Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 08, 1904, Zweiter Theil, Image 15

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    W
Instituts-.
sen staut-ice v. Stern.
Ort Mittag dritten Goldnes Sonnen
glimmern
seht tastend durch deg: Feldes grünen
Die emsgeftreuten Buchenblätter schwim
Iie Seetemg in der wasserllaten Luft
So teglos ruht der Wald im lichten
Dämmerli,
seheimnißlzauchend stät dverstummte-n
un ,
Und nur des Spechies fernverhalkndes
Oämtnern ·
Wird wie ein Klang sag Meercsttefen
n .
Itit Tnuchekschritten Eleits ich in den
chta t.cn
Das grüne Wasser legt mir Herz und
sinn
Ich wandte träumend auf den snoos gen
Matten
Bersnnlen wie auf Meeresgrund dahin.
sein Glockenklingen der verschollnen
Städte
Dringt klagend an dasbtanb gewordne
r.
Nur leise schwankt der bin und her ge
wehte
Sagt-link schwimmend zarte Vnchcnflor.
n dieses Meer von ante still ich linken,
chissbtüel)ig, ohne Sehnsucht nach dein
Strand,
Im goldnen Schweigen, lautlos selbst,
ertrinken,
Glückselig, dasz mit tin-l und Steuer
schiv nd.
Ein schwimmend Lnnlt, ein dunkler
Zchtvinnenschattem
Und Stille, Stille —- meeredtiese Ruh —
Ach itnle nieder aus die ariinen Matten
Dei Traums und seltltesz die milden
Augen zu.
A
vff
Eis niederster Meinem-en
sk
lion Constantln v. Zedliy.
Jn Negeni Street, zwischen Pall
Moll und Piccadilly Citcus, steht der
Raleigh- Klub. Ein Abenteuret,
freilich der tittetlichste, den die Welt
geschichte nennt, lieh ihm den Namen.
Es ist deshalb vielleicht ein bischen in
konsequent, daß et keine Abenteuter
s-- Mit-sä-h--- Us- shlxt msl -(D
ou III-NO IIUI Is- sssus III-,- ut us usi
Gäste. Unliingst wurde einer dez be
kanntesten Sportsmänner Englands,
Amerilas und Australiens, Mr. Ri
chard Standish Sievier, durch den
Major Sellar in die Klubriiume ein
geführt. Einige Herren vermerlten
das sehr übel. Der zum Vorstande
Zhörende Sie James Dule fragte den
ajor, wie er dazu käme, ihnen die
Gesellschaft eines Abenteurers der
schlimmsten Sorte, ja, eines Diebes,
Falschspielers und Mörders aufzu
driingen. Sellar betheuerte, es sei
ihm unbekannt, daß Sieoiet in einem
solchen Rufe stehe, und erzählte die be
lastenden Aeuszerungen weiter. Das
Ergebnisz war eine Verleumdungs
ilage Sievier contra Dule. Nun hat
der Kläger den Prozeß verloren. Ge
schmiiht und geschändet floh er aus
dem GerichtssaaL Soweit die engli
sche Zunge klingt, von Glasgow bis
nach Adelaide, von Bomday bis nach
Montreal, steht sein Name heute am
Feitungspranger. Man wundert sich
ast, daß die Sonne einen mit so viel
Druckerschwiirze Gebrandmartten wei
ter bescheini. Allein die tnisslichen
Unterscheidungs - Merkmale mensch
licher Ehrencodere verwischen sich wohl
nicht erst in einer Entfernung von
zwanzig Millionen Meilen. Wer die
englische Hautevolee auch nur einiger
maßen kennt, weiß, wie wenig Ursache
zu sittlicher Entrüstung über eine
Laufbahn n lu Sievier sie im Grunde
hat. Außerdem hat man ja heutzu
tage so viel Sinn siir die Macht der
Umgebung. Vielleicht bestimmten
wirtlich nur äußere Zufälligkeiten es
anders, sonst endete Richard Sieoierg
anstatt im tiessten Ahgrunde allgemei
ner Verachtung glorienumstrahlt auf
dem Gipfel spezifisch modernen Aben
teurerriihnieo.
