Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 20, 1905, Sweiter Theil., Image 11

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    Mark schreib-Ohms von
Uizzik Dunkstengei.
jetzt is auch
Krißmeß wie
der emal vor
bei un - mer
sin widder in
den gewöhn
liche Ge
schäftsgang.
Die Icietdäg
fm ja ganz
schön, awwer mer hot doch auch viel
Trubel un Eckspenzes mit. Awwer
ich geb nicks drum, ich sin schon sättig
seii, wann die Kids zufridde sin un
der Philipp, was mei Hof-band is.
For den Phil do hen ich mich arig in
die Eckspenzes gestürzt. Sie wisse
doch, daß er in den Bohrd off Ettju
kehschen elecktet is worde un do hen ich
gedenkt, ich müßt das e wenig ep
prieschjiehte. Do sm ich denn auch her
gange un sm hingange un hen ihn en
Dest gekauft, das is e Pietsch gewese;
ei tell juh, do hot er dran schaffe tön
ne, daß es en Hund jammere duht.
Jch hen ihn auch en Schlofrock gr
iaust, wo bis an den Flohr gange is.
Wisse Se, so en rothe mit blaue Bot
tenö un Tassels. Er hot sich arig ge
freut un ei tell juh wann ich ihn so
an den Dest in den Schlafrock hen
borle seh, dann bot mich mei Herz ge
lacht, bikahs er hot so impohrtend ge
guckt un ich hen so braut gefühlt, als
wann ich en preißische Fitzeseldwebel
seine Frau wör. Der Phil hot die
Koht nit eckstra gegliche, awwer ich
denke, das macht, weil er nit dazu ge
juhst is un so bei un bei werd er’s
schon epprieschjiehte. Den Weg sin
also die Feierdäg ganz schön irower
gange un ich hätt gar lein Kahs zu
ticle, wann mich selbst nit ebbes ge
häppend wär, awwer ich glauwe heut
noch, daß Jemand annerschter en
Drick an mich gespielt bot. Wann ich
das aussinne deht, dann dehtg e Un
glick gewwe, bilahs so e Fuhlerei lann
ich nit ftende. Jch will Jhne emol die
Geschicht verzähle. Jch hen Jhne schon
lang zurück emol verziihlt, das; ich for
Krißmeß immer e ganze Latt Kuclies
backe. Die Kids gleiche das immer
arig gut un for den Riesen hen ich alle
mögliche Keind Kuckies un wann se
bald all sin, dann feite die Buwe im
mer dafor. Weil um widder uff be
sagten Hammel zurückzukomme, wie
mei Ehntie immer gesagt hot, ich hen
auch diesmal «Errehnschments for en»
grotze eupptei gemacht- Do ecoau cs
zwei Woche besohx Krißmeß hen ichs
gesagt, heut Nacht bade mer Kuctiesz
un do hätte Se emol die Kids sehn
solle, wie die sich gefreut hen! Jch den
mein Doh gesictst, das meint, ich hen
die Butter un die Ehts un den Schu
cket ussgemictst un weil die Buwe so
equiitt un mich so gebattett hen, daß
e helfe wollte, do hen ich se den Stoff "
rühre losse un ich hen immer dass
Flauer dran gepohrt. Zuerscht hot"
der Größte gerührt un do is es ja «
auch noch ganz iesig gangex wie ich
awwer immer mehr Flauer dazu ge
dahn hen, do is er bald ausgeteiert ge- !
wese un den nächste sein Törn is kom
me. Jch tann Jhne sage, der arme
Bub hot geschafft wie en Brunne
butzet, awwer er hot drusf los ge«
rührt, bis ihn sein Arm ganz lehnt ge
wese is. Dann is der dritte dran
komme, awwer der how nit lang
stende tönne un wie der letzte sein
Tötn genomme hat« do hot er gesagt, s
es wär impassibel for ihn noch zu!
rühre. Well, hen ich gesagt. ich denke,
daddelduh. Jch hen dann die Forms
herbeigeholt un mer hen die Kuckies
ausgestoche un ich muß sage, se hen
akig schön geguckt. Jch hen se dann;
gebacke un es is schon lang nach Mitt
neit gewese, bisohr, daß ich mit-den i
Schapp dvtch geweie sm Jch muß
sage, ich hen gewunnert daß die Ku
ckies bei den Backe so gar tein gute
Schmell von sich gewwe hen, wie das
juhschjiellie der Kehs is; awwer ich
hen e wenia Kalt aehabt un do hen ich
gedenii, mehbie das is der Kahs, bi
iahs ich kann nicks fchmelle. Well, den
nächste Dag hen ich die Kuckies in
Backses gedahn un hen se an die Ger
rei getrage, biiahs die müsse immer
so ebaui zehn Däg bis zwei -Woche
stehn, bifohr daß se weich un iender
wet’n. Die Buwe hen die Zeit gar
nii abwakte könne, awiver ich hen se
warte mache; ich hen e paar mol nach
die Kuckies geguckt un hen se gedrückt,
awwer se sin immer noch hart gewese.
