Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 24, 1905, Sweiter Theil., Image 11

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    III-— - -s —- ssJ
W schreit-ebnes non
Ist-Tit InnkatengkL
No.143. Well,
Mistcc Edi
thor, ich hen
. se immer noch,
das meint die
Gtipm ich
- kann Jhne sa
ge, daß ich nie»
j nit gedenkt
hätt, daß eim
»das so krank
un so missetebbel mache deht.
Truhel is, ich kann immer noch nicks
psse, hen en beese Koff un dann das
Schnießel Wei, ich hen schon hun
uertmol eclspeckiet, daß mich mei Nos
eraus fliege dehi un ich kann heut noch
nii sehn, wie das Riechohkgen so en
Abbjuhs siende kann. Wie ich so zwei
oder drei mal gefchnießt den, das hoi
mich gut fühle mache un ich hen atig
lliek in mein Kopp gefühlt Wann’g
jetzt geslappi hätt, dann hätl ich ja
auch gar nil geliclt; es war awwer nur
das Pteluhdiium, wie mer la schön
jage duhi, so wag mer uff deutsch die
Jndrodockschen rufe duht. Das
Schnieße is immer weiter gange; zu
erscht hen ich gezählt, awwer wie ich
siwwe un neunzigmol gezählt gehabt
ben, mitaus, daß das geringste Simp
iem da gewese wär, daß das End in
Seit wär, do hen ich gestappt zu zähle
Jch hen mich mein ganze Kopp in e
Blänlet eingewicleli un hen nur die
Nos eraus gucle losse. Das war so e
Keind von e Sehfiie Walf, sor daß
ieine Ecksplohschen stattgefunne hot.
Ei tell juh, ich sin e arig misserable
Frau gewese. Der Philipp, was mein
Hosband is, hot mich wann un dann
en Wißlie gewwe, awwer ich tann nit
sehn, was mich das hot gut dnhn solle.
Jch hen jedesmal so en kleine Jiick
kriegt un hen dann for e Stund odder
so geschlose. Wann ich awwer widder
ufsgewacht sin, dann hen ich e ganz
lchreckliches Heitehl gehabt. Un nir
Ives sin ich gewese! O mei, o mie.
Wann eins von die Kids in mei Ruhm
is komme un hot mich ebbeg gefragt,
dann sin ich so eckseitet geworde, daß
ich. sor e haltve Stund ganz das
Schnieße vergesse heu. Un wann der
Philipp mit seine große Fuß in den
Haus herum is, dann hot das gefühlt,
als ob er mich ufs mein Kopp erum
trämpe deht. Well, den Weg hen ich
so ebaut siwwe Dag ins Bett gelege;
dann hot das Kalt gestappt un das
Schnieße; mein Kopp is e gutes Diehl
tiierer gewese, ich hen widder e wenig
tippeteit kriegt un es wär also putti
nier alles widder in en gute Schehp
gewese. Jch hen denn auch reiteweg
getreit, ufszustehn, awwer wie ich ne
toig mein Bett gestanne heu, do sin ich
puttiniet zusammegebroche. Schiwiß,
was sin ich ja so ausgeteiert gewese!
Jch hen emol nach mei Nos greife
wolle, awwer mein Arm is mich erun
ner gefalle, als wann er gar nit zu
mich belange deht. Well, do lönne Se
sich denke, daß ich reiteweg widder in
mei Bett getrawwelt sin. Noch zwei
Tag sin ich liege gebliwwe un dann
hätte mich awwer teine zehn Gail
mehr ins Bett gehalte. Es is ja dann
auch so langsam gange, osf Kohrs hen
ich nit dran denle lönne, harte Arbeit
zu duhn, awwer das hen ich ja auch
nit nöthig gehabt. Die Wedesweilern
is immer Nachmittags zu mich tomme
nn die Britschet, was unsern sisarlie
seine Alte is, die war immer Morgens
do. Die hen das nothwendigste ge
schafft. so daß das Haus doch nit zu
schrecklich geguclt hot. Oss Kohrs, ich
sin schuhr, daß se’s nur gedahn heu,
for daß se alles bei mich hen aus
ichnuppern könne, awwer was hen ich
drum gewwe. Der Philipp hot sich
auch gut behehft un hat morgens das
Feier gestart un hot iwwerhaupt eini
ges gedahn, sor das Lewe iesig for
mich zu mache. Nachmittags, wenn
die Wedesweilern komme is. dann hot
er sich immer eclsjuhsi; er hot gesagt,
er deht en lleine Näpp nemme un ich
hätt ja Jemand, wo Kehr von mich
nemme deht. Do hen ich auch gar nicks
dagege sage wolle. Uss en schöne Nach
mittag hen ich widder ganz gut gefühlt
un die Wedesweilern hot gesagt, Liz
zie, hat se gesagt, ich denke, du kannst
ietzt mitaus mich duhn« ich sin daheim
arig billig un ich lann Uedlie Die sen
spehte. Ahleechi, hea ich gesagt, geh
nur. im schlimmste Fall ruf ich den
Philipp-. Se is dann fort un fo ebaut
e halwe Stand später hen ich en frech
lerliche Dorschi kriegt. Der Daelter
hol mich gesagt, ich sollt einiges esse
nnd drinle, wo ich zu fühle deht un
weil es diesmal grad Bier gewese is,
fJVO ich Eppeteit zu gehabt heu, do hen
ich gedenkt, der Philipp lann mich ja
Aernol e Peintche hole. Jch sin dann in
sei Ruhm, for ihn uffzuwecle, answer
exk Philipp ig nil da gewese. Well,
- n ich gedenkt, sell is fonnie, wo lann
t denn nur lein? Jch hen dann se
att, bis die Schul ausgelosse hol un
« ann hen ich die Kids gelagi, se sollte
Ttmol ihren Po suche. Sell is iesig,
Esel der Bennie gesagt, er hockl doch je
den Nachmittag bei den Misier Wehes
«veilek. Well, das duht cum-ver doch
einiges biete, hen ich zu mich gedenkt.
