Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 15, 1904, Zweiter Theil, Image 9

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    Such« ntckyt das Glitt Ei lornntt von
selbst gezogen
Wte Nachts der Strahl vom lichten
Sternenbogen,
So wie der An ngt Blüthendust und
— ra t-—
Es kommt das Glück nur, wenn Du's
nicht aedacht,
Ei läßt sich nicht erfehnen, nicht er
bitten,
Naht ringt-ahnt, mit unhörbaren
Schritten,
Und dies mit Ungeduld gerufen und
erharrtem ’
Die — läßt es warten.
W
Als er wiederkam !
Stizze von E. F a h r o w.
Die Ferien standen vor der Thür.
Fräulein Marie Fischer, die eine
Privatfchnle hatte, fühlte nicht weni
ger, als ihre erste Klasse, daß es mit
der Spannkraft des Lernens und Leb-s
rens vorbei war.
»Wir haben also qesekyen,« sagte sie,
»daß auch die Namen unserer Kirchen
feste zum großen Theil nicht deutschen
Ursprungs sind. Pfingsten z. B.
kommt von »Penteloste«, fünfzig, aus
dem Griechischen — es wird fünfzig
Tage nach Ostern gefeiert wieder
holen Sie, tflli.«
Der älteste der fünfzehn Backsische
erhob sich:
»Pfingsten, von Pentetoste herstam
mend ach, Fräulein wie schön ist
es heut draußen-"
,,Elli, seien Sie doch ein tleineiz biß
chen vernünftiger! Jch werde der
ganzen Klasse einen Tadel einfchreicen
müssen, wenn Sie nicht vernünftiger
werden!«
Darauf fünfzehnstimminer Chor:
»Ach Fräuleins«
»Es ist mein Ernst! Anstatt in den
letzten Stunden vor oen Ferien auf
mertfam zu fein, benehinen Sie sich
,—...
lUlc clcuic ITUUKH
»Er-armer ich doch bloß einmal im
Jahr!« murmelte Liefe, Elli’s Zwil
lingsschwester. '
»Soll das ein Argument fein? Wie
tann ein Mädchen, das auf moderner
höhe stehen will, so einen Einwurf
machen!"
Da ein versteckte-H Lächeln bei diesen
Worten um den hübschen Mund der
Lehrerin zuste, stürzte die ganze erste
Bank heraus und auf das Katheder zu.
»Fräulein. Sie sind zu himmlisch!
Verlangen iSie doch bloß jetzt nichts
Uebermenschliches von uns! Sehen
Sie doch, wie draußen die Sonne
scheint! Seien Sie süß, Fräulein,
und lassen Sie siir heut’ den Unter
ticht erschließen — erzählen Sie uns
lieber was!'«
Marie Fischer erhob sich und klopfte
mit dem Lineal aus das Katheden
»Auf die Plätze!« tommandirte sie.
.R———r——-uhe! Wer sich jetzt noch rührt,
bekommt eine Stunde Arrest! Und
jetzt will ich Jhnen etwas sagen: Ich
lade Sie sämmtlich zu Sonnabend
Nachmittag zum Gartentasfee ein.«
Der Jubel, der loibrach, war einer
Horde junger Jndianer würdig. Zu
gleich ertönte jedoch draußen die Glocke
zum Stundenschluß, und mit einem
Lachen der Erleichterung erhob sich die
Lehrerin.
»Als-v, am Sonnabend auf Wieder
xæenk sagte sie. »Jeder- männliche
sen ist selbstverständlich überhaupt
ausgeschlossen. Adieu!«
Ellie und Liesc, Mieze, Martha,
Grete und alle die übrigen waren wie
e.-»..r,« St- »kl- frbmiikmten in für
Fräulein Fischer und das will bei
fünfzehn Backsischen etwas sagen.
Fräulein Fischer’s Garten! Dieser
himmlische, alte Garten weit draußen,
wo noch steinerne Urnen und wunder
liche Hecken aus dem 18. Jahrhundert
standen ·...!
