Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 22, 1905, Sweiter Theil., Image 12

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    « W sich-nein weiße- W
— habe.
«
l
Novelle von L. L. Leser.
l
Prächtig schien dieSonne herab vom ;
Wunden Augusthimrnel und sandtex
- ihre hellen Pseile bis hinein in die ent
legensten Winkel der alten räucherigen
Vandelsstadi. Ganz verändert schien
mit dadurch das alte liebe heimaths- s
nesiz nie hätte ich geglaubt, daß die?
verdrießliche, bejahrte Alte ein so s
schmuckes Antlitz zeigen könnte. —
Freilich war es nicht nur die freund
- liche Sonne, welche ihr ein so lustiges
Aussehen gab, sondern noch tausend
farbige Fähnlein und Wimpel, die aus
den Häusern slatiertenz dustige, bunte
Blnmenguirlandem welche mitleidig
allzu naseweise Nisse und Sprünge des
Mauerwerls bedecktenz große Will
kommsschilder über den Hausthüren
trugen das ihrige dazu bei,alles schmuck
nnd freundlich zu machen. Helle Freu
de lagerte aus allen Gesichtern; selbst
der Sparsainste hatte heut, trotz des
Werltages, die Feierlleider angelegt.
Denn es galt, den Landessiirsten zu
begrüßen, der nach siegreichem Kampfe
heirngetehrt war, und nun durch seine
getreuen Provinzen zog. Es find gar i
brave Herzen, welche dort für den Fur
ften schlagen und sie haben den Beweis
dafiir geliefert in mehr als- einer bluti
gen Schlacht Wochenlang vorher hat
te man gerüstet und geschafft, um der
Stadt ein festliches Aussehen zu ver
leihen, und wie gesagt, war das den
kunstfertigen Unternehmern über Eri
warten gelungen.
Unter brausendem Jubel hatten wir
den Herrscher eingeholt, ich selbst ge
hörte mit zu einer Deputation, freilich
nur als stummes Mitglied, war aber
troßdem nicht wenig stolz, daß mir der
Färst besonders huldvoll zulächelte
Jch schrieb diesen freundlichen Gruft
theils auf die Kriegsdenlmiinzen,
welche meinen Wassenrock zierten, —
ich erschien natürlich in meiner Uni
sorm als Assiftenz-Arzt erster Klasse,
—theilB auf meine beträchtlicheGröße,
die selbst im Lande der alten Preußen
noch über das dort übliche Maß hin
ausght Sehr getränkt war ich das
muß ich gestehen, als mir verschiedene
Collegen sagten, auch ihnen habe der
Monat-h in gleich liebenswürdiger
Weise zugeliichelt; doch glaube ich das -
nicht; halte diese Behauptung viel
mehr für den Ausfluß neidischer Ge- .
miithen .
·Rach der feierlichen Einholung des
Fürsten eilte ich sofort nach demStadt
hause-; dort wußte ich meine Braut als
Anführerin und Sprecherin der weiß
geth Jungfrauen. Wenn ich
nicht längst bis über beide Ohren in
meine Kiithe Verliebt gewesen ware, ich
hätte Iiich heute rasend in sie vergafft.
s fie ein schönes Mädchen war, ist
rftändlich, aber so reizend sah.
ich sie noch nie. Der Kornblumeniranz
saß so prächtig auf ihren goldblonoen
haaren, die in zwei langen Zöpfen
über den Rücken herabsielen. Das
weiße Kleid hob ihre schlanke Gestalt
so wirksam hervor —Ii.it einem Wort
sie war bezaubernd, und-Niemand wird
mir verargen, daß ich ganz selig vor
Freude wurde!
Die Worte, welche sie an den Für
sten richtete, konnte ich leider nicht der
stehen, wohl aber sah ich, wie der hohe
Herr mit gütigem Lächeln inKäthchens
rosiges, ausgeregtes Gesichtchen blickte
wir, meine Braut und ich, nichts
von den Festlichteiten versäumten,
welche man dem Monat-then zu Ehren
manstaltettz brauche ich wohl nicht zu
MW«-Gala-Oper, Paraden, Jl
hinweist-ein alles besuchten wir, zu
jederweit verschafften wir uns
"Witritt, was uns durch Vermittelung
M KZWS Vater, dein wohlangese
W Wrath Kersten, nicht allzu
schtver wurde.
M leite große Festlichteit fiir den
Fütsm war eine allgemeine Gondel
fahrt mit Musik auf dem, im Jnnern
Wollt gelegenen großen Schwamm
see miettirt. Nächtlicherweise, bei
Bebenchtung des Sees sollte diese Was
sersahrt stattfinden, und sie versprach
einen herrlichen Effekt
Der Schwaneniee m ein gewaitiger
Teich, der inmitten der Stadt liegt. Er
trennt gewissermaßen vie Altftavt von
der Neustadt und verbindet beide nur
durch eine etwas primitive Holzbrückr.
