Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1905, Sweiter Theil., Image 9

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    setzt-u seid Blüthen«
Lieblichee Zejsblkngswind
Miss- die lüthen lik
Streichle sauft über sie het,
Finvekt He nimmermehr —
Ach, sie next-cum geschwind!
Lachten in Mist-m Thau
Morgens auf le xchtendcr Au,
Loch schon « Abendschem
Schlummetä müde sie ei n
27indest sie. immmnehr.
Fluihesi so sehssuchtslind
Lieblichet Frühxingswinw
Rohen dir fon:·enent1iictt
Herzen von Hziede beglückt
Streichle sau, t über sie hin,
Herzen und Bsii ben vetv1i3!):c.
Ach foqefchwindL
----- ...-—
Morgen the.
Stizze von J. vjikehferlingt
« , Sie auch mein Gewehr auf
den gen gelegt, III-thin?u
-.,Jatvohl, gnädig-Je »Ist-R
· »Na, denn man los.«'
Die Pferde zogen los an, nnd der
Miso-cre, hellposite Halbwagen ent
seelt-send bald den Jengierigen Blicken
Erz einzigen Gent-linder- auf der
kindlichen Stalion.
,,Tet is der junge Herr oon Klein
fekde,« erklärte er einem wissensbe
dürftigen Frager, »der Enkel von rer
Mut Dam. Na. un det Jntk iss ja
u "-L roch keins-«
Ueber die bekannte Chaussee gingen
die Pferde in ihrem altgervohnten
Trab, und die weißen Steine auf dei
ksen Seiten folaten sich in eintöniger
Reihenfolge Der junge Mann be
arrnn mechanisch sie wieder zu zählen,
wie in feinen Knabenjahem Dann
san er interessiet aus kleine Gruppen
Landleute, die sich in der Richtung auf
dem Bahnhof zu bewegten.
»Reisen wohl fort fiir die Feiertage,
Wilhelm, die Leute da ?«
»Na ja, gnädiger Herr-, wie das so
zum Feste ist. Da gebt es auf die ver
schiedenen Dörfee, onerrvandte woh
nen.«
Die Leute erkannt »den jungen
Baron nnd grüßten , antte in der
etwas herablafsenden Art, wie er es
eilen Outöbesitzern abgesehen. Das
" jungen Gesicht mit den
« « Lippen merkwürdig. Aber
« s 1n, mit dem er til-er die rechts
links dehnenden Felder schaute,
IML frei und kindlich fast.
, Schwarz lagen die schweren Schol
lcn, die die Frühjahrssaat empfangen
hatten. Ein kalter-· herber Hauch lag
in der Luft, und taum vermocht das-·
Aqunarrdlirstiae Knv n an
den lahlen ChausseehäumenIzu ents
decken. Dazu nahm die Abenddiimme
rung immer mehr zu, und Hubert
dachte stöstelnd:
»Richtig» votnmeriaier Frühling,
nsc man atn liebsten hinterm Stachel
Hirn sitzt. Niirlkitesk Jahr solth anders
sein«
Warum er eigentlich enitättsclit ijber
feine Heintctii warf Co lange er den
ten konnte war es nicht ander-z aetde
sen. Jn seine r friitien sitt dlieit schon,
als er verwaist in fein r Großmutter
gekommen war und rann später, rtth
er alle seine Ferien hier o:rbrsel)te· Jn «
allen den Jahren war nichts neue
hinzu getotnntetn und doch tontiv ’
derte es iiin heute. Es war seine Hei j
ntath und sein Erbe, aber in das Ge- .J
fiiiil der Zugeliörigteit mischte sich eins
Gefühl der Unluft. Heut hatte er diet
Kindheit abgeschüttclt. Mit dem «
turienteneracnen war er aus derZ e !
entlassen mit dem vollen Anspruch an«
dere- Leden. Das sollte ihm geben,
was er forderte. Any-kleben wollte er
fich, tvie es Nietzsche gepredigt Dann
wenn man müde war, Inn das Aug
rnhen an der Schalle. .
