Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 28, 1905, Sweiter Theil., Image 12

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    Etössnung der »Traube«.
dem-presse von Eugen Jsolani.
. JommstDu mit in die »Traube'«?«
« frei te mich mein Freund Arthur
» » , als ich ihn Vormittags in
Mdsvptst ße traf—
Hm die » raube«? Ja, meinst Du
das schöne neue Weinlotal, das im
Iaiserhos eingerichtet wied? Jst denn«
das schon eröffnet?«
— »Heute, alter Freund, wikd’ö eröff
net. Liest Du denn keine Zeitung-?
Machst Du nicht die Augen aus? An
allen Straßenecken kannst Du große
Blatate sehen, auf denen in Riesenlet
teen zu lesen ist: »Heute, am l. April,
Eröffnung des hocheleganten Wein
- Restaurants »Zu: Traube,,!«
»Nun, und da meinst Du. es sei
ganz nothwendig, daß man gleich am
« Morgen des Eröffnungstages hin
geht?«
« »Das ist es allerdings-, alter
Freund! Erstens weißt Du wohl, daß
ich als alter Junggeselle, der seit drei
ßig Jahren aus die Wirthshauskost
angewiesen ist« gute Erfahrungen in
diesen Beziehungen habe. Und meine
" Erfahrungen haben mich gelehrt, daß
in jedem Resiaurant mindestens an ei
nein Tage die Bewirthung vortrefflich
ist,l und das ist der Eröffnungstag
Den versäume ich in keinem Restau
kaut seit vielen Jahren. Dann aber,
alter Freund, habe ich noch einen
Grund, in die »Traube" zu gehen. Jn
neuerer Zeit ist es in unserer Stadt,
wie Du vielleicht wissen wirst, Sitte
geworden, daß die Gastwirthe am er
sten Tage der Eröffnung ihres Eta
blissements eine ganz besondere Re
klame betreiben. Sie überschütten die
Gäste mit Geschenken und Aufmerk
k samkeiien. Als Schippanowsii Vor
einem Vierteljahre sein Reftaurant am
- Altmartt eröffnete, erhielt jeder Gast
ein elegantes Notizbuch der Cafetier
Wörzner ließ jedem hundertsten Gast
am Eröffnungsiage seines Kaiser
Cases ein sunkelnagelneues Zwanzig
markstiick überreichen. Da wird sich
derWirth von der »Traube« auch nicht
lumpen lassen. Irgend etwas wird’s
da auch geben! Also komm nur mit!'«
Einer so eindringlichen Aufforde
rung meines Freundes ArthurMeinete
konnte ich denn auch nicht widerstehen;
denn erstens hatte ich ohnedies nichts
zu thun; zweitens liebe ich meinen
· Freund-Archiv Meineie und erfreue
mich gernlseiner Gesellschaft, und drit
tens kann ich überhaupt sehr schwer
widerstehen. wenn mich Jemand auf
fordett, ihn in die Weinineive zu be
gleiten.
So ging ich denn mit, und eine
Viertelstunde später saßen wir, mein
Freund Arthur Meineke und ich, in
einer gemüthlichen Ecke des neuen
hocheleganten Weinrestaurants »Zu:
Traube«, wo wir uns zusammen eine
Flasche Wein und einen kleinen Mor
genimbiß geben ließen und bald die
Wahrnehmung machen konnten, daß
der Wein ganz vorzüglich, die Speisen
ausgezeichnet und die Bedienung un
gemein flott und entgegenkommend
waren.
Am besten und schönsten aber war
der Aufenthalt selbst. Ueberall lau
schige Eckchen und Nischchenz in dem
v großen Resiaurant konnte man, wenn
man wollte, ganz gemiithlich allein
und unbeobachtet bleiben. Um behag
licher und geschmackvoll ausgeftatteter
Aufenthalt.