Das Zeug dazu hatte er. Der ro
mantische Jug, der zu dem überliefer
ten Bild des fahrenden Ritters gehört
wie das Wunder »zum Märchen, ist bei
ihm fast ganz verblaßt. Angedeutet
ist er etwa noch in der etdumspanneni
den Weitläufigleit einer Karriere, die
srch in allen fiins Welttheilen abspielte.
m Uebrigen ist sie recht prosaisch.
ichard Sievier stammt aus einer ge
achteten Londoner Familie und em
pfing eine siir englische Ansprüche vor
treffliche Erziehung Friih schon litt
es ihn nicht daheim. Als blutjunger
Mensch ging er zu Ende der siebziger
Jahre nach Südafrita und nahm mit
Auszeichnung an dem Feldzuge gegen
die Zulus theil. Dann wurde er
Schauspieler und war vier Jahre lang
abwechselnd an englischen und anglo
indischen Bühnen engagitt. Ebenso
lange lebte er alsdann unter dem Ra
rnen Sutton als Buchmacher in au
siralischen Großstädten. Jn Mel
bourne verabsolgte er eines Tages dem
Adjutcnten des Gouverneurs, einem
hochniisigen jungen Lord, der ihm aus
einen höflichen Mahnbries beleidigend
eantwortet hatte, eine Tracht Prügel.
asiir sollte er vierzehn Tage einge
sperrt werden. Das Urtheil wurde
jedoch in der Berufginstanz iassrrt.
Nicht lange danach tehrte er nachEngs
land zurilet und ließ sich bei Hofe vor
stellen, eine bekanntlich hier für Je
mand, der gesellschaftlich vollkoerthig
sein will, unerläßlich soziale Abstem
pelung. Nachirii lich jedoch kam der
Lordtömmerer da inter, daß derBuar
machet Robert Sutton und der Pr -
Iatmann Richard Sievier eine und
dieselbe Person seien; konnte deshalb
auch die Stempelung selbst nicht un
geschehen gemacht werden: der Stern
lvurde ihm wieder entzogen. Das
, eines Morgens las man impos
bericht sammtlicher englischer ZeitunJl
gn, die Vorstellung des Mr. R chard
ievier werde im Buaingharn Palacef
als :«ull und nichtig betrachtet. Ver-I
gegenwärtigen Sie sich die Tragweite
einer solchen Notiz! Bis Der hatte
Sievier, soweit ersichtlich, sich niht
das mindeste zuschulden kommen las-«
sen. Denn mögen Buchrnacher als?
hofsähig gelten oder n cht, es ist doch
absolut nicht einzusehen, warum ihr
Geschäftsbetrieb, sofern er ehrlich ge-:
filhrt wird, verächtlicher sein soll, alsk
B. der von »ewerbgrniis3igen Bör
Fenspielerm filr die lein höfischer Aus- l
schließungsparagraph besteht bei de
ren Ausrnerzung die Reihen der eng
lischen Hofgesellschaft sich denn auch
merklich lichten würden. Dielalonis
sche Belanntmachung der Lordtiims
merei jedoch genügte dazu, Sievier in
anständiger Gesellschaft ein fiir alle
mal unmöglich zu machen. Wenig -
stens mußte er jedenAugenblick darauf
esafzt sein, daß ihm die Thiir gewie
fen wurde. Konnte doch mit dem fa
ialen Zeitungsausschnitt, der sich .be
auem in der Brieftafche herurntragen
ließ, in der hand, jeder gemeinste, als
solcher noch nicht erkannte Halunle
den pp. Sievier bis aus die Knochen
bloßstellenl
Dergestalt in soziale Acht gethan,
mit einsiedlerischen Neigungen nicht
behaftet, verfuhr Sievier nach dem
mephistophelischenWorte: »Die schlech
teste Gesellschaft läßt Dich fühlen, daß
Du ein Mensch mit Menschen bist.«
War er den Pharisäern nicht gut ge
nug, so nahm er mit Zöllnern vorlieb.
Spieler vom grünen Nasen und vom
ariinen Tisch wurden sein faft aus
schließlicher Umgang. Je nachdem die
Pferde liefen und die Karten fielen,
bald im Golde schwimmend, bald au
ßer Stande, seine Mahlzeiten zu be
zahlen, war er heute Versicherungs
agent, morgen Nennstallbesitzer. Mit
der weltberühmten Stute »Sceptre«
gewann er Unsummen. Tro dem
mußte er binnen wenigen Jahren rei
—-l L.—. Akt
usu- uue IUHUIUULUIIZIUU lklslklh Ulll
Spieltisch gelten übrigens keinerlei
Standesunterschiebr. Jn einem Hotel
in Monte Carlo verlor einmal ein
her-zog von Gebliit s25,000 an Sie
vier. Als es an’s Bezahlen ging, er
innerte ein beflissenes Gemüth in der
herzoglichen Umgebung an Sievier’s
zweifelhaften Rus. Hätte er verloren,
so wäre diese Erinnerung vermuthlich
unterblieben. So aber wurden plötz
lich Andeutungen von falschem Spiel
laut. Richard war indessen löwen
herzig genug, sich nicht in's Bockshorn
jagen zu lassen. und die gelnickte Ho
heit mußte blechen. Zuweilen wurde
nach dur schwärmter Nacht der
Drang na Höherem in dem Entglei
sten lebendig. Bühnenrerniniscenzen
überwältigten ihn. Dann raffte er
sich vorübergehend auf und schrieb
Stücke, die gern aufgeführt und gut
honorirt wurden.
