Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 17, 1905, Sweiter Theil., Image 10

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    OsQIIOOOIIQ
Das Ritthsel von Ecucksyiiy.
Roman von Yesnljocd Ertmamn
. (2 Fortstiurth
M! Das Schlimmste soll ja
KM komme-L Ich sah also. daß ich
sich-i gleichgiiiig war, und je
kWicher Du Dich bemühten es vor
TIgcåk zu verbergen desto mehr Gefal
Im fand ich an Dir. Daß es der An
fang der Liebe sei. wußte ich damals
kreiiich nicht. Jch betrachtete es zuerst
sum als einen angenehmen Zeitver
treib, der mir die Verbannung erträg
iicher machte, und wenn ich Dichtrotz
dem durch allerlei kleine weibliche
Ænsie ermuthigte, so war das aller
dings recht schlecht von mir gehandelt.
Dann kam der Tag, an dem wir den
Reinen Streit mit einander hatten —
ich weiß nicht ob Du Dich seiner noch
etinnerst
»Wie hätte ich ihn vergessen kön
nen! Deine Worte haben mir damals
Kummer genug bereitet!«
»Ich entsinne mich kaum noch, wie
ich dazu lam, sie aus-zusprechen
Wahrscheinlich hatte mich die tleinliche
Pedanterie und Beschränktheit des
Obeims wieder einmal zur Verzweif
iung gebracht, so daß ich der Versu
chung nicht widerstehen konnte, meine
iible Stimmung an irgend jemanden
auszulassen Jch bereute es sofort.
als ich gewahrte,«wie tief meine unbe
dachte Aeußerung Dieb-getränkt hatte: «
aber ich war natürlich zu stolzes ein-s
zugestehen, und erst, als Du tagelangl
sortbliebst, als ich nicht mehr zweifeln
Mie, daß Du mir absichtlich aus
dem Wege gingest, wurde ich inne, wie
unentbehrlich Du mir bereits gewor
den warst. Und ich entschloß mich
nach hartem Kampfe, den ersten
Schritt zur Versöhnung zu thun, ob
wohl ich recht gut wußte, daß ich Dir
damit ein Recht gab, auch an meine
Zuneigung zu glauben."
,DU wußtest es, Käihe, und hegtest
doch insgeheim die Absicht, mich
schließlich abzuweisen?«
»Nein, so schlecht war ich nicht. Jch
trachte mir wegen dessen, was zuletzt
werden sollte, überhaupt keine Gedan
ken und lebte recht leichtsinnig in den
Tag hinein. Und dann —- nun, ich
brauche Dir ja nicht zu erzählen, wie
es geschah —- dann ereignete sich-eines
Abends, was sich früher oder später
nothwendig ereignen mußte: Du
nah-tust mich ,in Deine Arme, und ich
ließ es geschehen. Du nanntest mich
Deine geliebte Braut, und ich erhob
keinen Widerstand dagegen; denn ich
war glücklich —- mein ganzes Herz zog
mich zu Dir."
»Und vierundzwanzig Stunden
später warst Du verschwunden, mir
nichts zurückl ssend als einen Brief
mit der grausamen Erklärung, daß
Du Dich in einem Irrthum befunden
habest daß wir nicht zu einander paß
ten, und daß es Dir unmöglich sei
Dein ganzes Leben in der Einsamkeit
M ländlichen Försterbauses zu ver- .
. Jch sollte nicht erst nach Dir ;
ehe-c, denn zwischen uns sei nunJ
ases aus. « !
: denn zuvor drückte sie sich an I
I nnd sah mit ihrem sinnverwirren- "
U Rixenblick zu ihm aus. »Ja, so
Mk ich. Aber als ich es schrieb
Mich wie im Fieber, kaum meiner
-M mächtig Denn zu meinem Un
hatte ich am Morgen nach jener
Stunde einen Brief erhalten
« « mir die glanzendsten Aussichten er
« — - und dieErfiillung meiner sehn
Wiinsche verhieß. Eine vor
.Iamilie, die mich als Erziehe
tin in einem befreundeten Hause ken
nen gelernt hatte, machte mir den An
trag, sie als Gesellschafterin auf einer
We nach dem Süden und nach Pa
ris zu begleiten. Ich wußte, daß ich
ins dieser Fahrt alle Freuden eines
inxueiöfen Lebens-, alle Annehmlich
keiten des Reichthums genießen würde.
