Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 30, 1904, Sweiter Theil., Image 11

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    ...----I----.---A--.----.
No. 135. —
Die Wedesweb
letn is den an- J
nete Dag zu «
mich komme un
hot gesagt:
»No, Lizzie,
das duht aw
wet doch eini
ges biete, ich
sin doch immer
e ute Freund zu dich gewese un hen
di schon e ganze Latt Fehwersch ge
n, awwer das geht doch e wenig zu
weit. Ich hen schon so viel for dich
edahn, daß ich doch e klein wenig
pprieschjiehschen hätt eckspeckte könne,
awwer in dich hen ich mich schrecklich
geirrt, du host mich was mer uff
deutsch sage duht, fierfull diesepcuntett
Dann hot se sich an en Stuhl falle
loß un hot gestart zu greinn wie e
Behbie, wo sei letztes Stickelche Kendie
von en Hund eweg geschnappt shot
kriegt. Jch hen.gesagt: Wedesweilern,
gen ich gesagt, du host jetzt e ganze
att getahkt, awwer du host verdvllt
wenig gesa t un was du gesagt host,
sell is Non ens gewese. Wann du aw
wer denkst, du hättst mich schon so
viele Fe wersch gedahn, dann sollt ich
lage, da du do mißtehken bist. Wann
ch e hwer von dich kriegt hen, dann
hen i· dich immer verdollt gut bezahlt
dafor, bilahs ich will nicks geschenkt
hen. Wann ich alles uffzähle wollt,
ivas ich schon sor dich gedahn henn,
dann könnt ich bis morge schwöße un
hätt noch nit alles esagt. Jch deht dich
in die erschte Lein fa e, daß mer Euch
in unser Prappertie for nattinas lewe
lossc, bikahs du kannst doch nit sage,
daß die paar Schilling wo Jhr uns
gewwe duht auch nur wie Rent gucke
uht. Jch deht dich ferner sage, daß
mein Hast-and der Philipp Euer Biß
neß usfgebitd hot un daß Jhr ganz
alleins von ihn lewe duht un daß Jhr
es nur ihn zu verdanke habt, daß Jhr
jetzt so gut ab seit» daß Jhr so inde
endent sein könnt; ich deht dich auch
sage, was Jhr in die Zeit gedahn hätt,
wie Jhr so hart ab gewese seid, daß
hr Jemand gern fünf Dahler for e
ressent gemacht hätt, wann er Euch
echs Schilling geborgt hätt; spawtver
ich sin e viel zu ettjutehtete Frau un
gleiche nit mit den was ich for Jemand
edahn hen, zu blohe un zu htäcke, wie
gIhr das duht, als daß ich auch nur ein
Wort driwwer verliere deht un for den
Riesen fin ich auch ganz still un denke
mein Deihl. Jn die erschte Lein, dent
ich is es nit mehr wie recht, daß du
zuerscht emol ecksplehne duhst, was die
Mätter is, hifohr daß du starte duhst
Schlörs nach mich zu werse Also spitt
it aut!« Jch kann Jhne age, die We
desweilern war arig surpreist, wie ich
den Weg zu se getahkt hen. Se hot zu
erscht nit gewißt, was se sage sollt,
bikahs ich hen ja doch gar nicks gesagt
wo se hätt insoltet driwwer fühle tön
ne. Nach e kleine Weil hot se gesagt:
«J chtann e ganze Latt stende, awwer
was zuviel is, das is zuviel. Mei
Komplehnt geht gege den Philipp. Er
is so ebaut e halwe Stund zurück in
unser Platz komme un ich denke er hot
chon e wenig gut gefühlt. Jch hen ge
·agt, daß ich gedenkt hätt, es deht e
ganz anneres Lewe in die Schule kom
me, wann er an den Bohrd of Ettju
kehschen komme deht, awwer es wär
ecksäcktlie noch so ratten wie vorher.