Jch konnte nicht unterlassen, mei
nem Rühmen die-fes neuen Lotalez
Ausdruck zu geben, aber mein Freund
stimmte merkwürdigertveise in meinen
Enthusiasmus nicht ein. Er sand
zwar auch Alles sehr nett, meinte aber
auch schließlich: »Und doch glaube ich,
daß dies Lokal beim Publikum nicht
durchdringen wird!«
»Weshalb denn nur, Arthur!«
»Der-km von Wirth versteht ja
das Geschäft nicht!«
»Aber weshalb meinst Du das ?«
«Wir sitzen « nun hier schon eine
halbe Stunde und haben noch kein Be
griißungsgeschenk erhalten! Das ist
doch nun einmal so Sitte jetzt. Und
tvenn’s die Ki««-nkurrenz macht, darf
Ich solch’ ein Wirth eben auch nicht
iumpsen lassenF
; · »Na, mein Gott,« antwortete ich,
- ;;;«snf solche Chosen tornmt’ s doch wirt
« Stich Riemandem im Ernst anl« Jn
T »dem ich das aber sagte, fiel mir ein,
·-ich Ænnte mit meinem Freunde Ar
Mr Meinete einen tollen Scherz ma
»,— chen Unter dem Vormund, mir noch
« Lokal nckher ansehen zu wollen,
Ist-lieh ich unser lauschiges, von einer
LMM Portiere verdecktes Bläschen
Mte rnir unseren Kellner auf und
M diesen durch ein gutes Trink
;!d der Beihilfe zu meinem Streich
»" . Dann kehrte ich auf meinen
, zurück. I
, sei sehr reizend!« sagte ich zu
»Aber nun wollen
«« antwortete er, »zah1en wir
sellnerP
-- Zelle-et erschien.
W witntchenW fragte er
haden wie zu zahle-M stsgkk
« mein sent« war die Ant
«Weshalb nichts?«
»Heut’, am Eröffnungstage des Lo
lals, ist Alles stei!« erwiderte derj
Kellner mitxunerschiitterlichem Ernst.:
»Ach, daHVift aber famosl Das ist
wirklich tüchtig! Das ist der Höhe-(
puntt der Koulanz!« Jn solchen en-;
thusiastischen Ausdrücke-i machte sich
die schnell umgeschlagene Stimmung
meines Freundes Meinete Lust. (
»Ja«, sagte ich, »das ist wirklich
sehr viel! Da werden Sie wohl heute
recht gute Geschäfte hier machen!«
Mein Freund Meinete aber griff
in s Portemonnaie und gab dem stell-s
net ein Trinkgeld, über dessen Höhe;
der nicht wenig erstaunt zu sein schien
und auch ich gab ihm, nolens volens,
zu dem bereits Geopferten, damit mein
Freund nichts merke, noch einmal ei-?
nen Obolus
Dann entfernte sich der Kellner,
und wir blieben noch ein Weilchen, da
wir noch nicht ganz ank-getrunken hat
ten. i
,,«Du , sagte ich zu Meinele, »du
müßte man eigentlich heute den ganzen
Tag hier bleiben, wenn das Restau-»
rant so preis-würdig ist!"
»Ja«, antwortete er, »ich überlege
mir eben, was man unter solchen gün- ;
stigen Umständen als praktischer-Mann
zu thun hats«
»Weißt Du,« fuhr er nach einigem;
Zögern fort, »ich habe da einen guten
Plan Jch muß mich bei ein paar!
Kollegen fiir eine Kneiperei. zu der sie I
mich neulich eingeladen, revanchiren. !
Jch werde den Leuten gegenüber dens
Noblen spielen Jch suche sie sofort;
aus und lade sie heute Abend zu einem :
seinenAbendessen hier in die ,,Traube«
ein. Richters und Philippi müssen
auch tommen, und wenn Du mit dabei i
sein willst, sollst Du mir auch mill-l
tommen sein!"
»Ach Du,« antwortete ich, »das ist
aber wirklich sehr freundlich von Dir«
daß Du mich hier auf Kosten des Re
staurants frei halten willst. Aber das»
könnte ich vielleicht auch allein! Uebri- s
gens habe ich leider heute Abend keines
Zeit; ich bin anderweitig vergebenJ
Aber vielleicht findest Du noch eint
paar Andere, die Du mit Deiner Ein- s
ladung beglücken lannst.« -
»Na, sei nur nicht gleich beleidigt!«.«
sagte er gutmüthig. s
»Im Gegentheil!« ries ich laut und1
dachte bei mir: »Du ahnst ja nicht«
mein lieber Sohn, wie ersreut ich dar
über bin, daß mir mein Plan so gut
gelingt!«
Arthur Meinete trank nun eiligst
seinen Rest aus« um aufzubrechen,
denn er mußte ja nun seine Freunde
sür den Abend zusammentrommeln.
Als wir ausbrachen, verabsäumte er
nicht, sich die lauschige Ecke, in der wir
gesessen hatten, sür den Abend refer
viren zu lassen. »Wir werden wohl
acht Herren zusammen sein!« sagte er
zu dem Kellner, dem er fiir das Reser
diren des Tisches noch eine Mart in
die Hand steckte. Der dantte sehr höf
lich und versprach, den guten Platz be
stimmt srei zu halten« zu welchem
Zwecke er sich von meinem Freunde
eine Visitenlarte geben ließ.
