Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 23, 1905, Sweiter Theil., Image 16

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Ver neue Anzug.
1
f
1
Eine SonntcäzkE -Studie von Joth
itsch E.öq
Mistet Editeri
Dem Sonntag wem, wie Sie wisse
wem, Mistet Editer, allerhand Name
Lgewwe For Jnstenz der Tag des
crn, Sabbath, Tag der Ruh un so
zetera. In Lum
lichkeit is es aw
wer for viele
Leit e Tag der
Langweil un for
e ganze Masse
Leit e Tag der
höchste Unge
z müthlichkeit.
Des sein Ob
sekväfchens, wo
Jch neilich emol,
wie ich ganz al
leenig in eme
Saluhn, wo Ich
funscht nit viel
hi kitnm, gemacht
n.
Namentlich zu
eret Siesen wie
der jetzige oder
wann der Winter
afängck» is .sa-e
Sonntag ungemütylicy. Des yein
der"Spnntag is all right — die Leit
fein es, wo ungemüthlich sein.
Warum? Die neue Kleider, die neue
Suits un die neue Hüt sein es, wo die
Leit ungemüthlich mache. Der netteste,
kreuzfidelfte, urgemiithlichfte Kerl
kann dorch en FinfunzmnzicheDol
ler-Suit, den er an eme Sonntag
zum erfte.Mal anhatt, u eme anz
ungenießbake, ungemüthltche, etel afte
Feller gemacht wem Es is was
Schenirtes an ihm. Er geht un er
steht un er sitzt un er guckt un et
talkt un er trinkt nit wie funfcht.
Mer feht es ihm immer an, daß es
ihm ornlich fchenirlich is, daß et gar
fo förckjterlich fein un- fteilifch un nobel
ausguckt. · Un wann er gar noch Kik
glovs anhott, da fühlt er sich vollends
unglücklich un et traut sich gar nit,
Jemand anzegucle, aus lauter Furcht,
daß die Mensche nun seiner Eleganz
förmlich geblendet wem.
Wie Jch so am Tisch gesesse un Mei
Schöpple getrunte den« da is einer
nach dem annere vun so junge Kerl
neigeiimme, dem dorch en neieSuit
un en neie Hut un e neiez Nerli-ei der
Fon, den er sunscht an eine Sonntag
. hot oder den er jeden Sonntag l;aw
we könnt, wann er schmart wär, ge
spoilt worn is.
So e Kerl steppt an die Bar. Er
oder awwer nix, dann er Vergeßt usf
des Trinke. Er guckt blos die Partie
per erwautngsvoll an, weil er os
course expeltet, daß der Barkieper er
gend eRiemark pässe soll wege dem
neie Suit. Wann der arkieper aw
wer nix segt, sonnern blos frägt:
»Well, was is es?« wobei er of course
meent, was der Mann trinke will, da
antwortet der Mann, weil er nix wie
de neie Suit uss'm Brain hot: »Finse
zwanzich Dollers, zu Order gemacht!« ’
Un dann kimmt en annerer Kerl,
wo aach en neie Suit hot. Der is
grad so steif un so unbeholse un so
langweilig un hot keen Genuß vun
dem, was er trinkt, weil er, um kee
Flecke uss de neie Suit ze kriege, de
als so weit oorsrreckt, daß er üw
werhaupt nix enunner kriege kann.
Die Kerl bleiwe aach gar nit lang
genug in eine Platz, um sich unnerhalte
un entschoie ze könne. Es treibt sie
get un wie der ewige Judd sein sie
mer ufs der Wanderschast, um tim
gessrall ihr Schönheit bewunnern ze
e.
Jm Gefühl un Bewußtsein vun
ihrem Glanz un ihrer Pracht, wo sie
natürlich sor »simplh tilling« halte,
wisse sie gar nit, wie sie Ihn solle. »
Jhr Füß un ihr Bei un ihr erm sein
ihm immer im Weg. Es wunnert
Mich immer, daß sie nit öfter stolpern
un porzlr.
Un wann so eMiinnle sich dann
hinseth dann werd die Ungemiithlicky
seit erst recht groß. Da zuppt er die
M m die Höh, partly damit die
e nit so bald «bä y« wern, un
partlh, um die neue, arbig gestrei te
strömt-s sehe åe losse. Un er setzt ch
so weitva isch weg, daß er sei
Glas nrt titsche kann, blos damit er
llbvge vum neie Rock nit am
Ubel staabig oder naß macht. Un
zartes « le, oder sunseht was Ritz
lnhes n zum Zeitvertreib, des that
er net sot e Milljen.
