Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 10, 1905, Sweiter Theil., Image 12

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    Post more-tut
- Ckps Briefen erzählt von B e r
sha Lehren (B. Willibald.)
Ili- Schlccht kinduiggkiitz wak ge
W Mit blanler Sense war der
« , Wgeschritten und hatte in den
. der Kämpfer eine furchtbare
M gehalten. Der Ausgang des
«" war entschieden. Waffenstill
Mdi Das war dasWort, bei dem die
M den Strapazen des Feldzugs er
kith Truppen erleichtert aufath
Mu; Friedensverbandlungen hieß
Ue Botschaft, bei deren Klang die
setzen der Soldaten aufjauchzten:
»Nun geht es bald zurück in die Hei
mail-«
Das Blutvergießen freilich hatte
ein Ende. Der Tod, der wie ein ge
waltiger Held mit freiem, kühnem
Antlih über dieSchlachtselder geschrit
ten war, begleitet vom Donner der
Beschütze, vom Trompetengeschmetter
und dern Hurrah der anstijrmenden
Kolonnerh hatte die Waffe niederge
le . Aber ein anderer Feind hatte sie
wieder aufgenommen, ein Feind, des
sen seigem Morden kein Waffenstill
stand Einhalt gebot, ein Feind, der
alle Friedensverhandlungen mit eisi
gem hohne von sich wies.
Die Cholera war es, das bleicheGe
spenst, das sich schon lange in den
Dörfern umhergetrieben hatte. Heim
tückisch schlich sie sich in dieReihen der
hoffnungsfrohen Soldaten, wo immer
sie auch weilten, in's Lager, ins
Quartier, in’s Lazareth. Sie vergif
tete dein wackeren Kämpfer denTrunl, »
nach dem in der sengenden Julihitze
sein Gaumen schmachtete5 sie wandelte «
seine Träume von Heimath und Wie- »
dersehen in wilde Fieberwantasren,l
die neu erwachte Lebensfreude in bit-—- ;
tere Todesquat .
Fast vergebens war der opfermn
thige Kampf der Aerzte gegen den«
gräßlichen Würgeengel, welcher Tau-·
sende binmordete, die von der Kugell
verschont geblieben waren. Schwer
waren die Tage bei Gitschin und Kö- -
niggriin gewesen, da alle Häuser, ja
alle Scheunen und Speicher vollerz
Oerwundeten lagen, als jeder Arzt sich ;
hundert Hände wünscht-, um all viel
jammernden Bitten um Verband unds
P ege auf einmal erfüllen zu können. ;
A es war doch eine erfolgreiche !
Thätigleit gewesen im Vergleich zu je- s
net, die ihn in den Eholeralazarettenj
erwartete. j
Es war a« Vormittag des ZEI. Jun. ;
Wie ein Li-. feuer hatte sich von ei-J
nem Truppu.theil zum anderen die’
frohe Kunde verbreitet, daß kurz zu-:
vor in Nikolsburg die Friedenspräli
minarien unter-zeichnet worden seien.
Auch die Mitglieder der zweiten Set
tion des dritten Feldlazaretts vorn
siebenten Armeetorps, die etwa dreißig
Mann stark —- der Stabsarzt, die As
sistenzärzte und der Apotheter zu
Pferde, ein Einjährig - Freiwilliger
Urst, der Lazarettinfpeitor, die Ge
hiler und Burschen zu Fuß —- sich
an den Weg von Poysdorf nach
Schloß Walterskirchen in Riederöfier
reich befanden, besprachen lebhaft das
freudige Ereigniß.
Am Morgen hatten sie in dem nur
zwei Meilen von Nikolsburg entfern
ten Pohsdorf den König Wilhelm mit
seinem Sohne, dem Helden von König
srsh, und dem ganzen Hauptguariier,
sit Bismarch Moltte und Roon
but-hierinnen sehen und ihnen begei
siert zugejubelt. Es hieß, der König
DIE sofort nach Berlin zurückkehren,
w den Landtag zu eröffnen; die
Etappen sollten schon am 2. August
des Mniarsch antreten, die Aerzte
nnd das Lazarettpersonal jedoch wür
den der vielen Kranken wegen erst
etwa vierzehn Tage später als die üb
rM entlassen werden.