Wie endlich Krißmeß iomme ig, do
hen se sich oss Kohtö nit mehr ver
ieösie lasse. Der Bennie is an die
Getret un hot die Kuclies erunner ge
holt. Jedes hot sich e Hand voll ge
nomme un dann is es los gange.
Awwer denke Se, es hätt einer von
die Buwe e Stick abbeiße könne? Nicks
iomnveraus. Der Bennie ljot gefagi:
Ma, die Kuckies sin so hart wieBricis.
Tuns se emol in dein Kassee, hen ich
sagt; er hat's auch gedahn un zwar
ge puiiieniehr e halwe Stund. awwer
denke Se, die verhallte Dinger wät’n
wei geworde? Well, ich hen die
Sa nii ecksplehne könne. Der Phil
hat gefagi, geb mich emol eins her; er
bot enei gebisse, awwer trotz seine gute
"hn hat ee kein Stick abgebracht. Do
n ich emol zu die Wedeöweilem Die
klehmi doch immer, daß sie so en gute
Ruck is un hen ich Magi- Hiey We
desweiletm tehst emol mei Kuckies, ich
weiß nit, was die Miitter mit se is.
Wie se getreit hot, enei zu beiße, do
bot se sich ihren Fronttuht ausgebissr.
No, no, was hoi die Frau·angewwe!
Se is immer so ptaut uss ihre s öne
Tuhtsies gewese, awwet zwische hne
un mich deni ich gar nit, daß sie se
ohne duht. Se hot gesagt, es wär e
Unverschämtheit, sie so ebbes zu os
sere; das wäke teine Kucties, das wäre
Brickstein. Mer hen dann mit e Hät
schet getreit, die Dinger zu smiische,
»awwer mer .hen’s nit duhn könne. Do
is mich e Licht uffgange, das war so
groß wie e Stehbelläntern. Mitaus e
Wort zu sage, sm ich heimgelaufe, sin
in die Botierie gesterzt un schuht ge
nug: ich hen instett den Flauersäck den
Sack mit Zemment getäckelt gehabt,
wo der Phil juhse hot wolle, for den
Sellerflohr zu zemmente! Ei tell jah,
ich hen so tschiep gefühlt, wie ich in
mei ganzes Lewe noch nit gefühlt heu.
Jch hen die Kuckies in die Bäckjahrd
vergtawe, so daß se Niemand mehr
gesehn hot un sin dann in den Behin
schapp gange, wo ich mich en neue
Supplci getauft ben. Mit beste Rie
gards Juhrs
Lizzie Hansstengei.
—-—-·
Wie sterben die Reptitient
Jnteressante Angaben über die ,,let3
ten Augenblicke« bei gewissen Thier
klassen finden sich im Biologischen
Zentralblatte. Ein Wiener Forscher,
Dr. Franz Werner vom Zoologischen
Institut der Universität zu Wien, hat
seit einer ganzen Reihe vdn Jahren
Beobachtungen auf diesem bisher so
gut wie unbekannt gebliebenen Gebiete
angestellt. Seine Beobachtungen er
strecken sich allerdings nur auf Rep
tilien. Der Tod tritt bei diesen Thie
ren meistens in den späten Abendstun
den bis Mitternacht ein, seltener am
Morgen, am seltensten bei Tage. Jn
der Mehrzahl der Fälle läßt sich der
Eintritt des Todes recht schwierig
feststellen, da viele Reptilien, die län
gere Zeit kränklich gewesen sind, in ei
ner Stellung verenden, die sie vorher
oft tagelang eingenommen, haben.
Baumlebende Thiere steigen mitunter
schon wochenlang vor dem Tode von
den Bäumen herab, unterirdisch le
bende kommen an die Oberfläche. Bei
Thieren mit Farbenwechsel — es sei
nur an das Chamäleon erinnert —
zeigt sich eine Aufhellung der Färbung
bis zu Ger oder Gelblichweiß uno
damit ein Aufhören des Farbwechsel
vermögens.
