Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 17, 1905, Sweiter Theil., Image 14

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    Merrenloses Gut.
Roman von Dakie Bernhard.
(20. Fortsetzung)
Rein! Ich-B sve lieber nicht!«
.
M sprach überstiirzt, sie saß da
wie Init Blut übergossen. Sie kannte
W Mienenfpiel zu gut! Dies Spitz
Wlächelm diese übermüthig blitzen
UU Augen verriethen ihr deutlich ge
sieg, welcher Art die Frage war, die
hatte thun wollen.
"« «Kletnes Unschuldsliimmchen du!
Ra ut, ich bin schon still, spar’ mir’s
- file piiter auf, als Frau einessiünsv
leri wirst du’s schon lernen, über
Musikerische Fragen freier zu verhan
deln! Weil-PS denn dabei, daß du fo
bald heirathest2« .
»Ja —- in vier bis fünf Wochen-—- f
; Will wünscht es so!« :
« »Du Glückliche! Du Beneidens- i
, mrthet« Elly war ganz aufgeregt.
« nz enthusiastifch »Ich gömk dir’s
. aber ich möcht’s halt ebenso haben!
,Will wünscht es so,« sagst du!
Glaubst du, mein Rudi möcht’ es nicht
witnschent Aber wird nichts gereicht
—vor dem Herbst ist’s nichts mit der
- ochzeit . .. und dazwischen liegt das
- aniiver und die Trennung von ihm
—’g ist einfach ein Standal!«
»Der Brautstand ist doch auch wun
derschönt«
»Ja, du haft klug reden! Rudi sagt,
das ist gar nichts Rechtes, nicht Fisch,
nicht Fleisch — und ich muß ihm bei
stimment Geht ihr gleich auf Reisen,
wenn ihr getraut seid?«
»Nein! Willsried mochte nvcy in
München bleiben vorläufig und arbei
ten-—wie lange, das kann er selbst
noch nicht sagen- Das Atelier behält
er, aber eine Wohnung miethen wir
uns nicht — wir bleiben einstweilen
im el oder in chambre garnis.«
» cheußlich!« erklärte Elly im Ton
anstichtiger Entrüstung-. »Ah würd’
es meinem Rudi gewaltig übelneh
men, wenn er mir mit so etwas kom
men möchte. Na, er wird sich bitten,
et weiß, wie ich denke! Für junge
Eheleute gib-PS M nichts Hitblcheres,
als sich das eigene Restchen selbst zu
sammenzuttagen und nach eigenem
Geschmack und Gefallen einzurichten
Was sagen denn deine Eltern daan«
»Die sind ganz deiner Ansicht; es
gefällt ihnen ganz und gar nichi!«
nd du selbst? Hast du nicht
dein eto eingelegt? Du hast doch als
tiinsttge junge Frau ebensoviel in die
ser Sache dreinzureden wie er...
mehr sogar!«
aDann-n senkte ein wenig das dunkle
vafchen
»Ich bin still gewesen. Wie er es
bestimmt, so soll es geschehen!"
»Na, bör’ mal, du verwöhnst deinen
Professor aber nicht schlecht! siehst dir
Xa recht mit Absicht den richtigen Pa
cha nnd Despoten heran! Das thut
nicht gut, dent’ du an mein Wort!
Der Rudi bat zu tanzen wie ich pfeif«
—Pnnktum!«
Die kleine silberne Standnhr aus
« Lunas Kantinsims schlug mit feinem
Ton die elfte Stunde.
Elly sprang aus wie von einer Feder
» emporgeschnellt.
’,- FElst Und um die Zeit sollte ich
—spatesiens schon zn hause sein-! Na,
Onkel Artbne wird schön schelten, daß
ZU seinen Wagen so lange warten
sei-Hei Dabei muß ich es doch um Got
jies willen nicht mit ihm verderben,
Jwß mich Um ihn herum biegen und
Les-siegen »wie ein Oben-unn. Gute
s- » t, mein süßes Saum-Schnecken
Ist Ich hab' dir lange nicht genug
»den mainem Rudi vorerziihltl Das
W» . ich könnt’ hier siyen und er
z » bis an den hellen Morgen —
mßtesi doch nicht, was für ein
zstäelendeö Geschöpf er ist! Das weiß
its-b Ich ganz alles-W
Damit zapfte die glückliche Braut ·
Hanna neckisch am Ohrläppchen, um
armte sie stürmisch und wirbelte aus
der Thür.