Un so langweilt er sich de ganze
liebe lange Sonntag horch. Nach Co
ney Eiland oder sunscht wohi, wo viel
Leit sein, da traut er sich aach nit ze
gehn, weil ihm da sei neier Suit ver
keumpelt wern thät oder sei Hut en
gnags kriege lönnt in de übersiillte
at .
Erst wenn er sich Abends derheim
auszieht, hol die Qual un Marter e
End. Awwer am Sonntag drusf geht
sie nun Neuem a. Erst wann emol e
Fleck nun eme Manhätten Cocktail uff
dem neie Necktei. wann der Rockärmel
in eme Fit vun Aebsenimeindeneß in
Bier, wo am Tisch verschüti worn is,
eneigeiunit is un osf der West die
erste Afäng vun erek Bierstrasz sich
zeige, kimmt die merkliche Erlösung
un unser Frent mit dem neie Suit
werd wieder e ganz vernünftiger, ge
miitsjlickke Kerl, mit dem was akze
scnqe is, un der auch selber sein
Gomit-r entschoit bis —- der neie
Mk un ver neie Overcoal dra
M Dann geht die Marter vun
M
a.
Matt sag Ich es immer wieder,
Mistet Editen Es gebt nix Vettiickte
tes uff der Welt, wie die Mensche.
Jhne des Rämliche wünschend
Mit Rigatds
Yours
John Nitsch, Esq.
Montana-s letzte Btgllanteu.
Wie die Vigilsanten von Alder
Gulch um die Mitte der 60er Jahre
herum hausten und Kutschenrauber
und ähnliche Elemente mit hänsener
Schnellpost in’s Jenseits spedirten,
das ist beinahe eine meltbetannte Ge
schichte geworden und wird von Vielen
als das Sensationellste in dieser Art
angesehen, was Montana auszuweilsen
hat. Es steht aber wahrschein ich
hinter den Thaten von »Flopping
Bill’s" Vigilanten, Mitte der 80er
Jahre, noch zurück. Die Theilnehmer
dieser Thaten waren nicht daran in
teressirt, dieselben an die große Glocke
zu hängen, und die, auf den Prairien
bleichenden Gebeine ihrer Opfer blie
ben stumm. Aber einer der wenigen
Ueberlebenden, welche mitgeamcht ha
ben und sich nachträglich darüber aus
zusprechen bereit sind, erzählte vor
Kurzem:
Das war einer der grimmigsten
«Cowbohs«-·seldziige; er dauerte nur
von September bis November 1885,
und in dieser Zeit wurden iiber 30 der
desperatesten Pferde- und Hornvieh
Diebe im nördlichen Montana gehängt
oder erschossen! Dieses Raubgestndel
trat so keck aus, daß das ganze Rinder
und Pferdegeschäst in diesen Regionen
steh nicht mehr lohnte, wenigstens die
Räuber mehr Geld herausschlugen, als
die Ziichteri Letztere organisirten end
lich einen Vernichtungslrieg, ohne sich
selber mehr um dasGesetz zu liimmern
als die Räuber. Der Feldzugsleiter
Ilodping Bill« Cantwell war selbst
ein Desperado und arbeitete gegen die
Viehdiebe nur, weil siir ihn mehr da
bei heraussprang, als tvenner mit
ihnen operirte. Noch die letzten paar
Jahre haben ja den einen oder ande
ren Charalter ähnlicher Art gesehen,
——man denke an Tom Horn.
»Flopping Bill« brachte rasch eine
Bande —anders kann man sie kaum
nennen —Freiwillige zufammen, an
scheinend nur, Um nach gestohlenen
Pserdefr zu suchen. welche mehreren
hervorragenden Viebziichtecn gehörten.
Nur ganz verwegene Burschen und
schneidiae Reiter wurden dafiir ge
nommen. Nach einem rasenden Ritt
erreichte das Aufgebot spät Nachts
das Blockhaus eines Mannes Namens
Downs, unsern der Einmündung des
Mufselfchullflusses in den Missouri.