Der ganze See wird von prächtigen
Gärten umgeben, welche ein Sammel
play der schönen Welt sind. Dort fix
det man alles-, was auf Schönheit,
Rang, Reichtbum nnd Ansehen An
spruch macht. Und deren sind nicht we
nige, wobei ich mich natürlich aller Kri
tik enthalte. Jn besagten Gärten nun
sollten am Abend des Festes bengalifche
Flammen a « t werden und
zahllose Pethsa in ein genügendes
Licht aus den« See werfen.
Jch eilte mit Käthe am Arm in den
Garten unseres Clublotalesö, um von
dort aus ven Festzug auf dem Wasser
iidersehen zu können. Aber wir hatten
vie Rechnung ohne den Wirth, vielmehr
ohne die Pechfackeln gemacht, die der
maßen minnen und bunsteten, baß
wir Zwei schleunigst den Rückzug an
tutiert Noch einige Gärten, welche wir
Machtm. litten an demselben Uebel;
wir beschlossen daher, uns unter vie
liebe nnd getreue Bii » chaft auf der
. Drück- zu mischen .-·- » te Mischung
Wiss Nest-w sichs gleich so
nich-; »den-is Massene- hckqchtk be
uite Jmugopn furchtsam-e Enge-J
Kreide-n gelang es uns aber doch, ei
nen guten Plas zu erwischen, da wir,
wie gesagt, das Nämliche zukommt,
was man weiland dem Saul nachsagte,
ich war gleich ihm, eines Hauptes län
ger, denn alle Uebrigen, und Käthe ist
auch nicht gerade unter die Zwetginnen
zu rechnen.
Die Menge war aus der Brücke wie
eingeteilt, und ich weiß nicht, woher es
kam, eine plößliche Angst erfaßte mich.
Fest drücke ich Käthens Arm an mich,
eine Besotgniß steigt in mir aus daß
ich mich selbst auslachen muß. Lustig
klingen jetzt die Töne der Musik an;
mein Ohr, der Kahn mit den Musikan- s
ten, welcher der Gondel des Fürstens
voranfährt, ist bereits dicht an der
Brücke. Das Gedränge dort wird stär
ker, ein Schick-en und Stoßen entsteht,
so stark, daß man sich kaum halten
kann. »Sie komman sie kommenH
erschallt es. Jubelruse ertönen, einige
Begeistette stimmen die Nationalhymne I
an. Bald ist Jder von dem allgemei
nen Freudentaumel mit ergriffen, alles !
lacht und signt die gewaltige Men- s
schenmenge drängt sich nach der einen
Seite der Brücke. —- da ertönt ein gel
lender Ruf: »Die Brücke brennt!«
Schon verdoppelt sich das Angstgeschrei
die Verwirrung bricht los, ein entsetz
licher Weheruf erfiillt die Lust, der Bo
den wantt unter unseren Füßen-— man
stolpert, fällt, —- rafst sich wieder em
por, —- dabei gellt von rechts und links
das Hilfegeschrei. erschallt das Plät
fchern der Wellen über den Hirn-Wür
·zenden. Noch halte ich Käthe fest amj
Arm, —- da. jetzt —- wird sie mir vonf
der nd gerissen, ein furchtbarer Stoß j
trei mich vorwärts, ich verliere denj
Boden unter den Füßen, ich taumle,——··
stürze,—-taltes Wasser schlägt mir ins
Gesicht! Ich liege drunten und tämpfe
mit den Wellen. « Jch versuche zu
schwimmen, es gelingt, trotz der anlie
genden Kleider. Wie ein Wirbelwind
durchzuckte es fett mein him: »Wo ist
Käthe, meist Kiefnod meine Braut?«
«Was sehe ichs Dicht vor mir treibt sie
im Wasser, ihre langen goldblonden
Zöpfe erkenne ich deutlich. Mit der«
Kraft des Verzweifelan suche ich sie
zu erfassen, ich schlinge das Haar um
meine Rechte und ziehe dieErtrinlende
heran: es gelingt. mit übermenschli-l
cher Anstrengung schwimme ich wei-:
ter. Bari allen Seiten llammern sichs
ietzt die Verungliickten an mich, und
ich, —- noch heute starrt mir das
Blut in den Adern, wenn ich daran.
denke, —— ich musi sie zurückstoseemj
sollen wir nicht alle im nächsten Mo-;
ment versinlen. —
Meine Kräfte schwinden mehr und
mehr, und noch ist es eine ganze Stre
: cke bis zum Ufer. Jch drückte die ohn
jrnächtige Käthe fest an mich, —- mache
eine letzte verzweifelte Anstrengung;
ich fiihle es, nur noch wenige Sekun- »
den und ich tann uns nicht mehr hal
ten. Da wird mir plötzlich eineStam
ae entgegen gehalten; ich blicke nuf
und sehe vor mir einen Kahn, rissdtt
.Hilfsboote der Hafenarbeiter,s ,
bereits einige Verungliirtte au « « "
»men bat. Ich ergreife das reM
HNuden im nächsten Moment befinden
l wir uns beide in dem Boot. Es war
ihohe Zeit, daß hilfe lam, denn mir
schwand die Besinnung· sobald ich
Käthe aus den Armen gelassen hatte.
