Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 10, 1905, Sweiter Theil., Image 14

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    Revrenloses Gut.
Roman von Oäkie Bernhard.
«» (19. Fortsetzung)
halb unbewußt hoffte sie, er könnte
sagen: »Nicht über alles —- jeden
MS nicht über dichl« aber das ge
grirhi. .
« hast vergessen, was ich dir von ;
meinem Vater erzählt habe! Gerade
in jene Zeit fiel der große Konflikt, i
meine zeitweilige Entfremdung mits
ihm. Er hielt nicht genug von mei- ;
nem Talent, glaubte wohl auch, mein »
shardter sei den Bersuchungen derJ
ünftlerlaufbahn nicht gewachsen ——»
vor allem: er wollte zwei studirte
Söhne haben, zwei geseyte Leute in
Amt und Brod! Er selbst war metho
disch, pedantisch, nüchtern... so soll- ;
ten wir auch sein! Seine sogenannte;
Einwilligung zu meinem Beruf war.
eher das Gegentheil . . . eher ein »Geh’
sum Teufel!« als ein Segenswunsch!«
Sie sah ihm ängstlich in die um- I
dästerten Augen und strich beschwichti
gend über seine Hand. «
»Aber wir anderm waren alle von
des Herrn Professors großem Talent
iiderzeugtl« fiel Frau Alwine eifrig
ein. «Schon als blutjunger Mensch«
konnte er Figiirchen und Püppchen
betet-. die ganz erstaunliche Aehnlich- .
seit mit den Originalen aufwiesen. «
Ich weiß noch heute . . . solche Sächel- i
elxn wurden dann ganz unvermuthet «
den Kindern bei uns gezeigt, denn das ’
It doch ein Prüfstein, wenn Kinder so
etwas erkennen . . . ich hör’ noch unsere
kleine Frida jubeln: »Das ist unsere
Milcher mit ihrer dicken Nase und
ihrer großen Münd« »
»Sie stehen sicher noch mit all den ;
Kindern, die inzwischen lauterErwarh- ;
sene geworden sind, in Verbindung, ;
nicht wahr, Frau Erdmann?« j
s »Ich —- nein—— sie —- ich —«
· Es war ein heißer Boden, auf dem I
die Unterhaltung sich bewegte. Hanna ;
sah mit Staunen die mühsam unter- ;
drückte Erregung der Frau ——— ihre i
Verlegenle —- die ernste Miene ihres
Verlobten. Hatte sie mit ihrer harm- i
lasen Frage an einen wunden Punkt
in der Vergangenheit gerührt? ·
Zum Gluck wurde ore ausmemaw -
teit der drei Menschen jetzt in andere,
gänzlich ungefährliche Bahnen gelenkt.
«Schufterle«, der Pudel, hatte es schon
längst in feinem Hundegemüth übel
vermalt, daß man ihm nicht die ge
bilhrende Beachtung schenkte; ferne
beiden Gebieterirmen, -fotvohl die
ftiihere als auch die jetzige, hatten ihn :
arg verwöhnt. Um jetzt ebenfalls fei- s
nenAntheil an dem fremden Besuch
zn Zbe , trabte Schufterle quer über ’
die ’ele. stellte sich vor hanna hin, -
tvedelte auffordernd mit dem bewa
fieten Schweif und legte endlich der
jungen Dame eine schwarze Pfote aufs
Knie, indem er sie zugleich aus feinen
glänzendem dicht umzottelten Augen
erwartungsvoll und vertraulich ans ah.
Alle drei mußten lachen. . . es ivar
ein befreiendes, ein erlösendes Lachen.
, »Aber, Schufterle, wie darfst du so
unbescheiden fein? Komm her zu mir!«
rief-Frau Alwine, aber Hanna bat
s «3ein, bitte, lassen Sie ihn! Was
fär ein lieber Kerl! Sieh doch, wie
nenherzig bittend er mich anfchautl
spann, Schufterle, wir wollenFreund
Mk schließML« .
Der Pudel war das zufrieden. Er
ließ sah unter leisem, zuftimmendem
Mute des Behagens von Hannas
Meinen händen klopfen und streicheln,
" sich dann unaufgefordert ftramm
M die Hilnterbjeine undexrläieb efine
Hemde ang o, zum u ’um ei
"ser III-net
— Die kleine Episode hatte alle erhei
lert. Jn munterster Laune nahm das
Brautpaar schließlich Abschied von
Frau Alwine, mit dem Versprechen,
bald einmal wiederzukommen. Die
alte Frau ließ es sich nicht nehmen,
von ihrem Blumenflor auf der Fen
sterbanl die schönsten Blüthen abzu
schneiden und für Hanna ein Früh
lingsstriiußchen zu winden. Dankbar
legte das junge Mädchen beide Arme
mir den Hals der Geberin und küßte
sie. Es war Hildegards Gebärde,
"ldegards Blick und Kuß! Hanna
"hlte, wie durch die Gestalt der alten
rau ein Zittern lief und sah Thränen
m ihren Augen glänzen.
fie nervöH, deine alte Freun
din?« fragte das Mädchen, als das
Brautpaar Arm in Arm die Straße
entlang ging —-—es war, nach einem
kurzen, heftigen Regenschauer, jetzt
wieder das herrlichste Wetter, leuch
tender Sonnenschein, die Lust so mild
wie im Mai.
