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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 2, 1905)
IOQMPEÄOEOEEPEQEEEEEØPEEE Das Räthsel von Elvershiih. Roman von Yeinhocd Ertmanw GPOEQOEPH tsttttttttxtutuhtttsttistsit cswwwwswss ssw fTTTTTTTTT (17. Fortsetzung) »Weil Sie sonst das Folgende sahrscheinlich nicht verstehen würden, sein Fräulein. Erit hatte meinen Fries nicht rechtzeitig erhalten. oder er behauptete doch wenigstens, ihn nicht theilten zu haben. Von der Bestattung des Freundes, an dessen Sterbebett er sehr zur Unzeit geeilt war, kehrte er hierher zurück-—eine schwere Krani seit im Blute und vielleicht kaum noch rr seiner Worte und Handlungen. n meinem Zimmer traf er an jenem bend mit dem Manne zusammen, der ältere Rechte aus mich hatte, als et. Es tam zu einem Streit zwischen Even und zu einer Herausforderung tik Hallager war der erste, der das haus verließ; eine Viertelstunde spä ter folgte ihm sein Gegner, mein Vet er Erwin v. Linderode, nach. Er er rrichte das Hurenhaus nicht mehr, in das er hatte zuriialehren wollen, denn auf dem Wege dahin wurde er erschos gn. Crit Hallager aber langte erst i Tagesanbruch vor seinerWohnung in Eichfelde an. Sie wissen nun, Fräulein Jensen, worin das Schreck liche besteht, das als unbestimmte Erinnerung aus seinem Gewissen lastet.« Thhra war stehen geblieben ——re cangsloss wie gelähmt. Das Entsetz ciche war auf sie nieder gefahren wie ein Blitzstrahl. Sie starrte auf ihre Begleiterim wie sie vielleicht auf ein Ilöhlich vor ihr austauchendes Raub thier aestarrt haben würde. Sekun den vergingen, ehe sie das erste Wort äber die zuckenden Lippen zu bringen vermochte Dann aber rang es sich wie ein Ausschrei der Verzweiflung aus ihrem Herzen ,.Rein — nein — nein! Was Sie da sagen, ist nicht die Wahrheit! Es kann nicht die Wahrheit sein. O, seien Sie barmherzig, und quälen Sie mich nicht mit einem so grausamen Spiel!«« »Ich denke nicht daran, mit Ihnen spielen. Und es bleibt Jhnen voll King überlassen, obSie mir Glau ben schenken wollen oder ·nicht. Sie wünschten über die Ereignisse jener Nacht eine Auskunft von mir zu er halten, und ich habe sie hnen gege ben. Darauf, daß sie hnen nicht erfreulich klingen würde, bereitete ich Sie ja vor.« »Es ist also Jhr Ernst? Nein, Sie werden mich nicht davon überzeugen, daß es Jhr Ernst ist. Wie könnten Sie so ruhig bleiben, wenn Sie dies Furchtbare siir möglich hielten?« qWer sagt Ihnen, daß ich ruhig bin? Und dann hatte ich ja auch Zeit gering, mich mit dem Unabänderlichen Zurechtzufinden Sie werden das wohl oder übel ebenfalls versuchen müssen, nein Fräulein! Und daß Jhr Bruder« —sie legte jetzt einen grausam spötti schen Nachdruck aus dies Wort — .!ieber einen Mord begehen als die Geliebte im Besitz eines anderen sehen wollte, müßte doch eigentlich Jhre Be wunderung für ihn erhöhen." Der Stoß, den die Feindin nach ihrem Herzen geführt, hatte getroffen Thhras blaue Augen schienen dunkler ern werden, und ihre Wangen brann »Sie wagen es, von Jhrer Liebe fiir ihn zu sprechen, und in demselben A uge nennen Sie ihn kaltbliitig einen örderZ Wie dürfen Sie da noch erwarten, daß ich Ihnen glaube?