Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 01, 1905, Sweiter Theil., Image 14

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    OPÄEEEOØMOEOPEEOEEEEEEQE
Die Spielgefährten.
Roman von V. chscm
ROHR-wisse
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Whiing — Frühling auf. dem
m, es giebt nichts Wonnevolleres.
M- die Lüfte zieht es, schmeichle
tosend, im Eichenbaum, im
Unshalm regt es sich, wachsend, tei
Iettd, sprießend, so heimlich wie all
gewaltig. Und Plötzlich, einem Wun
der gleich, liegt der erste grüne Hauch
Aber der jungen Erde. —- Frühling!
such um das alte, graue Guts-haus
sou Tanninten hüpfen lustige Son
Ienfirahlem spiegeln sich in den nie
stigserh dielscheibigen Fenstern und
entfalten die rothbraunen Blattknw
spe- des wilden Weins, der, die ganze
Iront des schlichten Gebäudes um
rantend, manche schadhafte Stelle,
dem der die Kaltverputzung längst ab
besckrlte, freundlich verhüllt. Vom
sahen Kiefernwalde her trägt ein lin
der Wind würzigen Harzdust herüber
nnd mifcht ihn mit dem Geruch frisch
gepflögter Ackererde.
Auf dem im Berhältnifz zu den be
fcheidenen Dimensionen des Herren
hauses ungewöhnlich großen Wirth
fchaftshof tummeln sich Speisen,
hähner und Kinder in buntem Durch
einander. Mehrere barfiißige Buben
sind eifrig bemüht. eine große Scheu
Mthür, die wahrscheinlich wegen Al
ketsfchwäche ausrangirt wurde, nach
dem nahen Gutsteich zu zerren. Lär
nrend folaen kleinere Kinder, allen
Man —- den runden Strohhut im
Men, die Bäckchen hochroth vor
Freude und Erregung —- ein etwa
fechsjiihriges Mädchen, dessen Anzug
nnd feingliedriges Fiaiirchen un
fchwer das Kind der Gutsherrschaft
erkennen läßt.
»Ein- Schiff, ein Schiff, wir haben
ein Schiffl« jauchzt die Kleine und
firmmt ihre winzigen Fäuste gegen
das morsche, ichmutzige Holz, um den
Transport zu beschleunigen
»Las los, Licychen, Du thust Dir
weh, und helfen kannst uns nichts,«
wehrt einer der Träger, ein etwas
größerer Junge, den die anderen
,Fritz« rufen und der, wie es scheint,
die lustige Schaar ansiihrL
Jetzt ist der Teich erreicht; das.
Bretterwert wird zu Boden geworfen,
« daß es laut kracht und der lose Holz
ftaub aufwirbelt. Geschäftige Hände
fchieden es dicht an den Userrand,
noch ein paar kräftige Fußstöße, und
es schwimmt auf dem Wasser.
»Hurra, Jungens, nun geht’S los!«
Als erster ifi Fritz auf das impro
visit-te Boot gesprungen: mehrere
Knaben folgen. Vom Lande aus
reich-i man ihnen ein paar Drangen
zum Rudern und eine schmale Holz
latte, die Fritz zwischen die Bretter
sugen klemmt, uin sie als Steuer zu
benutzen. Die lange Weidenrutbe mit
dem darangekniipsten Leinwandfetzen
wird in ein Asiloch get-fleian der
frische Frühlinaswind läßt den dürf
tigen Flaaaenschmucl lustia flattern
und treibt das Schiffchen Vorwärts.
Platsch —- vlatsch —- schlaaen die
Ruderstöcle ins Wasser, trnstallllare
Tropfen spritzen hoch auf und funkeln
im Sonnenschein
Fritz steht breitbeinia. stolz wie ein
Kapitän am Steuer und fchwentt die
Mühe. Vom Lande antworten die
CZuichauet mit lautem »Halloh«. Die
kleine Alice klatscht immerfort in die
bäte-de und »jauchzt: »Fritz, Fritz!
Adieu, Fritz-il«
Nach einer Weile aber wird sie un
xduldia trippelt bin und ber, dicht
In den Uferrand tretend, in dessen
feuchtem Lehmbdden der Abdruck ihrer
Fäßchen zurückbleibt
»Du, ietzt komm wieder: ich will
auch mal mitfabren, Fritz, hörst Du,
Du iollft zurücktommm Zu—riicklom
——men!« ruft sie mit solchem Kraft
nfivand, daß die helle Kinderstimme
Iberschnappt und das Gesichtchen
crebörotb wird.
