Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 30, 1904, Zweiter Theil, Image 10

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    Ists-a In
Anton esreikperru von PersalL
(9. FortfehuugJ
Iidan umgab tiefe Finfterniß. Kein
Satt mehr, keine Bewegung. Er be
Gn ftch vergeblich, was gefchehen.
ffertropfen ielen auf fein Gesicht.
It war ganz eucht. Das hatte ihn
wohl geweckt. ann betaftete er sich,
di er nicht träume —- und griff in ein
tattes Gesicht —- Afra! Jeht kehrte
die Erinnerung jäh zurück. und ein
Schauer rieselte durch seinen Leib —
Sie waren verschüttet! Begraben! —
Uiban riß die Augen weit auf,das
schwere Dunkel u durchdringen. Er
te — Nich s! Nur die Ohren
ummten im furchtbaren Schweigen.
Ufra!« Wieder berührte er das feuch
ic. tunc Auuitz —- »Afka!« Keim
Antwort. —- Aber einen leifen Athem
·hlte er auf der Handfläche —— ——
es war wirklich Leben, dessen
auch er verspürte.
Acht kam wieder der Muth, die
hoffnung. — Nur Lichts Es hatte
doch feine Lampe mit, am Gürtel. —
Cr griff danach —- nicht mehr da.
Qualvolle Erkenntnile Er erhob sich
in Sißlage und taftete umher —- eine
Leiter — er glitt mit der Hand die
Sprossen herab und schrie laut auf
vor Freude — er berührte taites Me
tall — die Lampe! Uns-ersehnt Jetzt
te sich ihm in blihschneller Reihe
Rettungswert
Mit zitternden Fingern suchte er in
Euer Tafche nach einem Streichholz:
i fehlt keinem Bergmann. Lange
indet er es nicht —- endlichZ Ein
wefelgelber Funken verlifcht —
zweiternal gelingt es bis zur
Lamme Sie züngelt nach rechts, be
ttsebt festmnfvä Oft-in pfiff-Hi ehe
et die Lampe berührt. Jeßi beißt es
haust-altem das Todtenlichtl bewabi
ren. Das drittemal gelingt’s. Ein
leifei Knifterm eine Luftwelle. die
Lampe brennt, düster, ftrahtenloäi —
aber sie brennt! «
Da liegt Afra, den Kon etwas bö
fr gebettet, dicht unter der Leiter,
sie aus schwarzem Schutt und Gestein
rfchaut. Er hält die Lampe iiber
. Die Augen find noch immer ges
chcoffen, aber dir Lippen beweaen sich
leise mit den Atbemziigem Er rief
ITIhallot Ho! Es gab kaum einen Ton
dem engen Raum. Dann bielt er
den Kopf und suchte feine Gedan
zn ordnen. —- Plötzlich griff er
mch dem Kammer im Geröll! So
M vergessen!
sum erstenmal suchte er den Raum
ab, der ihm und Afra zum Leben ge
blieben. Etwa drei Meter lang, oben
«ngt ein Steinblocl über und läßt
um Platz zum Knieetn offenbar im
Sturz oerklemmtes Gestein, nichts
Geschlossenei Die Leiter ragt aus
stiefigem Schutt und verschwindet
wieder nach vier Sprossen; vielleicht
hielt sie allein den Einfturz.
Jeht hatte sein Auge die rechte
Stelle entdeckt zum Bergmannszeichen
Im tofen Geröll dringt der Ton nicht
weiter, nur im feften Gestein Er hebt
den Hammer, klopft erft leise, einmal
— der Ton ift gut, elaftifch — dann
stärker —- der Athem ftebt ihm still
— —- —Das ifi doch Antwort —
aber von oben, nicht von unten. Ein
Ieifer Ton fchwin t durch den Felsen
wie aus endlofer Ferne —- aber es ift
ein Ton! Wie von einem Kinderfins
get —- aber es ist ein Ton, ein Zei
chen des Lebens, der in das Grab
drinat und es mit Hoffnung füllt. —
otxt .--L F--kc ----- I Oc- EI- ----- L
XII-I ulIU s’«l»sslcc«lchs Cis Wust-lust- Mk
Todes weichen von Albnn Fr- llovst
weimal, das heißt, zwei Lebende sind
irr. Es antwortet mit zwei Schlä
n in dem gleichen Tempo --- —
lban erschrak! Zwei Lebende ant
worten. Kam die Antwort von den
heiserm so mußet sie anders lauten:
ein fortgesetztes Klopfen.