Towns betrieb eine Art Handels
ooften und wurde beargwöhnt, mit
den Räubern unter einer Decke zu
stecken. an der ersten Morgendämme
rung wurde das Blockhaus umzingelt,
Downs herausgerusen — und Wände
hochl« scholl ihm entgegen. Man fand
im Viehpferch oder in der Nähe des
selben allein 22 Pferde mit dem
Brandzeichen »D. H. S.«, und
Downs, in die Enge getrieben, nannte .
die Namen aller seiner sauberen Ge
fchäftssreunde, sowie ihren Versamm
lungsort. Als man ihm ein volles
Geständniß erpreßt hatte, wurde er
ohne Gnade an einen Baum aufge
kniipst, und dann die Leiche, nachdem
amn einen mächtigen Schleifftein, der
sich unweit des Blockhauses sand, an
den Hals gebunden, in das reißende
Wasser hinab geschleudert.
Auf Downs’ Geständnisse hin wur
de dann eine Razzia nach der anderen
unternommen. Jn einem Fall wurden
drei »Rustlers« an den Cottonwood
Bäumen neben ihrem Blockhaus auf
gebiingt, in einem anderen gar sechs, »
und so weiter! Doch zum Theil wurde
verzweifelter Widerstand geleistet, und
auch der eine oder andere der Com
bons mußte in’s Gras beißen.
Am furchtbarften war der Kampf
mit einer Gruppe Viehdiebe am Mis
souri, welche sich für Holzhacker aus
aaben. »Flopping Bills Mannen
kamen frühmorgens an d Lager he
rangesprengL Der Roßht bemerkte
sie von Weitem und war der Erste,
welcher niedergeschossen wurde. Dann
ging’s zum Sturm, und außer der
Kugel wurde die Brandsackel ange
wendet. Mindestens vier Viehdiebe
wurden im Kampf erfchofsen, und
sechs gefangen genommen und ohne
alle Umstände aufgehäugt. Nur ein
Mifchling Namens Dtxie Burroughs
entlam aus dem hause und streckte
einen Wachtposten der Cowbohs in den
Fand Wes-M- der Viailanten, de
nen die Meheleien zu arg wurde
machien nur Deshalb mit, weil ihnen
gedroht wurde, daß sie selber für die
bisherigen Gewaltthaten an den ge
setzlichen Galgen geliefert würden!
Der Zweck des Feldzuges wurde in
dessen erreicht.
Schulcurtosm
An mittelalterliche Zustände erin
nern die Schulverhältnisse in dem
hannover’schen idedorse Halte. Die
dortige Lehre-the oldung ist so gering,
daß nur junge Schulamtstandcdaten,
welche im Augenblick kein anderes
Unterkommen finden können, sich zu
der Schule melden; meist verschwinden
1sie wieder nach ganz kurzer Amtszeit.
’Eine Wohnung ist überhaupt nicht
vorhanden, der Lehrer muß sehen, daß
er irgendwo im Dorfe ein Unterkom
men findet. Der jetzige nhaber der
Stelle konnte auch nirgen s Bett-sti
gung finden. In einer Gemeindever
sammlung wurde deshalb beschlossen,
den Lehrer abwechselnd in Kost zu e
ben. Bei 12 Einwohnern des Dor es
gäht er je einen Monat zu Tisch, so
sz gerade in einein Jahre die Runde
gemacht wird.
f va- ekste veitchm
humoreste von Alsred Gott
wald.
Der Frühling hatte ziemlich spät
mit einigen erwärmenden Sonnen
strahlen sein Debiit gemacht und min
ldestens einen Achtungöersolg bei den
IDirettionen sämmtlicher Konzertgär
ten erzielt. Auch mich lockte es in’s
Freie. Jch wollte einmal so recht un
gestört Natur tneipen und emsig unter
schattigen Bäumen und dichten Bü
schen nach den ersten Veilchen suchen.
Merkwürdig, ich lies schon etwa eine
Stunde herum, ohne auch nur ein ein
ziges Exemplar der geliebten »viola
odorata« gesunden zu haben. Die als
Symbole der Bescheidenheit geltenden
blauen Blümchen schienen diesmal so
gar auf ihre Daseinsberechtigung ver
zichtet zu haben.