»Aera-ZU Nicht, daß ich wüßte-—
se lange ich sie kenne, ist sie immer
das Bild der Gesundheit gewesen!
Warum fragst du mich das, Mausi?«
»Ich ———nun —- tveil——l)ast du
gar nicht bemerkt, wie erregt sie war,
ais wir einander Lebewohl sa ten?
sie hatte ja Thriinen in den ugen
M itterte am anzen Körper!«
» « i Ja, ind, es liegen lange
Ist-m zwilchen des-Zeit- da ich sie ge-.
irrt-U kannte und dem heutigen Tag-et
N til eine site rau geworden, da
Ists-It skye auch even bekommen
»Sie im dich ichs neben... over
ihr müßt viele gemeinsame, ergreifende
Erlebnisse gehabt haben, von denen
ich noch nichts weißt« bemerkte Hanna
nach einer Pause in nachdenklichem
Ton. »Du hast vielleicht nicht so da
rauf geachtet, aber ich bemerkte mehr
mals, daß sie nur mit großer Mühe
ihre Rührung niederkiimpfte, wenn sie
dich oder mich ansah. Nicht wahr,
Will, später —nach und nach — da
wirft du mir alles erzählen, deine
ganze Vergangenheit, die Kämpfe mit
deinem Vater, das Ringen um deinen
Beruf —die Leute, die dir früher
nahe standen, mit denen du befreundet »
warst! Jch möchte alles wissen — jedes s
Detail interessirt mich —— du könntest !
mir nie ausführlich genug davon er- i
zählen! Mir ist es so schön, dir jeden .
Gedanken sagen zu-können, alles, was s
mich gedrückt und quält, was mich froh ;
und glücklich macht! Geht es dir nicht I
ebensos« ]
Er sah mit einem gerührtenLiichelm j
wie er es oft siir Hanna hatte, in das ;
süße, zu ihm emporgerichtete Mäd- i
eben-gesicht, in diese Augen, aus denen I
so unendliche Liebe, ein so tief gläu- s
biges Vertrauen sprach. Unwilltürlich »
drückte er den zarten Arm, der in dem
feinen lag, etwas fester an sich. :
»Miinner denken in diesen Dingen ’
etwas anders, mein Kind, sie haben.
im ganzen nicht dies unabweisbare Be
dürsniß, sich auszusprechen, wie ihr«
kleinen Mädchen. Daß wir beide uns »
noch reichlich genug über tausend
Dinge unterhalten werden, steht aber ;
fest-und daß du mit jedem Gedan- 1
ten, jeder Sorge zu mir und immers
nur zu mir kommst, das versteht sich
von selbst! Jch hoffe aber, meineMausi
bat jetzt nicht mehr allzu viel, was sie
drückt und quält, was sie eben sagtel
. . . oder doch?«
»Nein!' Sie atbmete tief. wie befreit
auf, die schönen Augen betamen einen
vertliirten Glanz. »Wie sollte mich
jetzt noch etwas drücken und quälen.
da ich dich habe? Jch weiß ja doch »
nun, zu wem ich gehöre!« s
»Gewiß!« vollendete er ernst. »Du;
bist mein Eigenthum fürs Leben —-—?
so bab’ ich es gewollt! Du sollst nie
wieder von dir sagen dürfen, du seist
«herrenloses Gut«!"
1.5. l
Elly Rade war zu Hanna Pio- !
trowöty gekommen, noch in später
Abendstunde —- Cotta war soeben
fortgegangen —- jubelnd, stürmifch er
regt, athemlos. Sie war Braut ge
worden, offizielle Braut —- sie hatte
den Eltern die Erlaubniß abgerungen, ;
abgefchmeichelt, abgeht-ZU nachdem 4
Onkel Mebing nach langen Prälimi
narien endlich feine Cinwilligung ge
geben hatte. ;
»Liebe Frau Piotrowslu und liess
ber, guter Herr Piotrowsty,« schloß
die neugebackene, glückftrahlende Braut ,
ihren überftürzten Bericht. »nicht
wahr, Sie nehmen es mir und Hanna
nicht übel, wenn wir jetzt noch in Han
nas Zimmer geer und uns ba noch
ein halb Stündchen allein erzählen?
