Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 17, 1904, Zweiter Theil, Image 13

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    Klar-a, Auguste und Berti-km
Dumoreste von Kaetbe Oelman
make neue- oei mirs-s seit si
berxiratbet waren, Also schon 11-;.
II
. Sie war einfach ein Juwel.
Mädchen siir alles, bnchstiiblich fiir
Nile-. Nicht nur, daß sie verstand, eine
Gans tnusperig zu braten und den
sen miirbe und zugleich sasti mit
irrer driitateni Sabnensauce aus den
tsch brachte, sie wusch auch die Mii
’, sche, ebne Cblo zu gebrauchen. und
, plattete sie so glatt, dag es ein Ver
Irui en war, mit der and darüber
zu reichen.
; Als das erste Kind ankam . und
- Frau Walter nicht mehr so. viel in
, der Wiktbschast mithelfen tonnte,
I chlies Klara meist nur die halbe Nacht.
riib um 8 Ubr war die K’ndertoasche
D chon ausgewaschem und Klara stand
prungbereit da, um zum Schlächter
und zur Gemiisesrau zu lausenz sie be
sorgte alle Eintiiufe im Trab nnd ver
si auch nicht« den Besenschranl abzu
chließem damit Frau Walter nicht in
die Versuchung tiiine Staub zu
mischen
Eines schönen Tages aber trug das
Jutvel einen Verlobunasring. Der
Schlöchtergeselle hatte es ibr anaethan
Und nun tain es ost vor, daß sie
Abends um Urlaub bat, bis sie schließ
I lich ihre Hochzeit siir der Oltober fest
se te und Frau Walter genöibixst war,
si nach einem neuen Mädchkn umzu
eben.
Klara batte sich nnt As) Thalern zu
frieden erklärt; doch die neue forderte
70. Dazu mußte alte drei Wochen eine
Waschfrau genommen werden, isnd das
Plätten der Wäsche bielt Anauste siir
. überflüssig. Die erste Gang brachte sie
grausarbia mit heller Britbe aus den
Tisch, Und wenn die Zaucen zum
Noastbeef oder Wild mißlunan waren,
so gab sie der sauren Sabne die Schuld.
Nachdem Herr Walten der ein litonrs
met war, öfters bei Tisch das Essen
mißt-illiat batte. entpurute fscn itluanste I
at- umanzunrre und ertrarre, daß ne «
sich von Männern nichts faaer ließe.
Sie war überhaupt eine empfindliche
Danie. Einmal überraschte Frau Wal
ter sie dabei, wie sie die Sahne von der
rohen Kindermilch fur ihren Riesen
iaffeetopf abfchöpfte, und machte ihr
Vottoiirfr. Daraufhin war tiluauite
unverföhnlich beleidiat und liindiate
zum 1. Dezember.
rau Walter annoneirte, aber es
medete sich leine einzige, die brauch
bar qeroefen wäre. Schließlich ging sie
nach einem großen Vermiethrrnns
Bureain An den Wänden fußen auf
Stühlen aZte und junge Mädchen,
färnmtlich mit bunten Oiitem von de
,enau wie es die Mode vorschrieb,
am interlopf lang nallende Bänder
ten. Frau Walter hatte des
E ten Wetters wegen ihren alten
atrofen ut aufgefeßt und erfchien
sichhier z rnlich l,deplazirt. c: ne Ber
rnittlerin empfal sie dem Wohlwollen
der Mädchen; a r diefe blieben unar
riihrt sihen, ihr Buch lramrfhaft in;
den Linden haltend. Dir eine erklärte
es f r eine ftarte Zumuthungca nachi
dem Borort ziehen zu tollen re l
dere fand es riicksichtclos ditr Wortl- i
ters ein kleines Kind hatten der drit
ten genügte der Beruf des hausherrn
nicht die vierte fand zwei Treppen zu
beschwerlich —- sur-, Frau Walter
iarn sich chgankunwiirdig vor rsnd ging
mt wi r nach baut-. i
m nächfien Tage bealeitete ihr»
Mann sie in ein anderes Bureau und
ate der Bermittlerin eine-. Thaler
är a zu wenn sie ein brankhbareg
ädcben schaffe. Das n fprach er feiner
Frau Muth zu und aing
Die Ertra - Entp ädiaung half·l
I--.- III- st-- --s-t4
ause- Ousae zu u- vct »nur e Brust !