Der alte Herr Gelkeimrath Fischer,
dessen einzige Tochter Marie gewesen,
hatte ihr Dieses Linn-seien als letztes
Erbtheil hinterlassen. Sein Baarvers
Inöaen hatte der Liebling Georg, Der
Leutnant, verschlunczen Aber oaiiir
war Marie auch- wie der alte Herr zu
sagen pflegte« »ein ganzer Mann!«
Sie hatte ihr Lehrerinnenexamen gez
rnacht und gerade zur rechten Zeit ihre
Anstellun an der Schule bekommen
Dann arb der alte herr, der be:
scheiden von seiner Pension in der llei
nen Stadt so vor sich hingelebt hatte
—und Marie stand allein. "
Sie hätten ganz glücklich iein tön
nen, wenn ---—ja, wenn da nicht zwei
Dinge gewesen wären· die sie an voll
toinmenem Glück hinderten. Erstens
rserbitterte ihr der Gedanle an den
Bruder das Leben. Er hatte den
Dienst quittirt und lebte irgendwo in
Amerita herum. Und dann war da
noch etwas anderes —- eine Erinne
rung, ein Bild, das siie nicht vergessen
konnte.
«Mart Süderssen.«
Dieser Name schloß sür sie alles
Leid und auch alles Licht in der Welt
U. .
Mart Süderssen war Mariae-Of
fizieh Ein holiteiner von echtem
nnd Korn, ein blondee Hüne
mit treuherzigem tornblauenblauen
Au en.
It hakt- einst Bruder Georg als
Besuch mit unter das väterliche Dach
kbkscht Und acht helle Sommertage
atte er dort versehn
O Marie, deutsi du noch an den
RVIUB beim Abschiedf Dentit Du
« an den zitterndes Ton, mildern
Yebraska
Staats- Zu riger Und Yrrold
J. P. Wind-sph, Herausgehen Grund Island. Nebe» 1.-"). Juli 1904. ( Zweiter Theil) Jahrgang 24 No. 46.
i
er murmelte: »Ich lomme wieder!
Wenn es auch lange dauert, ich lomme
wieder! Vergessen Sie inzwischen den
armen Seemann nicht!«
Nein, sie halte ihn nicht vergessen.
Aber Jahr für Jahr war in’s Land
gegangen, und sie hatte nie wieder
etwas von Mart Süderssen gehört.
Nun war sie sechsundzwanzig Jahre
alt, und die Hoffnung war langsam
in ihr eingeschlafen.
Jedesmal aber, wenn die Rosen
blühten, ward ihr beklommen und
sehnsüchtig zu Muthe. Dann stand sie
in ihrem Garten, hörte die Nachtigal
len schlagen und hätte alle Blumen
cbpflüclen und hinwerfen mögen auf
die Stelle, wo das Reis ihrer Liebe
entsprungen war, um so unausrotthar
und hoch empor zu wachsen!
Und jedesmal um diese Zeit ver
schaffte sie sich dann eine äußerliche
Zerstreuung, eine kleine Reise oder
dergleichen, um nur nicht gar zu ein
sam zu sein. ·
Diesmal also würde dag junge Voll
kommen. Das war etwas, worauf sich
Marie wirklich freute. Diese frischen,
fröhlichen Kleinstadt--Baclfische, dieso
grundverschieden waren von ihren
großstädtischen Altersgenossen, hatte
sie gern um sich.
Jn dem Ahorngange, der vom Hause
zur arofien Laube führte. war der
"Rasseetisch gedeckt, ein blüthentveißer
Tisch, mit einem herrlichen Tischläuser
daraus, den einmal ein anderer ,,Jahr
gang« der ersten Klasse gestickt hatte.
Bündel vonNosen lagen aus jedem
Platze.
Und bald saßen sie vor ihren ge«
mallen Tassen. die jungen, lieben Ge
stalten mit ihren slimmernden golde
nen und schweren dunklen Zöpsen, mit
glühenden Wangen und glänzenden
Augen.
Ei, wie es blühte ringsum! und wie
die Stimmen schwirrtent Wie nach
der erften Besangenheit die iterteit
wuchs, und wie bald der un chuldige
Uebermuth durchbrach!
,,Fräulein, Ihr Haus und Jhr Gar-.
tcn sind wie aus einem Märchen! Fehlt
nur noch der Prinz!«
s ·»?lch ja. ein Prinz müßte noch hier
em."