Er versuchte es noch einmal. Wie
der zwei Schläge! Jetzt war es schreck
lich klar: sie kamen von zwei Mitver
sagliickten, Verschütteten, irgendwo in
der Niibr. Es war nur die Verbin
dung mit einem andern Grab, die
rgestellt war, nicht mit dein Leben.
m Augenblick sank ibm der Mutb.
Da bewegte sich Afra und seufzte
— Er beugte sich über sie —- Sie sah
ihn rosz an. »Mein Gott! Was is
denn — Alban!« Sie stieß einen
wilden Schrei aus, der aegen den Fel
sen prallte: »Begraben!«
Ulban tröstete sie. Hilfe sei nahe.
Er klopfte wieder. Die Antwort kam.
. Hör-sit Das ist net weit. Bis mor
sen haben sie uns schon. —- Tbut bir
- Bat weitst«
Asra leqte die Hand aus ihre Brust.
Der Athem ging ihr schwer. »Das bat
der Melbart — dem Anders hat er
ei vergelten«
Ulban Este Dem Anderls Die
Lichtm- Untwort —- bie Leiter
—- ber nderl hat antwortet. Aus
Im armer der Be y kommt sie -—
Der nberl und die seist-! Also muß
er inne Unverl. sonst ist alles verlo
IM Von oben kommt seine hilse —
site sie tot-nat zu spät. «
Da Leben-dran erwachte. Er
die Leiter, leuchtete liegend
Fee-be Derse, brüste sie mit
, — akei fest; aber
III der Leiter sb ei einen an
Dtt M —- einen ern wose
De- Æ M feig Ists , est
wSchutt hatte sich gesiemmt. Wenn es
glückte, so glückte es da.
Er versuchte es mit dem Stiel des
hammers, stieß dagegen —- Schutt
geriesel strömte herab, Wasser siclerte
durch. Und wohin sollte er mit dem
Abrautn? Sein eigener Todtengriiber
werden? Und wenn das Wasser stör
ler nachdrang, der Fels sich lockertei
Mein Gott! Mein Gott! Zum ersten
mal lief ihm das Grauen iiber den
Rücken.
Oben pochte es wieder — der An
derl wird ihm die Decke über dem
Kon einschlagen. Die Kniee zitterten
ihm, der Rücken schmerzte, er mußte
sich einen Augenblick neben Asra le
gen.
»Kommen’s, Alban? Hörst was?
Nur net da sterben müssen!« Sie
preßte sich in ihrer Todesanqst fest an
den Regungslosen. »Jeyt hör ich’s —
anz nah —« Afra erhob sich. stieß
Sich die Stirn wund, schlug mit den
Fäusten gegen das Gestein und schrie
nach Hilfe, um ebenso rasch in stum
pser Verzweiflung zurückzusinten
»Mir einmal noch die Sonne —- die
Alm —- Luft! Lust!« Sie athmete
trampshast auf —- dann herrschte tie
fes Schweigen, nur ein Wassertropsen
schlug dann und wann wo aus.
Jn der Lampe gloste nur mehr ein
kleines Flämmchen und wars schmale
Lichtstretsen aus die Decie, als Alban
unter einem Stickansall erwachte· Er
war sofort wieder bei voller Besin
nung —- nur der Kon schmerzte ihm
sum Definitionen- Nlä sein Blick auf
die Lampe fiel, erschrak er. Sie war
am Erlöschen. —- Und das Dunkle
dort in ihrem Lichtlreis war Afral
Sie saß zusammengelauert aus der
Sprosse der Leiter, ihr Haupt lehnte
seitwärts, der Mund stand offen, die
Fuge des blassen Antliges waren er
chla t.
« fra. schau mich noch einmal an!
Das Licht löscht gleich aus, dann
ist’ö Nacht — siir immer Nacht —-—«
»Für immer Nacht ——«' Asra hielt
sich den Kopf mit beiden Händen.
«Und noch led’n in der Nacht —'·
»Schon mich an. Asra — gleich
geht es aus. Gib mir dein-e Hand und
schau mich an! Du siehst teinen Men
schen mehr —« Sie reichte ihm die
Hand und sah ihn an. Er toar wie
der Tod selbst, so bleich und starr.
n dem Augenblick erlosch das
Li t.
Da warf sie sich an seine Brust und
klammerte sich fest — vom Schauer
geschüttelt.
Erst war es nicht zu ertragen; die
Finsternis empfand sich als dumpfer,
den ganzen Körper einpressender
Druck, der zu dem sinnlosesten Wider
stand zwang, zu nutzlosen Hilferusen,
Wüthen gegen das Gestein. mit "n
den und Füßen. zu endlosen or
wiirfen, die Zeit des Lichts nicht bes
ser zur Rettung benutzt zu haben.