« »Ich erwarte gar nichts, denn ich wiederhole Ihnen, daß es mir höchst gleichgiltig ist, was Sie glauben oder weiseln Wenn ich von einernMord prach, so geb-tauchte ich damit die · nung, die alle anderen der That Erik Hallagerö beilegen werden. Pr·beide,»die roir ihn liebenzunögen ka Immerhin Allen MIUDck UCBUOCU Namen geben. Denn wir brauchen nicht an einen meuchlerischen Schuß aus dem Hinterhalt zu glauben wie die erren Vorn Gericht, die mit so viel ifer und Weisheit bei der Unter uchung sind. Wären wir es, die uber Erii Hallager zu Gericht sitzen sollten, so würden wir leicht genug zu einer Freisprechung gelangen. Sie Tal-en mich also mißverstanden, Fräu in Jensen! Es liegt nichts Veracht kiches darin, wenn ich Jhren Bruder Teinen Mörder nenne; denn ich bin nicht so undankbar, zu vergessen, daß eees aus Liebe zu mir geworden ist« Die unveränderlich-e eiskalte Gelas senheit ihrer Rede mußte aus die un glückliche Zubörerin überzeugender wirken als alle Versicherungen. Aber noch immer wehrte stchThyra verzwei felixegen den grauenhasten Gedanken. nn er es wirklich gethan hätte —im leidenschaftlichen Zorn oder im Wahne inn des Fiel-ers », wie konnte er es ann so vergessen haben? Wäre M aber die leiseste Erinnerung ge itxieben an eine solche That, so würpe See-geh zu ihr bekannt haben noch in lben Stunde, da er aus seiner Mktlosigkeit erwachte. Sie Haben W edlen stolzen, wahrt-a tigen Mr nie gekannt, wenn Sie glau been-. daß er heucheln oder leugnen sie, um Ha ver Verantwortung De stin band es zu eni iehen. grimme m auch n , ihn Feigheit verbmäiigt zu haben. er an esse-n Abend zu mir kam, et bereits Ho schwer tanzt-a IeO den Eindruck eines g TTTTTTTT Tas- Tak Gestörten machte. Sie mögen fiel-Bei Doktor Harmsen oder bei einem ande- . rcn Arzte darüber unterrichten, ob Menschen in diesem Zustande Hand lungen begehen können, deren Erinne rung später aus ihrem Gedächtnisz verschwindet, wie wenn sie nie gesche hen wären. Bei Crit Hallager aber ist das nach Ihren eigenen Miit i-» lungen nicht einmal der Fall. - ie räthselhaste Unruhe, von der Sie mir erzählt haben, seine Fragen und seine Andeutungen lassen kaum einen Zwei sel, daß irgend ein Erinnern an das Vergefallerse, wenn auch zunächst noch ganz dunkel und unbestimmt, in seiner Seele lebt. Sie müssen einen starken « Wunder-glauben haben, mein liebes Fräulein, wenn Sie nach alledem noch immer eine andere Erklärung suchen.'« Und Thnra zweifelte in der That nicht mehr. An welche Oeffnung hatte sie sich denn noch ilammern sollen, nachdem ihr mit so lühler Logik alle Beweisgründe sür die Wahrheit des Fürchterlichen vorgesührt worden wa ren? Fassungslos, ein rührendes Bild des tiefsten Schmerzes, sah sie zu ihrer Undarrnherzigen Peinigerin aus. »Und was wird nun geschehen? Sagen Sie es mir —- ich bitte Sie! Mir ist ja, als wäre ich überhaupt nicht im Stande, zu denken.« »Was nun geschehen wird, hängt einzig von Ihnen ab, Fräulein Jen en.« s »Von mir?« »Ja. Denn in Jhre Hand ist es a:geben, Crit Hallager sowohl vor den Vorwürfen seines eigenen Gewissens als vor Verfolgung und Strafe zu be wahren.« »Ich —ich sollte —? Nein, ich verstehe Sie nicht« »O, es ist sehr einfach! -Bis zum aeftrigen Tage wurde infolge einer seltsamen Verkettung von Zufällig teiten ein anderer, vollkommen Unbe theiliater für den Mörder meines ar men Vetters gehalten. Seine Schuld losigkeit ist zwar jetzt klar erwiesen, aber in der langen Reihe von Tagen, die seit jener unseligen Nacht verflos- » sen sind, haben sich die Spuren ver- ! wischt, auf denede Herren vom Ge- j richt vielleicht zur Entdeckung der Wahrheit hätten gelangen tönnen.! Niemand außer mir und der Zofe, die ; ihn bei rnir einließ, hat Erik Hallo-, ger gesehen: niemand ahnt, daß er einen Grund hatte, den Ermordeten tödtlich zu hassen. Meine Aussage allein wäre im Stande, ihn zu ven diichtigen. Wenn ich will, daß er straflos bleibt, wird es keinem ein-» fallen, ihn wegen der Ereignisse der ; Mordnacht zu befragen.« i »Und er selbst? Wird er sich nichts nach und nach deutlicher des Geschehe nen entsinnen? Und wird er dann Pickg hingehen, sich freiwillig zu stel en.'