Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 10, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    — »- «
Ver gefärbte Freier.
humoreeke von A. Abt.
Die kleinen flinken hande, die voll
Eifer mtt der Bürste itber den grünen
Müschbe ug des Sophas hin- und her
fuhren, sellten plötzlich die Arbeit ein,
nnd mit schwerem Ausieuszen senkte
ein blondes Köpfchen sich tief zur
Brust herab.
Aufhorchend boa die Doktorin Hen
ntng sich von ihrem Fensterplatz her
über und fragte lebhaft:
Was ist denn, Röte? Hat die Farbe
etwa nicht ordentlich gedeckt?«
»Doch, sie dtat sehr gut. Das So
pha sieht wieder aus wie neu.«
»Ja, wirllich großartigC rief die
Doktorim zu dem alten, bequemen So
pha hineilend und dasselbe sowie die
beiden gehörigen Sessel mit beifal
msyiopfniclen betrachtend. »Ein
Pacinchen Farbe sijr siinfundzwanzig
Pfennig, damit sieht die ganze Gar-ni
tur aus wie frisch bezogen. Aber was
hast du denn nur zu stöhnen?« unter
brach sie sich, den Blick der Tochter zu
wendend. »Bist du so müde, so hör
doch endlich aus, du bürstest ohnehin
nur unniitz die Wolle runter, die Far
be ist ja rappeltrocken.«
»Ja. trocken war sie beut Morgen
fchon,« nickte siiite elegisch »Ich wollte
auch nur noch ein bischen Glanz dar
auf dürsten. Aber darum bin ich nicht
müde und müde bin ich ja auch ei
gentlich nicht, es ist nur --—- ich bin doch
vorhin Friedi Loß begegnet. und da
hat die mir gesagt, daß es mit dem
Theaterspielen nun wohl nichts wer
den lrsiirde, weil der Herr Kalten
born, der alles arranqiren wollte,
Knall und Fall nach Haüse reiste und !
nicht wieder liime Er hatte eben lei
ihnen Abschi edsvisite aemacbt und —-— « I
l
l
Ein Aufschrei der Mutter unter
brach sie.
Was — Kaltenborn iort —— aufl
Nimmertviedertehr? Das —- das ists
doch nicht wahr!«
Morgen Mittag reift er ab hat ers
zu Lotzens gesagt und s-- und ich —:
ich hatte mich doch fo- -— aus das Thea- »
terspielen —- gefreut. «
Eine ganze Serie geradezu herz-»
krechender Seufzer klang zwischen den T
«Tn3elnen Worten, und vlötzlich die
ände vor das Gesicht schlagend, eilte
stäte aus dem Zimmer.
Jn niobenhaster Starrheit scharrte
die Mutter ihr nach. Dann qing sie
schweren Schrittes, gesenkten Hauptes!
zu ihrem Fenstervlatz zurück und
starrte durch die blanlen Scheiben.
Wie hatte sie Tag um Tag hier geses
sen und die lange Straße hinabgeblictt
die zu dem chemischen Laboratorium «
führt-r, in dem seit einem Vierteljahr-.
Heinz Kaltenborn erperirnentirtr. Was
hatte sie um seinetwillen alles aethan.
wie viel heimliche Opfer gebracht und
nicht-z von alledem unterlassen, was
einer sorgean Mutter zutam der
das Glück ihrer nn iftlosen Tochter
am Herzen lag! iLIigie hatte sie dasI
ilnmoglrchste moglich gemacht ihres
Töchterleins Gebalnen und äußere Er
scheinung so zu gestalten daß der ver
wöhnte, elegante Großstädter nichts
von Kleinftädterei empfand. Und sein
Auge ruhte gerne auf Doktors Röte.
das hatte sie längst gemerkt. Und er
tam gern zu Doltors zum gemüthli
chen Akendbrot, für dessen Extraokt
garzeni sie dann eine ganze Woche lang
in der Wirthschast sparen und knap
pern mußte. Ja, ihrer eigenen Fami
lie hatte fre’s entzogen, um diesen
fremden Menschen. der nun so schmäly
lich ihre Hoffnungen —— berechtigten
Hoffnungen betrügen wollte
Ja Groll und Bitternifz starrte sie
finster vor sich nieder und wurde es
nicht gewahr, wie der, dem ihr Grollen
galt, draußen wieder einmal die Stra
ße herabtani, vor dem Dottvrhause
Halt machte, eine Sekunde zögernd
stand und dann kurz entschlossen die ’
Hausthür öffnete. Und dann war die
Dotiorin plötzlich wie elettrisirt em
porgefahren und eilte mit ausgestreck
ten händen und ftrahlendein Lächeln
Herrn Aaltenborn entgeaen.