Do is doch schuhr genug nicks dabei,
awwer was denkste, was er gesagt hot:
die Schule wäre ahlrecht, awwer wann
emol e Schul for Mantis un Guhses
estart deht wer’n, dann deht er dafor
chasfe, daß ich in den Bohrd off Ett
ukehschen elecktet wer’n deht, dikahs
so e Jnstituhschen könnt ich besser ton
ne, wie einiger annere Mensch. Er
wollt mich blos noch den gute Ettweis
gewun, nit iwwer Sache zu spreche,
wo ich noch nit so viel wüßt wie sei
aß; wann awwer von den besteGutts
or Dischriicts un die beste Pallisch for
n Stohf zu pallische die Red is,dann
könnt ich mitspreche, bitahs er deht
immiitschinne, daß ich davon en Ver
gehsternich hätt- An die Bahr hot der
app-Dieler un der Bier-Kolleckter
un noch e ganze Latt annere Schentel
männer gestanne un die hen gelacht,
daß michs fascht das Herz abgeschnitte
hot; ich hen alles ste n und liege losse,
un sin zu dich gelau e for dichs zu sa
e.« Offe gestanne hot michs fast zu
oht getickelt, daß der Phil emol Kor
retsch genug«u«ffgegiat«hot for sie emol
e Pieg von sein Meind zu gewwe, vi
tahs se how plentie verdient un ich
hen auch schon lang zurück mein Meind
ussgemacht, daß se’s emol von mich zu
höre kriegt, wie se’s in ihr ganzes
Lewe noch nit gehört bot, aivwer die-—
elwe Zeit hen ich doch teinder farrie
or se gefühlt un ich hen getreit sie
widder e wenig zu beruhige. Lucie
hier, Wedesweilern, du mußt nit un
tiesenebbel sein, hen ich gesagt, der
Philipp is mit Leib und Seel be sein
neuer Seht-pp un er hot wie mer uff
deutsch age duht, c Stoddie draus ge
macht: pt den Riesen kannst du i n
auch ni diehme, wann er’s nit iten e
kann, wann ebbeg ge e die Schule ge
Ekoche werd; et dugt mich ja ganz
nselwe Weg triete un ich derf kein
Wort sage, dann werd er qleicke ecksei
tet. Awwer ich hen eingesehm daß er
teJt hpt un do n ich liewer still. Ich
wi dich noch e des annekfchter sage.
Lo? heut eml dein Satuhn sein, der
We estoeiler kann sehn, wie er mitaus
dich fertig werd. Der Katlie was un
ser verheiratdet Bub is, der werd heut
zum sechsunzwanztgfte mai gebote un
do duhn ich dich inmtte mit zu gehn.
Ich hen ihn e neues Bettruhmsett Ie
tauft un ich dehtdoch gleiche zu h«te
wie du'3 gleiche duhfi. Mer drinke
dann e Koppche Kassee un hen e paar
angenehme Stunde. Willst du?
Schuhe Ding, hot se gesagt un das hen
ich auch gar nit annerfchter eckspecktet,
dikahs neugierig is se ganz schrecklich.
Se is schnell heimgelaufe for sich e we
nig uffzufickfe un dann sin mer losge
schowe. An den Weg hen ich se noch
emol wege den Phil ins Gewisse ge
sproche un se ho mich geprammißt, daß
se ihn nickif nachdrage wollt un daß
unsere Freundschaft kein Stoß erleide
. sollt. O ei tell fuh, es nimmt mich for
usszumache. i
Mit beste Riegards thrs ’
Lizzie Hanfstengei.
--——-.O
Musik und Thiere.
Bekanntlich ist das Pferd von Natur
ein Freund, der Hund ein Feind der i
Musit. Wie weit die musikalische Em- I
psindlichkeit dieser Thiere geht, wissen
wir nicht, wohl aber, das; sich das edle »
Roß besonders für Fanfaren begeistert »
und der Hund namentlich Saitenin- ;
strumeute und Drehorgeln haßt. Der s
Katze wird ob ihres Gesanges, der»
Stein erweichen, Menschen rasend ma- !
chen kann, gewöhnlich jedes musik alische i
Gefü l abgesprochen, in Wirklichkeit
aber esitzt sie für Töne ein sehr feines
Ohr. Jm allgemeinen zieht sich die »
Pauska e bei ungewohnter lauter Mu
ang tlich zurück, dagegen scheinen
sanfiere Klänge ihr zuzusprechen. Ver
uche die man neuerdings in London
und Paris über die Wirkung der Mu- !
sik auf verschiedene andere Thiere ge- T
macht hat, sollen folgendes ergeben ha- »
ben. Spielt man Affen aus einer »
Geige oder Flöte eine lustige Weise vor.
so halten sie im Laufen, Klettern und
Springen inne und horchen ruhig zu.
Elefant und Nashorn zeigen sich für
Musik völlig unempfindlich, dagegen
geruht das Flußpferd, sich beim
sKlang der Töne zu erheben und sein
plumpes Haupt etwas zu bewegen. um
sieh dann aber wieder in sein nasses
Element zurückzuziehen. Die Tiaer
lieben sanfte und geiragene Melodien
äußern aber ihre Mißbilliguno bei
lärmenden fröhlichen Weisen. Das
Krolodil lauscht der Musik mit Wohl
behagen und öffnet dabei seinen weiten
Rachen. Der Bär sieht sich beim Ton
der Fläte oder Klarinette um. be
schnüfelt den Boden und die Lust, geht
der Musik entgegen und wandelt dann
hin und her. Der Kondor geräth durch
die Musik in sichtliche Errettung die
Adler dagegen nur bei scharfen Tönen.
