Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 02, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    ««—
W
Die alte Mantu.
Sitz-re von M. Thiery. Autorisirte
Bearbeitung von A. F r ie d h e i rn.
»diese ist ein Brief file Sie, Frau
Ender«
»Ach! mein Gott!...aus Paris-P
«Wohl von Jhrem Jean, was?«
Mit zitternder Hand nimmt Frau
Ehdet den Brief von Postboten in
Empfang.
Ohne Brille kann sie nicht mehr le
sen. Aber an den starken, dicken
Schriftziigen allein weiß sie es schon
an freudig und hoch beunruhigt sagt
»Ja, ja! ist von meinem Sohns
Frau Ehdet ist wieder allein in
dem kleinen Gärtchen mit den schma
len, von Stachelbeersträuchern einge
faßten Wegen.
Sie war damit beschäftigt gewesen,
ein bißchen im Garten nach dem Rech
ten zusehen
Es war so warme Frühlingssonne
und wenn die Zweige auch noch ganz
kahl waren, so fing es doch schon
iiberall an zu treiben. Sogar die er
sten Veilchen waren schon heraus und
ihr Duft war köstlich.
Die alte Frau hatte sich gerade da
ran erfreut gehabt: wie doch alles in
der Natur wieder erwachte. Aber
nun, seit sie den Brief in Händen hat,
ist sie beunruhigt.
Wenn nur nichts Unangenehmes in
dem Brief steht, den sie zwischen ihren
alten verarbeiteten Händen hin und
her dreht.
Aber wie kommt sie nur auf solche
Gedanken? Seit ihr Sohn die Schule
durchgemacht hat und nach Paris ge
gangen ist, um dort Medezin zu stu
diren, hat er ihr doch nur Gutes mit
getheilt!
Erst die bestandenen Gramm, dann
der Doktor-grad
Jn all den Jahren war Jean nur
selten gekommen. Frau Ehdet litt
unter der Trennung. aber dem Sohn
sagte sie es nicht; das wäre ihm wohl
unbequem gewesen, wenn sie so an
spruchsvoll gewesen wäre: und in ih
ren Briefen stand auch nichts davon.
Sie hätte auch wohl gar nicht die
Worte dafür gefunden: Frau Ehdet
war ja doch nur eine sosehr einfache
beschränkte Frau; wenigstens-hielt sie
sich dafür, im Vergleich zu dem »Ge
lehrten«, der ihr Sohn geworden war.
Als sie für ihren Jungen ehrgeizige
Pläne machte, da hatten die Menschen
alles Mögliche geredtet . . . als er dann
aber immer der erste gewesen, eine
Freistelle auf der Schule erhalten, da
hatten die lieben Nachbarn mit ihren
Weissagungem daß nichts aus dem
Jungen werden würde, wohl schwei
«gen müssen; nur einige hatten oann
gemeint: »Nun, er wirds Ihnen nicht
dankenf
Frau Ehdet hatte dazu nur die
Achseln gezuelL
»Na, ja, ihr Mann, »Vater Ehdet«,
wie er von allen genannt wurde, war
ein einfacher Landmann gewesen!
Aber wenn er noch lebte, so würde sich
der Sohn seiner ebenso wenig schämen
wie seiner Mama mit der weißen ge
tollten Haude. Ach, ihr Jean sich ih
rer schämen!... Ja rein lächerlich,
so etwas zu denten....«
Und dennoch, jedesmal, wenn die
alte Frau einen Brief von dem gelieb
ten Sohn bekommt, dann wird ihr so
ängstlich, so unruhig, und immer
braucht sie erst ein Weilchen, um wie
der gleichmäßig heiter ihrer kleinen
Wirthschaft nachgehen zu können.
Jean Ehdet hat sich in Paris eine
Frau genommen.
Und seit seiner Verheirathung
schrieb er noch seltener. Er hatte so
viel mit all’ seinen Kranken zu thun,
entschuldigte er sich. Frau Ehdet fand
das natürlich und wollte auch ihrer
Schwiegertochier nicht gram sein. Der
Gedanke, daß die junge Frau — die
sie nicht lannte—Jean von seiner »al
ten Mama« fern halten wollte, kam
ihr aar nicht. Warum hätte sie das
denn auch thun sollen?