«. s »Man könnte es verhindern. indem man seinen Gedanken gar nicht erst » gestattet, jene gefährliche Richtung einzuschlagen Den Tod seines Ne benbuhlers zwar wird man ihm kaum verheimlichen können, aber man kann ein Märchen ersinnen, das seine Zwei fel verscheucht." .Sie hätten vielleicht die Kraft und das Geschick, diese schwere Aufgabe zu vollbringen, ich aber —« »Wer spricht auch von Ihnen? Bei Ihrer außerordentlichen Wahrheitö liebe wären Sie natürlich die legte, der man solche Selbstverleugnung zu muthen dürfte." »Aber wenn es nicht das ist« was Sie von mir erwarten, wie soll i mir dann Jhre Worte erklären, da es in meine hand gegeben sei, ihn zu J ALTMAY« »Sie sind etwas langsam im Ver ftebem mein Fräulein! Sie sollen ihn retten, indem Sie mir das Feld räu men —- das ifi es, was ich meine! Und nun, nach dieser offenen Ertliiruna, begreifen Sie mich besser —- nicht wahr? Ich bin eben nicht opfermuthi acnug veranlagt, den Mann, den is liebe, gelassenen Sinnes einer anderen anheimfallen zu sehen. Jch begehre ihn für mich, denn er gehört mir-— keine That hat ihn mit unzerreißbaren Ketten an mich gefesselt. Ich würde ihn für mich in Anspruch nehmen, auch wenn ich die Gewißheit hätte, daßer aufgehört hat, mich zu lieben Und eher würde ich ihn dem Verder ben überliefern, als daß ich ihm ent fante.« Noch immer klang ihre Stimme talt und ruhig, aber in ihren Augen aliihte ein leidenfchaftliches Feuer, und eine tiefe, drohende Falte war zwi fsisen ihren Brauen. Wie ein armes».wehrlofes Schlacht opfer, das vor dem vernichtenden Schlage feines heuters zittert, ftand die junge Norwegerin vor ihr-er fchreckt ag- geliihmt von der Furcht barieit I hasses, der aus jedem Mart ihrer erharrnungslofen Feindin sprach. »Nun, warum antworten Sie mir nichts« fragte Edit a nach kurzen-I Schweigen «, J en das Opfer zu schwer, das von Ihrer -—-fchwe· ftetliehen Liebe verlange?« Da erhob Ihnen die thriineneefiilli ten Auen zu dem starren Antltt der drangen n, und mit einer ergreifen Schtichtheit des Ausdruckei fagte fie: »Es gibt nichts, dai ichnicht mit Freuden thun würde, um Crit in ret ten. Wie aber kann ich aufgeben Joai ich nicht besitze? Ich habe nichts ge than, ihn von Ihnen zu trennen, und wenn Sie es siir nothwendig halten, verspreche ich Ihnen, daß ich es auch liinftig nicht versuchen werde. Was vermöchte ich aber außerdem noch zu thun?« »Wenn Sie es nicht wissen, muß ich es Ihnen wohl sagen. Ihre Ver sprechungen haben fiir mich keinen Werth, auch wenn ich Ihnen glauben wollte, daß sie ernsthaft gemeint sind. Schwören Sie mir doch, daß Sie nie mals andere als schwesterlicheEmpsin dringen für ihn gehegt haben —- schwö ren Sie es mir bei seinem Leben — wenn Sie können! —- Sie schweigen. Um so besser, denn ich würde Ihnen incbt geglaubt baten, selbst wenn Sie t.usendmal geschivorenshätten. Und anch diesem stummen Geständniß wer den Sie hoffentlich begreifen, daß ich mehr von Jhnen verlangen muß als nur Worte. Sie dürfen nicht länger bei ihm bleiben! Sie miissen diese riibrende Pflegerinnenrolle aufgeben, die so dankbar siir Sie war, weil sie Sie in seinen Augen natürlich mit einem verklärenden Schimmer von selbstloser Hingabe und Aufopferung umwob. Ich will, dasz Sie ihn ver lassen." - »Nein, das ist unmöglich! Jch müßte n geradezu entfliehen —- beimlich, wie uue Verbrecherinl Nein, Fräulein v. Linderode, Sie können das nicht von nur sordern.'