Danna stand und lauschte bis der l
Wagen fortfuhr, bis das letzte Räder
rollen verhallt war. Sie stand auch
dann noch in derselben Haltung, als
lausche sie immer noch- Ein Lächeln
Hing in ihren Augen auf, erlosch aber
schnell wieder und machte dem ge
z wöhnlichen träumerischenErnst Raum
- —- Diese kleine kindische Elly was sie l
Wes für Zeug geschwatzt hatte! Und!
j» diese Vergleiche zwischen ihrem Rudi s
; nnd Willsried Cotia —- wie sie thöricht »
» spannt
E» Nur» .ein Stachel —- ein ganz
seiner Stachel war von diesen Wörtch
., MNeden und Vergleichen doch in
Musczuriickgebliebenl Diese offen
lustigung, dieser Hohn, als
III erfahren hatte, daß die Freundin
ern Verlobten iiber Archiiolog ie
W nnftgesichichte redete! iie sie,
- - das doch lieber für ich behal
i Und dann: Küsse und zärtliche
das "re zu einem richtigen
isiandt o hatte Elly gesagt —
M »Dann-« wenn sie ehrlich sein
hatte sich das bis vor einiger
I kwenfcho gedacht! Sie wollte
»«-- d n anders haben als er
»O gewiß nicht! Sie liebte ihn
-" fee-er Schlag ihres her
jeder Gedanke gehörte ihm, und
-I-Menlo"ser Sklave gewor
« sie ils- Bräneigam der Sklave
s
fseiner kleinen, eigemoilligen Braut
war —- wahrlich, sie wäre an ihm irre
igewordety hätte ihn nicht zu nehm-en
Jverstandetu —- Da war nur bisher
Feine Stimme in ihr gewesen, leise,
Jlaum vernehmbar, jedesmal von ihr
rasch und unwillig zur Ruhe verwie
sen... die erhob sich jetzt, als Elly
von ihr gegangen war, lauter, dreister:
. »Du hast den größten Wunsch dei
nes bisherigen Lebens erreicht, viel
leichter, viel rascher« als du es je hof
fen gedurft! Der Mann, zu dem du
ausgeschaut hast wie zu einem Gott,
hat dich, das »herrenlose Gut«, an
sein Herz genommen, als sein Eigen
thum. Du darfst stolz und glücklich
sein, zahllose Frauen werden dich be
neiden, daß er dich — eben dich «
die du weder berückende Schönheit,
noch Reichthum oder Rang und Stand
in die Wagschale zu werfen hattest,
vor allen anderen erwählte! Er ist
gütig zu dir, er hat dich lieb, läßt
dich theilnehmen an seinem Wissen,
seinem Schaffen, er schmückt dich und
rerwiihnt dich... aber... aber —«
und hier siel Hanna wie haltlos und
machtlos auf den nächsten Sitz nieder
und verhüllte ihr Antlitz mit beiden
«"nden, als blende sie ein zu grelles
icht — »aber liebt er dich auch, wie
ein heiß und ties empfindender Mann
das Weib seines Herzens liebt?«
16.
Die Verlobung des berühmtenBild
hsauers Cotta mit einem jungen Mäd
chen, Hanna Piotkowskh aus Mita
chen, das niemand kannte, von dem
niemand etwas wußte, hatte nicht nur
in den römischen Künstlerlreisen, sie
hatte auch sonst überall großes Aus
sehen erregt. Zahllose Briefe, Karten,
Telegrainme liefen als Antwort aus
die Verlobungsanzeigen ein —- in al
len sprach sich mehr oder-minder deut
lich das äußerste Erstaunen sowie die .
Frage aus: wie muß das weibliche «
Wesen beschafer sein, das einen
Mann wie Willfried Cotta erobert,
das ihn, den Ehescheuen, zur Verlo-:
bung und Heirath gebracht hat?
Frau Kitty Cotta, die eigeneSchwQ J
get-in des in Rede stehenden, legte sich »
diese Frage gleichfalls vor, zum so"
und so hielten Male, denn die Verlo
bungszeit des vielbefprochenen Paares
war beendet, die Hochzeit stand un
mittelbar bevor.
Frau Kitty hatte Hanna Mahoms
ly während der kaum achtwiichenth
chen Berlobungszeit sehr oft gesehen,
sie hatte sich mit ganzer Seele darxnn -
bemüht, ihr näher zu kommen, ein
gutes, schwesterliches Verhältniss zwi
schen sich und der jungen Schwägerin
anzubahnen, und eigentlich war ihr
das gelungen. Hanna hatte sich sehr
dankbar siir so viel freundliches Ent
gegenkommen bewiesen, sie nannte
Frau Kitty du, küßte sie beim Kom
men und Gehen, war in der Hanslick- »
teit des Schwagers wie zu Hause,
liebte die beiden kleinen Buben zärtlich
und konnte heiter und angeregt mit
der jungen Frau von hundert Dingen j
plauderrn die diese selbst angingen
oder die von allgemeinem Jnteressel
waren.