——in Zufall. vielleicht auch die Waf
Ietftrömuna, treibt das aebrechliche
Fahrzeug in diesem Augenblick wirt
M dem Lande entaeaenz ofein bohrt
dieRuderstanae tief in den moorigen
Uferaruud —es liegt vor Anker-. Die
Inaben springen beraus.
·Run komm ich dran, nun nimm
sich mitl« tust dai kleine Mädchen
sit dein leicht durchtlinaenden Be
Ieblston verwöhnter Kinder.«
«Aliccben, nein, das darf ich nicht«
seit streicht mit dem Aermel der
W. von mütterlicher band geweb
ies Jackejiber seine erhitte Stirn und
Abt die Mitte auf dem braunen
. Mel-out verlegen bin und ber« »Ich
Mk Dir schon gern den Gefallen,
» sitt ei acht doch nicht«
« dies nichts« schmollt die
T z - Du niit dem Schiff
» «- Iann ich auch. Und ich will!«
,- gis-tin hinzu. Der Junge steht
,- , mer unädäiissim ..Sielpfftz trittst
. . n ganz na . u
·— j - M schmutia und
is Muts-. Da kann am
»Ist werde mich schon fesihalten,«
versicherte sie gut-ersichtlich »Aber Du
DER blos nicht, Fritz —- Du bist
gestrich. Fritz. ich kam- Dich nicht
III- lcden. Du thust mir kein bischen
TTTTIITTTTTTT v
wai zum Gefallen-« In der Kinder
ftirnrne kämpfen Zorn und Thränew
Fett ift niedergefchlagen, rathlos.
Das tann er sich doch nicht sagen
lassen.
»Lichchen, nu wein man nicht. Jch
fahre Dich ja im Schiff spazieren,
wenn Du durchaus willftz aber ganz
still sieben music Und von euch an
dern,« wendet er sich an die Nachdräm
aenden, »tomnrt keiner mit, ihr haltet
keine Ruh’ mit Stoßen und Schau
teln. Alicchen, nicht, wirft doch recht
acht geben?«
»Ja, ia.« frohlockte das Kind.
Sie faßte die Hand des Spielere
fährten und läßt sich von ihm auf die
leicht schwankenden Bretter beben.
Vorsichtig, immer das tleine Mäd
chen im Auge behaltend, stößt er ab
und treibt mittels der Ruderstangen
sein Fahrzeug vorwärts-.
Ganz fo vergnüglich, wie sich das
vom Ufer aus angesehen hatte, war
die Fahrt doch nicht. Durch Ritzen
und Fugen quoll gurgelnd die Nässe,
der Wind wehte talt über dem Wasser.
Fröstelnd wickelt das Kind die nassen
Aermchen in feine Schürze-. es ist plötz
lich kleinlaut und änaftlich geworden.
Der ältere Gefährte sieht es sofort.
.Faft genug. soll ich wieder umkeh
ren
Sie nickte. Ihren Willen hatte sie
gehabt, nun war es gut.
«Der Knabe lenkte das Floß aefchickt
dem Ufer entgegen: ein Weilchen noch,
dann mußte es landen.
Da bemerkt die Kleine, daß der
Holzvfloch welcher als Steuer dient,
sich lgslöft
»Dein Steuer —Fritz, halt es, es
schwimmt fort!«
Sie beuat sich vor, will danach grei
fen — auf dem nassen Bretter-baden
verlieren ihre Fäßchen den Halt, und
mit undeutlichem Platschen stürzt sie
ins Wasser, während das verlorene
Steuer lustia dem Ufer zutreibi.
Es war das Geichehnisi einer Se
iunde, einer entsetzlichen Setunde. in
der dem Knaben alijhrotbe Funken vor
den Auan kreisten und Herz und Hirn
zu springen drohten. Dann —- ohne
auch nur einen Hülferuf auf-zustoßen
——wirft er sich dem Kinde nach.
Am Ufer entsteht lautes Angstge
schrei, wildes Jammer-n Aber niemand
hört es. Um diese Zeit ist der Hof wie
ausgeftorben, jeder Erwachsene drau- ;
ßen bei der Frühjahrsbeftellung. »
Mit bangem Entsetzen ftiert die «
waghalsiae Schaar auf das heftig trei- T
sende WassergeringeL inmitten der re
gunaslofen. fpiegelglatten Fläche.
»Der muß veriaufen, schwimmen
tann er nicht,« flüsterte eins der Kin
der mit grauenvoller Loait.
Da —ein Arm —wild schlägt er;
« um sich, rinnt-ringt sich empor. —- «
! »Frit3, halte Dich am Floß! Fritz »
:—am Flon feft-halten!« treischten
i mehrere Stimmen.