Bei Schlangen ist vor dem Tode
häufig eine große Unruhe zu bemer
ten. Unaufhörlich kriechen sie imTer
rarium, lebhaft züngelnd, umher;
aber allmählich werden sie ruhiger,
verlangsamen ihre Bewegungen und
rollen sich schließlich in eine weite,
lockere Spirale ein, um so gegen Mit
ternacht ihr Leben zu beschließen. Die
Lage der Neptilien nach dem Tode ist
davon abhängig, ob das Thier ohne
oder mit Todestampf verendete. Trat
der Tod leicht, ohne Kampf ein, so
nehmen die Thiere ihre gewöhnliche
Ruhelage ein. Krolodile und Eidech
sen haben den Kopf etwas seitwärts
geneigt und die Beine nach hinten
ausgestreckt oder in weiteren, locteren
Schlingen zusammengerollt. Thiere,
die einen heftigen Todestainpf hatten,
liegen meist auf dem Rücken.
Ganz genau hat Werner das Ber
halten der Schildkröten studirt. Schild
kröten, die auf dem Troctenen veren
den, haben stets den Kopf eingezogen;
solche, die im Wasser sterben, zeigen
ihn dagegen immer lang vorgestreckt.
Die BorderkineYnd nach dem Tode
weit nach vorn gestreckt. Auch das
Gesicht der Reptilien zeigt —-— wie das
tser Menschen —-— nicht selten einen
,,hippotratischen« Zug. Bei den
Schlangen verräth sich das hippotrati
sehe Gesicht durch ein sehr starkes
Schielen, indem die Pupille stets aus
der Augenmitte nach abwärts gerückt
ist, so daß man oberhalb von ihr weit
mehr von der Regenbogenhaut sieht als
gewöhnlich. Aehnliche Erscheinungen
finden sich am Auge bei Eidechsen,
Chamäleonen, Krolodilen und Schild
tröten. Dieses hippotratische Gesicht
ist ein sicheres Zeichen dafür, das die
Thiere vor dem Tode trank waren.
—--.-.----.
Eine neue Gummlpflanze.
Nach La Quinzaine hat der Gou
verneur von Madagastar einein Kauf
mann in Diego Suarez die Betriebs
erlaubnisz fiir die Gewinnung von
Guinmi aus einer Art Winde lum
rulvulus) ertheilt, die in der genann
ten Kolonie unter der Bezeichnung
Qnibyri bekannt ist. Sollte es sich
bestätigen, daß diese Pflanze durch
das Großgewerbe verarbeitbares
Rohgumcni liefert, so wäre das auch
fiir das deutsch-ostafritanische Schutz
gebiet, das die gleichen lliinatischen
und Bodenverhältnisse wie Ajtadagas
tat aufweist und daher gleichfalls zur
Zucht jener Guinmi liefernden Winde
geeignet erscheinen müßte, von Bedeu
tung. Von »Colvulug Scammonia
L.'«, einer im Orient wachsenden
Schlingpflanze mit spießpfeilförmigen
buchtig gezahnten Blättern, sehr lan
gen, drei Blüthen tragenden Stielen
und gelblich-weißen Blumen, ist schon
lange bekannt, daß ihr spindelförmiger
fleischiger Wurzelstock einen weißen,
scharfen Milchsaft enthält, der das so
genannte Scammoniurngummi liefert.
Der Hoteldieb.
Eine Geschichte aus Baden-Baden.
Von F. Fahr-Im
»Afio,« sagte der Baue-ach Dantler
zu seiner Frau, ,,es hilstalles nichts-,
s ich muß nach Baden-Baden.«
,,Schrectlich!« sagte Lia ironisch. ;
»Wie Du willst, Kind. Ich Minte,
i
» daß es im Leben doch immer nur et- s
ivas subjektiv Angenehmes oder Un
angenchrnes giebt. Für Dich wiire es
ohne Zweifel etwas sehr Angenehmes,
nach BadenWaden zu reisen; aber
siir mich ist es schrecklich· Du weißt’
ia, wie ungeschickt ich auf Reisen bin;
ein bischen zerstreut vielleicht auch.«
»Ein bischen zerstteuti Daß Gott
erbarm’! Du bist der zerstreute Pro
fessor im Superlativ!«
s FZS war ihm wirklich fata1, oatz er
L reisen mußte. Doch der Fürst Deinen
stem, der ein sehr wichtiger und frei
gebiger Herr war, hatte ihm eine el
lenlange Depefche geschickt mit der
Bitte, sogleich nach Baden-Baden zu
kommen. Dort konnte man die Bau
pläne durchsehen, die nach den durch
lauchtigen ,,Jdeen« von dem Baurath
bereits entworfen waren. Es handelte
sich um den Umbau eines alten
Schlößchens, der noch im Herbst in
Angriff genommen werden sollte.
»Ich will Dir was sagen,« erklärte
Frau Lia plötzlich, »ich reife mit.
Sonst verlierst Du die Pläne noch
oder richtest sonst einen Schaden an;
ich bin nie zerstreut.«
Herr Dantler pflegte sich nie lange
gegen einmal ausgesprochene Wünsche
seiner Frau zu sträuben, weil es nutz
los und anstrengend war. —
Baden-Baden! —- Ein Glanz von
Licht, Lust, Schönheit, Musik, Ele
ganz liegt über dem-Wort.