Und meine ungezügelte Phantasie
Mike mit daneben noch allerlei an
due Bilder vor, Bilder, die so thöricht
Men, daß es mich gar zu tief be
Mmen würde, sie Dir zu schildern.«
»Das also war es! Und Du mach
tesi nicht einmal Deinem Oheim Mit
theilnng von Deinem Vorhaben.«
»Nein, denn ich fürchtete. er würde
feine Einwilligung versagen oder mir
doch nach seiner Gewohnheit zuvor
eine Szene machen. Seine Abwesen
heit benutzend, packte ich meine weni
gen habfeligkeiten nnd ging zur Sta
tiu, um meine Reife nach Berlin an
zutretew Hätte ich ahnen können,
peiches Schreckliche sich hier atn näch
sz Tage eeeignen "sollte——ich schwöre
Hei Dit, Rudolf: keine Versuchung
Asche stark genug gewesen sein, mich
w Flucht zu beftimmen.«
Dutzötster legte für einen Mo
" - Dand über die Augen.
-- nicht »U- diesem Tage, Kä
gesetz-»wir- .Jch mag nicht
III-« , s ein tneze selte. dann
» , m M: »Wie waren
als ich es zufällig ans
K - ers-km Mei
s Mi
s
I
slung tann ich Dir nicht beschreiben.
Wäre ich die freie Herrin meines Wil
lens gewesen« so hätte ich nicht einen
Augenblick gezögert, nach Deutschland
zurückzukehren, um wenigstens in
Deiner Nähe zu sein, wenn ich auch
sonst nichts für Dich zu thun ver
mochte. Aber ich war gefesselt und
durfte nicht darauf rechnen, daß man
fmich von meinem Vertrage entbinden
»wiirde, denn ich hatte zu spät er
T kannt, daß man mehr die Dienste einer
Krantenpslegerin als die einer Gesell
schafterin von mir begehrte und ge
sonnen war, meine Kräfte rücksichts
ios auszuniitzen Eine Flucht konnte
ich nicht ins Wert setzen, weil es mir
an Geldmitteln fehlte und es Nieman
den gab, dem ich mich hätte anver
trauen mögen. So war ich zum War
ten verurtheilt ztnd die grausame Un
gewißheit über Dein Schicksal machte
mir das Leben znr Hölle. An demsel
ben Tage, da mir mein erstes Gehalt
ausgezahlt wurde —- es war in Sor
rent —, machte ich mich heimlich aus
und davon. Jn der letzten Wagen
llafse reiste ich Tag und Nacht, um
endlich, als ich zu Tode erschöpft in
derHeimath ankam, zu hören, daß we
nige Stunden vorher die Gerichtsder
handlung gegen Dich stattgefunden
und mit Deiner Freisprechung geendet
habe· Jch wollte Dich sogleich aussu
chen; doch nach endlosem Umherlau
sen erfuhr ich, Du habest die Stadt
bereits verlassen und seiest nach El
vershöh zurückgekehrt Dir ohne
Weiteres hierher zu folgen, » wagte
ich nicht, denn ich hatte ja meinen
Oheirn durch die heimliche Entfernung
schwer getränkt und mußte bei seinem
harten, nachtragenden Charakter
stirchtem daß er mir die Thür weisen
wiirdr. So schrieb ich ihm zunächst
einen reuevollen Brief und bat ihn,
mich wieder bei sich aufzunehmen.
Mehrere bange Tage verstrichen, ehe
seine Antwort lam. Sie war nicht
sehr freundlich und erstzarte mir tei
nen von den Vorwürsen, die ich ver
dient hatte; doch brachte sie mir seine
Einwilligung zur Rücklehr in dies
Haus. Geftern Abend bin ich auf
Elvershöh eingetroffen, und seitdem
habe ich aus Dich geharrt wie ein An
geklagter, der vor seinen Richtern ge
stellt werden soll. Hättest Du Dich
nicht entschließen können, mir zu ver
zeihen —- ich weiß nicht, ob ich dann
noch die Kraft aehabt hätte. diesen
Tag zu überleben.«
Rudolf Fabian neigte sich iiber ihr
Gesicht und sah ihr in die Augen« als
wolle er mit seinem Blick bis aus den
Grund ihrer Seele dringen. .Und Du
willst mein Weib sein, Käthe, trotz
des bescheidenen Looses, das an mei
·ner Seite aus Dich wartet?«
»Ich wünsche mir nichts mehr aus
Erden, Rudolf, als dies.«
- »So werde ich gleich jetzt mit Dei
nem Oheim reden. Du sollst unter der
Tyrannei des mürrischen Alten nicht
länger leiden, als unumgänglich noth
wendig ist.«
Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
»O, ich mache mir gar nichts mehr da
raus, und vielleicht ist seine pedanti
sche Art die beste Schule sür mich, um
auch den letzten Rest von Hochmuth
Und Eigenwillen in mir zu ertödten.