»Ich hab dich halt verzagt gemacht
mit meiner Angst,« klagte sich Afra an.
Und Aldan schalt sich einen Feig
ling, der den Kopf verloren. Das Ende
war, daß sie sich gegenseitig trösteten.
Sie erzählten sich von ihrer Jugend,
Ihrer Liebe, von Anderl und Resl, als
ob nie ein Schatten darüber gefallen.
Nur immer dünner wurde dic Stimme
Afra3, zuletrt klang sie wie die eines
Kindes, und ihr Haupt sank von sei-»
ner Schulter in seinen Schooiz. —Er
schob den Arm unter ihr Haupt und
hob es dicht zu dem seinen, um we
nigjtensM ihren Athem zu fühlen.
ch Wctl lUul iux Um ern-iustit, c:
fühlte nur den Körper in seinem Arm,
den Athem, der ihn itreiste, das Leben,
das er in seinen Armen hielt, das er
nicht mehr trennen lonnte von dem
seinen.— Erst als er erneutes Po
chen über sich hörte, hob die Angst
wieder an, ein Schmerz in allen Glie
hern.
Lange, endlose Zeit! —- Plötzlich
rief der Anderlt »Alban!« Jedt packte
er ihn gar und schüttelte ihn-Da
erwachte er, riß die Augen auf-das
Licht brannte in seinem Zimmer, und
der Anderl stand wirklich vor ihm —
qroß war er wie ein Riese und ganz
schwarz.
»Was willst denn? Sie kann ja nix
dafür —wenns mich so gern hat«
«slban, komm doch zu dir.« Anderl
beugte sich über ihn. »Ich bin es,
der Anderli Jch hab mich durchgraben
zu dir. Die arme Asra!«
Da sah Alban in das weiße Antlitz
in seinem Schoosz, über das das Licht
der Laterne aautelte. —- Er wußte
wieder alles! Ein Mensch! Ein Licht
—.Vilse! Leben! Er schluchzte auf
wie ein Thier —- schrie, lachte und
tlammerte sich an Anderb
»Komm —- schau,' ries Anderh
»das- wir sie hinaufbringen — die
Leiter ist stei!«
»Da ’naus denni —- An die Sonn’i
—- Jch soll noch einmal die Sonn' —«
«Das kann ich dir sieht versprechen
—- der gebt nur in siesshs Zim
mer. — ber arbeiten thun sie fett
drei Tagen. —- Wenn wir noch zwei
aushalten können, sind wir e
sttet Matt-, All-am ei mtifsen o le
Kameraden oohl noch ärger leiden —
Zxrsk Underl sprech den Namen ties
W «
W
Sie lallte etwas und llamnierte stchi
auseine Arme. Und er fasthsiel und
schlitpste mit i r zur Leiter u ist-M
nach-es mu arhnf besahler
hier i der Tod« und keine
Stunde hattet ihr es ausgehalter.« —j
Inder ite es nach dreitag er
Arbeit mölåjrnch macht, durch
stehe Fehlt esEiue die Verbindung
mit lban herzu ellen. Er war mit
dein ersten Schlag über die Lag der
Berschütteten im tlaren; wenn er der
Richtung der Leiter folgte, mußte er
zu ihnen gelangen.
Bessh half wacker mit. Mit ihren
zarten händen schaffte sie das Mate
rial, den Rock als Korb benusend
in die höhe. Es war zum grbßten
Gliick nur loses Geröll, das Anderl
von Alban trennte, und die Richtung
gab die Leiter; sie war zwar da und
dort eingedrückt, verschoben, fehlte aber
i.ie ganz.
Seit gestern vernahm er allerdings
noch wie aus weiter Ferne die Arbeit
der Rettungsmannschast, die sich seit
wärts dem Zimmer näherte.
Bessy hatte leinen Augenblick den
Muth und die Hoffnung verloren.
Jbre Gewohnheit im »Zimmer'· für
sich uiid Andetl Thee zu tochen und
dort wiederholt förmlich Gesellschaft
abzuhalten. lam ihr jetzt zustatten.
Es fehlte nicht an Nahrungsvorra
then, die im Noihsall siir Tage reich
ten, die Quelle, die nicht verschüttet
war, bot Wasser —- Hilse mußte lom
men. Man wußte, dasz sie in der
Grube waren, und mußte sie hier
suchen.
Als dann das Wochen die Nähe von
Gefährten verrieth, da hattes( sie nur
noch den einen Gedanken, zu retten
zu helfen. Sie arbeitete sich diehände
bluti und erinuthigte AnderL wenn
er bei der Langsainleit des Vorwärtsi
tommens am Erfolg seiner Arbeit ver
«·.weiselte. Dabei machte sie die Haus
trau, lachte Thee in den Ruhepausen
und theilte die Nationen ein, nn-.
möglichst fiir die Befreiteii übrig zu
behalten.
