriebenes Ganze
;dar. das nur an den beiden Polen
Hund einian Gegenden Afritas noch
xweisze Stellen zeigt. In Wahrheit
! hat die Geoaraphie noch ein ungeheures
Arbeitsfeld zu bewältiaem Giebt es
Doch-selbst in den Vereiniqten Staaten
snoch Länderstriche. die erst der Fuß
’des Pioniers betreten hat. Erfreu
ticher Weise mehren sich die Anzeichen,
daß der Psan auch die entlegenen
Veairien und Wildnisse der Kultur
erobert. In weniaen Jahrzehnten
diirfte die »aroße amerikanische
Fütte« ein entschwunden-r Begriff
ein.
Die Kenntniß der Vergangenheit
des Giobus tann nur durch das Stu
dium der Theile erreicht werden, die
sich noch unter Glacialbedingungen
befinden. Umgiebt den Südpol ein
Kontinent oder eine Gruppe von
großen Insean Welche Dicke erreicht
das Eis? Sind diese Regionen im
mer vereist gewesen«-» Können wir
dem Geheimniß des Magnetisrnus
und dessen stetigem Wechsel durch
Untersuchungen am magnetischen Pol
und seinr Umgebung näher kommen?
Alle diese und viele andere Fragen
. sind noch unteantwortet.
Kapt. N. Pf. Scott’s neuliche ant
arttische Beobachtungen sind noch
nicht ausgearbeitet und werden auch
nach ihrer Vollendung erst rnit den
Resultaten der anderen antarttiseben
Erveditionen veralichen werden mits
sen, bevor ibre Bedeutung gewiirdigt
werden tann. Scott fand nach seiner
dentwiirdigen Reise über eisstarrende
iGletscher und Berge in einer Höhe
i
von 9000 Fuß ein enormes, kahles
Plateau. das ilnn ein verhält-riß
;rnäsiia leichtes Vordringen itber 200
JMeilen Land aestattete. Das Eis
ischeint dort in todten Massen festzu
? liegen. Es vergrößert sich nur lang
jsarn durch frische Schneesiille. wälp
i
rend an allen Seiten entlang der
Flanten der Küstenberge sich Anzeichen
von einer Verminderung der Gemal
sen darbieten. Sir J. Roß verzeickp
nete die Position im Jahre 1841.
während Kapt. Scott aussand, daß
das Eis im Durchschnitt nur 15
Meilen Zurückgewichen ist. Sollten
diese Zustände anhalten. so dürfte die
letzte Spur von Eis in tausend Jah
ren verschwunden sein.
Scott reiste südlich zu einem 300
Meilen entfernten Puntte und sah
tein Ende des Eises. Es wird im
Westen von einer gebirgigen Küsten
lirtie begrenzt, welche 15,000 Fuß
bocb ansteiat. Die Eizbitdung ist zu
meist eine flache und regelmäßige Die
östliche Kante, welche nach der See
zu absiillt, wird von 2000 bis 3000
Fuß bot-ern Lande eingefasst, das Roß
und Scott theilweise besichtiaten Dies
mag ein Island sein oder wahrschein
lich die östliche Seit des großen
Fiords oder der Bat, lche nun von
der Varrieoe ausaeiiitlt wird. Kapt.
Srott ist der Meinung. dsz die große
Eiswtitte in einer langsamen Bewe
aung begriffen tit.
Ein Punkt, liber welchen nichts ge
sagt wird, i der Unterschied in der
Gestaltung er Abhange des Mount
Terror. Scott sand seeigetegtes Land
aus große Strecken hin, aber während
des zweimonatlichen Aufenthalts von
Roß war es vollig unter Schnee be
’ graben. Dies mag auf iempoeiiee Ue
sachen zurückzuführen sein, aber alle
von der Expedition erlangien Infor
mationen deuten auf eine stetige Bet
minderung per Giaciaiianen in neue
tet Zeit. Wir haben somit die inter
essante Thatsache zu verzeichnen, daß
fowohl in arttischen wie antariiifchen
Regionem gerade wie in der ganzen
Welt, die Eis-zustande sich in gleichen
Verhältnissen bessern, womit dieTheos
kien der abwechselnden nördlichen und
südlichen Maximum - Glaeiaiion ge
genstandslos erscheinen. Dies bedeu
tet aber nicht, daß die ilimatifchen Be
dingungen in der Südpoi- Region
heute weniger streng sind, vielleicht
das GegeniheiL
d
Es war niein Gluts, das ich zwei
lange Saisonen in der Mageltasi
Straße zubringen durfte und jeder
Tag brachte neue Eindrücke. Hier ge
wahren Sie einen nicht allzu hohen
Bergtiicken —- wenige Kuppen erhe
ben sich mehr als 4000 Fuß —- wel
cher den stetigen wesilichen Winden
vom Paeific her bei mäßiger Tempe
ratur und großer Feuchtigteit ausge
seht sind. Das Resultat besteht darin.
