Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 09, 1904, Zweiter Theil, Image 15

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    i
Well, nächste
Woch is die
- Eleckschen un
in mein Meind
is gar lein
Dant, daß der
wag meinHoep
band ie, elecls
let werd. Von
unseren Pini
Tieklobb do hen ich mich so viel ge
ptamißt, awwer ich kann Jhnc sage»
ich sin atig dissepeuntel. Jn deni
Stadt do hen die Lehdies ja recht viel J
"--getahtt un geptammißt, atvlver so bei
un bei do- sin se ausgebäckt un wann
se merklich emol ebbes von den Phil
gesagt hen, dann sin es Sache gewese,
wo ich gar nit gegliche l)en. So hen
se for Jnstenz immer an ihn gepielt
daß er wann un dann emole Dreppche
Bier drinle thut. Sell hol mich immer
atig mide gemacht un mehr alg einv
mal hen ich sie auch e diesenteg Pies
von mein Meind gewwe. Jch ben zu
se gesagt: »Nun luckehiek, Lehdieg, ich;
denke en Mann, wo sei Mag Bier
drinle dicht, der is verdolli besser ab,
als wie die Feuersch, wo immerI
Tschuhina Gomm odder Tobäclos
tfchuhe. blose dafi mer den Schmell von l
den Wißtie, wo se tiiclele, nit nohtisse
soll. Guckt Euch emol mein Hosband
an, der guckt doch wie’s Lewe aus un
dann betracht euch emol euere Wenn
spth Jhr Jeniielehdies, dann werd
Jhr den Differenz nohtisse, bilahg
euere Hobbies gucke, als wann se en
Wind umblose könnt. Jch gleiche en
nihau besser, wenn mein Hosband
ierche drinle duht als wann er en
« ißliesohl wär. Do hen se kein
,«-- ort mehr von die Temperenzinests
- schen gesproche un es war gut for sie,
biiahs es wär iesig sor mich gewese,
sie Ahrguments zu bringe wo e Pietsch
gewese wäre. Well, wie ich schon ge
sagt hen, die Rwestschen is nit mehr
getotscht worde, awwer se hen auch
iwwerhaupt den Philipp gar nit mehr
gemenschend un das hen ich auch nit
mehr gegliche. Ich hen’s ja e ganze
Weil so gehn lo e, awwer schließlich
hen ich’s doch nit mehr länger stende
könne. Un dann hoi’s en Nau gewwe.
Jch hen in eine von die Mietunge sor’s
Wort gefragt un hen's auch kriegt. Do
hen ich gesagt: Missus Schehrmann un
Lehdies, ich wollt mich nur emol die
Kweslschen erlauwe, an was for en
Piirpes mir uns ohrganneist hen un
was, wie mer uss deutsch sage dicht,
der Juhs von unsern Dasein ins. Do
hot leine von die Membersch ihr Mail
che ussgemaeht un ich hen dann weiter
gesproche un hen sie gleich die Ennser
an meine Kwesischen gewwe. »Mir hen
uns ohrgenneist, hen ich gesagt, sor den z
Pörpes, daß mer mein Hogbanv seine s
Elerlschen buhme wollte; das ist gut
enug, awwer war hen mer in die«
ein gedahn? ich wills Jhne sagecs
Nattings den mer gedahn un Das is
all was mer gedahn hen. Es is also
gar tein Riesen dasor da, das-, mir
weiter ecksisie solle un ich sin dasor
daß mer uns ussliise dul)n.« Do hätte ;
Se awwer emol en Haltet höre solle!
Die Membersch hen all zu dieselne
Zeit getahtt un gelrischr un er- ig e,
Neue gewese, daß mich fascht inei
Behsdrornerll in mei Ohre gebostet «
is. So viel hen ich ausmache lönne,?