« »Toch, ich sordere es! Und ich gebe Ihnen vierundzwanzig Stunden eit, Sich zu entscheiden. Die Tage md sent kostbar, denn die Untersuchung wird seit gestern mit verdoppeltem Eifer betrieben. Man wird Geheim polizisten nach Elvershöh entsenden Leute mit gesabrlichem Spürsinn, die überall berumhorrben werden Es ailt sie fortdauernd auf salscherFiibrte Zu halten, wenn Erit Hallager sicher bleiben soll vor ihrem Argwohn. Jch muß einen klaren Kon und ruhige Nerven haben, um das zu bewirken. Dir abscheuliche Vorstellung, daß eine andere sich unterdessen in sein Herz einschmeichelt. darf mich nicht länger deunrubigen.« «Wohin aber sollte ich mich wenden? Und wie sollte ich einen Schritt, der meinen Anaehörigen völlig unbegreif iich erscheinen muß, begründen, ohne ihnen zugleich die Wahrheit zu offen baten?« »Das eine wie das andere muß Jhre eigene Sorge sein, mein Fräu ieinl Wenn Sie so start und beiden «niithig, o klug und umsichtig sind, wie ich es nach Erits hegeisterten iSchilderungeri und nach Doktor Varmfens Lobreden vermuthen muß. kann es Ihnen nicht schwer fallen, den rechten Ausweg zu finden. Sollten Sie indessen einer Unterstützung an Geld oder eines anderen derartigen Weist-indes bedürfen, bin ich natürlich ganz zu Ihrer Verfügung.« Mit edlem Stolz erhob Thvra den Kopf. Der schwere Kampf in ihrem Herzen war ausgetiimvsL Wie hoch riiithig auch Editha im Bewußtsein ihrer Ueberlegenheit aus sie herabsehen tnochte,- der Blick, der jetzt aus den tlauen Augen der Norwegerin iiber sie hinstreifte, machte sie doch betrof ten· »Wodurch glauben Sie sich berech tiai, mich zu beschimpfen Jch tann Ihnen nicht verbieten, mich zu hassen; oder ich verbiete Ihnen, mich verächt lich zu behandeln· Und Sie haben mir nun nichts mehr zu sagen, nicht wahr?" »Nichts, als daß ich Jhre Antwort erwarte, mein Fräulein!« »Sie gaben mir soeben vierund zwanzig Stunden Zeit, meinen Ent schluß zu fassen. Noch vor Ablauf dieser Frist sollen Sie von mir hören.« Wenige Sekunden hatten hin e reicht sie völlig zu verwandeln Ni is mehr von der bisherigen zitternden Befangenheit war in ihrer ltung wie in ihrer Stimme. Stolz tand re ihrer Todseindin gegenüber. Edit fühlte die Flammen des Hassezm ihrer Brust nur heißer und wilder iemvorschlaaenz aber sie wußte sich zu lIezwrngen Ecke hatte gesiegt -—— des sen war sie acwißl Und sie war zu klug, den kostbaren Siegespreis wieder lanss Spiel zu setzen dadurch, daß-sie Fden Kampf noch einmal begann. Flu jfterte ihr doch eine Stimme in ihrem iJnnern zu, daß dies schöne reine We ssen da vor ihr sich nur seiner Kraft s lewußt zu werden brauche, um sie mit lall- ihren furchtbaren Waffen und ih ! ten untrüglichen Berechnungen zu lSchanden zu machen. ) So verbarg sie die lodernde Gluth Hireg Zorne-H hinter einer Miene von Isnndurchdringlicher Gelassenheit und lingte mit einein kühlen Neigen des Hauptes: »Mus; es so sein! Sie wis ;sen· jetzt, was fiir Erik zu hoffen und "zu fürchten ist --—- die Entscheidung über sein Schicksal liegt bei Ihnen. Noch einmal blickten sie einander seit in die Augen; dann wandten sie sich nach verschiedenen Richtungen zum Gehen, und als Editha nach einer klei nen Weile zurückschaute, sa sie die schlanke Gestalt der jungen »wege rin schon weit entfernt aus dem schma len Feldwege, der noch dem Dorfe führte. "sweiundzroanzigstes Kapitel. M hartnäckigem Kampfe war ei der Sonne um die Mittaagzeit ge lange-, den bleigrauen Wolkenwa kang zu zerreiße-, und nun schickteste ihre goldenen Stroh en durch Ue Liedes der vor dem use stehenden Linde wie lMtende Gruße auch in ibid-gings gute Stube. Is Doktor Darm en felbft hatte den altviiterlichen ehnftuhl mit dem großblumiqen Kattuniiberzuåund den mächtigen Ohren an die telle ge rückt. die er ali die gänftigste flir den Gcnefenden ansah, und Crit halla er hatte sich zwar noch auf den Arm ei ner Mutter stützen müssen, als er den kurzen Weg vom Bett bis zum Fenster .ruriicllegte, aber es war doch über raschend gut gegangen. »Ihr verwöhnt mich viel zu sehr,« sagte er, während er tief die würzige Luft einsvg. »Wahrhaftig, wenn es nicht ein» gar so löstliches Gefühl wäre, von lieben Händen gepflegt zu werden, ich machte gleich ein paar Luftsvrünge, um Euch zu beweisen, Nin ich überhaupt leiner Pflege mehr ledarf.'