Das mühselige Rettungswert lies;
src an die eigene Noth nicht mehr
denken. die ihr gering schien im Ver
gleich mit den Leiden, die die Unbe
tannten da unten erdulden mußten.
die wohl nicht die Liebe stärttr. Wer
sie wohl waren, wie viel noch außer
ihnen aualvvll litten in der schweigen
den Tiesel —
Es war der Mittag des dritten
Tages. Bessh lag aus dem Boden
isnd horchte athemlos in den schwarzen
Schlund, den Anderl hinabgestiegen:
tsas Licht, das er trug, senkte sich wie
ein langsam scllender Stern --—- plötz
lich verschwand er ganz. -—— Ein Ruf
tönte heraus, den sie nicht verstand —
rann wurde es ganz still. Jetzt faßte
sie die Angst um den Geliebten. Sie
rief seinen Namen hinab —- teine Ant
wart; schon war sie im Begriff, aus
rer Leiter nachzusteigen — da glaubte
sieStimmen zu vernehmen· Der Athem
stockte ihr —- der Gedanke, Menschen
zu sehen, Gerettete, iiberwöltigte sie.
Da erschien der Stern wieder. .Al
Pan Asra!" tönte es heraus. Der
Stern Lob sich zuckend Ein Aechzen
trie unter schwerer Last drang empor
-— die Stimme Anderls, der seine
Weisuner gab —--- eine andere, in der
sie die All-ans zu ertennen glaubte.
»Seht sie-« rief sie hinab. »Ja, sie
lebt!'· tönte es heraus. Bessh jubelte
laut. Eine innige Liebe ersaszte sie
zu dem armen Wesen, wie schon ein
mal aus der Weißalm, sie hatte das
dringende Gefühl, gufzumachen, was
hier verbrochen wurde.
Die Fahrt ging langsam in dem
engen Schlund —- jeder Schritt aus
warti war nicht nur mit äußerster
Anstrengung verbunden, sondern auch
mit Gefanr. Endlich unterschied sie
Anderl, der voranftiea. An feines
Brust gepreßt, erschien Asrag bleichesi
Gesicht. Bessy streckte den Arm auss
und empfing die Last. Afra lag ins
ihren Armen, erschöpft, die Augen ge-?
schlossen, aber lebend. Jm Augenblick
war sie auf dem Lager gebettet. Kein.
»Wort fiel; die beiden Männer, von
» Erde und Kohlrusz beschmutzt, triefend
Tnon Wasser, drückten sich schweigend
»die Hände. « Vor der Größe des Au
genblicks versank alles Geschehene.
Bessy war um Afra beschäftigt.
Ein Schluck Rum. ein geniißtes Tuch
nm die Stirn weckten ihr Bewußtsein.
Zwei große, nicht mehr irdische Augen
richteten sich aus Bessy mit dem Er
staunen eines erwachenden Kindes.
«Jch bin es, Bessy, und der Anderl
ist auch da —- und der All-an — alle
sind wir da —- und haben dich lieb-«
»Lieb!« wiederholte die Leidende
schwach. »Lieh!" Jhr Mund verzog
sich schmerzlich. »Der Anderl —'·
Anderl trat vor und ergriff ihre
hand· »Da bin ich, Afra!«
Ueber Afras Gesicht flog ein Lä
cheln. »Bist wirklich das Lang —
lang hab ich g’wart ——- beim Bräckl
—- rveißt —- jetzt steht es ja nimmer
—-das Briiell —- aber g'roart hab ich
doch. Der Rohrhach —- hörfi ihn? —
Wie ich nur so lang —in dern Ge
witter — das hat kracht —- dann-—
isr die Blonde kommen, waschnaß —
in meine Kammer — die Blonde —·
Ihre Stirn og sich kraus, ihre Au
gen schlossen list
«Die Betst-I erklärte Besfy, ,,die oir
fo viel Böses gethan, die dich auf den
Knieen um Vereihung hittet —- die
tich aus den Lände- tragen will —
ihr ganzes Le n lang.«
De erhob sich Aste ist-« sttich sil
das hear aus der Stirn nnd fa
My verwirrt an. »Weder Seel.
Dann fa sie sich urn und schüttelte
des .« »Is. wie teuren ich M
—der Underl -—der Man —- seit
fehlt nur noch die Rest —- und noch
einer —- der Schwarze —- netn — nur
ten net —« Sie schlug die Dände
oor das Gesicht und zitterte am an
zen Leib. »Den net —- den ne —«
dürfti« Afra klammerte sich an An
terl, der zunächst stand.