Ob er es hört? —- Seine Rechte
zerrt das kleine Mädchen in die Höhe,
ibr weißes Schürzchen wird über dem
Wasser sichtbar und dauscht sich wie»
eine große Blase auf.
Aber die Last ist zu schwer, er muß
sie mit beiden Armen packen, oder sie.
entaleitet. Mit letzter Kraft hebt er
den Kopf, dicht vor ihm ist das Floß,
und ietzt-—wie Eisentlammern gra
ben sich die jungen, starken Knaben
zähne in das aufaeweichte Holz-Ruck
weise mit den Füßen abstoßend, be
wegt er es vorwärts-, langsam, lang
sam treibt es dem Ufer entgegen.
Ausbalten — nur aushalten, es
muß!
—- Endlich! —
Die Kameraden springen zu, bis an
den Leib in den Teich· Noch ein« zwei
Minuten, dann können sie das Floß
fassen und ziehen es, sammt seiner
Last, ans Land.
Gerettet! —
Fritz liegt auf den Knieen neben der
Kleinen, die er fortwährend reibt und
schüttelt. Von feinem triefenden Kör
per sictert das Wasser in langen Spu
ren durch den Lehm.
«Alicchen, wach aqu Ach Gott,
Alicchen.«
Sie hebt müde das Köpfchen und
versucht an sich entlana zu tasten.
»Mein Kleid —aanz naß,« lispelt
sie kaum hörbar. «
»Das kriegen wir schon trocken.
Wenn man Dir nichts fehlt. Komm,
Liedchen. Oder kannst noch nicht
geben?« forschte er ängstlich.
Die erstarrten, kleinen Glieder ver
sagen den Diean
»Na, Jungens, denn fa t an, helft
doch ’n bischen. Du, Karl eilen was
stehst und alpdstff
.Soll’n wir mit fe nach de hete
scbaft9« erkundigte sich Karl bedenk
lich und reibt seine fes-mutigen Ohren.
»Rec. zu uns-« entscheidet Fett,
»aber mt enal vorwärts. schnellt«
Mitten auf dem Wirthschastshos,
Wdeckt wie die Institutes-, aber von
diesen durch blendender-eilten Ratten
M. arti-e Fenster-laden und einen
fandernehaltenen Les rten unter
Wtdgn W- W- « Wes-bau
Der stammetewrunc, shrtsens Bam,
ist auf dem Felde beim Säm. Die
Mutter steht in der Küche und fcheuert
das Milchgeschir:. Sie ist eine fri
sche. resolute Frau mit intelligentem
Gesichtsausdtuch desr man es anmertt,
daß sie etwas auf sich hält und die
Zeit, als sie bei herrschaftea diente,
nicht vergessen hat. Frin sieht ihr
sehr ähnlich, er bat dieselbe breite
Stirn mit dem eckigen haarantat. die
hellen Augen und die lebhafte Art der
Bewegungen
Der ledte Kiibel ist blinblanh Frau
Brunt trägt ihn hinaus und stiilpt
ihn auf die Latten des Staletenzauns,
wo bereits die übrigen Milchgesiiße an
der Sonne trocknen. Dabei bemerkt
sie auf der Dorsstraße die sich dem
Hause nähernden Kinder.
»Was giebt’s, was habt ihr da?«
Abwartend bleibt sie in der Thüre
stehen. Dann, als der kleine Trupp
näher kommt:
»Herr, Du mein Gott,-—die Ali-:
chen! Was ist dem Kind geschehen?
Patfchnaß und treideweiß —was ist
pasfrrt? —Nu, wird mal einer von
euch reden?« herrscht sie die Umstehem
den an
»Im Teich is se gefallenf gesteht
der Beherzigtestu und dieVerungliickte
der Sorge der Kämmerin überlassend,
drückt er sich, gefolgt von den andern,
schleunig um die hauseckr. Wenn die
Geschichte etwa dem anädigen Herrn
zu Ohren kommt, will keine-r dabei
gewesen sein.
Frau Brnnl nimmt das kleine
Mädchen auf den Arm und trägt es«
hinein. .
»Mein Jesses, was nicht Kindern
im Augenblick alles zustoßen tann,«
klagt sie, während ihre geschäftigen
Hände so schnell es irgend gebt, die
triefendem fest anllebenden Kleider
von dem frierenden Körperchen strei
fen. »Gleich ins Bett mußt, Alicchen.