IAwwet ich hen nlcks gesagt, un hen
sei-»ble- bie Mds geiggh le beäuchle nit
Mr ihren Pa zu gucke. Wiss lo pul
ee eitler sechs Uhr war, do is et uff
eenwl ans sein Ruhm komme un hot
gesagt, das wär awwek emol en die
sentee Niipp gewese, blos e wenig zu«
lang. Wie mer Sappet gehabt hatte,
do sagt er, well, jeßt deht er denke, daß
er e wenig Bier verdient hätt. Er deht
fett e wenig zu den Wedesweiler gehn,
sonst deht der am End mäd wer’n,
wann er sich gar nit sehn deht losse.
Do kann mer awwer doch shn, was
die Mannslent for Fieluhs fin! Jch
hen ihn auch jetzt gehn lossc, mitaus e
Wort zu sage; es is meine Jntenfchen
gewese, ihn e warme Riefeppschen zu
gewwe, wann er widder heim deht
komme, biiahs in die erschte Lein hen
ich doch augfinne wolle, wie lang er
itehn deht. Jch hens mich ins Bett ge
legt un hen gewartiun gewart, awwer
ich hen ihn nit gehört; tnei Mädneß is
so groß geworde, daß ich mich schon
nach den Bruhm un den Buhttschäck
nn annere Wurfgeschosse umgegnckt
hen, awwcr denke se emol, die Müdig
keit hot mich iivwermannt un ich sin
cingeschlofe un hen mein Rohst for
mich behalte könne. Awwer gekriegt
bot er ihn doch noch un das will ich
Jhne das nächste mol verzählr. Mit
beste Riegardg Juhrs
Lizzie HanfstengeL
Ostern 1905.
Das diesjährige Osterfest fällt aus
Sonntag, 23. April.
Mit der Festsetzung des Osterfestes
ist es in diesem Jahre eine eigene
Sache. Nach dem Kalender tritt am
21. März 4 Minuten vor 5 Uhr Mor
gens nach mittlerer Greentvicher Zeit
Vollmond ein. Danach müßte man
glauben, daß gemäß der fiir dasOster
fest gültigen Vorschriften dieses aus
den Sonntag fallen müßte, der dem
21· März folgt, also auf den 26.
März.
Warum das doch nicht der Fall ist,
verdient doch wohl eine Aufklärung
Der Mond, von dem in den Kalendern
die Rede ist« entspricht nicht dem
wirklichen Mond am Himmel, der
zu einer ganz bestimmten Setunde
voll wird, sondern einem supponirten »
Mond, dessen Zeitphasen so angenom
«men werdens daß sie nicht viel von
idenen des wirtlichengMondes verschie
den sind. Der Grund ist der daß-«
die Angaben fiir alle Längegrade der
I Erde im Durchschnitt richtig sein sol-·
Wen Würde man sich an die that
»sächlichen astronomischen Verhältnisse
Halten, so müßte siir jeden Meridian
kein anderer Kalender ausgegeben
« werden.
x Jn dem fraglichen Beispiel, in dem
xder wirkliche Mond also nach Gran
toicher Zeit vollwird, hat beispiels
weise Washington den Eintritt des
Vollmondes um 12 Minuten vor Mit
ternacht des vorausgehenden Tages,
gleichfalls nach mittlerer Ortszeit be
rechnet. Unter diesen Umständen wür
den die Leute« die nach Greentvicher
Zeit rechnen, den Ostersonntag am 26.