.Er tommt nicht, beruhige dich,
Afrai Das ist ja die Rettungsmanns
schaft. Nur einige Stunden, und wir
sehen die Sonne wieder."
»Die Sonn? Jch seh ja die Sonn»
— dort — siebft du sie denn net·i’
lleber dem hochooglit Bringt mich zur
Sonn! Nur einmal noch die Sonn«
—« flehte fie — dann schwand wieder
die Besinnung.
Die Männer trugen sie zum Lager
zurück. Jbre Brust erbob sich zitternd,
eine seltsame Veränderung ging in
ilfren Zügen vor, sie wurden tiefer.
wie von schweren Schatten belastet·
»Anderl! —- Die Sonn —- ich hab
so wenig davon g’babt —« Jhr Haupt
fiel zurück. Der, den sie oben den
Zsurchtbaren nennen, überflatterte
Afra mit erlösenden Schwingen.
Von außen bohrte und pochte unab
lässig das Leben, gierig, dem Tod die
reiche Beute zu entreißen.
JO.
Nobrbach glich einem zerstörten
Ameisenhaufen. Trotz aller ungünsti
sen Gerüchte, die seit langer Zeit über
die Grubenvetbältnifse gingen, war die
Katastropbe in der ungeheuren Aus
dehnung, die sie genommen, doch un
ertlärlich. Es war nur erwiesen, daß
der erfte Einsturz in Strecke 6 sich
vollzogen haben mußte. in der die
Verzimmerung in so unvorsichtiger
Weife entfernt worden war. Die Er
tchiitterung, die von da ausging,
mußte bei dem gewissenlosen Raubbau,
ter seit Jahren betrieben worden war,
sich in der ganzen Umgebung verbrei
tet und so das schreckliche Unglück
angerichtet haben.
Ueber den diretten Anlaß gingen die
verschiedensten abenteueriichften Ge
rüchte, in denen allen der Name Mel
hart die erfte Rolle spielte. Einige
Arbeiter hatten ibn kurz vorher noch
in Strecke 6 gesehen und wollten
einen brandigen Geruch bemerkt ba
lsen. Ein Geretteter gab mit Sicher
heit an, daß die erite Detonation ein
Dynamitfchuß war. Eine frisch ab
gebrannte Zündfchnur, die rnan aus
grub, gab diesem Bericht glaudlichen
Untergrund· Jm iibrien batte man
teine Zeit, weiter darüber nachzu
denken.
Vierzig Mann der Belegschast wa
ren bereits als Leichen oder arg der
stiimrnelt geborgen. Sechs Personen
waren heute, drei Tage nach der Ka
tastrophe, noch verschüttet. Darunter
zweifellos die Tochter des Lüdemann,.
Andreas Robrbacher und die Bewoh
ner des Thurmes, die färnmtlich fehl
ten. .
So groß auch die Erregung gegen
Lüdemann und die ganze Leitung des
Wertes war, augenblicklich trat fie vor
dein Rettungswert völlig in den hin
iergrund. Von Marbach selbst. das
irn hellen Aufruhr stand. iarn hilfe,
und in ganz Robrbach war tein
Mensch, der nicht mit pochendem Her
zen jeder Botschaft iauschte, die von
oben berab karn.
Der eine große Kamin war durch
die Erschiitterung des Bodens einge
fallen. fein gebrochener Schacht starrte
.in die Luft. Dach Schachtbaus zeigte
eine dedentliche Neigung gegen recht-,
überall in der Umgebung des Werkes
zeigten sich mächtige Erdrisfe und
Rutfchungem die wie offene Wunden
aus dem Grün der Umgebung starr
ten
Erde selbst hatte gerichtei. keinem
stand ein Urtheil zu. le erschütternds
iten wirkte die feierliche Ruhe im
Schachthaug, trotz der fieberhasten
Arbeit, die sich in der Grube vollzog.
Jm weiten Kreis saßen und standen j
im tiesen Schweigen Männer, Frauen, I
Kinder und harten des Fortgangs des l
Nettungowertes. das sich mit der Si
cherheit eines Uhrwerts abspielte, ohne«
jedes Leichen schwächlicher Erregung.
Nur onn und wann wurden ein
Schluck-sen laut, ein leises Wimmetm
tes Schmerzes, verzweifelte Erwar
tun , oder ein Weib trat ties gebeugt,
in hriinen ausgelöst aus dem Saal,
in dem die bereits geborgenen Leichen
» aus ebnhri waren.