Laß uns immerhin noch eine kurze
Zeit vor ihm verbergen, daß wir uns
lieb haben. Er ist augenblicklich nicht
sehr gut aus Dich zu sprechen, und
erfi, wenn es mir gelungen ist, ihn
nach und nach anderen Sinnes zu ma
chen, darf er alles erfahren. Er wäre
sonst vielleicht im Stande, mich gleich
wieder fortzuschicken und ich hoffe,
daß Du- davon ebensowenig erfreut
sein wurdest als ich.«
Das unentschlossene Schweigen des
Försters verrieth, daß er sich nicht
ohne Kampf ihrem Vor-schlage anzu
bequemen vermochte-, aber die Mög
lichkeit, von der sie zuletzt gesprochen,
mußte wohl auch für ihn von aus
’schlaggebendem Gewichte sein; denn
« er firäubte sich nicht ernstlich gegen ihr
Verlangen, und in leisem, hastigen
Gesliister entwarfen sie jetzt allerlei
Pläne, wie sie sich täglich sehen und
sprechen könnten, ohne den Verdacht
des mißtrauischen Obergärtners zu
erregen.
Dann wurde draußen aus der Diele
ein schrvetsälliger Schritt vernehmlith,
und Käthe sprang bebend von ihrem
Platz an Fabians Seite empor.
« »Daß er nur nichts merkt!«
» rannte sie dem Geliebten warnend zu,
; um dann mit bewundernswerther
»Flinkheit eine Handarbeit aus dem
Schubsache des Rähtischchens zu zie
hen, mit der sie auf das eisrigste be
schäftigt schien, als ihr Oheim ein
trat.
Der Obergiirtner Redlich war ein
kleiner grauhaatiger Mann, dessen
eine Schulter etwas sher als die an
dere, und der beim hen den linken
us beträchtlich nachschleisen ließ.
sama-D gleichsam verknittertes
W verrieth ans den ersten Blick
eine mi- ltebenilstirdise Natur nnd
ein galliges Temperament Seine
kleinen tiefl.-genden Augen schienen
nichts anders als argwöhnisch blicken
zu können.
»Das Gewehr-, das Sie draußen
hingestellt haben, ist hoffentlich nicht
geladen,« sagte er nach kurzem, knur
rigen Gruße. »Ich möchte nicht, daß
sich in meinem Hause ein Unglück er
eignet.«
»Sie dürfen unbesorgt sein. Ich
hätte die Waffe nicht aus dem Auge
gelassen, wenn noch ein Schuß darin
wäre.'«
»Na, ich denke, Sie hätten auch alle
Ursache, vorsichtig zu sein. — Woll
ten Sie übrigens meine Nichte besu
chen oder mich?«
»Ich wünschte wegen der neuen An
lage hinter dem Schlößchen mit Ihnen
zu sprechen. Der junge Herr hat mir
verschiedene Weisungen gegeben, die
mit dem ersten Plan nicht überein
· ftimnien.«
»Der junge Herr? Welcher junge
Heer Jch tenne aus Elvershöh nur
einen, der etwas zu besehlen hätte,
und das ist unser Herr Baron. Die
Anordnungen, die ich Jhnen übermit
telt habe, waren von ihm. Sie wis
sen, an weis Sie sich zu halten haben,
und brauchen sich um andere Wünsche
und Weisungen gar nicht zu litt-i
mern.«
»Aber die Jdeen des Herrn Prosper
waren sehr gut. Es würde der An
lage meiner Ueberzeugung nach nur
zum Vortheil gereichen, wenn wir den
ursprünglichen Plan danach änder
ten.«
»So thun Sie es ans Jhre Verant
wortung« mein Lieber! Sie werden
bald erfahren, ob Ihnen der Herr Ba
ron Dank dasiir weiß, daß Sie seine
Pläne nach den Ansichten des Herrn
Prosper verbessern. Jch fürchte nur,
Sie könnten bei der Gelegenheit aller
lei unangenehme Ueberraschungen er
leben.«
Fabian schien unschliissig, aber ein
bittender Blick. den ihm Mithe hinter
dem Rücken ihre-s Oheiins zuwatf,
machte seinem Zaudern ein Ende·
»Ich werde also nach den ersten
Weisungen bandeln,« sagte er, »und
die jungen Bäume noch heute an Ort
und Stelle schaffen lassen. Einige
Einzelheiten, die noch zu erörtern sind,
können wir dann wohl dort bespre
chen.'«
»Befser als hier, das meine ich auch.