daß teine meine Mohschen unnersriitzt«
hot. Wie die Missus Schehrinanm
endlich widder Order in die Miedung s
gebracht gehabt hot, do hot se en kleine z
Spietsch gemacht. Se hot gesagt, se ·
dein nit denle. daß ich gemeint hatt,
wag ich gesagt hen, bitahs wann un «
ser Pinltie Klon auch lehtilieh nit :
viel in Pallitiels gemacht hätt, dannf
wör«sch doch zu schön, wann rner alles
Woche zusamme tornine deht un könnt :
sich iwwer den Steil un das all un- ,
nerhalte. Sie wär ennihau dasor,«
das-. unsern Klobb in Easiitenz bleiwe
dehte. »Weil, ich sin nit, hen ich ge
sagt, iwwer was duhn mer denn enni -
weg tahle, hen ich gesagt, mer tahle
iwwer die Membersch wo nit pressent »
sin. mit mache Fonn iwwer den SteiL i
wo annere Lehdieg anputte un jede
von uns deht besser vor ihre eigene
Dobr schwiepe.« Weiter ben ich nit
spreche könne, bitahs se fin all ufiae
tfchumpt un den sich an mich verareife
wolle. Do hen ich avoir-er meine
Schliefg in die Höh gepullt un ben«
gesagt: Ei dehr jub, wer mich totsche
duht, aus den mach ich Kindlingtvutt,
un dabei den ich rnei Fistg hingehalte,
daß se all for Fier zurückgemuhft sin.
So bei un bei hen se sich widder e
wenig beruhigt un die Wedestveilern
bot dann widder die Sach ausgebäl
lenzt. Se bot gesagt: »Lebdies, nach-:
tiern mer uns jetzt emol ausgesproche
ben, hoff ich, daß die tleine Mißonderi
Minding jeyt usshöre duht. Die Lizzie
bot gan recht un so den die annere
Memberfch un ich denke, daß es e ganz
gute Ethi- wiir, wann mer uns jetzt
seit-der ver-trage debte un for den Rie
sen mach ich die Mathem daß mer
von iejt an tpidder e wenig mehr for
unseren Kendideht schaffe duhn. Es
sagtest nur noch e paar Tag un do
wo mer besser noch emol ordentlich
einpsitiche, daß mer den gute Mann in
den Schultaunzel t dubn.« Do
hen se all burrab ge Iert un die
Mobfchen is einsiimrni angenomme
worde. Dann bot die isiui Schein
wann gesagt: »Nein Lizzie bist du seht
mit uns Iattitfeit?« Schuhr Ding,
den ich gingt un dann ben mer e Ber
söhnungssest zellebrehtet, das war
auteseit. Jch hen all die Lehdies in
weitet mit mich nach den Restaurant
zu gehn un dort hen mer e eh nom
bcr wann Sopper gehabt un zwische
Jshne un mich hen mer auch e paar
Battelcher die Höls gebroche. Mit
einem Wortes war schon un ganz am
Schluß ben ich mit alle Membersch
Briederschast gedrunke un die mehrschte
hen gegreint, so getotscht sIn se gewese.
Jch sehn ja ganz gut, daß ich e wenig
harte Lengwitsch gejuhst gehabt hen
un ich hen auch sarrie sor gefühlt. aw
wer dieselwe Zeit hot’s nicks geschadt
un im GegedeiL ich denke, es hot e
lctte gut gedahn. Jch sin nur froh.
daß die Wedesweilern so den Spalt
getotscht hat un wie mer mit unsere
Zellebrehschen dorch gewese sin, do sin
ich noch emol mit die Wedesweilern
lseimgange un do hen mer noch in aller
Ruh e Kicnmelche genomme.
Mit beste Riegnrds
Yours
Lizzie Hansstengei.
-- — - b-—
Clettrizität statt (shlowsorm.
Dr. Leduc von der medizinischen
Fakultät in Paris will den elektrischen
Strom an Stelle von Aether oder
Chlorosorni zur Erzeugung von Be
täubung oder örtlicher Unempfindlichs
teit benutzen. Eine große Zahl von
Versuchen wurde zunächst an Hunden,
Kaninchen und« Tauben angestellt.
Ein Wechselstroin von 10 bis 30 Voll
Spannung mit l bis 200 Unterbrech
ungen in der Sekunde wurde auf den
Hinterkops gerichtet nnd veranlaßte
eine vollkommene ilnemvsindlichkeit
ohne irgend welche schädlichen Folgen.
Ledur sah sich durch diese Ergebnisse
so ermuthigt, daß er auch an sich selbst
die Prüfung des Verfahrens vor
nahm. Die Spannung wurde auf 50
Volt erhöht. Von den Elettroden,
die in Salzivasser getaucht waren,
wurde eine auf die Stirn, die andere
auf den Rücken gelegt, so daß der
Strom das Gehirn und das Rücken-«
mark beeinflussen mußte. Nach etwa
zehn Minuten war vollständige Be
täubung eingetreten. Leduc sagt aug,
er habe nichts von den Unannehmlich
teiten verspürt, der Betäubung durch
Chlorosorcn vorausgehen und folgen.