; oher nahm diese Schnur tohlen
» beschmukter Männer im Grubentittel,
I woher nahmen diese Frauen, in arm
» selige Tücher gehüllt. von ihren Kin
tsern umringt, die tleinliche Sorge des
Lebens im Antlih, vertiimrnert und
verschiichtert, diesen hohen Muth, diese
vornehme Gelassenheiti Was hob sie
eus einmal heraus aus der gro en
satblosen Ebene der Massen. zu h« he
rem Menschenthum? Stieg das Wun
ier aus« der Tiefe dort aus« oder tam
es von oben? Oder blühte es out
ihrem eigenen Jnnern ousi War es
tie Liebe, die große Liebe, das Be
wußtsein des Einöseins in dem vielen,
des Mitleideni und Mitsreuens mit
allen, die da leben. in deni allein die
Lösung lie t all der roszen Fragen,
um die sie fest Generot onen vergebenj
tritten s— Do unten leiden Menscher-,
Genossen, sogen sie —- -— Und um
diese zitterte jedes herz. So ging
eine hohe Botschaft durch die Versen.
Ei war Nacht, die dritte Recht.
Kein Zweifel mehr. daß man niit Er
solg arbeitete. Die Bei-schütteten wo
ren in dem Zimmer Besshs und dem
Klopfen nach noch am Leben — bis
ou einen. —- .
I schwierigste Gestein, die Vor
sicht ,die anzuwenden wor, Inn nicht
Ernste-Z Schweigen herrschte. Die
i
W
fNachftttrze zu verursachen, der Man-.
el an Raum, batte die Nettungsarbeit
so verzögert; außerdem war nur von
Strecke vier in borizontalster Rich
tun nach abwärts beizukommen und
omt eine Mächtigleit von hundert
eter zu überwinden.
Je t ging die Arbeit ihre-in Ende
u. an konnte höchstens noch zebn
is zwanzig Meter entfernt sein, den
Klopflauten nach — und noch lebten
alle, die da unten verschüttet lagen —
bis auf eines.
Wer war dieser eine? Gewiß eins
der weiblichen Wesen, die sich darun
ter befinden mußten —- Besstl udek
AsraL Das arme. verlassenr. vom lin
gluck verfolgte Mädchen, das Gruben
miidchew und die vom Glück getraoene
Tochter des Liidemann, ausgewachsen
mitten im Sonnenschein des Lebens
verschmolzen jetzt ganz zu einem
Wesen in den Gedanken der Leute.
Und wie gering war doch der Unter
schied ihres bisherigen Lebens, der den
irdischen Augen so ungeheuer erschien,
im Verhältniss zu dem jetzt gemein
sam ertraaeneu Schicksal.
Jn der Halle vernahm nsan nur
die besehlende Stimme Lildernanns,
bar und tlar wie immer. Er leitete
die Rettunqsarbeit Zur Seite des
Förderlorbg stand die Velegichaft zur
Abtlösung der ermüdeten Genossen ke
rei .
Dicht aber vor dem Förderioro be
fanden sich zwei Männer, deren unge
störte Anwesenheit ausfallen mußte.
Der eine war der Rohrbacber der auf
seinen Stock gestützt, stundenlang m
die Tiefe starrte —- ein miider Greis.
den nur die Erregung der Stunde auf
den Beinen hielt. Der andere saß,
zusammengeiauert, den Kopf in den
Händen, regungslos auf einem eiser
nen Strebeballen des Jakderaerufts
Seit zwei Tagen und Izwei Nächten
saß er so da. Niemand hörte ibn ein
Matt sprechen niemand iab ihn essen
oder trinken. Eine Mütze mit weit
vorsprirmendem Schirm. mit schädi
gem Fuchspelz eingefasz verdeckte sein
Gesichb von dem man nur einen
schmutzig grauen, kurz gefchorenen
Bart sehen konnte.
Einen Tag nach dem Finsturz trut
de er zum erstenmal in Robrbach ge
sehen. Er soll noch dem Alban ge
fragt hoben. und als er die Auskunft
erhielt, daß der zu den noch immer
Vermifzken gehöre· fofort zum Rohr
bacher gegangen sein; der habe ihn
dann hierher gebracht und vom Sude
mann die Erlaubniß erwirkk.
Die Erklärung liefz licht lange auf
sicb warten: der Mann war ber«be
rüchtigte RosnermartL der Vater des
Albam und Robrbocber waren seine
Genossen, der Pankratz und sein rek
storbener Vater. "
u jeder andern Zeit hätte dieses
Gechelinifz alle Gemutber heftig er-J
regt, fehl sab man gelassen zu, wie
die beiden vor dem Schacht standen
und aus ihre Kinder warteten, die
da unten vielleicht schon ein gemein
sames Grab gefunden.