«März begehen, und die Leute, die nach
der Zeit von Washington rechnen« am
M April. Vielleicht der einsachste
Ausdruck siir das Datum des Passah
vollmondes ist dasjenige Datum des
März, das sich nach Abzug der Epalte
von 44 ergiebt. Die Epatte ist die
Zahl, die das Alter des-Mondes am 1.
Januar des betreffenden Jahres nach
Tagen bezeichnet. Wenn die Epatte
kleiner ist als 24, so erhält man das
Datum des Passahvollmondes im
März durch Abzug von 44 direkt. Jst
die Epatte gleich oder größer als 24,
so vermittelt diese Rechnung das Da
tum des vor-ausgehenden Vollmondes.
Das des Vassahvollmondes getoannt
man dadurch, daß man 29 hinzu
addirt
Im laufenden Jahre ist nun die
Epatte gerade gleich 24, somit trifft
der Vollmond des Kalenders auf den
Lit. März. Dies ist aber nach der
obigen Vorschrift nicht der Passah
vollmond, sondern der vorausgehende
Ersterer tritt vielmehr erst 29 Tage
später, also am 18. April, ein, und
der Ostersonntag ist demzufolge aus
den 28. April festgesetzt.
Die Kupfer-mite.
König Ludwig der Erste unterhielt
sich gern mit dem groben, aber witzigen
Pserdehändler Fräntel in München.
Er neckte ihn ost und wolle sich todt
lachen über die derbe Art, mit der ihm
Fräulel antwortete. Eines Tages
sagte er zu ihm: ,.Fräntel, Jhr habt
eine so schöne rothe Nase, die ist gewiß
aus echtem Kuper geht doch in jene
Kupferschmiede und verkauft sie; Jhk
belommt gewiß ein aanz hübsches
Stimmchen dafür-t« ,,Beim Kupfer
schmied,« lautete die trockene Antwort,
»bin ich schon längst gewesen, der sagte
mir aber, das muß doch ein rechter
Esel gewesen sein, der Euch diesen
Rath gegeben hatt«
-..
Es ist etwas sehr Meschiedenes, ein
gemiithlicher Mensch und ein Mensch
ron Gemüth zu sein«
c Of III
Der Stolz nimmt genau so viel
Plav im hientasten ein, als die
Dummheit ihm einräumt.
II O c
Aber-mais haben die Japaner einen .
britsckyn Dampser abgesangen, der mit J
Kohlen für die Rassen in Wladiwostocl «
beladen war. Das ist ja schrecklich!
Wie kommen denn die Japaner dazu, ;
einem Bundesgenossen das Geschäft zu »
vertiimmerni « .
Vier Wochen getrennt.
Novellette von H. Waldemar.
»Ich begreife dich einfach nicht«
Dore, daß du die Geschenke behalten
Willst, trotzdem Jhr —- du —«
Die S recherin verstummte vor dem
Zornesbltch den ihr die Schwester zu
ivarf, zuckte dann die Achseln und
schnippte mit den Fingern in die Luft.
Dai n sagt-e sie: i
»Na, mir kanns ja eigentlich gleich
sein, .;bc: sein finde ich es nicht von
dir, dass du die Geschenke eines Frem
den, mit dein du vserlobt gewesen bist,
l-:,alten willst. Was gehen sie dich
denn noch an? Jhr habt euch getrennt,
und damit hört doch alles- auf. Freude
haben kannst du doch nicht mehr an
den Sachen!«
Mit lxocherhobeneni Haupte verließ
Lutu, nachdem sie ihren letztenTrumpf
augzeszkelh die Veranda, wo die bei-:
den Schwestern mit einer Handarbeit
I
Yore, eine etwas blafse Blondine
mit weichem Ausdruck in den blauen
Augen« sah der Schwester einige Se
iunden nach, wie sie durch den wohl
gepslegten Garten ging, dann, als eine
Biegnng des Weges sie ihrem Blicke
entzog, seufzte sie auf, schlug beide
Hände oor das Gesicht und brach in
bitteres Schlnchzen aus.
Doch nicht lange währte dieser hef
tige Schmerz· Dore faßte sich, raffte
ihre Stickerei zusammen und eilte auf
ihr Zimmer, die Thüre desselben hinter
sich doppelt verschließend.
Nun war sie allein! N konnte sie
znm, sie wußte felbft ni , wievielten
Male die Geschenke ihres Hans aus
zsarken und ansehen und bewundern.