Damit war indessen auch alles ge- i
sagt. Von hannas eigenem Innen- l
leben, ihrem Fühlen und Denken er- -
fuhr Frau Kitty so gut wie icht3, und
gerade darum war es ihr hauptsäch-»
lich zu thun. Die warmherzige undJ
tiebenswürdige Frau konnte nicht um- i
bin Laune ishr hübsch. iympåtbisch
und intelligent zu finden» .d-as war .
gut und schön und genügte ihr selbst
vollauf. Für ihr Leben gern aber
hätte sie herausgebracht, wo für einen
Mann, wie ihr Schwa er Willsried,
die große Anziehungs rast lag, die
ihn gerade diesem Mädchen gegenüber
bis zu Verlobung und Heirath getrie
benhgtie . eben die konnte sie
nicht finden.
Sie wußte nun freilich, daß Liebe
iiberhaupt sieh nicht definiren läßt,
und wäre sie fest davon überzeugt ge
wesen, die junge, reizende Hanna habe
in ihrem Schwager eine große Leiden
schaft entfesselt, deren sie ihn wohl fiir
fähig hielt, so hätte sie alles weitere
Grübeln über dies ihr so interessante
Paar ohne weiteres aufgegeben Von
dieser großen Leidenschaft aber merkte
Frau itty nicht das mindeste, und
doch wußte ste: wäre sie überhaupt
vorhanden, so hätte sie sie merken
müssen, denn ein o heißes und starkes
Empfinden läßt ich nicht unterdrücken,
zumal nicht bei einem Mann wie
Gotter, der gewöhnt war, jeder seiner
Regungen ungescheut nachzugehen.
;Welchen Sinn hätte auch dies gewalt
sarne Unterdrücken gehabt, da Hanna
idoch seine Braut war?
Aus all diesem Sinnen und Grü
beln, das sie nun einmal nicht lassen
konnte, so wenig es ihr auch half,
ward ean Kitty durch eine sehr wich
tige benhett herauswrtssem das
neue Kleid, das sie sich zur Hochzeits
seter in einem der elegantesten Konsis
tiont chäfte Münchens hatte anferti
gen la en, wurde abgeliefert
Eine halbe Stunde später stand sie
mit ihrem Gatten davor und staunte
die wisset-Inn sicher-gestickte Pracht
CI- -
»Gehst du«« bemerkte RichardCotta
wohlgesiillig »unsetein3 kann steh
auch was leisten. hat auch Ges .
Jch hab' die dreihundert Märker stir
dies dein Staatsgewand mit wahrer
Wonne aus meinem Poetemonnaie
ktvptgchvld schon weil Ich thie
sortan nicht immer wieder den Aus
spruch von dir hören zu müssen:
»Sie-Ich künstlerisch seinen Geschmack
wie Willsried hat doch lein anderer-!
Wenn man wissen will, was schick und
malerisch und kleidsam ist, darf man
nur noch Willsried sragenl«
»Aber, lieber Schatz, wahr isi’S doch
auch! Die Toilettem die er für Hanna
bestimmt hat, diese »teaaowns« und
Gesellschaftsroben, das ist doch etwas
einziges! Und ihrr Erscheinung so
wunderbar angepaßt, sie sieht in jedem
von den Kleidern wie ein Bild zum
Malen ausl«
»Schade, daß bei Wills Metier dir
Toilette so gar keine Rolle spielt!'·
»Psui, Dickic, du bist sriooll Nein,
im Ernst gesprochen, du mußt mir
doch zugeben, in diesen Fragen ist
Will Autorität. Der einzige Trost
ler armen Frau Dora Piotrowsty,
die so außer sich ist« daß sie keine
Möbel und Vorhänge und Teppiche
anschaffen dars, find diese ungewöhn
! xich sxiivoum und emziickmden meidet
siir bannal«
»Ebenso ungewöhnlich werden auch
die Rechnungen sein, die sie dasiir ke
Ezahlen wird, die können sie in etwas
; iiber das Fehlen der übrigen Aussiab
s lteng trösten!« bemerkte der Baumeister
»troolr-n. »Wenn die Auswahl dieser
Häleiderpracht wenigstens ihr Werk
;wiire! Ader nein! Sie darf sich in
lnichts mischen! Will bestimmt jedes
"Tetail an den Gewändern seiner
Braut, und Piotrowslns genießen nur
den Worzu-L zahlen zu diirfen!'