Als fte die Rampe vor dent alten
Hause hinauffuhren, das schlichti
und vornelnn den großenWi schaftss I
hof abschloß, stand die alte Baronin!
an der Eingangsihiln Die Freude-;
zitterte in jedem Fältchen des greisen
. Gesichtes, and iie wehrte fast den Un
gestürnen ab, der ihre Hände küßte. ,
- »Komm herein, mein lieb r Jttitge,i
Du mußt ja ganz dnrchfroren sein von ,
, dem kalten Winde, und morgen soll;
es dabei Festtag iein,« i
»Das kennt tnan ja itt Pommerivi
— Großmutter.« I
- « Sie zapfte ihn ver-weisend am Arm,
als fie hineingingen
« »Welche Du mir Ponttnern schlecht,
: TusKiekindietpeli. ——— So etwas giebt
« es a nirgends wieder im weiten Erd
? l i. Da solltest Du Bisntarck dar-—
«’ über hören. Das war auch ein Pom
« mer und konnte nur von hier lam
;-« men.«
» . Der Enkel lachte sie fröhlich an.
I »Da nd wir wieder bei unserem be
- rührte nStatnmergenossem Großmut
»-«ter. Wie vertraut mir das alles ist. "
Ja, vertraut empfing ibn allei. Die
yklähllfWithttstube mit den altmodischen,
:««;«griindezogenen Möbelm dem unschä
«;’;izes see-weißen Kachelofen, den Jagdbil
n an der glatten, grünen Wand
·«- - M set f wenden Thema
- me auch Groß
« » der er schon
; gern e,trvendet
« « an ib·
« Lksd ihn nie-it
Yegmska
Staats-Anzeigrr und THMQ
J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island. Nebr» Ip. Mai 1905 (Zweitcr Tlicil.) , Jahrgang 25 No. Mi.
den Fidihussen, die Großmutter so
sogfältig Abends schnitt, weil sie sich
nicht mehr an Streichhölzer gewöhnen
konnte. Er machte alle diese kleinen
Bemerkungen, während er seinen Thee
trank und die alte Dame sich an seinen
Neckereien freute.
Später waren sie allein. Da streck- »
te er sich in dem großen Lehnstuhl aus, :
tin weichem seine ziekiiche Gestalt fast
zverschtvand, und kramt seine Cigars
F rentasche aus.
f »Aber Hubert -——- tauchen? Das geht
; doch nicht«
I Er war empfindlich. »
: »Du vergißt, Großmutter, daß ich
Tein erwachsener Mensch bin. Jetzt darf
T ich thun und lassen, was ich will.« «
Sie setzte sich dicht zu ihm. «
E »Erz«cihle mir einmal Deine Pläne,
Brausetopf.«
- »Nun, erst möchte ich studiren
! »Natürlich Du mußt noch manche-J
lernen, eh’ Du das Gut übernehmen
lanns .« -
» pl IUUllUlc Ucll Ulllllwll UU Pl cis-i
Die Cigcikre schien nicht brennen zu .
.wollen. L s
, »Das-an denke ich eigentlich noch.
nicht, GroßinuitekR ’
»So. Wie lange wolltest Du denn J
studiten?«
»Eins, zwei Jhihke Weißt Du bei i
den Heidelberger Baiussen, wo Vaterl
attiv war Ich weiß, sie nehmen mich t
miDs ffenen Armen auf. «
e alte Danke bog das Gesicht, daß
es ixzen Schatten des Lainpenscheines
kam
llsi Du Jutn flndiren?«
»Je nachdem. Ein bischen non allem
Es kommt ja auch nicht so duranf an (
Eine Stille ityftantx « 1
»Und weiiee?' , 1
- Er irurde verlesikn I
»Ja, trieiszt Tu, darüber nsollte ile
eiaentlich mit Dir sure-ten Jxli iniib
te doch aern Lfsizier werden« «.I.I.-’ein
Jahr iniifite ich dienen, alser das aeniiaH
mir n"- t. Bei den tilarde Hnsarenk
tonn ins au. hat man n- gesan
Zckkon durch Stonneriorien nnd weil»
Vetter in dem Neaiinent stand. szli »
,ter na das hat Zeit, werde ich dann «
Mk ut übernehmen Aber Du saast l
fa eint sieht-Zu Groszmi ter.«- «
lfr sah erschrocken ; ihr iiiber.
wie sie so still und unbensealich aan
ihrem Platze saß. Alterlwiirdia einne
fallen erschienen ihm plötzlich ihre stii
ae nnd er beobachtete das titlernded
(
l
Spiel ihrer Hände mit den Fidilmssen
Ale- sie antwortete, aesdiah esJ innrer.
und lanasain, til-:- nJoll e sie jedes Wort
a dtväaent -
»Da- sindCeine Pläne-. llnd nas« T
soll inmsisaren aan ins werden-«
»Auc- ts M it tö Tir, litrostni t
ter? ley tehenicht «I J
»Da-J hast -u mir liinzpst aezei,.