»Frent michs sehr, Sie wieder ein
mal bei uns zu sehen. Sie haben sich
in lenter Zeit so rar gemacht.« -
Während er auf liebenswürdigste
Aufforderuna hin in einem der rünen
Ptüichsessel Platz nahm, gings ihm
durch den Sinn, warum er sich in ietz
ter Zeit so rar gemacht, und ein heim
lickfes ironiiches Lächeln zuckte um sei
nen Mund, als nach ein paar gewech
selten Worten die Doktorin sich mit
der Entschuldianng erhob, dem Dienst
mädchen nur eine Weisung geben zu
müssen. Er kannte ja zur Genüge
das übliche Programm seiner Befu
che. Crit wurde nun das Töchterlein
von seiner Anwesenheit benachrichtiat,
das wiirde sich dann flink nach sträf
ten scth machen, in die Stube gehüvft
tommen, bei seinem nnverniutheten
Anblick sich niedlich verwundern und
erfreuen, wiirde wie ein aut aber-richte
ter Papagei zu plaudern und zu
schwatzen beginnen, vielleicht aufsprin
gend am Klavier mit tchmelzendem
Zärtlichteitslaut den Anfang irgend
eines Liebes-liebes seinem musikalischen
Gedächtniß zurückrufen und überhaupt
ganz sich get-erden, als wäre sie eine
weltgewandte, raffinirte Großitadtkos
tette und nicht Doktors Töchterlein
aus der kleinen Stadt, von den«
ihm Tuniichst hatte bedunten wollen,
als f nde er hier noch einmal tindlich
holde, ungekiinikelte Naivität und Her
zensunichnln Drdentlikb weh hatte
es ihm gethan. wie er die Täuschung
gewahr geworden, und als er rnertte,
daß Kiite Dennin s blanitrahlende
Augen und itchtb ondes Haargeloct
ilun trotzdem weiter sehr reizend
dünlten, da hatte er gefunden, da? er
gut thun würde, seine wissenscha tli
chen Experimente im chemischen Labo
ratorium kurzer Hand abzubrechen und
wieder in die väterliche Fabrik zu
praktischer Thätigteit zurückzukehren
Auch die Dottorin war zurückgekehrt
zu dem Besuchen Jn das von ihm er
wartete Programm kam jedoch in so
fern eine Abweichung, als diesmal
das Töchterlein der Mutter fast aus
dem Fuße folgte, nicht graziös, über
müthi in das Zimmer stiirmend, son
dern till, ein wenig blaß, ein wenig
traurig, und nicht von allerhand Duft
und Spitzen umflattert, sondern
schlicht, im schmucklosen Haustleidchcm
Wohl hatte die Mama ihr die Wei
sung ertheilt, rasch das neue, himmel
blaue anzuziehen, allein sie hatte nur
unendlich traurig das Köpfchen ge
schüttelt. — Wozu sich noch putzen und
schön machen, wenn er ja doch fortging
und nie, nie wiederkam! Und in die
Traurigkeit hinein lam ihr noch etwas
anderes-, ein Schämen nnd ein Trotzen
dazu. So trat denn siäte Henning im
alten. rsoth und schwarz gewiirfelten
Kattunileid und der weißen Schürze
vor Heinz Kaltenborn hin, bot ihm die
Hand und sagte leise:
»Sie- wollen Adieu sagen, ich weiß
schon, Frieda Lotz hat mir’s erzählt,
daß Sie morqu fortgehen«
Als falle sie aus den Wolken, schlug
die Dotiorin die Hände zusammen
,,Fort wollen Sie? Refällt es Ih
nen nicht mehr in unserer Kleinstadi?«
»O, es gefällt mir ausgezeichnet
hier, nur ---- ich bin daheim in der Fa
brit nicht mehr ahtömn:lich.«
Die Mutter aber gerieth in immer
größere Lebhsaftigleit.
«
»Und morgen schon wollen Sie rei
sen? Und wir sollten gar nicbt noch(
einmal das Vergnügen gehabt habenJ
Sie gemiithlich bei uns zu schenkti
Nein, nein, daraus wird nicht3, soj
sang- und llanglos lassen wir einen
guten Freund nicht Lieben Mein
Mann muß bald von der Praris nacht
Hause kommen, da essen Sie nachhers
noch ein Butterbrod mit uns —- ein-.
such und ohne alle Uinstiinde.« :
Ein Butterbrod einfach und ohne
alle Umstände -—· auch dass hatte zu
dem Heinz Kaltenborn vertrauten
Programm des Hauses gehört, nnd
als er dahinter gelommen war, ntit
wie tnappen Mitteln man sei Doktor
Henning rechnen mußte, wurden die
guten Bissen, welche man ihm servirte,
ihm immer unschmadhaster.