»Die armen Menschen! Sie müssen
das einzige Kind hergeben und haben
nicht mal die Freude, ihm die eigene
Häuslichleit herrichten zu dürfen! Ich
weiß nicht... mir will scheinen, als
könnten sich Piotrowslns gar nicht
recht freuen über Hannas Glückl«
»Ja, kleines Weiberl, das bleibt
lsoch auch noch abzuwarten! Eine hei
rath ist allemal ein Griff in den
Glücksbesber. . . mögen beide Bethei
ligten noch so vortrefflich und edel sein
und einander noch so heiß lieben —
fie können dennoch eine Nietbe ziehen!
Nicht jederb at so glückliche Hand, wie
irb sie habe!« Herr Richard Cotta
zog mit eben dieser »gliicklichen Hund«
seine Kitly fest an sieb. »Nun noch
:n diesem speziellen Fall! Will ist
Künstlernatur bis in die Fingerspitzen
l;inein, imvulsiv durch und durch. teine
Spur Philister, von bürgerlichen
LNoralbegrtffen nicht im mindesten
angekränkelt Duw eißt, wie lieb ich
den alten Kerl hab-nächst dir und
den Vubis am liebsten von allen Men
schen-wie viel ich von ihm halte . . .
aber ob ich ihn mit Vergnügen heira
then würde, wenn ich ’n Frauenzim
mer wär’, das weiß ich nicht! Leute
wie er sollten allein bleiben, die nely
tnen es, fürchte ich, mit der ehelichen
Treue nicht allzu genau und lönnen
sich ferninini generis nur in wechseln
den Eremplaren deuten... das ist
dann für die betreffende Gattin, wenn
sie nicht zufällig die gleiche Auffas
sung hat, eine böse Sache. Ich war
ganz zufrieden in dem Gedanlen, daß
Will Junggesell bleiben würde, sogar
du hattest dich, wüthender lleiner
EheaposteL der du bist, halbwegs in
tiefe Thatfache hinringefunden . . . und
nun «
»Ja, Dick, du hast doch aber hanna
sehr gernl« «
«Eben weil ich regern bab’, lann
ich um ihr Schick al an Willö Seite
nicht ganz unbesorgt sein. Sie ist
jung, sie weiß wenig oder nichts vom
Leben, ahnt nicht-S von den Versuch
ungen eines Künstlers und liebt ihren
Zuliinftigen anbetungzvoll Aus all
diesen Jngredienzien lann uns der
Teufel ne schöne Sappe zusammen
lirauen, wenn das Unglück es will,
daß unserem modernen Michelangelo
einf .biibsches Modell überm Weg
liiu t.«
»Ach, Dickiei Du meinst wirklich, er
könnte auch als verheiratheter
Mann —«
»Er nimmt Emotion und Vergnü
gen, gleichviel woher es ihm kommt,
flrnpellos, da lehr’ du mich meinen
Will kennen! Jch wollte mich herzlich
;freuen, wenn ich mich irrte . . . aber
Hcllzu viel Glück für die süße, lleine
spanna schaut mir bei der Sache nicht
heraus-F
«Wenn ich nur wüßte« .« fing
Frau Kitty mit sehr nachdenklicher
Miene an, »ich will dich jetzt was fra
gen, was dir gewiß entsetzlich dumm
erscheinen wird, Dickie-Mann! Setz’
dich mal daher und hör’ mir zu—
nein, nein, du brauchst mich dazu gar
nicht auf den Schoß zu nehmen, es
geht auch so sehr gut, und dies ist
eine ernste Angelegnheitt«
»Wenn ich dich auf meinem Schoß
) i en haben will, so ist mir das ent
ge»’»den auch eine exnste Angelegen
i .«
«Meinetwegen also! Hals deinen
Willens Du weißt, ich hab' mir oft
schon meine Geh-unten gemacht, ob der
Will die hsnna auch richtig liebt —
nicht bloß sehr gern hat, sondern, ver
stehst du, so liebt, wie ein Mann sein
tünftiges Weib in meinen Augen lie
ben musi«
Wispielsweife so, wie ich dich
liebte, alt wir unt heiratheten!«
.Lieber, gpl Dickt Nun a, un
ähr in der isei Aber es ndett
ja nicht mn uni! Wenn ich Will
und Vom beifemmen Ieh« und seine
W
Aet, mit ihr um ugehen, dann halk
ich immer an mänen ältesten Bruder
Georg denken mtissent Du erinnerst
dich an Georgi«
0Wie sollte ich nicht, Mäuöleini Es
war ja aus unserer Hochzeitt«
»Aber du hast ihn so flüchtig kennen
gelernt, und er lebte schon lange nicht
mehr im Elternhau , als du ihn
sahst! Früher aber . . . du weißt, meine
guten Eltern hatten die drei Söhne
und dann iam eine ganze Zeitlang
gar nichts —- und dann mit einem
Mal kam ich! Seiten hat wohl die
Geburt eines Mädels in einer Fa
milie solch Furore gemacht! Mein
Vater hatte sich immer eine Tochter
gewünscht, er hat dicke Freudentbrä
nen geweint, als ich erschien —- die
Mutter, die Brüder, alles ist aus dem
Häuschen gewesen vor Glück! Aber am
rarrischsten hat sich der Georg ange
stellt, der damals schon über zwölf
Jahre alt gewesen ist! Wie der mich
geliebt und verwöhnt bat . . . riilyrend
ist mir’s heute noch, daran zu denken!
