««— W Die alte Mantu. Sitz-re von M. Thiery. Autorisirte Bearbeitung von A. F r ie d h e i rn. »diese ist ein Brief file Sie, Frau Ender« »Ach! mein Gott!...aus Paris-P «Wohl von Jhrem Jean, was?« Mit zitternder Hand nimmt Frau Ehdet den Brief von Postboten in Empfang. Ohne Brille kann sie nicht mehr le sen. Aber an den starken, dicken Schriftziigen allein weiß sie es schon an freudig und hoch beunruhigt sagt »Ja, ja! ist von meinem Sohns Frau Ehdet ist wieder allein in dem kleinen Gärtchen mit den schma len, von Stachelbeersträuchern einge faßten Wegen. Sie war damit beschäftigt gewesen, ein bißchen im Garten nach dem Rech ten zusehen Es war so warme Frühlingssonne und wenn die Zweige auch noch ganz kahl waren, so fing es doch schon iiberall an zu treiben. Sogar die er sten Veilchen waren schon heraus und ihr Duft war köstlich. Die alte Frau hatte sich gerade da ran erfreut gehabt: wie doch alles in der Natur wieder erwachte. Aber nun, seit sie den Brief in Händen hat, ist sie beunruhigt. Wenn nur nichts Unangenehmes in dem Brief steht, den sie zwischen ihren alten verarbeiteten Händen hin und her dreht. Aber wie kommt sie nur auf solche Gedanken? Seit ihr Sohn die Schule durchgemacht hat und nach Paris ge gangen ist, um dort Medezin zu stu diren, hat er ihr doch nur Gutes mit getheilt! Erst die bestandenen Gramm, dann der Doktor-grad Jn all den Jahren war Jean nur selten gekommen. Frau Ehdet litt unter der Trennung. aber dem Sohn sagte sie es nicht; das wäre ihm wohl unbequem gewesen, wenn sie so an spruchsvoll gewesen wäre: und in ih ren Briefen stand auch nichts davon. Sie hätte auch wohl gar nicht die Worte dafür gefunden: Frau Ehdet war ja doch nur eine sosehr einfache beschränkte Frau; wenigstens-hielt sie sich dafür, im Vergleich zu dem »Ge lehrten«, der ihr Sohn geworden war. Als sie für ihren Jungen ehrgeizige Pläne machte, da hatten die Menschen alles Mögliche geredtet . . . als er dann aber immer der erste gewesen, eine Freistelle auf der Schule erhalten, da hatten die lieben Nachbarn mit ihren Weissagungem daß nichts aus dem Jungen werden würde, wohl schwei «gen müssen; nur einige hatten oann gemeint: »Nun, er wirds Ihnen nicht dankenf Frau Ehdet hatte dazu nur die Achseln gezuelL »Na, ja, ihr Mann, »Vater Ehdet«, wie er von allen genannt wurde, war ein einfacher Landmann gewesen! Aber wenn er noch lebte, so würde sich der Sohn seiner ebenso wenig schämen wie seiner Mama mit der weißen ge tollten Haude. Ach, ihr Jean sich ih rer schämen!... Ja rein lächerlich, so etwas zu denten....« Und dennoch, jedesmal, wenn die alte Frau einen Brief von dem gelieb ten Sohn bekommt, dann wird ihr so ängstlich, so unruhig, und immer braucht sie erst ein Weilchen, um wie der gleichmäßig heiter ihrer kleinen Wirthschaft nachgehen zu können. Jean Ehdet hat sich in Paris eine Frau genommen. Und seit seiner Verheirathung schrieb er noch seltener. Er hatte so viel mit all’ seinen Kranken zu thun, entschuldigte er sich. Frau Ehdet fand das natürlich und wollte auch ihrer Schwiegertochier nicht gram sein. Der Gedanke, daß die junge Frau — die sie nicht lannte—Jean von seiner »al ten Mama« fern halten wollte, kam ihr aar nicht. Warum hätte sie das denn auch thun sollen? Eitan über ein Jahr ist es