Die Pinguine setzen sich bei dein ihnen
gebotenen Ohrgenuß in Larsch, und
das Känguruh nimmt, nachdem es sich
von einer kurzen Beftürzung erholt
hat, sofort Boxerstellung ein.
—--·—..-s—
Griechische Stenographie.
Bis jetzt war die älteste besannte
Stenographie eine aus dem Jahre
164 nach Christo, obwohl man weiß.
dafz auch Tiron, der Sklave Ciceros
die Kunst der Schnellschrift verstand:
von ihm stammten die Tironischen
Noten. Doch durch die Auffindung
eines Paphros in der alten Stadt
Oxhrrhngon erfahren wir, daß schon
im Jahre 155 nach Christo ein dortiger
vornehmer Bürger feinen Sklaven
ammon dem Stenographen
onios in die Lehre gab worüber
ein Vertrag auf dem Papyros voll
ständig erhalten ist. Danach soll der
Sklave zwei Jahre von dem Sohn des
Apollonios Dionhsios unterrichtet
werden, wofür 120 Drachmen zu zah
len waren, wenn der Schüler vollstän
dig stenographisch schreiben und lesen
gelernt hatte. Dieser Pavnros ent
hält somit den ältesten Nachweis sür
griechische Stenographie, denn der ne
nannte Lehrer Apollonios sowie -der
Name des Sohnes Dionysios lassen
daraufschließen, daß sie Griechen wa
ren.
—- —-—.-.——-——
Silber-rieb Wohnung
Eine silberne Möbeleinrichtung siir
S100,000 ist in London siir einen in
dischen Fürsten angefertigt worden«
Sie besteht aus einem Himmelbett,
zwölf Eßzimmer- und Lehnstiihlen,
zwei Nuhebetten, vier Tischen, einem
Salonschrank sund einem Toiletten
tisch. Alle Möbel sind aus gediegenem
Silber; sie wiegen über 2000 Pfund.
Die Bettstelle allein wiegt 500 Pfund
und jeder Stuhl durchschnittlich 75
Pfund. Die Möbel sind im Stile
Ludwigs XIV. und XV. Das Kopf
ende des Bettes zeigt eine allegorische
Darstellung des Schlases nach einem
Entwurf von Alsred Moore, und das
Fußende stellt tanzende Nymphen dar.
Die Verstellung dieser Möbel, die wie
ein Traum aus Tausend und eine
Nacht wirken, hat sast ein Jahr in An
spruch genommen.
Ein New Yorler ist um 810 gestraft
worden, weil er ein Umsteigebillet der
Straßenbahn verschenii hat. Es gilt,
bemerkt die Washington Post dazu,
in New York als Verbrechen, über
hauptetwas zu verschenken.
i- s- se
Jn erster Linie kommen die Anna
herungen an Kaiser Menelii regel
mäßig den zoologischen Gärten zu
gute.
«- sis s
Das Glück ist blind; man öffne da
her, wenn es einem einmal begegnen
sollte, die Augen.
si- - «
Kannst du Großes nicht, so thut
das Geringste mit Treue
Ein Tag im Jahre . . .
Von Alsred Semetau.
Ein Tag im Jahre . . .
Daß die Erinnerungen doch nicht
weichen wollten! Als sei Alles gestern
erst geschehen, so stürmisch drangen sie
auf ihn ein. Aber nie stärker und
überwöltigender als an solch’ einem
grauen von Nebel und Feuchtigkeit
erfüllten Oktober-oben «
Wie einsam es n war! Wie still,
todtenstill im Haus. Als habe Nie- »
mand in ihm je gewohnt! J
Und doch —- war es gar so lange
her, daß ein Yauensuß über diesen
dicken, bunten eppich geschritten und
ein kleines Kindersußpaar über die
farbigen Muster getrippelt waren?
Und ihm schien es jetzt länger als
ein Jahrzehnt her zu sein: Da hatte
hier ein Weib, sein Weib gewohnt,
das ihn mit aller echten Liebe ihres
starken Herzens geliebt hatte,, da hatte
ein Kind, fein Kind, ein blond gelock
tes Mädchen mit zartem Gesicht und
blaugrauen Augen hier auf dem Tep
pich gespielt — —- und wie sehr er
das ind eliebt hatte, kam ihm erst
zum Bewu tsein, als es ihm für im
mer verloren gegangen und mit der
Mutter für immer verschwunden war.