daß im Breitengrade von Yorlshire
jede über 3000 Fuß hohe Bergm e
mit ewigem Schnee bedeckt ist und .
zur See niedersendet. Die gewonn sps
nen Eindrücke überzeugten mich, da E
nur eine Anhäufung von 2000 Fu
Land nöthig war, um ganz Patagoi
nien mit Eis zu bedecken. Auch dann
wäre das Klinia kein iibermäßig
strenges-. Die Temperatur des Win
des von der See her wiirde dieselbe
fein und die Bedingungen in den Ka
nälen und aus« dem niedrigen Lande
würden die durch die eisbedeclten Ab
hänge verursachte Kälte vermindern.
Die Küsten des gesammten fiidwests
lichen Patagonieng, die von langen
und tiefen Fiorden durchzogen sind.
lassen betreffs der Ansichten über den
Ursprung der Formation erkennen,
daß das Land ehedem höher war,
während Anzeichen von Glaciation
sich überall offenbaren
Ein anderes wichtiges Ergebnis
neuester geographischer Entdeckungen
ist das Resultat der Expeditien nach
Lhassa. Die wichtigste Thatsache ist
die Entdeckung der Fruchtbarkeit ei
nes großen Theiles des südlichen Thi
det. Die topographische Wissenschaft
hat viel dadurch gewonnen, doch hek
ben indische Landvermesser schon vor
her dieRoute einigermaßen entworfen.
Vom Ocean, den ich zum Gebiet
meiner speciellen Thätigkeit machte,
habe ich noch wenig gesagt. Vor 11
Jahren war die tiefste der bekannten
Stellen 4700 Faden, oder 28,000
Fuß. Wir haben seither verschiedene
Plätze im Pacific gefunden, wo. die
Tiefe nahezu 5170 Faden, oder 31,
000 Fuß betrug, höher als der Mount
Everest, der lulminirende Punlt der
Himalayas und höchster Berg der
Erde. Diese tiefen Theile des Oeeans
sind regelmäßig in der Nähe von
Land gelegen nnd wahrscheinlich auf
die ursprüngliche unregelmäßige Bil
dung der Erdoberfläche zurückzufüh
ren. Die enorme Ausdehnung der
Meere hat eine großeWirkung auf das
Klima, aber nicht in solch direkter
Weise, wie man früher annahm. Von
den Bewegungen der tieferen Wasser
Strata im Ocean haben wir erst
neuerdings ein Geringes erfahren.
Man pflegt sich vorzustellen, daß auf
der Tiefe der See alles ruhig sei, doch
ist dies ein Jrrthum, weil die Fluths
bewegung selbst auf den Boden des
Ueeans ncv erstreckt und jeden Wasser
tropsen in stetiger, wenn auch ruhiger
Bewegung erhält. Nahe der Küste in
dessen und selbst in tiesem Wasser
mag die Bewegung beträchtlich stärker
sein. Es waren in den leßten Jahren
Fälle zu verzeichnen, daß sudrnasine
Kabel in mehrere hundert Fuß tiefem
Wasser gebrochen sind, und als man
sie zur Reparatnr aufhob, da stellte
sich heraus, daß die eiserne Drahturni
hüllung völlig weggerieben war, wie
unter der Wirkung einer Fette. Dies
tann nur das Resultat einer Unter
strömung sein, die das Kabel in der
Tiefe des Oeeans hin und her bewegt.
Solch eine Strömung mag durch eine
Meeresquelle verursacht worden sein,
denn es rann tein Zweifel bestehen,
daß-viel frisches Wasser in dieser Art
dem Oeean zugeführt wird, allein es
ist wahrscheinlicher die Wirkung der
Aceelaration der Fluthbewegung, ver
ursacht durch das aufsteigende Niveau
der Kontinentr.
NO
Jn der Kap-Colonie ist Petroleum
entdeckt worden« Jetzt mag’s den
Engländern um ihre herrschaft in
Afrita bange werden —- ietzt kommt
Rockesellerl
Ot
Arn Berühmtsein hat man feine
Freude — wie am Essen, —- ie mä
dem Appetit.
Ost
Die Rassen wollen fest die untilelp
tigen Osiiziere ihrer Mariae daraus
entfernen. Wenn nicht alle Erinne
rung trügt, haben das die Japane
fchonf iir sie besorgt. -
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Wenn ein tandbild, von seiner ho
hen Säule etc-unten zu Baden stürzt.
erkennt man erst, wie groß es war . ..
Wenn hochgestellte Menschen ltitrzerr
Zeit man meistens erst, trie klein sie
n .