· »Die Luftspriinge, mein Sohn, ersparen ivir uns für daheim,« scherzte Frau Hallager, ihm lieblosend das lodige Haar aus der noch immer blei cken Stirn zurückstreichend »Wir baden gestern unseren Reisevlan schdn bis in die kleinsten Einzelheiten fest gestellt, und Thvra hat dabei natürlich wieder an tausend Dinge gedacht, die tm alte Frau vollständig vergessen hätte. Ich sehe schon, daß wir am besten thun werden, uns bei dem gro ßen Unternehmen ganz ihrer Fürsorge aniuvertrauen.« Mit einem zärtlichen Blick sah der Maler zu dem jungen Mädchen hin über, das sich am Tische zu schaffen machte und das Gesicht dabei beharr iichvomf Fenster abgewandt hielt. »,.Ja, Mutter, das wollen wrr," er widerte er. »Ich glaube, es stünde treniger gut um mich, wäre sie nicht mein Schutzengel gewesen« Vom Tische her kam keine Antwort, und auch die blauen Augen, in die er so gern geschaut hätte, sahen noch im mer angelegentlichst nach der anderen Seite des Zimmers. Crit schien da von ern wenig befremdet, undes war wrhl nur die Anwesenheit des Arztes, die ihn abhielt, eine Fra e nach der Ursache ihrer Schweig amteit an Thyra zu richten. Als aber Doktor barmer dann gegangen war, zögerte er nicht länger, sich die Ungewißheit vom bergen zu schaffen. Er bat Thurm das Kursbuch und die Karte zu holen, damit er sich ihren Reise olan recht ausführlich darlegen lassen konne. Thyra erfüllte seinen Wunsch, aber sie that es ohne die freudige heiterleit, die sonst in jeder ihrer kleinen Dienst teistungen fiir Eril gewesen war. Denn wie tapfer sie sich auch bezwang und jeden verzweifelten Aufschret ihres Herzens unterdrückte —- eine un befangene Friihlichteit zu heucheln ging doch über ihre Kraft. Einmal erfaßte Erik die tleine weiße Hand, die ihm eine Stelle auf der Karte bezeichnete, und fragte leise, während er sie mit zärtlichem Druck umschlossen hielt: »Du bist so ernst. Freust Du Dich denn nicht auch auf diese Fahrt in die Heimath, wo wir wieder froh und glücklich sein wollen wie in vergangenen Tagen?« «Gewiß, Erit, ich freue mich da rauf,« erwiderte sie, ohne zu zögern; aber sie sah ihn dabei nicht an, denn sie fühlte, dasz es um ihre Selbstbe hertschung geschehen sein würde, wenn sie jetzt dem liebevoll forschenden Blick seiner Augen begegnen sollte. Und er fragte nicht weiter. Aber auch er wurde jetzt schweigsam, und nach einer Weile legte er das Haupt in den Lehnstuhl zurück. »Ich bin rniide,« sagte er, »aber ich möchte noch nicht wieder ins Bett zurück. Laßt mich hier ein wenig schlummern!« Wenige Minuten später hatte er wirklich die Augen geschlossen und athmete wie ein Schlafender. Frau dallagen die sich in den letzten Tagen etwas angegriffen fühlte, bedeutete Thvra durch Zeichen. daß sie sich u riiclziehen wolle, um auf kurze seit zu ruhen; leise drückte sie die T iir des Nebenzinnners hinter sich ins Schloß, und tiefe, friedvolle Stille erfüllte das Gemach. »Die Hände müde irn Schoasze ge faltet, saß Thyta noch eine Weile auf ihrem Plahe am Fenster; dann aber raffte sie sich aus« denn sie w te ja, daß die Stunden kostbar seie «, und daß es galt, jede Minute zu nutzen. Sie war entschlossen, ihre heimliche Abreise noch an diesem Abend zu be wirten, und sie hatte zu versahrt nach der Station bereits den agen des Wirthes bestellt, der sie zu einer bestimmten Stunde am Au5»ange des Dorfes