Er murmek etwas Undei.itliches,
und während sein Blick wieder iilser
Fräulein Fiiites bäuglich anmuthige
Erscheinung hinglitt, durchzuckte ihn
ein schöner Gedanke: Häuslich,
still, geschäftig . .. ein neuer Trick der
tlugskn Mama und des Vielleicht noch
tliigeren Töchterleins.
Von seinem Sessel war Kaltenborn
emporgesprungen und wirbelte eiren
ganzen Strom bedauerndser Worte
hervor, welche die Doltorin mit keiner
Silbe unterbrach.
Auch Käte sagte keinen Laut, war
ein wenig hinter Heinz KaltenbornST
hohe, in eleganten weißen Sommer-.
anzug gekleidete Gestalt getreten —--j
schwieg und schwieg ---— schaute und!
starrte — ward roth, ward blaß, öss
nete die zitternden Lippen, bewegte sie
ein paar Mal wortlos stumm und
stieß, über deg Abschiednehmendenj
Schulter hinweg einen enttetzten Blick»
aus die Mutter werfend hervor:
»Mama —— Ma nia « s
Und jetzt war es die Mama, welche
starrte, blaß und roth wurde und in’
den Schreckens-ruf ausbrach: »Ach du
gerechter Gott!«
Verständnisilog blickte Kaltenborn
zwischen Mutter und Tochter hin und
her, da stammelte letztere außer sich:
»Ihr Anzug Ihr ganzer, schö
ner, guter, weißer Anzug --——«
lind an seinem schönen Anzug
blickte Heinz Kaltenborn umher, blickte
sich über die Schulter, sah es von sei
nes Wesens weißer Siyfläche zu ihm
emporleuchten wie Wiesenariin im
Maien, und von seinen Lippen llang
es wenig geistreich:
»Ja, Donnerwetter nochmal, was ist
denn dari«
händeringend stand Röte da, starr
aus den wiesengriinen, treisrnnden
Fleck, von dem aus strahlensörmige
Streifen den halben Rücken herauszo
gen, und stöhnte:
»Ich hab’g doch so gut nachaebiir
stet, und es schien doch so ganz tro
cken —«
Jn Kaltenborn dämmerte eg.
»Das heißt, Sie haben dahier --—-«
er deutete auf die Pliischgarnitur —-—
»ein bischen Malerei getrieben?«
Sie nickte voll Eifer. »Ja, es sah
so furchtbar ruppig und verschossen
aus« da hab’ ich mich drüber gemacht
und hab’s ausgesiirbt —-«
Das Wort traf ihn seltsam — ans
gefärbt — so wie man hier im Hause
n allen Dingen das heimliche,Aussiir-s
ben übte und liebte. Um seine Mund
winlel lief wieder das heimliche ironi
sche Zacken, Kiste aber sprach sich über
hastend weiter
,.Und es war auch wirklich schon
heut Morgen alles ganz, ganz trocken
—- nur an dem Fauteuih da muß ich
etwas versehen haben, und es thut mir
so furchtbar leid ·--— aber vielleicht
gehÆ doch wieder raus —- ich habe ein
Fleckenreinigungsmitteh das habe ich
mir selber nach einem Rezept zusam
mengestellt, und wenn Sie mich’s da
mit versuchen lassen wollten —« «
Jebt hatte iiber die momentane
Verdrießlichleit in Veinz Kaltenborn
der Dumor gesiegt, und schallend lachte
er auf
»Aber nein, Fräulein Käte, dasI
würde ich einer jungen Dame denn
doch nicht zumuthen. Der Schaden
läßt sich schon verschmerzen und ichi
werde mir die Grün-hemmte aufheben
zur freundlichen Erinnerung an eine
fchr wirthschaftliche junge Dame. Ich
hätte gar nicht geglaubt, daß Sie auch
so viel häusliche Talente besitzen,
Fräulein Käte."