nun her, daß Frau Endet die Anzeige von der Verlobung erhalten hat. Die Hochzeit sollte in Paris sein. Und gleich, in seiner herzensgiite, hatte Jean daran gedacht, seiner Mutter eine Fahrt, die in ihren Jahren doch nur eine große Ermüdung sein könnte, zu ersparen. Lieber wollte er aus ihre Anwesenheit verzichten, so schwer ihm das auch werden würde; aber der Ge dante, daß sie aus all ihren Gewohn heiten her-ausgerissen vielleicht trant werden tönne und ihn dann die Schuld träse, das sei noch viel schwe rer. »Na, so ganz schwach bin ich nun doch auch noch nicht, der gute Junge ist zu besorgt«, denkt Frau Ehdet siir sich. Sie hätte ganz gern die An . strengung der Reise aus sich genom men, um dann tnit Stolz am Arme ihres gelehrten Sohnes zu gehen, und er, so dentt die gute, alte Frau, würde doch auch herzlich froh darüber gewe sen .sein. Aber ehe sie den guten, zärtlichen Sohn beunruhigt, will sie lieber schweigen, ihren Wunsch und ihrem . Bedauern nicht Ausdruck geben, und sie tröstet sich in dein Gedanken, daß, wenn das junge Paar von der Hoch zeitcreise heimkehrt, sie zu ihr tout Inerr werden. M-..-—— W— - Und in der Erwartung dieses Be suches läßt sie im »Saal" die Decken weißen und ihr Zimmer, das Zimmer, in das sie als junge Frau gekommen ist, neu tape ieren. Was macht es ihr aus, wenn e in ein anderes Zimmer geht; sie freut sich ja, daß sie ihren großen Jungen noch etwas zuliebe thun kann. Leider war aber jemand in der Familie der jungen Frau — Bater oder Mutter, Jean hatte es nicht genau geschrieben ——« trank geworden, und das Paar hatte in Eile nach FPa ris zurückkehren müssen· Der Be uch zur alten Mama war also verschoben. »Nun, sie werden ein anderes Mal tommen,« hatte sich die alte Frau ge rröstet und sich keine Thriine erlaubt, was ihr höchst unvernünftig vorge kommen wäre. Die Krankheit mußte aber doch wohl einen guten Verlauf genommen l:aben, denn der Doktor hatte keinen Trauerfall berichtet. Und dann war bald eine Reise ar nicht mehr in Frage gekommen. - ie ,.alte Mama« würde, wie er meldete, Großmutter werden. Frau Endet war ins Haus gegan gen, suchte ihre Brille und össnete den Brief. »Ach, mein Gott! Daß es so bald erwartet würde, davon hatte sie ja gar keine Ahnung gehabt!« Das erhosste und gesürchtete Ereigniß war gut ab gelaufen... ihr Jean hatte einen Sohn! einen Prachtknaben!... und m ihrer Herzensfreude rannen der alten Mama große Thränen über die willen braunen Wangen. »Der Jean mag mich meinetwegen schelten, aber ich muß mein Enkelkrnd sehen," das stand nach Empfang des Brieer für Frau Ehdet fest und da «.iit der Sohn in seiner übergroßen Fürsorge nicht ein Veto einlege, so liachte Frau Ehdet ihren großen Plan heimlich bis zur Reise. Klopfen cen Herzens, in freudiger Erregung, wie die alte Frau sich selbst glauben machen wollte, aber vielleicht doch mehr in dem Gedanken des großen Wagnisseg, eine solche Reise selbstän dig zu unternehmen, ging es fort nach Bari-Zu . — —...—.