Sobald der Strom unterbrochen
wurde, erfolgte das Erwachen sofort,
das nicht Init Uebelteit, sondern sogar
mit einein Gefühl von Frische verbun
den war. Die Versuche sollen fortge
setzt werden. Hoffentlich bestätigen
sie den Erfolg des Verfahrens, das
von allergrößtem Werth wäre, da die
Betäubung mit Aether und nainent
lich die niit Chloroform für den Pa
tienten oft äußerst unangenehm ist
und auch eine Lebensgesahr in sich
schließt, wenn sie auch meist ohne
schwere Nachwirkung verläuft.
—-----.-.-- —-—
Die Potme ver ganzen Ge
stimmen
Am 7. Oktober waren bekanntlich
25 Jahre seit Abschluß des deutsch
österreichischen Bündnisses verflossen.
Vom 21. bis 24. September 1879
hatte Fürst Vismarck in Wien geweilt
und vollendete hier mit dem Grafen
Andrassh das Wert, das bei der Kai
serbegegnung in Gastein angebahnt
worden war. Aug jenen Tagen, so er
zählt ein Mitarbeiter der »Sie-um
Freien Presse«, stammt folgende wenig
bekannte Anecdote: Eine Dame, mit
welcher sich Bismarck unterhielt, ant:
wortete aus die Frage des Fürsten nach
ihrem Befinden: »Nicht allzu gut,
Durchlaucht . .. Sie haben teine·ttlh
nung, wag eine neugierige Frau leidet,
welche die Ehre hat, sich in Bicsmarckg
Gesellschaft zu befinden, ohne die Fra
ge ristiren zu rürsen, was er eigentlich
in Wien macht . . ·« —-— »Ich kann un
möglich zugeben,« erwiderte der Fürst,
»daß Sie leiden, und ich werde Jhnen
also offen über den Zweck meiner Reise
nach Wien Rede stehen. Jch bin nach
Wien gekommen, um mn Hure meines
Freundes Andrassy eine Magnetnadel
zu finden, welche alle Friedengelemente
anzieht und erhält.« »Die Magnet
nadel zeigt doch nach Norden?« ver
setzte die Dame. -- »Getvifz«, fiel der
Fürst rasch ein, »das ist eben die
Pointc der ganzen Geschichte!«
- —-·-—- -
- - Goldene Worte bat Dr. F. Adler
in seiner letzten Predigt in New York
gesprochen, in der er den nachtheiligen
Einfluß, den eine iiber die Verhält
nisse gehende Wirthschaft im Hause
auf die herantvachsende Jugend aus
übt, zum Text ewählt hatte. Ueber
seine Verhältni e leben ist ein weit
gehender Begri f. Der Arme kann
das gerade so gut thun, wie der Reiche,
denn Jeder, der mehr ausgibt, als
sein Einkommen beträgt, lebt über
seine Verhältnisse. Der Redner be
klagt namentlich die in den Mittel
llassen der Begüterten herrschende
Neigung, zu glänzen, mehr zu schei
nen, als man ist, und in seinem Auf
treten eine Opulenz zu entfalten, die
das Einlommen nicht rechtfertigt.
Dies führt zu unehrlichen Schulden,
weil der Schuldenmacher weiß, daß er
den beanspruchten Credit taum jemals
gut machen kann; dies veranlaßt Bit
terkeit und Unfrieden in häuslichen
Kreisen und stört völlig jenes Glück
der Familie, das allein im zufriedenen
gemäß der bescheidenen Glücksgiiter
rn,t.
Die Leierlaftenmänner gehören zu
den wenigen Glücklichen, weiche ihr
Geld im Handumdrehen verdienen.
I Ein Sommernachtstraunr.
Novellistische Slizze von H e r m a n
Bang
Es war Hochsommer, aber es reg
nete in solchen Strömen, daß der
Sand der Wege hoch ausspritzte.
Jch stand mit dern Portier im Ve
Qibiil des Hotels ,,’J.ltarienlust« bei
Kownwgm.
, ,,Na,« meinte der Portier, ",,l)eute
» brauchen wir wohl teine Gäste zu er
stvartem Nur gut, daß das Hotel
l cchon gut besetzt ist.«
s Der Portier war ein ersahrener
stRann Ertamrnrrichtnukdn Roß
» ser, sondern auch deren Besitzer.
l Wir sahen den leeren Hotelwagen
durch die Allee herangesahren korn
men und der Portier hatte sich schon
umgewandt, urn in seine Lage zurück
zugehen als ich ausrief:
,,Portier, es ist doch Jemand mitt«
i Und wir sahen beide ein junges
Paar, das verschiichtert ’ unter dem
Berdeck des Wagens saß, dicht anein
"andergedriickt, wie zwei Vögel in
einein Nest.