Jm Wirbel solchen Fahrwassers
war das Lebensschiss Sieviers den
noch schon zu leck geworden, als daß
selbst hingebende Frauenliebe ihm zum
Rettungsanter zu werden, es vor in
nerem und äußerem Scheitern zu be
wahren oermocht hätte. Die Ge
schichte seiner Verheirathung mit einer
der vornehmsten Frauen des Landes
wäre höchst romantisch, entspräche sie
nicht, genau genommen, alltäglicher
Erfahrung. Von Alters her haben
Durchganger bei-n schönen Geschlecht
mehr Glück aehabt, alg Duckmäuser.
Jn Rom tapitulirte einst selbst die
amtliche Keuschheit der Vesialinnen
gelegentlich gerade vor den heillose
sten Schwerenöthern, vor einem Clau
dius, einem Curio. Die Damen des
englischen Highlife aber hegen so wie
so leinen vestalischen Tugendehrgeiz.
Immerhin durfte Richard Sievier sich
in seiner Männlichteit geschmeichelt
fühlen, als Lady Mabel Bruce, die
jugendschöne Schwester des Marquis
of Ahleobury, Herrin über eine Mil
lion in baarein Gelde, mit ihm auf
und davon ging, achtundierzig Stun
den ehe ihre bis in's tleinste Detail
vorbereiten Hochzeit mit einem ande
ret;Z stattfinden sollte, den sie sitzen
lie .
Die Million seiner jungen Frau
zerrann in den händen des Unverbes
serlichen hinnen zwei Jahren.« Lady
Madels zahlreiche Standesgenossin
nen, die der langen Gerichtgverhanw
luna beiwohnten, schienen ihre Wahl
trosdern zu billigen. Das ist ganz
begreiflich. Sievier machte einen ent
schieden sympathischen Eindruck. Er
ist eine schmucke Erscheinung und ein
gescheiter Stopf — sozusagen das
Dartvin’sche Glied zwischen Dickens’
JarneH Steeriorth und Thackeran’s
Rawdon Erawley. Mit beneide-is
iverlher Nerventrast hielt er dem mör
derischen Kreuzfeuer des anuisitori
ums durch drei gegnerische Anwalte,
lauter sorensische Berühmtheiten, ta
gelang stand und fertigte allzu dreiste
Anzapsungen mit überlegener Ironie
ab. Er beschönigte seinen Lebens
wandel rnit leiner Silbe, bestritt aber, .
daß Jemand das Recht habe, ihn Räu
ber und Mörder zu heißen. Dem«
Schlußoortrag seines Advotaten
folgte donnernder Applaus von den
Tribiinen Aber es half alles nichts
Er war verloren, auch wenn der Ver- !
klagte zwar nicht den Wahrheitsbetveis
führen. wohl aber nachweisen konnte,
daß der Nus des Klägers schon zu
hriichig sei, um durch die inteirninirten .
Aeuszerungen noch erheblich eschiidigt
werden zu können. Dieser achtve s
ist in den Augen des Gerichtes gelun
gen, obwohl der Aufwand eines tin-«
W
geheuren Bezichtigungsapparates so
gut wie gar nichts siir kie Reputation
des Klägers unbedingt Bernichtendes
ergab. Allerdings stand, wo aben
teuernder Leichtsinn gegen menschlich
unerbittliche Respettabilität Ausbe
gehrte, die schnelle Vertauschutig der
Rollen von Beilagtem und Kläger und
somit die Entscheidung von vornher
ein sest. Die Urtheilsbegründungen
englischer Richter sind leider nicht ganz
selten Musterbeispiele von Tattlosig
teit und Brutalität. So ausgiebigen
Gebrauch aber wie im Falle Sievier
der Richter Granthan hat wohl von
dem altoerbriesten Spießbiirgerrecht,
gesittet »Psui« zu sagen, noch keiner
seiner Collegen Gebrauch gemacht. Er
konnte gar tein Ende finden in der
Verdammung. Sievier, dem die Ner
den schließlich versagten, war längst
am Anwaltstisch zusammengebrochen.
Es war, als sausten Knutenhiebe aus
einen schon entseelten Leib.
Als einst in Paris der Attentätex
Damiens geviertheilt wurde, hieben
die Henkerstnechte tüchtig aus die
Gäule ein. »Die armen Pserdet« rie
fen die Damen der schaulustigen Ari
stotratie. Heute wird Sir James
Dute in allen Tonarten wegen der
Schererei bedauert, die ihm durch die
sen Itrozesz erwachsen sei. Es ist et
was Schönes um menschliches Mit
gefühl!