—-«--— Ach was! Wenn er sie gesund und riistig vor sich sehen würde, gar nicht wiide von der Fahrt —- und sie war auch wirklich nicht müde -—— dann würde ihr Jean sich doch nur über die Gegenwart seiner alten Maina freuen. Boulevard Haußmann --— ein so schönes Haus, mit breitem Portal und großen Ballons, daß Frau Endet sich fragt, ob ihr Jean wirllich dort trotan Der Kutscher hat den kleinen Hand losser von acstreistein Drill, die ge jiicite Tasche und einen netzsörmigen Beutel, die dagNeiseacpäck ausmachen, aus das Troitoir gestellt. Frau Endet giebt dein Kutscher, has er iefordert bat, und bleibt vor der Thiir stehen. Von seiner Loae aus bat der Por tier sie gesehen und kommt heran. ...-tu wem wünschen Sie?« »an Doktor Jean EyDet.« »Ach! Im ersten Stock rechts-» aber... wen wollen Sie dort spre chen?« »Ich bin die Mutter von. ..so .dann gehen Sie nur da bSinaus, vorn Hof aug, die Hinter treppe rechts, « unterbricht der Mann die Sprechende. Und während Frau Endet mühsam an ihrem liosser schleppt und denAus aana sucht, gebt der Portier in seinen Wohnrauni zurück und erklärt seiner Frau: »Es ist die Mutter von der Amme, nebt aanz anständig auss« Jn den Küchenregionen ist man ge rade beim Frühstück »Wiinsche recht guten Morgen,« soate die Fremde. Beim Anblick des dreieckigen Uni srlslaaetuchs und des lleingestreisten Skossers muß ein schnippisches Zim in ermädchen sich umwenden, um nicht neiade heraus zu platzen vor Lachen. »Was wünschen Sie?« sragte die Mich chin Jetzt hält sich Frau Endet anz ge rade und würdevoll stellt sie ich bor: »Ich bin die Mutter von Doktor EndeU ,,lllt1 . . . Das Ist over wirklich niasr ijtsel . .. fängt die Köchin an. Aber das Zimnierniädchen ist ge winiater und inacht ihr ein Zeichen, das-, sie schweigen soll. Jst ja doch alles niöalicht Wenn der Herr Doktor vom ,,Schlosz« spricht, in dein seine alte Mutter :nil ihrer Dienerschaft lebt, will er vielleicht nur seiner neuen Fa milie imvoniren?i Wenn er nun wirt Jich der Sohn dieser auten Frau mit der gelollten weißen Haube wäre? .. Dir Gnädiae würde eine feine Ueber raschung damit haben! Und ganz erregt nnd schadenfroh erbietet sich das Hausmädchem den Besuch zum Herrn Doktor zu führen· Jrn Warteztmmser. das Frau Ehdet flir einen Solon hält, läßt das Mäd chen sie allein. Nach tamn einer Mi nute steht Jean vor ihr. Die »alte Mania«·ist ausgestanden, streckt ihm die Arme entgegen: alles ist vergessen, sie weiß nur noch, daß sie diesxxeude hat« ihren Jungen wieder zuse n. »Ja, ich bin’s!... ich habe dich überraschen wollen...« »Aber, was ist denn das?« Der Dotter hai ängstlich die Thitr hinter sich geschlossen und während er sich« von der Mutter tiissen läßt, sagt er leise und ängstlich: »Aber so etwas thut man doch nichts Du hattest doch begreifen niüssen..·'« »Was denn? Was hätte ich denn begreifen Wissens-« »Oh etwas sehr einfaches.« Er er tlört es ihr neroiis. Er schämt sich ihrer ja nicht..., ganz gewiß nicht, so undankbar ist er nicht .. ., er wird immer mit Stolz empfinden, daß ers ihr Sohn ist! Aber, damit die Eltern des jungen Mädchens, das nun seine Frau ist und eine große Mitgift hat, iiber seine eigene Armuth sortgesehen, hat er von seiner Mutter ein bischen anders gesprochen... mein Gott... er hat sie mehr als als eine feine Dame geschildert... und nun... « Und nun versteht Frau Ehdei. Ja, sie hätte nicht kommen sollen; es war unrecht von ihr, und ihr wird so kalt ums Herz, daß sie nicht weiß, ob sie törperlich oder seelisch leidet Sie zittert ein bischen . .. o so wenig, « daß der Doktor es nicht einmal sieht. Er meint: : »Es läßt sich ja noch ein Ausweg’ sinden... wenn du mich wirklich liebst, so wird dir ein kleines Opfer siir mich nicht schwer werden. Jchf führe dich in ein Hotel, da besuche ich lich und bringe meinen Jungen mit. Hier kann ich ja sagen . .. daß. »daß du meine Amme wärest... daß sie sich in der Küche verhört haben... tannft du aus Liebe siir mich »ja« zu meinem Vorschlag sagen?