Sehen Sie, vor Jhnen beiden kann ich
doch nicht alles sagen, und Hanna
muß haarklein die ganze Geschichten
fahren, dazu ist fee verpflichtet! Wo- T
für ist sie meine beste Freundin? On
lel Mebing hat das auch eingesehen, er
bat mich in feinem Wagen hergeschicki,
und der wartet unten. Also ——«ja—
Sie erlauben es!«
»Wenn Onkel Meding so viel Ein
sehen für die Wichtigkeit dieser Mit
tbeilungen hat, dürfen wir damit nicht
zurückstehen, nicht wahr Dorchen?'«
erklärte Herr Piotrowsky mit humo
ristischem Augenzwinkern »Ich habe
nuk eine Bedingung dabei, liebe EllyL
Sie sehen gar hübsch aus in Jhrem
kräutlichen Glück. mdchten Sie mir
als Jhrem alten Freunde, hier, vor
den Augen meiner Ehegattin, einen
Kuß geben?"
»Aber mit tausend Freuden, Papa
PiotrowskhL Mein Rudi. wenn er hier
z«wiir’, hätte sicher nichts dagegen — ich
« glaube, Sie sind noch zwei, drei Jahre
älter wie mein Vater! Da! hat er
Ihnen gemundet? Frau Piotrowsky
bekommt auch noch einen zur Gesell
schaft. Nun komm flink, Hanna!«
»Ein Wetterniiidel!« schmunzelte
Herr Piotrowsky. sich den Bart strei
chend, während Clly gleich einem
Wirbelwind zur Thür hinausfegie.
»Wie ihr das Glück aus den Augen
lacht! Und alles um so ’n windigen
Leutnantt Na, laß Onkel Medstng nur
seine Tasche gehörig ausknöpfeni Die
beiden werdens brauchen können!«
«Hanna," ries unterdessen besagtes;
»Wetterntädek", als die Freundinnen
in dein reisenden Stäbchen der Tochter
les hauses waren, »Damit —- wer
ron uns beiden ist nun wohl die glück
lichere Braut? Jch sag’ dir: ich-—ich!
Denn glückliches-, wie ich bin, kannst
du gar nicht sein!«
Die Thränen glizearten ihr in den :
Augen — lachte zu und verbarg
ihrg rufglühen i Gesicht an haan
Bwe erwiderte nichts; sie r lte
nur Ellht Haar und lachelte—- st Mel
selig, ggeigeutsihbC triumphi
chekte gut,da ßdie Freund-in
m nicht sah. Lieberß Gott! Die bei
den waren auch recht miteinander zu
vergleichen... ibt enialer, bedeuten
der Willsried, de en Künstlan m
durch die ganze Welt ging, und di er
unscheinbare, kleine L»eutnant. der
nichts auszutreisen hatte als seine Uni
sorm, sein lachendes, hübsches Gesicht
und seine Schulden.
»Ja. streich’ mit nur die Eure zu
recht, du lieber Schneck!« ·e errö
thende Elln richtete sich aus, wars einen
Blick seitwärts in den Spiegel, zupfte
an ihren Löckchem bauschte an ihren
Schlafen- und Stirnhaaren. »Wie er
mich bloß zugerichtet hat, der Rubi,
dieser Bösewicht! Küssen lann cr, sag’
ich dir, so was gibt’s gar nicht mehr,
und hat nie und nie genug . .. na, du
kennst das ja aus Erfahrung! Mich
wundern-H bloß, daß du mit deiner
Frisur, die dir übrigens bildsüsz zu
Gesicht steht, noch so adrett aussiehst!«
Es kam ganz harmlos beraus,Elly
war viel zu sehr mit sich selbst be
schäftigt, um dem soeben ausgespro
chenen Satze ernstlich nachzusinnen,
irgend welche Konsequenzen daraus zu
ziehen — aber um l.Ls-(1nnas-Mund
zuckte es. Sie sagte sich jetzt, was sie
sich während der vier Wochen i res
Vrautftandesheimlich schon oft ge agt
hatte: ein besonders zärtlicher Bräuti
gam war ihr Willfried nicht! Er war
lieb und gut zu ihr, überschüttete sie
mit Geschenlen und freute sich ihrer
Dankbarkeit. . . immer aber mehr wie
ein Vater seine Tochter liebt und be
schentt. Hanna selbst war durchaus
teine demonftrative Natur, sie lonnte
sich nur schüchtern an ihn schmiegen,
seine Hand fassen, höchstens einen lei
sen, halb verftohlenen Kuß auf sein
haar drücken. Sie wäre wohl einer
besonders stürmifchen Zärtlichteit ge
genüber in rathlose Verlegenheit ge
tommen... allein, ihr selbst unbe
wußt, hatte sie gerade von Willfried
Cotta diese ftiirmifche Zärtlichkeit halb
und halb erwartet. Der Schöpfer des
»Gewissens«. der »Retlame«, so vieler
anderer herrlicher Werte. die sammt
und sonders von Leben und Bewe
gung, von individueller Genialitiit
strotzten... mußte der nicht leiden
schaftlich empfinden, heiß fühlen, bis
in die Fingerspitzen hinein? Verrie:
then nicht seine Augen« seine Mienen,
seine Worte diese seine innere Leiden-—
schaftlichteit, sobald er irgendwie ins
Feuer gerieth? Ihr gegenüber aber,
feiner Braut, blieb er, wie er von An
beginn gewesen war, nicht tiihl, nicht
abweifend —- im Gegentheil: warm
und herzlich, aber unweigerlich in der
gleichen Temperatur. Ueber irgend
einen zu heftigen Gefühlsausbruch
seinerseits zu erfchrecken oder sich iiber
eine von seinen zärtlichen händen zer
störte Frisur zu beklagen. dazu hatte
hanna Piotroswsth bisher noch nie
Gelegenheit gehabt — und uneinge
standenertnaßen lriinlte es sie seht,
als Ellh ihres Verlobten topflose Ver
liebtheit pries.