set diesem Gedanken flaute die an
fänglich sehr gehobene Stimmung der
Its der heißen Landstraße Dahinzie
» immer mehr ab. Auch der An
s der sonst sehr anmuthigen und
baten Gegend war heute nicht
angethaiy ein bedrücktes Ge
M aufzuheitern Ueberall begegnete
Im den Spuren des oerheerenden
EIN-ges Traurig sahen die Felder
Es .· m der ganze Erntesegen des
, ei von durchmarschirenden Trup
- . most und zertreten am Bo
mährend an anderen Stellen
schweren goldenen Aehren verge
uf die- hände der Schnitter
«ED ist zum Berzweifeln," sagte der
Updthetey ein junger frischer Mensch
m etwa siehenundzwanzia Jahren,
zu dem jüngsten Assistenzarzt der Set
titm, der neben ihm ritt, »wenn man
daran denkt, daß sie heute daheim die
steifedenshotschaft feiern und uns allen
" uhren entrückt wähnen, während
sit aufs neue unsere Haut zu Markte
tragen. Jch hoffe nur, daß meine
»Die-txt es; nicht aus den Zeitungen er
Mi, daß in Schloß Walterskirchen
Hek- Chdleralazarett eingerichtet ist«
""Qe würde sich ja zu Tode ängstigen.
TM arme Mädel! Wie hat sie ge
IDth als ich so kurz vor der Hochzeit
Die Einberufung erhielt. Als ob wir
III niemals wiedersähen!« Sein von
»Du und Sonne gebröuntes, für ge
js lich sehr heiteres Antlih nahm
IN finsteren Ausdruck an.
Her nur einige Jahre ältere AM
, est, aus dessen gleichfalls ge
s its-, von einem blonden Bollbaet
Gesicht ein Paar ernste,
Im Wien, die die vornehm
— «
sten Eigenschaften des Arztes, Klug
heit und Güte, berriethen, tlopste ihm
ermuthigend auf die Schulter-. »Kon
hoch! junger Freund. Sie werden doch
den Muth nicht sinken lassen, nun wir
aus baldige Heimtehr hassen dürfen.
Das wird eine Freude sein, wenn wir
unseren Rhein erst wiedersehen! Sie
waren doch sonst immer ein lustiger
Kamerad, dessen srohe Zuversicht uns
allen über manche schwere Stunde hin
weggeholsen hat. Freilich, heiße Tage
stehen uns noch bevor. Ueber zwei
t hundert Kranke erwarten uns in Wal
H tersiirchen.«
»Die Zahl wird sich bald genug ver
mindern,« entgegnete der andere mit
einem kurzen rauhen Auslachem »Wer
weiß, wie mancher auch von uns diesen
Weg nicht mehr zurückreiten wird!
Dieser Gedanke verdirbt mir heute
immer wieder die Laune.« Doch gleich
daraus fuhr er mit einer raschen Be
wegung mit der Hand durch die Lust,
als wollte er die trüben Gedanken wie
einen lästigen Mückenschwarm verja
gen. »Verzeihen Sie, lieber Doktor,
daß ich heute so verdrießlich bin und
Ihnen auch noch das Herz schwer
machen. Haben Sie doch Weib und
Kind zu Haus. Jch muß mich vor le
nen schämen, wenn ich sehe, mit wel
cher Ruhe und Gelassenheit Sie sich in
alles finden, sogar in diese neue Ver
zögerung der doch auch von Jhnen —
ach——so heiß ersehnien heimkehr.«
»Wenn man wenigstens wüßte, ant
wortete der Arzt, »wie’s unseren Lie
ken daheim ergeht. Seit einem vollen
Monat bin ich ohne jede Nachricht von
den Meinen. Was lann in dieser Zeit
nicht alles passtrt sein! Jch dars gar
nicht daran denken, sonst überläuft es
mich eiskalt. Ohne die angestrengte
Thiitigteit der letzten Wochen wüßte
ich nicht, wie ich diese Ungewißheit
hätte ertragen sollen.«
»Es werden Briefe fiir Sie unter
wegs sein. Aber bei unseren stets
wechselnden Quartieren hat uns ja die
Feldpost seit Wochen nicht erreicht. ;
Nächstens benommen wir wieder einen »
ganzen Haufen auf einmal.«
»Ich hoffe nur, dasz sie wenigstens
meine Briefe regelmäßig erhält, damit .
