Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 30, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Die wahre Ursache.
Cumoreäle von I e r d. G r u n e r.
General Lipsiyly war ein wunder
licher Mann, das klagte nicht nur seine
Frau, davon wußten auch die Offi
ziere ein Liedlein zu singen. »Er
spürt das Podagra,« sagte Oberleut
nani Winniger," wenn derGeneral sehr »
vorsichtig aus seinem Sattel saß, die;
Beine hochzog und zu raisoniren an
sing. Er weiß, daß sich leicht ein
Junltim zwischen Podagra und
blauem Boden bildet und hat durch-'
aus keine Lust, die schöne Steieimarl.
um eine Excellenz außer Dienst zu
vermehren
Sei es, wie immer es wolle, Gene- T
ral Lipsitzlh saß den Offizieren aufs
den Nacken, nie bestieg er seinenBrau
nen, ohne recht respettable Nasen in;
der Raserne oder aus dem Exerzicrq
playe zu hinterlassen. Besonders denj
jüngeren herren widmete er seine lie-s
bevolle Aufmerksamkeit Sein grauerH
Kopf gerieth dabei manchmal in solch
auggiebigees Schütteln, daß die, denen «
solches galt, änastlich vermeinten, er
werde überhaupt nicht mehr zur Ruhe
kommen.
»Die wahre Ursache, meine Ver
ren,« schrie er dann mit einer Stim
me, die jedes Geräusch im Umkreise
von fünfzig Schritten übertönte, »die
wahre Ursache, meine Herren, ist, daß
man sich Fu wenig um den inneren.
Dienst kümmert. Man muß die Leute
an sich zu ziehen suchen. Dann geht»
alles sehr gut. Das ist die wahre Ur
sache, meine Herren. hören Sie das
auch, Herr Oberleutnant Winniger?«
fügte er in Fiftel hinzu, daß es wie
ein hohnrus klang.
»Ja Befehl, Exzellenz!« erwiderte
Winniger, der eben iiber die Wirkung
der neuen Bartbinde nachdachte, die er
aus Berlin bestellt hatte.
»Ich hoffe auch,« grollte der Gene
ral und schob zweimal das rechte Bein
so heftig« im Sattel zurück, daß der
Braune unwillig einen tleinen Sei
tensprung that Denn die Herren in
der Kadettenschule verlieren ohnedies
zu leicht den Zusammenhang mit der
Waffe. Leider!«
Er griff mit der Rechten empor und
in schlankem Trabe wandte er sich vom
Exerzierfelde ab, um in die Kaserne zu
reiten. Lipsitzln stammte noch aus der
Zeit, in der sich die Radettenabthei
langen beim Regimente befanden; er
war tein Gönner der Aadettenschulem
Bei der Frühjahr-Es und Herbstvarade,
wenn die Schule auch mit ihrerManns
schaft erschien, war er ein unerbittlich
strenger Nichter. Kam die Linie beim
Ausmarsch auch nur um Haaresbreiie
in«s Schwanken, so äußerte er: »Die
Kadetten spielen wohl Ringel-Ningel
reigen, wenn ich recht sehe. Oder soll
das etwa ein Ausmarsch sein Ps« fragte
er mit erschauernder Freundlichkeit
»Die wahre Ursache ist, daß die Leute
nicht tüchtig genug ausgebildet wer
den. Leider!'«
Und der finstere Blick schweifte iiber
die Unglüalichen und die Ofsiziere,
die hinter den Tschatos allerlei un
vorschristsmäßige Gedanken hatten.
Kommandirte er endlich: »Marsch!«
dann athmeten die jungen Kadettem
herzen tief, tief aus und sie bemühten
sich, die Beine so weit herauszuwerfen,
als es nur immer ohne den gänzlichen
Verlust dieser so wichtigen Gliedma
ßen zu ristiren möglich war
Seit Oberleutnant Winniger an
die Kadettenschule tommandirt war,
hatte sich die Sorge des Generals um
diese Anstalt noch vermehrt. Denn kr
wandte allem, was Winniger that und
nach der Anschauung Seiner Exzellenz
hätte thun müssen, besondereAusmert
samteit zu. Er glaubte nämlich ein
mal bemerkt zu haben. als er von un
gesähr in die Reitschule gelommen
war, daß Winniger mit der Schnau
bartbinde im Gesicht in einer Stel
lung aus der Rosmante saß, die das
Neiterauge Lipsitztys so arg beleidigte,
daß er eben losdröhnen wollte: »Herr
Oberleutnant, wo haben Sie die
Equitation mitgemacht?« Aber da
lam ihm diese Haltung belannt vor,
immer bekannter sogar. Es war ihm.
als ob ihn Winniger imitiren wolltei
Leider trat in diesem Augenblick der
Masor in die Reitschule und derQber
leutnant sasz sosort ab.