Der Fürst Helpenstein wohnte im
»Badischen Hof« und hatte Dantler
aufgefordert, ebenfalls dort abzustei
gen.
Gleich in der ersten Stunde hatte
der Baurath eine Besprechung mit
dem Fürsten, Und am nächsten Tage
sollte eine weitere stattfinden; für den
Abend aber war man frei und für den
Nachmittag auch.
Lia hatte ein wunderschönes schwar
zes Tiillkleid angezogen, trug einen
blaßrofa Schäferhut und sah entzü
ckend aus; ihr Gatte, trotz feiner knap
Pen fünfzig Jahre im wallenden»
schneeweißen Bart ,,stand ihr gut,«l
wie sie zu sagen Pflegte. s
Man hatte famos foupirt und hörte ;
jetzt dem Concerte der Zigeuner zu,t
, die ohne Noten hinreißend fiedelten.«
Der Fürst ging vorüber und grüßte
mit einem huldigenden Lächeln den
l Baumeister und feine Frau. Alles war
Pracht, Glanz, die Wellen des Le
bens flutheten hoch hinauf. —- Plötz
lich ein Anhalten, eine Frage:
,,Gustav, wo hast Du Deine Bau
pliine?«
«Jn meiner Hand:afche.«
Das kam so großartig, so unbe
dingt sicher heraus, daß es fast beruhi- i
gend klang; aber Lia kannte ihren’
Mann:
»Und die Handtafche? Du hattest
sie um fiinf Uhr bei RunckelmaherJU
»Nunctelmayer s- -- richtig. Ja —--—«i
ich dente doch, von da habe ich siej
wieder mit in’g Hotel genommen!« ;
Ver-zweifelt sah Lia ihren Gatten;
an. Jn dieser Handtasche befand sich ;
auch die Reifebaarfchaf:, einiger »
Schmuck von ihr und die Schlüssel’
zu den anderen Kosfem
Lia eilte, gefolgt von ihrem Gustav,
zu Runckelmayer. Nein, diese alt
ehrwürdige Stätte wußte nichts von
einem liegengebliebenen Täfchchen. --—
Und nun nach dem Hotet Nein
die Tasche war nicht da!
»Gustav!« stöhn:e Lia, indem sie
auf einen Stuhl sank, »Du bist ent
schlich! Jetzt sind die Papiere fort!«
»Aber liebes Kind, Du wolltest doch
auxplassent Dazu bist Du blos mitge
rei t.«
Ein vernichtender Blut trat inn:
,Jch dachte, es wiirde genügen, wenn
ich Dich ohne Unfall bis zur ersten
Ronferenz buasirte. Auch gab ich Dir
die Tasche bei Rundelmaner noch ers
ira in die Hand, als ich hineinging,
um mir Chalolade zu iaufen.«
,,Lia!« rief der Baurath in Plötz
licher Erlenchtuna, Jetzt fällt mirs
ein! Jch habe die Heichnungen beim
Fürsten liegen lassen! Jn Nummer
38!«
»Gott sei Dank! Geh’ also und
hole sie — der Fürst ist noch im Kur
garten.« «
Leise klopfte der Baurath an dem
Wohnzimmer des Fürsten -— dann
nochmals stärker —--- und da niemand»
antwortete, trat er ein.
Jrrte er sich oder huschte jemand
durch das Zimmer? Rasch drehte er
das elettrische Licht auf nein, es
war niemand zu sehen.
Dort aber cruf dem Schriibtisch
stand das länaliche Töfchchen ach
braunem Rindleder. Er ergriff es
und eilte damit aus dem Zimmer,
prallte jedoch auf dem Gange mit ei
nem Herrn zusammen, der ibn merk-s
wiirdig forschend ansah und ihm dann
auf dem Fuße folgte. Dieser mertte
sich die Nummer des Zimmer-T in dem
der weißbärtiae Herr verschwunden
war, und ließ dann draußen einen
sonderbaren, pfeifenden Laut hören.
Wie aus der Erde gewachsen stand
ein Mann neben ihm, der saluiirend
die Hand an den Hut legte.
»Dort!« sagte der Herr, indem er
auf das Zimmer des Bauraths wies.
»Ich glaube, wir haben ihn! Weißer
Bart, nicht wahr? Kneifers Etwas
schleppender Gang?«
»Ja, ja! Aber er ist so kolossal
fschlau —- sollte er wirklich-die Sachen
Ibei sich haben? Bisher haben wir
schon dreimal vergeblich nach den Be
weisstiicken gesucht.«
»Aber diesmal hatte er sie in der
Hand! Warten Sie nur einen Mo
ment, ichswill nur noch einmal im
Zimmer des Fürsten nachsehen ....«
Der Herr ging hinein —- das Zim
mer war dunkel.