Eben hatte ich mich wieder vergeb
lich gebückt: es war nur ein Stiesmiiti
terchen, und enttiiuscht richtete ich mich
in die Höhe. Da fiel mein Blick aus
das Antlitz eines Menschen, den ich
hier am allerwenigsten vermuthethät
te. Der Mann, der auf einmal, wie
aus dem Boden gewachsen, neben mir
l stand, war —- mein Schneider. Bell
’ man hatte gleich mir den ersten Früh
Ilingstag zu einem kleinen Spazier
Jgange benutzt. Er wollte das Ange
nehme mit dem Nützlichen verbinden,
«balsamische Düfte und einige unbe
. zahlte Rechnungen einzuziehen.
Aus seinen Schneider zu stoßen,
wenn man das erste Veilchen sucht, ist
eine Ueberraschung, die selbst den
Kaltbliitigsten aus der Fassung brin
gen tann. Wir starrten uns einige
zAugenblicke wortlos an. Endlich ge
’lang es mir, obwohl ich mein Konto
belastet wußte, den angenehm Ueber
raschten zu spielen.
»Ist es nicht herrlich zu sehen, lie
ber Herr Bellmann,« begann ich mög
I lichst unbefangen, »wir die alte Mut
Tter Erde ihre rauhe winterliche Hülle
mit dem grünen Frühlingstleide
- tauscht?«
z »Nu ja, ich danke, es geht,« meinte
er, mich mit listigen Aeuglein and-lin
zelnd. »Wie hat sich denn Jhr Win
»teranzug getragen?«
»O. ich danke, recht gut· Lassen
Sie aber doch diese winterlichen Erin
nerungen. Sehen Sie mal, wie die
Birle hier schon neue, leuchtend grüne
Blätter angesetzt hatt«
Bellnrann antwortete nicht. Statt
in Frühlingsbegeisterung zu gerathen,
zog er ein Blatt aus der Tasche und
überreichte es mir mit dielsagendern
i Lächeln. »Wollen Sie denn wie die
Tanne dort das ganze Jahr über Jhr
Wintertleid behalten? fragte er dann
mit einem Blick aus meinen Anzug.
»Machen Sie es doch wie diese Bitte,
die Jhnen so gefällt. Begleichen Sie
d s Konto des Winters nnd bestellen
Sie sich einen recht hübschen Früh
jahrsanzugt . . . . Der Mensch ist doch
auch ein Stück Natur,« philosophirte
mein aus einmal redselig gewordener
Schneider, »und unterliegt, wie der
Kreislauf der Natur, einem fortwäh
renden Stoffwechsel. Sehen Sie, wie
der Mensch seine« Kleidung vorn
Schne· r bezieht, so erhält die Erde
ihre iirrne zum größten Theil von
der Sonne. Dieser grüne Rasentep
pich, übrigens ein recht hübsches ge
bliimtes Muster, diese Büsche und
Sträucher, die sich daraus wie Knaben
in weiten und doch slotten Sattoaw
ziigen ausnehmen, während dieBiiurne
mehr wie Elegants in langen, bis über
das Knie reichenden Sommeriiberzie
hern aussehen, diese ganze Frühlings
herrlichteit hat Mutter Erde siir ihre
Kinder auch gewissermaßen aus Pump
von der Sonne entnommen.
Bellmann lächelte fein und fuhr
fort: »Natürlich denlt die Sonne nicht
daran, wie ein leichtsinniger Schnei
der bis-Jahresschluß zu borgen. Wenn
sie im Frühling die Erde neu bekleidet
hat, wartet sie noch ein Weilchen, wie
sich die Schuldnerin verhalten wird,
und weil die Erde immer weiter in
ehrfurchtsvoller Entfernung urn sie
herumlreist, ohne die Rechnung zu be
gleichen, fängt sie allmählich an zu
drängen. Eine Postverbindung zwi
schen ihr und dem Erdball giebt es
nicht; sie sendet daher als Mahnboten
vom Firmament die glühendsten
Strahlen herab, und die arme Erde
windet sich fast oerschmachtend unter
den Zornesblicken der empörten Gläu
bigerin, ohne ihren drückenden Ver
pflichtungen nnchiommen zu können.