»Unstnn, Fräulein ist viel zu schade
siir einen Mann!«
»Wenn er sehr groß und sehr schön
ist, ging es allensallsl«
»Blond müßte er sein!«
»Ja, und einen ipiyen Vollbart
haben » ach, Fräulein, Sie lächeln
so! Sie haben gewiß einen!«
»Aber Kinder! Wie furchtbar uns
passend!« lachte Marie.
»Nein, nein, es ist nicht unpassend
—--- wir sind doch schon große Mäd
chen2se
Marie rettete sich in’s Haus. um
einen neuen Kuchenberg herbeizuholen
Der helle Mädchenchor zwitscherte wei
tr durcheinander --—-plötzlich aber ver
flu te jeder Laut.
Kam Gartenthor her näherte sich
jemand Hein Fremder in einer hüb
schen, tleidsamen Unifornr. Erstutzte,
fass ck vie vieren hellen Gestatten sah.
Dann slog ein Lächeln iiber iein Ge
s sieht und er trat mnthig näher.
I »Warst Iag, meine Damen: um«
) schnldigen Sie, wenn ich hier ein feier
lich-es Konvivium störe, aber ich bin
doch hier recht bei Fräulein Fischer?«
»Der Prinz!« flüsterte Elli ihrer
Nachbarin zu.
Liese ermannte sich und erhob sich
ein irgenigi
»Fröulein Fischer wird gleich wie
dertonimen, bitte nehmen Sie doch so
lange Platz!«
Das liesz sich der Fremde nicht zwei
mal saaen. Er setzte sich in respektvol
ler Entfernung aus die Bank und
sragtet
»Wind hier irgend ein Fest gefeiert?
Jch möchte nicht gern ftören."
»O nein, Sie stören nicht!" sagte
mit beflissener Höflichkeit Mien. »Wir
gehen auch bald wieder. Fräulein hat
uns blaß zum Kaffee eingeladen, sie
sagt, sonst hätte sie gar keine Verwen
dung siir ihre Rosen.«
»So! Lebt denn das Fräulein so
einsam?«
»Ach, einsam kann man nicht sagen
— sie geht doch alle Tage in dieSrhule,
und außerdem liebt sie jeder einzelne
Mensch, der sie kenntW aber Besuch,
was man so Verkehr nennt, hat sie
nie.«'
»Dann ist sie gewiß gar nicht mehr
so fröhlich wie früher?«
Mhaben Sie sie denn früher ge
lannt?«
»Za, ein wenig.«
« ann werden Sie sie ganz unver
ändert sinden! Sie ist immer guter
Laune — überhaupt einfach ein En
ge .«
»Ja. ein Engell« wiederholte der
Chor-.
Vom hause her erschallten leichte
Schritte. Und seht begab sieh etwas
Wunderbares —- der große Ossizier
wurde dunkelroth und sagte:
»Bitte, zeigen Sie mir irgend ein
Versteck -—— ich möchte Jhr Fräulein
nxgt erschrecken, sie erwartet mich
n t.««
Das war ein Gaudium fiir das
jung Bolti
» ort, dort durch den Taxusgang
in’s Haus! Sie kann Sie noch nicht
sehen —-- wir halten sie einen Augen
blick aus . . .«
Marie wunderte sich, daß ihre Gäste
plötzlich alle durcheinander flatterten.
»Was aben Sie denn?« rief sie
lachend. » « ie sind ja ganz aufgeregt!«
»Ja, Fräulein, denken Sie bloß —
fs ist auch etwas sehr Schönes pas
irt.«
»Was denn? Jst der Prinz gekom
men und hat eine von Ihnen entführt?
Aber nein, ich sehe, Sie sind ja noch
alle da.«
»Wie Sie rathen können. Fräuleins
Es war wirklich einer da! Und er ist
jetzt in’s Haus gegangen! Und et ist
wunderschön, Fräulein —- und es ift
ein Ajiarinirter!«
»Mein Gott!« sagte Marie. Und sie
schwankte, daß sie sich setzen mußte.
Vom Hause her lam jetzt mit einem
wichtigen Gesicht die alte, langjährige
Dienerin.
,,Fräulein, es ist Besuch da --—-k·o"n
uen Sie nicht ’mal einen Augenblick
hereinkomnien?«
Aug dem Augenblick wurde eine
halbe Stunde.
Und endlich schlug Elli. die Aeltefte.
vor, man möchte still nach Hause gehen.