Du siehst nicht, dasi mi- icr einen;
strrn brauchen, da nJe Firiifte
versagen, nnd ein fr le ( eist in die i
alte starre kommen i st. Mein Sohn,
Dein Vater hat genau so aemaeht
Fort in die Wel , hat es geheißen, ae
nieszen, mit vollen Händen schöpfen
aus den reichen Zuschüssen Die sollte
die Schalle hergeben. die. andere,
Fremde, bearbeiteten, aus der man
nur den Nutzen zog·« O
Er wollte einfallen, aber ie wehr
te ab.
»Sehiveig. Jener ist dar ber « «
storben, ich habe weiter gearbeitet-P
Dich, der mir die Last von den« en
Schultern nehmen sollte. Jn den Leu
ten selbst steckt die Erwartung, dies
Hoffnung aus den neuen Herrn. Aber «
der will auch fort und seine Kraft ver
schleudern.«
»Dem Vaterland dienen — ist dass
Kraftvergeudung Großniutter?«
Die alte Frau stand aufrecht vor
dem in deUStuhl zurücklehnenden
Jüngling. Das Greisenhaste, Zu
sanunengesallene chien von ihr. gewi-v
chen· Die Auge sprühten in derw
tenreichen Gesicht, wie die ein ; —
gen.
»Dein Mland dienen,« grollte sie,
»in einer schönen Unisorm, verhatschelt
itndsvrgenlos. f « end Du ier Herr
sein könntest — i verhöts elt, aber
geliebt, und Dein Beste-d einsehen«
Der junge Mann konnte sichnicht
schnellszu einer Entgegnung ausrassen,
fu; sie striietzuhaltem so eilig verließ
te das Zimmer. Die Gesegchafterin
lain und meldete in ihrer tro nen Art,
die Baronin lissze entschuldigen und
habe sich siit de des Abends zu
riietgezogen
Es wurde hubert schwer, eineUnter
haltung zustande zu bringen. Wie ein
wildes Heer tobten seineGedanlen durch
sein Hirn. Die erträumte herrlichteit
war so iach zusammengestitrzt —- Werts
sein,'« wurde ils-n befohlen. Seine Un
etsahrenheit bäumte sich auf da egen,
und während dein erzählte ihm d
sellschafterin Untan einig Po
ckensällem die unter den ten chnit
ter vorgeben-nein
Jn det Nacht stand er an dem asse
neu Wider seinsesimmerh das iib
den rte be a nach dem Dorf
tote-. tust die kräftige Uachtlnst
s
- s---—-"——U
ein. Wie gut das that. Voll fluthe
te der Mondschein herein» vergoldete
die Spitze des Kirchthurmes drüben,
und ließ die Grabsteine davor hell her
vortreten. Hubert schloß das Fenster
—-— sie sagte ihm zu viel, diese Nacht.
Gegen Morgen iveclte ihn unbe
klimmies Getöse Das Tageslicht ließ
Ihn jeden Gegenstand erkennen. Aber
der Lärm dauerte fort, kam von au
ßen herein. Jetzt hob die Kirchenglocle
an, zu läuten — abgerissen —- klagend.
,,Sonntagsliiuten, « hatte Hubert ge
dacht. Aber so war doch kein fröhli
ches Lauten Er rannte an das Fen
ster ——-- ein rather Schein lag über dem
Garten —— Feuer.
An seiner Thiir klopfte es.
»Gna«diger Herr es brennt im
Dorf beim Käiner Schulzen Aber
schlimm wird’s wohl nicht werden,
wenn der Wind nicht umspringt.«
»Ich iomtne,« rief der junge Mann,
der hastig seine Kleider überwarf. Jn
wenigen Minuten war er draußen.