und mieibeie da iir ein Mädchen, das
eben aus ir nd einem osipreußischenx
Gut impor iri war und sozusagen J
noch frisch nach dem Stalle roch. Ber- s
iba lonnie ni i nur waschen und kais
eben. sondern e verstand auch Brot zu »
backen u spinnen srnd zu weben —»
alles Dinge, die Frau Walter lebe im
panirien. Gegen das Cz Jahre alie
Kind baiie sie nichts einzuwenden, und ;
o trat sie denn am 1. December ihren
nsi an.
Die ersten drei Wochen vergingen
ans friedlich. Beriba halte zwar leine
anieern, ionnle si.b an die Anrede
«gniidiae Fran« nicht gewöhnen, saqie
immer noch «Madamsbe'« und llopile
Herrn Walier au die Schaffen wenn
sie bei Tisch abraumie und er ihr im
Wege saß; aber sie war lebt- arbeiiiam
und sicherlich linderli:l-. Gleis-I fand
sie zwilchen 2 und s-. Uhr Reit, den
Kinderwagen auszusczhren nnd blieb
lieber Abends eine Stunde länger aus«
damil nur das Bat-n löalspb an die
Luft list-Ie
Einrnal enldeckie Frau Zwitter keim
Rein-nackten des Kindernxaaens einen
Zigarrensiummel auf der Mairatze,
was sie lebr überwiele da ibr Mann
nk krauchtn Auch Berida begriff
ni i, wie lo was passieren lonnle.
Man einiaie sich darin, daß wade
icheinlicb der Verlier beim Hineullrai
gen des Wagens die Zinarre evrloren
hätte, und Berlba war lo etnpdri über
dirle llnrorsichlialeil, das-. sie den al
ien Mann von ite ab keines Grußes
mebc würdigte
Diesem Haß argen den Panier blieb
sie treu. Als während des »Jammer
Urlaubcs aus- dem Walierfeben Keller
Wein nnd Hindert-fast gestohlen war
den war, verdächiiale sie ibn: nnd ob
gleich der T istbllabl dnrrb Vetsickeruna
, deckt worden, fprasli sie bei jeder Ges
Fgrsskeil von fein Schaden den der
Vorher Ihrer herrschafl zugesital bat
ie, bis Herr Oaller sie auf das ·Slras
take dieler Behauptungen hinwies.
Vertha war nun schon ein Jahr in
serlin Sie sagte nicht niebt »Ma
damche«, scheuerte aber auch nicht mehr
aus Knien. berlinerte ein treni und
gab alles in allem keinen Anla zur
Unzusriedenhett. Sie hielt noch immer
daraus, daß die lleine hansi viel an die
Lust law und ging täglich mit ihr
spazieren ·
in paar Tage vor Weihnachten
schlu Fett Walter vor, dem Kind die
christe lich autgepuhten Schausenster
zu Dei en. Beriha sand zwar, daß das
ei eni ich ihre Sache gewesen wäre,
lli te aber schließlich darein, die
rr chasi mitzunehmen Jn der
tadtbabn saß Klein-Dunst neben ei
nein Soldaten, mit dem sie io zutrau
lich wurde, als ob er ihr täglicher
Spielaesährie wäre.
» »Da, da,« sagke sie un tippte mit
ihren Fingerchen auf seine blanien
Knöpfe. »Weihnachi«3mann!« erlliirte
sie ihrer Mutter mit wichtiqu Kopf
niclen, »Hansi artig sein.«
Bektha wurde roth, und Frau Wal
ter nickte ihrem Mann lachend zu: »Sie
will Soldaten zu Weinacbien haben.«
Das Kind suchte ietzt nach den Ta
schen des Soldaten, baß alle Mitsnh
renden lachten. Bertha wurde immer
verlegencr iiber den Eifer ihrer kleinen
Nachbarin und war froh, am Potsdck
mer Platz aussteigen zu können.