»Es ist ohnehin Zeit, beinah’ sieben
Uhr —- und es schickt sich doch
nicht, daß wir eine Verlobung stören.«
Die anderen schrieen auf. »Eine
Berlobungl Elli, glaubst dn wirklich?«
»Na, natürlich! Auf so etwas ver-—
stehe ich mich! Es ist übrigens ’ne Ge:
meinheit, dasz wir nun Unser einziges.
ciiszekt Mariechen verlieren!«
Die jungen Mädchen flatterten
durcheinander, wie eine Vogelschaar·
Aber iie gingen wirklich nach Hause.
»Du, Ellie," fragte Mieze, »wenn er
sie heirathet, wirder sie wohl wirklich
mit sich wegnehmen?« «
»Ja, « sagte Elli achselzuckend, das
wird wohl so kommen —— die Männer
thun es doch nun mal nicht anders-—
die sind ja immer so komisch!« »s
; Und Elli behielt recht —-— Mark Sil
derssen war ebenso komisch wie alle
Männer —— er nahm seine Marie mit
fort in das eigene Nest.
Wer erfchoß ihn?
Von Max Thielert
»Das weiß ich gewiß,« sagte der
Justizrath, »dem, der mich auf der
Treibjagd anfchiefzt, brenne ich eine
Ladung in die Magengegend, das-, ihm
fein Leben vergällt ist. Wer nicht mit
den Waffen umzugehen versteht, soll
die Jägerei lassen, und wer nicht bin
sieht, wo er hinschießen will, den soll
der Teufel holen.« Und dabei sah der
»sonst so joviale Justizralh äußerst
Tririmmig auf die verschiedenen jungen
Getichtsreferendare und Offiziere, die
ev su- fwn owns-n Aintsikoihinahon ein
eingeladen hatte.
Wenn das Treiben in dem sei-»re
nannten »Wurschttessel«, einem ganz
verzwiclten Hügelgelände, angetan-at
war, hielt der Justizratls daraus, daf-,
nnr ersahrene Jäger nnd sirtnsre
Schützen die Umgebung mitrnartdten
und an dem Birlenbusch Stellung
nahmen.
Unter den Bevorzuaten befand sich
diesmal ein Forstreserendar, der alter
s dingg trotz seines Beruseg der heutiaen
»Jagd lein allzugroszees Interesse almii
saewinnen schien. Er war zerstreut
’und schoß unansineelsam nnd schlecht
Etwas ganz Anderes mußte ihn le
schäftigen, und nisr ab und zn zeiate
ein sicherer Tresser auf eine weite lsnt
sernung seine Geschicklichkeit in der
Handhabung der Wasse.
I Ja dem Augenblick, ais der Justi;
I ratb etwas später als die anderen nnd
ietwas hinter der Linie vorsichtig nach
Lseiner Art iiber dem Hiiaelrand ans
;tanchte, schoß der Forstreserendar in
seiner Richtung aus einen Hasen. Cis
war möglich, daß er den Juriiten
übersehen hatte, oder aber, dass er von
.seinem Standort aus seiner Sache fo
sabsolnt sicher war, daß er glaubte. es
« wagen zu können Das Wild blieb im
Feuer. aber der ausspritzende Sand
mochte wohl den Justizrath zu dem in
solchen Momenten begreiflichen Jer
tbum veranlassen, man habe ihn ge
trossm
Das Spiel mit Worten ist gefähr
lich, man wiederholt etwas so lange,
this man nachher unwillkürlich und
vielleicht ganz gegen seine eigentliche
Absicht handelt. Und so riß der Ju
stizrath, einem fast unertliitlichen
Zwange folgend, in halber Geistes
abwesenheit die Flinte von der Schul
ter, und der Schuß ging los.
. Der Forstreserendar wars die Arme
rn die Lust und brach an dem Birken
busch zusammen. Als der Justizrath
ganz erschüttert aus ihn zulies und ihn
ausriehtete, sah ihm der junge Mann
ernst in das tief betiimmerte Gesicht
und schüttelte mit letzter Kraft den
Kopf. Und dabei blickte er in der
Richtung des Schützen, der neben dem
Justizrath gegangen war. Dann sant
er leblos zurück, die Ladung hatte ihn!
in die Brust und die Stirn getroffen. !