Es war ein sehr liebenslviirdiges
Lächeln, mit dem er sie ansah, und
die Mama sah dieses Lächeln
Schalthaft bedauernd blickte sie
Heinz Kaltentsorn an. ,
»Was fangen wir nun an? So kön
nen Sie unmöglich am helllichten Ta
ge über die Straße gehen. Jch fürch
te, Sie werden fich nun doch darin er
geben müssen, noch einmal unser fru
gales Mahl zu theilen.«
Noch einmal schielte er zu Kikte hin
iiber, die ihm in ihrer schuldbetoußten
Vermittlung reizender diinlte als je,
entzog fchamhaft seine siehrseite den
Blicken der Damen und sprach:
»Ich hab’ mich ergeben.« —
Es gab wirklich nur ein ganz ein
faches Abendbrot, ob dessen Gemäch
lichteit Heinz sialtenborn vollständig
zu Vergessen schien, daß er ja morgen
mit dem Mittagszuge reifen wollte
Die Doltorin war es, die ihn wieder
daran erinnerte, als er sich endlich
retabfchieden wollte.
lir stotterte irgend elwn5, und dann
hielt er Käteg kleine Hand in der sei
nen und sie fluftertet
»Lehren Sie wohl —- und und
——-" Jhr Köpfchen wandte sich seit
wärts, um ihre Lippen war ein Zu
cten und in ihren Augen ein feuchter
Schimmer.
Er fah eg, fal: auch, wie der Dot
tor und seine Frau am anderen Ende
der Stube im eisrigen Gespräch stan
den, und sich dichter zu state handlun
gend, forscht-: er:
»Und, Fräulein Röte - - und ——?«
»Es -— thut mir so leid-- !«
Er niclte schwer. «Leid — -- ja frei
lich, das ist auch zum Leidthuu --— so
ein schöner, thcurer Anzug - und eine
Entschädigung wiiren Sie mir wohl
schuldig. Meinen Sie nicht auch?«
Jhr stockte der Atheni, schen hob sie
ein tlein wenig den Kopf —- —
»Aber ich weiß, Ritte. - Weil Sie
sich nun doch mal so gut austr- Fär
ben verstehen fiirb’ inir mein Le
ben - so in schönes ,leuchtende:— Ro
senroth ---- daß die Farbe dauerhaft
sitzt, als Chctniter will ich dafür schon
die rechte Basis sinken· Willst Du,
ätäte?«
Sie sagte keinen Laut und doch
gab’s einen, bei dein Vater und Mut
»ter sich jählingg umwandten und ge
rade sahen, wie aus ihr Töchterleins
Lippen Oeinz Kaltendorn die seinen
drückte.
» Mutter.
Der schönste Nam’ im Erdenrund,
Das schönste Wort im Menschenlnund
Jst Mutter!
Ja, keines ist so tief und weich,
So ungelehtt gedankenreich,
Als: Mutter!
Und hat es wohl so tiese Macht,
Weil es von stinderlippen lacht:
Die Mutter!
Weil es aus Kinderaugen winkt,
Weil es in Kinderherzen singt:
Die Mutter!
Ja, wenn auch dieses Wort erklang
Hat hohe Wiirde lebenslang,
Als Mutter!
Und dies besessen und entbehrt,
Der ist das Erdenglück verwehrt,
Der Mutter!
——-—--·-.---——
Golvsunve in Ephesuesk
Die Lsngliindey die seit längerer
Zeit in Ephesus aus«-grobem sind von
demselben Glück begünstigt worden
wie einst Schliemann in Troja. Sie
sanden einen Goldschatz, bestehend aus
Ohrringen, Artnringen, Spangen,
Borstecknadeln, Vögeln, Augen und
Halt-schmuck. Sämmtliche Gegenstän
de sind aus dem feinsten Gold und zei
aen vorzüglichste Arbeit. Die Leiter
der Ausgrabunaen setzen sie in das (·;.
Jahrhundert v. Chr. Jn einem Punkte
sind aber die Engländer nicht so gliick
lich wie einst Schliernann, denn sie
dursten die Sachen nicht nach London
in’5 Britische Museum bringen, wie
Jener seine Funde nach Berlin, son«
deru mußten sie an das Museum in
Monstantinopel abliefern, dazu auch
alle anderen Funde in Bronze, Eisen
dein und Silber.
-.---—-«’
Einer der ältesten Strafen-ente
Drueke. «
Jn der Bibliothel zu Lund bat
ein Bürger aus Malmo ein altes Heft
von Shalefpeare·s »Tituss Androni
entz« zur Prüfung vorgelegt. Dabei
stellte der Bibliotheiar E. Ljunggren
fest, daß die Schrift im Jahre 1594
in London gedruckt war und zu einer
Auflage gehörte, die schon längst von
englischen Shalespeare : Forschern
vermuthet wurde, wovon jedoch nicht
ein einziges Exemplar in der Welt
vorhanden ist. Man wußte zwar, daß
schon vor der ersten Herausgabe der
gesammelten Werte Shan-lespeare’g
einige Dramen früher erschienen wa
ren, so »Titus Andronicus«, von dem
eine Auflage im Jahre 1600, eine an
dere 1611 heraus-kam, aber für die
Auflage von 1594 giebt erst jetzt das »
in Schweden vorhandene Exemplar ei
nen sicheren Beleg. j
Das tålmukett -
Skizze aus der Gegenwart von
F. v. Rembach.
Wie gewöhnlich hatte der Wackr
rnann dampfer seinen allmonatlichen
Weg von Hamburg nach Swatopmund
ungefährdet und sicher zurückgelegt
und neben sonstigen Briefschaften für
die Schutztruppe auch einen Brief für
den Leutnant Karl v. Enken gebracht.