Sieht dann die Sonne die Vergeblich
leit aller Mahnungen ein, so zieht sie
sich im Herbst allmählich getränkt zuk
riick und behandelt im Winter die Er
de geradezu frostig, wie jemand, den
man nicht kennen will. Und die Erde
leidet entsetzlich unter dieser Kälte, sie
macht in ihrem schlichten weißen Klei
de etwa den Eindruckeines Menschen,
der nichts Anständiges mehr anzuzie
hen hat. Doch die Geduld der Sonne
ist erschöpft. Sie schickt jetzt die lauen
Winde aus, die das Liquidationivev
fahren über das Vermögen der Erde
herbeiführen. Jhre ganzr Mutterwi
stattung wird fliissig gemacht, und
gierig saugt die Sonne diese flüssige
Masse auf. . « Der Mensch ist freilich
meist leichtsinniger als die Sonne,«
schloß Bellmann selbstgefiillig, »und
pumpt sogar ilber das Frühjahr hin
aus.«
Mein poetisches Naturempfinden
war auf das Tiefste verletzt. Jch war
empört iiber diese kraß-realiftische
Weltanschauung, die in der ganzen
Frühlingspracht nichts weiter fah, alö
einen unbezahlten Anzug!
Die Natur« erklärte ich dann, sei
für mich fo etwas Erhabenes, daß die
eben von Bellmann gezogene Parallele
mir wie eine Entweihung erscheine,
gegen die ich denn doch lebhaft Ein
spruch erheben müsse. Jch berief mich
dabei auf die Lilien im Felde, die für
keine Kleidung sorgen und doch eine
Pracht zur Schau tragen, wie ein
Mensch sich nicht kleiden kann.
»Ach was, Lilien!« rief Bellmann.
»Sehen Sie sich erst mal meine neuen
Frühjahrsmufter an!«
Er zog eine kleine Musterkarte mit
Stoffproben heraus und überreichte
ste mir.
»Sie lieben wohl die Lilien nicht
besonders, Bellmann?« fragte ich.
»Welches ist denn Jhre Lieblings
blume?«
»Hm, das Maßliebchen.«
»Aha, Sie s ielen daran an, daß
Sie mir gern aß nehmen, ich ber
stebe. Hören Sie, ich spreche nächstens
einmal bei Ihnen vor wegen des
Frühjahrsanzuges. Fiir heute muß
ich mich empfehlen. Adieu, Herr Bell
mann!«
Niedergeschlagen trat ich den Heim
weg an mit dem Bewußtsein, statt
der erhofften Veilchen eine unbezahlte
Schneiderrechnung mitzubringen.
Plötzlich war Bellmann wieder an
meiner Seite, und mit einer tadellofen
Verbeugung überreichte er mir einen
hkgtlichen Strauß — Vergißmein
Ui . »
Der Gelehrte als Domain
Die »Fran!f. Zig.« schreibt: Der
Vater des jüngst verstorbenen Astro
nomen Otto Wilhelm Struwe war
nicht nur ein berühmter Astronom,
sondern auch ein gewandt-er Welt
mann, wie man es in Ruszland unbe
dingt sein muß, wenn man Erfolge
erzielen will. »Wilhelm Struwe,«
erzählt der bekannte russische Chirurg
N. J. Piroaow in seinen Erinnerun
gen. ,,beniiihte sich in der ersten Zeit
des Ministeriumz Uwarow eifrig um
die Errichtung einer Sternwarte in
Pultova. Vor allem hieß es den Un
terrichtsminister fiir diesen Plan zu
gewinnen. Struwe benutzte denn
auch dazu einen Besuch, welchen Uwa- »
row der Universität Dorpat abstatte-;
te. Auf die Einladung des Astrono-«
imen hin besuchte der Gast auch das
Dorpater Observatorium, unter des
sen Jnventar selbstverständlich der
berühmte Restattor am meisten be
mertt wurde. »Zu meinem Leidwe-»
sen,« beginnt Struwe. »hatten wiri
alle diese Tage schlechtes Wetter, unds
deshalb habe ich es nicht gewagt, Siej
zu bitten, in unseren Refraltvr desf
Nachts hineinzuschauen. Jetzt könnte
man aber einen Blick hineinthun, le
diglich, um sich zu überzeugen, wie
gehorsam das Instrument auch dem
leisesten Drucke gegenüber ist.« Uma
row bleibt stehen und blickt in das
Rohr hinein. »Entschuldigen Sie,«