Eine Ungeheure Aufregung bemäch
tigte sich der Jagdgesellschaft. Beide,
der Justizrath und der Forstreserendar
hinkt Werner, waren so beliebt, daß
man ihr Schicksal wie ein eigenes em
Psand. Erst nach nnd nach, als man
ruhiger geworden war, kam man zu
einer genaueren Prüfung der Um
stände.
,,Zwei Dinge,« sagte der Justizrath
zu dem Amtsrichter Knacksnsz, seinem
Freund, »sind mir sast 11nerklärlich.
Erstens könnte ich beschworen, daßich
die Mündung meiner Flinte in dem
Augenblick, als der Schuf-, logging,
noch nicht in der Höhe der Stirn des
armen Werner befunden hat, und
Zweitens glaube ich, oder vielmehr ich
habe die hattniictige und untriigliche
Erinnerung, daß er schon eine Se
Hunde vorher zusammenznckte, nicht
nor Schreck über meine Absicht, son
dern er zeichnete wie das Wild im
Neuen«
»Ich weiß- lieber Freund,« suhr er
du
Häk- snpe - du«-so s»« c:»s« -n»
» --I-··, »O »U- ns, »u- »u» uuws
Täuschungen Jch habe ja auch das
Wort vergessen, das ich dem Opfer
meiner Fahrliissigkeit noch zugerusen
haben soll. Und doch! Wenn einer so
jwie ich jedem Schimmer einer noch so
l undeutlichen Erinnerung nachgegangen
sist und immer wieder aus diese zwei
llnmöglichleiten stößt, so muß er eben
»an Unzurechnunggsähigteit bei klaren
; Zinnen glauben. Jch werde meine
Strafe verbiißen und jeden Glauben
an Wahrnehmungen und Urtheil ver
lieren. Mir ist jetzt schon so, als
müßte ich wahnsinnig werden!«
»Frau Rittergutsbesitzer Lang
hans!« meldete der Bureauoorsteher.
»Sie bittet, den Justizrath in einer
dringenden Angelegenheit sprechen zu
türsen.«
Die beiden Freunde sahen sich an,
»als tasteten sie beide nach derselben
i Idee.
i .,Adieu!« sagte der Amte-richter, »ich
komme wiede»r.«
Ueber die Schwelle trat eine junge
Frau in schwarzem Kleide und von
nicht gewöhnlicher Schönheit. Schwei
gend nahm sie in einem Sessel Platz.
»Ich glaube zu ahnen, gnädige
Frau, weshalb Sie mich aussuchen, «
sagte der Justizrath nach einer Weile.
»So wird es mir leichter werden, zu
sprechen,« sagte sie. Verstehen Sie
wohl, es ist nicht eine Gewißheit, die
ich Ihnen bringe, sondern eine Spur,
die mir vielleicht zur Freiheit ver
hilfst« Die junge Frau athmete tief
au .
»Nein Mensch weiß oder ahnt es,
wie unglücklich meine Ehe ist. Jch kann
Jhnen auch hier und jetzt nicht erklä
ren, wie das alles gekommen ist. Viel
Diebs bin irb mir her main-n Ernst
losigteit meines Lebens auch erst seit
lurzer Zeit so recht bewußt«
»Seit der Forstreferendar Werner
bei Jhnen verkehrte, gnädige Franz-«
fragte der Justizrath ganz leise.
»Ich schwöreJhnen,« sagte die junge
Frau erregt, ,,e5 ist niemals zu einer
Erklärung zwischen uns gelormnen.
Wir haben uns niemals auch nur einen
Augenblick vergessen!
Hören Sie mich an, Herr Justiz
rath. Lange bevor ich Werner kennen
lernte, habe ich mich vonriieineiiiYJtarine
gurürtgezogen Ob das der Grund fiir
Hdas Wiederhervorvrechen seines säh
zorneg und seiner —-- Neigaung zum
-Trinten und seiner nur mühsam ver
steckten Rohheit seiner Sinne war, ver
mag ich nicht zu sagen. steine Frau
würde das ertragen, was ich von ihm
sei-fahren inuszte.« Sie schwieg wieder
seine Weile. »An dem Morgen der
angd lam er nach dem Frühstück, an
Idem ich wegen Unwohlsein nicht theil
Egenonunen hatte, kurz vor dem Aus
«k-ruch noch einmal in mein Zimmer.