Die Dorfftraße war belebt wie am
Tage. Am Himmel zeigte sich die
blasse Röihe des aufsteigenden Ges
ftiruLL, während der Schein-der Flam
men an Helle iiberwog. Jn« dein
letzten Hause der Dorfsiraße ziingelte
sie aus dem Dach heraus-.
»Der junge Verr, stiegen lich die
Dörsler an und grüßten, als Hubert
herantam. Der Dorsscbulze trat ans
ihn zu.
»Nichts mehr zu machen, aniidiaer
Herr. Man muß ruhig niederbrennen
tassen.«
»Hm man denn einen Versuch ne
maeht3« fragte er laut.
»Die Zpritze kommt nicht aeaen an.«
»Eint) die Leute gerettet-Z«
»Dort stehen sie. « ·
tir sah eine laut iammernde »mu,
der tleine, erschreclte Kinder am Rocke
binaen Ein von den Flammen ge
schwiirzter Mann trna noch fortwäh
«rend tiiele armselian Hausrat-he
atthet brennenden Hause Die Leu
te ma ten dem junan Baron ehr
snrrbt Platz, als er durch sie hin
durchschritt Diese stumme Bewegung
verursachte ihm eine einenthijmliche
Enipsindunq. Die Worte des vergan
genen Abends fielen ihm ein « Herr
war er ans seiner Schotte nnd wollte
die Fremde zu seiner Heimatb machen.
»Kon! ten Sie fort von hier,« rief
r der Katnerfrau zu, »das Hang stürzt
Fa qleich zusammen-«
,,.Il Herr Baron winselte die
Frsfun · lose, »al! mein Hab und Gnt
ist ja drin ——--«
»Das wird man Ihnen ersetzen.
Aber kommen Sie jetzt fort.
»Wohin denn mit all de lleene Wür
mer. tfg wird uns ja teener nich ha
lien wollen —-·«
Kein An · ten tant von den Um
stehenden. sagte Hubert lurz ent
schlossen:
»Kommen Sie mit mir —--- in’-J
Hans.«
Die Frau wollte seine Hand küssen,
und Kinder begannen zu heulen.
Ein tätliqu Gemnrmel lief durch
die R hen.
ge »Herr « das Herz aus’
gFleck — t
deEr erröthete i r Freude. t
Die Frau-nahm as jiingste Kindt
aus die großen hingen sich an sie, aber
der kleinste Knabe blieb hilflos stehen. !
-—- tragen — tragen —
cie s rie ihn zornig an, er follei
nachkommen ·Aber die ThränenlLesen (
uoer das tieine nnqewaimene Dienerin
das so ver weifelt aussah. Da hiiclte
l
i
sich Hule izu ihm: i
»Amt« will Dich tragen« z
Scheu Her seleine von ihm l
emporheben. ist tr ra ihn sicher lreiter, ·
nnd mit der nnaspohntenLaft kam dagi
ungewohnte Gefuhl deH Befehiitzerg I
iiher ihn. Da war ein Leben, daJ von !
ihm Hülfe erwartete. lind er hatte die «
Macht das wie dieses Kind ver
trauengvoll him emporblickte, rich i
teten sich andere Augen auf ihmä i
V-ertr n wollte daher befestigt wer .