»Na — was ist denn das?« mur
melte Herr Brich einer der berühmte
sten Detektivs Deutschlands. Jch
möchte doch daraus wetten, das; das
Zimmer hell war, als der Mensch her
auskam! Aber hol’ der Teufel alle
Hoteldiebe —- lieber bin ich jedem an
deren Gauner auf der Spur, als solch
einem. Und warum schleppen die
Leute auch ewig ihre Juwelen mit aus
Reisen herum! Zu thörichi!«
Er hatte unterdessen das Licht wie
der aufgedreht und sah sich um. —
Ja, war er denn verhext? Dort stand »
ja doch die braune Ledertasche wieder
auf dem Schreibtisch! Und er hatte
doch gesehen, wie der weißbärtige Kerl
(natürlich trug er einen falschen
Bart) mit der Tasche in der Hand in
No. 23 verschwunden war!
Er nahm die kleine Tasche hoch nnd
betrachtete sie — in demselben Mo
ment erlosch von neuem das Licht,
eine Thiir ilappte, und ein Schlüssel
drehte sich draußen im Schloß. .
»Himmelsakra!«·— Herr Brick hatte
Augen, die sich nur sehr schlecht an
Dunkelheit gewöhnen konnten, und
deshalb tastete er sich unsicher durch
das Zimmer, stieß an Tische, riß
Stuhle um und gelangte dann an eine
falsche Thür, denn diese siihrie zum
Schlasgemach des Fürsten.
Zeus es ihin endlich gelang, wieder
Licht zu machen und wüthend an der
verschlossenen Thür zu riit«teln, war
draußen längst ein anderer Herr mit
einem weißen Barte, einein Kneisser
und etwas schleppendem Gange da
dongeeilt.
«Auch dieser Herr fluchte dor sich
hin, aber nur, weil er heute Abend
ganz erfolglos »gearbeitet« hatte ·. .
Inzwischen war Lia, als sie ihren
·Gatten mit der Tasche eintreten sah,
in bester Laune wieder aufgesprun
gen:
»Komm, jetzt gehen wir noch eine
Stunde zu den Zigeunern! Mir ist
ein Stein voin Herzen herunter.«
Bei diesen Worten wollte sie die
Tasche in einen Schrank einschließen
und sagte lustig:
»:,Na, die Juwelen und die Pläne
waren also gerettet! Nun lomm —«
·,,Hali!« sagte eine strenge Stimme.
Eine Männerhand griff ihr iiber die
Schulter und bemächtigte sich der
Tasche.
Sie schrie auf und hafchte danach,
aber wie dersteinert hielt sie inne, als
sie sah, daß man ihren Mann ain
Arm ergriffen hatte. Zwei fremde
Männer waren ini Zimmer; der ältere
von beiden sagte:
»Sie haben ausgespielf, mein Lie
ber! Diesmal haben wir Sie ertappt
— diese Juwelen gehören dem Fitt
sten Heldenstein.«
»Was?« rief der Baurath. »Sind
Sie von Sinnen? Diese Tasche ge
hört mir; ich bin der Bniiratli Dant
ler aus Berlin! Jn der Tasche sind
meine Baiipliine.«
»Ach, was Sie sagen! Nun sehen
Sie mal anl« —— Und der Deteltiv
öffnete die Ledertasche, die voll von
Giuis mit kostbaren Schniiiclstüclen
war .....
Noch einen Schrei stieß Lia aus,
dann fuhr sie wie der Blitz znin Zim
mer hinaus und auf die Straße.
Fünf Minuten später· stand sie
atheinlos vor dem Fiirsten Helden
steiii iin Kurgartenx
,,Durchlancht -—— etwas Unerhörteg
— man beschiildigt meinen Mann des
Diebstahls —- wir half-en di-: fal
sche Tasche --— —-— bitte, kommen Sie
init und rekognosziren Sie nieinen
Gatten.
Was blieb dern Furnen andere-J
übrig, als sofort dem Verlangen die
ser tleinen Fee in schwarzem Tiill zu
willfahren? Der rosa Hnt stand ihr
auch gar zu reizend.
Er fuhr mit ihr in dab Hotel und
befreite den Bauratb aus seiner Un
angenehmen Lage. "
Aber die Poinie Ivar die, daß beide
braune Taschen die falschen waren
nnd beide dein entflohenen Dieb ge
hörten!
Die richtige hatte Frau Lia höchst
eigenhändig in ihren Koffer einge
schlossen gehabt.