sie nicht meinetwegen in beständiger
Sorge ist.«
»Sie haben ihr auch wohl nichts
von der Cholera geschrieben?«
»Nein, gewiß nicht! Jch habe ihr
stets alles so leicht und angenehm wie
möglich dargestellt. Von den guten
Quartieren habe ich ihr erzählt, die
wir besonders in Sachsen doch auch
vielfach hatten, von der Freundlichteit
unserer Wirthe, wenn sie sich erst ein
mal davon überzeugt hatten, daß wir
keine Plünderer und Mordbrenner
waren, von den schönen Gegenden und
hübschen Ortschaften, die wir kennen
gelernt haben. Auch von unserem er
folgreichen Bemühen um so manchen
.Braven, der sein Blut für das Vater
« land vergossen hat. Jch habe ihr auch
überall etwas zum Andenken getauft
in Meißen eine feine blaue Tasse,
Stoff zu einem Kleid in Zittau, eine
Brofche von böhmischen Granaten in
IGitschin Für unseren Jungen habe
lich ein österreichisches Kadettentäppi
! im Koffer. Das habe ich dem kleinen
; Dreijährigen versprochen. Gestern habe
l ich’s noch in aller Eile besorgt, da die
Friedensbotschaft jeden Augenblick er
wartet wurde.«
»Schöner Friede,« knurrte der Apo
ibeter. ,,Lieber hinein in den dichte
sten Kugelregen, als in dieses ver
dammte Choleraloch!«
»Wir wollen die Zähne zusammen
beißen,« sagte der Arzt mit einein er
muthigenden Lächeln, »und unsere
Pflicht thun bis zulenL Wintt uns
nun doch bald die frohe heimehr.«
»Ja, Heimtehr!« seufzte der Andere
sehnsnchtsvoll. »Ich hab’s mir sonst
immer so herrlich gedacht, hoch zu Roß
in die weite Welt hineinzureiten. Aber
auch das tr· t man allmählich satt,
besonders bei ieser barbarischen hi e.
Wir haben’s zwar immer noch be er
als die armen Teufel, die in dem
sz Staub marschiren müssenj«
Sie waren wayrend der Unterhal
tung hinter den anderen Reitetn zuz
riickgeblieben und hatten die Fußgän
aer jetzt dicht hinter sich. Der Apothe
ter wars ihnen, sich halb im Sattel
umdrehend, einen bedauernden Blick
zu· »Alle Wetter, wie sieht denn der
junge Schmidt aus?« sagte er plötzlich
halblaut, »ganz grün im Gesicht!«
Der Assistenzarzt wandte sich gleich
falls nach dem Genannten um, einem
blutjungen Menschen mit einem dart
losen Knabengesicht, der als Einjälp
tig-Freiwilliger Arzt den Feldzug mit
gemacht hatte. Dann wint:e er ihn zu
sich heran und reichte ihm vom Gaul
herunter seine Feldslasche. »So Kol
lege, nehmen Sie mal einen berzhasten
Schluck. Das wird Ihnen gut thun.
Und nun seien Sie verständig. Klet
tern Sie zum Kutscher aus den Medi
zintarren. Sie tönnen sich ja kaum
noch aus den Beinen halten. Wir wis
sen doch alle, was sitt ein wackerer
Kerl Sie sind."
»Er ist noch so jung, der arme
Schelm,« sagte der Apotheker, indem
er voll Mitleid zusah, wie zwei La
zarethgehilfen den sast Willenlosen aus
den Karten hinausboben, »die Stra
pazen der leften Wochen sind zu viel
sür ihn ewe en.«
»Is- ·rchte, er ist trank,« antwor
tete r Ae t. »Wir werden Ihn m
Waltekjki sosort in’i Bett stecken
sur-« - -
Apotheke erblaßte, soweit seine
frische. gebräunte Wissqu das
weites Seelenf« sra te et tot-los.
Da ckxz nee- Uc ·.
Its ne u case dte Ilsens
sonne die attlichen Fenjtnreihen des
Schlosses ltertlirchen vergoldete,
war das junge blühende Leben des Be
Idauernttverthen schon der furchtbaren
l
Seuche rettungslos zum Opfer gefal
len. Einer nach dem anderen waren,
die jaftiiber ihre Kräfte angestrenaten
Aerzte der Settion bei ihm gewesen,
um ihm zum letztenmal die Hand zu
drücken. Nun standen nur noch der
Apotheter und der jüngste Afsifienz
arzt an dem Sierbelager.
»Die armen Eltern!« sagte derArzt,
indem er dem jungen Kollegen mit
fanfter Hand den letzten Liebesdienft
erwies. »Es war ihr einziaer Sohn.«
Schmerzbetvegt wischte er sich eine’
Thriine von den Wimpern. Aber er»
hatte keine Zeit, feinen traurian Ge- i
danken nachzuhängen. j
s Jru Zimmer nebenan laa ein junger j
jOssiziey ein westfälischer Graf. der in i
manchem Gefecht dem frischen fröhli- I
Ichen Reitertod kühn in s Auge qeblicki
Iund sich mit blanler Klinqe so man
jches Mal sein Leben neu erobert hatte.
Ihier unterlag er dem tückifchen Feinde,
Igegen den Muth und Getvandtheii
nichts ausrichten konnten. Unaeitiirn
verlangte er in der Fieberhitze nach der
Heimath, nach dem väterlichen Schlosse
hinter fchattigen Bäumen, nach dem
kühlen dunkeln Eichtvald und der wei
ten roihen Heide Für einen Augen
blick litt ein mattes Lächeln iiber
seine chmerzverzerrten Züge, als der
Arzt ihm jagte, daß auch er seine Hei
math tenne und liebe, da sie die Hei
math feiner jungen Gattin fei.