Und wer trug daran Schule Nie
mand alsert
Hätte er sich nicht durch jene An
dere verführen lassen, wäre er gegen
ihre lockenden Worte und glühenden
Blicke fest geblieben —- alles wäre
noch wie einst und er kein einsamer
Mann.
Wie konnte er sich nur von der
Anderen verleiten lassen, mit ihr hin
aus in die Welt zu ziehen, Weib und
Kind zu verlassen, im tollen Taumel
Ehre und Pflicht zu vergessen?
Er begriff es später selbst taum
Und war nicht die Strafe dem Fre
vel in Kürze gefolgt? Sie, um deret
willen er das T uerste verließ, was
er besessen, verlie ihn, betrog ihn mit
einem Anderen, wie sie vorher einen
Anderen mit ihm betrogen.
Wären seine Augen nicht früher ge
trübt und verblendet gewesen vor Lei
denschaft, so hätte er dies Ende vor
aussehen müssen. Daß sie ihn betrog
und verließ, schmerzte ihn weniger als
daß es seine Eitelkeit verletzte — er
tam sich lächerlich vor; aller Augen,
meinte er, seien auf ihn voller Spott
und Zufriedenheit gerichtet; ihm war
ganz recht geschehen.
Je mehr die Treulose ihm ein
Schatten wurde, der ihm nichts mehr
galt, desto deutlicher trat die Vergan
genheit mit ihren alten freundlich hel
len Bildern aus der Tiefe seiner Seele
hervor. .
Sie rief ihn an und zu sich zurück,
sie spiegelte sich ihm llar und sonnig,
er schloß die Augen und sah doch alles
deutlich wie's gewesen. Und beschä
mender Schmerz überwältigte ihn, Es
zog ihn mit aller Kraft zu seinem
mißhandelten und getäuschten Weibe,
er hätte sie um Verzeihung anflehen
mögen —- aber immer wieder hielt
ihn der Gedanke aus: »Sie kann Dir
nicht verzeihen, sie wird Dir nicht ver
zeihen.«
Um der ihn mit schmerzlich süßen
Bildern umdrängenden Vergangenheit
zu entgehen, hatte er sich wieder in
den Strudel gesellschaftlicher Genüsse
gestürzt, und als das nicht half, war
er auf Reisen gegangen, die ihn Jahre
lang fernhielten. Doch auch so war
er ein einsamer Mann geblieben: er
vergaß nicht, er lonnte auch nicht ver
gessen, selbst wenn er gewollt hätte.
Noch stärker drang das Schuldge
fühl auf ihn ein.
Als sei es am vergangenen Tage
geschehen, so leibhaftig greifbar stand
die Scene vor ihm. Auf seiner Heim
reise war's, am Bortage von Allersee
len zu Augsburg Da hatte es ihn
binausgeführt mit den Menschenm
gen auf den Friedhof, willenlos hatte
er sich vom Strom treiben lassen. Ein
grauer Nebeltag, der schon in dieDäni
merung überging!
Da lagen die Gräber, lange, breite,
große, lleine und kaum eins, auf dem
nicht ein Bäumchen mit brennenden
Lichtern stand, aus deni es nicht bunt
von farbigen Blüthen war. Und über
all an edn Gräbern knieende, betende
Menschen.
Vor den großen Fenstern der Lei
chenhalle, hinter denen die Todten
lagen, staute sich der Strom: Da lag,
die Hände über die Brust zusammenv
gelegt, zwischen den Fingern ein paar
Veilchen, ein alter Mann, dem das
Leben nichts mehr hatte bieten können
und dem der Tod als Erlöser gekom
» men war. Neben ihm ein Mädchen
im blonden Haar den Brautkranz, die
Finger um ein dünnes, weißes Kreuz
geklammerü Daneben zweigeschloss
» sene mit Kränzen bedeckte Särge.
Vorbei an den Fenstern wälzte sich
’ die Menge und er mit ihr, um vor
dem letzten Halt zu machen. Dort
stand taghell erleuchtet in einem klei
- nen Blumengarten ein Sarg und in
ihm lag wie umfangen von tiefem
Schlummer ein Kind —- sein Kind.
Er wußte nicht, wie ihm wurde.
Er mußte sich bezwingen, um nicht
laut auszuschteien. Als peitschten ihn
die Furien, so jagte er davon.