Sich mit mir herumgeschleppt, mir«
jeden Wunsch erfüllt, eine himmlische
Geduld mit mir tindischer Krabbe ge
babt so gut, nein... so gut, gar
nicht zum Vergessen! Und siehst du
Ten Blick und den Ton, den der Georg
argen mich gehabt, und die Manier.
niie er mich gehätschelt hat, die sind’
ich akkurat beim Will argen Hanna
wieder-, obschon er sonst tein Spurchen
Llehnliches von Georg hatt Aber so
die Augen, wenn er sie anschaut, die
Stimme, - wenn er zu ihr redet...
aderz verstelf mich, wie ichs meine,
Dime: immer wie ein liebevoller Bru
der,· der sein hiibsches Schwesterchen
verzicht. . . nie aber wie ein richtiger
Brautigaml Du sagst doch selbst —
und ich glaub’ es ja auch —- dein
Bruder, der hat den Teufel im Leib,
der hat Leidenschaft fiir zehn zu ver
geben! Für Hanna aber, so hübsch
und lieb sie ist« hat er keine. .. und
darum hab’ ich dich fragen wollen,
wenn du mir’s sagen kannst: warum
eigentlich hat er sich mit ihr verlobt
nnd warum will er sie heirathen —
er, dem es um die Ehe an sich wahr
; iich nicht zu thun war, er, der gegen
das Heirathen eine Art von «horror«
gehabt hat? Sag’ mir noch nichts,
lwr’ noch dies eine! Daß der Will die
zganze Sache heillos rasch vorn Zaun
; gebrochen hat, das haben mir alle ge
. sagt! Kaum hatte er das Möbel
zwei-, dreimal gesehen, da war die
Verlobung fertig! Neulich war die
Elth Rode hier« Abends, ihr Herren
rauchtet eure Cigarrette in deinemI
s Zimmer, wir drei saßen und schwatz- H
ten uns eins. Ich mach’ mir nicht ’
; vxel aus der Elly, aber sie ist jetzt so j
Iselig und so verliebt, sie redet das
Blaue vom Himmel herunter. Und da
fängt sie an, mich zu fragen, da ich
roch solch glückliche k rau bin, ob mir
- das nicht auch so be onders siisz wär’,
mit dir alles haarklein zurückzudenten
wie alles gekommen sei, und wie
nnd wann bei dir die Liebe begonnen ;
hätte. Jhr Rudi und sie könnten sichs
gar nicht genug thun in solchen Erm- l
ixerungen —- wann er es gemerkt «
hätte und wann sie.» und wie sie
ihm in dem Kteid gefallen hätte, und
nie er dies und jenes, was sie gesa t
oder gethan, nicht wieder hätk vergess
«·en können. Natürlich, ich bestätigte
ihr das, denn ich tveiß noch zu gut,
wie wir Leide, du und ich, als Braut
icute auch endlos in solchen Erinne
rungen schwelgten. Und meine arme
bannen die saß sdabei als Dritte im
Bunde, bald blaß und bald roth, nnd
sprach tein einziges Wort. Wie sollte
sie auch? Sie hat das allmähliche Er
tnachen und Reimen von Wills Liebe
nicht gesehen, er hat es gar nicht dazu
kommen lassen! Er gibt sicher ’ne
ganze Menge Mädels, die so etwas
l nicht weiter entbehren —- sie sind ver
tobt und sind glücklich —- Puntiurnt
. Aber zu denen gehört die Hanna nicht
s-—di-e ist ganz Liebe, geht nur in dem
sGeliebten aus und nimmt jede Klei
stiigiein die ihn betrifft, wichtig! Will
eher« hat sich selbst und ihr teine Zeit
jgelassem die bräutlichen Gefühle zum
Ausreisen zu bringen · . . warum, das
mag Gott wissen! Aus übergroßer
Berliebtheit oder aus Angst, es iönnte
ihm jemand Hanna wegnehmen, ist es
nicht geschehen, so viel steht fest! Und
das siihlt das Mädel heraus, glauh’
Idu mir, denn sie hat ein seines, em
ssindliches Seelchen, und, gleich mir,
wird sie sich ebenfalls seagent warum
hat er eigentlich so rasch um mich ge
worden? Warum überhaupt?«
Athemlos schwieg die kleine Frau
nach dieser langen Rede und schaute
ihrem Mann scharf ins Gesicht. Und
da gewahrte-sie in diesem lieben und
vertrauten Gesicht, das sie seit Jahren
so gut »auswendtg lannte,« einen
Du den sie, zu ihrem ngen inneren
Be made-« in des seht-u it des If
uren darin entdeckt hatte —- einen AZug
ossenbarer Perle enheit —- den us
druck eines Emp indenö, das sich gern
Bußern möchte, aber aus irgend wel
gienfgewichtigen Gründen nicht äußern
ar.