Ehe dieser Brief, der wohl verschnürt
und versiegelt war, in Omaruru an
langte, währte es natürlich auch noch
; eine Weile, aber endlich kam er doch in
»die Hände seines Adressaten.
i Enken erkannte sofort aus der Auf
’schrift, von wem der Brief war. Er
Jlachte voller Freude: ,,Piinltlich wie
s immer! Jch habe es auch gar nicht an
s ders erwartet —-- na nu, wag ist denn
Jda drin?« sagte er, da seine Finger
iden Brief mit einem rundlichen Ge
genstande beschwert fühlten. ,,Etwa
Geld fertig kriegt sie’s wahrhaftig
— aber nein, dasj- ist ja unmöglich«
Er schüttelte energisch den Kopf und
betrachtete nachdenklich die fünf Sie
gel, auf deren grünem Lacl ein Mono
gramm und über ihm ein Vergißmein
nicht gedriielt war
Vorsichtig schnitt er das Couvert
anf, zog vier engbcfchriebene Bogen
heran-» zwischen denen sehr sorgfältig
in Jeidcnpapier der Gegenstand ge
hüllt war, den er fiir ein Geldstück
hielt, riß ungeduldig dass Papier ab
—— denn die Neugier war in ihm jetzt
rege geworden s— und tah ein drei
blättrigeg Kleeblatt aus einer wie
blanteg Silber glitzernden Masse, über
die Blätter in zierlicher Gravirung die
Worte vertheilt: »Betsh Ohlig zum
Schutz Karl von Enten.« Das Mee
blatt lonnte an einem kleinen Ringe,
der am Mittelblatt befestigt war, an
einer Schnur getragen oder als Zier
stücl an der Uhrkette befestigt werden.
Der Leutnant schiittelte wieder den
Kopf: .,Eine Idee! Aber ganz nied
lich. Zum Schutz?« Da er die Lö
sung dieser räthselhaften Worte nicht
sand, begann er, das trleeblatt in der
.J,and, den Brief zu lesen.
Ter Brxes gab eine gewissenhaste
Uebetsicht iilver das, trag Betsh im
Altonat September in Berlin getri-:
ben, berichtete iiber ihre Tennigerfolge
und die ersten «l7.remieren, die sie na
tiirlich nicht versäumt hatte, sprach
sehr ausführlich iirer die Verlobung
ihrer besten Freundin ----- »endlich ist’g
ihr doch gelungen, einen zu tapern.
start, sie war wohl darüber ebenso
Verwundert, wie wir es waren. Jch
aönne eI ihr natürlich, denn noch ein
Jahr-, und keiner hätte sie mehr ge
snotumen Du muth doch auch schon
iire Falten utn den Mund bemerkt
haben. Oder nichts -———- und ging nach
genauer Aufzählung ihrer Besuche bei
Papa und Marna Enten, die wohlan
waren und herzlich grüßen ließen, bald
auch einen langen Brief folgen lassen
wollten, auf den ihrem umfangreichen
Schriftstück beigelegten Gegenstand
über.
»Das Fileeblatt hat-. ich treulich in
der Leipzigerstrasze getauft, weil es
mir gefiel. Jch bestimmte es sofort
für Dich, obwohl es auch eine hübsche
Vrosche siir mich abgegeben hätte. Das
ist doch ein schöner Charakterzug von
mir. Du weißt gar nicht, was Du für
eine Seele von Frau an mir betotnmst.
Uebrigean bang ich mich schrecklich
nach Dir und finde es gar nicht nett,
naß Du in dein Nest mit dem schreck
lachen Namen sitzt und womöglich von
solch einem häßlichen Schwarzen mit
nergistetenPfeilen todtgeschossen wirst,
denn Gewehre haben diese Kerls doch
nicht, oder doch? Schreibe mir ja da
rüber im nächsten Brief. Hier hat ja
teiner eine Ahnung davon, und wenn
einer schon eine hat, braucht eis- ja noch
nicht zu stimmen. Also, vergiß es
nicht. Hier weiß man bloß, daß es da
Futen toll hergehen wird. Jch habe
lauch schon davon geträumt und deg
. halb schicke ich Dir das Kleeblatt Du
ituuszt es an einer Schnur tragen, so
i
daß es gerade auf dem Herzen ruht.