Der Rosnermartl war ganz plöt
lich ausgelaucht. Kein Mensch wußte,
wo er sich bisher aufgehalten, woher
er kam. l5r witterte wohl das Un
glück« bei dem fiir ihn immer etwas
abfiel.
Als er schon im Dorf vernommen.
da Alban sich bei den Verschittteken
be anv, w:.r er entschlossen. vom
Robrksacher Rechenschaft zu. fordern
über seinen Sohn. War er wirklich der
Grube zum Opfer gefallen, dann
sollte der Rohrbacher keine Schonung
er feig-m und wenn es auch sein eige
nes rberben galt, mit mußte er
wenigstens.
Mit schlimmen Gedanken betrat et
den Hos, die Stude, in der er swon
einmal Abrechnung gehalten. Da
stand er anstatt vor dem lltolirdaclier
vor einem in Thränen atssqelösten
Mädchen, das vor dem Herrqott in der
Ecke tniete und betete Als eS ihn sah,
sprang es aus und partie ihn wie eine
Tolle am Rock. »Er soll es nur sagen
was er zu dringen habe —— der Alban
ist todt — todt!'« Dabei brach sie in
Schluchzen aus und wars sch über den
Tisch
Der Rosner stutzte. »Wer bist denn
nacher du — daß du um so an arm
seligen Menschen weinst?·« fragte er.
Da sah sie ihn ganz wild an. »Anm
selig? Armsetig Was srag i da
darnach!-- »Aber zu wem red i denn!
Wer bist denn? Wer schickt dich denn?«
fragte sie ganz unwillig.
»Hast vorn Rosnetniartl schon ge
hört?"
» R l den te sich zuriiet wie vor et
;toas ndt chem.
! «Braust net zu erschrecken! Der thut
l keinem Menschen mehr was.«
i »Was weißt du vom Albani Redi«
Taste Rest, sich fassend.
»Mir weiß i als daß er in der
Gruben unten ist, das andere möcht i
von deinem Vater erfahren. Der
Rodtbachet ist doch dein Banki«
Rest athmete erleichtert aus« »Was
gebaut mich denn so an. Der Vater
st oben im Wert. Geh 'naus und laß
mich-«
»Für-hieß rnich am End gar? Den
Vater vom Ali-an's Ja, sa dee bist
Das la t sich einmal nimmer· ändern.
Aber s u, wenn du ihn wirklich gern
hast« nat-her tannst ja mit mir au
anders sein« was du auch hört hats-i
von mir. —Wie heißt du gesian nach
hers«
Rest heiß i.«
aUnd du hast den Achan gerniidu
hast wirklich aus ihn g wart?«
Rest brach in einen neuen Thtsneni
steoni aus
ser Rpsner sa sie lange an der
sites zitterte in se net nd. Mache che,r
steil, gib asie ein gutes ort — Hilfst
MM
CI soll dein Schaden net n. —II
les löscht es aus —vtel, e l -—der
Vater wird es dir danlen. m Al
ban . ulieb.«
It l sah unter Thriinen auf den ge
beugten, verwitterten Mann. das
Mitleid stieg in ihr auf. »Was soll
i denn nacher sacknk
»Daß du rn r verzeihst, dern All-an
zulieb —- unserrn herrgott zulieb.«
»Was soll i dir denn verzeith J
weiß sa net —«
»Das Schlechteste, tvat du dir
dent’n lannst —- dai Schlimmste, was
ein Vater seinem Sohn anthun lann.
——Einmal muß ich’s hör’n, bevor i
stirb—und wenn du es net sagst,
sagt’ö leiner mehr.«
Die Stimme des Alten brach, sein
Haupt senlte sich noch tiefer. »Sit
mir die Hand und sag — i verzeih
dir —'« Er streckte ihr seine zitternde
Hand entgegen.
Sie besann sich einen Augenblick,
von neuern erfaßte te das Grauen vor
dem Menschen. ,, verzeih, was du
auch gethan haben magst, in Albans
Namen. der es vielleicht nimmer
tann.« Sie ergriff seine Hand.
Der Alte vreszte sie fest und stöhnte
auf, wie von einer schweren Last be
freitI »Tausendmal Dank! Das soll
s dich net reuen. Jetzt eh i ’naus und
T usart auf ihn. Kein ensch soll mich
tvertreib·n, und wenn i ihn noch ein
mal ersehen hab, todt oder lebendig,
iracher hal)t’sz Ruh vor mir, du, der
;Nohrbacher und der Alban, mit tei
!1-em Auq’ sollt ihr mich mehr sehn.«
;(kr wandte sich zum Gehen, sah sich
inoch einmal in der Stube um. —- »Da
lurinn müßt iljr euch die Treue schwö
» ren, das halten sie net aus« die bösen
Geister« Er wankte aegen die Thür.