Eitan über ein Jahr ist es nun
her, daß Frau Endet die Anzeige von
der Verlobung erhalten hat. Die
Hochzeit sollte in Paris sein. Und
gleich, in seiner herzensgiite, hatte
Jean daran gedacht, seiner Mutter
eine Fahrt, die in ihren Jahren doch
nur eine große Ermüdung sein könnte,
zu ersparen. Lieber wollte er aus ihre
Anwesenheit verzichten, so schwer ihm
das auch werden würde; aber der Ge
dante, daß sie aus all ihren Gewohn
heiten her-ausgerissen vielleicht trant
werden tönne und ihn dann die
Schuld träse, das sei noch viel schwe
rer.
»Na, so ganz schwach bin ich nun
doch auch noch nicht, der gute Junge
ist zu besorgt«, denkt Frau Ehdet siir
sich. Sie hätte ganz gern die An
. strengung der Reise aus sich genom
men, um dann tnit Stolz am Arme
ihres gelehrten Sohnes zu gehen, und
er, so dentt die gute, alte Frau, würde
doch auch herzlich froh darüber gewe
sen .sein.
Aber ehe sie den guten, zärtlichen
Sohn beunruhigt, will sie lieber
schweigen, ihren Wunsch und ihrem
. Bedauern nicht Ausdruck geben, und
sie tröstet sich in dein Gedanken, daß,
wenn das junge Paar von der Hoch
zeitcreise heimkehrt, sie zu ihr tout
Inerr werden.
M-..-—— W— -
Und in der Erwartung dieses Be
suches läßt sie im »Saal" die Decken
weißen und ihr Zimmer, das Zimmer,
in das sie als junge Frau gekommen
ist, neu tape ieren. Was macht es ihr
aus, wenn e in ein anderes Zimmer
geht; sie freut sich ja, daß sie ihren
großen Jungen noch etwas zuliebe
thun kann. Leider war aber jemand
in der Familie der jungen Frau —
Bater oder Mutter, Jean hatte es nicht
genau geschrieben ——« trank geworden,
und das Paar hatte in Eile nach FPa
ris zurückkehren müssen· Der Be uch
zur alten Mama war also verschoben.
»Nun, sie werden ein anderes Mal
tommen,« hatte sich die alte Frau ge
rröstet und sich keine Thriine erlaubt,
was ihr höchst unvernünftig vorge
kommen wäre.
Die Krankheit mußte aber doch
wohl einen guten Verlauf genommen
l:aben, denn der Doktor hatte keinen
Trauerfall berichtet.
Und dann war bald eine Reise ar
nicht mehr in Frage gekommen. - ie
,.alte Mama« würde, wie er meldete,
Großmutter werden.
Frau Endet war ins Haus gegan
gen, suchte ihre Brille und össnete den
Brief.
»Ach, mein Gott! Daß es so bald
erwartet würde, davon hatte sie ja gar
keine Ahnung gehabt!« Das erhosste
und gesürchtete Ereigniß war gut ab
gelaufen... ihr Jean hatte einen
Sohn! einen Prachtknaben!... und
m ihrer Herzensfreude rannen der
alten Mama große Thränen über die
willen braunen Wangen.
»Der Jean mag mich meinetwegen
schelten, aber ich muß mein Enkelkrnd
sehen," das stand nach Empfang des
Brieer für Frau Ehdet fest und da
«.iit der Sohn in seiner übergroßen
Fürsorge nicht ein Veto einlege, so
liachte Frau Ehdet ihren großen
Plan heimlich bis zur Reise. Klopfen
cen Herzens, in freudiger Erregung,
wie die alte Frau sich selbst glauben
machen wollte, aber vielleicht doch
mehr in dem Gedanken des großen
Wagnisseg, eine solche Reise selbstän
dig zu unternehmen, ging es fort nach
Bari-Zu
. — —...—.—-«--—
Ach was! Wenn er sie gesund und
riistig vor sich sehen würde, gar nicht
wiide von der Fahrt —- und sie war
auch wirklich nicht müde -—— dann
würde ihr Jean sich doch nur über die
Gegenwart seiner alten Maina freuen.
Boulevard Haußmann --— ein so
schönes Haus, mit breitem Portal und
großen Ballons, daß Frau Endet sich
fragt, ob ihr Jean wirllich dort
trotan
Der Kutscher hat den kleinen Hand
losser von acstreistein Drill, die ge
jiicite Tasche und einen netzsörmigen
Beutel, die dagNeiseacpäck ausmachen,
aus das Troitoir gestellt.