4
Mutter-gedanken.
l.
Jn der ganzen Familie wurde "er
»Warum« genannt,denn wo immer der
kleine Kerl mit uns Großen zusam
men war, da dauerte es nicht lange,
und sein tleiner Mund sprach die Fra
ge aus, die in den lebhaften Blau-Au
gen stand: »Warum ist das so«, oder
,,warum thut man das so?«
Wer seinen Wissensdurst für Neu
gierde hielt, weil er sich nicht die Mühe
anb. Kinderaedanien zu verstehen. der
redete ihm sein »warum« spöttisch
nach, aber ist das nicht eben so falsch.
als der oft gehörte Berweis ,,frag nicht
so viel«, unter dem sich in den meisten
Fällen die Unfähigteit und Unwissen
heit versteckt? Und diese Antwort ge
ben nicht nur ungebildete Kindermäd
chen! Unser Warum wurde oft ange
staunt, weil er mit feinen fünf Jahren
mehr wußte, als feine viel älteren
Spielgenossen, und dabei war er nicht
etwa bedeutend begabter als jene, sein
Verstand war nicht unterdrückt wor
den. Er hatte bei allem, was sein
Interesse erregte, ruhig fragen dürfen,
und weder der Mutter, die doch durch
ihre acht Kinder gewiß viel in An
spruch genommen war, noch dem Va
ter fiel es je ein, ihn deshalb einen lä
stigen Störenfried zu nennen. Sie
waren stets auf seine kleine Gedanken
welt eingegangen und hatten ihm
seine Fragen ernsthaft beantwortet.
Denn ernsthaft muß die Antwort ge
geben werden, wenn das Kind selbst
ernst und wahr bleiben soll, sonst artet
seine Wißbegierde in gedanlenlose
Fragerei ausx Wer sich selten mit
Kindern beschäftigt, oder wer den sich
in ihnen entwickelnden Verstand über
sieht, der ahnt gar nicht, welch ein
Reiz in der Unterhaltung — in der
ernsterPUnterhaltung — mit einem
Kinde liegt. Wenn man versteht, das
Kind nur ein wenig zu fesseln, so zeigt
es nicht nur Interesse, sondern auch
Verständnis; für unsere Antworten
und zwingt uns durch seine logische
Dentweise oft, mehr über solch ein
Gespräch nachiudentem als über so
viele oberflächliche Unterhaltungen,
die wir sonst im Laufe des Tages zu
führen gezwungen sind. Es ist ja nicht
immer leicht, eine dem Kind verstünd
liche Antwort zu geben; weil des Kin
des Wortschatz beschränkt ist und fein
gesunder-, aber nngeschulter Menschen
verstand die größte Einfachheit des
Ausdrucks verlangt, und es ist jeden
falls sehr viel bequemer, einfach zu sa
gen: »das verstehst du doch nicht« lkin
geistig gesundes Kind beareift aber
sehr viel mehr, als ihm meistens zuge
ttaut wird, wenn eg nur die richtige
Erklärung erhält. Diese Erklärung
kann ihm allerdings weder die beste
Kindersrau, noch die zuverlässigite
Bonne geben; um Herz und Verstand
sich frei entwickeln zu lassen, dazu be
dars es des liebevollen Verständnisses
gebildeter Eltern, die ihr Kind zu ei
nem denlenden Menschen erziehen.
Wir alle aber sollten uns nicht zu
groß und klug dünken, um da, wo
kindliches Vertrauen mit einer Frage
zu uns kommt, uns dem Gedanken
lreis eines Kindes anzupassen und
ihm sein warum? nach bestem Wissen
zu beantworten
ll.