Und sag doch, wie ging das zu, daß
Du irn Teich fielft? Was wird blos.
die Mamachen sagen, die gnädige
Frau-»
Das Kind bat sich mebr und mehr ;
non dem Schreck und eiskalten Badej
erholt, die Augen blicken schon wieder l
hell, nur die Lippen find noch farbws, »
und die Zähnchen fchlaaenbeim Spre- :
chen aneinander. H
»Nichts Mama erzählen -— ich will ;
auch nie wieder mit dem Floß fah- «
ren,« bettelt das weinerliche Stimm-«
chen. »
»Na, na, man still, man rubia.'·
redet Frau Brunt beaiitiaend zu. Sie
deckt das mächtige, pon bunten Kattum
vorhanan umzoaene Himmelbeit auf,
welches fast ein Viertel der ganzen
Wohnstube einnimmt. und lockett die
schweren, rotblarirten Federtissrm in
denen die Kleine fast völlia versinkt.
»So. nun wirft bald wieder warm
werden, Paß mal auf, Alicchen. Jch
toch’ Dir noch schnell was Heißes, da
ist noch Lindentbee vom vorigen Som
mer oben auf’m Schrant.«
Sie gebt nebenan in die Kammer,
um den Tbee zu bolen. Im Halb
dunkel, dicht hinter der Thür, an allen
Gliedern zitternd, stebt der Fritz. «
»Mutter, könnt ich wohl mein
Sonntaaszeua irieaen2« stottert er
verleaen. .
»Das Sonntaaszeuai Was willst
damit?« fraat sie verwundert. Dann, i
rnii der band feinen Anzua streitend: «
»Du meine Güte, der Jnna’ ist auch;
klitschnaß. So was lebt nicht! Wasl
haft angestellt? Wo warft2« Und von?
einem plötzlichen Gedanken erfaßt:
»Am End’ bist Du schuld an dem»
Malbeur rnit’m kleinen Fräulein? Bei ’
tenn’s man aleich, saa’ ich Dir!«
« »Mutter . . . ach Gott, Mutter . . . »
; —- .
Wie schuldbewußt das ilana! Hef
tia fuhr die erregte Frau auf den
Miiietbäter los.
»Da soll Dich nichtsnutiiaen Ben
ael doch... Nein, to was!« Sie riß
Ldie Sonntagsileider, denen ein dum
vser, ftockiaer Geruch entströmte, aus
dein großen, rotbbraun gebeizten
Kasten.
CFortsetzuna folgt.)
Um der Mitgift willen.
Original-Roman von stritt Zof.
l15. Fortsetzung und Schkuß.)
Sie betrachtet das Couvert genauer
—- nein! Der Postftempel auf der
Briefmarte beweist, daß der Brief von
Plantitow kommt. Wie ist es mög
lich, daß Aer von Plantitow aus ei
"nen Brief an sie aufgeben kann, wäh
Jrend er doch selbst bei ihr in Carlös
zhagen weilt? Kopfschiittelnd reißt sie
idas Couvert auf, um die Lösung des
zNäthsels zu erfahren. Jhre Augen
zblicken immer erstaunter. Der Brief
iiit wirklich an sie und von Axel ge
ischriebem Jn höchster Verwunderung
zliest sie:
I »Meine geliebte Clara!
s Zwar habe ich Dir versprochen, aus
seine friedliche Lösung meines Konflik
jtes mit Herrn Guntermann bedacht zu
Hein, aber da dieselbe nicht allein von
: mir abhängt, so ift ej immerhin mög
ilich, daß trotz meiner friedfertigen
Stimmung das Duell morgen sriih
doch stattfindet. Jn dieser Annahme
und für den Fall, daß ich vom-kampf
play nicht lebend zurücktomme, möchte
ich noch einige leste Worte an Dich
richten. Ei ist mir ein unerträglicher
Gedanke, daß Du mich auch über das
Grab hinaus mit Deinem Haß und
Deinek Verachtung bedenken wirst,
daß ich in Deiner Erinnerung als ein
Mensch leben werde, der Dich schänd
lich hintergongen hat und der Dir ge
genüber allezeit ein Lügner undheuch
ler gewesen«
Der Schein sprach gegen mich, nnd
obgleich ich unter den Umständen An
deres von Dir ia nicht erwarten Imm
te, bat mich Deine Unerbittiichieit doch
schwer, schwer getroffen Unsiigiich
I habe ich gelitten, ais Du mich von Dir
kwiesesh und oft habe ich in der Stille
» meinesZimmers die Arme sehnsüchtig
nach Dir ausgestreckt und gerufen:
»Komm’, Clara, iomm’ zurück, ver
eihe, sei gut!" Im Angesicht- des
odes schwöre ich Dir, ich habe Dich
lieb, von Herzen lieb. Und nun ver
nimm die volle Wahrheit! Materielle
Gründe waren dir Ursache, daß ich
mich Dir vor Jahren näherte. und als
ich um Deine Band ward, warst Du
mir zwar sympathisch- aber ich em
pfand tein tieferes Gefühl fiir Dich.