»Du, Hanna, siehst du, ich weiß ja
nicht, was ich aufPstellt haben würde,
wenn Ontel Arthur nicht endlich nach
gegeben hätt’!« plauderte Ellh unbe
fangen weiter· »Wir zwei, der Rudi
und ich, sind schon völlig rabiat gewe
sen vor unglücklicher Liebe —- und,
schau, ich bin eigentlich dafür so gar
nicht geschaffen! Jch taug’ bloß für
die glückliche Liebe, der Rudi auch-!
Aber nun ist alles gut; er kriegt seine
Schulden bezahlt —er sagt, die leh
ten zwei Jahr' hat er bloß noch von
Schulden gelebt, komisch. ich hab’ nie
gedacht, daß man so was tann —- und
ich trieg’ meine Zulage, aber nicht
bloß den gewöhnlichen Kommiszzu
schuß... nein! Was sollten zwei ele
gante Leut’, wie der Rudi und ich,
mit den paar Batzen anfangen? Jch
sind’ es nur in der Ordnung, daß
Onkel Arthurs vieles Geld schließlich
feine Verwendung findet! Was thut er
damit —- ich bitte dich? Ein Jung
gesell -—- alt noch dazu —- wag hat
denn der noch vom Leben? Jmmer
lxlukz Kunstschätze zusammentratzen . . .
txt Kunstschätzen sällt mir ein: Du,
Sckatzerh Onkel Meding ist hin von
deinem Willsried und seinen Schöpf
engen, aber völlig hin! Er sagt, so
etwas wie der kleine Hirt-ich dent’
mir, es ist doch ein Hirt —- oder ist’s
was anderes-? —- ja, also, wie der, das
ist in der ganzen neuen Siulthr seit
zwanzig, dreißig Jahren überhaupt
nicht dagewesen! Na, er muß es ja
:toisfen:' Aber du bist wohl fürchterlich
Stolz aus deinen berühmten Schatz —
tn« «
»Das kannst du glauben!« betonte
Hanna mit strahlendem Lächeln.
,,«Jta, mein Rudi ist nun r nicht
berühmt und wirt« auch tcher nie
werde-n That nix! Für mich ist et
der schönste, liebste, oldigste herzens
schntz, den es gibt! u, bannen treibt
denn der deine auch allenIeil so schreck
lich verliebte Possen?«
»Was siir Possen denn?«
»Nun —- mit meinen Händen zum
Beispiel — da hat sich der Rudi ans
närrisch! Jedes Fingerspitzerl tii ter
;mir—-und innen die Dank-flachen
na... und so! Deine Hände sind ja
eigentlich viel hübscher wie meine, die
verdienen das Geiiißtwerden biet
mehrt«
.Nein,« erwiderte hanna etwas be
klommen, »Wil! küßt mir ja zuwei
len die hand, aber — aber solche
Dinge, wie du sie Will-M die sind
nichts siir ihn. Wir haben auch int
cner so viel miteinander zu reden —«
«Woriider« um Beispielli«
rr te ben Archöologie nnd
Au geschieht-e zusammen —- das
heißt, so kann ich ei eigentlich
nennen, das l t so, all stünden r
aus gleicher Stn ! Er hat mir Bücher
empfohlen, nnd nun erzähle ich ihm,
was ich gerade gelesen habe nnd wie
ich es aussasse —und er stimmt zu
foder tadelt und fragt mich dies und
das-ich lerne o viel, denn natür
lich iit er eine er te Autorität in allen
kunstfragenk
Hanna hatte ganz ernst und sachlich
gesprochen, in ehrlicher Begeis«-erung.