Ich wollte, ich hätte einen kleinen
Jungen ! Ein gesunder, ·strammer
Bursche müßte es sein, dem die Le
bensfreude aus dem ganzen rosigen
Gesicht strahlt. Sollte der Junge aber
’rnal spielen dürsen! Mir thun die
kleinen Wichte in der Seele leid, die
den ganzen Tag artig sein müssen, die
ängstlich von Mutter und Bonne be
wacht werden, damit nur ja der gute
Anzug nicht beschmuyt wird, die
Hände sauber bleiben und —- das
theure Spielzeug nicht verdirbt. Jch
möchte wohl einmal wissen, wie viel
Thränen dies »theure Spielzeug« schon
gekostet hat. Mein Junge bekäme kein
einziges von all den kostbaren Sachen,
was sollte das lebhaste Kind auch
wohl mit so einer Eisenbahn anfan
gen, die man nur aufdrehen und im
mer auf denselben Geleisen durchs
X-,
W
fsimmer laufen lassen kann? Nichts
Theures und nichts Zerbrechliches
würde ich ihm taufen, denn wenn mein
jJunge spielt, wenn er jauchzend im
s tollen Ritt auf feinem wilden Stre
pferd durchs Zimmer tobt, dann will
ich mich freuen können über seine ge
funde Kraft und nicht in tausend
Aengsten schweben, ob die energischen,
kleinen Beinchen auch nicht im Eifer
des Vergnügen-s feine Spielsachen zer
treten. Einen Anzug würde ich ihm
nähen aus haltbarem Stoff, und
dann dürfte er auf der Erde herum
rutfchen, fo viel er wollte, dürfte
seine tleine Nafe in alle Wintel des
Hauses stecken, dürfte auf dem Boden
herumftöbern und im Keller die dunk
len Ecken untersuchen. Wenn er dann
heiß und athemlos von seiner Entde
ctungsreife zu mir käme, dann würde
ich nicht schelten über die Schrammen,
die er sich geholt und über den Riß
in feinem Kittelchen, denn ich wüßte,
daß das, was er unterwegs gesehen
und gelernt, von größerem Werth ist
als dieZeit, die ich zumFlicken gebrau
che· Jch nähme ihn mit in mein Zim
mer, und während ich den Schaden
augbesserie, erzählte ich ihm von den
Kohlen und den Kartoffeln im Keller
oder ein Märchen aus alter Zeit von
den verstaubten Schätzen, die er auf
dem Boden gesehen. Jn meiner freien
Zeit — und ich hätte viel Zeit frei für
meinen Jungen —- gingen wir zufam
mrn spazieren, aber er brauchte nie
ruhig neben mir herzulaufen, mit dem
Hunde dürfte er um die Wette laufen,
bei jeder Blume, die fein Interesse er
regt, stehen bleiben, selbft wenn er da
rüber einmal vergäße, eine bekannte
Dame zu grüßen. Jch würde ihm
nicht verwehren, unterwegs Pferd oder
Hund zu spielen und dabei nach Her
zensluft zu bellen, er käme ja mit ro
then Bacten und blitzenden Augen nach
Hause, und daran wäre mir mehr ge
leaen, als an der Meinuna der Frem
den, die iiber seine laute Fröhlichkeit
die Nase riitnpsen. Mein Junge sollte
in erster Linie Kind sein dürfen und
frei sein, wie ich es in meiner glückli
chen Jugend gewesen bin. Er würde
mir nicht dafür danken, weil es für
ihn etwas ganz Selbstverständliches
wäre, aber lieb haben würde er mich,
sehr lieb.
Ach ja, wenn ich doch einen Jungen
hättet
Sarah Bernhard-als Schrift
stellertn.
Eine deutsche Halbmonatsschrift
schreibt unter diesem Titel: Kaum
eine Tragödin hat ein wechseloolleres
Leben gehabt, als Sarah Bernhardt,
darum sah man schon lange mitSpan
nung den Memoiren entgegen, an de
nen die große Künstlerin schreibt, und
fiir die ihr bereits von Berlegern des
i Goldlandes Amerika Unsummen ge
3 boten worden sein sollen. Das kürz
j lich in einer englischen Zeitschrift er
. schiencne erste Kapitel, in dem sie von
J ihrer Kindheit erzählt, rechtfertigt die
hochgespannten Erwartungen aller
dings noch nicht; doch in ihrem wei
. teren Verlaufe dürfte die Schilderung
« dieses abwechglunggreichen Lebens viel
f Jnteressantes bieten.
Sarah Bernhardt verfügt über eine
L äußerst gewandte Feder und beobach
» tet außerordentlich scharf. Jhrein net
vöfen Temperament zufolge ist sie
durchaus Jmpressionistin. Zwischen
zwei Proben wirft sie irgend eine le
bensvolle Porträtstizze hin, so das
ausgezeichnete Bild Sardou’s, der
kürzlich die Einstudirung seine-Z jiingi
sten Wertes »La Sorcilsre« leitete:
»Die Arbeit Sardou’5,« so heißt es
da, ,,liat mich durch ihren ganzen per-s
sönlichen Charatter frappirt und in.