Oben auf dem Kutscherbock lag ein
kleiner, ach, ein ganz lleiner Rossen
Sie stiegen ang.
Der Herr war groß, schlnnt, dun
teliiugig mit einem Regenrnantel
Die Dame war llein, in e«neni Music
lintleid, obne Mantel, mit einem
allerliebsten, verlegenen Gesichtchen.
« Der Herr fragte auf deutsch:
»Komm wir ein Zimmer bekam
"inen?«
»Seht wohl,« antwortete der Por
llcli
»Für eine Nacht?« fragte er leise,
während sein Blick über die vergolde
ten Treppengelander der Halle
ichweistr.
»Seht wohl,« sagte der Partien
»Aber oben,« sagte er.
»Seht wohl,« sagte der Partien
»Ganz oben,« sagte sie und wagte
»vor Verlegenheit weder rechts noch
links zu sehen.
»Seht wohl,« sagte der Partien
Die Beiden zögerten noch und war
lsen einen langen Blick über die Tep
ipiche.
Dann sagte er wie ein Mann, der
einen Entschluß gefaßt hat:
»Und was kostet ein Zimmer —-— —·-—
siir eine Nacht?«
»Sechs Kronen,« sagte der Partien
..Sechs Kronen,« wiederholte der
Herr und öffnete den Mund weit.
während ein Ruck durch den Regen-s
inantel ging.
,,Sehr wohl,« antwortete der Par
tier, der sie mit den freundlichen An
gen eines Onlele betrachtete.
Der Herr zögerte einen Augen
blick.
Die kleine Dame aber sagte ganz
leise und in einein bittenden Ton:
Friedrich, laß uns bleiben. Es
ist so schön hier.«
»Na gut. Bleiben wir.«
Und der kleine Koffer wurde die
breiten und königlichen Treppen hin-—
aufgetragen, während die Beiden
Arm in Arm nachfolgten.
Sie gingen so hübsch iiii Talt auf
den weinrothen Läusern!
Der Partien der noch immer mit
demselben Blick hinter feinem Kneiser
l«ervorsah. sagte:
«Hochzeit5reisende.«
lind als der Meldezettel hinunter
taiii, sah ich, daß er Oberlehrer war
und sie seine Fran.
Jch saß in einein der Korbsessel im
kliestibiiL als das junge Paar die
Treppe wieder heriiiiterstieg.
Es regnete unaufhaltsam weiter.
Sie standen und sahen in den strö
ineiiden Regen hinaus-.
Dann sagte sie, iiideiii sie sich fest
an ihn schmiegte:
,,Lasz uns trotzdem gehen Hain
lets Grab iiiiissen wir roch sehen.
Und Friedrich --s sie schaute stral)
qui-« u- An- »in cr-. »in-Eis is Ani
»Hu-» os- --- »-- -..----,. ,-- "..
nichts, daß es reanetl"
Und sie gingen, dicht neben ein
ander. unter einem Regenschirni durch
sden strömende-r Regen zu Hamtet5,
des Prinzen don Däneinart Grab.
Der Portier sah ihnen nach.
»Wesl)alb sollte man sie in Ver
legenheit bringen, indem man ihnen
sagt, daß sie einen Wagen bekommen
können?« murmelte er vor sich din.
Aber auch ich ging in den Regen
hinaus --— aus einem anderen Wege
zu dem Steinhaufen der sich Haniletg
Grab nennt.
Das Paar war schon angelangt.
Sie standen unter ihrem Regen
sschirtn und betrachteten die nassen
Steine:
»Wie ist eS tiiibsch!«« saate sie
Und noch lange blieben sie stehen,.
während es von allen Bäumen her s
abströmte. und schauten aus dies
Steine und dachten an die Sage von4
der Liebe, rie sich daran tnitpft.«
(
i
l
t
i
Ich ging nach Hause.
Aber den ganzen Tag iiber sah ich,
so ost ich den Kopf von meiner Ar
edit hob, zwei Menschen unter ihrem
stiegenlchirni durch die langen Allem
rn Regen wandern.