Auch aus der Straße zeiate Oansi
si chais loyale Staatsbiirgerim stand
vor allen Soldaten siramin nnd ver
sicherte jedem, sie sei artig Vertha
mußte sogar mit dem einen, der einen
blanien Hilin ans dem Kopfe triig»
»ei ei« machen und ihm Kußhänbe zu
werfen.
an Februar subr Herr Walier all
jährlich mit Frau und iiind fiir ein
paar Wochen zu seiner Mutter nach
Puglia-. Dort so,t- Hansig Ge
burtstag gefeiert irerdein Berti-a blieb
allein in Berlin zurück.
»Ich nurde auch die Wohnung
gründlich ausräumem wenn Liansi fortq
ist hab’ ich nni besten Zeit dain Gna
diae Frau sollen aanz überrascht sein,
mie schön sauber Sie die Zimmer vor
sinden, wenn Sie wieder da sind.
Die lieberraschuna qelana vollkom
men
Am Tage vor dein Geburtstag er:
hielt Herr Walter eine aescheistliche
Nachricht, die ihm sofort nach Berlin
ries; und da seine Frau den Festtag
nicht ohne ihn verbringen wollte, so
entschloß sie sich, ihn mit Hansi zu be
gleiten.
Als die Droschte vor ihrem Hause
hielt, bemerlte sie, daß der Salon er
leuchtet war.
»Das arme Mädel arbeitet sicher
noch, meinte die junge Frau. »Sie ist
zu gewi enhast.
Ihr tann tlirrte beim Oessnen der
Entr«ethiir mit den Schlüsseln und
plöhlich tönte ihnen ein lautes Hurrah
entgegen.
«iJ)oeh soll sie leben, hoch soll sie le
ben, sie lebe h t«
Es waren änner- und Frauen
stimmen, die begeistert diese Worte
sangen.
hansi tiaschte vergnügt in die Hän
de. Walterb sahen sich verblüfft an.
Jm ersten Augenblick dachten sie an ir
end eine verrückte Jdee von Bertha,
ie sie seierlich empsanaen wollte. Aber
da siel ihnen ein, dass sie sa gar nichts
von ihrer versriihten Wiederkehr wußte.
Und schon tarn aus der angelehnten
Salonthur ein Soldat zum Vorschein.
»Weilinachtsrnann«, sagte Oansi und
suchte seine Taschen.
Er sperrte aber den Mund aus,
glo te die drei verstandniszlos an und
rie schließlich ins Zimmer: »Sie is
nichtI Bertche!«
Walters sol te ihm schleuniast, und
nun bot sich i nen ein wirklich über
raschender Anblick. Rund um den
Tasch saßen vier Soldaten und drei
Mädchen. Die gerät-seien Gesichter be
frei-Ton has man fesmn Innres- hoff-»n
tnen war. Auf deni Tische laaen Zi
garrenasche und Kuchentrümei. Ein
paar frifchgebackene Vfanntuchen la
gen auf dem Damaftgedeck und vor ie
nr glänzte ein gefüilter Römer-.
»Of1enbar ein Vere- n der Oftpreus
ßen,« agte herr Walten der auch jetzt
nicht den humor verlor.
Kaum hatten die Gäste aber begrif
fen, wer der unerwartete Befuck war,
als sie sich durch die Thiire drängten
und den Ausgang suchten. Nur Han
si's Soldat war fo starr vor Schreck,
daß er sich nicht rührte.
- «»WollenSie mir nicht erklärten, was
- das bedeutet?« fraqte Herr Walter
! energisch.
« »'S Bertche mot wat hole vor
Punfch«. entgegnete dieser. Es war
die einziqe Antwort, die ihm einfieL
Dann griff er nach seiner Mütze und
driitcke sich, indem er auf der Treppe
gegen Bertha rannte, fo daf, st- reich
lich die häifte der Rum- und Noth
weinftafchen, mit denen sie aus dem
Keller heraufteuchte, fallen ließ.
; Als sie ihre herrschaft erhiiclte, war
. ihr sofort die Situation klar.
« .Sehärnen Sie sich nicht, unser Ver
trauen so zu mißbrauchen?« fuhr Herr
! Walter sie an.