Sie durfte nach diesem Erlebniß
nie wieder von der Zerstreutheit ihres
Mannes reden.
Nach Baden-Baden mochte sie auch
nie wieder fahren; sie behauptete, die
Luft greife die Nerven zu sehr an·
Miß Dimean wird in Berlin eine
Barfuß - Tanzfchule errichten. D
gleichzeitig bedeutendes Steigen der
Schuhpreise berichtet wird, ist dass je
denfalls eine ganz vernünftige Idee.
Il- sk II
Ein Mädchen in Cincinnati prügelte
einen Mann durch, der sie beleidigt
hatte und warf ihn dann in einen
Teich. Sie hätte ihn noch schlimmer
bestrafen können, indem sie ihn heira
thete, aber so hartherzig war sie nicht.
se si- si
.Wenn jemand bescheiden bleibt,
nicht beim Lobe, sondern beim Tadel,
dann ift er’s.
I II «
Mancher ist schon über einen Schatz
gefiolpert un hat sich die Nase an ei
nein Stein wundgeschlagen
Jan alten Berlin. -
Die Mai-Feier des Jahres 1905,
die hundertjährige Wiederkehr des
Todestages von Friedrich Schiller,
wirst bereits spielende Lichter in un
sere Tage hinein. An allen Orten, wo
»Deutsche wohnen, beginnen schon die
Vorbereitungen, diesen denlwiirdi
gen Tag festlich zu begehen, das
ganze deutsche Volk wird sich einig
um den großen Mann schaaren.
Die erste derartige Schiller
feier, die ich mitgemacht, liegt
sast ein halbes Jahrhundert zurück,
sie spielte sich hier am 10· November
1859 ab und ist mir noch in ziemlich
deutlicher Erinnerung geblieben.
Auf dem ,,Gendarmenmarkt«, wie
damals der Schillerplatz hieß, befand
sich seit Wochen eine viereckige Bau
grube, etwa zwei Meter im Gebiert
groß, von einem rohen Bretter-sann
umgeben, an dem in der Nacht an zwei
Ecken je ein trübes Oellämpchen sta
ckerte, um die Vorübergehenden vor
dem Stolpern zu bewahren. Es war
damals bekanntlich noch ziemlich trau
rig mit der Berliner Straßenbeleuch
tung bestellt, und wir Schuljungen ver
mieden es, spät Abends den »Gendar
menmark:« mit den beiden gespenstisch
düsteren Lämpchen zu iiberkreuzen.
Von der Feier am Vormittage, den
Reden und Ausziigen der Studenten
und Deputationen, habe ich nur noch
eine dunkle Vorstellung behalten, aber
der abendlichen Jllumination der
Stadt, zu deren Besichtigung ich mit
meinen Eltern ging, erinnere ich mich
deutlicher.
US war dies wohl die erste allgemei
ne größere Jllumination in Berlin,
die dann nach den siegreichen Feld-zügen
an Schlachttagen und an Königs Ge
burtstag regelmäßig wiederkehrte. Wir
waren von der Leipzigerstraße durch
die Jerusalemerslraße die M-ohren
straße hinauf gegangen, um an die
Szätte zu gelangen, aus der sich später
das Denkmal von Reinhold Begas’
Meisterhand erheben sollte. Da scholl
uns vom Platze her ein Gebrüll ent
gegen, wie ich es von Menschen im
Leben nicht wieder gehört habe. Ein
bestisalisches Schreien, ein Toben, ein
Gröhlen, dazwischen schrille Pseiftöne,
eine Höllenmusil, die sich aus einer
Klopserei aus Gießkannen, Kochtöpfen,
Kupferlesselm Kindertrommeln zu
sammensetzte dazwischen wieherndes
Gelächter-, ängstliches Geschrei von
Frauen und Kindern, ein Tohuwabohu
disharmonischer Geräusche, wie von
einer Horde wahnsinnig aelvordener
Kannibalen ausgesioßm Wir gingen
noch einige Schritte die Mohrenstraße
entlang, bis knapp an die Markgrafen
straße heran, als wir einer kleinen Ge
sellschaft anständig gekleideter Bürger
begegneten, die niit dem Rufe »Die
Rehberger sind ’reingetonnnen!" schnell
in die Martgrasenstraße abbog, der
»wir uns in genauer Kenntniß der ge
»s·ahrlichen Sachlage zu unserem Heile
’anschlossen.