Seitdem war der Genera! am hän
sigsten in jener Raserne zu sehen, in
der Winniger lag
Bei der ersten Parade. an welcher
Winniger schon mit der Kadettentchnle
theilnahm, hatte die Erzellenz beson
ders den Jahrgang Winnigers aufs
storn genommen. »Er tann sich nicht
satt daran sehen,« lispelte der Ade
tant dem hauptmtnn von Hillgen zu,
der, talten Schweiß aus der Stirne,
eben wahrnahm, daß in seiner Kom
pagnie ein Mann einen Aetmel seines
Wassenrortes um wenigstens einen
halben Zentimeter länger hatte als
den anderen. Der General trabte vor
und bitter den Jahrgang Er ließ ihn
in allen Gangarten geben« gab die
vsrzwicktesten Koniiiiandos, um die
Zbalanx —- so hieß sie der Adjutant,
der aus dem Gymnasunn einmal
durch-gefallen war, — rette Front,
in’s Wanlen zu bringen. Doch schien
sie wie aus Stahl oder Grimmi. Der
Hauptmann von Hillgen war der Ue
berzengnng daß es Gncmni sein
müsse, so prächtig blieb die Linie. "
So geschah es, daß General Lip
sitzty zu seiner eigenen Verwunderung
nicht darüber räsoniren konnte, weil
es auch gar nichts gab, was ihn dazu
berechtigt hätte. Das wunderte ihn
erstens und dann ärgerte er sich ganz
im Stillen, denn das strahlende Ge
sicht Winnigers wich nicht aus seinen
Gedanken, auch als er bereits weiter
geritten war.
Die Parade nahm wie alles ihr En
de. Die Truppen und die Kadetten
rückten in die Stadt zurück. Als Lip
sitzty dann nach seiner Gewohnheit
noch einmal iiber das Exerzierfeld
ritt, sah er etwas-, was sein Blut in
Wallung brachte. Just an jener Stelle,
wo die Kadettenfchule aufgestellt ge
wesen, und zwar, wie er sich genau er
innerte, wo der zweite JahrgangWin
niger gestanden, beim vierten Marti
rungszricknn,lagen rine Inengelvriße
Papiere, jedes etwa doppelt so groß
alDein Handteller. Sonst war der
ganze Exerzierplatz blank, wie es sein
soll. Es war kein Zweifel, Winnigers
Abtheilung hatte sich eine solche plan
mäßige und beispiellose Verunreini
gung des jedem Soldaten liebwerthen
Raumes zu schulden kommen lassen.
Der General ließ sein Gesicht steinern
werden, dann setzte er sich vorsichtig in
eine Lieüerpositur, die an seine besten
Tage erinnerte, und zurück ging es in
die Kadettenschule, daß unter den Hu
sen des Wallachen die Pflastersteine
Funken sprühten.
Wie ein Sturzbach ging es im Hofe
über Oberleuinant Winniger, der
ernstlich betroffen, das Unwetter über
sich ergehen ließ. »Es scheint, daß je
der Fiadett in seines Papier eingevaelt
gewesen sei, ein solcher Haufen ist ge
rade dort, wo Jhre Abtheilung stand,
angehäuft. Unglaublich! Jch hoffe,
Herr Oberleutnant, Sie haben Kennt
niß davon, wie die Leute in den Besitz
solcher Papietvorräthe gelangten und
wkshalb sie diese gerade aus dem Pa
radeselde ablagerten. Leider!«
LDberleutnant TBinniger ertlärtg
daß er nicht im entferntesten eine Ah
nung hätte, auf welche Weise die Fia
detten derartig unerhört große tha
piervorräthe in ihren Besitz gebracht.
Erzellenz schüttelte den Kopf.
LJberkutnant ULinniger toar tou
thend, und als ihm sein Bursch eine
Rechnung fiir hundert Knackwiirste
dorlegte, warf er das Geld zornig auf
den Tisch. Dann befahl er Jaroslad,
sosprtsämnutickn wrißekBaMen,dn
auf deu1 tsrerznrplatze und in der
UmgVuW Mssrimn zu sian stnm
zu sammeln und zu vernichten. Nach
sechs Stunden tam der Bursche mit
; einem Pack wie ein Höckerweib beladen
szuriicl und erklärte, sich drei Tage
nicht rühren zu können.
