Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 14, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Auf der Brautschau.
Eiel i Ge te El
n ustYteersttäädtyvn se
Horst von Entdem königlich preu
ßischer Oberleutnant, befand sr mit
unter in einer Stimmung. in er
alles einfach schauderhast-slandalös
fand. Ost kam es zwar nicht vor,
aber es kam vor. So auch ute an
einem sonnigen heißen Spät ommer
tage. — Da soll aber auch einer seine
gute Laune behalten —- depeschirt er
atn Abend vorher, daß er am andern
Tage in S. eintreffen wird ——— und
auf der Station läßt sich weder Hund
noch Kahe sehen, geschweige denn ein
bequemer Landauer, der ihn in der
»hölle Schlund« führen soll —- und
das alles wegen der verfl. . . Heiraths
marotte seines sonst so gemiithlichen
einsichtsvollen Alten.
Da steht der dicke Stationsvorstand
mit dem lotterig zugetnöpften Rocke,
daß sich Horst von Emdens Soldaten
herz emport herumdreht — und beob
achtet ihn neugierig. Gehörig anras
seln wie einen Rekruten, möchte ihn
Horst -— schade, daß der Dicke im bun
ten Rock sein Reltut ist, sonst —
Der Stationsvorstand hatte natür
lich keine Ahnung von Horsts freund
schastlichen Regungen. Nicht allzu
schnell und allzustramm schob er seine»
reformbediirftige Gestalt der Stelle
zu, wo Horst stand und machte eine
Verbeugung, die wiirdevoll aussehen
vllte, aber komisch wirkte: »Kann ich
m gnsdigen Herrn vielleicht mit et
was dienen?«
»Kein Wagen von Bredow da?«
fragte Horst mißmuihig.
»Bedaure. gnädiger Herr, die gräf
lichen Herrschaften sind gestern Mor
gen verreist und toinmen, soviel ich
weiß, erst heute Abend zurück«
»’ö wird immer schöner —-— schau
derhafti-slandalös!« brummte Horst
mit wüthendem Lächeln. »Ist wenig
kteeäts ein Wagen nach Bredoto zu ha
Js«
»Wagen — Wagen? Nein. die
iebt's hier nicht. Die Herrschaften
r umliegenden Gitter belieben ihre
eigenen Wa. .
»Gut — wie weit ist der Weg zu
Fuß-st
»Etwa anderthalb Stunden. ’s ist
aber schöner grader Chansseetreg Nur
die letzte Viertelstunde führt durch
Wald.'«
»Danle sehr, ich werde laufen!«
Horst grüßte nachlässig. Der Dicke
dienerre und zog sich dislret zurück,
um den Anliimmling besser von dem
Fenster des Stationsgebiiudes aus —
eineö primitiven Backsteinhäuschens—
beobachten zu können. Ein Fremder
aus der kleinen Station bedeutete dem
Vorsteher soviel wie ein neuer Stern
dem Astronomen.
Horst aber drüben auf der Chaufsee
wanderte mit sehr gemischten Gefüh
len nach dem Gute des Herrn vonBre
dow« Er schritt sehr nachdenllich da
hin. Und in dem Monlog, den er in
nerlich hielt, lehrten die beiden an
fangs erwähnten Schlagwörter sehr
häufig wieder.
Weißfchimmernd und endlos dehnte
sich die Chaussee. Ein vaar dürftige
Dbstbäume hüben wie drüben. Und
dabei brannte die Sonne vom klaren
himmel herab, als hätte sie ertra alle
Gluth zusammen genommen, um
gorst den Weg ja recht zu bekleiden
igentlich war eg ja Thorbeit —-— nein
direlt Verriicktheit, von seinem alten
gnu, ihn nach Btedow zu schielen.
irathen that er ohnedies noch nicht,
und die tleine Landvommeranze, die
ihm aufgezwungen werden sollte, erst
recht nicht. Horst war lein Damen
seind — v bewahre, bewahre — im
Gegentheil, er verehrte sie in allen
Nuancen und in allen Größen. Aber
egen tleine Landpomrneranzen und
ufgezwungenes hatte er von jeher
eine Abneigung Und eine echte Land
vommeranze sollte Elle von Bredow
sein. Er hatte mal durch die Blume
eine Belannte nach ihr gefragt —-— von
Erziehung leine Spur —— mutterlos
—- ohne Dame d’honneur -—- der Alte
ein Bär —- summa summarum. —
Der Teufel mußte den alten Bre
dotv geritten haben, als ihn nach Jah
ren sein Jugendfreund —- das war
orstö Vater -— ervresz besuchte.
im Glase Wein hatten die beiden
alten rren ausgelnobelt, daß es die
Freun sehast sehr befestigen könnte.
wenn aus ihren Kindern ein Paar
WUIOQ
Unter allerlei Betrachtungen war
horst ein gut Stück vorwärts gekom
men. Jn der Ferne tauchte schon der
Wald auf. Und Darst, als er ein
absehbare-z Ende erblickte, betam wie
der neuen Muth und schritt hurtig
aus.