erwarten sollte. ber sie konnte nicht geben, ohne ein Wort des Abschieds zu hinterlassen, einige kurze Zeilen: die den Zurückbleibenden als eine Beruhigung über ihr Verschwin den dienen sollten, wenn sie ihnen auch ihr räthselhastes Beginnen nicht er-« lliiren durste. Und es würde sich bis zum Abend taum noch eine neue Ge legenheit gesunden haben, diesen schweren Brief zu schrreiben, wenn sie nicht die jetzt gebotene benutzte. So setzte sie sich an den Tisch und wars nsit eilender Feder den an Frau Hal lager gerichteten Scheidegruß aus das Papier, sie wegen der scheinbaren Un dantbarteit um Verzeihung bittend und zugleich stehend, daß man ihre Spur nicht verfolgen und sie sich selbst überlassen möge, bis ihr die Verhält nisse gestatten würden, aus ei enem Antrieb ein Lebenszeichen zu ge n. Wenn es ihr nicht schwer geworden war, die rechten Worte zu snden, so lange es nur ihre Pslegernutter war, an iesie sich wandte, so hielt xe doch, rat-blos inne, daes ietzt arn chluae del kurzen Briefes galt. auch Crit s e immer Lebewohl zu Lager-. Unver wandt starrte sie aus as Blattt nie der, bit alles vor ihren Au en ver gtnoannn und- sie « brennen heiße eopsen itber ihre Wangen rinnen W sii ite. Dittie sie in diesem Moment au gestickt, so würde sie wahrgenom men aben, daß der, von dem ie in der tille ihres Herzens oerzwet elten Abschied nahm« aus weit grössneten, traurigen Augen wie in stummer Ftuge zu ihr hinübersah, und roher lirh hätte dann alt' ihre Tap erteit Nicht mehr ausgereicht, ihr die so lange behauptete Fassung zu bewah rer.. - Aber sie ahnte es nicht, denn sie wähnte Erit Hallager noch immer in tiefem Schlummer. Und in der That« hatte er die Lider schon wieder ge schlossen, als seht die Magd vorsichtig die Thür öffnete, weil sie dem tFräu lein eine eilige Bestellung vom Wirth auszurichten hatte. Schon nach dem ersten, behutsam gesliisterten Wort nuntte ihr Thurm zu schweigen, und stand eilig aus, um ihre Mittheilung draußen entgegenzunehmem Den un rullendeten Adschiedsbries schob sie unter die anderen Papiere in ihrer Schreibrnappe, denn selbst, wenn Frau Dallager inzwischen das Zimmer be treten hätte. wiirde es teineg sichereren Berstectes bedurst haben. Der Wirth ließ ihr sagen, daß sich eines seiner Pferde verletzt habe und er darum den Wagen heute Abend nicht schielen tönne. Wäre es aber dringend, so würde er sich vielleicht von einem seiner Nachbarn einen Gaul leihen können, unter der Voraus setzung allerdings, daß dastguädige Fräulein alsdann einen höheren als den bedungenen Preis fiir die Fahrt entrichte. Thyra zögerte einen Augen lsliC sich mit jeder Forderung des Mannes einverstanden zu ertlären, und lediglich der Umstand, daß jetzt auch die Hausgenossen zu Mitwissern ehres Vorgehens geworden waren, er-· füllte sie mit Unruhe und Sorge. Unter dem Vorgehen, daß es sich bei ihrer Fahrt um eine Ueberraschung kiir Frau Haltager handeln solle, legte see dem Mädchen mit dririaenden Wor en die Pflicht unverbriichlicher Ver-— schioiegenheit aus« und es mochten über diesem Zwiegespräch wohl sacht oder Zehn Minuten vergangen sein« ehe Thhra die Schwelle des Krantönziw mers wieder überschritt. Worilos blieb sie in der offenen Thitr stehen; denn was sie da erblickte, machte den Schlag ihres « Herzens stocken und raubte ihr den Athem. Die seidene Decke lag vor dem Lehn lftuhl am.Boden: Eril Hallager aber lstand hochaufgerichtet am Tische, ein IBriesblatt in der Hand, das sie nur izu gut ertannte. ! »Das also war es, Thnra« fragte set mit einer Stimme, deren schmerz ;iichar Klang ihr Herz zerriß. »Da : rum hattest Du leine Freude mehr an edm Reisevlan, der nur für mich Gel tung haben sollte, nicht für Dich? Darum sahst Du mich vorhin so mit leidig an?