»Dein Wort nehm i mit auf die Wan
derschast.«
» Rest sah ihm, alt ihren Platz ge
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Ulllllll, UUTO Ucls Ucllsllk Nam. El
schlug den Weg dern Wert zu ein. Urn
alles wäre sie init ihm gegangen, aber
vor dem entsetzlichen Loch. das in das
Grab Albans führte. hielt sie es noch
weniger aus· Lüdernann hatte sie
wiederholt gebeten, fern zu bleiben:
jede Beunruhigung der Leute müsse
vermieden werden. So beng sie sich
wieder aus ihren Beobachtungspasten
- an der Thür, von dein aus man alles
übersehen tonnte, was oben vor in .
Der Nofnermartl ließ sich ni t pp
leicht abweisen, als er die Förderhalle
betreten wollte. Aus den Lärm. der
darüber entstand. lam der Lüdenrann
selbst. Die Bestimmtheit, mit der die
ser Bettler aus seinem Willen bestand,
fiel ihrn aus
. Schluß sping
Vessiltautsaie Zolpslultä
Rio de Janeiro. Mit dein der De
putirtentaminer unterbreiteten und is
erster Lesung schon guigeheißenen Ent
wurf eines neuen Zolltoriss ist Brasis
lien nun eingestandenerrnaßen unter
die Schuyzällner gegangen. Von ei
gentlicher Zollpolitit hat bisher n« t
die Rede sein können. Mit wirt
schastlicher Kurzsichtigteit sind die bra
silianischen Staatsmänner noch aus
der Kolonialzeit her erblich belastet.
«Sie standen getreu zur altoortugiesis
schen Schule, die noch bis zu Anfang
ides vorigen Jahrhunderte jegliche in
kustrielle Initiative in Brasilien bei
Todesstrase verbot, das ungeheure
Land jeder sremden Einsuhr ängstlich
verschloß und den Artiteln, die Por
tugal selbst nicht produzirte, nur den
Weg über Lissabon nach Brasilien ge
statiete. heute noch heißt hier der
holländische Käse Queio do Reino und
der indische PsesserJtimanta do Reino
HUUO Psclllgcltb Co yllllc Man Vlc
"t.berseeischen Unterthanen im Wahne
; rroß gezogen, alles werde in der Me
ltropole gemacht. Unterm Raiserrerch
ltourde die fremde Waareneiniuhr zur
lunvetsiegbaren Einnahmequelle und
ob Freund oder Feind, was Einlaß
begehrte, mußte bezahlen. Erst der
diepudlit sollte es vorbehalten sein,
das Zollwesen in andere Bahnen zu
lenken. Aug dem Jahre 1900 datiren
die ersten schüchternen Versuche einer
Handelspolitit. Der Regierung war
rnit Gesetz dont November 1889 ein
Kampftarif in die band gegeben wor
den, der die gewöhnlichen Anläye ein
fach verdoppeltr. Der erste Ausfall
galt Frantreich und Italien, die denn
auch durch die Androhung des Ma i
maltariss sich bewegen ließen, ihre
enormen Eingang-Halle aus Kasse urn
10 Francs zu reduziren. Portugal
und Uruguan drohte man damals.
daß, wenn noch fernerhin ihr Erport
nach Brasilien größer bleibe als ihr
Jmport aus Brafilien. auch ihnen-Ege
geniiber der Maximaltarif zur -
Irendung kommen werdet hier blieb
ei- zwar bei der Drohung, zeigt aber,
wie in Brasilien vor vier Jahren noch
handelspolitit getrieben wurde.
Das soll nun anders werden. Mit
den für das lausende ahr den Ver
einigten Staaten gewii rten Vorzugs
zisllen ist Brasilien aus seiner handels.
politischen Zuriickgez enheit heraus
getreterr. Mit Arge-it nien sind Ver
handlungen im Gange über Begünsti-·
gungen des Matethees, brasilianisrhen
Ursprungs, und von Portu, al werben
Vorzug-solle fiir den bratlianiches
Zueter zu erlangen gesucht. Der It
wurf zum neuen Zolltaris soll erstei
gentlteh die Grundlage bieten sitt eine
zielbewußtere Zollpalitit. Durch Be
punstigung der stehst-esse und Bela
ung der fertigen Artitel oll er iß
heimische Industrie zu gr rer Tut
wialung anstatt-arm zugleich aber auch
roch Raum siir ndeliverträ zu
Gunsten brasilia eher Aus spri
bulte lasen