»Sollte ich sie nicht toiedertehen,·
flüsterte der Kranke, »so bringen Sie
meine letzten Grüße meinen theueren
Eltern, meinem Westfalenland.« Seine
Reden verwirrten sich wieder. Er hielt
die Hand des Arztes angstvoll fest.
«Bleiben Sie bei mir!« flehte er.
»Ich komme wieder,« antwortete die
ser sanft aber fest, indem er seine
Hand aus den glühenden Fingern lö
ste, »sobald ich meine Runde beendet
habe. Dann bleibe ich die Nacht über
bei Jhnen.«
»Ist wenigstens bei ihm Hoffnung
aus Genesung?« fragte der Apotheler,
als sie draußen aus den-i Gange an
den Thüren vorbeigingen, hinter de
nen die Kranken üchzten und stöhnten.
Der Arzt schüttelie traurig den
Kopf. »Noch menschlichem Ermessen
wird er die Nacht nicht überleben. Nun
aber, mein junger Freund, sehen Sie
sich der Gefahr der Ansteckung nicht
unnöthig noch weiter aus. Daß Sie
unseren armen, jungen Kameraden
pflegen wollten, war ja wohl verständ
lich. Der Himmel lohne es Ihnen.
Sie haben ihm die letzten schweren
»Stunden nach Kräften erleichtert. Nun
»aber hinaus mit Ihnen aus dieser
sKarbok und Kranken-Atmosphäre in
;die frische Lust. Denken Sie an Jhre
Braut! Machen Sie einen Spazierritt
durch den Part, der groß und schön zu (
sein scheiui.« 1
»Und Sie? Sie müssen doch such
einmal ausspannen.«
»Vorliiusig ist daran nicht zu den
ken. Jch muß jetzt in den Haupt
trantensaal.« Er lächelte mit schmerz
licher Jronie. »Es ist der Festsaal des
Schlosses. Dort allein liegen vierzig
Kranke, wenn die Zahl sich seit heute
Morgen nicht wieder um ein halbes
Dutzend vermindert hat. Es ist
grauenhaft da drinnen.'
Draußen von dem spitzen Thurm
der kleinen Kirche begann ein Glück
lein zu läuten.
Die beiden Männer horchten auf.
»Wohl die Abendglocke?«
»Die Todtenglocke.« sagte der Ver
walter des Schlosses. der gerade vor
überging. »Küss’ die Hand, Euer
Gnaden, heute sind’·5 ihrer wieder vier
zehn, denen sie draußen das letzte La- ;
get bereitet haben. Gott habe sie selig,
die armen Burschen· So jung zu ster
ben und fern von der Heimatht i
Ein böses Jahr ist’z, Euer Gnaden«
eine traurige Zeit. Wir werden noch ;
lange, lange daran denken.« l
e si- i .
Drei Tage toaren vergangen, drei
Tage voll Qual und Grauen.
»Machen Sie einen Spazierritt mit
mir, Dottor,« bat der Apotheter den
jüngsten Assistenzarzt, zu ihm in’s
Zimmer tretend. »Sie müssen doch
auch mal etwas Luft schnavven. Wenn
ich allein rei:e, werde ich ganz melan
cholisch. Vier von denen, die mit uns
heriamen, sind nun schon todt. Mit
dem jungen Schmidt fing-s an. Dann
folgte ein Bursche, ein Lazarettgehilse,
und vor einer Stunde starb unser gu
ter, braver Juspettor. Jeden Tag ei
ner von uns! Da fragt man sich un
willkürlich: Wer kommt morgen an
die Reihe? Nun, Doktor, machen Sie’s
kurz mit Jhrem Brief, und reiten Sie
mit mitl«
»Gedulden Sie sich einen Augen
blick,« antwortete der Arzt. »Ich muß
doch den Brief an meine Frau schnell
beenden, da der Bote von der Feldpost
unten wartet. —- So, nun noch die
Adresse. —- Geioiß reite ich mit Ihnen.
Jch habe gerade eine Stunde Zeit. So
eben schrieb ich es an meine Frau:
Die Zahl der Kr ten hat sich sehr
vermindert —- nur chrieb ich nicht auf
welche Weise. Jch will den Brief hin
untertra en; dann mache ich mich zum
Ausritt, ertig·«
»Wer ift denn Ihr Bursche?«
»Mein Bursche? Der hat schon seit
vorgestern die Cholera. Aber mai
denken Sie! Der Kerl will nicht in’s
Lazaretlfz Liegt unten im Stall bei
den Pferden. Jch glaube fest, daß er
durchtornmt. — Schenken Sie sich un
terdessen ein Glas von dem guten Un
thein ein, den unser trefflicher
losverxvalter mir chickt hat.«
III der Doktor zu inm. hatte der
ils- crmrtende zwei Gläser gestillt.
s .