Nun begann eine neue Zeit der Un
kast für ihn. Nitgends fand er Ruhe
und Frieden. Er sah immer das blasse,
wie in einem glücklichen Traum noch
lächelnde Kindergesicht vor sich --—-— ge
schlossen die Augen und Lippen« er
garbtt die Hände und der jugendliche
et .
Und neben diesem Mädchengesicht
ein anderes, dessen Augen sich aus ihn
voller Schmer und Anklage hefteten:
»Auch das haft Du verschuldet!«
Wie konnte er nur diesen Augen
entrinnen? Er suchte sich zu zerstreuen,
zu betäuben, er ging wieder auf Rei
sen — — alles war umsonst.
Er konnte sein, wo er wollte, —
die Augen sahen ihn mit stummer und
doch so beredter Anklage an. Und als
er nach Jahr und Tag heimkom, zog
es ihn mit unentrinnbarer Gewalt in
die Stadt zurück, in der sein Kind
begraben war. Wenigstens im Tode
mußte er ihm nahe sein.
Er schloß sich ab gegen Freunde
Und Bekannte; gegen jeden Verkehr,
er war eineinsamer Mensch, der mit
der Welt, in der er einst gelebt, nichts
mehr zu schaffen haben wollte.
Wo seine Frau lebte, wußte er
nicht. Er erfuhr nur, daß sie auf
Reisen gegangen war. A auch Je tzt wie
früher kam ihm der Gedanke, mit ihr
Frieden zu machen, ihre Verzeihung
zu erbitten, um so Ruhe auch für sich
zu finden, dann aber kam ihm der
Gedanke: »Sie wird Dir nie ver
geben«, und der war stärker als der
erste.
Es war nichts mehr zu ändern —
l Alles war dahin. Er mußte sich darin
finden.
Und doch —— was konnte er thun
gegen die Erinnerung?
Nun kam ihm ein Gedanke, der ihm
noch nie aufgeblitzt war — —- ihn
mußte er verwirklichen. Wieder kam
Allerfeelen mit seinen leuchtenden,
bunten Gräbern und knieenden, beten
den Menschen —- ein feuchter, grauer
Nebeltag.
Noch nie war er diesen Weg gegan
gen, das Schuldgefiihl hatte ihn fern
gehalten.
Auch jetzt ging er ihn langsam,
zögernd —- dahin zwischen Gräbern
und betenden Menschen.
Alle hatten sie jemanden zu bewei
nen, aber war ihr Schmerz größer als
der seine?
Da lag das Grab. Jhm schwamm
es vor den Augen. Er sank in die
Kniee. Er lehnte den Kranz an die
Ruhestätte. Den Kopf stützte er auf
die Hände — so that er Buße. —
Wie er die Augen erhob, sah er eine
Frau das Gesicht in dunklenSchleiern
verborgen, regungslos, die Augen auf
ihn geheftet.
War sie später erst gekommen, oder
sah er sie erst jetzt, nachdem es in ihm
stiller geworden war?
Da waren sie wieder, diese Augen.
Er taumelte auf, er wollte fort —
fort — —
Aber es zog ihn nieder vor sie.
Worte dkgmgten sich chihm in die Kehle,
aber kei kam über die Lippen
Er konnte nur mit flehenden Augen
die Hand der Frau nehmen, die sich
Ihm leise zuneigte
Und er fühlte, daß sie ihm Vergab,
vergeben mußte — hier am Grade sei
nes Kindes. Und nun kam der Friede
uber ihn.
Brennende Berge.
Die Selbftentzündung von etwelchen
Massen im Schoß der Erde ist eine der
merkwürdigsten und gefährlichsten Er
scheinungen, denen ein Bergmann be
gegnen kann, zumal ihre Entstehung
weder den Sachverständigen des Verg
baues noch den Ehemilern so hinrei
chend bekannt ist, daß sie in ihren Er
klärungen übereinstimmen Der be
rühmteste brennende Berg, von dem die
Menschheit weiß, ist eine Stelle in
Kleinasien, die zur Entstehung der
Sage von Chimära, dem von Bellero
phon besiegten feuerspeienden Unge
heuer, Anlaß gegeben hat. Vermuth
lich hat es sich dort um einen ganz
ähnlichen Naturvorgang gehandelt,
wie er noch jetzt glücklicherweise nicht
allzu häufig beobachtet werden kann.
Für eine Selbstentziindung muß eine
Reihe vonVoraussetzungen erfüllt fein.