« Ja, gewiß, sie kann es . .. und nicht nu-r. »Ich werde mir rasch Hut und Mantel holen und dann begleite ich dich,« sagte Jean mit einem Seufzer größter Erleichterung. Frau Ehdet bleibt allein und da öffnet sich plötzlich eine Thür und durch das Vorzimmer geht eine kraft strotzende Amme mit bändergeschmüci ter Haude; in den Armen trägt sie ein Kindchen in Spitzen und Decken ge hüllt. Frau Eydet möchte sie heran trinken . .. sie wagte es nicht . .. was würde Jena dazu sagen? ,,Ach!« sagt da die Amme. »Sie sind die alte Kinderwärtesrim die Amme vom Herrn, wie er eben der anijdigen Frau erzählt hat? Na, Sie können das Jungchen mal lüssen... ist ja doch beinahe, als wenn Sie so zusagen, halb und halb seine Groß mutter wären...« Der Heilchenhut Siizze von F. W ilde. Chiffon, Seide, Blumen. Jn der cufgeboaenen Krempe versteckt die lo seii lila Veilchensträuße. Er war ein reines Frühlingggedicht, dieser Beilchenhut! Dazu »Pariser Modell, dazu in einem höchst fafhionablen Geschäft — alle diese Eigenschaften brachten ihm das höchste Interesse der Damenwelt ein« Biermal ani Tage mußte Klare vorüber — und viermal sah sie daher diesen Veilchenhut. Sie hatte sich darin verliebt. »Ja — wer sich den leisten kann,« seufzte sie jedesmal entsagungsooll Dabei ging es ihr immer durch den Sinn —— wie sie dieser Veilchenhut wohl kleiden möchte! Das locker in die Stirn fallende blonde Haar — uinrahnit von der lila E Cbissontrempe — die zarte Farbe zu z dim zarten Kolorit ihres Teints — entziickend wäre dag! Aber sie schüttelte gleich wieder den Kopf. Das geht ja nicht, ihr ganzes J Monatsgehalt müßte sae dran setzen. In solchen Augenblicken wüthete sie gegen das Schicksal. Warum konnte sie sich nicht auch: mal bewundert sehen, warum nicht« auch mal den Neid des gan en weib lichen Geschlechts heraussor rn? —» Immer so als Pauvrettchen umher- ; laufen, hatte sie schon längst satt. Drei Tage schleppte sie sich rnit der Absicht hineinzugehen und zu fragen, was der Hut loste » das verband je denfalls noch zu nichts. Der Hut stand immer noch im Fen- ; ster. Da faßte sie sich ein Herz und führte ihre Absicht aus. Kläre nahm eine sehr bestimmte Miene an, als hätte sie iiber Tausende zu verfügen. Aber die Vertauserin kannte das. Sie inaß die Gestalt in dem einfachen - schwarzen Kostiim mit tritischem Blick und wußte Bescheid. »Das Pariser Modell meinen Sie?« fragte sie kühl. »Ja! — Den Veilchenhut.« Sie machte gar keine Anstalten, ilm aus dem Fenster zu holen. »Die kirnmt ihn ja doch nicht,« dachte sie bei tsch. »Was kostet er?« « »Sechzig Mart,« antwortete die Vertäuferin obenhin, als wäre das aar nichts, und blickte Klöre heraus-— sordernd an. Die zuckte mit keiner Wimper; sie warf den Kopf ein wenig zurück und bat dann: »Ich möchte den Hut mal afvrobiren.