sEr hatte wieder viel getrunken und
lverletzte mich durch die widerliche Art
zseiner Zärtlichkeit Als ich ihn wie
limmer in der letzten Zeit empört zu
sriietwie5, sagte er plötzlich ganz kalt
H und unvermittelt: »Ich wundere mich,
sdaß du heute bei dem Frühstück nicht
szugegen sein wolltest. Deine stille
sLiebe der Herr Forstreserendar, ist ja
auch von der Partie.«
Und alsich immer noch ganz ent
ssetzt und betroffen über seine Wissen
»schaft schwieg, fügte er hinzu: »Du
ihättest gleich Abschied nehmen sollen,
Iwir wollen dem Spiel ein Ende ma
schen. So oder so.« Dann nickte er
s noch einmal wie nachstnnend und ging
"hinunter zu den anderen.
l Am Nachmittag hörte ich dann von
dem Unglück. Jch konnte und kann
»es heute noch nicht glauben, daß Sie
es gewesen sind, der den tödtlichen
Schuß abgegeben hat. Und wenn ich
jetzt meinen Mann wie geistesabwiesend
in die Lust starren sehe, als ob ihn
der Geist des Todten rächend um
schwebt, wenn er Abends auffährt und
es ihn ruhelos umhertreibt, wenn ich
die ganze Veränderung seines Wesens
beobachtete, habe ich die Gewißheit
eines entsetzlichen Geheimnisses. Hel
sen Sie mir, rathen Sie mir, Herr
Justizrath, ich kann nicht mehr anders
denken, er hat ihn erschossen.«
,,Beruhigen Sie sich, gnädigeFrau!«
sagte der Justizrath und faßte ihre
Hände, »hier ist allerdings eine Mög
lichleit für uns beide. Jch habe es
gedacht, daß Sie uns die Erlösung
von einem schweren Fluch bringen.
Datum sah mich also der Sterbende
so an und schüttelte in einer anderen
Richtung den stopf.
Ihr Mann ging neben rnir in die
Linie. Er hörte mein böses Wort
ijber den unvorsichtigen Schützen, er
sah mich die Flinte an die Schulter
reißen und schoß aus Weiner. Jch
weiß jeßt gewiß, daß meine unwillliir::
liche Bewegung diesem nicht den Tod
brachte. Sie haben wohl eine richtige
Ahnung gehabt, gnädige Frau.
Aber nun,« fuhr er nachsinnend fort,
,,wie bringen wir ihn zu einem Ge
ständniß? Durch eine offene Anklage?
Das wird nichts helfen.«
,,Lassen Sie uns,« sprach er nach
einer Weile, »etwas ganz Absonder
liches versuchen. Fuhren wir nun zu
Jhnen hinaus, es wird Abend, und
man sagt, daß dann Mörder willen
loser und schwächer sind, als sonst»
Jch weiß noch nicht, wie ich eg anstel-«
len werde, aber es ist möglich, daß
wir schon heute einen Erfolg haben.
Wenn nicht, wollen wir weiter sehen.«
Als der Justizrath in das Zimmer
des Gutsherrn trat, war es fast dun
kel. Er starrte betroffen auf die herein
tommende Gestalt, die lautlos durch
die Vorhänge der Thiir ging und dort
stehen blieb. Dann sprang er erschreckt
empor, seine Augen sorschten und such
ten, er wagte wie in einer Erstarrung
sich nicht zu rühren. Da sagte der Ju
stizrath ganz ilanglog und leise:
»Weghalb haben Sie ihn erschuf
sen?«
Aug der Brust des aufhorchenden
Mannes kam es wie ein Athemzug der
Erleichterung, endlich sprechen zu kön
nen: »Ich weiß es nicht, es war ein
günstiger Augenblick, und er war mir
immer bei meiner Frau im Wege.«
»Ich verhafte Sie unter dem drin
genden Verdacht des Mordes an dem
Forstreferendar Kurt Werner!« sprach
der Beamte, der hinter dem Justizrath
zwischen den Vorhängen hervortrat.