Und diese Visitentarte prangte denn
Abends mit dem Vermerl des Kell
nets: »Reservirt!« aus dem Tische,
als Meinele mit seinen Freunden an
rückte
Jch hörte dann später von ihm und·
den Anderen die Einzelheiten über den
Erfolg meines Streiches beraus.
Mein-re hatte wirklich so viel-l
Freunde wir nur irgend mökilich zu;
der Schlemmerei zufammenzutrow
meln gewußt. Natürlich waren Alle
nicht wenig erstaunt, als der armell
Kerl, der sonst etwas tnickeriger zu!
fein pflegt, als er es wohl nöthig’
hätte, sie zu einem obulenten Abend-?
tifch in der »Traube« einlud. Bisher;
hatte er sich höchstens immer zu einem ;
kalten Abendbrot auf seiner Bude auf
geschwungen, wobei er dann auch alle
mal nach dem Essen noch feinen Gä
sten im Stat mehr abzunehmen
pflegte, als was sie bei ihm verzehrt
hatten. «
Acht Mann hoch saßen sie aemüth
lich in der ,,Traube«, undMeinete ließ«
vorfahren, was man in den tühnsten
Träumen nur wünschen konnte. Er;
hatte ein Mean zusammengestellt, das
feinem Geschmack lalle Ehre machte.
Die Anderen waren ftarr vor Stau
nen.
Zu seiner Ehre aber muß ich geste
henkdaß er, wie er mir Vormittags
bereits gesagt hatte, am Schlusse die
Freunde darüber aufzuklären beab
sichtige, daß die Schlemmerei ihn»
nichts koste. Als Gastgeber konnte er
sich ja doch trotzdem, so meinte er, mit
Fug und Recht ansehen, denn keinem
der Freunde wäre es ohne feine Ein
ladung ern-gefallen, sich in der »Trau
be« auf Kosten des WirtheT weil es
gerade Eröffnungstag des Lotoles ift,
mästen zu lassen.
Ob sich Meinete zu dieser beabsich
tigten Offenbarung nur deshalb ent
Dschlofk weil er vielleicht fürchtete, es
könnte auch ohnedies bekannt werden«
daß der Wirth der «Traube« am sit-i
öffnungstage nichts von feinen Gästen
bezahlt genommen, oder ob er- dein
vorbeugen wollte, daß die Freunde ihn;
vielleichtjn den Verdacht einer Erd-«
fchqft oder eines Lotteriegewinnek
bringen nd ihn anpumpeu Matten-!
will ich hier nicht weiter zu entscheiden
versuchen.
Genug, er malte es sich sehr wir
lungsvoll aus, wenn er am Schlusse
der Schlemmerei den Kellner herein
rusen und nach der Rechnung fragen
und der ihm dann dieselbe Antwort
geben würde, wie am Bormittage:
»Heute am Eröffnungstage des Lo
lals ist Alles frei!'«
Na, ich malte mir ja auch diesen
Augenblick ungemein wirtungsvoll
aus, aber wohl auch nicht einmal ganz
so wie er in der That gewesen sein
soll. Man stelle sich nur einmal dor,
wie Meinele drei volle Stunden lang
seine Freunde in einem sort nöthigte,
das Beste, was Küche und Keller der
»Traube« aufwies, zu essen und zu
trinken. Selbst an Champagner
durfte es am Schlusse nicht fehlen.
Dann stellte er sich schließlich in
Positur und ries mit einer gewissen
Nonchalance nach dem Rellner.
»Seht wohl, mein Herri« Mit die
sen Worten verschwand der Kellnen
worüber nsatürlich Meinele schon är
gerlich und erstaunt war.
»Was will er denn noch erst!«
Aber da tam auch schon der Rellner
wieder und hielt ihm wirklich eine
Rechnung entgegen. Meinele wurde
es tschwarz und grau vor den Augen,
als er da las-.
Weinrestaurant »Im- Traube«,
Den l. April 1905. I
4 Dutzend Austern . . . 10 Mk. usw. !
Die Einzelheiten der Rechnung
konnte er gar nicht lesen: er starrte
nur auf den Schlußefsett und der-;
lautete: 252 Mart.
,,,Na und die soll ich alle bezahJ
len?!« brachte er endlich hervor.