Frau Endet giebt dein Kutscher,
has er iefordert bat, und bleibt vor
der Thiir stehen.
Von seiner Loae aus bat der Por
tier sie gesehen und kommt heran.
...-tu wem wünschen Sie?«
»an Doktor Jean EyDet.«
»Ach! Im ersten Stock rechts-»
aber... wen wollen Sie dort spre
chen?«
»Ich bin die Mutter von.
..so .dann gehen Sie nur
da bSinaus, vorn Hof aug, die Hinter
treppe rechts, « unterbricht der Mann
die Sprechende.
Und während Frau Endet mühsam
an ihrem liosser schleppt und denAus
aana sucht, gebt der Portier in seinen
Wohnrauni zurück und erklärt seiner
Frau:
»Es ist die Mutter von der Amme,
nebt aanz anständig auss«
Jn den Küchenregionen ist man ge
rade beim Frühstück
»Wiinsche recht guten Morgen,«
soate die Fremde.
Beim Anblick des dreieckigen Uni
srlslaaetuchs und des lleingestreisten
Skossers muß ein schnippisches Zim
in ermädchen sich umwenden, um nicht
neiade heraus zu platzen vor Lachen.
»Was wünschen Sie?« sragte die
Mich chin
Jetzt hält sich Frau Endet anz ge
rade und würdevoll stellt sie ich bor:
»Ich bin die Mutter von Doktor
EndeU
,,lllt1 . . . Das Ist over wirklich niasr
ijtsel . .. fängt die Köchin an.
Aber das Zimnierniädchen ist ge
winiater und inacht ihr ein Zeichen,
das-, sie schweigen soll. Jst ja doch alles
niöalicht Wenn der Herr Doktor vom
,,Schlosz« spricht, in dein seine alte
Mutter :nil ihrer Dienerschaft lebt,
will er vielleicht nur seiner neuen Fa
milie imvoniren?i Wenn er nun wirt
Jich der Sohn dieser auten Frau mit
der gelollten weißen Haube wäre? ..
Dir Gnädiae würde eine feine Ueber
raschung damit haben!
Und ganz erregt nnd schadenfroh
erbietet sich das Hausmädchem den
Besuch zum Herrn Doktor zu führen·
Jrn Warteztmmser. das Frau Ehdet
flir einen Solon hält, läßt das Mäd
chen sie allein. Nach tamn einer Mi
nute steht Jean vor ihr.
Die »alte Mania«·ist ausgestanden,
streckt ihm die Arme entgegen: alles ist
vergessen, sie weiß nur noch, daß sie
diesxxeude hat« ihren Jungen wieder
zuse n.
»Ja, ich bin’s!... ich habe dich
überraschen wollen...«
»Aber, was ist denn das?« Der
Dotter hai ängstlich die Thitr hinter
sich geschlossen und während er sich«
von der Mutter tiissen läßt, sagt er
leise und ängstlich:
»Aber so etwas thut man doch
nichts Du hattest doch begreifen
niüssen..·'«
»Was denn? Was hätte ich denn
begreifen Wissens-«
»Oh etwas sehr einfaches.« Er er
tlört es ihr neroiis. Er schämt sich
ihrer ja nicht..., ganz gewiß nicht,
so undankbar ist er nicht .. ., er wird
immer mit Stolz empfinden, daß ers
ihr Sohn ist! Aber, damit die Eltern
des jungen Mädchens, das nun seine
Frau ist und eine große Mitgift hat,
iiber seine eigene Armuth sortgesehen,
hat er von seiner Mutter ein bischen
anders gesprochen... mein Gott...
er hat sie mehr als als eine feine
Dame geschildert... und nun... «
Und nun versteht Frau Ehdei.
Ja, sie hätte nicht kommen sollen;
es war unrecht von ihr, und ihr wird
so kalt ums Herz, daß sie nicht weiß,
ob sie törperlich oder seelisch leidet
Sie zittert ein bischen . .. o so wenig, «
daß der Doktor es nicht einmal sieht.
Er meint: :
»Es läßt sich ja noch ein Ausweg’
sinden... wenn du mich wirklich
liebst, so wird dir ein kleines Opfer
siir mich nicht schwer werden. Jchf
führe dich in ein Hotel, da besuche ich
lich und bringe meinen Jungen mit.