Freundlich schien die Morgensonne
herein, als ich die Augen wieder auf
!schlua.
s Doch wo war ich? Jn einem mir
s völlig unbekannten Zimmer, bei frem- «
Eden Leuten. Ein noch junger, statt-l
i lichter-Mann neigte sich über mich, ein
JZug seligster tFreude glitt über sein«
Antlitz, als er in meine offene Augen
J blickte. ,,Gelobt sei Gott« daß Sie le-’
»ben!« rief er ietzt laut, dann eilte er
»aus dem Zimmer. «
; Kinder, Mama, tommt herbei, er»
l lebt, er lebt!« ;
z Eine alte, weißhaariae Dame, drei
l hübsche Kinder im Alter von sünf bis
siehn Jahren traten schüchtern herein.
iAber bald ist die Besanaenheit ver-.
Jfchwundenx in wirrem Durcheinander
; spricht alles aus mich ein· Das lacht
zund weint in einem Athem, das küßt
l mir die Hände, die Kleider, klammert
jsich jubelnd an mich an. Ich verstehe
kein Wort von dem allen. Jetzt saßt
der Mann meine beiden Hände; aber
ehe er noch zu sprechen beginnt, schaue
ich mich um und erblicke, die ausge
lösten, langen Haare über den Rücken
herabhängend, die Augen in ein Tuch
gedrückt, Hätt-, die leise weinend in
einer Nische zu Haut-ten meines Bet
tes sitzt.
»Käthchen, mein Lieb, mein Alles!«
rufe ich laut: die ganzen verannaenen
entsetzlichen Szenen stehen vor mir in
aräßlicher Lebendigkeit.
»Käthchen, reich mir Deine Handl«
Schon erhebt sie sich, sie nimmt das
Tuch von den Augen, ich richte mich
sehnsüchtig empor —- da, was muß ich
sehen —- es ist eine Fude die mir
entgegentritt —- ich habe eine andere
gerettet! meines Lebens Glück und
Freude lummert den ewigen las
aus de Grunde des Sees. Jch s rie
laut aus in arenzenlosem, entsetzli
chem Jammer-, mein Haar sträubt sich
wr Grauen empor, ich muß lachen,
gellend lachen, wie ein Wahnsinniger.
Ja, ich fühle es, wie seltsam mir mein
Kopf wird, wie mir die Gedanken
darin hin und her schießen, ohne Zu
sammenhana,»akerch kosen, abgerisse
nen Fäden, die mir zu erfassen un
möglich ist. Dabei hammeet mir das
Blut in den Schlitsem tanzen zuckende
. , e vor meinen Augen. Wie grin-«
de W aaukelt es um mich her;
und wie ein eisiger Strom rieseli es1
durch meine Glieder
Raihloi blicken Alle auf mich; —
ießt beginnen die Erwachsenen den
Zusammenhang zu ahnen. Hagen
Sie unsern beißen Dank, unsere ·e
genswiinsche als einen lindetnden
Tropfen auf Ihre Herzenswunde fal
len«, begann liebreich der Fremde.
Glauben Sie. unsere Freudenihriinen
dürfen Ihnen ein geringer Trost sein.
Sie haben mir die Gattin. meinen
Kindern eine treue Mutter gerettet,
der alten Frau dort ihr einziges-Find
»O, sie war auch ein einziges
Kind!« schrie ich aus. »Verdammen
Sie mich nicht. in einem andern Falle
hätte ich mich als einen von Gott Ge
segneten betrachiei, wenn es mir ver
gönnt worden wäre, ein junges Men
schenleben Fu reiten, eine Mutter den
bülflosen Waisen wiederzugeben, —
aber denlen Sie, daß ich glaubte. mei
ne Braui, das- Glück meines Lebens-,
mit der Aufbietuna der letzten Kräfte
dem Tod zu entreißen, daß ich selig
in diesem Gefühl nach siundenlanger
Erschöpfung die Auan wieder öffne,
—- und nun sehe, daß ich eine Fremde
aeretiet habe. Halten Sie mich nichi
für schlecht, aber ich iann mich über
meine auie That nicht sreuen.«
»Unsere Dankbarkeit darf das nicht
beitrem bis zu meiner Sterbestunde
werde ich Ihrer mit heißen Segen-Z
wiinschen gedenten«, entgegnete mir
der Mann bewegt
Nach und nach begann ich mich et
was zu fassen, ach. es wollte gar
schwer aelinaen. Endlich. als ich das
Haus verließ, in das man mich mit
der Geretteten geschafft hatte, — sie
war bald aus ibrer Ohnmacht erwacht
und konnte die Wohnung angeben —
war es mir auch möglich. mich in ru
higer, herzlicher Weise von denen zu
verabschieden, die mit so heißerDant
barteit die Schreckens-nacht an meinem
Laaer Macht hatten.