sagte er, »ich sehe etwas; es scheint
mir sogar ein Stern zu feint« »Un
möglich, Exzellenz!« ruft Struwe
aus. »Nun, schauen Sie doch selber,«
antwortet Uwarow. Struwe schaut
hinein, schweigt, schaut noch einmal
hinein. Plötzlich nehmen seine Züge
einen erstaunten und enthuskastischen
Ausdruck an. »Exzellenz, gestatten
Sie mir, Jhnen meine Glückwiinsche
darzubringen. Sie haben eine Ent
deckung gemacht! Es ist etwas ganz
Außerordentliches. Es ist unbegreif
lich, wie es geschehen konnte, daß es
Jhnen vergönnt war, zum erstenmal
einen noch unbekannten Fixstern zu
erblicken. Von nun an wird dieser
himmelölörper in die Liste der neu
entdeckten Fixsterne aufgenommen
werden-« Noch am selben Abend hielt
Struwe vor dem Professorentollegium
einen Vortrag tiber den von Seiner
Exzellenz entdeckten Fixstern. Der
Minister war zugegen. »Ich weiß
nicht,« fahrt Pirogow fort, .ob Stru
we den Stern auch den Namen Unpa
row getauft hat, wie es späterhin et
nern Mineral, dein Uwarowit, ergan
gen ist, oder ob der Stern ohne Na
men geblieben ist. Natürlich befand
sich Uwarow im siebenten himmel,
und stellte es sich nicht vor und wollte
überhaupt gar nicht den Gedanken
gelten lassen, daß er nicht der zufal
lige Entdecker war, sondern daß dem
Stern schon vorher dank dein feinen
diplomatischen Genie Struve’s, eine
besondere Rolle zuertheilt worden
war.
Armee Kett
»Was? Sie haben ja eine Pracht
fraus Ein Kistchen solch herrlicher
Zigarren taugt sie Ihnen?«
Ehemann feufzend): »Ya, aber da
mit darf ich nur den Be uchetn auf
wart-Ut«
Einblick Annahme
Frischeu (ersiihct, daß Onkel Leut
nant, der in Ztvil zur Jagd gegatgän
war, mehrere Gasen Hefehlt vhat): » -
tel,« meint der Kle ne, »in Untform
hättest Du natürlich nicht vorbeige
fchosien!«
Der beste Thema-tm
Hier in Amerika ist er zu finden. .
Vor einiger Zeit wurde .erziihlt,
der deutsche Kaiser habe die Muße
rung gethan, die Engländer seien die»
besten Ehegatten und jede Frau, dies
einen Engländer zum Manne betont-«
me, könne deshalb von Glück sagen.
Mag dieses Kaiserwort nun echt oder
apolryph sein —- amüsant ist jeden
falls, daß jetzt ein öffentlicher Moder- »
spruch —- von den Englände
.jnnen selbst ausgeht. Eine be
kannte Londoner Schriftstellerin
macht sich zur Wortfiihrerin ihrer Ge
schlechtsgenossinnen jenseits des Ka
nals und erinnert daran, daß schon
die vielgenannte Romanschreiberim
Ouida einmal gesagt habe: die Ita
liener seien gewiß nicht die besten
Ehegatten, aber immer noch weit bef-»
ser, als die Briten. Denn die Jtalie-s
ner ,,liesen ihren Frauen nach«, wäh
rend sich die Sache in England gerade
umgekehrt verhalte. Da lasse sich der
Mann von der Frau so viel als mög
lich zu Hause pflegen und verwöhnen
und nehme dies mit laltbliitiger Ge
lassenheit als etwas ganz Selbstver
ständliches hin· Die englisch Schrift
stellerin ist der Ansicht, daß auch der
Deutsche durchschnittlich seiner Fraus
i mehr Aufmerlsamleit und Zärtlichkeit !
lentgegenbringh als ihre Landsleute
s dies thun. Aber das Jdeal eines Ehe
! gatten erreicht, wie sie meint, doch nur .
Jder Amerilaner. Der ist der gedul
! digste, nachsichtigfte und riiclsichts-»
« vollste aller Gatten. Er behandeltJ
’ seine Frau wie eine Königin undl
,,schustet« Tag und Nacht, nur um
« Geld zu verdienen und es ihr zu Fü
ßen zu legen, damit sie sich dafür die
theuerslen Kleider laufen und —
selbstverständlich ohne ihn — dies
schönsten Reisen leisten könne. i
Ein Dinner zu sechs Couverts.