,,Pathologischer Mensch!« meint der
Sanitätgrath »Die Unberechenbarkeit
der Stimmungen der ,,Potatores«. Er
schießt, verräth sich, ich habe ihn nie
siir normal gehalten. Man sollte ihn
in einer Heilanstalt unterbringen.«
»Die Gerechtigkeit schläft nie!«
sprach der Staatsanwalt »Wir fassen
schon die Verbrecher.«
»Manchinal spät,« spottete der uni:
tiert«-esseriik·be Amt-tiefster h» ein
Skevtiter war.
»6.herchez la sen1n1e!« sagte der
Schriftsteller und glaubte etwas ganz
besonders Geistreiches gesagt zu haben.
— .. - --—· -.——--«
Rade-l, F der end Schwert.
Gegen die Männer der Rade-l hat
die Welt bekanntlich ein Vorurtheil
Vielleicht iommt es daher, das-, die
Schneider zu den unentbehrlichen am
meisten beanspruchien Leuten gehören
« wenigstens in der Kulturweit »
und da der Kultnrmensch im Allge
meinen as Bezahlen der Rechnungen
als eine recht unangenehme Seite der
Cinilisation empfindet. Wie dem
aber auch sei, gegen die Männer der
Radel herrscht namentlich in Bezie«
hung auf Tapferkeit ein VorurtheiL
zu dessen Widerlegung man darauf
hinweisen tönnte, das; gerade aug den
Reihen der Schneider inertwiirdin
tanfere Männer hervorgegangen sind.
Als Ludwig thh die Uebergatse von
Straßburg verlangte, war eg- allein
die dortige SchneiderzunfL die auf
Gegenwehr bestand und das Wort
,,Lieber sterben, als sich ergeben« in
die Menge warf. Jn England rekru
tirte sich das (7l!iot’fehe Regiment
leichter Reiterei fast ausschließlich aus
den Angehörigen des Schneiderhands
werts, Edniard der Dritte machte
zwei wegen ihrer Tapferkeit undRauss
lust geradezu beriichtigte Schneiderw
sellen — Ralph Blackwell und John
Hawkwood — zu Rittern, und einer
der berühmtesten Feldherrem Derffi
linger, hat seine Laufbahn als Schnei
der begonnen. Nicht weniger »Schnei
digteit« bewiesen die Schneider aber
auch in anderen Berufsarten oder
durch ihr Eintreten für religiöse oder
politsche Ueberzeugungen. Man denke
z. B. an den Wiedertäuser Johann
von Lenden oder an den Schneider
Thomas Woolmann inRew Jersey,
der zuerst für die Abscha un der
Sklaverei eintrat und in und
Schrift eine eifrige A ttation fltr seine
Jdoen betrieb. Au der ungartfche
Asienreisende Bamberh, der durch die
tolllühne Art, wie er allein, als Der
tvisch verkleidset, sich in die bis dahin
den Europäern verschlossen gebliebe
nen Gebiete Jnnerasiens wagte, die
Welt überraschte, hat als Schneider
HHWL . Pf
« -.--«.sq»-H.,-—«W- s«i-.k.qp:cw»tcx — »
begonnen. Vambery ist bekanntlich
auch ein ausgezeichneter Schriftsteller
und das führt uns auf die Schneider,
welche die Nabel mit der Feder ver
tauscht haben. Wir nennen Jung
Stilling, den englischen Historiker
John Speed, den Alterthumsforscher
John Stowe und aus der Gegenwart
Rofeggser. Endlich sei auch noch er
wiihnt, daß einer der »schn«eidigsten«
Schauspieler der Gegenwart, der vor
keiner Rolle zurückschreckt, und selbst
noch als Siebzigjahriger aus Gast
spielrseisen in Amerika den Lear zwei
mal an einem Tag-e gespielt hat, in
jungen Jahren Schneidergefelle war.
Es ist Sonnenthal.