Sogar »die Kleider mußte ich von
Freunden 1eihen. denn die meinigen
waren völlig verdorben Eine« dum
pse Schwermutb hattss « meiner be
mächtigt, ich klagte « , · mehr, ich
dachte weder an die Wagenheit
noch-Ton die Zukunft ein trostlosek
Jammer erfüllte mein Herz. Schau:
dernd schritt ich nach jener Halle, wo
man die Verunaliictten, die bis ietzt
herausaefischt waren, abfgebahhrt
hatte. Jch bin nicht weichmüthia: Se
cirboden und Schlachtfelder haben
meine Nerven abgestumpft aber wie
soll ich das Elend beschreiben, welches
sich in der Halle des Schreckens vor
Just austhat!
Wie ein Verzweifelnder schritt ich
von einer Leicht Zur andern. Da la
aen sie. die Kelter- noch so triin .·
aelscht und gesungen. zur Un»« .
lichieiit entstellt mit grausia ve - I« ’.
ten Zügen auch lächelnd in sii «:
Frieden. it M ich zu Ende, noch
. hatte ich , nicht gesunden ,Viel
leicht ist He gerettet« schmeichelte mir
die triiaerische Hosianna. Aber ich
schüttelte truuria das ngvt ich hatte
Me. afetch mir, hinabstürzen sehen in
Massmende Wasser Bebend, von
stauen überwiiltiat, verließ ich den
Ottdes Jammers ohne mein Lieb
Miser- Zu haben.
Fett wußte ich wohl, mußte ich zu
iden areisen Eltern meine Schritte len
ten, um ihnen Nachricht über die Ver
lorene zu geben.
Doch wie sollte ich ihnen vors An
aesicht treten, ichs der Gerettete. der
nicht vermocht, die Anvertraute zu
schützen. Warum hatte mich der Him
mel bewahrt, wenn mir solche Qualen
ausgespart blieben. War es nicht bes
ser. unter jenen stillen Schläfern dort
zu liegen, als sich hier vor Jammer
und Elend zu winden? Mühsarn
schritt ich weiter. Jetzt hatte ich das
Haus meines Schwiegervaters er
reicht: mit brechenden Knien schritt
ich die Stiegen empor. Droben muß
te ich mich erst aus eine der Treppen
stusen setzen, ehe ich die Klinael zu
berühren waate. Anast und Kummer
sriiit mir das berz ab. aber es must
sein: ich riebe die Glocke, laut dröhnt
der Schall durch das stille Haus-, mein
Herz klopft hörbar Es dauert nicht
lange, ebe aeössnet wird, —— ietzt na
hen Schritte — die Tbiir wird ausge
rissen —- ein aellender Schrei tönt an
mein Ohr — Käthe liegt in meinen
Armen. ·»
»Arnold, Du lebst, Du lebst, mein
einzia Geliebter!« tust sie unter strö
menden Tdränen. »Ach. wir sind sast
wabnsmnia aeworden vor Angst!«
Damit zieht sie mich binein in das
Zimmer. »Vater, Mutter, die Mäg
de eilten mit Tagesanbruch durch die
Stadt, um Dieb zu sichern Gestern
. Abend war der Vater in DeinerWob
nun-U er blieb dort bis Mitternacht,
» aber Du kamst nicht. Böser, aeliebtet
»Mann, wie bast Du uns in Sorgen
aestiirzt.«
’ »So bist Du nicht aleich mir in das
Wasser gefallen. Käthchen?« stammle
Ich.
»Nein, Gott sei Dant, nein! Der
» Menschensirom riß mit-b ruriich ebe M
les mir dersab, war ich binantergesto
isten von der schmalen Brücke «und
! stand aus dem Steinvslastet der
i Straße. Aber Du warst von meiner
i Seite müssen-« ' »
f Tbränen traten wieder m ibre
Iblauen Augen. »Hu-werte Menschen
sollen ertrunien sein,« süate ich bin
zu. Ein Schauder erfaßte mitb, ich
konnte meine Beweauna kaum noch
bemeistern, wie ein Irrer starre ich sie
an. »Aber wie siehst Du denn usw
ries Mitbe Miit-lich erschreckt. J ras
se mich gewaltsam zusammen» und
blickte in den Spitzt-eh Ia. traumte
ich denn, was ist mer geschehen —- M
schwunden i mein braunes W,
mein Melaelebier Appsschmuch Hina
weise Locken liegen auf meiner Stirn.