den ner nx reiner strömte die
Luft ihm siean alJ sie den Garten I
heiraten iiven insTorfrnoor ft: eq
eben die Son ins fehon küßten
ihre Str dies- ften te der
Bäume. iiIeineT HLi raofi
sich über den Garten-N Mel e den
Raum vom Dorfe her n den Nach
hardörfern läuteten die Glocken den
Tag ein. tss war e heilige Mor
aenftunde, nd in ein 11mges,unruhi
aeg Herz lenkte fich tille nach einem
heißen befriedigenden Kampf
—-—-·- —
I In Philodelphim allwo man einem
Manne, tser in Folge eines durch
Schuld einer Straßenbahnaefellfchaft
erlittenen Unfalles, um 12 Glas Bier
weniaer als früher trinken kann,
51000 Schaden zusprach, zählt man
offenbar den Durst zu den edleren
Röcperthfilem
sit III
Fra- ubet: »Do les’ i allweil
was vo dioattivitiit, was is denn
d332« r Haber: »Warst Alte,
tsös is, wann fi’ der Radi im Mag’u
umdraht!«
Und vergieb uns unsere Schuld
Eine Palmsonntngs -Gesehichte von
A. v. Wartenburzx
Frau Mathilde stand in ihrem
wohnlich einaerichteten Zimmer am
Fenster und starrte in die zunehmende
Dämmerung hinaus. —
,,Veraieb uns unsere Schuld, wie
wir vergeben unseren Schuldigen«;
mit dem Feuer der Beredtsamteit hatte
heute der Pfarrer aus der Kanzel
dies Thema ausgeführt Jn wenigen
Wochen sollte sie ihr Kind zum ersten
Male zum Tische des Herrn führen
» Vergebung suchend —— Vergebung
gewährend. — Die Worte des Geist
lichen hatten sie inmitten ins Herz ge
troffen, hatten an etwas gerijttelh
wag sie lieber ungestört im Verborge
nen schlummern ließ.
s »Veraeben! —-—-- Was heißt denn ver
faebeu’3« fragte sich das blasse Weib in
»grijbelndem Sinnen.
,,Vergeben heißt vergessen, nicht ge
denken der Wunde, die Dir geschlagen
ward, den in Liebe umfassen, der sie
Dir schlug«, kam ie Antwort aus der
Tiefe ihreg Herzens-. ;
Doch kann nicht die Zeit erst Ver-T
lgessen bringen? ——- Mit blutendemk
Iherzen vergeben; vergessen, war dass
möglich? — — Ja, aus dem Berstehem
sherauS, wenn sie die That begriff,l
fdann könnte sie vergeben, doch hier« wos
;sie veritändniszlog davor stand, sich:
irathlog fragend, wie war es denkbar,;
»auch dann vergeben? s- « Nein, siet
»tonnte ec- nicht.
Frau Mathildes Herz blutete noch,
trotzdem Jahre darüber hinweggegan
gen waren, daf: man ihr die Wunde
schlug. Die llntreue des Gatten, von
»dem sie sich geliebt glauben mußte, und
dem ihr ganzes Herz zu eigen gehörte,
hatte sie zu tief getroffen. In leiden
sirhafilichem Groll trennie sie sich von
zisnn ihr Töchterchen mit sich führend.
Jn Gefühl feiner Schuld inachtlos,·
fiesz er sie ziehen· Bereuend versuchte;
er wieder und wieder sie zu betvegen,t
zu ihm zurückzukehren Er gab die’
Hoffnung nicht auf, es könne ihm dies
doch endlich gelingen. Aus diesem
Grunde wollte er auch ihrem Verlan
gen nach einer gerichtlichen Scheidung
nicht nach-geben.
Sie sah darin nur bösenWillen und
verschloß sich hartnäckig gegen jede
weichere Regung Er hatte eis durch
seine Schuld verwirtt, ihr Leben fer
ner mit ihm zu theilen, nun sollte er«
aus demselben auch völlig auggelöscht
lein. Sie wies alle Versöhnungsvers
Wehe schroff zurück und herrschte die
Kleine hart an, wenn sie nach dem Va
ter verlangte, —— sie dann mit doppel
ter Liebe überschüttend, um ihr Ersatz
iiir das Beriagte zu bieten.
Das Kind wagte zwar vor derMut
ter den Namen des Vaters nicht mehr
auszusprechen, doch in seinem kleinen
Herzen glühte die Liebe zu dem stets
titiitigen fort und erhielt neue Nah
rung durch die wenigen kurzen Zu
famtnenliinfte. --— Zuerst begriff die
tleine Martha nicht, warum der Va:
ier plötzlich auc- ihrein Leben ausges
srlilofsen sein sollte. Je mehr sie her
nmouchs, ward ihr das Verständniß.