» Es war der Dderlehrer und seine’
« Frau. l
Und jedesmal. wenn ich sie sah.
viinschte ich —- eo gibt nun mal Au
ssenblirlh wo wir Menschen sentlmen
at werden —— daß der gute Gott seine
Sonne doch nur ein paar Stundenl
ziang scheinen lassen möge, allein die-—- (
Eier beiden Menschen wean. x
Und wirklich: der Regen hörte aus. i
—- .«—..-——.. —.«— ..—..—
Eine Stunde lang lag der Pakt
irn Sonnenschein und all’ die regen
schweren Blätter schimmerten. Und
das Meer war von einem Blau, wie·
wir es sonst nur in unseren Träumen
zu sehen bekommen.
Plötzlich sah ich von meinem Bal
kon aus die kleine Frau des Ober
lehrers quer über das nasse Grab der
Rasen auf die Ophelia - Quelle zu
gehen.
Sie erreichte ihr Ziel und sie rief:
»Friedrit;h, Friedrich!«
Der Mann kam ihr nach, und zu
sammen betrachteten sie die Ophelia
Quelle, die die Badedirettion nur
Sonntags sprudeln läßt.
Aber aneinandergelehnt schauten sie
glücklich über die Quelle hinweg und
dachten an die schöne Sage, die Sage
von der Liebe.
Als die Dinnerzeit karn, saßen sie
in der entsetntesten Ecke, halb ver
botgen von den goltrothen Portieren,
an einem kleinen, blumengedeckten
Tische.
Eine Flasche Rothwein hatten sie
sich spendirL
Sie aßen langsam, stießen Init
einander an, aßen wieder alles
ganz langsam nnd zögernd, als fürch
teten sie, daß ein schönes Märchen ein
allzu schnelles Ende nehmen könnte.
Aber ich, der ich den Diriaenten
der kleinen Musiltapelle kannte-, aan
zu ilkni hin und bat ihn, den «Liedeg
tod« ans »Trista» und Jsolde« zu
spielen.
»Gott bewalire,« saate der Kapell
meister, ,,nan spielt doch nicht Waa
ner als Tafelninsit!«
ist-.- !»».ll .,» k,-,,k
COUII lu- UIIIUIIU LIququ
«Thun Sie es trotzdem, man weiß
nie, wen man damit erfreuen lann.«
Und ich ging; aber der Kapell
meister narrte mich: lurz darauf
klangen die Töne des Hochzeitsmar
sches aus dem »Sommernachtstraum«
durch den Saal.
Durch die Glaswand des Eßsaales
beobachtete ich die Beiden. Sie lä
chelten mit wiegenden Köpfen, wäh
rend ihre Augen ineinander ruhten.
Und als sie ihr Glas hob, ver
schüttete sie etwas von ihrem Wein
so zitterte ihre Hand
Aber runduniher iiherönte das
Klappern von Tellern nnd das Ra
scheln von Kleidern nnd das gleich
gültige Gerede von gleichgültigen
Menschen die Töne des Hochzeitsmars
sches, den die Masse nicht hörte, nicht
kannte oder vergessen hatte.
Die junge Frau hatte ihr Glas
wieder hingesetzt. Mit leuchtenden
Augen starrte sie ins Weite, während
noch immer der Hochzeitsmarsch er
klang, das schöne Lied oon der Liebe.
Bis sie sich plötzlich iiber die Bln
menvase beugte, ein Tausendschön
herauszog und es dem Herrn Ober
lehrer ins Rnopsloch steckte . . . .
Draußen regnete es wieder. Von
grauen Nebeln eingehiillt, taum er
tennbar lag die schwedische Riistr.
Abends war die Promenade ganz
öde.
Nur Zwei standen draußen im Re
gen und schauten zu dem leuchtenden
Helsingborg hiniiiiber.
Dann gingen auch sie hinein.
Der Oberlehrer und seine Frau
traten in das Vestibiil, wo Damen in
Seidentoiletten die Zeit in den großen
Korbstiihlen vergähntein während die
strahlenden Lampen nnd die schim
mernden Geländer, Iie Palmenng
Pen und die Töne der Musit ihren
trägen Ueberdruß noch zu erhöhen
schienen, und die Herren hasften lang
i
same Wolken aus ihren schläfrigen
Cigaretten.
Die junge Frau des Lberlehrers
aber sagte leise:
»Friedrich, wie ist es hier schön!«
Und noch leiser sliisierte sie:
,,Dant.«
» Arn nächsten LUtorgeiL als ich mir
meine Post holte, lam der Hotelwagen
’gerade dorgefahren.
Es regnete wieder.
Ein Hausknecht trug einen stdsfer
hinunter. Vinteroer kamen ver Loer
lehret und seine Frau.