»Ihr-es« Han5?! Ach, er war ja gar
nicht mehr ihr sie hatte ihn verloren
durch eigene Schuld. —— Nein, so war's
nicht, er war hart und ungerecht, er
Dore senkte-den feinen Kopf. Sie
war doch zwgerechh als daß sie ihm
alle Schuld beigemessen hätte —- sie
kannte sich selbst enau, sich und ihren
Eigensinn. —- Ager was nützte diess
alles jetzt? Vier Wochen sind es her,
daß sie sich getrennt. Vier endlosi
lange Wochen liegen hinter ihr, voller
Sehnsucht, Qual und Selbstborwiirfe.
Und nun die Gefchenlel Lulu war
doch auch zu sonderbar-, warum sollte
sie ihm die Sachen wiedergeben, wenn
e sie nicht wollte? -—- Hatte er nicht
gesagt, erfände das Zurückgeben la
cherlich? Meint-: er- denn nicht, er habe
die Geschenke doch nicht nur geborgt,
um sie einst wieder zu verlangen?
Nein, nein, er glaubte, wir wiirdenes
hijbsch finden, an jene Zeit zuriietzu
denken, sobald wir sie nns ansehen. —
Nun ja, in zehn oder zwanzig oder
noch mehr Jahren, dachte Don-, könnte
das sein, aber jetzt s— von neuem
brach sie in Thranen aus --— jetzt
schmerzte ihr Anblick gar zu sehr, o
wie sehr. —
; Da war die reizende kleine Uhr, mit
- Türlisen ganz besetzt, deren Farbe
ihren Vergißmeinnichtaugen gleich
rein, wie er so hübsch sagte, alg er sie
ihr bracl te Wie eifrig verfolgte si
die Bewegung der goldenen Zeiger,
um ja gewiß ganz piinltlich am Ort
des Rendezvous zu fein. — Sie da
gegen hatte ihm einen zierlichen Rom
pasz gegeben, damit er den Weg zu ihr
niemals verfehle Mauc- einer Straße
in die andere!
Wie hübsch war dies alles-, und doch
lrie bitter nun! Wird der Kompaß ihn
nicht am Ende jetzt in ein anderes
Haus, zu einein anderen Mädchen
führen-Z O, die Qual! »—
Ella Macle natürlich würde es sein
die ihn erringt. »Wie thoricht ist sie
gewesen, dies nicht längst zu ahnen. —
Alle Welt glaubt es doch auch, daß er
Ella lieben gelernt, Ella, die ihr da
mals bei ihrer Verlobung lein Wort
der Freude nnd der Wünsche zu sagen
wußte. —— Und war es nicht erst ge
stern noch, als sie Ella begegnete?
Und mit welch triumphirendem Lä
- cheln hatte sie der armen Dore in das
blasfe verweinte Gesichtchen geblickt2l
Dore weinte, nachdem sie in ihren
Cedanten so weit gekommen, als sollte
ihr das Herz brechen
Sie war ja immer überzeugt gewe
sen von ihrer Liebe zu Hans, aber wie
heiß und innig sie ihn liebte, das
wußte sie erst, als sie ihn verloren
hatte.
Und er?
Wie hatte er gegen dac— Zurückgeben
der Geschenk-: geeifert es erschien
ihm grausam, hart, lieblos, eine sons
derbare Mode, nur, weil man ein Ver
löbniß brach. —— So damals.
Jetzt aber war er zu der Ueber
zeugung gekommen, dasz doch ein guter
Sinn in dieier Sitte liegt, daf; iie doch
nicht so gar sonderbarist, wiees ihm
anfangs gedünkt.
Es war ihm so schmerzlich, all die
Meinen Kunstwerke zu sehen, die Dore
selbst angefertigt nnd womit er seine
»Bude« qsniiithlich und behaglich ge
macht. Am liebsten käme er nicht wie
der nach Hause. Und doch fand er es
feige, die Zeugen jener herrlichen Ver
lobungszeit wegzuräumen, er glaubte
es als Mann beweisen zu sollen, daß
er auch ohne äußere Hilfsmittel über
Schmerz und Enttiiuschung hinweg
kommen würde.
Aber im innersien Herzen wiinschie
er doch, er hätte sich der Sitte gefügt,
hätte ein Ende mit Schrecken gemacht
und Dore alles zurückgeschickt, anstatt
Paß ein Schrecken ohne Ende vor than
Og
Eines Tages kam er auch nerbös,
Verdrießlich zum Frühstück, das ihm
IeineWirthin zurechtgestellt Das nied
z liche Meißener Service war ein Ge
fchenk der einfügen Braut, dieDecke,
woran es stand, eine Arbeit von ihr.
——Er sprang auf und versuchte zu
mucherr. Schon zog er die Scheere
aus der Tasche-, um die Spitze abzu
schneiden, da ein Laut, fast tlan-g’s
wie ein Fluch, und die Scheere flog in
eige Ecke des Zimmers —sie war von
»i r«.