« « z Ihre lähmendeErstarrung hatte sich "aelöst. Nicht mehr im Stande, eine Komödie zu spielen, flog sie laut aus fchluchzend auf ihn zu und sank neben ihm aus die Kniee. »Erit, lieber Erit! Sei barlher ig T-— quäle mich nicht mit Vortviirsen and Fragens Jch tann ia nicht an ders »s— ich darf nicht. Es muß ja geschehen." Sie hatte seine freie Hand ergrif »s-.n, und ohne zu wissen, was stethat, hatte sie sie an ihre Lippen gepreßt. »Von ihm aber schien mit einem Male Wie durch ein Wunder alle Krani )i.eitsschwiiche abgethan, denn er beugte Fisch zu ihr herab, legte seinen Arm Ium ihre Schultern und hab sie empor ; »Nein, meine geliebte Thhra, es i nkusz nicht geschehen, undxs mitanicht !geschehen, denn ich lasse Dich nicht« »O, Erit, Du weißt nicht« wasDu «t.-er!angst! Du kannst ia nicht ahnen, Nasb Dich bedrohen würde, wenn ich lie e.« »Ich ahne es freilich nicht, Liebste, aber ich weiß. daß ich nicht mehr leben kann ohne Dich.« « «O, Erit, sprich nicht so! Eine an dere wird mich ersetzen. eine Augen« Schönen, die Du von Neuem lieben wirft, wi Du sie geliebt haft, ehe dies alles aefchah.« " »Alle hat meine Vermuthung mich nicht betrogen! Editha ist es« die Dir den thiirichten Entschluß einaeaeben hat. Sei ruhig, mein geliebter Schayl Nicht ihre Klugheit und nicht ihre Schönheit war es, die ich einst geliebt! Nur in den Märckenzauber war ich verliebt, mit dem meine Phantasie sie umwoben hatte. Und als der Zauber entschwand, als statt des überirdilcken Wesens, das meine Einbildunggtraft erschaffen, ein hemmte-, berechnendes Weib vor mir stand, da war diese Leidenschaft in meinem Herzen ausge löscht für immer.«' «Vielleicht thust Du ihr unrecht, Erit; vielleicht wirft Du wieder anJ dcrs über sie denken, wenn Du ihr Gelegenheit gegeben hast, sich zu ver iheidiaen. Und dann —-—- Du glaubst, daß sie einem anderen gehörespsaber Du bist im Jrrthurn, sie isi frei.« »Ich weiß es, mein Lieb. Aber was gilt mir dast« Sie hatte den Kopf von feiner Schulter erhoben und sah zu ihm auf mit einem Blick, dessen an stvolle Frage et nicht verstand. »Wie — Erit —- das weißt Du? Wer hat es Dir gesagt?« »Dein-r harmiem den der lenlatio nelle Fall anscheinend außerordentlich interessirt. Als er mir die Geschichte er iihlte, wurde mir auch mit einem ale klar, worin die lästige Erinne rung bestand, die mich lo can e be dritckt hatte. Jh war nach am bend meiner Antunt drüben in Elveeshöh gewesen und in der Stunde, die zu meinem il meine thörichten Mär ckentriiu e zerstörte, auch 'nem un aiitckfeliqen Manne begegne . Er hatte smich ver-wenn sich pgak Winden und mir, als ich ihn geilthren zurück tvies, gedroht. Der Vorfall war mir ebenso widerlich als peinlich; ich abnte, was dieser Herr beabsichtigt-L dasz er mich wahrscheinlich brutal ris sentlich ansallen werde, und daß ich genöthigt sein wiirde, mich gegen ihn wie gegen ein wildes Thier-oder einen Wegelagerer zu bewaffnen. Jch sah die schwersten Verwictelungen voraus. und bei meinem damaligen Zustande erschien mir alles im schwärzesten Lichte. Da — ich war schon wieder draußen aus freieni Felde ——siel weit hinter mir ein Schuß, und lnr da raus muß ich wohl das Bewu tsern verloren haben, denn als ich nachher —trotz der Firberhitze halb erstarrt —an einem Wiesenrande wieder er wachte, dämmerte bereits der Morgen. Halb im Traume schleppte ich mich rnii unsäglicher Quil bis hierher an ernningg Haus-. Den Knall des Schusses aber glaubte ich immer und immer wieder zu hören, obwohl ich erit seit gestern weiß, daß es vermuth Iich derselbe Schuß gewesen ist, der das Leben jenes Mannes geendet hat.