So und nicht anders, denn es ist ein
Lilmuletr Und wag ein Amulett ist,
brauche ich Dir nicht zu erklären. Also
an einer Schnur auf dem Herzen und
tnicht etwa als Berloque an der Uhr
i rette. Schreibe bald und über alles,
suich interesfiren selbst die Fett
« schenkt-tschan
U
Beine Beim
P.S. Hetzliche Grüße nnd noch
herzliche-te Rüsse·
» Deine Betsl).
P. S. Wie beißen doch die niedri
aen Wiifienpslanzem von denen Du
zuletzt geschrieben bale Es war sp
«-nds:utlich, daß es Niemand lesen
konnte. Auch Papa nicht, nnd der
lann alle Handschriften lesen. Er
meint, es beißt Welwitfchia, aber ich
glaube es nicht.
Deine Betsy.
P. S. Nun lonunt kein Postslrip
tnm mehr.
Die Briefstelle, die von dein Mee
blatt handelte, iiberlaö der Leutnani
noch dreimal an diesem Tage, schüt
telte den stopf, als widerspräche er
innerlich Be tfy auf das kräftigsie und
hielt dannllmschan nach einer Schnur,
die des Amuletts würdig wäre. Als
er sie gefunden beseitigte erseht sorg
fältig das Kleeblalt an ihr nachdem
er noch einmal erwogen, ober es nicht
doch besser als Berloque verwende
Abee Beisys Worte hatten sich ihm tief
eingepräqt und er fühlte, daß er in
seiner Antwort, wo et des Anmletts
dankend Erwähnung thue, auch schrei
ben mußte, daß er es ihrem Wunsche
gemäß angelegt habe und es auf sei
ixem Herzen ruhe.
Er hielt die ganzeKleeblattges ichte
für die flüchtige Geburt einer c nfo
flüchtigen Mädchenlaune und ärgerte
sich, daß das Amulti, wenn er sich auf
tsie andere Seite legte, ihn im Schlafe
störte und drückte. Oft war er schon »
nahe daran, es abzunehmen und an
die Uhrtette zu hängen, aber er that:
es schließlich doch immer nicht, Betst) !
hätte es ihm nicht leicht vergeben —
er gewöhnte sich auch endlich daran
und nach rier Wochen. als ein Ant s
wortbrief bereits in Betsys Händeni
war und sie nun auch erfuhr, daß ihr ;
Vater doch recht gehabt und daß die ;
Wiiftenpflanzen wirklich Welwitfchiat
hießen, war esihm, alg hätte er est
immer getragen —er merkte gar nicht »
:nehr, daß er eS trug. J
Jn den ftürmifchen unruhigen Ta
gen,·die bald folgten, hätte er es wohl
nanz vergessen, wenn es ihm nicht doch
und durch ein unvorhergefeheneg Er
eigniß wieder ins Gedächtniß gekom
men wäre. Noch waren die Herero
nicht niedsergeworfen, da erklärte auch
Dendrit Witboi den Deutschen den
Krieg. Und bald darauf lief zu Oina-·
ruru die Meldung ein, daß am Fuße
der Omatakoberge Haufen von Wit
bois gesehen worden wären, die nn
lemerkt sich Omaruru nähern ·zu wol-:
len schienen. Sofort erhielt der Leut
nant Eulen den Befehl, mit dreißig
Reitern, mehr konnte man nicht ent
behren, gegen die Witboig zu ziehen,
um sie auseinanderzufpaengen nnd
«s,1triickzuiverfe:1.
Immer dasselbe Lanolwafrsouux
Weite, öde Strecken Sandes oder mit
gelbem Gras bewuchert, dazwischen
Vlloestauden und da und dort Dorn
ruschheckem zu den-en sich Giraffen
atazien und Hagedorn versilzt haben,
and zwischen dem Gebüsch aber nur
spärlich wilde Melonen und Fett-«
Pflanzen.
Man konnte nur langsam undbors
sichtig vorriicken, wer wußte, ob die
Schwarzen nicht hinter dem Dorn
steckten! Es hieß die Augen offen und
die Gewehre bereit halten.