Zu seiner Erleichterung saher auf
seinem Schreibtifch die Frühpost lie
gen, dabei ein Psaclei. Während er die
Briefe las, beruhigte er sich etwas.
Aber die Schrift auf der Schachtel er
ngte ihn wieder. Rasch riß er die
Schnur herunter, öffnete und entnahm
dein Packet einen Zettel. Darauf
stand, er sal) es mit Freuden, daß das
Papier Thränenspuren zeigte.
»Lieber Hans ---— ich bitte Dich,
nimm alles zurück. Jch tann«es nicht
ertragen, e zu sehen! —- Dore.«
Wie Schuppen fiel es ihm von den
Augen, und jetzt sah er doch ein, daß
seine Weigerung, die Geschenke zurück
zunehmen, nicht nur Laune, sondern
ron einer Eingebung des Herzens dik
tirt war. Hätten sie in der Hitze des
Streites alles zurückgeschiclt, so wäre
ilnen Reue unmöglich gewesen. »Ich
lann es nicht ertragen, es zu sehen«,
schrieb sie. Lag darin nicht ein ganze?
Geständniß, nicht die Qual und Sehn
sucht einer viertoöchigen Trennung?
Vor vier Wochen war’s. Er sah die
ganze Szene greifbar vor sich. Es war
in einer Tanzschule. Dore tanzte mit
einem hübschen Fremden dreimal hin
tereinander, obwohl sie merk-en mußte,
daß es Hans unangenehm war. Ja,
sie stellte den Fremden auch nicht vor,
und wußte ihres Verlobten Eifersucht
geschickt zu reizen. —- Vergeblich er
tlitirte sie in der Auseiniandersetzung,
die am anderen Tage erfolgte, daß der
Fremde ein Vetter gewesen, der weit
her gekommen sei, um seine Braut zu
holen. Vergeblich war ihr Bitten und
Versicheru, daß sie es nicht böse ge
meint ——— Hans fühlte sich beleidigt und
verspottet, er gab ihr harte Worte,
sprach davon, ihr nicht mehr vertrauen
zuftönnem und löste die Velobung
au . —
Vier Wochen hatten genügt, um ih
nen beiden das Thriöchte ihres Thuns
vor Augen zu führen, sie beide bitter
bereuen zu lassen, daß sie zu hitzig ge
wesen« Sie wußten nun, daß ihre
Liebe rein und wahr und tief genug
war, um ein ganzes Leben zu über
dauern, um eines des andern Fehler
und Schwächen in Geduld zu ertragen
Hans mußte ins Geschäft. Hastig
sah er nach der Uhr. Es fehlten noch
fünf Minuten an der bestimmten Zeit.
"Die wollte er ausniitzm
So setzte er sich hin und schrieb:
»Liebe Bote-« bitte, nimm mich
zuriict, ich kann es nicht ertragen, Dich
nicht mehr zu sehen. --- Haus«
Und so geschah es.
Damit aber nicht noch einmal ihr
Gliick gefährdet würde, beschlossen sie
so schnell als möglich sich fiir immer
zu vereinigen.
-- —
Diebs-hienieden
Aus der Kreisstadt Borisfogljebst
im Gouvernement Tambow berichtet
iie St. Petersburger Zeitung: Vor
einiger Zeit drangen Diebe während
per Nacht in das Lokal der Duma
(Stadtverwaltung), raubten 2500
Titubel und erbrachen einen Kasten, in
kein die Halsietten des Stadthauptes,
feines Gehilfen und mehrerer Stadt-—
rerordneten aufbewahrt wurden. Nach
rer Veriibung des Diebstahl-J veran
stalteten die Einbrechcr iviisie Zechge
jage, die natürlich in der kleinen Stadt
ai.sfielen und die Verhastung der
Thäter veranlaßten. Beim Verhör
erzählten sie, daß sie sich nach der Ver
iilsung des Diebstahls die Halsketten
umgelegt und in fornseller Sitzung,
angethan mit den Abzeiitxen amtlicher
Würde, iiber ds: Vertheilung des Gel
des beraihen hätten, nachdem sie zu
vor der Stadtberwaltung eine Riige
ijber die nachlassiae Aufbewahrung
s!a«dtischer Gelder ertheilt hätten.