Baron von Pachler, der ein Freund i
heiterer Geselligteit ist, ladet fiir einen H
Sonntag fünf Herren auf- seinem Bei s
tanntentreise zu sich ein. Tie Einlais
dungstarten werden rechtzeitig akute-s
sandt und umfassend-e Vortet)r11nge111
fiir ein lutullisches Tinrr zu sechs
Gedecken getroffen. Wie erstaunt aber
der Baron, als am Sonntag zur seit
gesetzten Stunde aufzer den fiinf Ge
ladenen noch etwa zwanzig Personen
sich bei ihm einfinden. Der Gaitgeber,
der sich die Sache nicht ertliiren kann,
vermag nur mit Mühe sein Erstaunen
zu verbergen. Endlich findet das
Räthsel seine Lösung. Er hatte die
Unvorsichtigteit begangen, die an die
fünf Auserlesenen gesandte Einla
dung in folgender Form abzufchicten:
»Willst Du am Sonntag mit vier
Freunden bei mir speisen? U. a. w. g.«
Die Einladung war mißverstanden
worden, und jeder von den Fünf hatte
noch vier Freunde mitgebracht.
Sistmischer unter den Thieren.
Jn einem Fachblatt berichtet der
Naturforscher Eckftein, daß die gifti
gen Thiere den verderbenbringenden
Saft in ihrem Körper erzeugen und an
einer ganz bestimmten Stelle austre
ten lassen, die einen, wenn sie berührt
werden (Quallen), die anderen,
wenn sie beißen (Schlangen) oder ste
chen (Bienen). Andere Giftthiere, wie
der Aal, tragen im Blut oder in ge
wissen Organen, etwa dem Rogen (wie
die Barbe), regelmäßig ein Gift in fich,
das als solches nicht ausgeschieden
wird, wieder andere sind nur aus
nahmsweise giftig, wie die Miesmu
schein, wenn sie unter ungünstigen
Verhältnissen, denen sie nicht entfliehen
können, zu leben zezwungen sind.
Das thierische «ft ist die Absonde
rung oder das Setret von Dritsen, die
an den verschiedensten Stellen des Kör
pers gele n sein tönnenz bei niederen
sThieren Inttionirt jede Drüsenzelle
jfiir sich allein, bei höheren sind viele
solcher Zellen nicht usarntnengedriingt
Hund zu genieinschastlicher Lebensthiis
stigteit vereinigt. Die Ausscheidng
tder Giftdriien i meist von wässeriger
Art. farblos un durchsichtig; sie sam
melt sich oft oft in einer kleinen Blase,
um nach Bedürfniß zur Verwendung
bereit zu sein. Zwingt man gifti e
Thiere kurz hintereinander zur Abga e
des Giftes, dann nimmt dessen Menge
rasch ab, bis bei dem dritten oder vier
ten Bisz oder Stich der Ausfluß von
G iftaufhört, bis neuer Vorrath ge
sammelt ist. Das Gift dient den
Thieren als Angrifföwaffe oder zum
Schu oder zur Abwehr feindlrcher
tta n. Die in Deutschland einhei
rniicbe Spinne gehört zwar auch zu
den Giftprodu ten, da ihr zwei Gift
driisen eigen nd, sie ist aber im Ge
geensah zu ihver südlichen Schwester,
r Taranteh fiir den Menschen unge
fährlich.
I Gern-ern
Prinzipal (seinem Buchhalier an
dessen 25jährigen Dienstjubiläum drei
Zehnmarlsiücke in die Hand drückend):
»Hier-, herr Miller, haben Sie eine
Kleinigkeit als Anerkennung für lang
jährige ireue Dienst-l«
Miller (der mehr erwartet hat, läßt
wie aus Versehen die Goldstücke fallen
und bemüht sich eifrig, sie wieder auf
zulesen).
Prinzipal: «Haben Sie allez?«
Millm »Nu, erst dreißig Marti«
sitt-Ist .
Berthcu «Glaubst Du liebe DISC.
da mich der Doktor heirathen wirdk
rennt-im »Steine Spur, der giebt
ni is aufs Geld!« -
set Gelegenheit
Gerichtövollziehm »Sie haben ja
eine reizend schöne Tochter.«
Der Gepfändete: »Wollen Sie sie"»
heirathen?« .
Lerditchttse Inse.
Kunde: »Wird der Wein aber nicht
zu start sein?« - .
Weinhiindlert »Nein, dafür habe
ich schon gesorgt.«
Mnliitss.