Ratt-den« isi ein-abr, habe ich wei
ßes Haar bekommen?« Anasivoll nickt
sie mit zu. »Es-time Dich darum
nicht, Arnald, laß uns Gott danken,
daß wir gerettet sind: alles andere iit
aietchailtia.« Ietzt kehren die Eltern,
die Boten. müde und hoffnungslos
vorn ver-geblieben Suchen heim. Zuerst
erkennen sie mich aar nicht beim Ein
treten, aber dann erhebt sich Freuden
fturm, der mit die Tbränen in die
Auaen treibt. »
Es war nur eine seht, seht stille
fsochzeii. die wir wenige Wochen spä
ter beginnen. Die gerettete junge
Frau sammt den Ihrigen waren un
sere einzigen Gäste.
Fünfzebn Jahre sind seitdem ver
itrichen, die junge Frau ist Köthchens
beste Freundin. ihr Mann steht mei
nem Herzen nicht weniger nah.
Drei wilde Buben und ein zartes
Mäadlein haben sich im Laufe der
Jahre bei uns eingestellt, und meine
iedesmaliae Sorae, sie könnten weißes
Haar bekommen, hat sich bei keinem
erfüllt. Alle vier haben prächtiae,
noldblonde Lanentöpfr. wie meine
Köthr.
Unter sicherer Begleitung.
Humoreste von N. N o r i n a.
Wenn der tleine dicke Geflügel
händler Timotbeus Schwummerthaler
von den allwöchentlich am Mittwoch
statan Statabenden den bei
matth sesitden zusteuerte, ver
mißte er mir allzuhiiuiiq die liebevoll
leitende Hand eines guten Freundes-.
Was aab es doch in der Nacht ———die
bekanntlich jedes Menschen Feind ist
— fiir unvorbergesehene hindernisse,
die sich einem friedlich nach Hause
sterbenden Bürgersrnanm der eben
sein Bestes um die heb Lhti
mathlicw Worts IMI II-ent
acaenWt Miit nich sonder
Wiss W um Mitter
nacht hear-r die beiTaae so unschul
sdia so setbstverstiindlich dastehenden
Laternenpsiible, Prellsteine. L dran
ten und Barrierestiicke beim her
tommen ansanaen hin- nnd herzu
wackeln und absolut nicht aus dem
Wege gehen wollen?...
Als er sich wieder einmal eine große
Blutbeule an solch einem.hindernisz
aeschlagem brurfmte here Schwam
merthaler: »So sann das nicht mehr
länger fortgehen, öchstens renne ich
mir irgendwo deu- del ein und
wache in der FMn todte Leiche
auft« Sich den nun unt zweierlei Ur
sachen brummeuden Kopf haltend
dachte er noch· Ob er denn Niemand zu
seiner Begleitung austreiben konnte,
und da fiel ihm endlich ein, daß im
Schgntzimmet des Wirthshauies
»Zum aalopvirenden Rachttastel«, all
wo die Mittwoch-Stahan stott
sanden, jedesmal, so ost er heimging
noch der Dienstmann und Packtriiger
Ullmann hinter einem Maßirua saß.
»Das ist mein Mann!« entschied sich
der tleine dicke Gesliiaelhöndler. und
schon am nächsten Mittwoch Abend
machte er sich an ihn heran.
»Mein lieber Ullmann,« sprach er
den rothberniiizten und dito rothbena
iren Eckensteher an, »Sie kennen mich
doch?«
»Vaitebt sich,« zwinterte der
Wackrer. »Sö san ja der Geflügel
händler von der Martinssiraßen!«
.Schön,« lächelte Schtoummertba
ler: »wollen Sie sich iede Woche eine
Kleiniateit verdienen?« —- Nun wurde
der Dienstmann böslicherx er ariss an
seine Mütze. liiftete dieselbe und
arinste derartig, dasi ihm die Borsten
feines zerzausten Schnauzbartes halb
ireisförmia von einem Ohrläppchen
bis zum anderen abstanden.