Bann geschlagen. Nie verliert man
. das Interesse dabei. Zuerst geht er
an die kleinen Rollsnx je weiter das
Einitudiren fortschreitei, deito weit:
tragender wird sein Vorgehen; der
Horizont vergrößert sich, so dasz der
Rahmen, in dem er sich bewegt, fast
zu rtein erscheint uno man Die Mauern
fortriiclen, die Möbel umstellen möchte,
unt der in’«5 Große strebenden Hand
lung mehr Luft, mehr Raum zu ver-:
schaffen. Man hatte ihn mir alg sehr
absolut geschildert. Jch finde ihn sehr
oermittelnd und sehr leicht geneigt, sich
deniEindruck, den feine Umgebung auf
ihn macht, hinzugeben und sich dieser
anzupassen. Die Feuerwehrleute, die
Maschinisten, die Figuranten, alles ist
" Publikum siir ihn.... Er hat das
Auge überall. Keine Einzelheit, auch
die geringfügigste, erscheint ihm gleich
giltig. Er setzt sich auf die Möbel,
läfzt die Thüren spielen, wählt Stoffe
; aus oder studirt vom Zuschauerraum
aus die Perspettive, begiebt sich auf
. die obersten Gallerien, um zu untersu
chen, ob man auch da noch hören kann,
weint. lacht, empfindet alle Rollen,
durchlebt sie, stirbt sie und in einer ein
zigen Probe spielt er so drei-, viermal
sein eigenes Stück.«
Wir glauben, daß die Memoiren
Sarah Bernhardt«s, soweit sie ein
Stück moderner Theatergeschichte ent
halten, in der That interessant sein
dürften, daß hingegen da, wo die Ver
sasserin sich eigenem Philosophiren
hingeben würde, ein bedenklicher Di
lettantismus sich breit machen wird,
ein Dilettantismus, den sie schon be
währte, als sie Novellen und Dramen
schrieb und in Stein meiszelte. Auch
dürften gerade diese Memoiren von
dem Fehler aller Schauspielermemoi
ren, sich allzu sehr als Mittelpunlt des
Weltalls zu betrachten, am allerwe
Lragst-u cui sei-k.
(
Schönheit-Wege bei Kinder-.
Je früher die Erziehung zurSchön
heit bei Kindern beginnt, desto besser
ist es. Fürchte Niemand, dadurch eitle
kleine Wesen zu züchten! Die Sache
muß so gehandhabt werden, daß die
Kleinen nichts davon merken, nicht
einmal den Erfolg. Wenigstens nicht
in dem Sinne, daß sie eitel und selbst
gesiillia dadurch werden. Da aber die
Schönheit, die edle Formenschönheit
des Körpers ein Freibrief für’s Leben
ist und nicht ohne Gesundheit des Lei
bes und der Seele gedacht werden
kann, sollte jede Mutter vom ersten
Tage an ein wachsames Auge aus den
Körper ihres Kindes haben. Die Glie
der eines jungen Kindes sind so bieg
sam. Eine schlechte Lage, unordent
lich gelegte Bettstiicle können schon auf
eine Mißbildung und Vertriimmung
hinwirken.
Die Art, wie ein Kind getragen
wird, ob immer aus dem rechten oder
auch zuweilen aus dem linken Arm,
hat entschieden Einfluß aus seine tör
perliche Entwicklung Der schielende
Biick hängt zuweilen, natürlich nicht
immer, von den Gardinen des Wa
gens ab, die das Kinderauge verfüh
ren, nach ihnen hinzusehen, oder von
Tupsen im Schleier. Das sind Klei
nigieiten, die vermieden werden tön
nen. Wird ein Kind immer nur auf
den Rücken gelegt, so erhält sein Köpf
chen ost eine häßliche, platte Form,
und bauschen sich zum Ueberfluß seit
lich die Enden des Kissen-s auf, so ent
stehen abstehende Ohren. Darum ist
es angebracht, das Kind öfters mit!
seiner Lage wechseln zu lassen. Zeigt
sich eine angeerbte Neigung zu absie
henden Ohren, so muß ein kleines,
lustiges Mützchen getragen werden,
damit diesem Bestreben entgegenge
wirtt wird. Niemals reiße man Kin
der an den Ohren oder steche ihnen
gar Ohrlöcher. Der kleinen Nase kann
durch sanftes Streichen oft noch, selbst
wenn die Natur sie zu einer Stumpf
nase bestimmt zu haben scheint, eine
fehr gute Form gegeben werden. Auf
alle Fälle müssen Kinder daran gehin
dert werden, aus Spielerei ihre Nase
zu drücken und zu quetschen. Auch
das einseitige Schnauben dient dazu,
die Nase schief zu machen. Es ist na
türlich, einen großen Mund klein zu
machen. Aber man kann von llein auf
fiir eine gute Zahnbildung wirken.
Erst vorbereitend durch größte Sau
berteit und später, wenn die Zähne im
Wechseln begriffen sind, durch auf
merksames Reinhalten.