CH
Am Südpoh
Gelegentlich der belaischen Endpol
expedilion ans der Belaiea haben Arc
towoti und Dobrowolgki untersucht,
ol) jenseits des südlichen Psolarlreiseg
das acfrorene Wasser einen anderen
iiiorphograptsischen Halsitus besitzt als
bei uns im Winter. Die Grundform
aller Schneeaebilde bildet stets das
reauläre Sechseck. Sehr häufig wur
den Spalten, Löcher nnd kapillare
Hohlriiume in den Kristallen beobach
tet. Die Individuen vom zweiten Ty
pus ließen sich wieder in zwei Klassen
sondern. Die Ajkehrzalsl ensbrsich einen
sich zuspitzenden Stabe von sechgecliaen
Querschnitt, die Minderzahl einem
liinalichen, geraden Prisma mit sechs
tiantem Zuweilen verschmolzen auch
beide Körpersormen Der blinkende
Schneestaub, der bei hoher Kälte die
ruhige Lust erfüllt, war schwer zu un
tersuchen.
Ranhreis, wie er jene schönen Fe
dern bildet, die wir als Winterschmuck
unserer Wälder kennen, konnte selbst
verständlch in den antarltischen Ge
bieten nicht beobachtet werden. Dort
erscheint der Rauhreis entweder als
Ueberzu der Schneetörner oder in
aranulöyen Bildnnaen von oft recht
fremdartigem Aussehen, die aus Ag
gregaten polyedrischer Körnchen be
stehen. Jm allgemeinen aber bietet
die Südpolarzone keine grundsätzlichen
Verschiedenheiten in den stereometri
schen Formen des sestaeivordenen
Wassers dat.
) Eine halslssiidhcschkthclcd
, Petersburg, 11. Januar. Beste
chung und Bestechlichleit sind häßliche
Worte, bei denen jeder ehrliche Mann
sofort an die betreffenden Paragra
phen des Gesetzbuches denkt. Der
Rasse hat für diese Worte den viel be
quemeren und lange nicht so unange
niehm klingenden Begriff Nehmen sub
stituirt. Die Wsjatla (da5 Nehmen),
ar- der ein großer Theil der russischen
Beamtenwelt trankt, und die in den
fünfziger Jahren deg vorigen Jahr
Jbunderl5 als etwas durchaus Legalegi
»und keineswegs Ehrenriihrigeg ange
sehen wurde, ist dag, was wir in diir
Ten Worten Besiechung nennen. Gegen
»die ijatta ist im Laufe der Jahre
fleht energisch angekämpft worden,
Huld eg läßt sich nicht leugnen, daß
; zwischen den Zeilen Nikolaus des Er
slen und denen des zweiten Nikolaus
ein großer Unterschied in dieser Hin
sicht besteht. Zur Charakteristik jener
Zeitepoche sei ein historisches Gespräch
zwischen Zar Nikolaus dem Ersten
und seinem damaligen Premier, dem
Grafen Adlerberg, angeführt. Der
Zar ließ den Grafen kommen und
redete ihn mit den Worten an: »Ich
habe gehört, daß in allen Behörden
gestohlen wirts.« ,,Jawohl, Majestiit,«
lautete die schüchterne Antwort Adler
bergs, »das dürfte zutreffend sein.«
»Kennst Du einen Menschen, der nicht
stiehlt und unbestechlich ist?« »Nein,
,Majestät.« »Dann sieh’ mich an, Du
Lump, denn Du stiehlst auch!« Seit
jenem Vorfall ist iiber ein halbes
Jahrhundert vergangen, die Zustände
haben sich gebessert, gestohlen wird
wohl auch noch zuweilen, namentlich
im Rothen Kreuz, aber die-— Wsjatta
ist leider nur zum kleinsten Theil aus
gestorben, wie nachstehende Geschichte
lehrt, die hier viel Beunruhigung und
mannigfache Koninientare hervorgeru
fen hat.
Die sogenannte dritte Abtheiluug
oder das gegenwärtige Departement
Hoer Staatspolizei ist eine viel gefürch
tete strenge Behörde, die mit außer
gewöhnlichen Befugnissen versehen ist
nud allen jenen Elementen scharf auf
die Finger sieht, welche sich mit Um
sturzideen oder Attentaten oder der
gleichen Sachen beschäftigen, fiir die
der gewöhnliche Sterbliche meist gar
tein Interesse hat. Außerdem ruht in
der Hand dieser Behörde auch die Auf
sich über diejenigen Leute und Natio
Italitätem deren Rechte in Rußland
beschränkt find.