Sie war sehe erstaunt, als Ellh in ein
helles Lachen ausbrach.
»Na, ihr seid gut, das muß ich
schon sagen! Ein schönes Brantpaar
seid ihr mir! Treibt Archiiologie nnd
Kunstgeschichte, anstatt —- aber das
sieht wieder meiner hanna ähnlich,
meiner ehrbaren, gelehrten hannal
Wie iomm’ ich bloß zu so einer Freun
diei Jch möcht’ euch sehen wollen«
wie ihr da beieinander sigt und über
die ollen verwitterten lcepteinfiguren
und die Reliess Und die Sarlophage
redet! Du, der Rudi hat von dem allen
nicht den blauen Dunst, lann ich dir
sagen! Der könnte dir lein assyrisches
Miachwert von ’nem griechischen unter
kscheiden Hat er auch gar nicht nö
thig! Wir zwei haben andere Dinge
x zu thun, als so ’n Zeug zu besprechen.
j Nimm mir-I nicht übel, Mann-Mii
I deri, aber ich iönsnt’ mich todtlachen!
; Also eine »Autorität« isi dir der deine
l—o du heiliger Franziskus! Mir ist
( der Rndi das Gegentheil davon — der
thut alles, was ich will, findet alles
schön, was ich sage, will und tann
zuichtö anderes als das, was ich mag!
- Jch wüßr auch nicht was ich mit
einer Autorität« beginnen sollt«l
Mein Schatz, mit dem muß ich um
springen tönnen nach Gefallen — ge
; stern hab’ ich ihm einen Damenscheitel
; gemacht nnd ihm meinen Rembrandt
« Hut ausgesetzt —- zu niedlich sah der
süße Kerl aus! Aber schau’,
das lomint davon —- ich hab’ mir s ;
.·aleich edacht dein Schatz, der ist
» ein bisf
el reichlich alt für dich nicht
: wahr-, das findest du auch? Wie viel «
H Jahre hat er denn gleich?"
»Wald dreiundvierzig!« sagtehanna
leise.
»Um Gottes willen! Der könnt« ja
dein Papa sein! Nein, siir mich wör’
sdas nix! Jch möcht' keinen Mannz
haben, der schon so viel vorn Leben
hinter sich hat und alles Beste und
Schönste aus- und inwendig tenntl
Mein Rudi ist achtundzwanzig. vorz
dem liegt die ganze Welt noch offen,
der hat noch viel zu genießen» und
ich bin immer mit dabei! Du nimmstz
mir das doch nicht übel, wenn ich so z
offen red’!«
»Gar nicht!« Hanna richtete sichz
strass empor. »Aber ich dars doch z
ebenso ossen sein wie du ich habe doch z
dasselbe Recht? Und da iaun ich dir
nur sagen: auch ich möchte nicht tau- 1
schen —- nicht mit dem Alter — nicht l
mit dem Stand —- nicht mit der Un
terhaltung« . in keinem einzigen
Punkt! Gliicllicher wie ich bin, mehr
wie ich liebe —
.LJ-ho!« rief Ellh dazwischen, »du.
willst doch nicht behaupten, daß du
beides besser verstehst als ich2«
» ch verstehe es aus meine Art —
du aus die deine s— das ist alles!
Wenn es mir nicht einfällt. mit mei
nem Verlobten Allotria zu treiben —«
«Allotria! Erlaube! So was gehört
einfach zu ’nem richtigen Brautstand,
daß diks weißt! Sich hinsetzen und
über Kunstgeschichte debattiren, das
können ebensogut zwei Onkels oder
zwei Tanten oder ’n paar alte Jung- «
sern —- aber —"
»Und sich Dameuscheiiel machen und
Frauenhiite aus den Kopf setzen —- das
öunen ebensogut ein paar alberne
Kinder —
»Du wirst grob, meine liebe
hauna!«
»Bist du etwa sein gewesen?«
Die Freundinnen, die beide eben
noch sehr rasch und erregt gesprochen
hatten, verstummten plötzlich u. sahen
einander lampsgerüstet an· Dann
slog ein Lächeln um Hannas Lippen,
wie sie in das erhitzte, eregte Gesicht
Ellyg sah. Was war ihr denn beige
tommen, mit diesem »Kindstops« über
ihr tiefstes, heiligstes Gefühl reden zu
wollen«-l Obgleich Elly genau so alt
wie sie selbst und gleichfalls Braut
war... sie kam ihr so unreis, so tin
disch vor —- sie stand ihr innerlich auch
gar nicht nahe genug, um ihr Bekennt
nisse über Willsried Cotta und ihr
Verhältniß zu ihm zu machen. Wie
war sie nur überhaupt daraus versal
len? Daß sie und Ellh Rode, grund
verschieden in ihrer ganzen Lebens
aussassung, auch zwei grundberschies
dcne Bräute sein würden, das hätte
sie sich doch denten können! Mochte sie
doch weiter mit ihrem Nudi tändeln
und Kindereien treiben! Jede von ih
nen mußte aus ihre eigene Fasson selig
werden, das stand sest.