«Schön!« lächelte Schwummertha
ler nochmals und sagte mit iovialer
Gönnermiene: »Ich sehe Sie jeden
Mittwoch Abend bei meinem Fort
gehen noch im Schantzimmer beim
»Galovvikenden Nachttastel« sitzen·
Sagen S’ mir einmal, würden Sie
da wohl bereit sein« mich— gegen Be
zebluna natürlich —nach Hause zu
begleiten? Sie wissen ja, die Un
sicherheit heutzutage und dann übe-r
hauvt. . .«
Der Rothbemiitzte bildete mit fei
nein itruvpiaen Schnurrbart aber
mals ienen vorbefcheiebenen Halbkreis
und fchmunzelte in sich hinein; er
hatte ia an den MittwochsAbenden
lchn des öfteren Geleaenbeit gehabt,
die »Unsicherheit« von heutzutage an
herrn Schwummerthaler felbft zu be
obachten. Jrn Uebrigen erklärte er sich
gegen Erlaa einer »Nachttare« von
Zwa Kron’ln« gerne bereit, das was
in Herrn Schwummerthaler mensch
lich ift, nach Haufe bringen zu wollen-H
Beruhiat letzte sich lehteter nun an !
den Stattifch; heute brauchte er sich
nicht mehr, wie sonst, vor dem neun
ten und zehnten Krügel Spatenbräu ;
zu fürchten, heute trant er voll Seelen- i
ruhe auch ein elftes und zwölfte-s —- i
harrte ja doch feiner draußen ein’
wackerer Vertrauensmann, der ihn
sicher nach hause bringen würde.
Als er dann fo gegen drei Uhr
Nachts etwas unsicher durch das
Schanlzimmer ging. erhob sich der
treue Ullmana und folgte ihm unauf- i
fällig. Auf der Straße schob er den
Arm feines Schutzbefohlenen unter
den seinigen und fort ging s in be
deutlichem i.clzack Der kleine dickeL
Geflügean let ichnaufte vor Beha
gen Oder fchnaufte er nur deshalb,
weil nicht er der Unterftiltzende war,
sondern weil eigentlich er feinen I
ftumm dahintwttenden Begleiter zie- ·
hen mußte? . Er vermochte dies
mit feinen etwas vernebelien sinnen
Lnicht recht auszutliigeln süsslich —
gerade mitten im weitltirrsigen, men
schenleeren Etat-wart den sre zu
durchaueren hatten —- geschsb Etwas
Unerwartetes. Der wackere Dren -
mann, die «sichere Begleitung«, lnr te
Zusammen wie eine rathe Feuerlrlie.
eine lan en Arme baumelten schlaff
html-. Un —- vlumpst —- laa er da.
Der kleine dicke Geflügelhändler,
welcher sich aus naheliegenden Grün
den beinahe auch daneben hingeseiik
hätte. schaute verdutzt drein. So hatte
er sich die sichere Begleitung nicht vor
aestellt. Was er nur hatte, der Roth
bemiitztex sollte er am Ende auch?
Doch, Doch, was war da zu machen,
er konnte den Menschen in der bitter
talten Winternacht unmöglich so lie
gen lassen. »Ul1mann,« ries er des
halb, »Aus! aust«
»Aus, auf, Kameraden, artf’sPserd,
aufs Pserdt« gröblte jener mit sei
nem rauhen Bierbaß und —— schnarch
te im nächsten Moment wieder weiter-L
Dann gab er troy allen Rüttelns tein
Lebenszeichen mehr von sich. Da hob
der gute Schwummerthaler den
Schwerbezechten mühsam in die Höhe
und schleppte ihn, unter Ausbietuna
all seiner Kräfte, in seine Junggesel
lenllause.
Am solaenden Morgen gab es eine
scharse Auseinandersetznna. Ullmann
gelobte hoch und beilia, sich an Mitt
woch-Abenden nie wieder derartig an
sutrinkrn und behielt demnach auch
fein Mandat als Begleiter des gemä
steten Gesliigrlhöndlers bei. Als der
nächste Mittwoch-Abend herangeriickt
war, glaubte nun Herr Schwummer
thater seines Mannes sicher zu sein
und da er sich am vorigen Statabend
ein elstes nnd zwölftes Krügel gelei
stet, so nahm er diesmal keinen An
stand, seine Ausnahmefähigteit auch
für ein dreizehntes und vierzehntes zn
erproben. Diese Ervtobnng bestand
er glänzend: nur war es ihm, als er
sich erhob, als ob die Tische undStiih
le, ja selbst der Obertellner, dieser
SchlingeL nicht mehr recht gerade ste
den könnten. Indignirt über derartige
Zustände in seinem Stammlotal ver
ließ er dasselbe und sand draußen,
das; ihn der wackere Ullmann schon
gefunden hatte. Aus vie weiteren
Ereignisse an diesem dentwiirdigen
Abend wußte er fich fuöterhin nie
mehr recht zu erinnern: nur soviel
ftand fest. daß er am nächsten Mor
gen mit feinem getreuen Begleiter im
—- Rinnitein erwachte. Es war nur
ein Glück, daß mittler-weile T«hauwet
ter eingetreten war.