Bald war der Wald erreicht, ein
schöner, alter Buchenwald. Und ehe
er’s sich versah, stand er bei einer Bie
gung des Weges vor einer weißen,
nicht allzuhohen hölzernen Gitter
psorte.
Durch die Bäume hindurch schim
merte ein ebenfalls weißes Haus und
das roth- und weißgestreiste Zeltdach
einer Veranda. Das also war der
« "lle Schlund« —- ganz anheirnelnd
tt rigenö. «
korst klinkte die Gitterpsortes auf
un nmrschirte auf aewundenen We
n dern weißen Hause zu. Keine
gute begenete ihm. Das Hau- lag
wie aus sterben. Aus der breiten
Tung te zur Veranda emporsührte,
lag, n Kopf aus den Vorderpfoten,
ein mächtiger Neusundtänder. Ver
schlasen hob er den Kons, blinzette
icrust an. knurrte und —- schties wei
r.
Horst wartete eine Weile, ob nicht1
ein dienstbar-er Geist in Sieht käme —- I»
nichts regte sich. Ah — aber dort auf s
der Veranda befand sich ein Ringel
ug. Damit wollte er mal die faule
nde zusammenttommeln. Kaum .
hat die Herrschaft den Rücken gis-l
wandt, so macht sich die Dienerschast
gute Tage.
Aber kaum hatte er den Fuß auf
die erste Stufe der Veranda gesetzt, j
als der Neusundliinder plötzlich merk
würdig munter wurde und seinen
funkelnden Blick durchaus nicht fried
lich auf Horst richtete. Mit unver
nunftigen Thieren aber soll man nicht
streiten· Das wußte auch Horst.
Drum verzichtete er auf das Vordrin
gen in feindlicheö Gebiet und trat den
Rückzug an.
Gemächlich schlenderte er durch die
Gänge. Der Pakt war ausgedehnt
und sorgfältig gepflegt.
Da tönten Plötzlich Laute an sein
Ohr — eine Frauenstimme, die la-.
chend und scherzend mit jemand
sprach. ·
Also im Parte tummelt sich die »ge
wissenhaste« Dienerschaft —— schauder
haft — ftandalös — schließlich die
Köchin oder Zofe, die mit dem Diener
schälerte.
Horst ging den Lauten nach. Nach
einer Weile that sich vor ihm ein gro
ßer Ra enplatz aus. Und inmitten
dieses latzes tanzte ein junges Mäd
chen mit einem sehr merkwürdi en
Partner — einem großen weißen . a
ter. Sie hatte das kläglich miauende
Katerthier an den beiden Vorderpfo
ten gefaßt und drehte sich lachend mit
ihm im Kreise: «Hopp, Peter —— hopp
—- ha. ha, ha!« Wie der Wirbelwind
gings herum.
»Alle Wetter!" fagte Vorsi, uno
seine Stimme klang freudig bewegt.
»Ein reizendes Kammertätzchen mit
dem Schloßtater!« Die Kleine sah
aber auch zu hübsch aus mit den
dicken, goldblonden Zöpschem die wie
eine Krone das hübsche, frische Gesicht
umrahmten, mit dem einfachen hellen
Kleide und dem weißen Schürzclkem
dem Attribut ihrer Zofenwiirde
Und jetzt sah sie Horst. Erschrocken
ließ sie ihren Partner los. Und Horst
steuerte vertraulich lächelnd auf die
Kleine zu. Lächelnd zog er den Hut,
die Kleine inixte. »Herrschast nicht
zu Hause —— was?« sagte Horst lie
benswürdig. Einen Auaenblick schau
ten ihn wei merlwiirdia tiese Blau
augen erstaunt an. Dann drehte sich
das zierliche Persönchen totett auf
dem Absatz herum —— »errathen —
ich bin allein! Die Gnädige ist fort
— und der Gnädige auch —- —"
Da gibt’s natürlich Feierstunden?«
»Gott sei Danl!«
Dasselbe dachte auch Herst. Er war
schon mit ganzer Seele bei dem ent
zückenden Abenteuer, das sich ihm bot.