« Ein fein ironisches Lächeln der Lzertäuferiin und mit spitzen Fingern dritfctte sie den Hut auf Kläres Blond kop . Und esr faß! Wie saß er? Da brauchte man nicht zu drehen und zu wenden. Er war wie extra an gefertigt zu dem welligen, tockeren Haar, das reich und goldig schim mernd unter der Krempe hervorquoll. Kläre klopfte das Herz. Was ihr da aus dem Spiegel ent aeaenstrahlte, das anmuthige, süße Gefichtchen, was sie denn das selbst? —— O —— so schön zu sein! Kein Preis schien ihr zu hoch dafür. Sie beschaute sich nach allen Seiten. En face s-— Profil —- in der Nacken linie. Dann sagte sie entschlossen: ,,Also, ich nehme den Hut.« Die Berläuferin konnte ihr Erstau nen kaum unterdrücken, aber Klär zahlte ihr drei Zwanzigmarlstücke »großartig an der Kasse. » « « Gleich oor der Thür stieg sie in die . »Elektrische« und fuhr mit ihrem gro ßen, schwarzen Papplorton selig von dannen. , Der Sonntag war da! - si- « Freundlich schien die liebe Sonne, und milde, weiche Luft erweckte die schönsten Frühlingsgedanlen. Draußen in den Bororten wim inelte es schon von Spaziergängern. Man freute sich über jede grüne Knospe an Sträuchern und Hecken; iiber jedes Krotus und Schneegliick chen, das aus der Erde hervorlugte.—’ Und dabei fühlte man sich recht unbe que min seiner Winterlleidung Kläre hatte das nicht. nöthig. Sie trug ihren lilI Veilchenhut. Mit wel chem Stolz! Heute wurde sie beneidet! Ach, wie amiisant das war, wenn sich so jeder nach ihr umschaute, nach dem Pracht exemplar von Frühjahrshutl Einmal hörte sie, wie zwei Herren hinter ihr her sagten: »Donnerwetter — die sieht schick au5!" s Da lächelte Kläe ihren Begleiter glückselig an. »Du bist wohl furchtbar stolz heute, Kläre,« sagte er und legte seinen Arm in den ihren. » »Gesalle ich dir denn ein bischen?« entgegnete sie kolett.« »Du gefällst mir immer.« »Aber heut besonders —« , ( ' »Ach so — um den Veilchenhut! Natürlich, der ist sehr sesch. Kostet wohl auch eine Stange Gold?« Kläre war sehr großartig geworden im Besitz ihres Kleinods-, darum ant wortete sie ohne weiteres: »Ja — sechzig Mart!« I »Das finde ich ein bischen happig!«» Sie zuckte die Achseln. »Weghalb» lann man nicht auch mal leichtsinnig sein! Man muß nicht immer lnausern, Arthnr! Das paßt gar nicht mehr ins die Welt. Und wenn man sich den gan- l zen Monat gequält hat, tann man sich auch was leisten.« »Aver mir ist das Ding zu ausfal lend, Kläre!« ! »Ach psuil —- Jch hatte mich so ge-. srcut auf den heutigen Tag, und nunk bist du gar nicht nett. Du solltest dochI mich anstaunen und denken: DieKlärer ist doch das beste, schönste Mädchenls Jch will sie recht lieb behalten———und..«s »Und?« »Na —— dich endlich mal erklären, so oder so!« » »Davon wollen wir ein andermall reden, Klärel Heuty habe ich teinens Munini. Mir ist wag in die Krone ge sahren!« »Hab’ ich dir wa s gethan?« »Lasz man! Das geht vorüber. Nachher sind wir Beide noch mal sehr vergnügt s— hm?« ,,Wollen wir tanzen?