Eine der Vorbedingungen ist eine
schnelle Aufnahme von Sauerstoff
durch Kohle, verbunden mit einer leb
haften Erhitzung Der Zutritt von
Feuchtigleit kann dann zu einer noch
schnelleren Zersetzung des- brennbaren
Stoffes führen und daher auch zu ei
nem wichtigen Faktor in der Erzeu
gung eines Brandes werden. In je
dem Falle, in dem eine solche Selbst
entzündung in den Bergwerken be
obachtet wurde, ist das Vorhandensein
von kleinen Kohlentippen oder anderen
brennbaren Stoffen in der Nähe des
Ursprungsortes nachgewiesen worden.
Zur Vermeidung solcher Katastrophen
tann der Bergmann nur insofern et
was thun, als der überniäfsige Zutritt
s von Sauerstoff in taubeg Gestein ver
s hütet wird. Gelöscht können derartige
-Br«cinde nur durch Ablühlung der er
hitzten Stoffe oder durch deren Be
« seitigung werden.
- —---——
994,762 Kriegs - Pensionäre hat
Onkel Sam, beinahe alle noch vom
Bürgerlrieg. So ein Pensionat ist
jedenfalls ungemein gefundheitsför
dernd.
si- -i· is
General Kuropatlin benütztJetzt im
Felde ein Automobil. Wenn’s eines
ist, mit dem man gegebenen Falles
schnell genug umlehren kann, ist das
ja sehr praktisJ V
In Klondile kostet Pfeffer drei
Dollars per Pfund. Wirklich ein ge
pfefferter Preis. «
is
Es giebt Erfahrungen, von denen
man schweigt, weil man sie auch an
deren gönnt.
-l- si- DI
Nur mit den Augen anderer kann
man seine Fehler sehen.
————-——————"—« -....,..— — .- ..-. ——-;—-.—F.——
« Wem gehört Los-dont
London, 24. November. Jin Hause
tupper Grosvenor Street No. 33 ist
sdieser Tage ein Knabe geboren wor
sden. Sie-meinem das-wäre«nichts.
! Besonderes, denn es passire alle Tage.
;Gewiß. Dieser neue Hemdenmatz
ijedoch ist seinen Mitsäuglingen um
; mehrere Gummipsropsen vor-v
aus. Sein Familienname ist Gros
»venor. Aber sie ermessen dessen Nim
sbus so ohne weiteres natürlich nicht.
sKurz gesagt also, der kleine Erden
biirger ist der Sohn des Herzogs von
Westminster und Erbe des vielleicht
werthvollsten Grundbesitzes im ganzen
Jnselreich. Sein Vater ist einer der
größten Grundrentner Londons. Sie
Iwerden gleich sehen, was das heißen
Iwill. Belannt ist, wie sehr in der
Vertheilung von Grund und Boden
im Vereinigten Königreich der Lati
fundienbesitz überwiegt. 7000 Grund
herren besitzen als Eigenthümer von
11,000 Gütern vier Fünftel des nutz
baren Landes. Ein Viertel von Eng
land gehört seinen Lords. Jn Schott
land besitzen gar fünf Peers zusam
men eins-Viertel des gesammten Bo
dens. Halb England ist im Besitz von
150, halb Schottland von 75, halb.
Jrland von 35 Personen. Daß in
London ein ähnliches Verhältniß ob
waltetJ ist weniger bekannt, aber That
sache. Beschreibt man um die Nel
sonssäule aus dem Trafalgar Square
einen Kreis mit dem Radius einer
deutschen Meile, so steht das davon
eingeschlossene Areal im Besitz einiger
weniger Grsanden des Reiches. Nur,
daß die 50 Hektor, die zum Beispiel
der Herzog von Bedford im Londoner
Westend besitzt, um ebensoviel schwerer
wiegen als die 100 sQ dratmeilen
schottischer Moore des H zogs von
Sutherland, wie etwa ein 800 Qua
dratmeter großer Bauplatz Unter den
Linden mehr bedeutet als eine Herr
schaft von 3000 Morgen in Ostpreu
ßen. .
Noch vor einigen hundert Jahrenl
war es anders. Damals gehörte der
größere Theil des unbebauten Landes
in Londons Umgebung der Kirche.
Das Erzbisthum Canterbury, das
Bisthum London und das Kapitel von
St. Paul waren die großen Grundei
genthümer des unteren Themsethales.
Aber die anglikanische Kirche erbver
pachtete zum Beispiel einen breiten
Streifen des heutigen Bezirks von
Canden Town und St. Psancras der
Familie Fitzroy, deren Haupt heute
der Herzog von Grafton ist, und zwar
zu dem schon für damalige Verhält
nisse lächerlichen, für heutige grotes
ten Jahreszins von 300 Pfd. Sterl.