« Atheinlos, bebend vor Ungeduld, hatte Thhra ihm zugehöri; ihre Augen hin gen an seinem Gesicht, als ob sie ihm die Worte von den Lippen reißen könne. Nun aber schlang sie mit einem Freudenschrei ihre Arme aufs Neue um seinen Hals. »Wie seltsam Du bist, Kindl« sagte er, zärtlich ihr weiches Blondhaar streichelnd »Willst Du mir denn Drin Geheimniß nach immer nicht os senbaren?« »Nein, nein, nicht jetzt —- nicht deute! Später sollst Du alles ersah ren. Jetzt wüßte ich Dir doch nichts anderes zu sagen, als das; ich gliicllig isin —— o, Erit, so Unaussprechli glücklich! « ,.Und diesen Brief hier darf ich zer reißen? Du wirst nicht fortgehen, Thorac« »War, wenn Du mich fortschiäsU »Der Reiseplan soll also doch seine Gültigkeit behalth Wir fahren zu dreien heimwärts gen Norwegen, und Du willst mein geliebtes Weib seini· »Ja. Erit, ja-! Ach, mir ist schmis Lelig vor lauter Gliidseligkeit.« Just in diesem Augenblick mußtees aeschehen. das; Frau Hallager, die den erhofsten Schlaf nicht hatte finden tönnenj die Thür des Nehmt-immer öfsnete. War vor dem Anblick eines Wunders blieb sie sprachlos stehen; dann leuchtete es wie heller Sonnen fcksein iiher ihr gutes Gesicht. Wohl eine Minute lana noch lies; sie die kei den in ihrer weltentriickten Glückselig keit, ehe sie mit ihrer volltönenden dunkel gefärbten Stimme in den wei chen Lauten der nordischen Mutter sprache sagte: »Nun habe ich leinen mierfiillten Wunsch mehr aus Erden. Seid aesegnet, meine lieben, lieben Kinder!« fSchlusz folgi.) ---—I--s-— Sehn-eiser- Rmedartem ; Eine der originellsten schweizeris schen Mundorten ist das Freiburger Patois. Den schweizerischen Dialekt tologen dürfte es nicht das uninteres santeste Gebiet ihres Studiums und Forschens sein· Da aber die Frei burger Mundort, die besonders unter dem Landvolt gang und gäbe ist. vom richtigen Französisch sehr stark ab weicht, so muß dieses Patois Vielerk als eine Fremdsprache erscheinen, die sie namentlich beim schriftlichen Ge dankenaustausch nur mangelhaft zu handhabend vermögen. So ist es Thatsache, daß das Patios in des welschen Schulen des Kontons Frei burg einem erfolgreichen Sprachuntees« richt große Schwierigkeiten in den Weg legt. Dieselbe Wirkung iiben auch die - Mundarten der deutschen Schweiz auf den Unterricht in der Schriftsprckche aus« nur nicht in einem so hohen Maße, wie es beim Freiburger Pa tois der Full ist. Es ist deshalb be greiflich, daß die Anwendung des Dialetteö im Unterricht durch ein neues Reglement für die sreiburgii schen Primarschulen streng verboten wurde. CI Wenn in einem Bericht itber die Ergebnisse der Retrutenpriifunacn ge klagt wird, daß »der schriftliche Aus satz das Schmerzenstind unter den Schulsächern in Kanion Freiburg« sei, so sind an diesem ilebrlstande nicht zum kleinsten Theil die vorn Volk gesprochenen verwirrenden Dio leite schuld. Auch sük den sreiburgi schen Paiois muß die Zeit tornrnen, wo er zu den verschwundenen Dingen gehört -«—--—s Es gibt Menschen« die nur dann zuhören, wenn sie selber sprechen d O O Der kleine vierjährige Georg soll seiner Tante ein Buch aus dem Solon holen, wofür sie ihm zur Belohnung etroos Süßes verspricht. Bubi holt schnell das Gewünschte und erhält do siir —- einen Kuß. Der Kleine sehe entrüstet, meint schlnchzrnw »Nein, Tanti, ein Kuß is nich saß, nur nah-« « I i i »Warum’ streilt denn Vater, — MarnaI Mir höheren Lohnis .Nein, rnein Kind; unt dem Lohn ist er zu treeden.« ,,Streilt er sitt tiirzere Ar beit-zeiti« »Nein, mein Kind; die Arbeitszeit ist angemessen. Vater ftieilt aus Sympathie« »Aus Sym patihieasiär un:,SMornäf« »Mehr« nren rnxou Wer ie rund wohelzoltig nicht« Ghin-so Tribut-)