Sehr viel trägt zur Linienbildung
in einemKindergesicht die schlechte oder
gute Laune bei. Ein Kind soll so viel
wie möglich zur Heiterkeit und Freude
erzogen werden, zu einem edlenGleich
maß aller Gefühlsäußerungen Dies
Gegenstände, auf denen ein Kindes-(
auge beim Erwachen und Wachsen fei- f
ner kleinen Seele ruht, sollen schön
und sinngemiiß fein. Mit ganz ein-l
fachen Mitteln tann dies erreicht wer
den. Eine Mutter achte darum mit
peinlichster Sorge auf die Umgebung;
ihres Liedlings von klein auf Dies
Augen nnd Ohren sehen und horen be
wußt und unbewußt fo manches, was i
schädigend nachher von innen heraus-H
sozusagen auf die Fortentwicklung der
kleinen Menschenpflanze wirken kann J
Auch der Pflege der Hände und Füße i
muß von früh auf Beachtung gefchenttl
werden. Weiche, geschickte Hände und ;
feste, gut auggcdildete, in ihrer Ent-«
wirtlung nicht gehetnmte Füße — sie
tragen mehr zum Glück und zum,
Wohlbefinden eine-«- Kindeg bei, alsi
man sich vorstellen kann. Und dann
der Mücken! Rein itorsett, leine;
Schnitrung hemme ihn oder die Brust
in ihrem Wachsthum lieberhauth
fort mit allen unnützen Stiitzen und
überflüssigen Hüllen Eine guteHaiit-I
pflege, eine sinngemasze Gyninaftik,
eine richtige Ernährung und gesundeA
Kleidung —- uno Die Urzieisung zurs
Schönheit wird erreicht werden.
Die Anteil-er Brauen-sahn
Ein hübscher Himmelfahrtsbrauch
hat sich in der ostfriesischen Hauptstadt
Aurich erhalten und ist auch heuer
wieder gepflegt worden. Frühzeitig,
am Himmelfahrtsmorgen oder auch
am Abend vorher werden aus den
Fußsteigen vor den Thüren sogenann
te Brautpsade angelegt. Aus weißem
Sande und niedlichen, abgepsliictten
Blumen werden lleine Gärtchen in den
verschiedensten Mustern hergestellt.
Macht man dann zur Zeit des Glo
ckenläutens einen Spaziergang, er
scheint die ganze Stadt wie durch ei
nen Zauber in einen niedlichen Mi
niatnrgarten verwandelt. Diese Sit
te geht aus den alten Bliicher zurück,
der in dem eine reichliche halbe Stun
de entfernten Schlosse Sandhorst sei
ne Sommerresidenz hatte. Als sich
die Tochter des Marschalls Vorwärtg
an einem Himmelfahrtstage ver
wählte, streute ihr die Auricher Ju
gend aus dem ganzen Wege bis in die
Auricher Kirche Blumen, und diese
sestliche Veranstaltung wurde dann zu
einer Voltssittr.
—- HyperbeL »Der Baron soll
ja so viele Schulden haben wie Sand
am Meer.« —- ,,Schlimmer; wie
Dentmäler in Berlin!'«
—- Jn der Buchhandlung.
Bauer: »An mein n Advotat n möcht’
i’ schreib’n, der rna an Prozeß ver
lor’n hat, und da brauchet i' halt an’
Briessteller — aber an’ recht grob’nt«
r W
I; die Kühe. «
SemmelpuddingManrübrt
1X4 Pfund Milch mit halb so viel But
ter und vier Eiweiß zu Sahne, fett
langsam 1X2 Pfund fein gesiebtes tie
benes Weißbrod und eine große ass
ooll Milch zu. Jst alles gut gemischt,
so gibt man eine Handvoll süßer Man
deln, gewiegt, dazu, etwas fein gewür
feltes Citronat und den- Schnee der
Eiweiße, worauf die Masse in eine mit
Butter ausgeftrichene Pudding - Form
gefüllt und etwa zwei Stunden gekocht
wird. Wenn der Pudding ordentlich
fest ist, wird er ausgestiirzt, in Schei
ben geschnitten auf einer runden
Schüssel angerichtet und mit gewärmi
tem Obst überdeckt. Nach Belieben
kann auch Obst und Pudding talt ge
geben wetden, ebenso kann man die
Mandeln und das Citronat fortlassen,
wodurch die Speise noch verbilligt
wird, ebenso kann man auch eine Klei
nigkeit Butter weniger nehmen, ohne
der Schmackhaftigteit des Gerichtes zu
schaden.
Reistöpfchen Man tochtden
abgebrijhten Reis in Milch und Waf
ser mit einer Prise Salz und ucker
nach Geschmack gar, füllt dann ne
in kaltem Wasser ausgespiilte Becher
mit dem Reis und läßt sie erkalten.
Jst dies erzielt, so werden die Miste
gel ausgeftiirztz es ist stets eine beson
dere Freude, wenn jedes Kind auf seit
nem Teller so einen kleinen Reisberg
mit Frucht ringsum erhält. Will man
das Gericht nicht so anrichten, so were
den die Reistegel alle nebeneinander
auf einer Schüssel ausgestiirzt und die
Frucht wird ringsum gegeben.