Erst später, während unseres Zusam
mrnlebens in Carlshagen, erkannte ich
Deinen ganzen Werth, den sittlichen
Ernst Deines Charatters, Deinehoche
herzigteit, die Tiefe und Keuschheit
Deines Empfindens. Erst in der Ehe
lernte ich Dich bewundern, lernte ich
Dich lieben, und nie habe ich so tief
empfunden siir Dich wie jetzt, wo Du
mich verurtheilt hast« fern von Dir zu
leben. Hoch stehst Du in meinen Au
gen iiber Allen, denen ich im Leben
begegnet bin. Das, was mich einst zu
einer Anderen zog, war lediglich ein
Rausch der Sinne, ein äußerliches
Wohlgefallen. Dich aber liebe ich mit
der ganzen Kraft meines Herzens und
meiner Seele. mit Allem, was gut in
mir ist. Sei bedankt für das Geschenk
Deiner Liebe, die aus mir einen besse
ren Menschen gemacht hat, und die
Du mir entziehst, wo ich vielleicht ih
rer werth geworden bin. Vielleicht,
wenn ich todt sein werde, wirst Du ge
rechter iiber mich denken, wirst Du mir
verzeihen, mir ein weicheres Gefühl
gönnen. Die volle, uneingeschränkte
Liebe Deines Mannes hat Dir gehört,
nur Dir. Das ist, während ich vor
der Möglichleit eines baldigen Todes
stehe, mein letztes Wort, mein heiliger
Schwur, mein einziges Vermächtniß
an Dich. Axel."
Clara liest es tief erschüttert, mit
überquellenden Empfindungen Sie
schließt die Augen. uin die ganze tiefe
Seligkeit auszutofteii, die in deni Be
wußtsein liegt, nun endlich an ArePs
wirkliche, aufrichtige Liebe glauben zu
dürfen.
Und dann liest sie es noch einmal.
jeden Satz. jedes Wort förmlich in sich
hineinschliirfend. Thrönen der innig
sten Freude entitrömen ihr; tiefste Se-f
ligkeit breitet sich über sie.
Aber da durchzuckt sie plötzlich ein
Gedanke, der ihr das Blut aus dem
Antlitz zum Herzen zurücktreibt Wie
loinnit es, daß der Brief gerade ietzt
an ihre Adresse gelangte? Das Da
tum liegt um Wochen zurück. Handelt
es sich vielleicht uni etn liftig ausge
sonnenes Jntriguenspiel, das Axel ar
rangirt hat« uin ihre durch Reinhold’ö
Krankheit ohnehin erschütterte Wider
standstrast vollends zu besiegen?
Nur siir ein paar kurze Setunden
giebt Clara diesen Gedanken Raum.
Dann strömt ihr wieder heiß dasBlut
in’s Gesicht und sie schämt sich vor sich
selbst. Pfui, wie häßlich von ihr! Jst
es nicht ihrer unwiirdig, so niedrig
von ihm zu denken? Jst das der Lohn
siir seine aufopfernde Hilfe, die er ihr
.in den letzten Tagen geleistet und der
sie vielleicht das Leben ihres Kindes
zu danken hat? Hat er nicht in den
letzten Monaten wiederholt« den Be
weis einer ehrenhaften, hochherzigen,
edlen Gesinnung gegeben? Wenn
Leichtsinn und Egoisnius einst seine
Fehler waren, so sind sie es doch heute
nicht mehr. Und handelt sie selbst
nicht tleinlich, gehiissig und verab
»scheuenswerth, wenn sie ihni eine vor
jJahren begangene, aufrichtig bereute
kSchuld unerbittlich. unversöhnlich
Hnachtriigtf
I Das Geräusch sich nähernder
Schritte unterbricht ihre Betrachtun
,gen und veranlaßt sie, hastig Aer
iBrtet in die Tasche zu schieben. Er
iiit es —- Arel «, der nun zurück
;tomknt und sich an Reinhold’s Bett
TseyL Er plaudert mit dem Kleinen
i-— in dem Ton seiner Stimme liegt
etwas Verhalteneö. Jetzt umfängt er
das Kind mit seinen Armen und küßt
es aus Stirn, Wangen und Mund.
«Leh’ wohl, mein lieber, kleiner
K rl!« sagte er mit liebender Stimme.
« b’ wohl! Bleib’ immer gesund.«
Und nun tritt er vor Clara.
»Adieu! Jch danie Dir siit Deine
liebenswürdige Gattireundschast·«
Erst jetzt bemerkt er die Spuren
von Thränen an ihren Wimpern. Ein
Zittern durchläuft seine Gestalt.