Jnnigeg Mitleid mit dem sich nach
Liebe fehnenden Vater ergriff sie. Sie
Ilitc unter dein Zwiespalt, der die El
tern trennte, denn sie liebte Vater und
Mutter mit gleicher Kindesliebe und
reiste durch ihn früher alg andere
Kinder ihres Alters. Die Zeit der
Vorbereitung zur Konfirmation fand
ihre empfängliche Seele bereit, die
Lehren des Geistlichen anzunehmen
Alles Gute und Edle entfaltete sichs
in ihr. Jhr Herz öffnete sich dem
Herrn- Sie empfing mit vollem Be
nuifztsein die Botschaft des Heilands,
diese Botschaft der Liebe, des Friedens
und der Gnade. Immer inniger er
flehte sie von Gott alg höchste Gunst,
er möchte die Härte der Mutter beste
gen und die beiden ihr liebsten Wesen
auf Erden wieder zu einander führen.
Worte des heißen Flehens, mit denen
sie die Mutter rühren wollte, drängten
sich ihr immer wieder auf die Lippen;
doch deren strengen Augen gegenüber
versagte ihr der Muth. ,
Frau Mathilde fühlte jetzt oft ihres
Kindes Blicke mit innig stummerBitte
auf sich ruhen. Sie ahnte, was in
der Tochter vorging, doch sie wollte
nicht verstehen. Sie verscheuchte ge
waltsam die leisen Stimmen, die sich
auch in ihr mahnend erhoben und rief
sich immerwieder die Schuld des Gat
ten in das Gedächtniß zurück, malte
sich dieselbe groß und größer aus, für
s
sich hierin die Rechtfertigung ihrer
Härte suchend.
Der Tag von Marthas Konfirm·a
tion brach an, ein leuchtender Früh
lingstag voll Sonnenschein und Vo
gelgesang.
Durch die lachende Frühlingspracht
und unter dem hallenden Geläut der
Glocken tschritt Mathilde mit ihrer
Tochter der Kirche zu.
Die zarte Gestalt des Mädchens
umschloß das- ernste, schwarze Kleid.
Die Augen hefteten amBoden, sie hielt
das Köpfchen gesenkt, daß der Son
nenschein goldene Lichter aus dem vol
len Blondhcmr lockte. Krampfhast
umschlossen die behenden Finger den
dustenden Veilchenstrauß, den der Va
ter heute gesandt, und das neue Ge
sangbuch mit dem hellen Goldschnitt,
ein Geschenk der Mutter.
Stumm schritten die beiden Frauen
ihres Weges. An der Kirchenpsorte
trat ihnen ein Mann entgegen. Frau
Mathilde wich zurück· ——-s
Finster blickte Mathilde auf die
Toek««r.
»Vater!'« schrie Martha auf, und
hing an seinem Halse.
Thriinen in den Augen fuhr der
Vater schmeichelnd mit der Hand über
das sich an ihn schmiegende Köpfchen
des Mädchens. Sie dann von sich
schiebend, trat er auf sein Weib zu
und bot ihr stumm die Hand.
Sie zauderte· Da klang, so heiß
beschivöreud,s nur das eine Wort:
,,!lltutter« — zu ihr herüber, daß sie
unwillkürlich ihre Hand in ihres-Man
nes Rechte fügte.
Und ,,Li.72utter! Süße Mutter« «
fliisterte noch die glückliche Stimme
ihres«.51iiide»3 an ihr Ohr, ehe es in
der Satrestei verschwand, in welcher
sich der Zug der Konfiriuanden ord
nete.
Da saß Frau Mathilde im Kirchen
stuhl neben dein Manne, den sie seit
Jahren gemieden, als müsse es so fein,
und als habe sich niemals etwas
zwischen sie gestellt, und dort vorn
am Altar sprach der Geistliche den Se
gen über ihrer beider Kind, das nun
in das Leben hinaus-treten sollte, ein
erwachsener Mensch, ein treuer Christ.
Weichere Regungen bewegten den
rerhärteten Sinn des blassen Weibes.
Sie sah sich als junge Frau im»
Heim ihres Gatten, ihr jauchzend klei
nes Mädchen auf den Knieen, das dem »
Vater verlangend die Aermchen entge
geustreclte.
Dem Rinde hatte sie den Vater ge
raubt, dem Gatten die Liebe entzogen.
Nein, tausendmal nein! Sein war
die Schuld! »
»Und bergieb uns unsere Schuld,
wie toir vergeben unseren Schuldigm
Hatte sie vergeben? —- Würde sie
Vergebung finden, da sie selbst die
Verzeihung heischende Hand zurück
stieß?