Die Worte »Die Rehberger« war ein
Schreckensruf in Alt-Berlin. Wiisie
Gesellen, die in den bewaldeten An
höhen an der Tegeler Chaussee hausten,
vereinigten sich mit den Altaschinew
dauern der großen Fabrilen im Nor
den Berlins, vor dem Oranienburger
Thore, in der Chausseestraße nnd wei
terhin, den Fabriten von Borsig,
lfgells, Ohm, Wöhleri, den Arbeitern
der Königlichen Eisengieszerei in der
Jndalidenstraße u. s. w. Und machten
bei öffentlichen Festen und seierlichen
Gelegenheiten eine Art Vergniigunas
zug nach den ,,bcsseren« Stadtgegenden,
um dort in allerlei Uebermuth und
Rohheiten ihr Wesen zu treiben. Die
Sache sah im Allgemeinen schlimmer
aus mit dem wüsten Geschrei nnd dem
tobenden JnstrninentalspettaleL als sie
in Wirtlichteix war, -— aber meiner
Erinnerung nach war die Schillerfeier
jenes Jahres ein RehbergerIag von
ganz besonderer Wildheit.
Furanerucn sah es am anderen Mor
aen an der Stätte des Grundsteineg
alt-J. Der Zaun war umaerislem die
ganze Anlaae zertrampelt und zerrisse
ne Reste von männlichen und weibli
chen seleidunagstücten zeugten auf dein
Kaknvfplatz und feiner Umaebunxe wo
die ,,tstehberger« Stunden lana nsie die
Wilden aehaust hatten.
» Die Rehberger waren ein Erbe der
achtuudvierziaer Bewegung. Der Ber
Iliner Maaistrat unternahm es nach
»den Märztagen, tausenden von hung
ernden Proletariern Arbeit zu geben.
Die Rehberge sollten von ihrem Fich
tenselzmuel befreit, der Boden planirt
werden. Da trieben diese Erdarbeiter
ihr tolles Wesen. Sie arbeiteten we
nig, lebten einträchtig, priiaelten sieh
gemiithlich widersetzten sich den
Schachimeistern nnd Abends zogen sie
durch dagOranienburaer Thor, schwer
beladen mit Holzllobem die sie als
stillschweigend bewilligten Lolnnstsebnß
zum heimische-u Herde fel)leppten.
si- -1: sc
Aber noch eine freundlichere Erin«
neruna, als diese es ist, bewahre ich
an jenen Schillertaa. In den Anfän
gen meiner journalistischen Thätiakeit,
um 1875, lernte ich einen älteren Ber
liner Redakteur kennen, Herinann
Bernhardt, den alten Bernhardt, wie
er damals schon hieß, einen ganz
Prachtvollen Kollegen nnd ein wirt
liches Original. Der kleine, untersetzte
Herr, mit dem dunkelrothen, bierfriih
lichen Gesicht, dem cis-grauen starren
Haar und Bart, der immer huslete und
Prustete, wie ein überheizter Dampf-—
lessel, war noch ein Journalist von der
alten Schule. Echt liberalen Sinnes
war Bernhardt, von goldiaein Humor,
von taustischem, schlagfertigem Witz,
saber von der modernen Journalistik,
lwie sie damals begann, hielt er nicht
viel. Nächtliche Schnellatbeit« Rohr
post und Telephon, Privatdepeschea
und Originalberichie hat er Zeit seines
Lebens —- er starb 1891 —- souverän
lverachtet. ,,Gl«auben Sie mir, lieber
;Colleae,« pflegte er zu sagen, «es ist
sdem Publikum wirklich gleichgültig,
H ob es den neuen Mort in iter«Mdrgen
Initmmer oder in der Abendausgabe
liest. Uebrigens, und überhaupt —
der Teufel hole die Abendblätter.«
Bernhardt war der eigentliche fpiriitus
rector der alten Tribttne gewesen« die
nur drei oder vier Mal in der Woche
erschien, durchaus den damaligen Ver
hältnissen entsprechend,simährend er in
der Zeit unseres Kennenlernens ein
tägliches Blatt leitete. Es wurde von
ihm der etwas boshafte Spaß erzählt,
er sei nie an das Fenster seines nach
der Straße aeleaenen Redaktionszim
mets gegangen, aus Furcht, es könnte
dort etwas passiren, worüber er berich
ten müßte.
Nicht wenig zu Gute thiat sich der
alte Bernhardt aus eine Erfindung,
die inzwischen Gemeingut vieler ge
ioorden ist: die huiiioristischenGerichts
verhandlunaen, die er, seinen Erzäh
lungen nach, zuerst als- ein neues
G-enre, in seiner »Tribji-ne« einführte.
Einer anderen Ueberliesernng zufolge
ist jedoch der alte Thiele, der einstige
Besitzer des längst entschlasenen Blat
tesj »Publizist«, der Urheber dieser lu
stigen Schilderunaen aus dem Leben
isind Treiben in den Berliner Gerichts
älen.