! «Nee.« antwortete sie frech, »wat
t kann ict denn davor, wenn Sie fchonft
zuria sind?«
«Daä nennen Sie rein machen2"
! Jth hätt schon alle-; i in Ordnung
gebracht dat Se nischt ämertt hät
ten, « behauptete sie felhft wuftt
»Und unteren Wein fehen Sie den
Kerls vorf« rr Walter fah auf dern
Etiquette. da, er der 93er war, der
Stolz feines Keller-.
»Sie triegen ihn fa ersehi,« tröstete
Brrtha.
Jeyt ging der jungen Frau ein Licht
Und Sie haben den Portier ver
dächtigtt Und der Zigarrentiurnmel
tm Weinen — —- und hanii mit ihrer
Vorliebe fiir Soldaten« stöhnte site.
»Man-Z mit Ahnent« tebrie der Haus
herr, »packen Sie sofort Jhre Sacken.«
Damit nahm er die gnstfreie Bertha an
den Kragen und fiihrte sie in ihr Zim
mer.
Nach einer Stunde verließ sie ohne
Abschied die Stätte ihres Wirtens.
Die tteine ansi hatte sich unterdes
sen mit den P anntuchen befreundet.
»Sie hat ganz recht, wir wollen
auch etwas von der Sack-e haben,«
meinte herr Walter und kostet- einen
Kuchen. »Donnern:etter,« riet er und
reichte feine Frau, die von der Auf
regung ganz ichwach war, ebenfalls ei
nen, »so viel spendieest Du nie. Die
schmecken ja same-St«
Nachdem aber Hansi zu Bett gebracht
worden war, brauten ihre sehn-erge
driiften Eltern sich von den Weintesten
einen inhaltsschrveren Wunsch und
tranken ihn befriedigt mit dem Vorsatz
aus, von nun an ohne Grazien zu
wirthichaften.
Der König von England als Ge
danke-steten
Bei einem Besuch des früheren
Prinzen von Wales, jetzigen Kitönigs
Eduard Vli. von England, in Nuß
land, konnte der Zug des hohen Rei
senden durch den Jrrthum eines Be
amten nicht weiterfahren und mußte
zwei Stunden auf einer kleinen Zwi
schenstation liegen bleiben. Der Prinz
mit seinem Gefolge vertrieb sich die
Zeit zuerst durch eine Vesichtigung dei
Banhofs undder umliegenden Stra
ßen, da aber sehr saubern regnerischeg
Wetter herrschte, kehrte man bald zum
Bahnhofgebäude zurück. Jn der War;
tehalte nahm der Prinz an einem der
großen Tische Platz und begann sicii
die Langeweile damit zu vertreiben,
indem er vorgab, die Gedanken seines
ebenso gelangweilten Gefolge-II lesen
zu können. Natürlich hatte der Prinz
bei seinen Höflingen immer Recht nnd
traf wohl auch diters das titichtior.
Nlötilich drängte sich ein alter, mit
thaner Handelsmann durch die ele
gante Reilegesellschast, und bot dem
jenigen zehn iliubeL der im Stande
wäre, seine Gedanken zu lesen. Schon
wollte einer der Polizisten den Rassen
unsanst bei Seite stoßen, als der
Prinz lachend winkte und sagte: »Sie
sind auf der Reise nach NischniNom
gorod, nicht wahr?
»Ze; Euer Gnaden«
» rt beabsichtigen Sie-«Pelzwaa
ren einzuhandeln. Die Pelze wollen
Sie, noch ehe Sie bezahlt sind, weiter
oerlausen, um dann schleunigst Jhren
Konturs anzumelden und schließlich
Jhren Gläubigern zwanzig Prozent
«- bieten. Stimmt das?«
Der Rasse starrte den Prinzen mit
ossenem Munde an. Dann öffnete er,
ohne ein Wort zu erwidern, seinen
Kastam zog einen Beutel hervor und
zählte zehn sehr schmutzige Rubelnoten
ab, die er dem Prinzen hinhielt.
,,Also ich habe Jbre Gedanken rich
tig errathen?« fragte dieser, selbst
ganzl überrascht von seiner Kunst.