W
»Dolns.«
Ein Bauer aus Frechen bei Köln
führte bei dem Obserlandesgericht einen
Prozeß wegen Auflösung eines Kauf
geschästg. Er verlor ihn, da nachge
wiesen wurde, das; er seinen Vertrags
gegner bei dem Kausabschluß durch
Verfchweigen wesentlicherslltängel arg
listig getäuscht hatte. Beim Lesen des
schriftlichen Urtheilz das dem Bäuer
lein von seinem Anwalt zugesandt
wurde, war ihm die häufige Erwäh
nung des »Dolug« höchst auffällig, der
wohl, wie er herausfand, für die Ent
scheidung ausschlaggebend gewiesen
sein mußte. Daß er selbst diesen
Dolug geschaffen hatte, davon ahnte er
freilich nichtg. lfr glaubte vielmehr,
daß der Dolus ein Zeuge sei, der un
T günstig fiir ihn aucaesaat und dadurch
den schlechten Augglang des Prozesses
herbeigeführt halte. »Diesen Dolus,
den Schutt, will ich meineidig ma
chen,« so äußerte er sich zu einem ihm
befreundeten Nachbar. Gesagt, ge
than. Mit der ausgesprochenen Ab
sicht, den Dolus bei der Staatgnwalt
schaft wean Meinede zur Anzeige zu
bringen, betrat er das Kölner Justiz
nositho »Dion tret-s of Rot-n erst-n ZYIM
--------------- --I- v»
begegnenden Gerichtgdiener sein An
lieaen vor und dieser, ein Witzbold,
verwies ilm an die zuständige Stelle,
nämlich die Anmelkestube der Staats
anwaltschast. Hier wurde das Bäuer
lein auf seinen Jrrthum aufmerksam
gemacht und belehrt, daß der böse Do
lug der brave Landmann selbst sei.
Grollend zog er sich hierauf mit den
Worten zurück »Die Höre dätie och
besser, sie schriebe dütsch, damit die«
Bote et och oerstonn. « —- Und damit
hatte der Bauer offenbar gegen seine
Richter recht
—
» Euren vor Gericht.
i Jm »Louisville Herold« wird er
izählh wie ein Former, welcher einen
sMann wegen Entendiebstahls verklagt
hatte-, den Vertheidiger des letzteren
gründlich abführte.
»Sind Sie sicher, daß diese Enten
die Ihrigen waren?« fragte der An
walt.
»O ja, ganz sicher, ich könnte sie
jederzeit wiedererkennen,« antwortete
der Farmer, indem er auf eine genaue
Beschreibung seines Gesliigels und die
besonderen Kennzeichen desselben ein
sung
».1ber die sehen ja gerade so aus
wie andere Enten, « bemerkte der An
walt. »Ich selbst habe welche in mei
nem Hof, auf welche Ihre Beschrei
bung paßt.«
»Das ist nicht unmöglich, « erwiderte
schlagfertig der Farrner. »Es sind
mir in den letzten Wochen noch mehr
Enten gestohlen worden «
?
t
W
Vers-lügt -
Dichter Trauerfloß: »Ach. Arnalie,
endlich weiß ich, wo meine Brille ge
blieben ist, die liegt in dem Manuskript
Des Tlnatersiiiriek das ich gestern an
den Direktor Wimmer gesandt habe.«
Seine Frau: »Na, da bekommst Du
sie ja bald zuriiek!«
Dunkle Antwort.
Richter: »Angeklagter, seien Sie
’mal aufrichtig. Hat das Fenster, durch
das Sie einstiegen, offengesianden oder
war«5 geschlossen-«
Anat-klagten »Dier gestanden —
geschlosscn!«
Umstfrenndliefh
Mann (eintretend): »Dieses Hunde
Wetter!«
Fran: »Ja, ietzt ärgere ich mich ei
gentlich, dafz ich die Mitller’g nicht ein
aelnden habe, zu mir aufs Land ——4
sie wären doch nicht gekommen!«
isiünitiner Zeitpunkt
Dicht-ersinnt »Ein einziges Gedicht
s liat einmal ein Redakteur von mir ac
;cepiirt; das hatte ich nämlich einge
sandt, als gerade seine Schwiegermut
H ter nach nchtwöchigem Besuch abgereist
« war.«
, Ein aufgeweckter Beamter-.
, Prinzipal (zu dem neuen Gehilfen):?
J ,,Hat mein Buchhalter Jhnen nun ge
s sagt, was Sie zu thsun haben?«
s »Jawohl, Herr Prinzipal, ich sollte
i ihn immer wecken, wenn Sie tommen.«
i
; Wenn die Japaner erst Port Arihut s-;
haben, dann werden sie ihre liebe Noth
haben, den Pfropfen wieder heraus z
ziehen.