Aus dem alten Berlin der vierziger
und fünfziger Jahre hatte Bernhard-i
die lebhaftesten und genauesten Erin
nerungenx man brauchte nur einen
Namen zu nennen, und mit jugendli
cher Lebhaftigieit, die wiederum nur
durch häufiges Räuspernund Huftcn
gedämpft wurde, erzählte-er dieganze
Lebensgeschichte des Betreffenden-von
seinem ersten Auftauchen in Berlin bis
zum Ende. Bernhardi spielte in dem
alten, kleinen Berlin eine Rolle; man
sprach von seineu humoristischeu Ar
tikelu, von seinen Epigrammen und
von allerlei echt Berliner·Scherzen, die
er theils in der »Tribiiue,« theils in
einem nur kurze Zeit bestehenden Witz
blatt ,,Pipifiax« veröffentlichte.
Und nun zu meiner Schiller-Erinne
rung. An den«-Tage der allgemeinen
Jllumination wollte auch Bernhardts
— Zigarrenlieferant bei dem großen
Jubel nicht zurückbleiben und erbat
von «seinen!« populären Schriftsteller
einen schönen Vers fiir das Transpo
rent, das über seiner Ladenthür pran
gen sollte. Und Hermann Bernhardi
stiftete dem enrhusiastischen Figura-n
hiindler dazu folgende hübsche Verse:
Kurz lnuu trts helle meine Wünsche soffen
Vrruetnntsps Berliner, Alt und Jung:
Juli known- nllrs lnsnt vermuthen lassen —
Nur nie-txt iiir Zwitter die Begeisterungt
,,Einen doppelten Friedrichsd’o"r
trug mir diese-S epigramrnatische Wort
spiel ein schmunzeltse der alte
Bernhardt, wenn er das Erlebniß zum
Besten gab. Hoffentlich hat er es mir,
da er nun seit Jahren in die große
himmlische Redattion eingetreten ist,
wo es keine störenden Abendblätter
giebt,nicht iibelgenominen, daß ich sei
nen Berg einer schönen Frau mit ei
ner tleinen Aendernng auf eine Zigeu
reuschachtel geschrieben habe, ohne den
wirklichen Aufor zu nennen-Z
—-—-.-.—tm
Steinschlucker.
Warum die Seehunde Steine ver
schlucken, hat Dr. Lucas in der Wo
chenschrist Science des näheren unter
sucht. Er weist darauf hin, daß du«
fiir bisher keine genügende Erklärung
gegeben worden ist, obgleich- die See
hunde wahrscheinlich nicht die einzigen
Thiere mit dieser Gewohnheit sind. Jst
doch erst tiirzlich aran hingewiesen
worden, daß nach paläontologischen
Befunden auch die alten Plesiosauren,
die Zeitgenossen der Jchthyosauren,
sSsteine in ihrem Magen mit sich ge
sfiihrt haben. Man ist aus den Ge
ldanlen verfallen, daß diese Steine den
l Thieren als- Ballast dienen, was aber
Z nicht der Fall sein tann, weil die See
Jmnde ohne Steine ebenso leicht tau
Jchen wie mit denselben. Die Steine
sweren auch nicht zum Zermahlen der
lNahrung im Magen gebraucht, denn
ssie tommeiz auch schon im «Magen der
Jungen vor, die noch von der Mutter
milch leben. Ebenso wenig zutressend
ist der Verinuthung, daß die Steine
den Reiz beseitigen sollen, den schma
rotzende Würmer im Magen der See
hunde verursachen. Endlich weren sie
auch nicht etwa aus Versehen mit der
s Nahrung verschluckt, wie sich schon aus
sihrem Vorkommen bei jungen See
- hunden ergiebt.
» Es ist nach den neuesten Forschnn
« gen durchaus- sichser, daß die Seehunde
die Steine nicht zufällig verschlingen,
sondern sogar mit besonderer Sorg
salt unter den längs der Küste ver
streuten Steinen auswählen und im
mer die abgerundeten bevorzugen.
Diese eigentliche Thatsaehe wird schon
dadurch bewiesen, daß in der Regel
lxnmer Steine von einer Art in eitlem
Magen vorfinden, obgleich man den
Seehunden schwerlich zutrauen kann,
daß sie eingehende petrographische
Kenntnisse besitzen. Es ist ein eigen
thiiinlicher Anblick, wenn ein junger
Seehund Steine suchen geht und mit
großer Vorsicht seine Wahl leis-speise
» er einen verschluckt. Da die Seehunde
Zsknochen und andere unverdauliche
lDinge zuweilen wieder von sich-geben,
Ho muß der Vorrat an Steinen im
Magen von Zeit zu Zeit erneuert wer
den. Der eigentliche Zweit der Ge
wohnheit bleibt danach noch spie-M
riithselhast.