Die Auseinandersetzuna, welcheHerr
Schtvummerthaler bei feinem Erwa
chen mit dem pflichtreraessenen Ecken
ftebet hatte, hätte beinahe mit einem
Bruch der beiderseitigen zarten Be
ziehungen geendet. Da half dem bra
ven Ullmann ein bingeworfenes Wort
iiber die Klippen hinweg· »Aber, gnii’
herr,« sagte er begütiaend, »i hab’ ia
gestern mein’ Namengtag feiern mits
en —«
»Wie, was Namenstag!« rief
Schwummertbaier erstaunt. «Ja, bei
ßen Sie-denn auch Timotbeui?«
»Und wirt« erwiderte jener voll
Stolz. Schwummertbaler ließ nun
mit sich reden: einen Namenstagvetter
konnte man doch nicht fo brüst be
handeln. Er drückte deshalb iiir dies
mat noch ein Auge zu, und Ullmann
behielt feinen Posten als sichere Be
gleitung.
er nämlich am nächstfolgenden
Mit woch Abend den Netord vom vo
rigen Abend mit einem fünfzehnten
Krügel geschlagen hatte und an der
Seite feines diesmal —- im Vergleich
zu ibm ——— niichternen Begleiters
beimsteuerte, verfehlte er, beim Haus
thor richtig abgegeben. die Stiege und
wurde am Morgen von der tleinen
Wittwe im dritten Stockwerk, vor de
ren Wohnungsthiire er eingeschlafen
war, gewettt. Katzeniiimmerlich, wie
ihm zu Muthe war, that ihm das ge
reichte Glas Wasser-, der tiihle Umi
schlag über feine brennenden Augen
gar wohl. Und wie süß und sanft sie
tu trösten wußte, die tleine Wittwe!
»Ach ja.·· seufzte sie, »wenn man fo
allein dafte i« Cdamit meinte sie na
türlich ihn) »tann eine mleicht ein
Unglück pafsiren. Seh’n S’, mein lie
ber Herr Schwummerthaler, mein fe
liger Erftet war grad’ so, ganz ge
nau fo. Er bat auch bie und da ein
Glaserl übern Durst getrunken. aber
wegen der sicheren Begleitung bat er
ttch nie zu sorgen gebraucht, wozu
wäre ich denn seine Frau gewesen! Jch
hab’ mein liebes Mannerl, lo oft er
nur wollen hat. immer schön abne
holt· Jetzt, sreilich ...« Die kleine
Wittwe zerdrückte eine Thräne.
herrn Schwurncnerthaler wurde
ganz warm.
»Frau Bräuner!« begann er sto
ckend, »ich hab’ ein gutes Geschäft tdie
Wittwe nickte), bin ein Mann in den
besten Jahren ( die Wittwe nickie zwei
mal) und —- und könnten S« mir nicht
ein wenia gut sein?« lDie Wittwe
niclte dreimal.«
»F gratulir’ halt recht schön!« rief
der Um die Ecke gekommene Hauswi
ster dein rundlichen Pärchen zu. Er
schreckt suhr es auseinander. Herr
Schwuninierthaler hob seinen Mitin
derhut.«der während der Nacht aus
dem Treppenaeliindee paradirt hatte,
auf und sireichelte ihn zärtlich; die
kleine Wittwe bewies aber mehr Gei
sieigege wart.
»G« de haben wir uns verlobt!«
rief sie dem bitter des Hauses zu und
. machte die Sache dadurch vor der Welt
zu einein »sait accomvli«.
» Wenige Wochen später fand die
: Hochzeit des auf so wunderbare Weise
I bekannt gewordenen Paares statt. Die
s kleine rundliche Wittwe erwies sich als
leim kvstttrefsliche -Frau, und Here
Schwummerthaler war übergliicklich
Var in einem Punkte hatte er sich ge
täuscht: Sein Franchen holte-käm wie
versprochen, allerdings jeden tiwoch
vom Statabend ab, aber schon um
zehn Uhr, und da hatte er sie e· ent
lich noch gar nicht nöthig, die » chere
Begleitung«! .