Hier kann ich ja sagen . .. daß. »daß
du meine Amme wärest... daß sie
sich in der Küche verhört haben...
tannft du aus Liebe siir mich »ja« zu
meinem Vorschlag sagen?«
Ja, gewiß, sie kann es . .. und nicht
nu-r.
»Ich werde mir rasch Hut und
Mantel holen und dann begleite ich
dich,« sagte Jean mit einem Seufzer
größter Erleichterung.
Frau Ehdet bleibt allein und da
öffnet sich plötzlich eine Thür und
durch das Vorzimmer geht eine kraft
strotzende Amme mit bändergeschmüci
ter Haude; in den Armen trägt sie ein
Kindchen in Spitzen und Decken ge
hüllt. Frau Eydet möchte sie heran
trinken . .. sie wagte es nicht . .. was
würde Jena dazu sagen?
,,Ach!« sagt da die Amme. »Sie
sind die alte Kinderwärtesrim die
Amme vom Herrn, wie er eben der
anijdigen Frau erzählt hat? Na, Sie
können das Jungchen mal lüssen...
ist ja doch beinahe, als wenn Sie so
zusagen, halb und halb seine Groß
mutter wären...«
Der Heilchenhut
Siizze von F. W ilde.
Chiffon, Seide, Blumen. Jn der
cufgeboaenen Krempe versteckt die lo
seii lila Veilchensträuße.
Er war ein reines Frühlingggedicht,
dieser Beilchenhut!
Dazu »Pariser Modell, dazu in
einem höchst fafhionablen Geschäft —
alle diese Eigenschaften brachten ihm
das höchste Interesse der Damenwelt
ein«
Biermal ani Tage mußte Klare
vorüber — und viermal sah sie daher
diesen Veilchenhut.
Sie hatte sich darin verliebt.
»Ja — wer sich den leisten kann,«
seufzte sie jedesmal entsagungsooll
Dabei ging es ihr immer durch den
Sinn —— wie sie dieser Veilchenhut
wohl kleiden möchte!
Das locker in die Stirn fallende
blonde Haar — uinrahnit von der lila E
Cbissontrempe — die zarte Farbe zu z
dim zarten Kolorit ihres Teints —
entziickend wäre dag!
Aber sie schüttelte gleich wieder den
Kopf. Das geht ja nicht, ihr ganzes J
Monatsgehalt müßte sae dran setzen.
In solchen Augenblicken wüthete sie
gegen das Schicksal.
Warum konnte sie sich nicht auch:
mal bewundert sehen, warum nicht«
auch mal den Neid des gan en weib
lichen Geschlechts heraussor rn? —»
Immer so als Pauvrettchen umher- ;
laufen, hatte sie schon längst satt.
Drei Tage schleppte sie sich rnit der
Absicht hineinzugehen und zu fragen,
was der Hut loste » das verband je
denfalls noch zu nichts.
Der Hut stand immer noch im Fen- ;
ster. Da faßte sie sich ein Herz und
führte ihre Absicht aus.
Kläre nahm eine sehr bestimmte
Miene an, als hätte sie iiber Tausende
zu verfügen.
Aber die Vertauserin kannte das.
Sie inaß die Gestalt in dem einfachen -
schwarzen Kostiim mit tritischem Blick
und wußte Bescheid.
»Das Pariser Modell meinen Sie?«
fragte sie kühl.
»Ja! — Den Veilchenhut.«
Sie machte gar keine Anstalten, ilm
aus dem Fenster zu holen. »Die
kirnmt ihn ja doch nicht,« dachte sie bei
tsch.
»Was kostet er?« «
»Sechzig Mart,« antwortete die
Vertäuferin obenhin, als wäre das
aar nichts, und blickte Klöre heraus-—
sordernd an.
Die zuckte mit keiner Wimper; sie
warf den Kopf ein wenig zurück und
bat dann: »Ich möchte den Hut mal
afvrobiren.«
Ein fein ironisches Lächeln der
Lzertäuferiin und mit spitzen Fingern
dritfctte sie den Hut auf Kläres Blond
kop .
Und esr faß! Wie saß er?