»Ja,« saate der Kellner verlegenJ
»soll ich für die Herren einzeln die»
Rechnung machen?«
»Nein, zum Teufel! Sie sind doch
der Kellner der heute Vormittag selbst
zu mir gesagt hat: »Heut am Eröff
nungstage ist Alles frei«. ’«
Jawohl, mein Herr! Aber nur,
wenn ein Anderer dafür die Zeche be
zahlt! heute Vormittag hat der an
dere Herr die Rechnung bezahlt. Und
wenn Sie jetzt die Rechnung bezahlen,
ist’s siir die anderen Herren alle freil«
« »Dann hat der Kerl, mit dem ich
heute Vormittag hier war, mich also
hereingelegt l'«
»Ja, wahrscheinlich, mein Herr. Es
ist ja heute der 1. April!«
Na, das Gelächter derAnderen wäh
rend dieses Gespräches tann man sich
vorstellen. Meinete machte denn
schließlich auch gute Miene zum bösen
Spiel. Freilich hatte er soviel Geld
gar nicht bei sich, um die Rechnung be
zahlen zu können, die Anderen mußten
noch erstGeld Zusammenschießen Auch
gab er dem Kellner anstatt der beab
sichtigten zehn Mart nur einen Thaler
Trinkgeld.
Als ich ihn ein paar Tage daraus
aus derStraße traf, wollte er erst böse
thun. Jch aber ging ihm gerade in den
Weg, reichte ihm die Hand und sagte:
«Lieber Meinete, ich geb’ zu, der
Streich, den ich Dir gespielt, war ein
wenig derb, und kostspielig siir Dich
war er auch. Aber ich hab’s gerne ge
than, und nächstes Jahr kannst Du
Dich ja meinetwegen zum 1. April re-.
vanchiren.«
Ein B rz wie Gold.
Kalisornische Geschichte von R us u ä.
Ein Goldsucher war er, aber in der
Brust hatte er ein Herz, das war mehr
werth, als alles Gold, welches er hätte
finden können, mehr als alles Gold,
welches in ganz Ralisornien in den
Flüssen und in den Beran und in dem
Bande der Waiserlaute war. Man ist
gewohnt, daß der Held der talisorni
schen Goldgräber s- Geschichten ein
Desperado ist, oder ein Spieler oder
ein Räuber, oder sonst was von dieser
Art ,—— aber unser Held war nichts
vcn alledem, sondern ein junger Ante
ritaner von der besten Sorte. Harrh
Collins hieß er, und er war seit Jah
ren der Ungliiagvogel des Lagers-. Un
glück hatte er wirklich mehr, als sonst
ein Dutzend Männer zusammen haben
er belegte stets den falschen Claim,
wo absolut nichts zu finden war, und
wenn rechts und lints von ihm seine
Kameraden Gold entdeckten, mußte er
ganz.gewiß mit leeren händen dabei
stehen« Doch ließ er die Hoffnung nicht
sinken. »Es ist nur eine Frage der
Zeit«, pflegte er freundlich, fast fröh
lich zu sagen, »ich bin jung und start
und ausdauernd, und ich bin auf dein
Wege reich zu werden-« (
Ja, damit schien es freilich noch gute j
i
Woge zu haben, als ich ihn kennen
lernte. Das geschah an einein schönen
Morgen, als das haus der armen
Frau Gibbons un Cantp niederbrann- !
ie. Schnell liefen alle Männer zusam- »
men und versuchten, das Feuer zu lo- ;
schen, aber das gelang erst, nachdem
das Haus schon fast bis auf denBsden
niedergebrannt war, und die arme
Frau saß nun mit ihrem Manne, der
einige Monate vorher bei einein Gru
ben- Unglück schwer verleßt worden
war un den sie getreulich pflegte, und
mit ihren tleinen Kindern in einem
benachbarten Thorrveg und wußte
nicht, wo sie mit den Ihrigen in der
nächsten Nacht ihr haupt würde zur
Ruhe legen könne-. Denn sie waren
ifehr arm und sie hatten keine Fredndr.
-
vie fie hätten ausnehmen können. Jn
dem Camp hatte der selbst laum
Plan genug für si und die Seinen-—
die meisten aber waren junge, unver
heirathete Männer. die theils einzeln,
theils in Gesellschaft in den kleinen
Kabinen wohnten.