»Du hat geweint?« sragt er. »Was
ist Dir. Clara?«
»O nichts —-—« ftammelt sie und
deutet aus Reinhold. ,,eö waren .nur
Freudenthränen.«
Etwas wie Enttäuschung malt sich
in des Mannes Miene. Er neigt grif
szend sein haupt und wendet sich zur
Thür. Schon steht er an der Schwelle,
als ihn ein leiser, schüchterner Rus zu
rückhalt.
«Axel!«
Er schnellt herum. Sie sieht mit
geseniier Stirn vor ihm; ihr Athem
geht heftig; eine übermitchiige Bewe
gung scheint in ihr zu ringen. End
lich kommen die Worte mühsam aus
ihrer schwer athmenden Brust heraus:
»Ich bitte Dich zu bleiben —- immer
izn bleiben-«
; Axel macht eine unwillkürlich zu
lsammenschauernde Bewegung. Und
nun hebt sie ihre Augen empor, die
ginbgnstrahlem bittend, in unendlicher
te . ’
hin und schließt fie in seine Arme.
»Daß Du endlich vergesseni Kannft
Du mir verzeihen, Clarai haft Du
mich denn noch liebs«
»Mehr —- mehr als jet« stammelt
sie selig. »O Axel!«
Erst nach Monaten, die das junge
Ehepaar wie ehemals glücklich, in
ruhiger Zurückgezogenheit in Caris
hagen ver-lebt hat, zeigt Clara ihrem
Gatten den Brief, den sie einft im ent
scheidenden Moment erhalten hat.
Axel ist erstaunt, befiiirzt und sieht
bald auf den Brief, bald auf Clara.
»Aber wie ist das möglich?« ruft
et, bleich vor Schreck. »Wie konnte
der Brief in Deine Hände gelangen?'«
Sie zuckt lächelnd mit den Schul
tern.
»Ich weiß es nicht.«
Axel greift sich an die Stirn und
i sinnt.
»Ja, fest erinnere ich mich«, erklärt
er. »Ich hatte den Brief in der Nacht
«vor dem Duell in ein Schubfach mei
ines Schreibtifches gelegt mit der Ab
; sicht, daß man ihn finden und Dir zu
»fenden sollte, falls ich nicht mehr zu
Jriicklehrtr. Aber dann tam meine
HVerwundung und das lange Kranken
;lager, worüber ich den Brief ganz,
sganz vergessen hatte· Jch tann nur
Zannehmem daß ihn einer der Manti
Jkower Leute, als ich plötzlich durch
TDeine Depefche nach Carlshagen ge
Yrufen wurde, fand und ihn auf die
j Post gegeben hat«
; »Ja, so wird es fein, Liebsier«,
jsiimmi Clara bei und schlingt ihre
;Arme um den Hals des Gatten.
? Aer aber ergreift ihrehände, driickt
I sie ein wenig von sich ab und sieht ihr
forschend in die Augen.
« ««Eiarai« fauchzt er und eilt zu ihr
)
i
)
! »Und Du hast nicht an mir gezwei
sselt?« fragt er· »Du hast nicht ge
)glaubt, daß ich ab — absichtlich —-?«
; Sie verschließt ihm rasch den Mund
imit einem Kuß. Und nachdem sie ihn
Tgeliißt hat« reuevoll, um Vergebung
Jbitterrd, sagt sie: »Erinnere mich nicht
san meine Schwäche! Ja, ich zweifelte
noch einmal an Dir-— nur einen tur
kzen, kurzen Moment. Aber nie wie
Fder werde ich an Dir zweifeln —
Hnie!'· . . . .
Ende.
l
! sie man eine Welt wiegt.
J Einst, es ist gar nicht so lange her,
vielleicht 2 oder 3 Jahrtausende, da
hielt man die Weit siir kugelrund.
Alexandrische Astronomen machten sich
also daran, ihren Umfang auszuruh
;nen. Eben so gedankenvoll waren
- spätere Enkel. Schwerlich hätte New
Jton das Gesetz der Gravitation
»entdeett. hätte er sich nicht sriiher mit
»der Absicht getragen, »die Erde zu
wiegen«· Nichts widersteht dem Meß
und Wiegdrange, weder die Schnel
ligteit des Lichtes noch die unserer
Gedanien.
Wenn der Leser geneigt ist« mit uns
die Erde aus die Wage zu legen, so
wird es vielleicht passend sein, zuvor
die Frage auszuwerfen: Was versteht
man unter dein Gewicht der Erde?