» ch nein,« erwiderte langsam der
Alte, »meine Gedanken habenSie nicht
errathen, aber Euer Gnaden haben
mir soeben zu einer brillanten Jdee
verholfenl'« «
ob-— -—
Cheliche Unten-stumm
Sie: »Ich glaube, Karl, Du liebst
mich nicht mehrt«
Er: »Ach« sei doch nicht so närrischl«
Sie: »Da haben wir es ja! Du be
stätigst ja selbst, was ich eben esant
habe. Sei nicht närrisch! hat Du
früher je so zu mir gesprochen, bevor
wir verheirathet waren?«
Er: »Nein, mein Kindl«
Sie: »Damal·s war mein tleinster
Wunsch Dir Beseth damals setztest
Du Dich nicht wie eine Puppe hin,
kam-hielt ’n- Cis-»ne- mid ins-se di
Zeitung, wenn ich im Zimmer war;
damals fuchteft Du mir jeden Wunsch
zu erfüllen und trachteteft ftets da
nach, mir alle möglichen Gefälligteiten
und Aufmertfainteiten zu ertveifen.«
Er: »Das ift wahr!«
Sie: »Darnals warst Du auch nicht
fo schläfrig und langweilig wie jeht,
Izu warst geistreich, energisch, mu
t ig . . .«
Er aufstehenb): »Liebes Kind, haft
Du f on einmal einen Jungen ge
sehen, der auf einen Apfelbaum ge
tlettert ift, um sich einen Apfel zu
holen?«
Sie: »Jawohl, aber-———'«
Er: »Laß mich ausredenl Er klet
tert und tlettert, bis er den Apfel hat«
nicht wahr?«
Sie: »Natürlich.«
Er: »Aber wenn er ihn hat, klet
tert er dann’noch weiter?«
Sie: »Nein, das hat er aber auch
gar nicht nöthig."
Er: »Seht richtig das hat er nicht
nöthigt —- Alfo, Du bift der Apfel
und ich bin der Junge! Jch habe Dich.
warum foll ich da noch weiter klet
tern?«
Sie (in heftiges Schluchzen ausbre
chend): »O ich armer unglücklicher
Apfel!«
-.-—-—-—o
Die reiche staut.
Schuldner: »Wiffen Sie, daß ich
mich berlvdt habe, Meisteri« ,
Gläubiger: «Jawobl —- mir ift be
reits qratulirt worden!·'
Der stutterstbm
«Denl’ Dir, «Morih, der tleine
Junge vom Partien der ebenso alt ist.
wie unferer, lacht fchonl«
«Mertmlrdig. nUferer hats doch
viel eher Grund dazu!l«
Junger Frühling
Novellette von Antonie Andrea.
»Ja, die Trude,« sagte Frau Mitl
ler sich brüstend zu der Nachbarin,
»erst neunzehn alt und schon verlobt!'·
Eine großartige Partie: Bierbraner.
Allerdings etwas beleibt und aus der
ersten Jugend heraus; aber bei einem
Manne wiegen vierzig Jahre nicht
schwerer als bei einem Mädchen zwan
Mi·
Trude hatte es so ost von ihrer
Mutter zu hören bekommen, daß sie
es schließlich glaubte. Außerdem ließ
das Leben ais »Ladensräulein« man
ches zu wünschen übrig. Bei ihrer
oragend sah sie zum Glück darüber
hinweg in eine unbegrenzte Ferne;
und wo die sich ins Blaue verlor, er
hoben sich die wunderbarsten Träume
—- prächtig die einen, einer Königin
würdig, die anderen hingegen recht wie
geschaffen für ein junges, sehnsüchti
ges Mädchenherz. Da lain der Bier
braner und machte ein Ende. Er
brachte die Verlobungsringe rnit, und
Trude hielt sie gegen das Licht, ob
sie auch echt wären und glänzten· Sie
seufzte. Was sie erwartet hatte, war
mehr gewesen.
Ueber alle Hindernisse hinweg lzog
endlich der Frühling ins Land. Trude
schaute mit verträumten Augen nach
ihma us. Sie dachte, er iiiiiszte ihr
wer weis; wag mitbringen. Und plötz
lich, nach dem tunterbuutesten April-—
weiters, kam eni warmer Regen, hinter
dem die goldene Sonne sich erhob, um
dem Frühling hineinzulcueliien Nun
war er da, mit wehenden Loderi, in
lustigen Gewändern, zart griin, mit
Anenionen und Veilchen bestickt und
parsiiinirt mit dem siiszen Duft der
ersten Ahornbliithen·
Linde sagte zu Herrn Rante, dem
Brauch er sollte ihr was-s scheuten.