Vergessen Sie nur Jhre Flinte nicht.
Guten Morgenl«
i Es war eine sehr kurze und wenig
höfliche Verabschiedung: am meisten
aber mochte es die beiden wohl ver
sdrießen, daß Redlich bis zum Mo
! ment, da der Försier die Thür hinter
’s1ch schloß. seine Nichte unvertvandt
beobachtete und ihnen somit die Mög
lichkeit nahm, sich durch einen zärtli
chen Blick noch einmal ihrer Liede zu
versicherrn
Drittessiaditel
Das Haus, das der Majoratzherr
Baron d. Linderode seiner verwitt
koeten Schtviegertochter und ihren
Kindern zur Verfügung gestellt hatte,
wurde zwar auf Eloerghöh von jeder
mann das Schlößchen genannt, aber
es hatte seinem Aeußeren nach wenig
Anspruch auf eine solche Bezeichnung
Einer von den Vorfahren des jetzigen
Gutsherrn hatte es als Wittwensitz
für die durch unglückliche Zufälle ver
armte Mutter feiner Gemahlin er
baut, und er mochte triftige Gründe
gehabt haben, es in so beträchtlicher
Entfernung vom Herren - Hause,
in einem wenig gepflegten, fast ganz
verwilderten Theile des Partes zu er
richten. Auch war er nicht eben der
schwenderisch zu Werte gegangen. Je
de über-flüssige Zierarth war vermie
den, und nirgends hatte der Baumei
ster einer kostspieligen Laune nachge
ben dürfen. Die beiden gemauerten
Säulen vor der Eingangsthiin die
einen aus dem ersten Stockwerk vor
springenden Balken zu tragen hatten,
machten thatsiichlich den einzigen ar
chitektonischen Schmuck dek- kleinen
Gebäudes aus·
Und von prunklofer, tleinbiirgerli
eher Einfachheit. wie sein Aeußeres,
war auch die innere Einrichtung Der
iin unteren Stockwerk gelegene Solon
unterschied sich kaum von der typischen
«guten Stube« eines zu bescheidenern
Wohlstand gelangten Bürgerlichen
und einige anscheinend wetthdollere
Kunstgegenstände. welche hie und da
Aufstellung gesunden hatten, lie
ßen die Düeftigkeit des Ganzen nur
urn so augenfälliger zu Tage treten.
Eine dunkel gekleidete, bleiche Frau,
mit vornehmen, doch scharfen und der
bitterten Zügen saß über einer seinen
handarbeit an einein Fenster dieses
Zimmer-L Sie blickte nicht von ihrer
Sttekerei empor, als Edithas hohe
Gestalt die Schwelle älter-schritt Das
junge Mädchen hatte den weiten
gdurch den Wald und den Park
sehra rasch zurückgele t, und ihre Wan
gen waren von d eser Anstrengung
lebhafter gefärbt. Ohne ein Wort dee
Begriißung legte sie ihren Hut ab und
streifte die Handschuhe von den schlan
ten Ländern
»J- tß ein Rief fiir dich ungelern
men,« sagte die Frau am Zenker. »Er
liegt dort ans dein Tische «
Mr Editda hatte ihn bereits ge
sehen. Sie wars einen fwichtigen Blick
Eies die Adresse und chiekte sich an,
den W in erben-sen- Dvch iclm
ten Ms Demut engste sie wieder
«
anderen Sinnes geworden sein, denn
sie legte ihn nngeöffnet auf den Tisch
zurück.
Mit einem scharfen Seitenblirl hatte
ihre Mutter dies Gebahren beobachtet.