Eine chinesische Etseosorneeh
Während in allen Kulturstaaien der
Eid im Strafprozesse schon längst nur
noch insofern eine Rolle spielt, als zu
demselben bloß Zeugen des Verbre
chens zugelassen werden, ist es in
China noch immer den Angeklagten
gestattet, ihre Schuldlosigteit durch
einen Eid zu beweisen. So geschah
es erst jüngst in Kanton, das; die bei
den eingeborenen Diener, die ein ame
ritanischer Reisender im Verdachte des
Diebstahls seiner Baarschaft hatte,
vom Richter zum Schwure angehalten
wurden. Die Prozedur dabei war
folgende: Der erste Angeklagte mußte
vor einem Altar, auf welchem zwei
Lichter brannten, niedertnieen, worauf
ihm ein lebendiger Hahn zur Seite
gestellt und folgende Eidessormel vor
gesagt wurde: »Da diese, vor dem
weisen Richter siolgi der Name) ge
brachie Sache nicht anders ausgehellt
werden kann, so schwört ich Pan-Atti
tso hieß der Beschuldigte) vor dem
Himmel und all!en heilgen Göttern:
wenn ich. Bau-Atti, die 116 Dollars
gestohlen habe, mögen meine Kinder,
mein Weib. mein Vater, meine Mutk
ter sterben tvie dieser Hahn. Sei
Zeuge, Du. azurner Himmel! Wenn
aber Atä diese 116 Dollars nicht ge
stohlen hat, so möge Segen aus seine
Person herabtommen und seine Fa
milie sich der Ruhe erfreuen. Ich,
Pan-Mä. iniee nieder, beriiere den
Staub mit meiner Stirn, und schwört
diesen Eid« Hieran legte er den
LfJals des Hahnes aus ein Siiick Holz
Und schlug ihm mit einem Beile den
Kopf ab. sodann erhob er sich und
vernahm, wie immer in solchen Fäl
len, daß er freigesprochen sei: der an
dere Diener aber. der sich weigerte,
den Eidzu schwören, ward fiir den
ieniaen gehalten, der die 116 Dollars
aesioblen hatte, nnd danach ortsüblich,
g.ld. mit dem Bambusrobre, bedan
e i.
A
Dtetrlth v. costs-w als Raub
qraf v. Ueinttetm
Auf der wettbetannten Felsenrnine
Regenstein bei Blankenbura a. H. wird
besonders gern eine Ansichtstarte ge
tauft, die das Bild des Raubgrafen
Albrecht v. Reinftein trägt, in Schup
penpanzer und Pelzfchaube, mit
Schwert, wallendem haar und mar
tialischem Schnurrhart.
Woher stammt das Bildt
Ein ietzt in Pension lebender Sons
fleur des Hannover’fchen Hoftheaters,
Freund lustiger Stiialeim zeigte einst
bei einem Besuche der alten Nuine
einem Bekannten die Photographie
des königlichen Schauspielers Hans
Albert aus Oannoder ider jetzt zurück
gezogen in Bayern lebt), der gerade
den Dietrich v. Quitzotv neu gespielt
Find sich in der Rolle hatte thpen las
rn.
»Wer ist das? fragte der hinzutre
tende Wirth.
»Das sollten gerade Sie doch wis
sen! Das ift doch der Raubgraf d.
Reinstein.«
»Wirtlich? rief der Wirth hocher
freut. »Wärden Sie rnir das Bild zur
Anfertigung von Ansichtstarten lei
hen?«
»Aber gern!« —
Seit der Zeit prangt Hans Albert
in der Maske des Dietrich v. Quitzow
auf den Negenfteiner Posttarten als
der berüchtigte Raubaraf Albrecht d.
Reinstein.
Die Welt will betrogen sein!
Thrure Eckern
Vor Kurzem hieß es, daß die
theuerste Ecke in Berlin, das den
Fonrobert’schen Eheleuten gehörige
haus in der Leipzigersfraße 108, Ecke
Friedrichstraßr. verkauft fein foll.
Der Werth des Grundstückes ist ganz
bedeutend; die Quadratrute wurde
auf 70,()00 Mark geschätzt. Es giebt
aber noch eine ganze Reihe anderer
theurer Ecken. So wird fiir das
Grundstück Jerusalemer Straße 14,
das SU- Quadratruten gross ist« 750.
000 Mart verlangt, mithin toftet die
Quadratrute über 120,000 Mi. Eine
dritte theure Ecke ift das Haus Leip
ziaekfttaße 113 an der Mauerftraße.
Dieses Grundstück umfaßt 18 Qua
dratrutem iür die Quadratrute wur
den irn veraanaenen Jahre über 60,
000 Mart geboten, also für das ganze
Grundstück 1,150,000 Mart. Der
Besitzer hat das Haus aber nicht ver
kauft, sondern wartet noch ein höheres
Gebot ab. Wie enorm die Steige-I
rung der Grundstück-preise in der
Leipziaer Straße seit einian Jahren
aetvorden, ift auch daraus zu schlie
ßen, daß Ende der achtziaer Jahre
für das Grundstück auf dem heute der
Eauitable-Palaft «fteht, etwas über
drei Millionen Mart aeiahlt wurden,
das ift bei einer Fläche von 153
Quadratruten unaefiihe 20,000 Matt
für die Quadratrute.
O.---—
Yesrttndunm
«Svund, warum fo finster? Was
fehtt Die denn?«
«Siehft Du. Kollegin Olga hat
mir versprochen, wenn ich beim Era
men durchtomme, wird sie meine
Frau!« .
»Na, unt-W
»Und du bitt ich doch lieber durchge
iqaeu!« »