Aber als vorsichtiger Mann erinn
digte er sich erst, wann wohl die Herr
schast zurücktommen könnte.
»Am Spätnachmittag«, sagte die
Kleine.
nFatal —- und ich wollte der Herr
schaft meine Aufwartung machen,«
heuchelte Horst, ,,nun muß ich unver
richteter Sache wieder gehen.«
»Wenn der gnädige Herr warten
wollten? Vielleicht lommt die Herr
schaft auch schon eher. Dort in der
Laube sitzt es sich sehr schön.«
Die Kleine zeigte nach einem Häus
chen aus Baumrinde mit bequemen,
einladenden Gartenmöbeln.
Und Horft faßte im Nu nach der
Hand und schaute die Kleine mit ei
nem bezwingenden Blicke an: »Ja so
angenehmer Gesellschaft will ich tage
lana warten!«
Nun plauderte man schon eine
ganze Weile vergnügt zusammen. Die
Kleine war richtig die Zofe, wie Horst
sofort errathen hatte, aber die hüb
scheste Zofe, die er je gesehen hatte.
Sein Herz brannte lichterloh. Und
er pries den guten Stern, der die
Herrschaft nicht zu Hause sein ließ.
Die Zeit verging wie iin Fluge.
Sogar für ein gutes Frühstück hatte
Käte, so hieß die Kleine, gesorgt. Und
eine gottbegnadete Dreistigteit und
Sicherheit bewies Kitte. Sie brachte
die feinsten belegten Schnittchen und
den feurigsten Wein-— jedoch nicht nur
fiir Horst’s tverthe Person, sondern
auch fiir ihre eigene. Als wenn sie es
nicht anders gewöhnt Kre, deckte sie
doppelt, legte Horst v , stieß mit
ihm an.
Und Horst wurde immer verliebter.
Der Wein that seine Wirlung, er war
in sehr vertrauensseliger Stimmung.
Dem reisenden Käfer durfte man
schon etwas anvertrauen. Zofen wa
ren ja aufs Schweigen gedrillt. Und
horft erzählte den Zweck der Mission,
die ihn hergeführt.
Käthe nickte und sah ihn sehr be
dauernd an. «Puh« machte sie plötz
lich —- »und häßlich ist die Gnädige,
rothlöpfig, sommersprossig, grob
tnochig ——«
»Um Gottes Willen hören Sie aqu
Das ist mehr als ich vertragen kann.
Und wenn sie schön wäre, schön wie
eine Juno ———« Hörst war ganz Schwe
renöther —- »sie würde tnir heute doch
nicht gefallen — heute nicht!« setzte er
nochmals bedeutungövoll hinzu.
Käthe seufzte und sah ihn schmach
tend an.
Jetzt ist die rechte Zeit. Aus zur
Attackei dachte horft.
Er erhob sich und stellte sich hinter
Köthes Stuhl. Dicht beugte er sich
zu ihr nieder und sagte ihr viel Schö
nes — er duzte sie als gehöre es nicht
sanders. Und Käthe —- die Kleinel
war entschieden gottvoll —-- aber süß
—- duth ihn wieder. Ob sie ihn auch
wohl wieder küßte? —- Ach was, wer
wagt, gewinnt. — Und wahrhaftig —
sie erwiderte seinen Kuß! Sie lehnte
sich an seine Schulter und sah zu ihm
aus — »bin ich nun deine Braut?«
Horst dachte zehn kalte Douchen ent
liiden sich mit einem Male über sei
nem Haupte und schickten ihre kalten
Strahlen aus ihn herab. Wie sollte
er wohl solcher Naivität begegnen,
ohne das holde Abenteuer eher als
nöthig zu zerstören?
»Um Gottes Willen! Die Gnädi
gen!«
Käthe sprang entsetzt aus« Wagen
tollen kam näher. Und ehe Horst noch
einen klaren Gedanken fassen konnte,
war die Kleine verschwunden.
,,Donnerwetter!« sagte Horst im
Brusttone der Ueberzeugnng ,,da habe
ich mir ’was nettes eingebroclt. Wie
soll ich das auslöfseln?« Und er mar
schierte aus die Veranda los.