Der Portier war nirgends-« zu
sebein
Die jungen Leute nahmen im Wa
gen Plag und sudren av. Als sie
eben fort waren, tain der Portier
zum Vorschein. -
Er sah dem Wagen nach:
»Gott weiß, in welche Oeoe die jetzt
ziehen, sagte er.
»Ja,« antwortete ich und sah in
ven Regen hinaus:
»Wer iveiß."
Und kurz daraus sagte der Portiert
»Tja, jeder Traum ist turz!«
-—--.-.-——-—
Wenn icheinmal der Flaiser
lv ii r« . . .
In Mectlenbura politisiren sie im
Dorftruq· »Dat de arme Kaiser von
Russland aber auch nich aug- de Sor
nen ruter kiimmt!« meint der eine..
Sein Nachbar antwortet: »Na, wenn
ick de Kaiser von Ruszland wär’, denn
verlövt icl del ganze Reich und töa
nach Nigen:Brcrnibora.«
Von seinem Standpunkt
Präsident: »Vorige-Z Mal haven Sie
blos ein Dutzend Hemden gestohlen
und ietzt, nachdem Sie versprochen
hatten. sich zu bessert-. haben Sie mit
eIhrem Komplizen eine ganze Wäsche- -
Handlung ,gepliindert!«
»Na, und hcb’ ich mich da nicht ·
bessert?« « s
s
Aus der Menschheit Diesem
Kennen Sie das Parsüin von White
chapel.
Verbinden Sie den Geruch von alten
Fischen mit dem Schmalzdust heißer
Psanniuchen, denken Sie sich zu dieser
Legirung noch die Ausdünstung Hun
derter von ungewaschenen tranken
und hungrigen Menschen in un
gebiirsteten Kleidern hinzu, so haben
Sie die Atmosphäre der Whitechapeler
Spitalsields, des Reviers Jacks the
Rippers in London.
Jch habe nie gewußt- was Elend
und Verkommenheit bedeuten, ehe ich
Whitechapel sah. Man muß den ab
synthgriinen Londoner Nebel, der sich
wie eine feuchte Wolke aus die Ath
mungsorgane legt, man much denPest
hauch der Armuth in den Straßen
Whitechapels, ihre trostlose Architektur
und die grauenhaste Kasernirung der
Bewohner in den Common Lodging
Houses erlebt, gefühlt, gesehen haben,
um zu begreifen, daß hier nur der
Rausch zeitweiliges Vergessen des gan
zen Jammers bringen kann.
Sonntags wird in der alten Petti
coatsLane (Unterroctstraße) und der
Wentworth Street ein großer Markt
abgehalten. Ein Markt übler Dinge.
Wie der römische Händler es versteht,
sein Fleisch, seinen Käse, sein Gemijse
durch hübsche Garniruna appetitlich
zu machen, so weiß der Liaftend-Markt
Mann Londons durch die Gerijche
seiner unästlietisch ausarbahrten Waa:
ren jede freundliche Vorstellung eines
Genusses im voraus zu tödten. Neben
dein Fleischladen steht ein starren
mit alten Handschuhen, alten Wei
dern und Stiefeln; Gebäct und gebra
tene Fische lilir Schmalzduit räuchert
alle armen Viertel Londonsj aiebt es
gerade gegenuber. Die oerlockenden
Sachen werden von Händlern in gnu
migem Coelneh : Endlisch aus-gerufen
Eines Mannes Stimme iiberbietet al
le anderen. Er trägt eine Art Fez
aus dem Kopfe und hat einen gewalti
gen Bart; seine Augen quellen hervor
und blitzen. Kurz, er ist prächtig an
zuschauen. Mit einem ungeheuren
Schtvall von lauten und rasselnden
Worten Preist er Bügelportemonnaies
einer Bevölkerung an, die ihr Vermö
gen in der Hand zu tragen vermag.
Die Jugend von Whitechavel steht
gebant von dieser wilden Beredsan1
leit, lüstern um seinen elenden Kar
ren. Es ist eine Jugend ohne Frische,
eine Jugend, die in Höhlen des Hun
gers, in Brutstätten des Lasters groß
geworden ist. Strophuläse Augen
und ver-faulende Kleider erzählen
mehr, alg das härteste Herz ertragen
tann. Zwischen rothhaarigen Diebs
oisagen taucht oft ein charaktertieseg
weihlicheg Antlitz ans, der Tor-us des
Hogarthschen Blttmenmädchens: ein
blasses Gesicht, ein weicher Mund,
schwere müde Augen und breite Haar
wellen über der kurzen Stirn, deren
Schläfen ganz bedeckt sind. Das
Mädchen trägt einen schwarzen Her
renstrohhut, der siir die armen Frauen
Londoan thpisch ist, tief im Gesicht;
ein schmutzigeg Kostiim mit durchsto
fzener Kante, eine wahre Trauerfah
ne schleift sie nach sich. Doktor T. . .
erzählte mir, daß in seinem Hospitai
zur Vornahme einer Operation einst
eine Whitechapelerin eingeliesert wur
de, die sich Jahre hindurch nicht gewa
schen hatte. Ueber ihrem Körper hal
te sich eine Hornhaut gebildet- die zu
entfernen unmöglich schien.