Er riiusperie sich; es ihr aber Von
vornherein ab·jiischlageii,. brachte er
nirlit iiberks Herz. Sie war seit der
Verlobung blaß und schmächtig ge
worden und eigentlich zu schweigfani
siir ihre jungen Jahre. Nun lachte
sie ilin aus. »Ja, ich will was ne
schenli haben: den ersten Sonntag im
Frühling« "
««Li3eiter niclit5?« Herr Rante siihlte
sich erheblich erleichtert. Er bestellte
rechtzeitig eine Droschte zweiter
Klasse, und mit seiner Braut aus dem
Bordersitz, während Frau Müller rück
wärts saß, fuhren sie die breite Pi
chelesberger Straße nach dem Kaiser
garien. Trude wollte durchaug, daß
ihre Mutter sich zu Herrn Rante setzte;
aber diese wußte besser, was sich
schickte: ein Brautpaar gehörte immer
zusammen. So viel ,,Bildnng« hätte
sie auch schon ,,gelernt«. Sie blieb und
breitete sich strahlend auf dein Riiclsih
aus.
An dem verliebt schwatzenden
Brauer vorbei schaute Trude in den
jungen eFrühling, etwas blaß und
bang. Jhr war es, als hätte sie ein
viel zu enges Kleid an. Sie hätte die
Brust dehnen und es sprengen mögen,
um all’ dieSchänheit und Wonne, die
der Mai ihr zeigte, in sich aufzurich
men. Solch’ ein lräftige5, großes
Wachsen und Werden: man hörte es
förmlich.
»Die Zeit ist wieder jung gewor
den,« sagte Trude in Gedanken. »Sie
läßt sich vom Friihlina schmücken wie
eine Braui.«
»Und ich bin der Bräutigam, was,
Trudelchen?« lachte der Brauer behä
big. Er sand es sehr spaßig
Jm Kaisergarten sanden sie noch
einen Tisch und ein paar Stühle dicht
am Wasser, wo sie sich setzen konnten.
Trude tribbelte es in den Füßen: sie
hätte fliegen oder bis an’s Ende der
Welt laufen mögen. Schließlich wäre
sie auch mit einer Bootsahrt zufrieden
aewesen. Aber Frau Müller wollte
ihre Rolle als Brautniutter unter den
Leuten spielen, bei Kaffee und Kuchen,
nnd Ranke sagte: ,,Wasser hat keine
Balken und is keines BrauergFreund.«
Er konnte auch nicht rudern. «
Trude fand es schrecklich, den aus
geschlagenen Nachmittag in dem Men
schengewtihl zu sitzen und ihren Ver
tobten Bier wie ihre Mutter Kassee
trinken zu sehen. Sie ließ den sion
hängen. »Die ganze Woche habe ich
mich auf heute gesreur, und nunmöcht’
ifch, der Tag wäre zu Ende,« inurrte
ie.
Da trat ein junger Mann an Frans
Müller heran und fragte höflich:
»Wenn die Herrschaften mir das
Fräulein anvertrauen wollen, fahre
ich eö gern ein Stündchen auf ders
Havei. Jch habe vorhin ein Boot ges s
miethet; jetzt wäre keines mehr zuj
haben." l
Trade wurde puterrath Daß sie;
den jungen, hübschen Menschen nicht:
früher bemerkt hat-te! Er sah so ina
nierlich und vertrauenerweckend ans,
wie er dastand, den Hut in der Hand,
daß der Wind in feinem dunllen Haar
spielte. Er hatte ein feines, bläßliches »
Gesicht mit den ersten Trieben eines
i
l
i
i
Schnurrbörtchens, und sehr anständig
war er geleidet. Frau Müller lächelte
ihn geschmeichelt an: Ja, wenn es
ihrn nichts ausmachte — sie gösinte
ee ihrer Tochter gern. Herr Ranke:
aber räusperte sich. Das dauerte ge-«
rade so lange, daß die beiden jungen
Leute einander in die Augen grhen,«
verwundert, eine unbewußte
im Blick. »
»Na. denn man zu,« sagte der
Brauer. Er war zu bequem, um Be
denken zu tragen oder Einwendungen
zu machen.