81500. Aus ähnliche Weise ge
langten die Grafen Cadogan in den
Besitz des Bohemeviertels Chelfea, die
Baron-e Howard de Walden, eine
Zweigfamilie des herzoglichen Hauses
Norfoll, in den weiten Strecken nörd- -
lich von Oxford Street, die Grafen
Jlchester in den von Holland Pakt
und seiner Umgebung, die Marquesfes
von Salisbury in den des Striches
zwischen Themse und Strand, wo der
riefenburgartige Prachtbau des Hotels
Cecil weithin sichtbar den Familien
namen des Grundherrn verkündet.
Jüngeren Datums, aber verwandten
Ursprungs ist der Londoner Grund
besitz der Markgrafen von Northamp
ton im Clerkenwellbezirl, der Lords
Alington in Hoxton, Lord Llangat
tocks in Camberwell, Lord Batterseas
in Brompton und Lord Amherfts in
Hackneh. Sie alle ziehen aus ihren
Liegenschaften- Jahreseintünfte mit
fünfstelligen Zahlen in Pfunden Ster
ling. Ueber der kleinen Schaar von
großen Grundeigenthümern jedoch
schwebt eine Tetrarchie von ganz gro
ßen. Diese besteht aus den Herzogen
von Westminster, von Portland und
von Bedford sowie dem Viscount
Portman.
Lord Portman ist zweitausendfacher
Hausbesitzer. Diese Ziffer ist schnell
hingeschrieben, und noch schneller läßt
sich darüber hinweglesen. Jhre Be
deutung zu ermessen ist nicht viel leich
ter, als sich den Kubitinhalt eines
Sternes oder eine Siriusweite vorzu
stellen. DerPortmansche Grundbesitz
bedeckt ungefähr 100 Hektar des
werthvollsten Westendareals Er um
faßt sämmtliche Häuser zwischen Ba
ker Street und Edgware Road und
die aristotrsatischen Quartiere von
Gloucester Place, Manchester Square
und Portman Square. Vor 16 Jah
ren kam der jetzige Lord Portman in
die glücklichste Lage, in die ein Haus
wirth gerathen kann; er durfte seine
sämmtlichen Miether erbarmungslos
steigern. Fast alle langen Kontriakte
des weiten Koniplexes, der ihm gehört,
liefen im Jahre 1888 ab. Seit ih
rem Abschluß war infolge der allge
meinen Entwicklung Londons der Bo
denwerth enorm gestiegen. Mit einem
Schlage konnte der Beneidenswerthe
die Miethen in seinen 2000 Häusern
auf das 7- bis 8fache der alten Nor
mirung erhöhen. Lord Portman be-«
kam die Sache ausgezeichnet Er istj
einer der reichen Männer Europas.
Unmittelbar an den seinen stößt der
herzoglich Porilandsche Grundbesitz..
Dazu gehört vor allem die breite,
schöne Avenue, die als nördliche Ver- »
längerung von Regeni Street unter-!
dem Namen Poriland Place vorn
Langham Hotel nach dem Regentö
Park führt. Sie ist eine der fashio-;
nabelsten Londoner Straßen. Außer
vielen andern reichen und angeseheneH
Leuten wohnei dort der Minksex
Indien St Ihn Brodtich z ;
here Minister dks Jnnern Rid
frühere liberae Kabinett-J «. H
Bryce, Prinz Guard von T-—’-,.«-E .
Weimar und Si George Lewisszt .
erste der englische: Sachwaltet. T
Höhe der Häusermiethm entspri «
Eleganz des Viertels- In
Street, unweit Bertelet Saurer-, t«
ein unscheinbarer Rohziqelbau. Seine
Bedeutung entspricht deimigeu man-.
ches deutschen Finanzoänisterian.
Dorthin fließen die Metherttiige
sämmtlicher Häuser des Pntlgnpschen
Grundeigenthums Sie bei-lasen sich
insgesammt annähernd 21X3 Millionen
Dollar, damit balancirt ungesähk der·
Staatshaushaltsetat des Großherzog
thums wOldenburg
Die Domänen des Herzogs
Bedford liegen etwas weiter östIInsl
Sie umfassen rund 50 Vettar
Bloomsbury und des 7 bisZ essettak
großen Bezirk von Covetdt Gardetr.