Da hielt ein Fuhrwerk Und auf
dem Wege kam ihm ein alter Herr
entgegen. Der winkte jovial. ,,Braoo!
Das ist nett, Herr von Emden. Be
daure nur, daß mich Jhr Telegramm
nicht angetroffen hat —- von Bredow
—- ich hosse, wir werden gut Freund!«
Horst war entschieden schweigsamer
als vorhin im Rindenhäuschen. Das
Schwert des Damokles hing drohend
über seinem Haupte. Wenn er wenig
stens den Raker warnen könnte, wenn
er wenigstens — —
Alle guten Geister-—Horst wurde es
siedend heiß, mehr Angst gefchwitzt
können seiner Zeit die Männer im feu
rigen Osen auch nicht haben —- was
flog dort die Treppe herab mit ausge
breiteten Armen in unheimlicher Ge
schwindigkeit auf ihn zu —?
Er hätte zum Assen werden und
den nächsten Baumwinkel erklimmen
mögen. Und das Flatternde, Helle,
hing an einem Halse! Herrn von
Bredows Mund stand weit offen, als
sollte eine Taube aus dem berühmten
Schlarassenlande hineinsliegen. Alle
Iguten Geister —— Rettung war nicht
. mehr möalich.
»Ja Himmelschockschwerenoth Elses
— TeufelsmiideL wie ist denn das zu
gegangen —«? Willst du denn deinen
guten Alten narren ?«
Jebt öffnete Horst den Mund noch
weiter. Ja war er denn in eine He
xenkiicbe gerathen? Aber die lieblichste s
Hexe schaute ihn schadenfroh aus s
blauen Augen an und sliisterte: »Elsej
von Bredow —— Horst oon Emden em- !
pfehlen sich als Verlobte!« I
—.s
Underufen.
Von FranzWichmanm
Es war einer jener langen Winter- I
abende deren Stunden sich endlos
sdehnem Kurt von Gallern, mein Uni
versitiitsfreund der die Weihnachtgzeit
immer auf dem Landgut bei seiner
verheiratheten Schwester zubrachte,
hatte mich eingeladen, mit nach Eu
lenrode hinauszukommen Die Tages
stunden oeritrichen rasch mit allerlei
sportlichen ilebungen in freier Natur,
der Abend gehörte dem Theetisch, dem !
Wein der Unterhaltung Heute aber!
gerieth dieselbe mehrfach in g Stocken. s
Kurt war miide don stundenlangen
Schlittschuhlausen und Frau Helene, »
unsere liebenswürdige Wirtbin, ver
stimmt, weil ihr Gatte zu einer mehr
»tögigen Gerichtsverhandlung in diet
Rreisstadt gemußt hatte. Nichts ver- .
mochte uns dauernd zu fesseln. End
lich verfielen wir aus die Zeitungen.j
Abwechselnd griff eines um’5 andere
»ein Blatt der letzten Tage heraus und!
las vor, wag ihm gerade interessantf
schien.
»Halt,« sagte Frau Helene, ehe ich
mit meinem kleinen Artikel ganz zu!
Ende war »Das ist Unsinn! Wie:
tann man wegen einer Einbildungs
sterben. «
»Es ist auch nicht die Einbildung,i
sondern die Furcht, welche tödtet « i
»Angenehm muß ec- gerade nichti
sein, zu meinen, man habe eine Flasche (
Karboläure ausgetrunken-« bemerkte
Kurt.
»Aber es steht ja da, daß es ins
Wahrheit eine ganz harmlose Flüssig
keit war!« rief eine cchwester
»Als das festgestellt wurde, war es
jedenfalls schon zu spät,« wandte ich
ein. »Die Nerven des Mädchens waren
durch die falsche Vorstellung bereiis so
erschüttert, daß die Wahrheit sie nicht
mehr in’s Gleichgewicht bringen
tonnte.«
Frau Helene schiittelte den Kopf.
Seit den wenigen Tagen, die ich in
Eulenrode weilte, wußte ich, daß
sie eine starte nicht leicht aus der
Fassung zu dringende Seele besaß
Doch von dem Vollgefühl ihrer Kraft
war auch der Widerspruch unzertrenn
lich. Was sie nicht fassen wollte oder
konnte, das leugnete sie.
»Das glaube ich nicht,'« fagte sie und
det kleine Fuß trat geräuschvoll den
Boden.