Aber der Frau und den Ihrigen
wurde geholfen, so wie in den alten
Tagen Kaliforniens so mancher armen
Familie in solcher Nothlage geholfen
worden ist. Damals gab es noch teine
Wohlthätigkeitsvereine und leine öf
fentlichen Charities —- aber es gab
warme Herzen genug. Zuerst traten
zwei, dann drei und vier Männer zu
sammen, und ein Geflüster begann;
bald breitete sich dieses Geflüster aus
fund ging im Kreise herum unter all
; den Männern, die da versammelt wa
t ren, und es dauerte nicht lange, so trat
ider eine der Männer, der vorher am
Ieisrigsten mit den anderen gesprochen
hatte, an den einzigen Zimmermann
des Camps heran und fragte ihn:
»Weißt du etwas von dem Hause, das
da eben niedergebrannt ist?«
»Ja, ich habe das Haus seiner Zeit
gebaut,« war die lalonische Antwort.
»Gut, das genügt. Wir wollen, daß
du an derselben Stelle ein neues haust,
und daß es heute Abend fertig zum
Beziehen ist!·' ,
»Bist du verrückt-» sagte der Zim
mermann — ,,nicht mit zwanzig Ar
tseitern tiinnte ich das fertig bringen.«
»Well, dann sollst du fünfzig haben,
wenn es nöthig ist.«
Jetzt erst begriff der Zimmermann,
txm was es sich handelte, und er war
der Situation gewachsen. Alle die
Männer stellten sich fiir denTag in sei
nen Dienst und ehe eine halbe Stunde
vergangen war, galoppierten die Pfer
de, die vorher die Feuerspritze gezogen
hatten, mit dem langen Leiterwagen
davon, um Bauholz zu holen und eine
Stunde später war Alles bei der Ar
beit. Das war ein Sagen und Hörn
mern und Hobeln. und die gute Frau
Gibbons wußte nicht, wie sie den«-Män
nern danlen sollte fiir das, was sie
thaten. Als derAbend hereinbrach, da
gaben sie ihr die Schlüssel des neuen
Hauteg.
Jeht aber hieß es, denZimmermann
und das Holz bezahlen. Wer jemals
aesehen bat, wie die Goldsucher ihre
Lederbörsen oetschniirten, in denen sie
den Goldstan trugen, wie sie ihn fan
den, der weiß auch, wie leicht und
schnell diese Börsen geöffnet wurden.
wenn es galt, Nothleidenden zu helfen.
Jch wurde zum Säckelmeister fiit diese
Gelegenheit ernannt, und eine gute
Stunde lang hatte ich damit zu thun.
das Gold abzutragen, das sie mir
trachten -- eine Unze sollte Jeder ge
ben, so war es ausgemacht worden. Jch
fing an, genau zu wägen, aber das
lLtten sie nicht »laß die Waage
nur heruntergehen, ein wenig mehr
schadet nicht« So wurde denn ge
wogen, ohne daß sehr aus das Balanz
zieren der Waage gewartet wurde.
Als Letzterer nachdem alle die an
deren Männer gegangen waren, tam
Haken CollinL Jch wußte, daß er
nur wenig hatte — er brachte ein
Beutelchen, das war sehr flach. Er
dauerte mich, und am liebsten hätte ich
gar nichts genommen-aber ich wollte
ihm nicht weh thun, und so sagte ich
denn halb im Scherz und halb im
Ernst: »He-ern, deine Börse hat ja lei-«
der die Schwindiucht »s- ich will nur
das, was die Anderen gebracht haben,
ein wenig mit deinem Golde salzen.«
Damit nahm ich eine Prise zwischen
dieFinger und wollte sie unter das an
dere Gold streuen. Da aber wurde
Hart-h böse und ich mußte das ganze
Betitelchen leeren und es umdrehen,
damit ja nichts in den Falten hängen
blieb. Jn der Münze in San Fran
rizco würde das steiilich nicht viel ge
wesen sein, was er gab —- aber wenn
derjEngel oor dem ThroneGotteZ diese
nsaoe gewogen nat, dann ist sie sicher
schwerer gewesen als all das Gold,
welches die anderen Männer zusam
men gegeben haben.
Von da an war Harry meins-Freund,
und ichthat, wasich ionnte, um ihm
zu helfen. Aber der Mann war offen
bar vom Un liick befolgt —- Alles,
waser angris, schlug Obl- under war
der Aermste von Allen.