Jm Cornhill Magazine giebt uns W·
A.Shenstone in einem sehr interes
santen Artitei, den wir seinem we
sentlichen Inhalte nach reproduzireru
ein anschauliches Bild von der Opera
tion, die sich nur wenig vom Vorgang
Hin einem Spezereiladen unterscheidet,
J wo man Vsesser oder Aepfel wiegt.
; Jm Großen und Ganzen läuft das
«Wiegen der Erde daraus hinaus. die
tMaise derselben zu bestimmen. Denn
jNewton hat die Sache so erklärt: ein
tKörver übe eine desto größere An
ziehungstrast aus, se mehr-Stoff, je
mehr Masse in ihm steckt, also je dich
ter er ist« So unterscheiden wir dich
tere und weniger dichte Körper. und
alles Wiegen läuft daraus hinaus. die
Dichte oder du«-Masse eines Körpers
Izu DcccmllckL Wir ckkciclickl Ullickcki
Zweck, wenn wir die Aniiehnnagtraft
zweier Körper aufeinander bestimmen
und dann wiederum die An.iiehiings:
traft dieser Körper auf die Erde, wir
haben dann einen Vergleichsinafiftav
hängen wir zum Beispiel ein Gewicht
von 50 Kilogranrm an einer Feder
wage auf, einige Fuß über ver Erde
so wissen wir, daß die Erde an die
sem Gewicht mit einer Kraft von 50
Kilogramm zieht. Nun bringen wir
ein zweites, größeres Gewicht, etwa
von 350 Kilogramin unter das erst
genannte, und zwar in der Entfernung
von 1 engl. Fuß davon. So wird
das kleine Gewicht nicht nur von der
Erde angezoaem sondern zugleich auch
von den neuen 350Kilogracnnn Jst
nun die Wage genügend empfindlich,
so wird sie anzeigen, dafe unser erst
genanntes, kleineres Gewicht nicht
mehr 50 Kilograrnm wiegt, sondern
ein Viertausendstel Gramrn mehr.
Das will besagen. der Zug, den ein
Körper von 3505kilo auf einen ande
ren Körper von 509ilograrnm in der
Entfernung von 1 engl. Fuß ausübt,
ist gleich 1 Biertausenvstel Gramm
Man tann nun einen Vergleich ziehen
fach. In der Ausführung aber erfor
zwischen der Anziehungikraft der(7rve
und der Anziehungstraft des Körpers
von 350 Kilograrnm in der Entfer-·
nung von 1 Fuß. Es findet fich
dann, daß die Erde 12,5 Quadrillio
nen engl. Pfund wiegt.
Diese Methode, die Erde zu wiegen,
erscheint uns auf dem Papier lehr ein
deri ein solches Wiegen, ein solches
Absiimrnen der Dichtigkeit ver Erde
fo zahlreiche Vorsichtsrnaßregelm unt
alle Quellen von Jertliiitnern auszu
schließen, daß die Vorbeeettu zu
einein solchen Experiment die eveit
II
mehrerer Jahre bildet. Alt Prof.
Bon- gu Oxford die Erde trog, wurde
er durch ein Crdbeden estisrt, das in
einer Entfernung don ansenden don
Meilen stattfand. Das Erddeben
wurde auf diesem Erdtheile nur durch
den Umstand zufällig bemerkt, daß
erostons gerade die Erde in dem
; Augenblick zu wiegen im Begriffe war,
»als die Welle der Erderschiitterung
aus dem fernen Welttheil nach Eng
land herüberschiug. Die Leute, die
früher die Erde ·wogen, hatten deren
Anziehungstraft mit jener, großer
Gegenstände. Z.B. großer Berge, der
glicden. Bot-s machte seine Vergleiche
mit metallischen Kugeln, deren größte
4I,Cs Zoll und deren tleinste nur Z-«
engl. Zoll im Durchmesser besaß.
Das Wiegen der Erde durch Be
fiimmen des Gemichts aus großen
Höhen findet mit Hilfe des Pendels
statt. Je größer die Höhe, desto ge
ringer die Anziehunastraft der Erde,
desto langsamer die Pendelschtvinaun
Es gibt aber auch noch andere Mitte .