»Um Sie zu überzeugen, gnädige
Frau, darf ich Ihnen vielleicht eine
tleine Geschichte ans meiner eigenen
Verwandtschaft erzählenR
Jch begann ohne Weiterest »Es be
trifft eine verstorbene Cousine von mir
die bei einer Freundin auf dem Lande
zum Besuch war Eines Abends, als
sie sich zur Ruhe legen will, glaubt sie
ein Geräusch zu hören Wie sie anl
den Boden leuchtet, sieht sie deutlich
die Füße eines Mannes beim unteren
Ende des Bettes hervorragen. Der
Unhold muß durch das«ossen stehende
Fenster vom Garten hereingestiegen
sein. Sie steht wie gelähmt, der Schre
ckensschrei. den sie ausstoßen will, er
stickt ihr im Halse. Alle Hausbewoh
ner schlafen schon und das Bewußtsein
der Einsamkeit wirkt niederschmetternd
aus sie. Fürchterliche Minuten bleibt
sie wie gebannt stehen und wagt sich
nicht zu rühren. Endlich aber gelingt
es ihr doch, geräuschlos die Thür zu
erreichen. Jhr lautes Geschrei weckt
alles im Hause. Sie selbst vermag nur
gerade noch ihr fürchterliches Erleb
niß zu schildern, um dann bewußtlos
in die Arme ihrerFreundin zu sinken.
Als man sich wohlbewaffnet in das
Schlaszimmer wagt, ist natürlich von
dem frechen Eindringling keine Spur
mehr zu sinden.«
,,Also handelte es sich nicht um Ein
bildung, sondern um einen wirklichen
Menschen?« fragte Kurt.
»Zweisellos. Jch wollte auch nur
beweisen, daß die Furcht auch tödten
tö«nne.«
»Ja, ist denn Jhre arme Cousine
gestorben?« ries Frau Helene erregt.
»Sie ist seit jener Nacht nicht wie
der zum Bewußtsein gekommen. Die
Ohnmacht ging in ein heftiges Ner
venfieber über, dem sie nach wenigen
Tagen in blühender Jugend erlag.«
»Traurig, sehr traurig!« Die Da
me deg Hauses stützte den Kon aus
die Hand. Jhr Widerspruch war noch
nicht besiegt. »Ich verstehe das einfach
nicht,« fuhr sie nach kurzer Pause fort.
»Das unglücklicheMädchen muß trank
haft empfindsame Nerven gehabt ha
ben. Gesunde können sich nicht in
solcher Weise durch die Furcht verwir
ren lassen.«
,,Unberufen!« sagte ich halblaut
und klopfte dreimal unter den Tisch.
»Wie, Sie sind auch abergläubisch?«
,,Eigentlich nicht. Jch bin weder
gläubig noch ungläubig. Aber meine
Mutter lehrte mich immer, die höheren
Mächte nicht durch frevelhaften Ueber
muth herauszuforderin
»Aber wenn Sie doch nicht an solche
glauben?«
»Es giebt Dinge zwischen Himmel
und Erde, von denen sich unsere
Schulweisheit nichts träumen läßt,
gnädige Frau. An dieses Evangelium
Hamlets habe ich mich immer gehal
ten«
»Ich muß Richard beistimmen, « fiel
Kurt ein. ,,Mag man es immerhin
Aberglauben nennen, so liegt doch
eine schöne menschliche Bescheidenheit
darin.'« »
»Nun, denn,« unterbrach ihn die
Schwester, »so bin ich so unbescheiden,
bei meiner Meinung zu bleiben, daß
kein Mensch mit gesunden Nerven sich
derart von der Furcht betäuben las
sen kann. Warum sagte sich ihsre
Coufine nicht, daß kein Menschs
schnell unter dem Bette liervorzukom
men vermag, wie sie die Thiir errei
chen konntes«
»Weil die klugen Gedanken gewöhn
lich nicht im Augenblick der Gefahr
kommen, sondern erst später.« meinte
Kurt. »Du kannst leicht behaupten,
keine Furcht zu kennen, so lange Du
Dich noch niemals gefürchtet haft.«
»Mit Dir ist überhaupt nicht ver
nünftig zu reden«, chmollte die Schwe
ster. »Da kommt man an lein Ende,
und darum hebe ich die Sitzung auf.«
»Ich denke, wir leeren erst unsere
Riivesheimer, dann gehen wir auch.«
sagte Kurt. während Frau Helene uns
gute Nacht wünschte. Da es ziemlich
spät geworden war, hatte sie das Zim
mermädchen schon schlafen geschickt,
und stieg allein die breite Steintreppe
zum ersten Stock empor.