«Richardt« Sie sprang von den
-Knieen ihres Mannes herab, befreite
sich hastig von seinen Armen, die sich
Junsont tniihten, sie festzuhalten. und
iellte sich terzsengerade vor ihn hin.
lausigx sie nannte ihren Gatten
» mir dann «Richard«, wenn ei sich site
sie untt ethi- äelstondeks eilelnsteficrft -
net n ezinaenongen
Falk-n hieß ee unweigertich «Dttt.«.
E ed! Was ist das siir ein Ge
sichtt . W tm aust Rein. bitt-,
-,et so gest u ritt-· mir nicht Inst
—
Das wiiede dir nichts helfen-, ich rückte
dir einfach nachl«
»Ja, aber, mein sitt-T gutes Kittyi
Schubert —«
»Ach. wolle mich nur nicht mit
Echnteicheleien fangen! Hilft dir gar
nichtöt Du siehst aus, als-als hat
rest du—ia, als hättest du ein Ge
heimniß vor mir-—er deiner Frau
—ein Geheimniß.«zuin erstenmal, seit
dern wir verheirathet sind! Richard!
Wenn ich das an dir erleben muß . . .
wie ich das tragen soll . . .«
»Aber-, Weibicheni Liebes — kleines
—- du mein bestes —- schönstes —«
Der Baumeister war auch seinerseits
emporgesprungen, et nahm seine kleine
Frau fest in den Arm und küßte sie
zärtlich. Es war ihm höchst unt-eing
lich zu Muthe. Natürlich hatte er ein
Geheimniß vor feiner Frau, und da
es das erste ernstliche war, das sich
nicht um Geburtst«agsgefchente oder
spklstigr harmlose Ueberraschungen
drehte, so beunruhigte es ihn bedentk
lich.
(Fortsetzung folgt.)
-—----—
Krieg-heitern
Frucht und dumpf war es in der
kleinen Kellerwohnung. Ein Licht
stumps in der Flasche aus dem Tisch
beleuchtete die armselige Einrichtung:
in jeder Ecke ein Bett, in der Mitte ein
Tisch und zwei Stühle. An die Schei
ben schlug ein kalter Regen. Von
Zeit zu Zeit hörte man den Schritt
eines nach Hause eilenden Menschen;
dann war es wieder still.
Aus dem einen Bette in der dunkel
sten Ecke regte sich eine schwarze Mas
se; man erkannte die Umrisse einer
männlichen Gestalt. »Manja, Man
ja,« ertönte eine heisere Stimme, »hast
Du noch etwas Schnaps?« Die An
geredete erhob sich von ihrem Schemel;
sie war hoch von Wuchs. ihre Züge
trugen noch die Spuren verblichener
Schönheit, jetzt hatte sie tiefe Falten
im Gesicht, der Ausdruck ihrer Augen
war miide und abgestumpft. »Du bist
ja schon betrunken, Student,« sagte sie
s mit tonloser Stimme und reichte ihm
sdie hatt-von- Fcasche. Der »Ganz-w
Hrichtete sich halb aus: die rothen Au
; gen, die schlossen Zuge bekundeten den
Gewohnheitstrinler. »Sieh, Manja,
das ist es eben, Kind; ich trinke und
bin doch nicht betrunken; und trinke
ich noch so viel, es bleibt noch immer
eine Luke da oben, und es brennt uns
bohrt in dem armen Kon und quält
mich mit schrecklichen Erinnerung-um
O, könnt« ich vergessen, so ruhig ein
schlafen und niemals wieder erwa
chen!« Er nahm einen kräftigenSchluck
aus der Flasche.