Sie stießen miteinander an. »Auf un
sere Lieben in der heimaihP
· Der Apotheke leerte iein Glas auf
Teinen Zug. »Ein guter Tropfen!«
jsagte er, mit der Zunge schnalzend.
EDann hielt er dem Manne, der in den
jledien schweren Wochen sein Freund
geworden war, die Hand hin: »Ver
sprechen Sie rni: eins: Kommen Sie
mit Ihrer Frau zu meiner Hochzeit« j
»Von hetzen gern,« antwortete der
Andere, den Händedruck ermidernd.
»obgleich es fast tolltiihn ist, jetzt et
was für die Zukunft zu verfvrechen.«
»Nami! Seit wann sind Sie denn
so zaghaft? Jch habe wieder guten
Muth, seitdem ich weiß, daß Nieder- .
österreich jetzt von den Preußen Ak
räumt werden muß, nnd daß wik
höchstens noch zwei bis drei Tage hier
bleiben. Morgen soll in bereits eine
Anzahl Leichtertranlter und Gutestu
der nach Möhren evatuirt werden —
Eile Hans auf gut deutsch zu nennen
re .«
»Es werden aber immerhin noch ei
nige zwanzig Schwerkranke die nicht
transportabel sind, hier bleiben müs
sen, wenn die Oefterreichen wie ge
plant, in drei Tagen, al o am Mon
tag das Lazarett übernehmen werden«
·»Hoffentlich liegen wir bis dahin
nicht auch auf der Nase. Das wäre
Pech, alle Wetter! Aber was dagegen
thun? Was purzeln soll. das vurzelt
doch.« Er warf einen flüchtigen Blick
in den Spiegel, aus dem ihm ein ge
bräuntes Gesicht mit dunkeln Augen
und einem tecken Schnurrdiirtchen ent
gfegenlachtr. »Gott sei Dank, vorläu
fig sehe ich noch nicht aus wie eine
Frucht, die bald vom Baume des Le
bens herabvurzelt.«
Der Arzt hatte sich unterdessen zum
Ausritt geritstet, und sie gingen hin
unter in den Schloßhof, um die unge
duldig stampfenden Pferde zu bestei
gen. Es war ein schwüler Tag. Auch
unter den alten Bäumen des herrlichen
Schloßparts war die Luft dumpf und
drückend. Blutroth leuchtete die un
tergehende Sonne zwischen den Stäm
men hindurch. Jn der Ferne wettet
leuchtete es. Aber lein frischer Wind
hauch verkündete das ersehnte Nahen
eines Gewitters
»Es thut mir fast leid, lieber Dot
tor,« sagte der Apotheter, »daß ich Sie
heute herausgeloelt habe. Dieser Ritt
ist wahrlich tein Vergnügen. Mir
wenigstens macht er Kopffchmerzen
Jch weiß nicht, obs der Ungarwein
thut. Mein Schädel springt vor Hitze,
vor meinen Augen flimmert’s, und
meine Glieder sind so matt und
schwer, als ob ich den ganzen Tag
nicht vom Gaul heruntergetommen
wäre-«
Der Arzt warf ihm einen besorgten
Blick zu. »Wir wollen zurückreiten,«
schlug er vor.
Als sie auf dem Schloßhof von den
Pferden stiegen, schickte der Apotheler
seinen herbeieilenden Burschen fort,
um ihm ein Glas frisches Wasser zu
holen.
»Trinten Sie doch ietzt tein Was
ser," warnte der Arzt.
»Ich werd-. wahnsinnig vor Dursi!"
»So kommen Sie mit auf mein
Zimmer, und trinken Sie Ungar
wein, so viel Sie mögen,« drängte der
Besorgte. »Rommen Sie mit. Wir
wollen Brüderschaft trinken.« Ein
Lazarettgehilse rief ihn in diesem Au
genblick zu einem Schwerkranten.
»Trinten Sie tein Wasser!" bat der
Arzt, noch im Fortgehen.
Als jedoch eine Minute später der
Bursche mit dem gefüllten Glase er
schien, tonnte der Durstende der Ber
suchung nicht widerstehen. Er leerte
es mit ierigen Zügen. Dann stürzte
er mit Fast irrem Blick zur Pumpe,
füllte das Glas von Neuem und leerte
es noch zwei-, dreimal hintereinander.
Schon war das entsetzliche Gespenst
an seiner Seite und grinste voll Tücke.