Gefüllte Schweinsbrufh
Die Schweinsbrust wäscht man, trock
net sie sehr schnell sorgfältig ab, löst
das Fleisch von den Rippen, streicht die
unten angegebene Füllung darauf,
rollt das Fleisch und näbt es zu oder
umwickelt es mit Baumwolle. Zur
Füllung läßt man eine feingehaclte
Zwiebel mit 3 Unzen feingehacttem
Speck gelblich rösten, fügt 6 Unzen
enthäutete und geschabte Kalbsleber,
ebenso viel feingeshacktes mageres
Schweinesleisch- etwas eingeweichte
Semmel, Salz, Pfeffer, 2 Eier dazu
und vermischt alles recht gut. Nun
legt man die Brust in eine Bratpfanne
mit wenig Wasser, läßt sie im eigenen
Fett im Ofen unter öfterem Begießen
gar dunsten, macht, nachdem das
Fleisch weich ist, die Sauce mit etwas
Braunmehl seimig und würzt sie mit
8 bis 10 Tropfen Maggis-Wiirze.
Reis -Pudding. 14 Pfund
Reis wird mit einem Eßcöffec Butter
und einem Quart Milch weich gekocht
(am besten in einem Doppeltopf), nach
dem dieseg erkaltet ist, giebt man 1
Quart Schlagsahne mit Vanillege
schmack, 1,(4 Pfund Zucker sowie unge
fähr 10 Blätter Gelatine, aufgelöst
und durchgeseiht, daran, giebt das
Ganze in eine Form und auf Eis.
Schatcmgebacienes. (Spani
scher Wind.) Eine 2 Zoll lange Va
nilleftange stößt man mit 2 Pfund
Zucker, treibt es durch ein Sieb, mischt
es leicht unter festen Schnee von 8 —
9 Eiweiß und legt mit dem Löffel klei
ne Plättchen davon auf mit Zucker be
fireuteg Papier, auf dem man diesel
ben nun langsam gelb bäckt. Fiillt
man die Schneemasfe in eine steife Pa
pierdiite, dnnn kann man sie zu belie
bigen Formen, Ringen, Buchstaben,
Ziffern u. s. w. ausdrücken
Beefsteal mit Sauce
b is a r n a i s e. —— Ein sehr feines
franzöfifches Gericht find folgende
Beeffieats mit Bäarner Saure. Man
schneidet aus einem Lendenbraten 1
Zoll dicke Scheiben, klopr dieselben
gut, bestreut sie mit Salz und Pfeffer
nnd läßt fie 10 Minuten lang auf nicht
en itartem Feuer rdften gcmmiirbens
läßt man auf 4 Beefsteakg 2 Pfund
Butter in einer Fiasserolle gelb werden,
fügt 2 Eidotter hinzu, wobei man
fleißig umriihrt, ferner einen Löffel
voll Weinessia, Salz, Pfeffer und
wenn man will, etwas Mustatnuß,
schließlich kommen noch gehackte Scha
lotten und Petersilie daran. Dies Al
les rührt man um. bis es die Dicke ei
ner Mayonnaifefauce bat, fügt sehr
gute Jus oder einen Theelöffel voll
Liebiais Fleischextrakt bei und richtet
die Sauce über die auf erwärmter
Assiette zurechtgeleaten Beefsteats an.
Diese Sauce muß natürlich der Eiet
wegen fort und fort gerührt werden,
damit dieselbe nicht zusainmenläuft.
Am besten rührt man sie im Wasser
bade. Dort tann man sie auch heiß
halten, so lange man will, ohne daß
sie sich verändert. Zu diesem Gericht
können Kartoffeln jder Art oder Blu
mentohl gereicht werden.
Hammelteuleaufproven
c i a l i f ch e Art. Man spickt dieHams
melteule mit dickenSpectstreifem bringt
sie mit tleingehacltem Speck in eine
Kasserolle und läßt sie in derselben
auf allen Seiten sich braunen. Dann
fügt man die üblichen Küchenträuter
bei, ferner ein Glas Weißtoein, sowie
ein Glas recht kräftige Auflösung von
Liebig’s Fleischextrakt und endlich noch
3 Eßlöffel Cognac. Hieran schließt
man die Kasserolle sorgfältig und läßt
sie 4 bis 5 Stunden über geltndem
Feuer. Inzwischen tocht man circa 5
Knoblauchszehen in Salztoasser weich,
läßt sie abtrocknen. drückt sie durch ein
Sieb und fügt sie, sobald der Brate
gar ist, zu der Bratensauce, die ma
mmmehr gleichfalls durch ein Stei
drückt und apart lett-iet.