Da brauchte man nicht zu drehen
und zu wenden. Er war wie extra an
gefertigt zu dem welligen, tockeren
Haar, das reich und goldig schim
mernd unter der Krempe hervorquoll.
Kläre klopfte das Herz.
Was ihr da aus dem Spiegel ent
aeaenstrahlte, das anmuthige, süße
Gefichtchen, was sie denn das selbst?
—— O —— so schön zu sein! Kein Preis
schien ihr zu hoch dafür.
Sie beschaute sich nach allen Seiten.
En face s-— Profil —- in der Nacken
linie.
Dann sagte sie entschlossen: ,,Also,
ich nehme den Hut.«
Die Berläuferin konnte ihr Erstau
nen kaum unterdrücken, aber Klär
zahlte ihr drei Zwanzigmarlstücke
»großartig an der Kasse. » «
« Gleich oor der Thür stieg sie in die
. »Elektrische« und fuhr mit ihrem gro
ßen, schwarzen Papplorton selig von
dannen. ,
Der Sonntag war da!
- si- «
Freundlich schien die liebe Sonne,
und milde, weiche Luft erweckte die
schönsten Frühlingsgedanlen.
Draußen in den Bororten wim
inelte es schon von Spaziergängern.
Man freute sich über jede grüne
Knospe an Sträuchern und Hecken;
iiber jedes Krotus und Schneegliick
chen, das aus der Erde hervorlugte.—’
Und dabei fühlte man sich recht unbe
que min seiner Winterlleidung
Kläre hatte das nicht. nöthig. Sie
trug ihren lilI Veilchenhut. Mit wel
chem Stolz!
Heute wurde sie beneidet! Ach, wie
amiisant das war, wenn sich so jeder
nach ihr umschaute, nach dem Pracht
exemplar von Frühjahrshutl
Einmal hörte sie, wie zwei Herren
hinter ihr her sagten:
»Donnerwetter — die sieht schick
au5!" s
Da lächelte Kläe ihren Begleiter
glückselig an.
»Du bist wohl furchtbar stolz heute,
Kläre,« sagte er und legte seinen Arm
in den ihren. »
»Gesalle ich dir denn ein bischen?«
entgegnete sie kolett.«
»Du gefällst mir immer.«
»Aber heut besonders —« , (
' »Ach so — um den Veilchenhut!
Natürlich, der ist sehr sesch. Kostet
wohl auch eine Stange Gold?«
Kläre war sehr großartig geworden
im Besitz ihres Kleinods-, darum ant
wortete sie ohne weiteres: »Ja —
sechzig Mart!« I
»Das finde ich ein bischen happig!«»
Sie zuckte die Achseln. »Weghalb»
lann man nicht auch mal leichtsinnig
sein! Man muß nicht immer lnausern,
Arthnr! Das paßt gar nicht mehr ins
die Welt. Und wenn man sich den gan- l
zen Monat gequält hat, tann man sich
auch was leisten.«
»Aver mir ist das Ding zu ausfal
lend, Kläre!« !
»Ach psuil —- Jch hatte mich so ge-.
srcut auf den heutigen Tag, und nunk
bist du gar nicht nett. Du solltest dochI
mich anstaunen und denken: DieKlärer
ist doch das beste, schönste Mädchenls
Jch will sie recht lieb behalten———und..«s
»Und?«
»Na —— dich endlich mal erklären,
so oder so!« »
»Davon wollen wir ein andermall
reden, Klärel Heuty habe ich teinens
Munini. Mir ist wag in die Krone ge
sahren!«
»Hab’ ich dir wa s gethan?«
»Lasz man! Das geht vorüber.
Nachher sind wir Beide noch mal sehr
vergnügt s— hm?«
,,Wollen wir tanzen?« meint Kläre
und schmiegt sich in seinen Arm. Da
bei denkt sie gleich an ihren Veilchen
hut; nun soll er erst zu seinem Recht
kommen
II- III It
Kläre ist wieder zu Haus.
Liebevoll verhüllt sie die lila Schön
heit und lächelt verträumt vor sich hin.
Es war doch heut ein sehr hübscher
Tag gewesen.