Jhr Blick streifte den Mann an ih
rer Seite. Wie gealtert er war. Das
Haar fast grau, tiefe Kummerfalten
um den Mund, die Haltung vornüber
gebeugt und der Blick der Augen so
müde. Wie straff hat er sich früher
gehalten, alg sein Haar noch braun
war, wie iibermiithig konnte damals
feine Augen blitzen.
Das Mitleid wallte iu ihr auf, und
wieder pochte das lGewissen mit mah
nendecu Finger:
»Ist es nicht um Dich, durih Dich,i
das; er gelitten?«
Der Schlußchoral durchbrauste die
Kirche. Die Menge drängte zur
Pforte hinaus. Martha trat zu den
Eltern. Heiße Erregung auf den
Wangen, die Augen leuchtend in über
irdischein Glanz, warf sie sich an der
Mutter Brust und schmiegte sich dann
in des Vaters Arm. Zwischen ihnen
trat sie lium Altar, das Abendmahl zu
empfangen
,,«L,;ergieb!« Vergieb! Jch will ver
geben.« - schrie es in Mathilde, und
sie rang in heißem Flehen nieder, was
noa« an Unkraut in derSeele wucherte.
Heiliger Friede zog in sie ein. Deii
nititiig beugte sie sich unter dem Se
gen und trat erhoben, getröstet vorn
Tis« ie des Herrn zurück.
Als ihr Gatte die Tochter in die
Arme schloß, da trat Frau Mathilde
heran. Ueber dein Haupte ihres Kin
des hinweg trafen sich die Blicke der
beiden und wurzelten ineinander.
Dann bot sie ihrem Manne freiwil
lig die Hand. «
,,Vergieb!« -—— flüsterte sie mit be-.
beuden Lippen und neigte sich zu ihm,
den Versöhnungstuß zu empfangen.
Durch den prangenden Frühling
schritten sie heim. Die Tochter in der
Mitte, die Hände fest in die Hand von
W
Vater-undMutter geschmiegt, wortlos,
stumm vor Glück, und die Gesichter
leuchtend vor innerem Frieden.
-—————-.O.-—-———.
Taö Jordan-Wunden
Kein Strom der Welt, außer dem
Ganges, ist mit mehr Verehrung um
sponnen worden als der Jordan, der
heilige Strom dreier Religionsgenos
sensehasen, vor allem der Christenheit,
dann aber auch des Judentztms und
des Mohammedanismus. er Jor
dane, von den Arabern ,,e S eria«
(Tränkeplatz)— geheißen, ist der einzige
große und vor allem der einnzige stets
slieszende Strom Palästinas, sein Bett
senkt sich tief unter das Meeresniveau,
er durchfließt den biblischen See Genes
zareth und fällt endlich in das 394
Meter unter dem Mittselmeerspiegel be
legenesTodte Meer. Seine siir die
Kulturwklt wichtigste Stelle liegt aber
in derNähe des altenJericho, hier zeigt
man nosch heutigen Tag-es die Stelle,
wo Jesus von Johannes die Taufe em
pfing Schilsröhricht und Tamarisken
säumen den Uferrand, ernste Jedem
wäldser schauen nieder auf die heilige
Stätte, die seit zwei Jahrtausenden,
namentlich um Ostern, von Pilger
schaaren umlagert ist, die das röthliche
Wasser des Jordan sich iiber Haupt
nnd Schultern gießen. Von dem Wun
der der Taufe des Erlösers ist hier
aber nicht die Rede, sondern von einem
nenzeitlicheu niystisch - geographischen,
wenn man so sagen kann, das der mo
derne Verkehr gezeitigt hat. Zwar flie
ßen die Wasser deg Jordan noch wie
»einst in’5 Todte Meer, aber ein Arm
slzat sich abgezweigt und ergießt sich in
- tausend feinen Strömen über die ganze
iWelt. Es ist bekannt, daß in» allen
»euronäischen Fiirstenl)iäilsern seit lan
,gein zur Taufe Wasser aus dem Jor
dan verwendet wird, nicht so allgemein
bekannt ist es aber, daf; diese einem
reinen Ideal folgend Sitte jetzt im
Hner weitere Fireise Hist und auf dem
lWege ist, in christlichen Ländern all
aeniein zu werden. Jn Hamburg giebt
es ein Hinz-, dass sich mit dem Verkauf
vonWasser besa I,t, das- unter amtlicher
TIlufsiscdt ausz« demJordan geschöpft und
zu Tausnnectcm lseglaubigt und ver
siegelt, iu schönenllrnen um wohlfeilen
Preis in alle Länder der Christenheit
tierfandt wird. So ist derJordan aus
seinem alten Bette abgeleitet und er-«
aiefxt sich allerorten in zahllosen Neben
strömen ijber alle Welt.