Bei der nächsten Parade ritt Gene
ral Lipsißky der Kadettenschule drei
Schritte entgegen. Er lonnte sie nicht
schnell genug unter die Sonne bekom
1nen. Czeine Llugen tvurden großen
als der JahraangWinnigers auftauch
-te. Es durchsuhr seinen Körper ein
beinahe freudiges Hintern, das nur zu
einem Quentchen auch von Zorn ver
ursacht war. Denn, es war tein Zwei
fel, die Linie war diesmal nicht von
stöhlerner oder gar aummiähnlicher
Schmiegsamleit. Sie wurde an einer
Stelle ein winziges bißchen durchbra
chen. Der Blick des Generals bohrte
sich in dieses Minimum und bohrte es
weiter. Es schien, als ob sein Blick
magisch wirlte. Denn die Linie wurde
wirklich schlechter, das bemerkte auch
der Oberleutnant, trotzdem er den be
sten Willen hatte, nichts zu sehen.
Auch die Beine wurden lässiger her-s
ausgudorstn. LBuugstens um rinen
Zentimeter blieb die Aufwärts-bewe
gung gegen die letzte Parade zurück.
lsrzellenz drohte vor ikntsetzen voni
Pferde zu sinken. Ein Blick, der eine
niederschmetternde Kritik enthielt.
traf, Winniger, der innerlich wiithete.
Und der Ckneral Lipsißty sing inu
dun Kopst Nrschüttellian, daß sich
der Adjutant nach dem Stabsarzt
umfah, damit er rasch zur Hand sei,
wenn Seiner Exzellenz ein Uebelsein
zustoße.
»Unglaublich,« hauchte Dipsitztn
als die Parade den Abschluß gefunden
und er die Ossizie e zu sich rufen ließ.
»Herr Oberleu nant Winniger,«
wandte er sich an diesen, während die
anderen sich dislret ins Hintertresfen
zurückzogen »Was ich heute gescheit
shabe, ist mir unbegreiflich Jch neh
me an, daß Sie bei der Bogenlinie,
die die Kadetten siir eine Front anzu
sehen scheinen, zwei Bezirte umgehen
müssen, wenn Sie aus dem direkten
Wege in die Kalerne gelangen wollen«
Welches ist, Herr Oberleutnant, die
wahre Ursache dieser Etscheinung?«
»Die Knaclwiirste, zu Befehl, Ex
zellenz!«
General Lipsitztn prallte zurück. Er
Inahm den Gaul hoch, als ob er den
Oberleutnant überreiten wollte. Er
riß die Augen weit aus. »Hörte ich
recht, Knackwiirste, sagten Sie?«· Es
war wie prasselnder Donnerschlag
»Die wahre Ursache, jawohl,« wie
»derholte, ohne mit einer Wimper zu
zucken, Wenniger.
»Erll·aren Sie mir diese Ungeheuer
lichleit!«
»Ja Befehl, Ereellenz!« Das letzte
Mal hatte ich den Kadetten eineKnacl
swurst versprochen, je eine Knackwurst,
’die sie auch erhielten, das heißt essen
sdutstem nachdem Exzellenz die Kadet
I
ten belebt. Meinte, ivie Exzellenz sag
ten, Ehrgeiz zu reizen!«
General Lipsißlh sagte kein Wort
als: »Weiter«. Er war sprachlos.
Winniger hustete. »Da die Leute
das Papier, in dem die Würste einge
packt waren, trotr meines Verbots hier
am Exerzierplatz wegwarfen ...«
Ueber das Angesicht Seiner Erzä
lenz ging ein Strahl des Verständnis
ses: »Ah, die vielen weißen Papiere?
Und?!«
Winniger schloß: »Sie waren es.