Seit Monaten wohnte er in einer
kleinen Kabine in dem Gulch oberhalb
des Lagers-—- von da aus machte er
ollenthalben Versuche, Gold zu finden,
aber ohne Erfolg. Ein Stück unter
balb seiner Kabine wohnte die Wittwe
Hanson mit ihrer tleinen Tochter
Mah. Er hatte der Wittwe manche
Freundlichkeit erwiesen und das Töch
terchen derselben hatte bald Freund
schaft mit ihm schlossen und kam ost
nach seiner Ko ine elausen. Eines
Morgens kam das ind wieder zu
ihm, da er eben sein Frühstück der
zehrte. Das«war in der That ärm
lich genug. noch viel ärmlichen als
das Kind es zu hause bei seiner
Mutter sah, und die kleine May er
zählte davon ihrer Mutter, als sie
wieder nach Hause kam. «Also so steht
es mit dem armen Pack-han« sa te die
gute Frau, die den einsamen « nn
so gern hatte, und ohne sich lange zu
besinnen, ging sie an- die Arbeit und
backtennd kochte, und als forth Col
lins am Abend nach hakt e znriicb
kehrte, da dustete es so ei thinnlikh
- und einladenb in seinem Z mmer, und
ein Essen stand da, wie er seit Mona
ten keines mehr gegessen hatte. Er
trat vor die Thür, um zu sehen, ob er
Spuren von dem geheimrnßvollen
iSmäder erblicken könne. . » «
s Msxkonnte er nun freilich nicht,
aber weit unten sah te die kleine
«
May mit einem Knabenlausen ———
jeht wußte er, woher das alles gekom-.
men war. . «
Sollte er es anrühren oder nicht?
ofast war er zu stolz dazu; aber der
un er Siberwog den Stolz und er be
ichlog, nach dem Essen weiter darüber
nachzudenken Er aß und asz, und es
schmeckte ihm o gut, und dann schlies
er die ganze acht und träumte aller
hand liebliches Zeug — die lleine
May und die Wittwe spielten darin
eine große Rolle. Am nii sten Tage
ging er wieder ans Pro petten -——
am Abend wollte er dann viellei t zu
der Wittwe gehen, er konnte sich elbst
nicht llar darüber werden, was er
nun eigentlich thun sollte. Offenbar
hatte die Frau ja nicht als Spenderin
der Mahlzeit entdeckt werden wollen,
und beza len lonnte er ihr ja doch
nicht dafür. Er hatte nichts dazu,
und sie würde auch nichts genommen
baten. .
An diesem Tage traf ich meinen
Freund und wir gingen ein Stücl zu
sammen. Er war so fröhlich wie nie
vorher und als wir ung· trennten, ries
er mir noch zu: ,·Gieb acht, ich werde
bald Glück haben, mein Schicksal steht
asn Wendepunkt.«
Damit ging er und ein Stückchen
weiter wollte er iiber einen ziemlich
breiten Spalt in der Erde springen,
aber er sprang zu lurz oder der
Rand des Spalte aab unter feinen
Fjiszens nach, kurz er stürzte hinein
iind verschwand in einer Staubwolte.
Jch eilte hinzu, sum ihm zu helfen,
aber er hatte sich schon selber heraus
gearbeitet und lachte nur über den.
kleinen Unfall. So trennten ivir uns.
Wer aber kann mein Erstaunen be
greifen, als ich am Abend wieder an »
diesen Platz kam und dort, gerade
iiber der Stelle, wo Harry am Mor
gen hinabgerutscht war, einen großeni
Hausen neu aufgeworfener Erde sah.
Unten war Harry an der Arbeit und
als- er mich erblickte, tam er herauf an
emem Seite, das er oben angebunden !
bette, und erzählte mir, daß er hier
endlich Gold gesunden hatte, mehr als j
er je zu finden erhofft hatte. Eine?
weitere gründliche Untersuchung der
Stelle, die er sofort als »Claim« be- s
iegi hatte, ergab, daß ek thassijchiichi
ten alten ,,Manzanita-Claiin«, deri
seiner Zeit bearbeitet worden war und i
tin man dann verloren und nichts
weiter verfolgt hatte, wieder aufgefun- I
den hatte. ;
Die Nachricht von seinem Glück ver- i
breitete sich schnell iin Camp und man i
wunderte sich nicht sehr, als ereinige
Tage später in der nächsten Stadt er
schien und Alles iaufte, was daselbst
tiir Gold zu haben war. Aber wo u
er allerlei Dinge kaufte, die doch fiir
ihn, den Junggesellen, keinen Werth
l,aben, die er doch gar nicht brauchen
konnte, das erregte die Neugier.