»Komm, Elly!« sagte sie jetzt, legte
ten Arm um die zierliche Gestalt ihrer
«besten Freundin« und zog diese, die
nur ein ganz klein wenig widerstrebte,
fester an sich. »Wir beide werden dochi
iicht miteinander Yanten — so glück
lich, wie wir sind
Glück verschieden aussassen und ver
schieer genießen... was thut denn
das «
«hast recht, Schaherll Bist allemal
die gescheitere von uns beiden. Da,
gib mir einen Kuß! Du, man lernt
doch s Küssen ganz anders aus,
wenn an verlobt ist! Männer ver
stehen daö Metier zehnmal gründlicher
wie die beste Freundin! Was ich sagen
wollte... daß du und R nicht in
derselben Tonart lieben ·rden, das
war eigentlich vorauszusehen — meinst
dn nicht auch? Und un ere denen
Verlobten, die sind erst re t aus ber
schtedenem Material gesamt. wie?
s
Wenn wir unser.
Ich glaub’, mit dem Nudi müssest du
gar nichts aneusangen.» und nun
fei mal so u und deni’ dir aus« ich
wör« mit deinemsProsessor verlobt —
was das wohl abgeben würdet« .
Dann-a mußte lachen. Elly Rade
als Willsrieds Braut —- es war stir
sie einsach nicht auszudeuten!
»Aber daß er dich hübsch findet,
das wird dir der deinige doch auch zu
verstehn geben . . . denn hübsch bist du
nnd wirst es von Tag zu Tag mehrt«
» a —er —er meint das auch!«
So leise und zögernd lam es über
ihre Lippen, daß Elly es kaum ver
stand.
«Wird er dich denn nicht in Mar
mor verewigen, nicht meißeln —tvas
tenlst du?«
»Später . . . ja! Wenn — wenn wir
erst verheirathet sind!« Wieder dies
seine Rosenrotb ans den Wangen — —
die gesenkten Wimpern ——— die ge
diimpste Stimme.
»Und als was? Hat er dir das
schon gesagt?'«
»Er —- er meinte, mein Gesicht passe
gut siir eine Psyche!«
»Thui es auch! Kann ihm nur bei
stimmenL So etwas dent’ ich mir nun
geradezu goldig! Schaust du, Hanna,
wenn der Rudi das tönnte — mich
recht schön als Psyche meißeln und alle
Welt wüßte, das bin ich, das ist des
Künstlers Frau-» ’nen Heidenspaß
trürd’ mir das machen. Er tann’s
aber nicht, der liebe, dumme Kerl der,
der goldige Herztiiser, der zueirige
Schneck! Und ich wär’ am Ende auch
iein richtiges Modell siir eine Psnchek
Jetzt möcht’ ich gern noch eine Frage
an dich thun . .. aber ich dab’ Angst,
so wie du nun mal bist, du nimmst
sie mir übel!«
lFortsetzung solgt.)
Das Eisen in unserem Blute.
Ein Eisentheilchen ist und bleibt
ein und dasselbe Ding, lautet ein be
kanntes Wort des geistvollen Phoswlm
gen Dubois-Reymond, »gleichviel ob
es im Meteoriten den Welttreis
durchfliigh im Dampswagenrade
auf den Schienen dahinschmettert
oder in der Blutzelle durch die
Schläfe eines Dichters rinnt.« Jn
der That ist das Eisen gerade deshalb
ein so besonders interessantes Element,
weil es unter den Metallen das einzige
ist, das nicht nur im weiten Welten
raume vorkommt, und nicht nur in der
unorganischen Natur auf unserem
Erdball anzutreffen ist. sondern zu
gleich auch einen wesentlichen Bestand
theil aller irdischen Lebewesen bis hin
auf zum Menschen bildet. Bekanntlich
ist ja die Zahl der Urstosse, aus denen
sich das große Wunder der belebten
Natur, der Pflanzenwelt, der Thier
welt, der menschlichen Geschöpfe auf
baut, verglichen mit der Menge der in
der anorganifchen Welt vorkommenden
Elemente an sich eine erstaunlich ge
ringe; unter ihnen nimmt das Eisen
einen nicht unwichtigen Platz ein.