Nachdentlich sah sich der Leutnant
um; alles frische gebräunte Gesichter
und hohe, kräftige Gestalten, die sicher
und fest auf ihren Pferden saßen. Wer
Von ihnen lam heil zurück und gesuxnd
tzach der Heimath Und war-en das
Blut so vieler tüchtiger Kerle wirtlich
fdiese Sandwiisten werth? Mußten sie
erst gedüngt werden, um Frucht zu
bringen und Lohn? Gab-IS tein bef
iereg Lobg, als hier zusterben, vor-.
einem Schwarzen niedergetnallt, der
laum zielte und nur durch Zufall traf?
drein Zweifel, manchmal reute ec- En
ten, fern von seinen Eltern und Betsh
zu sein, nnd gegen diese Schwarzen
ziehen zu miifsen, die schließlich doch
nichts anderes thaten, als ihre Frei
i,-eit und ihr Land bertheidigtelr Aber
iesser war’5 doch auf alle Fälle, in
Dmarura zu leren, wo jeder Tag et
was Neues brachte, wo man teine
Stunde sicher war vor diesen Schwar
zen, als daheim regelmäßig den ge
trohnten Dienst zu thun und die freien
Stunden mit mäßiger Unterhaltung
auszufüllen Freilich manchmal ver
langte es ihn stürmisch nach Haus, und
er wäre am liebsten mit dem Dampfer
mitgcfahren, aber die Pflicht hielt ihn
,«,uriick, er mußte sich bezwingen bis
»,:un Frühjahr, bis zum Urlaub.
,,Schneider!« Der Leutnant schrit
telte energisch alle weichen Gedanken
ab und rief den Unteroffizier.
»An Befehl, Herr Leutnant!« Der
tlnteroffizier brachte mit kräftigem
Schenkeldruck sein Pferd neben das
Entens.
»Nichts zu sehen, Schneider, da
alles still. Nun sind wir schon eine
Stunde unterwegs. Wer weiß, ob
es überhaupt stimmt? Der Leut
snant fah in die Runde, aufmerksam
jede Stelle, die irgendwie natürlichen
Schutz geben konnte, griindlich prüfend
und blickte auf den Unterofsizier, der
ebenfalls das Terrain gemustert hatte.
»Was meinen Sie?«
»Man tann nicht wissen, Herr Leut
nant, sagte Schneider achselzuctend
»wir sind ja noch nicht an den Ver-»
gen.«
uno wieder gings werter, Iangsam
vorsichtig.
Jmmer höher stiegen vor ihnen die
Berge auf, mit niedrig am Boden trie
chendenr Gestrüpp bedeckt, zerrisan wie
von einem lirdbebem ans der Ferne
ungeheuren, übereinander gethiirmten
Terinitenhijgeln vergleichbar, besetzt
mit Dornbiifchen gleich niedrigen Fe
stnnggwällen
Jetzt aber ritten sie Schritt.
Nichts regte sich, hoch in der Lust
nur Anggeier, die nnruhiqe Kreise zo
gen nnd wohl irgend ein gefallen-es
Wild eröugt haben mochten, aus das
sre langsam sich herablassen wollten.
Der Leutnant wollte sich gerade an
den Unteroffizier wenden, da tnatter
te es heftig los, nnd hinter den Dorn
hecken wurde es lebendig, schwarze
Köpfe tauchten auf, Flintenläufe wur
den sichtbar.
»Los!« schrie Enien und riß den
Säbel aus der Scheide. Und in wil
dem Galopp sprengten sie auf die
Schwarzen. Und wieder Knattern,
Krachen, Geheul.
von den Pferden, der eine wurde noch
ein Stück mitgeschleift.
,,Los!« Niemand achtete der Kugeln,
die schneidend durch die Luft pfiffen,
sie rasten dahin.
Dem Leutnant riß eine Kugel ein
Loch in den linken Arm, er merkte es
nicht. »Los!« Und nun blitzten die
Säbel und hieben auf schwarze Leiber,
die unter ihnen zuckt-en und sich wan
Zwei Mann fielen
H
den, bis die Knäuel sich lösten nnd die
Schwarzen in planloser Flucht stehen«
doch auch jetzt noch wandten sie sich
und schossen; es war, als ob Pulver
und Kugeln sie auf ihrer Flucht be
seh-werten.
,,Lo’g!« schrie Enten, aber während
die Reiter die Flieh-enden verfolgten,
konnte er es selbst nicht mehr, ihn hat
ten zwei Kugeln getroffen, er sanl vom
Pferd —-- —
,,Na, nun ist bald alles wieder im
Luth. Nur Ruhe,« sagte der Arzt, »und
dann Urlaub, lieber Enten. Ja, ja,««
sagte er beschwichtigend, ,,anders ist’5
nicht zu machen. Drüben kuriten Sie
sich ernstlich aus. Es hätte böse wet
den können, aber Glück muß dierMensch
haben. Sehen Sie, diesem Angel
chen verdanken Sie Ihr Leben.« Er
hielt thn das Kleedlatt hin, es glänzte
wie sonst, aber die Blätter hatten
sich über einer Kugel geschlossen, wie
in einer Falle hatten sie die Kugeln-e
sangen.