»Er ist von Erwin —- nicht wahrs«
»Ja —- ich glaube.«
»Und du bist nicht neugierig, zu
erfahren, was er enthälti«
»Nein, nicht im geringsten. Ich bin
nur müde.«
Und sie liesz sich nachliissig ans das
altmodische Sosa fallen. Wohl fünf
Minuten lang wurde tein weiteres
Wort zwischen ihnen gewechselt, und
Frau v. Linderode stictte noch emsiger
als zuvor.
Dann erhob sie plötzlich den Kopf
und fragte: »Hei deine merkwürdige
Gleichgültigteit gegen Erwins Mit
theilunaen einen besonderen Grund?
Jch habe mich bisher nicht viel um
euren Briefwerbsel bekümmert, aber
ich muß gestehen, daß ich deine Ver
schwiegenheit der eigenen Mutter ge
aeniiber nicht passend und kindlich
finde.«
»Es sind leine großen Gebeimnisse,
die er mir anvertraut —«- Garnisons
acschichten nnd Kasinogeschwiitz. nichts
weiter.«
»Noch dem Interesse, das du noch
Vor Kurzem an diesen Briefen nabmft,
Hätte man ihren Inhalt nicht fiir so
l·ctanglos halten sollen, Editha!«
»Nun, so waren sie mir vielleicht;
damals interessanter. Jedenfalls;
möchte ich dich darauf aufmerksams
machen, liebe Mutter, daß ich über dies
Zeit hinaus bin, roo ich dir ein Recht
zur Beaufsichtigung meines Brief
wechsels einräumen mußte.«
«Freilich, du bist ja schon vor acht
Monaten volljährig geworden, aber
ich weiß nicht, ob der Gedanke an
diese Thatiache danach angethan ist,
dich und mich mit besonderer Genug
tbuuna zu eriiillen.«
Editha zog die Brauen zusammen
und lreuzte wie in trotziger Kann-flie
reitschast die Arme über die Brust.
»Das alte Lied also! Und das Ende
lautet natürlich, dasz du mich im Gei
ste bereits als alte Jungfer hier aus
Elvershöh verweilen siehst. Jch lenne
die Melodie und den Kehrreirn ja nun
nachgerade zur Genüge·«
«Weshalb zwingst du mich denn
durch dein Verhalten, immer wieder
daraus zurückzukommen? Oder be
siteitesl du mir am Ende auch die Be
fugniß, mir wegen deiner Zukunft
Sorge zu machen?«
»Nein. Doch ich wünschte, daß du
endlich bearissest, wie sehr eine solche
Art von Fürsorge mich peinigt und
verletzt. Es ist etwas Schmachvol-.
les in der Vorstellung. daß ich aus den
Männersang ausgehen soll, nur um
eine sogenannte Versorgung zu sin
den.«
»Was sür eine Ausdrucksweise das
nun wieder ist, Edithai Wer spricht
von Männersangl Aber muß ich nicht
in der That sast verzagen. wenn ich
daran dense, was uns bevorstehen
lann? Dein Großvater ist achtzig
Jahre alt, und wenn er morgen
stirbt —«
»Ah, Werner v. Linderode ist ein
Mann wie eine Eiche. Warum sollte
er nicht hundert Jahre alt werden
gleich so manchen seiner Borsahrens«
»Die hundertjiihrigen sind sehr sel
ten, mein Kind. und gerade die Eichen
starlen trisstes ost iiber Nacht· Wenn
ee stirbt, sind wir einzig aus die Groß
muth des neuen Majoratsherrn an
gewiesen. Auch er würde uns ja
wahrscheinlich nicht verhungern las
sen, aber hättest du wirklich Lust, dei
nen Lebensunterhalt als ein Almosen
aus der Hand deines Vetters zu ern
psangen?«
Editha warf den stolzen Kon noch
Unmuthigcr zurück. ,,Weshalb fragst
du mich danach? Du weißt, daß ich
von Erwin nie einen Pfennig als Ge
schenk annehmen würde. Doch ich
denke, wir werden daraus auch nie
mals angewiesen sein. Der Großva
ter kann seine Vorliebe für den Hins
tigen Majoratsherrn unmöglich so
weit treiben, die Kinder seines jünge
ren Sohnes bei der Erbtheilung ganz
leer ausgehen zu lassen.'«
»Er wird euch in seinem Testament
bedenken, gewiß! Schon an dem Tage,
da toir hier aus Elvershöh eine Zu
flucht fanden, hat er sich gegen mich
darüber ausgesprochen, ohne viele Uni
schroeife und zarte Rücksichtsnahme,
wie es eben seine Gewohnheit ist.«
Editha, die das Gespräch bisher
nur mit offenkundigeni Widerwillen
geführt hatte, horchte plötzlich aus.