Seine Bedeutung ist hier vermuthlich
nicht immer die gleiche; so bildet es bei
vielen Thieren, besonders bei niederen,
einen Bestandtheil der verschiedenen
Körpergewebe, und scheint unter ande
rem öfters dazu bestimmt, diesen.
ähnlich etwa wie der Kalt, eine gewisse
Festigteit zu verleihen. Bei höheren
Thieren aber und beim Menschen ist
jedenfalls seine Hauptfunktion, mögli
cherweise sogar seine einzige, die, wel
che es als Bestandtheil des Blutes zu
erfüllen hat, und in Uebereinstimmung
damit steht es, das; bei ihnen die
Hauptmasse des gesammten Körpern
sens eben im Blute anzutreffen ist.
Wenn das Blut schon von jeher als
ein «besonderer Saft« gegolten hat,
um wie viel mehr kann es heute dar
auf Anspruchsmachem nachdem uns die
ntoderne Forschung mit allerhand
wunderbaren Eigenschaften und Kräf
ten desselben betannt gemacht hatt
Unter den mannigfachen Aufgaben, die
es nach unseren gegenwärtigen Kennt
nissen im Körperhaushalt zu erfüllen
hat, ist und bleibt immerhin die we
sentlichste die, das- es bei seinem Um
lauf sämmtliche Organe ständig mit
Nährstoffen und mit Sauerstoff speist.
Die Nährftoffe werden dem Blut von
den Verdauungswegen aus zugeführt;
alle verdaute Nahrung gelangt schließ
lich in’s Blut. Den Sauerstoff aber
empfängt es beim Fließen durch die
Lungen, in die ihn der Luftstroni mit
ieder Einathmung bringt. Das Blut
ist ja bekanntlich leine bloße Flüssig
leit, es besteht vielmehr aus einem
flüssigen Medium, in welchem eine un
geheure Menge fester, rundlicher Ele
mente schwimmt, die Blutzellen oder
Bluttörperchen, wie sie genannt wer
den; die Mehrzahl von ihnen ist roth
gefärbt und nur ein tleiner Theil blasz
und farblos. Während nun der flüs
sige Bestandtheil des Blutes der Trä
ger der Nährstoffe ift, find die rothen
Blutscheibem deren jeder Kubitmilli
meter Blut gegen fünf Millionen ent
hält, odie eigentlichen Sauerstoffträger.
Wenn fie mit dem Blutftrom die Lun
gen passiren, reißt ihr rother Farbstofs
den Sauerstoff der Lungenluft an sich
und geht mit ihm eine lockere Verbin
dung ein; so gelangen sie dann, mit
Sauerstoff beladen, in den großen
Kreislauf, tvo sie diesen an die Ge
webe des Körpers abgeben. Eben die
set Farbstoff der rothen Bluttörperil
chen aber ist es, in dem das Eisen des
Blutes steckt; er ist seiner chemischen
Eonftitution nach ein eisenhaltiger Ei
weiszliirpeq er tann sich nur bilden.
»wenn Eisen im Körper vorhanden ist.
So wichtig das Eisen ssiir des
menschlichen tilirper ist, so gering ist
andererseits seine Gesammtmenge; sie
beträgt für den Erwachsenen nicht
viel mehr als drei Gramm, also nicht
me r, als etwa in einem kleinen Ra
gel ist enthalten ist. Auch im rothen
Blutsarstoss, der sich als lrhstallinis
scher Körper ans dem Blute gewinnen
läßt« ist der Eigengehalt noch immer
ein verhältnißmiifzig kleiner. in 100
Gramm stecken etwa vier Zehntel
Gramm Eisen; und tm gesammten
Blute eines erwachsenen Menschen,
das ungefähr 5 Kilogramm an Ge
wicht ausmacht, befinden sich alles in
allem gewöhnlich noch nicht L Grannn
Eisen. Soweit das Eisen nicht im
Blute vorhanden, ist es in ganz be
stimmten Organen des Körpers abge
lagert, die man gleichsam als Vor
rathslamntern für das Eisen betrach
ten iann; es sind dies das Knochen
mart, die Milz und die Leber. Aus
diesen Magazinen wird das Eisen nur
dann für die Blutbildnng herangezo
gen, wenn es besonders noth thut, z.
B. wenn nach heftigen Blutverlnsten
eine rasche Blntneubildung ftattfindetx
umgekehrt wird mehr Eisen in jenen
Organen anfgespeichert, wenn etwa
innerhalb des Körpers ein stärkerer
Blutzerfall, ein siiirlerer Untergang
von rothen Blutscheiben statt hat, wie
das bei gewissen Krankheiten vor
kommt.