Eine gute Seele.
Richter-: »Warum bezahlen Sie den
Grabstetn für Jshren verstorbenen
Mann nich-t?«
»Aus Pietät, Herr Richter, er ist
nämlich auch im Leben alles schuldig
geblieben«
Muthig.
»Und Du hast Dich nicht einmal
gewehrt, als Dich der Kerl ohrfeigte?«
»Wie konnte ich denn; in der einen«
Hand hatte ich die Büchermappe Unit
in der ander-en den Regenschirm!«
Noch schlechten
Mutter fzu ihrem S-ohne): »Was-L
schon wieder mußt D’ im Wirthshus
»sit3en, wär’s denn ne g’fcheiter, Du
Ethätft Was arbeiten?«
) Sohn: »Aber Mutter, dann- krieg
« ich ja noch mehr Du.rst!«
. Bestraft
s Sonntag-zeiget ans Pumpgmn re
f kannt): »Weißt Du, mir ist das Jagd
soergniigen recht verleidet worden«
s Freund: »Aha, hat Dir nun auch
zder Wildprethiinsdler den Gerichtsvoll
iziehet auf den Hals giesch·ickt?«
i
Verdärlitig.
» Tochter eines- C-olonsi»alwaarenhiind
i lserst »Nun weiß ich nicht, was ich von
xsiarl denjen- solll Geftern auf dem Ball
that er mir seine Liebe erklärt und um
meine Hand anqehailten und heute
schickt er einen Laufjnnaen nach einem
sauren .s,«)iiring.«
s »Wie, Knirps-, in- Deinen Adem
rollt milktiirischeg Btnt?«
Lehrjunge: »Ja, meine Großmutter
war Ofsizieristöchin!«
Linn-nee
Jch warne hiermit Jeden, sich von
meinem Sohn, der mir entlaufen ist,
barbiren zu lassen, da ich für nich-is
auftommc. — - Theobald Schinder-Ba
der und Heilaehilfe. «-«
Schön gesagt
»Also Deine neu-e Köchin verpfleU"«
Dich bedeutend besser als die frühere-P
Soldat: »Zum-onl: für mich ist ein
neuer Bratwurstsriihling angedro
ct)en.«
Merkwürdiae Motivirunq.
»Ist-eher, aar so schlecht form es
Ihnen doch garnicht gehen Sie
haben ja, wie ich gestern gehört habe·
in diesem Jahre silberne Hochzeit w
fekert!« «
Intel
»Ftiirzlich zeiate ich meiner Frau ei
insen Sternsschnnpdenialh da bin· ich
y aber eingegangen«
»Wieso?
»Bei Eier Esternschnupxe wiinsfchste
sie sidiett aL.« s
»Ah notom!«
Setz’t Du den PegasuS in Trab,
So merkv Dir, Freundchem das:
Den Reiter wirst er öfter ab,
Dem Reiter selten was-.
Immer noch begeistert
Richter Hnm Vltigsrilnqten): »Nun
sogen Sie mir eInmaL wie war heim
die Ranserei eigentlich?«
Wink-klagten Schön —— ach schön!«
sei-in Speis-.
A.: »Sie sind also hierher gereist,
nin sicli in verheirathen?«
V.: »Ja, natürlich! Meinen Sie
vielleiclyt, ich re-.se zum Vergnügen«
s«) «
hernni.
Use now nicht nöthig.
,,Diesse'Violine hier ist 200 Jahres
alt,« sagte der Händler.
»Hm, sie ist in sehr nett,« sagte des
Känseix »aber ich kann niirnoch ein-e
neue lesiste-n."
Letzte Hossnmnp
»Ich tann meinen Schlüssel nicht
finden!«
»Hast Du schon in Deiner Westw
tasche nachgesehen?«
»Dort such’ ich ihn zulesitJ denn
wenn er da auch nicht ist, krieg· ich
eine Schandwnth!«
Ein Mißgriff
,,Was ist’s denn mit iiem Meyer,
der war früher immer so lustig, nnd
jetzt ist er ein Grieggramsp
»Ja, wissen S’, den-hat ein Bad-r
zu Ader gelassen, und hat die humori
stische erwisebt!« «