Arthur schien zwar ein bischen still
und nachdenklich, aber das machte ihr
keine Sorge. Schließlich ist es ja auch
keine Kleinigkeit, wenn jemand plötz
lich vor die Frage gestellt wird: »So
— oder sol«
Sie hatte es schon lange gehofft,
und es war ihr sehnlichster Wunsch,
Arthur’S Frau zu werden. Er ver
diente auch ein ganz schönes Geld und
konnte einen Haus-stand gründen, aber
er zögerte doch noch immer mit seiner
Erklärung Das machte Kläre ver
drießlich. Sie nahm sich vor, dem
Glück ein bischen nachzuhelsen.
Der Veilchenhut würde Wunder
thun; das war ihre Ueberzeugung, als
sie ihn kaufte.
Arthur liebte es zwar nicht, wenn
man viel Geld ausgab Er war selbst
schrecklich sparsam. Aber Kläre wußte
auch, daß ihre Schönheit ihn besiegen
würde.
Und heute Abend hatte sie die seste
Ueberzeugung:
Nun dauert es teine acht Tage mehr
-- dann bist du am Ziel deiner Wün
sche«
If Il- Il
Schon am nächsten Tage kam ein
Brief von Arthur.
Kläre lächelte stillvergnügt Sie
wußte gleich, was er brachte.
Eine mündliche Erklärung ist ihm
also peinlich gewesen —— so schrieb er:
»Liebe Klärel
Sei nicht böse, aber aus uns tann
nichts werden« Sieh mal, was soll ich
mit einer Frau, die Hüte für sechzig
Mart trägt? — Dann bist Du mir
auch zu hübsch und zu leichtsinnig. —
Meine Frau muß mal ganz einfach
und bescheiden sein. Für Dich paßt
so’n seiner Mann, daß Du Staat ma
chen kannst. Trage Deinen Veilchenhut
noch mit recht vitl Vergnügen. Jch bin
froh, daß ich ihn nicht mehr zu sehen
brauche. Er war mir nämlich gestern
in die Krone gestiegen. Arthur.«
Kläre ist ganz blaß geworden, sie
zittert ordentlich.
Aber dann rasst sie sich energisch
zusammen.
,,De dumme, alberne Mensch! Hat
ja gar einen Geschmack!« Damit sucht
sie sich zu trösten.
—
Doch —- es will ihr nicht gelingen
Und —- es soll noch viel schlimmer
, kommen!
» Denn von diesem Tage an haßt
Kläre ihren Veilchenhut.
s--—--O-O-.--—
Aus ver Schlacht bei König
grätz.
Generalfeldmarschall Freiherr von
Loe, der als Adjutant Wilhelms I. in
dessen unmittelbarer Nähe den böhmi
schen Feldng mitmachte, schildert in
seinen »Erinnerun-gen aus meinem
Berufs-leben« den bekannten kritischen
Moment am Nachmittage derSchlacht
bei Königgrätz. Er berichtet, wie er
von einem Adjutantenritt auf den
Roskosberg zurückkehrt, von wo aus
der König mit seinem Hauptquartier
den Verlauf der Schlacht verfolgt:
,,Bald daraus sah man eine Batterie,
wahrscheinlich von der Divisionsartil
lerie der 8. Division, über die Bistritz
zurückkommen und sich unserer Auf
stellung nähern; nicht viel später
schlug auch das 6. Ulanen-Regiment
denselben Weg rückwärts ein. Den
Schluß bildeten nach einiger Zeit Jn
fanterie-Abtheilungef1 der 8. Division,
die den Holawald verlassen hatten.
Der Eindruck, den dies auf die um
den König versammelten Offiziere
machte, war recht ungünstig. Es war
vorbereitet und wurde verstärkt durch
das Aus-bleiben einer jeden bestimm
ten Nachricht über das Eingreifen der
lronprinzlichen Armee, das man schon
seit geraumer Zeit erwartete. Der
König blieb zwar äußerlich völlig ru
hig, wandte sich jedoch an den Gene
ral von Moltke mit der Frage, welches
seine Ansicht über den Stand der
Schlacht sei. Die ohne Zögern gege
bene Antwort des Generals: ,,Euer
Majestät gewinnen heute nicht nur die
Schlacht, sondern den Feldzug«, mach
te auf die Umstehenden einen tiefen
Eindruck nnd drängte die Besorgnisse
zurück, die sich mancher Gemüther be
mächtigt haben mochte. Seine zuver
sichtliche Erklärung begleitete der Ge
neral mit einem Hinweis auf die weit
hin fichtbare Höhe von Horenotves, wo
man wahrzunehmen glaubte, daß das
österreichische Geschützfeuer verstummez
ja man meinte, die rothen Attilag der
Gardehufaren neben den beiden histo
rischen Linden auftauchen zu sehen.