Unser Organismus verliert ständig«
gewisse Mengen von Eisen· Die ein
zelnen rothen Bluttörperchen haben
nur eine begrenzte Lebensdauer; schon
in gesunden Zeiten geht tagtäglich ein
gewisser Theil von ihnen zu Grunde,
nnd andere werden neu gebildet. So
finden sie beispielsweise Verwendung
li der Bildung der Gatte, indem der
Gallenfarbftoff ans dem Blutfarbstosf
entsteht. Da ersterer nicht eifenhaltig
ist so man bei dieser Umwandlung
knien rret werden« uno m oer war
wird mit der Galle auch regelmäßig
Eisen aus dem Kriipee abgeschieden.
Aber auch aus anderen Wegen. wie
z. B. durch die Niem, verlassen immer
tleine Eisenmengen den Körper. Sie
müssen durch die Nahrung ersetzt wer
den.
Alles Körpereisen sprmmt in letzter
LQeihe aus der Nahrung. und es ist
nicht ohne Interesse, zu erfahren, wes
che Nahrungsmittel eigentlich unsere
Hauptlieseranten sür das Eisen dar
stellen, wie groß, mit anderen Wor
ten, der Eiiengehalt der verschiedenen
Nahrungsmittel ist. Von Früchten
sind arm an Eisen Kirschen, Orangen,
Neineclauden, Aepfel, Bienen, Dat
teln, etwas reicher Pflaumen, himme
ren, Feigen, weiterhin Mandeln nnd
Nüsse und noch reicher Trauben, hei
delbeeren, Walderdbeeren. Ziemlich
viel Eisen nehmen wir mit den Gemü
sen zu uns; an der Spitze steht hier
der Spinat, es folgen SpargeL Grün
lohl, Linsen, Karottern Bohnen, Erb
sen, Kartoffel. Wenig Eisen enthal
ten Reis, Graupen, Weißt-rot, mehr
schon Roggen, Gerste. Von den ani
malischen Nahrungsmitteln ist natür
lich am eisenreichsten das Blut selbst.
wie es etwa in der Blutwurst und
ähnlichen Speisen enthalten ist; weiter
ist hier zu nennen der Eidotter, wälz
rend das Eitlar überhaupt eiserssrei
ist; auch das Fleisch, insbesondere das
Rindsleisch liesert uns das Eisen.
Das Eisen nimmt im ärztlichen
Meditamentenschatz schon von alters
her und wohl mit Recht einen vorde
ren Platz ein, wenn es auch nicht gera
de jenes Allheilmittel ist, als welches
es eine geschäftige Industrie, die sast
täglich immer neue Eisenmittel aus
den Markt bringt« so gerne auszude
saunen pflegt. Aber es ist neuer
dings mehr als fraglich geworden, ob
die hauptwiriung des arzneilichen Ei
sens, zumal in der Art und Menge,
in der es vorwiegend gebraucht wird,
thatsächlich stets bloß daraus beruht.
daß es, wie man sich immer dachte. le
diglich als Baumaterial siir die Blut
bildung dient. Gerade bei jener Form
der Blutarmuth nämlich, vei der sein
Erfolg noch am sichersten ist, bei der
typischen Bleichsucht der Entwick
lungsjahre, fehlt es dein Organismus
in Wirtlichteit wohl nur selten je an
Eisen; woran es hier meist fehlt, das
ist vielmehr die Fähigkeit des Orga
nisinus, das vorhandene Eisen zur
Blutbildung zu verwerthent Hier
scheint nun das Arzneiwesen wesentlich
in dein Sinn zu wirken, daß es einen
trästigen Reiz aus die darniederliegen
de Funttion der Blutbildungsorgane,
insbesondere des Knocheninart5, dieser
hauptbildungsstätte der rothen Blut
scheiben, ausübt und sie zu erhöhter
Thätigteit anspornt. Auch ii vielen
anderen Fällen bedeutet die sogenannte
Blutatinuth leineswegg schlechthin Ei
senarmutb; ost ist sie z. B. die Folge
der Einwirtung von Krankheitsgistem
die ini Körper treisen, von schlechter
Lust, von niangelnder Bewegung; alle
diese und noch viele andere Momente
beeinflussen ja die BlutbeschassenlieiL
unter solchen Umständen aber wird
diese sich natärlich vor alleni dadurch
ausbessern lassen, dasi jene Ursachen
beseiti t werden; und wenn auch in
derartigen Fällen das nieditanientöse
Eisen einen gewissen unterstiitienden
Nuten schnit, so ist auch hier sicherlich
s .ine Wittungsweise eine ganz andere,
als inan zunächst imiiiet anzunehmen
geneigt ist. De. M. Cato-.
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Künstler wird nur der, welcher i
vor seinem eignen Urtheil fürchtet M