Daher habe ich diesmal die Leute be
straft und ihnen keine Knackwurst be
willigt. Zu Befehl, Exzellenz!«
General Lipsitzty vergaß sogar das
Kopfschiitteln. Er sagte nur: »Ah
sol« Und nach einer Weile: »Die
wahre Ursache sind also ganz richtig
die Knactwiirstet Komisch!«
Er wintte dem Lberleutnant ohne
ein weiteres Wort des Räsonirens ab,
ebenso den anderen Herren, und ritt
nach Hause. Er rechnete seufzend aus,
wie viel Geld es erforder, haben wür
de, wenn er damals beim Kaisermanö
ber, da er die entscheidende Ecke vor
sich hatte, nach der Haupts und Resi
denzstadt zu kommen, sein Lords mit
Knackwürsten versorgt hätte, um des
sen Leistungsfähigkeit undv Williateit
aus diesem Umwege zu erhöhen. Dann
wäre ihm vielleicht jene Kritit erspart
geblieben, die es bewirkt hatte, daß er
noch immer in der Provinz saß und
der Trupveninspeltor sich im letzten
Herbst schon sehr angelegentlich nach
seinem Rheuma erkundigt hatte, das
ihn doch in zehn Jahren noch nicht im
Dienste behindern würde.
Die Knactwiirste des Oberleutnants
Winniger vergaß der General sein Leb
tag nicht. Doch seufzte er jedesmal,
wenn er sich ihrer erinnerte.
-.«--———
Das Modell.
San Franciscoer Erzählung von«
R u f u s.
Keine hübschere skleine Frau gab es
in San Francisco als die deg Tom
Shaw, des Master Mechanic in den
»United Worts« im Potrero. Eine
große Schönheit war sie nicht, aber im
mer sröhlich und resolut, und sie ver
stand es, sich bei aller Einfachheit mit
ihren Kattunkleidern so nett zu ma
chen, das; sie jedem gefallen mußte.
Ihre Wohnung hielt sie so rein und so
hübsch, daß es eine wahre Freude war,
dieses so einfache, fast ärmliche, aber
doch so tosige Heim zu sehen. Das
allerbeste war ihr kleiner Junge, Tom
Junior. Er war der Abaott seiner
beiden Eltern so sehr, daß die Nachba
rin, Frau Fledgitt, eine ganz resolute
Frau, die niemand leiden mochte, von
Affenliebe sprach. Aber das war es
nicht -—— sie liebten das Bübchen nur
so, wie alle rechtschaffenen Eltern ihre
Kinder lieben, dasselbe war ihr ein
und alles-, ihr größter Schatz- Und
wenn Tom senior am Abend müde und
abgearbeitet oon der Wertstatt heim
kam, dann hielt ihm die junge Frau
dagSöhnchen entgegen. und er herzte
und küßte es und ließ sich Von ihm an
seinen Bart und Haar zausen, so lange
es dem kleinen Burschen gefiel —
dann erst kam die Mutter an rie Reihe
und erhielt den treuherzigen Kuß, aus
den sie geduldig so lange gewartet
hatte·
Viele Sprünge konnten die Leutchen
nicht machen, denn groß war der Ver
dienst Toms nicht. Aber sie hatten
alles, was nothwendig war, es fehlte
an nichts, und sogar ein junges Mö’
chen hatten sie engagirt. welches den
Tag über der Frau hals. Sie hieß
Marn Jane, und war ein guteH, fleißi
ges Ding, welches stolz daraus war, bei
so guten Leuten im Dienst zu sein.
Am Abend ging sie nach Hause, wo es
auch ordentlich aussah, aber nicht-so
gemüthlich und behaglich wie bei Tom
-und seinem Frauenchen
Wenn sie ihr Abendessen zusammen
verzehrt hatten, wobei Tom junior auf
feinem hohen Stühlchen neben dem
Vater saß und denselben in Arbeit
hielt, bald dieses, bald jenes aufzuhe
ben, was er mit seinen tleinen dicken
Händchen gepackt und dann auf die
Erde geworfen hatte, dann brachte die
junge Frau das Kind zu Bette und
Tom ging in das kleine Nebenzimmer,
wo er seine Werkstatt hatte.