Für wen soll man sich auch wa
schen?
Treten Sie in eines der lsommon
Lodging Honseg ein und verstehen nnd
beantworten sie dann meine Frage!
Dass Haus, zwei bis dreistöolig. ein
Steinhauer im Fabritstih die Fenster
mit schmutzigen lttardinen verhärtat,
lieat in einer schmalen Gasse, die so
Ver-raucht und diister ist, daß sich dad
Herz zuiannnentrampst wie bei einem
häßlichen Traum. Solche Worte
tlingen schwiilstia und übertrieben,
aber sie geben nur eine schwache Vor
stellung der nackten und trosttosenReai
lität.
Eine große Küche mit zwei Herden
wird von mehr als fünszia Personen
gleichzeitig alS Wohn- und Speise
rauin benutzt. Ich ging, alo man ein
trauriges Sonntagsluncheon Gerin
ge und Bücklinae in Absallsett gebra
ten) verzehrte, unter der Führung ei
nes bekannten Londoner Detectiveg
hindurch. Dergleichen allein zu ma
aen, würde ich niemandem rathen.
Man saß aus arov gezinunerten Bein
ten und aß nicht von Teuern sondern
von Papier-. Die Blicke, die man uns
,iuivars, erinnerten an die verwund:
ten Thiere; vielleicht aber war dieser
irre, passive Ausdruck nur ein-: Magie
siir den aesiirchteten Detectiv, der hier
schon manctjen guten Fang aemacttt
hatte.
Jn den oberen Geschossen liegen die
Schlasräume. Jede Person nat eine
nummerirte Kammer von der Große
einer Badezellex ein Bettaestett mit
schmutzigen Lappen daraus ist ilir ein
ziaes Mobiliar. Kein Tisch, tein
Stuhl, kein Spind, kein Bild. Eli-Jan
lebt auf der Straße und in der Küche,
wärmt sich an deren Feuerdder mit
villigem Ale und Gin, die das-Hirn de
täuben, das Fleisch ausdunsen nnd
den Körper schwer und träge machen.
Man muß den Verstand und ten letz
ten Rest ästhetischen Gefühle-: erträn
ten, um das an Jsolirdast erinnernde
Leben in einer Conunon Lodainahouse
Zelle ertragen zu können Eis sengt
sich übrigens, ob Gefängniß oder
Zuchthaus, regelmäßiges, wenn auch
knappes und grobes Essen dieser Art
von Freiheit Und dieser Art von
Mahlzeiten nicht vorzuziehen sind.
Das Common Lodging house nnd
seine Bewohner stehen unter der Auf
sicht des Wirthes oder seines Verwal
ters.
Nicht alle Whitechapeler nennen
nur einen Raum ihr eigen. Jn dem
nnd jenem Hause versiigt eine Familie
über zwei oder drei Zimmer, womit
nicht gesagt ist, daß es darin viel
wohnlicher aussieht als irn Common
Lvdging House Wenn nicht schmuhb
ge Gardinen oder Wäschestitcke das
Fenster verdecken, kann man dann und
wann einen Blick in diese Menschen
höhlen werfen aus schwammige Frau
engesichter, die über Lumpen oder ein
schlechtes Gericht gebeugt sind, oder
auf Kinder, die den Kon voll Aus
schlag, aber kaum einen Lappen ha
ben, um ihre Blöße zu decken.
1.'s: Millers Court, Dorset Street,
Spitalfieliq Wir stehen vor einem
zweistöetigen Haus einer finsteren und
schmutzigen Gasse. Mein Detectiv
tritt in einen Virtualienladen, wo ein
erschrockeneg weiblich-es Gesicht aus
der Ecke anfschnellt. Er verhandelt
mit der Frau, und wir steigen die
Treppe hinauf. Wir klopfen. Ein
ZUiann öffnet. Ob wir uns das Zim
mer ansehen könnten? Er nickt
furchtsam, nd mir treten ein.