Die junge Frau setzte sich aus den
Rand des Bettes· bedeckte ihr Antlitz
mit beiden Händen und schluchte bit
terlich. aSieh, Manja,« fuhr er fort,
«es gab eine Zeit, da habe ich nicht ge
trunken. Da war ich jung, energisch,
da war Lebensluft in dieser Brust,
Sehnsucht nach Liebe, Freiheit. So
kam ich aus die Universität; zweiJahre
zogen dahin, da zeigten sie mir, was
Freiheit war: vier Jahre Festungs
hast betam ich. Die Leute sagten, es
wäre milde geurtheilt. Und dann die
furchtbare Zeit: jeden Tag diese Mau
er, dieses Gitter; keine Sonne, kein
Frühling, kein Winter. Krank. halb
wahnsinnig verließ ich den Kerker.
Was war mir die Freiheit, wenn ich
von ihr keinen Gebrauch machen konn
te? So zog ich dahin; kein Mensch
nahm mich aus, gar mancher gab mir
ein Stück Brot, Arbeit aber konnten
sie mir nicht geben, denn keiner wollte
eö mit der Polizei zu thun haben.
»So wurde ich Fabritarbeiter. Und
da tam das Trinten. Es gehört zum
Handwerk, sagten sie mir; oder: »Der
Zar will es ja, daß wir trinken, und
der will doch niir das Allerbeste«, sag
. ten sie, indem sie aus die Karat-rannt
! weinbude zeigten. Ein Glas war der
;Ansang, nun ist es aus. Vor einer
» Woche tam der letzte Schlag: die
Hälfte der Arbeiter wurde entlassen.
»Kriegszeiten«, sagte der Prinzipal
achselzuetend, »Kriegszeiten«, wieder
holten die Arbeiter und trugen ihr
letztes in die Branntweinbude.« Seine
Stimme ivar immer leiser geworden,
sie sant zu einem Flüstern hinab; er
seufzte aus und nahm einen Schluck.
Ein lautes Schluchzen entrang sich
der gequälten Brust der jungen Frau«
sie stützte ihr haupt aus die Knie und
weinte leise. Vorige Woche, da war
est-auch iiber sie gekommen, wie ein
B iß aus heitereni Himmel. »Ja-an
Petroiv,« sagte eines Abends ihrs-tu
bennachbar, der Schutzmann Ossip, zu
ihrem Mann, »hier ist eine Anzeige
von der Militörverivaltung —- in siinf
Tagen mußt Du Dich stellen.« Wie
eine Wahnsinnige hatte sie den Arm
des Schuhmannes umtlaininert:
«Sag' es ist nicht wahr, Du scherzestt
Es ist ein Jrrtliiim, ivie können sie ilin
nehmen« er liat ja Weib und Kindi"
«Geseß — Kriegszeiteii,« sagte der
Alte streng iind wandte sich ab, uni
eine Thriine aus dem Gesicht zu wi
schem gestern hatten sie ihm auch sei
nen Sohn genommen. In einer Nacht
war sie gealtertz wie stumpssinnig
machte sie alles zur Abreise ihresMaiis
net bereit —- dann tain der Abschied.
Thriinen, tvaö halsen die, wenn der
Zar die Mandschutei brauchte? Ge
stern hatte sie ihr letztes Geld ausge
geben —- det Kleine schrie nach Milch«
das schwarze Brot, in Wasser gerie
ben, hatte ihn trank gemacht, er hatte
starkes Fieber.
Tief outside-end erhob ti- sickd seht
sich an die Wiege und fchankelte sie..
Draußen war es ganz dunkel gewet
benx der Regen tkommelte eintöntg
weiter.
Jm Vothauö ektöntenSchtitte. Die
Thür ging auf. Der dritte Einwoh
«ner, der alte Nikitisch- kehrte von sei
nem üblichen Spaziergang zutiiil
Wovon er lebte, wußte kein Mensch.
Jeden Tag ging et ans, am Abend er
zählte er dann die Stadtneuigkeiten.