« meint Kläre und schmiegt sich in seinen Arm. Da bei denkt sie gleich an ihren Veilchen hut; nun soll er erst zu seinem Recht kommen II- III It Kläre ist wieder zu Haus. Liebevoll verhüllt sie die lila Schön heit und lächelt verträumt vor sich hin. Es war doch heut ein sehr hübscher Tag gewesen. Arthur schien zwar ein bischen still und nachdenklich, aber das machte ihr keine Sorge. Schließlich ist es ja auch keine Kleinigkeit, wenn jemand plötz lich vor die Frage gestellt wird: »So — oder sol« Sie hatte es schon lange gehofft, und es war ihr sehnlichster Wunsch, Arthur’S Frau zu werden. Er ver diente auch ein ganz schönes Geld und konnte einen Haus-stand gründen, aber er zögerte doch noch immer mit seiner Erklärung Das machte Kläre ver drießlich. Sie nahm sich vor, dem Glück ein bischen nachzuhelsen. Der Veilchenhut würde Wunder thun; das war ihre Ueberzeugung, als sie ihn kaufte. Arthur liebte es zwar nicht, wenn man viel Geld ausgab Er war selbst schrecklich sparsam. Aber Kläre wußte auch, daß ihre Schönheit ihn besiegen würde. Und heute Abend hatte sie die seste Ueberzeugung: Nun dauert es teine acht Tage mehr -- dann bist du am Ziel deiner Wün sche« If Il- Il Schon am nächsten Tage kam ein Brief von Arthur. Kläre lächelte stillvergnügt Sie wußte gleich, was er brachte. Eine mündliche Erklärung ist ihm also peinlich gewesen —— so schrieb er: »Liebe Klärel Sei nicht böse, aber aus uns tann nichts werden« Sieh mal, was soll ich mit einer Frau, die Hüte für sechzig Mart trägt? — Dann bist Du mir auch zu hübsch und zu leichtsinnig. — Meine Frau muß mal ganz einfach und bescheiden sein. Für Dich paßt so’n seiner Mann, daß Du Staat ma chen kannst. Trage Deinen Veilchenhut noch mit recht vitl Vergnügen. Jch bin froh, daß ich ihn nicht mehr zu sehen brauche. Er war mir nämlich gestern in die Krone gestiegen. Arthur.« Kläre ist ganz blaß geworden, sie zittert ordentlich. Aber dann rasst sie sich energisch zusammen. ,,De dumme, alberne Mensch! Hat ja gar einen Geschmack!« Damit sucht sie sich zu trösten. — Doch —- es will ihr nicht gelingen Und —- es soll noch viel schlimmer , kommen! » Denn von diesem Tage an haßt Kläre ihren Veilchenhut. s--—--O-O-.--— Aus ver Schlacht bei König grätz. Generalfeldmarschall Freiherr von Loe, der als Adjutant Wilhelms I. in dessen unmittelbarer Nähe den böhmi schen Feldng mitmachte, schildert in seinen »Erinnerun-gen aus meinem Berufs-leben« den bekannten kritischen Moment am Nachmittage derSchlacht bei Königgrätz. Er berichtet, wie er von einem Adjutantenritt auf den Roskosberg zurückkehrt, von wo aus der König mit seinem Hauptquartier den Verlauf der Schlacht verfolgt: ,,Bald daraus sah man eine Batterie, wahrscheinlich von der Divisionsartil lerie der 8. Division, über die Bistritz zurückkommen und sich unserer Auf stellung nähern; nicht viel später schlug auch das 6. Ulanen-Regiment denselben Weg rückwärts ein. Den Schluß bildeten nach einiger Zeit Jn fanterie-Abtheilungef1 der 8. Division, die den Holawald verlassen hatten. Der Eindruck, den dies auf die um den König versammelten Offiziere machte, war recht ungünstig. Es war vorbereitet und wurde verstärkt durch das Aus-bleiben einer jeden bestimm ten Nachricht über das Eingreifen der lronprinzlichen Armee, das man schon seit geraumer Zeit erwartete. Der König blieb zwar äußerlich völlig ru hig, wandte sich jedoch an den Gene ral von Moltke mit der Frage, welches seine Ansicht über den Stand der Schlacht sei. Die ohne Zögern gege bene Antwort des Generals: ,,Euer Majestät gewinnen heute nicht nur die Schlacht, sondern den Feldzug«, mach te auf die