Ja, er hatte eine Werkstatt auch zu
Hause, und in dieser war sein »Mo
dell«, an dem er nun schon so lanae,
seit Jahren schon, arbeitete. Tag war
der einzige Nummer, den die junge
Frau hatte, wenn man es einen Kum
mer nennen konnte oder mußte. Denn
ein wirklicher Kummer war es ja nicht,
tm Grunde genommen war sie ja stolz
daraus, daß ihr Mann nicht ein ne
wöhnlicher Arbeiter war, der seine acht
oder neun oder zehn Stunden in der
Fabrik arbeitete und dann froh war,
nichts mehr von Arbeit zu sehen und
zu hören, sondern daß er nach der Ar
beit noch zu Hause darüber nachdachte,
wie er eine Erfindung, die ihm im
Kopfe herumschwirrte, zur Ausfüh
rung bringen könne. Wie viel Hun
derte von Abenden hatte er schon da
ran gearbeitet, gehämmert und gefeilt,
wie viele schöne Dollars hatte er schon
siir Zeichnungen und Bücher und für
feine Instrumente ausgegeben, und
doch war das Modell noch nicht fertig,
es wollte noch immer nicht so ,,arbei
ten«, wie Tom es wünschte und wie er
dachte, daß es arbeiten sollte und
könnte. Und die junge Frau war fast
eisersijchtig aus dieses Modell, wenn
es auch nicht von Fleisch und Blut
war, wie die Modelle der Maler und
Bildhauer, sondern von Stahl und Ei
sen. Wie konnte nur ihr Tom, ihrs
guter, lieber Tom, der beste Mann in
der Welt, den sie noch mehr liebte als
ihr Bubchen —— denn ein zweites Büb- »
chen konnte es ja möglicherweise geben, !
aber nie einen zweiten Tom — wie
konnte nur dieser liebe, brave Tom
noch ein Modell außer ihr haben, und
diesem Modell so viele Stunden wid
men, die doch von Gottes- und Rechts- -
wegen ihr allein gehörten? !
Aber Tom blieb dabei, an dem Mo- s
dell zu arbeiten, und eines Tages war
das Modell fertig, und er ließ es ar
beiten, und es arbeitete, wie es sollte. i
Da war Tom der glücklichste Mensch
aus der Erde und er ging ins Zimmer i
zu seinem Frauchen, und sagte zu ihr
ganz ruhig, und doch mit vor Aufre-»
gung tlopsendem Herzen: ,,Kitte, was;
würdest du sagen, wenn wir plötzlichl
reich würden?« i
»Ja, wir sind ja reich«, sagte sie mit
strahlenden Augen. »Habe ich nicht?
das Bübchen, und habe ich nicht dich?
Sind wir denn nicht reich?« !
Aber sie merkte, daß irgend etwas
’Besonderes mit Tom los war, und sie
lwurde ernst und fragte ihn: »Was-s
; meinst du denn? Meinst du, wenn wir
; Geld hätten, so viel wir wollten ?«
»Ja, das ist es, was ich meine«,!
isagte der gute Tom Und dann zog
ier sein Frauchen an sich, und sie saß;
aus seinem Knie, und er fragte sie wie
der: »Was würdest du dann thun?-«
»L, dann würde ich nach der Mar-!
let- Straße gehen und dir den seidenen
Hut tausen, den du dir gewünscht hast« s
—— hier wurde Tom roth, denn erj
schämte sich ——- »und dann würde ichi
dem Bübchen den hübschen gesütterten
Mantel laufen, den du ihm schentew
möchtest, und dann — ja dann müßte
Marn Jane in die Schule gehen, was
sie nicht kann, weil sie zu arm ist.
Und dann ——--— dann würde ich mir ein
seidenes Kleid tausen, nnd einen Hut,
der dazu paßt.«
Jetzt erst sagte ihr Tom, daß sein
Modell sertig sei, und sie war zwar
noch immer ein wenig ungläubig, aber
sie schlug doch vor Freude in die Hände
und sagte: »O ich bin so froh, so
glücklich dariiber!« —--— Er holte die
Zeichnungen, und wenn sie auch nichts
davon verstand, so betrachtete sie doch
alles mit Freude und Bewunderung,
und als sie fertig waren, da holte sie
das hübscheste seidene Band und
schlang es um die Zeichnungen so daß
sie eine hübsche tleine Rolle bildetest.
Da wachte das Bübchen aus, und
als es das hübsche Band sah, da wollte
es dasselbe haben, und weil es gar nicht
abließ, so gab Tom ihm die Rolle in
die Wiege-sie gehörte ja dem Kinde
so gut wie ihm.
»Wenn jetzt doch dein Bruder hier
wäre«, sagte die junge Frau —— »er
bat sich schon so lange nicht mehr sehen
lassen·«
Dieser Bruder hieß Jack. skr war
eins guter Junge, aber nicht so wie
Tom, nicht sehr fleißig, nnd ziemlich
srrglos. Lange hielt er es nirgends
aus, und was er jetzt arbeitete, wußten
sie gar nicht er war seit Monaten
nicht mehr gekommen. Daß er einen
Posten bei der Feuerwehr betommen
hatte, wußten sie nicht -—— das war der
richtige Platz sür ihn, denn er war von
jeher ein munterer Bursche gewesen,
ein wenig von einem »Sport«. Bei
der Feuerwehr konnte er das brauchen.