Ein jäher Schrecken durchzuckte den
Arzt, als er, verspätet zum Abendessen
kommen, den Freund nicht wie ge- »
wöhnlich bei Tische fand. ;
«Wieder ein leerer Plagt« hörte er ’
Jemand sagen z
UT suchte Vcn UPOIMTCI Alls scillcM
Zimmer. Dort lag der Beiamrnerns- «
werthe, in qriißlichen Krämvsen sich
windend, aus dem Boden, mit blauen
;Lippen, die Augen verqlast und ein
gesunten in den Höhlen
Der Freund brachte ihn zu Bett. Er
.that Alles, was er zur Erleichterung
Jdes Schwertranten thun konnte. Wäh
Hrend der ganzen Nacht wich er teinen
IAugenbliet von seinem Lager. Die
Aerzte lamen Einer nach dem Anderen
und gingen traurig wieder sort. Ein
ganz verzweiselter Fall! Der Kranke
fredete unaufhörlich im Fieber von sei
Jner Hei-nicht« seiner Hochzeitsfeier.
lDazwischen jammerte und stöhnte er
lzum Erbarmen. Als der Morgen
sdärnmertz wurde er ruhigen Das
sBewußtsein schien zurückzukehren. Er
sah den Freund an mit einem Blick,
der diesem durckfs Herz schnitt. »Mein
armes Mädel!« hauchte der Kranke
tonlos.
Dann iatn das Ende. —
Zwei Tage später verließ die zweite
Seltion des dritten Feldlazaretts vom
siebten Armeetorps in sehr verminder
ter Anzahl Schloß Walterstirchem
nachdem sie gerade eine Woche dort ge
weilt hatte. Mehr als die Hälfte ihrer
Mitglieder war von der tückischen
Kraniheit besallen worden« und ver
schiedene gehörten jeht noch u den
Sehn-erkranken, die nicht nach ähren
hatten gebracht werden können. Sechs
liebe treue Kameraden hatten aus dem
kleinen Friedhof zu Walterstirchen
ihre lehte Nuhestiitte gefunden. Da
noch sechze n Seh-vertraute irr-Schlosse
W- MU k- dtt Musik« AMICI-M
zurückbleiben mn an- folgenden
s--—
Ae t zu hergeben.
iit betloniinenem Versen schaute er
den Fortstehenden nach, die sich immer
wieder nach ihm umwandten und then
herzlich zunirttem »Sie brauchen nur
bis morgen sriih hier ubleiben,« hatte
ihm der Stabsarzt gesagt, »dann tön
nen Sie ruhig sortreiten. auch ehe der
Oesterreicher zur Stelle ist. Thun Sie
nicht mehr als Jhre Pflicht· Sie ha
ben schon Uebermenschliches geleistet.
Also auf Wiedersehen morgen in Ni
tolsburg!«
Mit nassen Augen hatte er den Zu
rückbleibean umarmt. »Seht-neu Sie
sich! Nehmen Sie sich in Acht!«
So waren sie Alle von dem jungen
Assistenzarzt geschieden, als giilte es ei
nen Abschied sür lange Zeit. Und doch
ivar’s nur sür einen Tag, daß sie sich
sur- L »in einem take-ethischen
trennten. Aber wie Manchen hatte die ?
entsetzliche Seuche in wenigen Stun
den dahingerasstl
Auch der Zurückbleibende lonnte sich
dieses bedrückenden Gedankens nicht
ganz erwehren· Zu srisch noch waren
die grausigen Eindrücke der letzten
Woche in seiner Seele. Wenn es ihm
nun erging wie seinem Freunde, dem
Apotheter, wer würde ihm die Augen
zudriickeii, durch wen sollte er an seine
Gattin, an seinen kleinen Sohn die
lehten Grüße senden? Er glaubte sie
beide vor sich zu sehen, wie er sie vor
einem Vierteljahr zuletzt an sein Herz
gedrückt hatte. Eine Ewiglett schien
ihm seit jener Stunde verstrichen zll
sein. Was sollten sie beide beginnen
ohne ihn? Hatte er es ihnen wohl ie
nials so recht gezeigt, wie lieb er sie
hatte? Wußten sie es wohl, wie
schmerzlich er sie entbehrte, wie heiß er
sich nach ihnen sehnte?
Es schien ihm. als habe -er seiner
Frau noch so vieles zu sagen siir den
Fall, daß er aus immer von ihr gehen
müßte. Er mußte ihr schreiben, heute
noch, sosort! Diese eine Viertelstunde H
mußte er seinen Kranken entziehen! Er
ging aus sein Zimmer. Die Feder flog
über das Papier. Worte der Liebe, der
Sehnsucht, der Sorge füllten die Sei
ten des Briesbogens. Dann saliete er »
ihn zusammen und steckte ihn in einen .
Umschlag. Seine Hand zitterte ein
wenig, als er ihn mit der Ausschrist
versah und nach kurzem Zögern in die
Eile oben linls die Worte setzte: »Post »
mortem.«
Dann begab er sich zu seinen Kran- «
len.