Bloomsbury mit seinen lange gerad
linigen und rechttvinklige »
kennt beinahe jeder, der
mehrere Wochen in Lond
ten hat. Wem die eigene
Romanen. Es ist das Qui-H -,
das Britische Museum« « «
ding· HOUSC«- chltk par texts-UT
wo über jeder Hausthür ein »Es-; s L
vermiethungsplakat prangt-» H —
nicht mehr die Gegend deth « « -
Eleganz, bloß der schiibigen «
trotzdem die Zimmerpreise irr B- J »
bury durchaus nicht billig ·
das Pensionsessen dort ithF
schnitt niederträchtig ist, so ist du«
weniger die Habgier der Pensio
wirthe, die auf ihre Kosten-»Im ·
müssen, schuld, als das Wettst
Finanzgenie des herzogkichin W
herrn und seiner Agenten. Jn Gent
Street oder auf RusselI Square hu
ich immer das Gefühl, inmitten ein
Stadt von Raubburgen zu stehe
Nur lauert der Ritter dem arglos«
Fremdling nicht mehr in eigener Pe
son auf, sondern er zieht ihm die Si
berlinge durch seine Miether indire
aus der Tasche. Jst der Herzog
Bloomsbury außerdem der Grunde
genthümer des British Museums m
des University«College, so stehen I
Covent Garden auf seinem Grund us
Boden das Opernhaus und die Mart
hallen Diese bringen den schwerst(
Tribut ein. Von jedem Korb Ki
schen, der verkauft wird, erhebt d
Herzog eine Abgabe von einem halbi
Penny. So wirft die Besteueru
der Obst- und Gemüsekarren alle
jährlich 850,000 ab. Dazu kommt d
ungeheure, von Jahr zu Jahr was
sende Miethzins der Tausende vr
Verkaufsständen in den gewaltige
glasiiberdachten, aus Stein und Eises
erbauten Hallen
Stunde mir arme-n Schluckef
Wahl frei, ich würde mich trotzalled
weder mit dem Portman’schen, not
mit dein Portland’ schen, noch auch ml
dem Beford schen Grundstücksbesitz bk
gnügen, sondern keck nach dem
Herzog-H von Westminsier greifen.
nennen das unbescheiden und meine
die andern thätens schließlich au f
Gott, ja; aber warum soll der Mens( ,
jselbst im Wünschen luielerig sein
Und bedenken Sie: das Herzvgthut
Westminster begreift außer 12 ,0q
Hektar in Chesire und Flintshireits-«s
..50 Hetiar Londoner Bodens in s-J
sdarunter die beiden vornehmsten u«:.
ztheuersten Quartiere des Westend
Belgravia und Mayfair, deren blo
Namen längst Symbole sür meirch
haften Reichthum« unaussprechli
Arroganz und raffinirtesten Lu
geworden sind Jn die Taschen,
gHerzogs von Westminfter steuernn.
wie m die seines OberhaustospÅH
von Bedford, Zimmervermiether
Griinkramhändler —s. - —-,.
lauf den höchsten Stufen u Eins s
Sipsel der Gesellschaftspyramide steh
sist ihm grundrentenpflichtig. Eis
Kategorie von Häuserpächtern jedol
ist allen diesen Grundstücksmagnat
sgemeinsam an das edle Herz gewaå
jsen. Das sind die Schankwirthe Ei
s»Public House« bringt im Verhaltni
Wehr Miethe ein als der Palast de
Gründertönigs und das Stadtha "
des provinzialen Ländereibesihers J
28 der dem Marquis os Salisbu
gehörenden Häuser befinden si
Branntweinschänken. Daher die ziir
liche Rücksicht der Tories auf die»
rechtigten Interessen« der Knei ni
l)aber, daher die laxe Durchsii tun
des neuen Schankgesetzes, das
die allerschlimmsten Austvüchse .
Altoholismus gerichtet war.
Am Spätabend des Tages-, der di
Geburtsanzeiqe des Westininstererbg
brachte-. ging ich durch eine densng
erleuchteten Nebenstraßen von jet»
ria Street. Durch die blanken, mahc
goniumrahinten Spiegelscheiben eidez
»Public Hause« fiel durch die nebelt
erfüllte Herbstluft gtelless LampenlW
bis mitten auf den kothigen »
damm. Dort lag, besinnungslos s l
trunken, eine Mutter mit ihrem L-«
läng. Jch dachte an das rei
gcntind von Upper Grosvenot
auf dessen dereinftigem ers
gebiet das arme Weer rii elte.·"·«
gleich darauf fiel mirein graues
in Montague Street ein, das R ·
des Herzogs von-«Bedford.«s-s
wächst ein Baum aus einem K
das früher einmal bei Nachgra
arbeiten zutage gefördert ward-.
ses Kästchen ist-ein Mut-ersl
Conftantin von