Sie hatten ihn gern; er war stets so
gut, so herzlich; auch brachte er immer
etwas Neues-, das etleichtette ihnen
»Heute haben wir gesiegt,« sagte er
laut, ein Stück einer Zeitung aus den
Tisch werfend. Ein Schluchzen be
antwortete seinen Ruf; der Student
lachte höhnisch auf und trank den Rest
der Flasche aus« »Großer-Sieg hei
Tsi-ti-tient —- sind die Namen, heids
nisch wie die Einwohner! Großer
Sieg bei Tfientien,« las der Alte mit
erhobener Stimme, »fünfzehn Japa
ner gefangen genommen . . . KeinLaut
ertönte. Das Licht flatterte, es be
gann zu oerlöschem ein Windstoß
schlug den Regen an das Fenster. Was
waren fünfzehn gesangene Japaner
diesen tranken, wunden hergen? Was
wären ihnen tausend gewesen?
»Höre, Manja,·siind, Du sollst nicht
weinen,« wandte sich der Alte an die
junge Frau. Waben sie Dir deanan
auch genommen, vielleicht ist es doch
zum Besten; Sieh mal hinaus; da
regnet es, und gestern war Sonnen-«
schein. So ist es auch im Leben: wiire
der Regen nicht da, so wäre uns auch
die Sonne nicht so lied. Thränen und
Lachen wechseln im Leben Tag und
das schwere Elend.
Nacht, Sommer und Winter. Sind
wir geboren, so ist es zum besten —
wo wäre sonst die göttlicheVorsehung2
Auch mich hat das Lebew- nicht ver
schont: meine Frau, die war jung und
schön, die gefiel dem Gutsherrn, er
nahm sie mir weg; meine Söhne, die
waren groß und start, die gefielen den
Beamten, sie nahmen sie mir weg-in
den großen Krieg gegen die Heiden.
So war ich allein und verlassen, ein
sam zog ich in die Welt hinaus, ein
s sam werde ich auch sterben.« Er seufzte
k leise, ergriff die Hand der jungen
; Frau und ftreichelte sie sanft. Alles
: zum besten,« wiederholte er leise.
Das Licht war zu Ende gebrannt;
! noch zweimal flatterte es aus und be
leuchtete die vergrämten Züge der jun
gen Mutter und spiegelte sich in den
freundlichen Augen des Alten, dann
erlosch es. Das Kind wimnerte leise
im Fieberwndn. Finster war es in dem
engen, dumpfen Raum, finster in den
Herzen der Einwohner des Kellerstiids
chens . . .
E. Hen.
I —---. -.--.—.
Steuerscrüekebemer.
New York gilt als die Stadt der
Millionäre und Milliardäre. Wer sich
oder, schreibt der Deutsche Correspom
dent, die in den New Yorter Zeitun
gen veröffentlichten Steuerlisten der
Stadt ansicht, der ist sehr enttiiuscht
über die geringe Zahl der Millionäre
in der Metropole am Hudsom Da
sind mir acht Personen angegeben, de
ren persönliches Eigenthum in der
»Ist-e von einer Million bis zu fiinf
JMillionen abgeschäszt ist.
s Obenan steht Andrew Carnegie, der
svon seinen 260 Millionen noch fünf
Millionen zum Versteuern hat. Der
Mtroleum-lirösus J. D. Noctefeller
s bat sogar nur zweieinhalb Millionen,
gerade halb so viel, wie Carnegie, an
persönlichem Eigenthum zu versteuern.
F. W. Vanderbilt und Ruser Sage
folgen mit je zwei Millionen steuer
baren Eigenthumsz W. K. Vanderbilt,
Alice Vanderbilt, Daniel Reid und
Saite Crane While mit einem solchen
von je einer Million. Emilh Nainey
hat 8750,000 nnd elf weitere New
Yorker folgen mit je einer lumpigen
halben Million. Also nur 20 Leute
in New York, die persönliches Eigen
» thum von einer halben Million bitt zu
fünf Millionen besitzen.
Pierpont Morgan ist mit nur 400,
000 Dollars eingeschiitzt, und H. h.
Roger-, der Oelmann, mit nur 300,
000 Dollars. Wo bleibt da die into
lratie New Yort’s, von der o viel
geredet wird? Oder sollten sich die
SteuersAssessoren start geirrt haben?
Idee aber sind die Steuer-Deklaratio
rsen der Millionäre zu niedrige gewe
sen? Die Steuer-rate New York-l soll
in Folge der ungenügenden Zunahmen
des persönlichen Eigenthums wesent
lich höher werden. Jm Ganzen be
tragen die steuerbaren Werlhe New
gotks dieses Jahr 206 Millionen
ollars mehr, als le tes Jahr, allein
drei Viertel dieser umme entfallen
auf Genndeigenthurn, das ch nicht
geeaeimlichen läßt, wie der rsonal
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Würden hier zu Lande die steuer
triifti en Leute mit ihrem Befih voll
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schieht, die Steuern-te würde bedeu
tend fallen. und der tleine Mann
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