»Aber lafsen Sie mir das Fräulein -
rage:
nicht in’t Wa er plumpsem sie ist
meine Brant.«
Ein Ausdruck von EnttiiusW
zuckte iiber das Gesicht des jungen
Mannes; aber Trude stand schon am
Wasser, so froh mit einem Male, als
ob sie dem Mai in die leuchtenden Au
gen geschaut hätte, und er säuselte ihr
in’s Ohr: »Rathe, was ich dir mitge-.
bracht habe!«
»Sie haben wohl keine Bange vor
dem Wasser, Fräulein?« fragte der
junge Mann, während er sein Boot
flott machte.
Sie lachte fröhlich: ,,Meinettvegen
könnte es gleich nach Amerika MenN
Herr Ranle und Frau üller
sahen zu, wie der junge Mann vom
Lande abstiesi. ,,Rudern kann er «
meinten sie. -
Das dachte auch Trude. Sie war
mit ihren Augen schon weit an den
Windungen der Havel, wo das Wasser
mitdeni Himmel in eins verfloß, und
sah nicht mehr, wie der Brauer seinen
Hut schwenkte und ihre Mutter uner
müdlich mit dein Taschentuch winkte.
Der Kaisergarten blieb immer weis
ter hinter ihnen zurück; zuletzt erschien
er nur noch als ein grüner Fleck in
dein goldenen Sonnenschein, der die
lliier umfloß. Nun zog der junge
Mann die Ruder ein und wischte sich
mit feinem Taschentuch über die
Stirn. Dann wars er Trude seinen
Hut in den Schoosz. »Motiven Sie ein
bißchen auf ihn achtaelxein , räuleini
Er muß den Sommer noch auglial
ten.«
»Ist ja anrii noch wie nen,« lobte
Trude, während sie salt zärtlich mit
der Hand dariibersllidn
Er rnderte langsam weiter, nnd
wie sie einander so geaeniitsersafzem
bezuegrcicn sich ihre Bliile wieder und
wieder-. Anfangg nur scheu und ver
stolzlen dann aber immer länger und
glänzenden
»Sie haben Augen, Fräulein, als
ob Sie im Leben nicht geweint hat
ten,« bemerkte er.
Doch. Trude wuszte nicht mehr wie
ost; am bittersten aber-, als sie sich
verlobt hätte
»Da pflegen die Mädchen doch sonst
am gliicklichsten zu sein.«
»Bei mir wars umgekehrt. Mut
ter meint, das beste Glück ist das, was
nachkommt wenn man erst verheira
thet is.« S,e vermied es, ihn dabei
anzusehen, und ganz traurig wurde
ihr zu Muthe. Sie wußte, wenn sie
Herrn Frante’s Frau würde, käme
das Glück nie.
»Ich dachte erst, es wäre Jhr Va:
er,« sagte der junge Mann.
»Nicht wahr? Jch bleibe dabei,
Mutter hätte besser zu ihm gepaßt,«
versetzte Trude eifrig.
»Dann lieben Sie ihn wohl nicht
sehr?«
Sie hätte beinahe gelacht; aber sie
schämte sich ihrer Undankbarteit gegen
die »gute Partie«. O, gut bin ich
ihm sehr. Wenn er nur nicht so viel
älter wäre und so dich und — so ganz
anders wie ich«.
Jn diesem Augenblick schautelte das
Boot so heftig, das; Trude sich mit
beiden Händen festhielt. Sie waren
in das Fahrlvasser eines Vergnü
gungsdampsers gerathen.
»Sie sind ja ganz blaß, Fräulein?
Jch dachte, Sie hätten keine Furcht
Auf dem Atlantischen Meer giebt’.s
noch größere Wellen.« Er wollte sie
neelens aber es gelang ihm schlecht.
Sie that ihm leid. und er selbst kam
sich unaussprechlich einsam vor.