Sie ahnten nicht, das-, tie ihn schon
sehr bald sehen sollten. Spät waren
sie zu Bett gegangen, und kaum waren
sie eingeschlafen, da hörte die junge
Frau die Feuergloclen, ziemlich weit
von dem Platze, wo sie wohnten. Sie
dachte nicht an Gefahr da hörten sie
die Spriszen heranrasseln. Jetzt weckte
sie Tom, er ging ans Fenster, und
schon hielt eine Spritze vor dem Hause,
Leute liefen herbei, das Haus, in wel
chem sie wohnten, ein Miethshaus, in
dem ein Dutzend Familien wohnten,
stand in Flammen. Schon drang aus
der Hinterwand der Wohnung der
Rauch herein. Halb noch im Schlaf
tonnte Tom den Schlüssel nicht finden,
mit dem er die Wohnung geschlossen
hatte, er schlug mit der Art die Thiir
aus und zog Frau und Kind beraus.
Als sie im Freien waren, dachte er an
sein Modell ——— er eilte ins Haus zu
riick, aber alles war voll Rauch und
Flammen. Jm Rauch versehlie er den
richtigen Weg die Sinne schwanden
ihm.
Als er wieder erwachte, war das
Erste, was er sah, sein Frauchem und
das Bitbchen hatte sie aus dem Arm.
Er war aus dem Hause gerettet wor
den, als schon die Ballen zusammen
prasselten, schwere Brandwunden hatte
er dabei erlitten. Sein Retter war
sein Bruder gewesen, der sofort in das
brennende Haus gestürzt war, als er
hörte, daß sein Bruder noch darin sei.
lDer Bruder hatte ihn mit eigener Le
bensgesahr glii lich aus dem bren
) nenden Hause gebracht. .
s Aber das Modell war verbrannt
und Tom war wie gebrochen. Er war
unfähig, zu arbeiten, und wenn auch
keine direkte Noth vorlag, so war doch
solche in Aussicht, denn’es konnte lange
dauern, ehe er wieder ganz gesund
würde. Und sein Muth und seine
Freudigkeit waren dahin —- er fühlte
sich zu schwach, von Neuem anzufan
gen, er konnte die Arbeit, die er in
Jahren fertig gebracht hatte, nicht mehr
fertig bringen. Nur die Zeichnung
waren gerettet, die hatte das Kind in
seinen dicken Händchen gehabt, als
Tom es hinaustrug
Mit Kummer sah Jack, wie sein
Bruder alle Lebensfreude verloren
hatte, mit Thriinen sah es die junge
Frau. Endlich fragte sie den Schwa
ger, ob sie denn gar nichts in der Sache
thun könne, und dieser rieth ihr, die
Zeichnungen zu nehmen und zu dem
Präsidenten der Werke zu gehen, ihm
alles zu erzählen und ihm die Zeich
nungen vorzulegen.
Sie that es, und Herr Wort, oer
Präsident, ein tüchtiger und freundli
cher Mann, prüfte die Zeichnungen und
erkannte schnell den Werth derselben.
Er sagte der Frau, daß er arn Abend
zu ihnen kommen werde. Er kam,
und Stunden lang saß er am Bett des
noch kranken Tom, und das Resultat
war, daß Herr Stott die Sache in die
Hand nahm und daß Tom in einigen
Monaten, als er wieder gesund war,
das Patent für seine Erfindung er
hielt. Bald war er nicht mehr einfa
cher Werkführer, bald war er ein
Theilhaber an den Werten, nnd was
er seiner Zeit kaum zu träumen ge
wagt hatte, das erfüllte sich — er
wurde ein reicher Mann. Marh Jane
lernte alles, was sie nur lernen konnte,
an Geld fehlte es nicht. Aus dem klei
nen Buben wurde ein großer und gu
ter Junge, und er ging in die besten
Schulen, und Frau Kitty hatte das
seidene Kleid und den Hut- der dazu
paßte. Jacl war ein stets gern gesehe
ner Gast im Hause, bis er selber eine
hübsche Frau hatte, und Alles war
Freude und Milch Das Feuer im
Potrero war der Wendepunkt im Le
ben Torn’s und seiner Frau gewesen,
von da an war es schnell mit ihnen
vorwärts gegangen.
Zu schlau.
Humoreske von K a r l F r a n l e.