Wir plauderten noch über das be
sprochene Thema, als wir plötzlich in
jähem Schrecken auffuhren.
Die Thiir ward ausgerissen und
lserein stürzte Frau Helene, blaß, zit
ternd und mit allen Zeichen des Ent
setzens.
,,.Kurt, um Gottes willen — Herr
Dottor —- helsen Sie -«— es ist — es
ist »»«
,,Was ist geschehen3« riefen wir wie
aus einem Munde.
»Ein Fremder --——— ein Dieb —— ein
Mörder ist in unserem Schlaszimmer!«
Wir saherkuns bedeutsatn an. Os
senbar hatten wir beide denselben Ge
danken. Sollte nicht die vorherge
gangene Unterhaltung die Nerven der
Dame so erregt haben, daß sie Ge
spenster sah? Doch ehe wir Unsere
Vermuthung augprecheu konnten, suhr
Frau Helene hastig und siebernd sort:
»Hören Sie mich an. An nichts
Schlimmes denkend, bettete ich ohne
Licht das Schlaszinuner. Der Mond
scheint taghell und ich beginne mich
auszukleidem Da bemerke ich, daß
die Vorhänge nach dein Garten noch
nicht geschlossen sind, und trete ans
Fenster. Jn dem Augenblick, da ich
die Hand ausstrecle, sehe ich unter dem
Vorhang deutlich zwei Füße in starken
Stiefeln.
,,Jst’s möglich — hast Du Dich
nicht —«
»Laß mich ausreden, Kurt. Außer
mir will ich aufschreien. Doch blitz
schnell fährt mir durch den Kopf, was
wir vorhin besprochen. Die Furcht
machte mich start und klug, nie habe
ich so klar und so rasch überlegt. Jn
der nächsten Sekunde wußte ich, was
ich zu thun hatte. Zugleich glaubte ich
den Ateem des Menschen zu spüren,
ich sah, wie der Vorhang sich bewegte,
und durch den leichten Stoss erkannte
ich die schattenhaften Umrisse des Ver
steckten. Jm nächsten Moment konnte
es um mich geschehen sein. Jnstinltiv
begann ich laut mit mir selbst zu spre
chen und sagte scheinbar ärgerlich:
,,Wahrhaftig, ich habe unten meine
Uhr liegen lassen. Muß sie schnell ho
gxyt sonst verschlafe ich morgen die
l «
Der Mann hinter dem Vorhang
rührte sich nicht mehr. Jch erreichte
ungehindert die Thür. So bin ich
hier.«
Wir hatten mit wachsender Span
nung gelaucht.
»Und Du glaubst, daß der Ein
dringling noch dort steht?« fragte
Kurt.
»Sicher,« entgegnete sie, »er wartet
auf meine Rückkehr. Kommt nur, ver
seht Euch mit Waffen. Sollen wir das
Mädchen und den Diener wecken?«
»Nicht nöthig,« sagte der Bruder,
seine geladene Büchse von der Wand
nehmend, während ich meinen Revol
ver zu mir steckte und das Jagdmesser
aus der Scheide zog. »Wir werden
schon allein mit ihm fertig!«
Als wir geräuschlos zum gemein
samen Schlafzimmer des jungen Paa
res emporftiegen, klopfte mir doch ein
wenig das Herz.
Kurt öffnete vorsichtig die Thür.
»Wahrhaftig, sie hat recht,« flüsterte
er, leicht erblassend, und wie ich über
seine Schulter sah, bemerkte auch ich
die zwei Füße unter dem Vorhang.
»Hund von einem Spitzbuben, komm
heraus, oder Du , bist des Todes!«
schrie Kurt mit Donnerstimme und
erhob die Büche. Jch hielt ebenfalls
meine Schußwaffe bereit. Aber die
Aufforderung blieb wirkungslos-.
,,Still, er bewegt sich,« flüsterte
Frau Helene hinter mir.
»Es ist nur der Wind, der den Vor.:
hang aufbläht.«
»Sonderbar«, meinte Kurt, der nicht
ohne weiteres zu schießen wagte, »der
Kerl hat mehr Muth, als man ihm zu
trauen sollte. Das muß nicht mit
rechten Dingen zugehen!«
Er warf sich glatt aus den Fußbo
den, um besser unter den Vorhang zu
sehen. Schützend hielt ich den Revol
ver über ihn vorgestreckt, während
Frau Helene zitternd an der Thijr
stand.