»Er hat dich über seine Absichten un
terrichtet? Und du konntest mir bis
heute ein Geheimniß daraus machen?«
»Das Thema war mir zu peinlich,
und ich wollte deinen kindlichen Ein
pfindungen schonen. Aber-ich dars
nicht zugeben, daß du dich noch länger
in betrügerischen Hoffnungen wiegst.
Die Rente, die der Großvater dir nnd
Prosper in seinem Testament anwei
sen wird, soll nach seiner eigenen Er
klärung leineswegö dazu dienen, euch
einen standesgemäßen Unterhalt zu
gewähren, sondern nur dazu, euch vor
dem äußerstrn Elend zu bewahren
Und dem entsprechend wird sie bemes
sm sein«
Die junge Dame drehte die Lippen
zusammen, nnd ihre Nasensliigel beb
ten, »Den er das gesagtlsp fragte sie.
»Und du thatest nichts, ihm die unge
heure Liebloßgleit eines solchen Vor
habens zum Bewusstsein zu«btinsen?«
W
Kannst du im Ernst annehmen.
daß er sich von mir hiitte umstimmen
lassen? Und dann —- es war eben
leidet nur wenig gegen seine Gründe
einzuwenden.«
»Ja der That, sie miissen vortreff
lich gewesen sein, da sie sogar dich zu
überzeugen vermochten. Dars ich sie
vielleicht erfahren?"
»Er erinnerte mich zunächst daran,
daß dein Vater —- aber du solltest mir
besser erlassen, das zu wiederholen«
«Weshalb, Mutterit Dass mein
Vater seine Pflichten gegen uns nicht
so ersiillt hat, wie er es hätte thun
müssen, weiß ich längst. Es hieße, ein
zweckloses Spiel mit erheuchelten Em
pfindungen treiben, wenn wir einan
der da noch irgend etwas verbergen
wollten«
Ihre Worte klangen lalt und
schroff. Ein harten Zug lag aus
j ihrem schönen Gesicht. Aber auch Frau
v. Linderode schien ihre pietätvolle
»Bedenllichleit rasch überwunden zu
haben
«Vielleicht hast Du wirllich einen
Anspruch darauf, die ganze Wahr
heit zu erfahren. Dein Vater ist Zeit
seines Lebens ein schlechter Haushal
ter gewesen. Die Pserde und die
Karten waren sein Verderben. Jch
hatte niemals einen klaren Einblick in
seine Vermögenslage und tonnte es
deshalb auch nicht hindern, daß wir
iiber unsere Verhältnisse lebten. Das
Entsetzliche der Katastrophe. die bei
seinem plötzlichen Tode iiber uns her
einbrach, brauche ich Dir nicht zu
schildern, denn Du warst alt genug·
ihre Schrecknisse zu verstehen. Aber
erst bei jener Unterredung mit Dei
nem Großvater habe ich erfahren, daß
mein Gatte beinahe das Doppelte des
ihm zustehenden Erbtheils empfangen
und verbraucht hatte. Er war aus
seinen dringenden Wunsch schon bei
Lebzeiten seines Vaters vollständig
abgesanden worden«
«Weshalb hat man ihm dies Geldi
gegeben, da man doch wissen mußte, !
daß er die Absicht hatte, seine Kinder
darum zu bestehlen?« !
»Editha!« l
»Nun? Soll es mir nicht gestattetj
sein, ein Verbrechen beim rechten Na-;
men zu nennen, nur weil es mein et
gener Vater war, der es beging? llm
seinen noblen Passionen nachgehert
zu lönnen, machte er uns zu Bett-1
lern. Denn unter solchen Umständen
zweisle ich nicht mehr daran, daß e31
dem Großvater völlig ernst ist uml
seine Absichten. Wenn die Interes- i
fcn seines Lieblingsenlelö in Fragei
kommen, giebt es natürlich leine
Großmuth gegen uns."