An der Familie des Buchhalters
Ftnobler rauschte jahraus jahrein die
Glücksgättin vorüber. Zwar derMann
hatte sein regelmäßiges Eintommen
s Kinder hatten sie auch nur zwei, aber
trotzdem, das monatliche Gehal treichte
immer nur bis zu dem Moment, an
dem es neues Geld gab. Manchmal
reichte es nicht einmal bis dahin.
Heute z.B. war der Letzte des Mo
nats, gerade ein Sonntag, und im
Gesammtbesitz der Familie befanden
sich nur noch baare fünfundzwanzig
Pfennige Ueber den saurnseligen
Chef aber auch! Obgleich Herr Kan
ler aestern Abend eine ganze Viertel-—
ftunde länger im Geschäft geblieben
war, obgleich er zwei-, dreimal die
Aufmerksamkeit des Prinzipals durch
Fragen, die eigentlich nur sehr lose
mit Knoblers Dienst zufammenhin:«
gen, auf sich zu ziehen gewußt hatte,
trotz alledem! Der Chef hatte es
scheinbar nicht gefühlt, worauf die
Manipulationen Knoblers abzielten.
Und direkt um das Geld bitten, nein,
dazu war Knobler einestheils zu
schüchtern, anderntheils besaß er noch
einen von seiner Junggesellenzeit her
riihrenden Stolz, der dies nicht zu
ließ. So war er also an diesem
Abend mit leeren Händen zu seiner
Gattin gekommen, und Tags darauf
war ein großes Sonimerfest, auf dem
Frau Knobler mit ihrem neuen Hute
die lieben Bekannten nach Möglichkeit
ärgern wollte.
Hin und her rieth man am Sonn
taa, tvie der Misere abzuhelfen sei.
Die Frau, als die am meisten davon
Betroffene-, hatte den einzigen brauch
baren Gedanken: das Dienstmädchen
anpumpen! Man hatte es noch nie
aethan, man hatte aus die Reputation
deg Hauses stets ein ivaehsaineg Auge
gehabt, aber diesmal aav es keinen
anderen Ausweg. And es toiirde ja
auch gehen, ohne das-, Mina iraend
welchen Verdacht schöpfte.
So gegen zwei Uhr zog sich Finobler
an und aina fort. Als unaesähr zehn
Minuten verflossen waren, saate Frau
Knobler zu dem Mädchen: »Ach,
Mino, laufen Sie doch ’mal rasch dein
Herrn nach, vielleicht ermischeu Sie
ihn noeh, er hat tein Geld initaenoin
men, hat aber den Schlüssel zum Se
tretär, in dem es liegt, mit; hier-, die
Straße hinunter, nach der Kirche zu,
ist er gegangen. Rasch! Laufen Sie!«
Die beiden Plänesehmiede hatten
ausgemacht, daß er die Straße hinaus
und zwar mit Sturmschritten gehen
sollte. Das mit dem Iltädchennach
schielen war noch ein späterer tsinsall
von Frau Knobler, der die Sache als
aanz natürlich hinzustellen sehr aeeia
net war. Wenn das Mädchen dann
zu«riicktäme, wollte die ersinderische
Frau Buchhalter mit ihrem Anliegen
herausriiclem und auch der argwöh
nischste Mensch hätte wohl da nicht
einen Funken von Verdacht schöpfen
können.
Das Mädchen sauste die Treppe
hinunter und kam nach zwei Minuten J
euriick — mit Herrn Knobler. Als
dieser mit seiner schier versteinerten
Gattin a in war, löste sieh das Räth
sel: »Jch. .ich lonnte,« stotterte der
— :
saanz verdutzte Eheherr heraus, Wicht
saus die Straße gehen, mußte intet
, der Hausthür warten, weil ein läu
ibiger von uns, und noch da u der
l ungestümste, der Schneider ippeh
arad’ vor’1n Haus mit einem Hem
sprach.«·'
Auf dem Sommerfeste blieben die
Bekannten von dem ihnen von Frau
. Knobler zugedachten Aerger verschont
Gast (nimmt im Restaurant allein .
am Tische Platz und bestellt): »Kra
ner, eine«Flasche echten Cl)ampagnert·
Kellner: »Seht wohl (geht ab, mn
dag Verlangte zu holen).
Gast (ruft ihm nach): ,,Extra Dth!«
Mach zwei Minnten·)
Gast: »Herrgott, was bringen Sie
denn da, das- sind ja vier Flaschen!«
Kellner: »Na ja, Sie hatten doch
noch extra drei bestellt.«
, . Etwas reichlich.
i
Unvcrsrvrcn.