(
i
Der alte Expreszinann hätte es den
Leuten sagen können, der von Harry
ren Austrag erhielt, alle diese Packete
nach dem hause der Wittwe fanson
Zu fahren und sie dort so lei e und
unbemerkt, wie es nur gehen wollte,
auf die Porch abzuladen. Er that es
sind erhielt dafür von Harry ein gutes
Trinkgeld. Die Wittwe aber wußte
nicht, was sie sagen und denten sollte,
als sie diese ganze Bescheerung vor
ihrer Thitr fand ----- sie hatte noch
nichts von dem Glück gehört, das
ihrem Nachbar zugefallen war. Sie
erfuhr es erst an diesem Tage von der
kleinen May, welche davon in der
S ule gehdet hatte und sofort be
gri f, um was es sich handelte,als sie
in einem der Packete die große Puppe
sand, die ihr vor Monaten schon
»Lsntel Harni« versprochen hatte,
wenn er einmal Gold finde. Ja, diese
Puppe war da, so groß und so schön,
mit richtigenhaaren und einein Atlas-J
hlltchen, und sie konnte die Augen und .
den Mund aus- und zumachen sie
tonnte auch »Papa« sagen.
An diesem Abend kam der Nachbar
Zu der Wittwe, und als er spät am
Abend lvieder hinauf in seine Kabine
gegangen war, dasaß unten in ihrem
Häuschen eine glückliche Frau mit
einem glücklichen tleinen Mädchen und
siesprachen von dem guten Onlel, bis
tief in die Nacht, und dann träumten
sie von ihm und von all» dem Glück,
das nun lommen sollte; Und das
war nicht nur ein Traum, denn es
lrurde Wirklichkeit Die ,,Manza
nita« machte Harrh Collins zum
rlichen Mann, und mit ihm theilte die
junge Wittwe und ihr Töchterchen
sein Glück.
OR
Das Berlenhalbband deö
dann-.
Jm neuesten »Globu5« lesen wir:
»Sollten sich Spuren von der Fahrt
des Hanno nachweisen lassen, der um
470 v. Chr» also vor beinahe 2400
Jahren, die nordwestafritanifche Küste
bereiste? Mit 60 tarthaginiensischen
Galeeren und 30,000 Auswanderern
war er ausgesegelt über die Säulen
des Herkuleö hinweg, um an Afrikas
Gestaden Pflanzstätten zu gründen,
und im Verfolg seiner Reise gelangte
« er über dass Grüne Vorgebirge in den
Golf von Guinea (nach manchen nur
bis Sierra Leotzny und brachte uns die
erste Kunde v n den dort vorkommen
den Schimvansen. Die Frage, die wir
an die Spice gestellt haben, wird rege
durch einen archöologischen Fund, frei
lich nur durch ein Perlenhalsband, das
aber durch die Form seiner Perlen eine
sehr beredte Sprache redet. Glutver
len sind an der nordwestafrilanischen
Küste häufig in der Erde gefunden
worden, alte Stücke, die unter dem
Namen der Aggriperlen vielfach be
sprechen wurden. Aber uch in Jn
dianergrlibern Nordameri as kommen
ganz die gleichen Sorten von farbigen
Glasperlen vor, und wir wissen jetzt,
daß sie nicht tief in das Mittelalter
hineinreichen und venezianischen ite
·sprungs sind. Ganz anders verhält es
sich mit dem neuen Funde, der jetzt im
Britischen Museum niedergelegt ist.
Er stammt aus dem Grabe eines be
rühmten Negerhöuptlings in Mansu,
einem Orte, der am Wege von Elmina
nach Kumasi lAschanti) gelegen ist.
Read hat dieses Perlenhalsband in
»Man«, Januar 1905, geschildert und
abgebildet. Es besteht aus 20 Perlen
von kristallinischem Glas, in verschie
denen Formen ges-küssen und von ver
schiedenen Farben, alle aber wesentlich
verschieden von den bisher bekannten
Aggriperlen. Da das Halsband sehr
lange in der Erde gelegen hat, sind die
Perlen theilweise rauh geworden und
» zeigen eine irisirende Farbe. Read hat
J nun herausgefunden, daß sie ganz den
. alten Perlen vorhellenischer Kultur
gleichen, ja identisch im Ansehen den
in den Gräbern von Camiru autho
dus gefundenen sind, die aus dem sech
sten Jahrhundert v. Chr. stammen
Und dieses hat ihn auch veranlaßt, die
an derSpitze dieser Notiz stehende
Frage auszuwerfen Warum sollten
auch die so leicht traabaren, von allen
wilden Völtern rege begehrten Perlen
in so früher Zeit nicht bis nach dem
Golfe von Guinea gelangt sein? Wenn
es nun auch nicht gerade Hanno war, »
der sie dorthin brachte, so ist es doch
möglich, daß sie damals schon zu
Schiffe oder auf dem Tauschwege
wandernd so weit gekommen sind."