Umstehenden einen tiefen Eindruck nnd drängte die Besorgnisse zurück, die sich mancher Gemüther be mächtigt haben mochte. Seine zuver sichtliche Erklärung begleitete der Ge neral mit einem Hinweis auf die weit hin fichtbare Höhe von Horenotves, wo man wahrzunehmen glaubte, daß das österreichische Geschützfeuer verstummez ja man meinte, die rothen Attilag der Gardehufaren neben den beiden histo rischen Linden auftauchen zu sehen. »Das ist der Kronprinz, der den rech ten Flügel der Oesterreicher angreift«, fügte der General hinzu. Inzwischen hatte sich das Zurückströmen der Jn: fanterie aug dem Holawalde verstärkt. Auf eine größere Abtheilung, die von einem an Kopf und Arm vertvundeten Stabsoffizier geführt wurde, ritt der König zu; er befahl dem Führer Halt und Front machen zu lassen, rief die Osfiziere vor und ließ diese, wie auch die Mannschasten mit scharfen Wor ten an: »Dort ist der Feind, dorthin führen Sie Ihre Leute zurück. Jch bitte mir aus, daß Jhr als brave preußische Soldaten Eure Schuldig teit thut!« Das Bataillon —— es war vorn 71. Regiment —— trat sofort den Rückmarsch in den Holawald an. Jn gleicher Weise schickte der König ein über die Bistritz zurückgewichenes Ba taillon vom 2. Armeelorps in das Ge fecht zurück.« —————--——-—O Altherthumsfunde in Metz. Bei der Niederlegung und Einelp nung der sog. Lunette d’Arcon am Bahnhose zu Metz wurden archäolo gisch werthvolle Funde von Erd- und Feuerbestattungen aus der Römerzeit um das Z. Jahrhundert n. Chr. ge macht. Unter Anderenr fand man hier auf einer in einen Steinsagdeckel eingelassenen Marmortafel die für Metz erste nachchristliche Inschrift. Noch größeres Interesse erregte in Messer historischen und archäologischen Kreise die Ausdeclung alten Mauer werls von einem aus dem 12., viel leicht 11. Jahrhundert stammenden Sakraalbau, der zweifellos die Krhpta einer großen Kirche war. Die Ge lehrten sind sich darüber einig, daß dies die Abteitirche von St. Arnulvh war, die einstige erste Grabstatte Lud wigs des Frommen sowie der Prin zessin Hildegard nnd mehrerer ande rer weiblicher Verwandten des Kö nigs. Die Abtei St. Arnulph lag in einem äußeren Stadttheile von Metze Ad Basilicas und wurde vor der Be lagernng der Stadt durch Karl V. auf Befehl des Herzogs von Guise mit der ganzen Vorstadt niedergelegt (155). Man mißt dem Funde ähn liche Bedeutung bei, wie der Aan deckung des großen römischen Amphi theaters. die vor zwei Jahren so gro ßes Aufsehen erregte. Ob Galgenlmmor. Gauner (zu seinem Vertheidiger): ,,Machen S’ Jhna nix d’rans, Herr Doktor! Sie haben sich nur blamirt, ich aber werd’ eing’sperrt!« Ausgestorbm Leutnant: ,,Janz früher, äh’ jab’s ’mal Werbeosfiziere; jetzt, jänglich ausjestorbem jibt nur noch umwen bene.« Nesiqnatipn. »Deine Schwester scheint sich endlich darein ergeben zu haben, daß sie tei nen Mann kriegt» . jetzt feiert sie so gar ab und zu wieder Geburtstag!« M Unterschieds « Drogist (dem Lehrling die Bot räthe zeigend): »Wir haben also vier Sorten Honig: im ersten Glase ist feinster Bienenhonig, im zweiten rei ner Vienenhonig, im dritten Bienen honig und im vierten —- Honigt« , Selbsttäuschung. »Du glaubst nicht, Mama, wie un musitalisch unsere heutigen Gäste findt Jch hab’ eben etwas gespielt aus dem ,,Lohengrin« —- und niemand hakz erkannt!