Richter: »Wenn Jhr Gewissen auch
so schwarz ist wie Jhr Bart, dann
gratulire ich.«
Angeklagter: »Aber, Herr Richter,
nach dem Barte zu schließen, hätten
Sie ja überhaupt lein Gewissen!«
Ablcntnng.
Bürgermeister (zum versammelte-n
Augschußx »Der Gockl-Bauer vo’
Wis ing hat mich den größt’n Ochsen
von der ganzen G’meind’ g’heiß’n . ..
Könnt Jhr Euch bös g’sall’n lass’n?!«
Ein tüchtige-r Geschäftsmann.
Richter: »Wenn Sie sahen, dasz er
große starke Angeklagte den Zeugen
schlug. warum hinderten Sie ihn nicht
daran?«
»Weil ich mir’s Geschäft nicht ver
derben lassen wollt — ich bin nämlich
Der — Dorsbader.«
Furchtbare-r Traum. .
»Aber, Männchen, Du hast heut’
Nacht wieder gestöhnt!«
»Mir träumte, Du hättest Dich in
den Cerberus nerwanoelt und ich
hätte für jeden Deiner neun Köpfe ei
nen . . . neuen Hut taufen sollen!«
Macht der Gewohnheit
Photograph (zu einem Kellner):
»Bitte jetzt um ein recht freundliches
Gsesicht.«
Kellnert »Da miissen Sie mir schos
zuerst ein Trinkgeld geben«
Ein Schmeichler-.
Dame tim Hotel): »Die Schuhe sind
aber schlecht geputzt!«
Hausknecht: »Was kann ich- dafür;
oie sind so klein, da tann ja kein
Mensch hineinsassen!«
Erklärung.
A.: »Ich möchte nur wissen, wa
rum ich heute einen so ungeheuren
Durst habe.« .
B.: »Wahrscheinlich von der gesal
zenen Rechnung, welche Du im Hut-XI
bekommen hast.«
Gut gezogen.
»Ist es wahr, daß Jhre Frau eium
Höllenspettakel macht, wenn Sie ein
mal Abends spät nach Hause kom
men?«
»Das ist eine unverschämte Lüge,
ich dars Abendj überhaupt nicht aus
gehen.«
Kunstvcrstiitidig.
»Diese Violine hier ist 200 Jahre
alt,« sagte der Händler.
»Hm, sie ist ja sehr nett,« sagte der
Läusen »aber ich tann mir ja Gott
sei Dank noch eine neue leisten.«
Gras-c Sorge-.
,,Jessag, wenn nur unser Zug nik
mit ’nem andern zusantmenstößt!«
»Warum haben Sie solche AngsitP
»Damit meine gestärkte weisze Weste
nit zertnittert wird!«
Aus Abschan
Lientenant: »Ich komme heute, Sie
nrn die Hand Ihrer Tochter zu bitten,
Herr Ftoiiimer,3ienrath.«
Bankier tim Hanptbuch ein Konto
nachsel)end): »Zum grössten Theil ha
ben Sie sie aber schon, Herr Baron.«
Unter (cn:t;craden.
Finmerao L"i.: »Aer» KameraT muß
heute Wedsset Von fiinfzii Malt ein
losen, konnten Si-: mir ni it daI Feh
lenoe leihen?«
Rainer-ad V.: »Wieviet fehlt Ihnen
denn nocl «
Zinmetad ’.)l.: »L« Mart 73 Bim
niae!«
Anc- dkm (I!«c:1ii;t:itittt.
»A) Jahre ,,««,:nnti,.1n2 bete-unten
Zie! Haben Er nut- chsaixs ski- be
irrer-lenk«
»Ja, ich bitte insinet Lilie-J nisten
zu lassen, das-, sie niitxt mit Leu Mit
tagessen ans mitt) :r--.::.tct!"
Stuf-seufzen
Herr tdao Programm eint-:- Wohl
thätigkeitgtonzertsss leimt-« . . Dek
Reinertrag ist sitr die Armen be
stimmt! . . . Giiicktiche cuienscheyi
Kriegern ’S Gelo und brauchen nie-II
hineinzugehen!«
Amstme
Provinztheater - Direktor Un des
im Theater zufällig anwesenden It
riihmten Direktor): »Was meinen CI
zu der Vorstellung?!«
Kritikett »Wie geschriiietti«