»Das ist der Kronprinz, der den rech
ten Flügel der Oesterreicher angreift«,
fügte der General hinzu. Inzwischen
hatte sich das Zurückströmen der Jn:
fanterie aug dem Holawalde verstärkt.
Auf eine größere Abtheilung, die von
einem an Kopf und Arm vertvundeten
Stabsoffizier geführt wurde, ritt der
König zu; er befahl dem Führer Halt
und Front machen zu lassen, rief die
Osfiziere vor und ließ diese, wie auch
die Mannschasten mit scharfen Wor
ten an: »Dort ist der Feind, dorthin
führen Sie Ihre Leute zurück. Jch
bitte mir aus, daß Jhr als brave
preußische Soldaten Eure Schuldig
teit thut!« Das Bataillon —— es war
vorn 71. Regiment —— trat sofort den
Rückmarsch in den Holawald an. Jn
gleicher Weise schickte der König ein
über die Bistritz zurückgewichenes Ba
taillon vom 2. Armeelorps in das Ge
fecht zurück.«
—————--——-—O
Altherthumsfunde in Metz.
Bei der Niederlegung und Einelp
nung der sog. Lunette d’Arcon am
Bahnhose zu Metz wurden archäolo
gisch werthvolle Funde von Erd- und
Feuerbestattungen aus der Römerzeit
um das Z. Jahrhundert n. Chr. ge
macht. Unter Anderenr fand man
hier auf einer in einen Steinsagdeckel
eingelassenen Marmortafel die für
Metz erste nachchristliche Inschrift.
Noch größeres Interesse erregte in
Messer historischen und archäologischen
Kreise die Ausdeclung alten Mauer
werls von einem aus dem 12., viel
leicht 11. Jahrhundert stammenden
Sakraalbau, der zweifellos die Krhpta
einer großen Kirche war. Die Ge
lehrten sind sich darüber einig, daß
dies die Abteitirche von St. Arnulvh
war, die einstige erste Grabstatte Lud
wigs des Frommen sowie der Prin
zessin Hildegard nnd mehrerer ande
rer weiblicher Verwandten des Kö
nigs. Die Abtei St. Arnulph lag in
einem äußeren Stadttheile von Metze
Ad Basilicas und wurde vor der Be
lagernng der Stadt durch Karl V.
auf Befehl des Herzogs von Guise mit
der ganzen Vorstadt niedergelegt
(155). Man mißt dem Funde ähn
liche Bedeutung bei, wie der Aan
deckung des großen römischen Amphi
theaters. die vor zwei Jahren so gro
ßes Aufsehen erregte.
Ob
Galgenlmmor.
Gauner (zu seinem Vertheidiger):
,,Machen S’ Jhna nix d’rans, Herr
Doktor! Sie haben sich nur blamirt,
ich aber werd’ eing’sperrt!«
Ausgestorbm
Leutnant: ,,Janz früher, äh’ jab’s
’mal Werbeosfiziere; jetzt, jänglich
ausjestorbem jibt nur noch umwen
bene.«
Nesiqnatipn.
»Deine Schwester scheint sich endlich
darein ergeben zu haben, daß sie tei
nen Mann kriegt» . jetzt feiert sie so
gar ab und zu wieder Geburtstag!«
M
Unterschieds «
Drogist (dem Lehrling die Bot
räthe zeigend): »Wir haben also vier
Sorten Honig: im ersten Glase ist
feinster Bienenhonig, im zweiten rei
ner Vienenhonig, im dritten Bienen
honig und im vierten —- Honigt«
, Selbsttäuschung.
»Du glaubst nicht, Mama, wie un
musitalisch unsere heutigen Gäste findt
Jch hab’ eben etwas gespielt aus dem
,,Lohengrin« —- und niemand hakz
erkannt!«
Ein Optimist.