Jhre Augen sprühten, und ihre
Hand hatte den silbernen Knopf einer
aus dem Tische liegenden Reitpeitschei
umtlammerl, als sei es der Griss
einer Wasse. l
Frau v. Linderode nickie in weh
müthiger Zustimmung. »So ist es.
Er will sich nicht dazu verstehen, das
Erbtheil Erwins zu verkürzen, das
hat er mir mit dürren Worten gesagt.
Und obendrein ist dies nicht einmal
der einzige Beweggrund seian Ent
schlusses. Er hält es siir gefährlich,
Prosper in den Genuß bedeutender
Einkünfte zu setzen, und glaubt ihn
in seinem Interesse aus die eigene
Krasi anweisen zu müssen.«
Urn Edithas Mundwinlel zuckte
es sartastisch. »Der unglückliche Pro
sper mii seiner schwachen Gesundheit
und seiner empfindsamen Seele muß
also entgelten, was Werner v. Linde
rode bei der Erziehung seiner Söhne
gesundigt hat. Welche grausamer
nie, gerade ihn aus die eigene Kraft
zu verweisen, ihn, dem die Natur so
bitter wenig von der physischen Stätte
seines Stammes verliehen hat! Aber
ich verstehe die eigentliche Absicht
sehr wohl, die sich dahinter versteckt
Wäre Prosper ein siotter Lebemann,
ein tolltiihner Reiter oder waghalsiger
Spieler — er vursie gewiß auf dies
unbegrenzte Nachsicht seines Großva
·erö rechnen. Nur seine menschen
freundlichen Phantasien sind es. die
man ihm nicht verzeiht. Man darf
ihm keine Kapitalien anvertrauen —
natiirlicht Denn er« könnte ja sonst
daran denken, einen seiner Träume
zu verwirklichen, die in den Augen
des Großvaters nichts anderes sind
als eine unverzeichliche Versündigung
gegen die geheiligten Traditionen un
serer bevorzugten Kaste.«
Verwundert, ja bestürzt blickte
Frau v. Linderode aus. »Willst Du
etwa auch anfangen, Prosper in sei
nen thörichten Ideen zu bestärken?
Wahrhaftig, das hätte uns gerade
noch gesehlt."
»Fiirehte nichts! Es wäre wohl
kaum der Mühe werth, hier aus El
vershiih die Revolutioniirin zu spie
len. Nur die Ungerechtigkeit empört
mich, die man gegen Prosper begeht.
Wäre ich ein Mann wie er, ich würde
iie gewiß nicht stillschweigend hin
nehmen«
·Wad soll er thun, so lange alles
von dem Belieben des Großvaters
abhängt? Ein einziges unbedachtes
Wort könnte ihm auch noch jene arm
selige Rente iosten.«
»Nun. ich habe teinen Grund, die
Vorsehung fiir ihn zu spielen, und er
mag es mit seinem eigenen Ehrgefiihi
abmachen, wie ties man ihn demüthi
gen dars. Aher vielleicht hatte der
Großvater auch in Bezug aus mich
noch irgend einen besonderen Grund
site jenes überaus zärtliche Testa
« ineni.·' i ·
z »Ja. doch es wird Dir wenig Freu
- de machen, ihn iennen zu lernen.«
»Als wenn es überhaupt noch da
raus ankäme, mir Freude zu machen!
Ich verlange durchaus teine Schonung
meiner Empfindlichteit, Muttert«
»Da Du es denn hören willst:
Mein Schwiegervater ist der Mei
nung, daß Du zu hochmüihi seiest
I siir Deine Verhältnisse, daß u aus
siegend etwas Unmögliches, auf ein
k Wunder wartest, wie es sich seiner Ue
fberzeugung nachs niemals ereignen
twird. Und« er will nicht dazu bei
s tragen, Dich in diesem verderblichen
Wahn zu erhalten.
Editha lächelte spöttisch anf. »Also
nur zu meinem Besten! Wie für
i sorglich er doch ist, mein Herr Groß
!rater! Wer aber, wenn ich fragen
!darf, hat ihm denn eigentlich ver
?rathen, das; ich in sträflichein Hoch
muth aus irgend ein Wunder ivarie?«
; »Du selbst, mein Kind. Er tann
es Dir eben nicht verzeihen, daß Du
den Antrag des herrn v. Lengeseld
abgewiesen hast«
Eine heiße Röthe, die Gluth wild
cufflammenden Zornes«, brannte plötz
lich auf Edithcks Wangen. »Ist daf
wahrs Er hatte im Ernst erwartet,
daß ich diesen Tölpel von einem
Arantjunier heirathen, daß ich auf
seiner armseligen Schalle vielleicht
selbst mit Schlüsselbund nnd Wirth
schastsschürze hantiren wiitdesi«
Frau v. Linderode bejahte mit gro
fzem Nachdruck. »Er war aufs äu
ßerste erzürnt iiber Deine Ablehnung.