« Ein Optimist. Mann: »Mit Dir ist es aber doch nicht zum Aushalten! Weißt Du, daß wir uns geheirathet haben, war doch der dümmste»Streich in unserem Leben.« Frau: »Na, da hast Du aber ’mal Recht. Jch hab’ den Tag auch schon manchmal verwünscht, an dem ich so dumm war.« Mann (erfreut): »Na, Gott sei Dank! Das ist das erste Mal, daß wir übereinstimmen Weeßte, Käthe, wir wollen nur die Hoffnung nicht verlieren. Jch denke immer, wir wer den uns schon noch einander einleben.« Feinsühliger Einbrecher· Richter: ,,Angeklagter, Sie sind da bei ertappt worden, als Sie in die Apotheke des Zeugen einzubrechen ver suchten?« Angeklagtcrt »Ja, aber stehlen wollte ich nicht!« Richter: »So, was wollten Sie denn?« Angeklagter: »Ich hatte wüthende Zahnschmerzen und da hilft mir im mer Kreosot. Zu Hause hatte ich von dem Zeug aber nichts mehr und den Apotheker wegen einer solchen Kleinig keit mitten in der Nacht heraus-zukün geln genirrte ich mich!« Berechtiger Einwand. Sie: »Bist Du schon wieder da? Ich hab’ Dir doch gesagt, Du sollst Dich nicht um die Küche kümmern — das ist meine Sache!« Er: »Ja, ja, aber das Essen ist doch wohl meine Sache!« Kühn. Gnädige (zum Küchenmiidchen): »Sehen Sie, Marie, Sie sind eine "recht liederliche Person, erst heute Nacht bat mir wieder geträumt, daß Sie zwei Töpfe zerbrochen haben!« Aus der Jnstruktionsstuudr. ,,Miiller, was thun Sie zunächst, wenn in der Kaserne Nachts Groß feuer ausbricht?« »Ich zünde die Windlaternen an!« »Na, es ist aber doch hell durch den Feuerschein!?« »Das schon —- aber das- Feuer könnt’ ausgeh’n!« Aufsallend. Kassier (der eben mit dem Kasstp sturz zu Ende gekommen ist): »Auf ’u Tupf’n stimmt’s. Kassakontrolleur: »Na, wo wird denn da der Fehler liegen?« Bitter. ,,Haben Sie gesehen, welch’ häßli ches Frauenzimmer der junge Maiet geheirathet?« ,,Jawohl — der war eben auf dem Geschmack seiner Gläubiger angewie sen!« Im Theater. A. (aufwachend, zu seinem Nach bar): »Ist das schon der zweite Akt, mein Herr?« B.: »Jawahl!« A.: »So ein Pech: da habe ich ja die schöne Pause verschlasen!« Im Eisenbalmcouvc. »Sagen Sie, Fräulein, warum schaut denn der Kater aus Ihrem Schooß gar so entsetzt um sichs-« »Weil er mit einemHundebillet fah ren muß!« Immer derselbe. Sie: »Deine Dir nur, die neue sKöchin ist erst 2l-«»- Stunden im Haus iund hat schon drei Teller zerschlagen!« Er (Professor der Mathematik): »Das macht also täglich, den Tag zu 12 Stunden gerechnet, 14 zwei Fünf tel Teller mal 865 gleich 5256 Teller pro Jahr. Das dürfte fiir unsere Verhältnisse zu viel sein.« Ein hartnäckiger Gauner-. Richter: »Sie mußten doch mit den Oertlichkeiten in der Wohnung des Zahnarztes ganz vertraut sein?« Dieb: »Ja freilich. Jch ließ mir eben so oft einen Zahn reißen, bis ich sie ganz genau kannte!« Ein Menschenfreund. Weireisender: »Zu dem Wirth dro ben in dem Untertnnstshaus geh’ ich um keinen Preis mehr —- das ist mir zu gefährlich!« Chef: »Beruhigen Sie sich —- ich gebe Jhnen einen unzerbrechlichen Musterkofser mitl« Fixigteit. Richter: »Die Streitigkeiten zwi schen Jhnen Und dem Zwiebelbauer entspannen sich wohl sehr schnell?" Zeuge: »Und ob! Um zehn Uhr hat er ,,Luinp« zu mir g’sagt, und um halb elf waren wir schon alle zwei verbunden!«