Jn dieser Behörde diente ein Setre
tär, die rechte Hand des Direktor5,
sein Vertrauter, durch dessen Hände
alle wichtigen Angelegenheiten gingen,
und der c-« im Laufe seiner achtzehn
iiihrigen Dienstzeit verstanden hatte,
sich das volle Vertrauen seineI Borg-:
setzten zu erwerben. Gelegenheit macht
Diebe; to lam es, daf; der getreue
Beamte allmählich darauf sann, auch
einen realen Vortheil ans feiner hohen
Stellung zu ziehen. Eine-J Tages
kam ein Bittsteller zu ihm, mit dem er
schon öfter zu thun gehabt hatte, dem
e5 daher nichts Neues mehr war,daß
Herr W.S. Sybin für Geld oder
Geschenke gern gefällig war, zumal er
sich eines gewissen Einflusses auf sei
nen obersten Vorgesetzten nnd dessen
Gemahlin riihmte. Der Bittfteller,
ein hier in Petergburg sehr bekannte-»
reiche-: nnd angeseheneö Mitglied einer
in Rulearid nur geduldeten Rasse-,
hatte ein Llnliegen an das Polizei
departement, daS wohl gewisser Opfer
werth fein mußte, denn Herr Shbin
gab dem Manne zu verstehen, das-,
seinem Wunsche nichts im Wege stehe,
wenn er der Gemahlin seines Chefg
eEn schönes Halgband fijr zwei-» oder
dreitausend Rnbel scheuten würde
Am nächsten Tage befand sich dac
Halgband in den Händen des ge
wandten —Eeki«etärg, und der Bitstetlcr
entfernte sich uiit dem Versprechen, in
einigen Tagen wieder zu toznnun,1un
den Eindruct des schönen Geschmeid-es
zu erfahren· Als er wiederkam, konnte
Ihm Herr Shbin leider noch nicht die
gewünschte Antwort get-en. Er machte
dunkle Andeutungeu, daf; das Ge
schenk nicht den gewünschten Eindruck
geinacht und man offenbar mehr er
wartet habe.... Gleichzeitig lief; er
stillem-daß er noch heute Abend sein
Möglichsteg thun werde, um dieFrau
seines gestrengen Chef-H milder zu
stimmen, weil er eine Einladung ers
halten habe, sie in die Atsendvorstelx
lnng im kUlichaeLTheater in ihre Loge
zu begleiten. Der Bittsteller entfernte
sich, ging an die Theaterlasse und lie
sorgte sich einen Partettplatz für die
selbe Vorstellung, weil in ihiu ein
auälender Verdacht rege gelrordeu
war.
Die Vorstellung begann; eine seichte
französische htomodie wurde gegeben,
die unseren Mann nicht interessirte.
Da öffnet sich eine der Logeuthiiretn
und herein trat dac- ersehute Paar.
Am Halse der Frau schimmerte auch
das schöne Halggeschineide, das nun
doch Gnade vor den Augen der stren
gen Richterin gefunden zu haben
schien. Ein Theil des schwarzen Ver-,
dachte-H schwand auc- der Brust unseres
Mannes, aber er war nicht gewohnt,
auf halbem Wege stehen zu’bleiben.
Kurz vor Schluß der Vorstellung ent
fernte er sich aus dem Theater, suchte
sich eine Drofchte mit einem guten
Pferde aus und erwartete das Erschei
nen feines Pärchen-D weiches-auch nicht
allzu lange auf sich warten ließ, zu
feinem Erstaunen gleichfalls eine ge
wöhnliche Drofchke nahm und sich auf
den Heimweg begab.
Der Halsbandspender folgte. Jn
einer weit vom Centrum entfernt lie
genden Straße macht die Droschtedei
Paar-es vor einem Hause Halt, und
oas Pärchen verschwand im hof. Das
lani unserem Mann doch etwas son
derbar vor, daß die Frau des Direk
tors des Polizeidepartements im Hofe
einer gewöhnlichen Miethsslaserne ,
wohnen sollte. Er gabdeni brausen
Wache Haltenden Hausknecht ein
Trinkgeld, und fragte ihn nach dem
Namen der Leute. »Das ist Herr
Sybin mit seiner Maitresse,« lautete
die Antwort, welche die schwersten
Berdachtsniomente des grprellten
Mannes bestätigte. Schmerzen Her
zens ging er heim, er war um sein
Geld betrogen morden; aber er wollt-e
sich Gerechtigkeit verschaffen
Der nächste Morgen fand ihn im
Limpsanquaal des Fürsten Sloiato
noli Mitgli, des Ministers des Jnncss
ren. Er brachte seine Sache vor,
schweigend hörte der Minister ihn an,
dann drückte er aus einen Knopf, warf
einiae Zeilen ·an ein Blatt Papier
und bat den Mann, am nächsten Tage
wiederzutommen. Was zwischen dem
Minister des Jnneren und dem Di
rektor des Polizeidepartements in der
hierauf folgenden Unterhaltung ge
iprochen worden ist, wird«Geheim"niß
der vier Wände bleiben. Herr Shbin
wurde nach einem sehr eingehenden
Verhör noch am Abend desselben Ta
ges für immer aus dem Staatsdienst
entlassen und ihm die Möglichkeit ge
nommen, je wieder in denStaatsdienst
zu treten.