Mann: »Mit Dir ist es aber doch
nicht zum Aushalten! Weißt Du,
daß wir uns geheirathet haben, war
doch der dümmste»Streich in unserem
Leben.«
Frau: »Na, da hast Du aber ’mal
Recht. Jch hab’ den Tag auch schon
manchmal verwünscht, an dem ich so
dumm war.«
Mann (erfreut): »Na, Gott sei
Dank! Das ist das erste Mal, daß
wir übereinstimmen Weeßte, Käthe,
wir wollen nur die Hoffnung nicht
verlieren. Jch denke immer, wir wer
den uns schon noch einander einleben.«
Feinsühliger Einbrecher·
Richter: ,,Angeklagter, Sie sind da
bei ertappt worden, als Sie in die
Apotheke des Zeugen einzubrechen ver
suchten?«
Angeklagtcrt »Ja, aber stehlen
wollte ich nicht!«
Richter: »So, was wollten Sie
denn?«
Angeklagter: »Ich hatte wüthende
Zahnschmerzen und da hilft mir im
mer Kreosot. Zu Hause hatte ich von
dem Zeug aber nichts mehr und den
Apotheker wegen einer solchen Kleinig
keit mitten in der Nacht heraus-zukün
geln genirrte ich mich!«
Berechtiger Einwand.
Sie: »Bist Du schon wieder da?
Ich hab’ Dir doch gesagt, Du sollst
Dich nicht um die Küche kümmern —
das ist meine Sache!«
Er: »Ja, ja, aber das Essen ist doch
wohl meine Sache!«
Kühn.
Gnädige (zum Küchenmiidchen):
»Sehen Sie, Marie, Sie sind eine
"recht liederliche Person, erst heute
Nacht bat mir wieder geträumt, daß
Sie zwei Töpfe zerbrochen haben!«
Aus der Jnstruktionsstuudr.
,,Miiller, was thun Sie zunächst,
wenn in der Kaserne Nachts Groß
feuer ausbricht?«
»Ich zünde die Windlaternen an!«
»Na, es ist aber doch hell durch den
Feuerschein!?«
»Das schon —- aber das- Feuer
könnt’ ausgeh’n!«
Aufsallend.
Kassier (der eben mit dem Kasstp
sturz zu Ende gekommen ist): »Auf ’u
Tupf’n stimmt’s.
Kassakontrolleur: »Na, wo wird
denn da der Fehler liegen?«
Bitter.
,,Haben Sie gesehen, welch’ häßli
ches Frauenzimmer der junge Maiet
geheirathet?«
,,Jawohl — der war eben auf dem
Geschmack seiner Gläubiger angewie
sen!«
Im Theater.
A. (aufwachend, zu seinem Nach
bar): »Ist das schon der zweite Akt,
mein Herr?«
B.: »Jawahl!«
A.: »So ein Pech: da habe ich ja
die schöne Pause verschlasen!«
Im Eisenbalmcouvc.
»Sagen Sie, Fräulein, warum
schaut denn der Kater aus Ihrem
Schooß gar so entsetzt um sichs-«
»Weil er mit einemHundebillet fah
ren muß!«
Immer derselbe.
Sie: »Deine Dir nur, die neue
sKöchin ist erst 2l-«»- Stunden im Haus
iund hat schon drei Teller zerschlagen!«
Er (Professor der Mathematik):
»Das macht also täglich, den Tag zu
12 Stunden gerechnet, 14 zwei Fünf
tel Teller mal 865 gleich 5256 Teller
pro Jahr. Das dürfte fiir unsere
Verhältnisse zu viel sein.«
Ein hartnäckiger Gauner-.
Richter: »Sie mußten doch mit den
Oertlichkeiten in der Wohnung des
Zahnarztes ganz vertraut sein?«
Dieb: »Ja freilich. Jch ließ mir
eben so oft einen Zahn reißen, bis
ich sie ganz genau kannte!«
Ein Menschenfreund.
Weireisender: »Zu dem Wirth dro
ben in dem Untertnnstshaus geh’ ich
um keinen Preis mehr —- das ist mir
zu gefährlich!«
Chef: »Beruhigen Sie sich —- ich
gebe Jhnen einen unzerbrechlichen
Musterkofser mitl«
Fixigteit.
Richter: »Die Streitigkeiten zwi
schen Jhnen Und dem Zwiebelbauer
entspannen sich wohl sehr schnell?"
Zeuge: »Und ob! Um zehn Uhr hat
er ,,Luinp« zu mir g’sagt, und um
halb elf waren wir schon alle zwei
verbunden!«