Fürs Heimweh der Katze.
Die Washington »Posst« erzählt ein
niedlicheg Geschichtchen von einem klei
nen Mädchen, das unverwandt in ei
nem Spielwaarengeschäst eine mecha
nische Mang- betrachtete und ganz ver
sunken war in den Anblick die-fes sin
fachen Spielzeuaes. Neben der Klei
nen stand eine fremde Dame. Das «
Ki"nd,·a"naenscheinlich mit einem Ent
schlusse tämpsend,- wandte sich an die
Fremde mit der Frage: »Denken Sie
die sieht wie eine natürliche us?« —
»7freilich, Kleine.« »Ob ie theuer
ist?« Jch habe zwei Wochen lang ge
spart, um sie zu tausen, aber sie muß .—
natiirlich aussehen« -—-— »Warum
tansst Du nicht lieber eine Puppe,
mein Kind?« -—-— ,,-Oh«, war die Ant
wort, ,,’5 ist nicht siir mich; ’s ist sür
die Katze. Wir haben eine Katze vom
Lande mitgebracht und die fühlt sich
nicht wohl in unserm Flat; und da
dachte ich, wenn sie eine Maus hätte,
n-iirde sie sich mehr zu Hause sühlen.«
Und die Kleine reicht ihre Bewies
iiber Den Ladentisch, um ihrem Kätz
chen das- Heim gemiithlich zu machen.
DerMondols Spiegel vers-roh
Mr. Crommlin, der Präsident der
dritischen astronomischen Gesellsehfh
macht der -iiberrascheirderi Vorschlag,
den Man..·i,«g Spiegel zu benutzen,
um auf diene Weise unersorschteTheile
der Erdtngel festzustellen. Die Mond
fiitsternis3, die kürzlich stattfand, hat
ihn zu diesem Gedanken veranlaßt.
lfr bemerkte, daß man imStande sei,
den Schatten der Gegend in der Nähe
des Südpolg aus dem Mond zu er
kennen. Es seien manchmal Möglich
keiten vorhanden, aus diese Weise hohe
Berge am Siidpol zu entdecken. Auch
der Iliordpol werde hie und da bei
Mondfinsteruissen aus den Mond pro
iettirt werden, und ausr- dem Schatten
werde man feststellen können, ob in je
neu Gegenden besondere Konfigurass
tioneu vorhanden seien. Theorsetisch
sei diese Methode, Regionen der Erde,
die niemals erreicht wurden, zu erfors
schen, sicherlich möglich, wenn auch
vielleicht Vorläufig noch nicht durch
fiihrlsar
—- ——--.-.-—--——«
usulzitatistih
tfiu Sonderling hat jüngst eine
seltsame Statistik hinterlassen. Er
hat sorgfältigst die Küsse verzeichnen
die er mit seiner Frau in einem Zeit
raum von dreißig Jahren gewechselt
hat· Danach erreichten diese Liebes
tseweise im ersten Jahre die gewaltige
Zahl Von :36,«"3l.)()« das sind hundert
Stück siir den Tag. Im zweiten
Jahr verminderten sie sich um die
Hälfte-. Jm dritten war die tägliche
Leistung etwa zehn. Nach fünf Jah
ren zählte man nur noch zwei Küss
täglich, den Gutenmorgen- und d
(stutennachtkuß. Später wird n
hier und da noch ein Kuß ausge
tauscht. Das ist das Loos des Schö
nen ans der Erde.
Haben die Filipinos erst einmal
ihre eigene Legislatur, so wird die
Politik bald eines der Hauptprodukte
der Jnselgruppe ausmachen