»Teufel, was ist das-Z« murmelte
Kurt betroffen. »Der Mensch hat
keine Beine —- das sind ja —-« Sein
plötzlich geltendes Auflachen erfchreckte
mich fast, so unvermuthet kam es.
»Das sind ja ein paar leere Stiefel —
und darüber am Nagel ein Rock, hin
ter dem Vorhang hängend —— Deines
Mannes Rock, Helene!«
Er konnte, während er wieder auf
die Füße sprang, sich vor Lachen kaum
halten.
Jch eilte aus das Fenster zu, riß den
Vorhang zurück und bestätigte die
Wahrheit seiner Worte.
»Wirtlich, tvirllich,« stotterte Frau
Helene. «Wilhelms Stiefel und Haus
rock —- er muß ihn hier, als er sich
umkleidete, anfaehänat haben, ohne
daß ich es wußte. Der Mond, der
Lustzug und der Vorhang thaten das
Uebrige.«
»Da haben wir die Geschichte von
der vermeintlichen Karbolslasche in
neuer Auflage«, konnte ich mich nicht
enthalten zu triumvhirm »Man soll
das Schicksal nicht heraussordern.«
»Sie hatten Recht,« sagte die schöne
Frau, sich überwunden gebend. »Aber
ein zweites Mal vassirt mir das nicht
wieder. Unberufen!«
—
Der Richtige.
Von Th. Müller.
Der Bruckmüllersepp und der Brün
delhofwastl sind die saubersten und
reichsten Burschen im Dorf —- die Leni
aber vom Oberwiesbauern das sauber
ste und »schwarste« Dirndl, und in die
sind der Sepp und der Wastl ganz da
misch verschossen.
Auch dem Dirndl hab’n die zwei
Buben gut g’fallen, aber ihr Herz hat
noch net g’sptochen.
Länger aber halten«-« die zwei Ver
liebten nimmer aug, sie bitten und be
stürmen das Mädl unaufhörlich, daß
sie endlich einen wählen solle. Schließ
lich vertröst’t sie s’ bis zum ersten Heu
einsahr’n: wei ihr das am besten z’
Dank macht, der sollt’ in Gott’snam’
ihr »Ja« hab’n.
Und richtig, der Tag kommt, und die
zwei Burschen auch, jeder mit einer
tüchtigen Fuhre Heu, hintereinander
Es ist aber vorm Oberwies bauern
hof, wo die Leni am Zaun g ’standen
ist, ein großes Loch in der Straßen
g’wesen, und wie der Sepp, der voraus
war, mit seiner Fuhr dahin ist ’tom
men, hat er all seine Kunst auf’boten
und ist drüber weg ’lommen so fein
und gut, daß ihm das bei dem schwe
ren Wagen net so leicht einer nachg’
macht hätt’ -— drum hat er auch einen
mords Juhschrei ’tan, als er drüber
war. Z’widerer ist’s dem Wastl ’gan
gen. Der hat nur Augen g’habt für
d’ Leni und --— bumsl haut’s den
Wag'n auch schon um! Da hat natür
lich der Sepp einen Freudensprung
g’macht und wollte schon los aufs
Dirndl.
Die aber hat g’sagt: »Nein, naa,
der Wastl hat g’wonna!!« und dabei
ist ihr’s Feuer aus ’rn Msichk zischte
g’n. »Wer vorbeifahrt, wenn-P am
Zaun steh’ und no’ Aug’n xiir a Fuhr
Heu hat, mit dem ist’s mt der Lieb
net weit her —- besser sahr’n wird er
I scho’ no’ lerne-, der Wastl!«
Iiirsprachr.
Leutnant: »Höre ja u meinem Er
staunen, Müller, daß hire Braut die
Köchin meiner Braut ist!«
Bursche: »Na, sonst hätten Sie die
auch nicht gekriegi, Herr Leuinant!«
Aus Sachsen.
s Gendarm: ,,Jhren Paß möcht’ ich
e n
s«
Handwerksbursche »Wie soll ich ’n
zu een Baß gommen, Herr Wachtmee
ster, ich bin Sie doch, Gositschtramm
bach, te Musikante?!«
Sparsam.