Gatte: Edith, Du bringst mich ja .
ummeine Vernunft —!'« s(
Gattin: »Du willst wohl sagen, ich (
habe Dich schon darum gebracht.«
Ungewitt.
Student: »Wie, mein Schneider »
grüßt mich's Sollte ich den Mann
giellseicht im Dusel 'mal bezahlt has «
en «
Gute Praxis. .
»Jn diesem elenden Kriihenhausen ;
willst du dich als Arzt niederlassenfj
Mensch, was zieht dich blos dorthinf« —
»Vier dort befindliche AutomobilePJ
In Rom. -.z
Meyer: »Wirilich dauerhaft bauen ’
sie hier. Wie ich vor dreißig Jahren (
hier war, hab' ich schon das Pantheon
gesehen, und heute steht’s immer »
noch.«
Scheinbar-er Widerspruch
Frau: »Ich weiß nicht, lieber Mann,
warum unsere Bertha jetzt immer so
traurig ist.«
Mann: »Ach was, die ist traurig,
weil sie heirathsluftig ist.«
Veritbnappn —
Gast (ärgerlch): »Ich wollte doch ge
räucherteg Fleisch . . . . dieses- ist ja
frisch!«
Wirth: »Na, frisch ist es gerade
auch nicht.«
Ein Vorzug· i
»Seht schön und besonders jung ist- —
ja meine Frau nicht, aber sehr sauber—
und eigen. Neulich hat sie sich auf
einmal sieben Zahnbijrst’l gekauft, süx H
jeden Zahn eins.«
Merkwiirdige Frank. »
Bauer tin die Stube stürzend zu
seinem Weibe): »Was sagst Atte, un- -
ser Ochs hat auf der Aussicllung den «
ersten Preis betumma.«
Bäuerin: »Weiß, er’s schon?«
Nach eigenem Maßstabe.
Fräulein: »O, ich liebe meinen On- ,
tel außerordentlich.« -
Student: »Welchen Betrag schickt
er Jhnen denn immer am ersten.«
Zu feige. sz
Kommis: »Da schießt mir plötzlich
ein Gedanke durch den Kopf!« «
Chef: »Ach, hören Sie aus, weg-n »
ich von Schießen l)öc’, das macht ni» ,
nekvös.« "
Grad’ ans dein Wirthshaus.
Gattin: »heinrich, jeyt kommst Du
nach Hause, es ist ja schon Morgenl«
Gatte: (ikn Dusel): »Du ittst Dich,
liebes Hannchen, es ist noch gestern«
Zukünftiges Don-kenn
Einbrechet (nach seiner Freispteo
chung zu seinem Vertheidigek): »Den
Doktor-, das haben Sie seht brav ge
macht! Mein nächster Einbtuch ist süt
Sie bestimmt!«
Die Witwe.
»Mein Mann war mit 100«000
Matt versichert, das giebt 4000 Mark
jährlich Zinsen. Ver-dient haben wir
6000, himmel! Da wäre es beinahe
besser, wenn er nichtgeswtben wäre!«
D L..-— «
Immer derselbe. s
Sie (erziihlend): »Als der Baron «
die Meldung empfing, durch-naß et
mit langen Schritten das Zimmet.....«
Professor-: »Und wieviel Meter et
gab das Resultat?«
Triumph der WissmlchOft
Atmenatzt: »Ich sehe, liebe Frau,
dein Kinde eht es schon weit besser.« s
Mutter ( es Kindes »Aber here
Doktor, t bin ja heu zum erstes -
Mal mit m Kinde hing-« ,
Bescheiden.
»Das Heirathen muß ich Jhnen
streng unterfagen, werthes Fräulein!«
»Aber ver-loben darf ich mich doch,
Herr Medizinalrath?« (
Der Bei-erben
Kaufmann (zum Reisendcn): »So,
fo, meine Tochter wollen Sie heute;
und ich wollte Ihnen gerade einen
Auftrag eben!« v
Reisen er: »Nu: auch her damit!· .
Nicht fs gemeint .
»Hai's gefchmeckt?« fragte die Far- «
merstochter den Sonntagsradler, den
fie soeben erquickt hatte. ,,Wollen I
Sie noch eins.« ’
«Oh nein, ich danke vielmals« ich
möchte Sie nicht berauben.«
»Ach, das macht gar nicht-, wir so
ben fie immer den Miit-um« ·