E A sie
Jn dieser Nacht endlich endlud sich
das Gewitter, das schon seit Tagen
allabendlich herausgezogen war, ohne
zum Ausdruch zu kommen. Die Blitze
flammten, der Donner dröhnte, Re-.
gensluthen strömten hernieder. End
lich, endlich wich die Schwiilr. Alle;
Fenster des Schlosses wurden geöff- J
net. Die Kranken athrneten freier, be- «
gierig tranken sie die reine erquickende .
Lust.
Als der Arzt am nächsten Morgen
aus lurzem, unruhigem Schlummers
erwachte, lachte die Sonne hell in seine ’
Fenster hinein. Ein tiihler Wind
schüttelte die letzten schweren Tropfen »
von den ersrischenden Bäumen und.
Sträuchern. Die ganze Natur schien I
dem jungen Manne verschönt und der- ;
fängt. Er selbst fühlte sich wie neu
boren. Er dachte nicht mehr an den I
od; nur an die Heimtehr dachte er J
und an das Wiedersehen nach der lan- .
gen Trennung. .
Der Brief mit der Asistchrist »Post
mortein« lag noch aus dern Tische.
Mit einem tiefen Ausathrnen ergriff
er ihn, um ihn zu zerreißen. Doch er
zögerte —- einer seltsamen Regung sol
gend. Er löchelte über sich selbst.
Ahergliiudisch war er doch niemals ge
wesen. Aber dennoch tonnte er sich
nicht entschließen, den Brief zu ver
nichten. Er legte ihn unten in feinen
Koffer zu dem Meißner Fäßchen, dem
Kleid aus Ziitau, den höhmischen
Granaten und dem österreichischen
Kadettentöppi.
Nun lonnte er iortreiten. Seine
Pslicht war hier ersiillt. Ader er ver
mochte sich nicht zu entschließen, die
Schwertranten zu verlassen, ehe er sie
wieder in ärztlicher Pslege wußte.
Noch eine letzte Liebespslicht wollte
er nicht versäumen. Er schritt hinab
in den morgensrischen Garten, wo Ro
sen und Nelten, Levtojen und Neseden
aus langen Beseten blühten. Mit Hülfe
des Gärtners band er vier prächtige
Sträusze von Sommerblumen. Zum
stillen Friedhof trug er sie selbst, vier
frische hiigel damit zu schmücken: das
Grab des jungen Kollegen, das des
westsälischen Grasen, des braven Jn
spettors und zuletzt das Grab des
fröhlichen Kameraden und Freundes.
Als erst gegen Mittag der österrei
chische Arzt erschien, um das Lazarett
zu übernehmen, ließ er sich sein Pserd
satteln. Noch einen letzten langen
Blick warf er aus das helle, stattliche
Gebäude, in dem er in einer Woche
mehr Leid erlebt hatte als in seinem
ganzen bisherigen Leben. Allein ritt
’et von hinnen. Die Worte des Apo
theters sielen ihm ein: »Wer weiß,
wie mancher von uns den Weg nicht
wieder zurückkeiten wird!« Wie trau
rig hatte sich diese Ahnung ersiillt.
Jn ernste Gedanken vertiest ritt der
Arzt die Straße nach Nitolsbutg
Aber noch ehe die Thürrne des Städt
chens inSicht kamen, ital-ten ihm vier
Reiter entgegen, seine treuen Kriegs
-larneraden, die ihm, iiber sein lange-«
-res Rast-leiden beuaruhigt, den hal
ben Weg entgegen eritten waren. Sie
Famarmten und tli ten ihn und schilt
ltelten ihm die stände, während ihnen
diesan iiver die gevröunthausj
gen liefen. CI war ein« Miit-u
als ob er aus dem Grabe karne
Kurz doerolibur erwarteten ihn
die übrigen, unter i nen fein treuer
Bursche, der fchon vor einigen Tagen
mit den Leichtererkrankten von Wal
terilirchen fortgebracht worden war
und die Krankheit glücklich überstan
den hatte. ,
. Als der von allen Seiten so herzlich
IBegriifzte fich endlich auf feinem int
’ mer befand, fchrieb er zuerst an eme
Frau: »WennDu in einer der nächsten
Nummern der »tiölnifchen Zeitung«
die Todeönachricht von drei Mitglie
dern der zweiten Settion des dritten
Feldlazaretts findest, erfchrick nicht!