Kontorist: »Soll ich diesen Bogen
noch verwenden? Es ist ein kleine-r
Tintenklecks d’raus!«
Chef: ,,Natiirlich!... Sehen Sie
halt, daß gerade ein »i« an dieseStellf
kommt!«
Billige Auszeichnung
»Liebe Trude, seit 25 Jahren wir
ken Sie bei uns mit Fleiß, Treue und
Aufopferung! Wir betrachten Sie nun
zur Familie gehörig —- von jetzt an
sbelommen Sie kein-en Lohn!«
Ein gebrannt’ Kind.
s A.: (in der Kneipe): »Na, der
; Müller geht ja jetzt immer so pünkt
! lich nach Hause?«
B.: »Ja, wissen Sie, neulich ist er
l mal nach zehn gekommen, da hat sich
Heine Frau an’s Klavier gesetzt und
l ihm eine Stunde lang was vorgefun
s Yii,,seitde111 geht er immer zur rechten
s ; eit.«
i Vorweis-sticht
l »Was sagen Sie dazu, Herr Wirth?
lVon unser’n Stammgästen bleibt ja
z eine-r nach dem ander’n ausl«
J »Nun ja — die jungen Leute von
;l)eut’! Wenn da einer nur a’ bissel
)an’ Magenkatarrh kriegt —- gleich
l heirathst kri«
» Schneller Umschwung.
Hausirer: »Bermöge meines kolos
salen Umsatzes kann ich Jhnen natür
lich die allerhöchsien Preise für alte
Kleider zahlen...«
Hausherr: »Geben Sie sich keine
-Mühe — ich verschenke meine getra
genen Anzüge an arme Leute!«
Hausirer (demüthig): »Schenkeni
Sie se mir — ich bin auch ’n armer
Teufel!«
Einst und jetzt.
»Sie kommen vom Herrn Direktor,
Herr Doktor!... Jst er krank?«
- »Nichts von Bedeutung! Ich habe
» ihm eine Reise nach Kairo verordnet!«
»Noch Kairo? Der Mann scheint
viel Geld zu haben l«
» »Natürlich! Frühser pflegte ich ilxm
s siir dieselbe Krankheit ein Brausepul
; ver zu verschreiben!«
Grenzen des Mutlis·
»Und warum brachen denn die bei
sden Studentinnen Emmy und Erna
sihr Säbelduell plötzlich ab?«
s »Auf dem Paukboden kam eine
Hjcaug zum Vorschein.«
Anders genommen.
»Wie kommi’S nur, daß die Gäste
an der Table d’h-ote so traurige Ge
sichter machen ?«
»Es herrscht ja Weinzwan·a!
) Netto Aussicht.
i Onkel ("Beamter): »Nun, lieber
Neffe, willst Du mir vielleicht jetzt
Deine Schulden angeben?«
Nesfe lStudeiit): »Ach, warten wir,
bis Du «mal einen freien Nachmittag
hast!«
Etat-seufzen
»Ist eg wahr, daß Jhre Frau Sie
immer aus der Wirthschast holt, wenn
Sie ihr zn lange ausbleiben?«
Pantoffelheld: »Ja, leider; meine
Frau ist eben nicht im geringslen
wirthichastlich gesinnt.«
Wert-ung.
Vater: »Nein, mein Herr, meine
Tochter wird nie die Jhre sein.«
Bewerbert »Da-S möchte ich ja an
gar nicht, wie kommen Sie daraus
Wenn Jhre Tochter die meine wäre,
dann könnte ich sie doch nicht heira
then!«
Modctnistrtcv Spriichwori.
»Wer das Glück hat, den führt die
Braut heimk«
Gnlgeuhnmor aus der Landstraße-.
Hungernder Landstreicher: »Wi
beneide ich meinen Rock, der hat we
nigstens noch etwas Futter.«
chideutiq. .
Ausruser lbei einer Gesammtvett
loosung): »No. 66——eine Gans!«
Braut tsehr laut rusend): »Das
mein Bräutigam!«
Loqisch.
»Warum haben Sie versucht,
aufzuhängen, nachdem man Sie .
aus dem Wasser gezogen hatte?«
»Um mich zu trocknen.« kr
Guter Anfang.
Fräulein Elsa (u ihrem Bewei
bex): »Nun, wie steht es, Heinrich,
hast Du mit meinen Eltern gespro
chenU
Bewerberr »Jawohl! 10,00() Mal-I
lSchulden habe ich ihnen schon beig
bracht!«