Vor einigen Jahren wurden die Be
wohner einer einsamen, fernliegenden
Insel sehr erregt, als eine Gesellschaft
an ihrer Küste landete, die eine ganze
Reihe sinnloser Handlungen unter
nahm und dadurch die Achtung der
Inielbervohner einbiisztr. Die letzte
Sdur von Respekt aina, wie Shens
stone es humoristisch schildert, dekla
ren, als die Gesellschaft auf demGipfel
eines Berges in Gefäßen Wasser lachte
——urn die Berghöhe iu messen. Nicht
minder verwundert dürften die Ein
geborenen von Vertshire gewesen sein,
als einiae Geotoaen im Jahre 1774
nach Schiehallion kamen, um mit
Bleilothen und Teleskoven, durch weich
» letztere sie nach denEternen luaten, die
HFrde zu wiegen. Nach 2 Monaten
sBeodachtnna und 2 Jahren tax-warn
lvbischer Ausnahmen des Bergesl fand
fMasteian daß die Erde so schwer
fein miisse als eine Wasserluael von
41.«s»facher Größe als die Erde. Dieser
Werth wurde dann auf 5 erhöht
Besitzt man die äußerst seinen
Quarzfiidem die sich Bons vor weni
aen Jahren mittels elettrischerSchmel
zuna aus Bergkristall hergestellt hat,
so kann man sieh einen Apparat bauen
in der Größe einer HutichachteL in
dem man die Erde in aanz niedlicher
Weise im Kleinen ioieaen kann. Aus
einem einziaen Sandlorn läfit sich ein
Faden ziehen von 1000 enal. Meilen
Länge, ein Faden, stärker atö Stahl
und wunderbar elastifch. Caorndifh
»(l797) verwendete zum Aufhiingen
Idee Kuaeln Meialldröhte, die nicht
; volltornmen elaftiscb sind und mit der
Hieit »ermiiden«. Auch die Börse war
Ihei solchen Experimente-n insofern be
’theiliat, als Bailv, ein Londoner
Fand-matten in den Jahren 1738
bis 1742 nicht weniaer als 2158 Ex
perimente vornahm. Neuestens hat
Ponntina das Experiment in seiner
Art erneuert. Nach der Schilderun
des Cornhill Maaaiine hina er
Gewichte von ie 50 Pfund an die bei
den Enden feiner fiarten Wage. Nun
brachte er unier eines dieser Gemächte
eine Metallmafse von .50 Pfund,
dann trua er diese Masse unter dasv
andere Gewicht hinüber. Jn beiden
Fällen tonnie er das durch diefeMasse
erzeuate Ueberaetvicht beftimmen. Na
türlich mufiten alle VorsichtsmaszM
aeln aetrofsen werden, um Jrrthiimer
zu vermeiden. Die Wage wurde in
einem Keller unter-gebracht und durch
ein Fernrohr beobachtet, das sich im
oberen Raume befand und mit dem
man durch ein Loch in der Wölbung
hindurchichauen tonnte. Der Apparat
war so empfindlich, daß Niemand im
Hause herumgehen durfte, wennPoyn
tina arbeitete. Um dieser störenden
Empfindlichleit abzuhelfen wurde «
das Instrument auf arosze Blocks von «
G·ummi gestellt. Die Waae arbeitete
ein ganzes Jahr verliileich, begann
aber»eineö Taaes falsch zu neben. Um
verjtandlich zu machen, wie tlein die
Storuna war, brinat Pros. Poantina
folgendes Gleichniszt Denken wir un
aue Bewohner der brititchen Inseln,
nlio 40 Millionen Personen, in der
Riefenichale einer großen Wage unter
gebrgcht. Jn der anderen Schale
liege das Gegennewicht. und man
dente iich zu diesen 40 Millionen
einen Jungen von mittlerer Größe
daiu gethan. »Warst-en Sie, daß
dieses Mehrgewicht dem Manne, der
das Wiegen besorgt. irgendwie auf
tallen würde?« Keinesfglls. Die
Genauigkeit der Wage des Professors (
Poynting war aber noch größer-. Sie
war so empfindlich, gis ob es sich bei
ienern vbantgstiscken Wiegen der Be
völkerung darum gehandelt hätte. ob
der erwähnte Junge seine beiden Stie
fel anbatte oder nur einen. Cavendisb
fand die Erde 5,493mat, Bons 5,527
mal dichter als Wasser.
HurrabL Es werden doch Fort
schritte gemacht bei der Nordpotsors
schung. Jetzt haben wir schon eine
Rettungsexvedition aufzuweiserh der
nicht eine Rettung-H-ErneditionsMets
tungs-Erpedition nachgeschickt zu wer
den braucht.
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Wenn Andn Carnegie durchaus T
arrn sterben und außerdem diesem
Kriege ein Ende machen will, dann
bat er ießt eine schöne Gelegenheit
,da«u. Er braucht nur die Kriegs
tasten zu bezahlen.
s I I
hioböpostt Die Mäuse in Philo
delvbia bat Leute entlassen, weil we
niger Geld gevraat werden toll. Und
ei ist doch noch lange nicht genug
verbanden
fis
Wer gern rat-»in der muß sich »s- .
Amt-gen gewohnen-. !