Die Untersuchung hat hierbei fol
gendes festgestellt, daß Sybin seit
Jahr und Tag Wsjatki nahm und sich
gern für Geschenke und Geld in jeder
Hinsicht gefällig erwies. Dadurch
setzte er sich in den Besitz von Sum
men, die es ihm ermöglichten, ein weit
über seine Verhältnisse gehendes Leben
Izu führen Jn das Publikum sind
über den angeführten Fall nur sehr
idunkle aber um so beunruhigendere
Gerüchte gedrungen, und es wird der
Wunsch nach Oeffentlichkeit laut.
Selbstverständlich ist der ertappte Be
amte nicht der einzige Schuldige, denn
hier hat man .s mit einem wsohlorga
uisirten System zu thun. Der hoch
angesehene Direktor des Departements
ist über jeden Verdacht erhaben, ob
gleich er der verantwortliche Theil siir
derartige Bestechliehteiten ist. Nur
»l-eriihrt es mehr wie sonderbar, daß
ter Chef der geheim-en Staatspolizei«
tie im Jahr viele Millionen Rubel
verschlingt, der über alles unterrichtet
sein sollte, nichts davon gewußt hat«
das-, seine Beamten nichts taugen und
ten Staat nnd die Gesellschaft betrü
gen Schon tauchen in der rnssischeu
Presse versteckte Andeutungcn auf. daß
Her Chef einer so wichtigen Institution
ein unfähig-er Mensch sein muß, wenn
derartige Bestechungen in einem so
grossen Umfang in seinem Departe
ment obnc sein Wissen vorkommen.
Hierbei darf es nicht weiter Wunder
nehmen, wenn in der Gesellschaft das
Gerücht kursirt, daß auch die soge
nannten Grheimsummen, welche dieser
Behörde zur Verfügung stehen, und
obgleich sie viel-e Millionen betragen,
der Reichslontrolle nicht unterstellt
sind, mißbraucht und verschwendet
werden. Am offensten spricht sich der
alte Fürst Meschtschersti im Grash
danin aus, indem er behauptet, Ladu
cttin, der Chef des Departements der
·"Z-«-taatspolizei, habe enorme Summen
ausgegeben und dabei gar« keine Ge
heimpolizei gehabt, was sehr glaub
würdig erklärt, warum er nie davon
unterrichtet war, was in den revolu
tirnären Kreisen vorging. Die ge
siirchtete Geheimpolizei hat als-J zum
größten Theil nur auf dem Papier
existirtz sie war ein ähnliches Mach
wert wie die Pot-: inkinschen Dörfer!
Das schone Hals-band hat übrigens
vie falsche Frau Lopuchin freiwillig
zuriictaegeh :,n obgleich sie dazu keiner
il-; das Ge: just hixjs isoiugen können
Dir New Yori Dissoriation ostfiousei
hold sitt-search hat beschlossen, daszein
Dienstmädchen nicht mehr Servant.
sondern Doniesskic Eniplohr genannt
its-erben darf. lieber diesen Titel wer
den die Dienstmädchen sich sehr sreueu,
wenn sie ihn auch für eine LohnAöh-«
nng gerne hergeben würden.
Zi- dk Ik
Die Posnneisterin von Sweetmancis
N. Y» ein Fri. Geneva Nivison, will
Ten Posten nicht länger bekleiden. Ge
gen den lltamen des Ortes hat sie
nichts einzuwenden, um so mehr da
gegen, das; sich ihr Einkommen ini
ganzen letzten Jahre nur auf Bis-tm
belaufen hat·
Ein Professor der Nationalökono
mie lefiirloortet, daß die Ehefrau die
Mosis-In der Hanslmltuna tragen hel
sen sollte. Das thut sie ja so wie so
durch die prachtvollen Sachen, die sie
fiir die Trading Stamng eintanfchl
nnd in die Haushaltnng fisceli.
dk Il- -l
Der am Schaho in Winteranarties
un liegenden Armee Kuropatling in
c·ne große Menge Unterhaltung-Stel
iisre überskmdt worden. Einen bedien
ienden Theil davon bildet Clara Vie
bia’g Roman »Das schlafende Heer«.
Li- sis If:
»Die fahrende Hochschule« dürfte
slch für junge Leut-e mit wenig Sitz
fleifch als loahxer Segen erweisen.
si- si
Einen Menschen muß man haben,
zu dem man sagen kann: Dir gegen
über bin ich — ich!
III III O
» Mancher hat schon dadurch, daß er
ncls auf die Rennbahn begeben — sein-i
F!«v»i"bn verschenk.