———--·s- .---»—.
Ein neuer Schmuggleernin.
Ueber den wahrhaft staunenswers
then Erfindungsgeist der Schmuggler
an der russischen Grenze wird aus
Tilsit geschrieben: Die beiden russi
schen Soldaten, die dem Dorfe Kal
lehnen gegenüber an der GrenzeWache
hielten, bemerkten in der Nacht, wie
ein »Ungethi.im« plötzlich von einem
diesseitigen Wäldchen aus aufstieg,
sich zu einer schwindelnden Höhe er
hob und dann sich langsam mit un
heimlicher Stille der Grenze näherte.
Ein Thier mußte es sein, denn sie er
kannten deutlich den gewaltigen Kopf
und einen langen Schweif, der sich in
schlangenartigen Windungen fortbe
wegtr. Da man hier an einen Kunst
griff der Schmuggler nicht im entfern
teften denten konnte, so wurden nur
die betannten blinden Alarmschiisse
abgegeben, und bald waren die näch
sten Grenzsoldaten zur Stelle. Man
beschloß, fobald das Ungethiim über
die Grenze gezogen wäre, Feuer ’zu
geben. Das geschah, aber die seltsame
Erscheinung ließ sich dadurch in ihrem
Fluge nicht stören; erst die dritteSalve
schien es getroffen zu haben, denn es
arbeitete entsetzlich mit Kopf und
Schweif, neigte dann plötzlich den er
steren tief nieder. Die Soldaten
stoben auseinander; aber das Thier
mußte getroffen sein, denn es lag till
nnd regungslos da. Nun näherte man
sich, und da fand man einen gewalti
gen Papierdrachen, dessen Schnur
durch die Schüsse getroffen und zer
rissen war. Der Drache wurde be- -
hutsam nach dern nahenGrenzstationsi
hause gebracht, und hier ergab die
Untersuchung, dafz sein Kopf eine dop
pelte Wand und in seinem Innern 20
goldene mit Edelsteinen ausgelegte
Uhren und werthvolles Spitzenzeug
barg. Der Drache war aus deutsch-ern
Gebiet aufgeworfen worden, um mit
seiner werthvollen Ladung durch die
Lüfte auf russisches Gebiet herüber
gezogen zu werden.
Einst und ietzt.
Nach einer altenglischen Chronik
hatten im Jahre 1234 die Majestäten
in London noch tein anderes Bett, als
einen Strohsaet. Zur Zeit deriiönigin
»Elisabeth schlief mindestens noch ein
? Zehntel aller Engländer auf hölzernen
l Pritschen. Statt der Kopftissen hatte
lman Holztlötze. Das Schlaizimmer
der Königin wurde täglich mit frischen
Binsen bestreut —— Fußteppiche tannte
man noch nicht. Heinrich X«l·pflegte
des Morgens beim Aufstehen einen
Becher Wein zu trinken. Thre, Chala
lade, Koffer war ja noch nicht zu ha
ben. Zucker wurde in der Apotheke
verkauft — unzemveifr. Das - war
! einst. Und jetzt? Ob -es heute in
JLondon wohl mehr Glückliche giebt als
« damals?
Eine derbe Antwort.
Dem berühmten Mathematiker-Stei
ner, der in Berlin wirkte, ging es An
fangs schlecht und er mußte sich sehr
kümmerlich mit Privatstunden durch
schlagen; aber sein Ruf wus schnell
und 1834 wurde er Professor an der
Universität und Mitglied der Mode
mie. Er war gebürtiger Schweizer,
flammte au- einer kleinen Bauern
famtlie und hatte als Junge das Vieh
ehiitet. Alä er einst zu einer Haige
Fellfchaft geladen war, saß i m schriig
gegenüber ein hoher Wiir ntriiger.
siegst dileesifllrätfäsenlsigt desuGelzihrten
· ii r i ien. m n zu
ärgern, fragte erTiber den Tisch: »Sa
gen Sie mal, mein lieber Professor, ist
es denn wirklich wahr, daß Sie als
Knabe die Kühe auf die Weide aetrie
ben habeni« »Jam·hl, Exzellenz,«
Hantwortete Steiner mit vollsterSeelen
tu , »und seit der Zeit besitze ich die
iun chiitzbare Gabe, jedes Rindvieh
schon von Weitem zu erkenne-il«
t«