Ich befinde mich gottlob frisch und
gesund und bin der Gefahr glücklich
entronnen. Nun darfst Du es ia wis
sen: Es war eine chreckliche Zeit, die
wir in Walterstir en verlebten, und
wir waren alle auf den Tod vorberei
tet. In unferer Trauer um den Ber
luft manches lieben Kameraden lann
uns nur der Gedanke ein wenig Trost
verleihen, daß wir trog der Gefahr
unsere Schuldigieit bis zum Schluß
gethan haben. Nun endlich nach diefen
ifchweren Tagen dürfen wir uns der
beseligenden Hoffnung auf ein baldi
ges Wiedersehen hingeben.«
Und es lam wirllich das Wieder
sehen, das so heiß ersehnte, oftmals
taum noch erhoffte, wenn auch mit
dem Rückmarsch durch Mähren und
Böhmen bis zur endgiltigen Entlaf
sung immerhin noch einige Wochen
hingingen.
Noch ein paar Tage länger dauerte
es bis der Koffer eintraf. Als die El
tern ihn gemeinsam auspackten, stand
neugierig der kleine Junge dabei, und
fein Gesichtchen strahlte, als der Vater
ihm das mitgebrachte Käppi auf den
Blondlopf drückte. Die junge Frau
aber stunte, als sie zwischen ihr-n Ge
schenken einen Brief fand, der dieAuf
fchrift »Post mortem« trug.
»Was bedeutet basi« fragte sie.
Jhr Gaiie aber nahm denBrief aus
ihrer Hand. »Diefes Schreiben," sagte
er ernft, »follte Dir nach meinem Tod
meine letzten Grüße bringen, wenn ich
die legte Nacht in Walterslirchen nicht
ilberlebte. Lies es nicht! Es würde
Dir nachträglich noch das Herz schwer
machen. Was ich Dir Liebes darin
fchrieb, es ist doch nicht verloren fiir
Dich und mich«. Er blickte sie innig
an. »Komm, ich selbst will den Brief
verbrennen am neugewonnenen eige
nen Herd. Und mögen sie nun zur
Zsriedensfeier die Freudenfeuer empor
lodern lassen. ein schöneres als das
unsere gidt’g nirgendwo im großen
Preußenland8«
»Poft mortem!« Nach alten ver
gilbten Briefen erzählte ich diese Ge
schichte. Die warme, treue hand, die
einst sie schrieb, fern von der heimath,
ist nun auch erlaltet. Eine neue Ge
neration ist herangewachfen, die nichts
tennt von Krieg und Kriegsnoth.
Aber gar zu gern hört es der Enkel,
was sein Großvater als junger Mann
in den Rriegen gegen Oefterreich und
Frankreich erlebte. Voll Andacht be
trachtet er die Kriegsdenlmiinze und
cas Eifer-re Kreuz, das der nun Da
lnngeschiedene im Kampfe gegen die
Franzosen erhielt, und die Augen des
Jungen leuchten vor Stolz, wenn er.
Las Kindergewehr gefchultert, das alte
osierreichische Kadettenkäppi auf dem
Blondtopf, vor dem Haufe der Groß
mutter Schildwache steht.
——«-. -—-—-——-—
Der kleine Dis-langt.
«Mama, sagtest Du nicht immer-,
daß Lieschen von Allem den größten
Theil bekommen soll?"
. »Ganz recht, mein Junge! Warum
fragst Du?«
»Wir haben nämlich zusammen die
große Vase im Salon zerbrochen!«
Institute Nehmt-w
. »Ich kenne einen Denn, der Ihnen
so ähnlich sieht, daß man Euch fast
gar nicht von einander unterscheiden
kann!«
»Dein haben Sie doch nicht etwc
itethiimlichet Weise die zwan ig Dol
lats zurückgegeben die ich Jst-en vor
drei Monaten geliehen habe?!«
Auch etwa-.
»Du, Bummel. warst Du gestern.
bei dem interessanten Vortrage ber
Professors X.?«
»Nein, ich gehe überhaupt nur anr
Sonnabend auf die Universität.«
»Warum dass«
»Weil ich mir Sonnabends die
Briefe, die während der Woche an mich
auf die Universität kommen. abhole.'
I
Sammariich
Försten »Gnaden, herr Graf ....
i' hätt’ a’ große Bitt’!«
Der Graf: »Nun, mein lieber Loiöl.
was wollen Sie denn?«
Der Förfter: »J’ taat' ana recht
schön bitt’n, Gnaden, herr Graf, daß
S’ nia a’ biß'l »Das von Jhr'm Bart
siirbmittel gebet’n mei« Waldl
lriegt auch schon a’ weiße Schnauz’n!«
Verzweiflunsstchrei.
unge Frau: »An’s Klavier soll ich
ni t, tn die Kit «foll ich nicht
und ietzt will rn r mein Mann nicht
’mal ein Automobil laufen!«
Miste-stich·
»Vater, der Onlel hat efo t, an
derllganzen Erde leben überganserthallk
Mt Kbgnslkeiöxchew
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wirt- bte haltte davon toalsrgleirno