Du solltest Gott danken, sagte er mir,
wenn sich ein braver Mann fände, der
nicht viel nach der Mitgift fragte und
im Stande sei, Dich rechtschafer zu
ernähren. Ein Königssohn würde
schwerlich kommen, Dich heimzuholen,
und hier auf Elvershöh könntest Du
auch nicht ewig bleiben, denn nach Er
win’s Verheirathung wiirde da taum
noch Platz genug sein siir einen gro
ßen Anhang von unversorgten Ber
wandten.«
Editha war ausgestanden, und in
dem sie ihre lönigliche Gestalt noch
höher reckte, führte sie mit der Reit
gerte einen sausenden Hieb durch die
Luft.
»Darum also war ich fiir den Bau
ern gut genug! Wahrhaftig es tönns
te mich reizen, ihm einen dickten Strich
durch seine schöne Rechnung zu ma
chen.«
»Wie wolltest Du das anfangen,
Editha? Soll ich etwa glauben, daß
zwischen Dir und Erwin —"
Fortsetzung solgt.)
Ein entgegentomruendet
Dichter.
Der jüngst in Kopenhagen verstor
bene Romanfabritant Möller, der un
ter dem Namen Louis de Monlin die
Revue herausgab, deren Schauen-)
mane zahlreiche Leser in Spannung
und ständiger Aufregung erhielten,
war trod des ungeheuren Erfolges
seines Blattes, das dem Berleger Jor
dan eine Jahrtseinnahme von 30,()00
bis 40,000 Kronen verschaffte, häufig
in Geldoerlegenheit. Anfänglich er
hielt Miiller 35 Kronen wöchentlich,
später, als das Blatt zweimal in der.
Woche heraustam, erhielt er entspre
chend mehr. Vor einigen Jahren bat
Miiller um einen Vorschuß von 100
Kronen, den Jordan rundweg ab
schlag. .,Gut«, erwiderte er mit sin
sterer Miene, »in diesem Falle wird
Donna Mercedes in nächster Nummer
mit Tod abgehen«. Donna Mercedes
war ein junges Mädchen in einem der
Romane, und Mäller wußte wohl, in
welch hohem Grade Jordan an deren
Geschick Antheil nahm. —- «Was, soll
sie sterben?" fragte Jordan erstaunt.
—- »Ja, das soll sie, warum sollte sie
auch am Leben bleiben und glücklich
sein, während andere sich mit Gläubi
gern und ständigen Geldsorgen ber
nmplacten müssen!« —-—- »Lassen Sie
sie am Leben und bald den Grafen
rriegen,« bat Jordan, «da sind 100
Kronen«· — »Gut,« erwiderte Möller
und steckte das Geld in seine Tasche.
»in nächster Woche soll sie den Grafen
heirathen.« —- Und so geschah es, zum
Trost und zur Befriedigung unzähli
ger Leser, die mit dem alten Jordan
erleichtert ausathmeien. Möller starb
an einem Kehltopfleiden im Alter
von 69 Jahren. Er war der größte
»Masfenmörder« der dänischen Litera
tur, hat er doch während seines
Schriftstellerlebens über 20,000 Men
schen umkommen lassen.
Wer in dem britischen Städtchen
South Molton in der Oeffentlichtett
lacht, wird« zu einer Geldstrafe verur
theilt. Das wäre eine ideale Stätte
für die Auffzhrung ganz moderner to
mischer Ope n.
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Diamanien-Preise sollen also, tote
der Trust bekannt giebt, erst nächsten
Sommer wieder erhäht werden —- eine
frohe Botschaft fttr die Armen, Mith
seligen und Yeladenent
s- e -
Mancher rühmt sich, nirgends auf
Widerstand zu stoßen, verschweiqt aber,
daß er selber ausweichc
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«heueeta!« rief einst der Wei e, dem
eine Entdertung gegliiett war L heute
telephonirt er in sol
nen Intervtetoen W Falle um m