Armuth ist eine Strafe, eine furcht
bare Strafe. Hier wohnt sie nnd
zeichnet die Menschen mit ihrem häß
lieben Stempel. Zwei Frauen, zwei
Eljtänner, drei Kinder wohnen, schla
fen und essen in diesem nahezu dunk:
len klimmt. Die Luft, die in ihm
k)errscln. ein Geruch nach Schimmel
FuseL Schweiß und Fisch, raubt mir
den Athenn Jch werfe einen schnellen
Blick auf den Tisch, an dem diese sie
ben Menschen Büctlinge verzehren, mit
den Fingern und mit morschen Zäh
nen in verthierten Gesichtern. Man
starrt Uns an wie Wesen aus einer
anderen Welt. Jch lege Geld auf den
Tisch, und wir gehen.
Eine Treppe höher führt die mor
sche Thür in einen ähnlichen Raum.
Ich sehe nur eine Bettstatt mit unge
ordneten Decken und einen wackligen
Tisch am Fenster.
Jn diesem Zimmer hat Jack the
Ripper eines seiner unglücklichen Op
fer zerfleischt. Mit unheimlichem Ge
schick hat er sich stets sein Milieu aus
gesucht. Hier ist eins-, das zu schauri
aen Thaten geradezu einladet, das uns
einen Alb auf die Brust drückt auch
ohne die Erinnerung an jene eine
Nacht.
Mein Detectio traf kurze Zeit nach
dem Morde ein, und er schilderte mir
den arauenhasten Anblick, der sich ihm
bot. Der Mörder hatte der Aermsten
die Zunge abgeschnitten. Ströme von
Blut waren die Wand herunterge
flossen
Derselbe Tisch, dasselbe Bett stehen
noch hier. Kein Möbel sonst.
»Jt loots awful poor here«, läßt
Wedetind in seiner ,,Biichse der Pan
dorn« Jact the Ripper sagen von dem
Lrt einer seiner Thaten.
Ja, furchtbar arm sieht es hier aus;
aber das Herzbetlemmende dieser Ar
muth fühlt doch erst, wer sieht, daß in
diesem gespenstischem Raum, in dem
sich nichts verändert hat in demselben
schmutzian Bett ein Menschenkind
schlafen muß, dessen Nächte man sich
nicht ohne Träume von Blut und
arausiqe Hallnzinationen vorstellen
tann.
Jn der Cahle Street, unter einem
»Viaduet der Great Eastern Railwah,
Tder lang, wintlig und schaurig ist«
tellist wenn die Sonne einen fahlen
QZtreisen don den beiden Zuaängen
liineinsendeL fiel ein anderes Opfer
Jacke-. lis aietst eine Poesie dei
Zchrectlichem und wenn ein neuer
Gona eine Lotaliliii, die Grausen er
reaen foll, darstellen wollte, so lönnte
ex sich tein besseres Modell mahlen als
« Ut! —k. J
Upkstll UIUUULI UULL jcllks OUUIULL Ell
Miueks Spuke
z Jack the Rippe: entging in derCable
iStreet nur durch einen Zufall den
: Augen der Teteciive5, die ihm auf den
sFersen waren und doch nicht verhin
dern konnten, daß er noch an demsel
Den Abend in einer anderen Straße
einen zweiten Mord ver-übte
i
F S Rafjinemeni, mit dem jene
no; aheute in Whiiechapel lebendigen
Thal-en ausgeführt wurden, weisen
auf einen Llliensdxen von Kenntnissen
nnd JnielLigeiiz.
I
I
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Jan the Ripper ioat ein geistesktam
ter Arzt, liessen Leichnam man ein
imm- Jxobke später in der Themse fand.
Friedrich Pergzynski.
FRO—
IT. Nun-than
Oaugsuxu »Also,« Sie wollen uns
vers-Eisen, Itatni".'! Habe ich Sie ni
immer behandelt, ali- gehötien Sie
zin Fciikitic?·«
Nenn-n ,,Freilie1). quä« Freu, und
DI- lifs ich mir nichi länger mehr ges
fallen!«
iismpiindlicix
»Ak» warum wollten Sie denn
beim Akndessen so Ungern neben dem
berülnnten Polesfnrfcher sitzen, gnä
i isiqe Fran?«
l »Ja, wissen Sie-, beim qiinfubrs
Ihre san ich noch neben einem Afrika
kreifndcin nnd da fürchtete ickk den
plötzlichen Teinper inm- :chsel!«'