,,Ja,« sagte Trude. »ich bekam ei
nen Schreck. Wenn das Boot umge
schlagen und ich ertrunten wäre dann
hätte ich zu guter Letzt gelogen und
nie gewußt, wie es thut, wenn man
glücklich ist. Nein, ich liebe Rante nicht
ein bißchen. Jch habe mich bloß von
Mutter überreden lassen. Jetzt be
areise ich nicht« wie ich es konnte; aber
hats twib ich Apis-nisten »m- ikski ihn
nicht. —- —- Wenn Sie mich jetzt zu
riiclfahren, gebe ich ihm den Ver
lobung-Bring iuriick.«
Ohne daß sie es merkte, war er
dem waldigen Ufer zunesteuert. Er
ruderte ganz langsam; dennoch hatte
fein Gesicht sich gerochen »Und nach
her?« fragte er.
»Warte ich, bis Einer kommt, den
ich lieben iann.«
Scheu nnd fragend fchng sie die
Augen zu ihm ans. —— Ein Leuchten.
ein Anfslnmmen begegnete ihnen, und
das war das Glück, von dem Trude
immer geträumt hatte.
Dicht am Ufer, in den Schatten des
jungen Walde-T lief das Boot auf.
Der junge Mann legte die Rnder ne
ben sich·
,,Hören Sie, Fräulein,« saate er
»ich bin Einer, dem geht’g ähnlich wie
Jtnm Sie wollten, um eine Ver
sorgung zu haben, den Bierbraner
heirathen; ich thue etwas-, das ist
ebenso schlimm. Jcb ina:e Finlissen
siir Narrch: und Fineipentheater nnd
wollte doch ein Künstler werden.
Wenn Sie nun die Courage haben,
Herrn Ranle den Abschied zu geben,
dann fchwinge auch ich mich auf. wie
der zu lernen und fiir die Kunst zu
leben, selbst wenn ich entbehren nnd
imal hungern muß. Jch bin meinem
Vater davonaelaufen, weil ich durch
aus ein Künstler werden wollte, und
ehe ich nicht einer bin, trete ich ihm
nicht vor die Augen. Wie ich vorhin
mutterfeelenallein unter all' den
Sonntagsleuten saß, fühlte ich mich
sehr traurig und vereinsarnt. Da fah
ich Sie, und ich dachte: »Die ist wie
der schönste Frühlingstag. Die mußt
du litebent« Und alle meine Traurig
ieit und Einsamkeit zerslattertr.
i
Dann hörte ich, St wissen W
und es war, als ob Jemand zu nur
laale: »Du wirst dein Leben lang
Kulisse-i male-W Aber ietzt ist ein
Leben über mich gekommen, wie der
Mai es in die Natur gebracht hat«
Ueberall sehe ich die Sonne scheinen
undBlumen blühen, und mitten darin
stehen Sie, Trude! Jch weiß nicht.
sind Sie die KKunsi, der zu folgen ich
zu feige war, oder sind Sie die Liebe.
aus der ich neue Kraft schöpse zum
Leben und zum Arbeiten?«
Trade neigte sich weit an’s Ufer.
um eine Ranunlel zu Pfliiclen, die wie
ein goldgelber Sternxim Grase wuchs.
Oben in den Wipfeln spielten Son
nenlichter; ein Pirol pfiff, usnd ein
Holztaubenpaar girrte. Da legte sich
ein Arm um ihre Schultern. Trade
wandte sich, und zwei glänzende Au
genpaare verfingen sich in einem lan
gen Blick seligcr Offenbarung Die
goldene Ranunkel in der Hand,
lächelte Trude. Sie dachte, sie
träumtei Plötzlich glühte ihr Gesicht
chen anf, und sie steckte die leuchtende
Blume in sein Knopfloch . . . .
Dis sit si
,,Aiee Trade will nich,« sagte Frau
Müller betriibi zu ihrer Nachbarin.
»Hm Ranken den Ring retonr gege
ben? lfg gefällt ihr mit einem Male
im Geschäft. Jeli saae: Jugend hai
keine Tugend. Und wie dag Möbel
irn immer vergnügt ist, und wie sie
ciiiesieblk Bliiht wie ’ne Rose im
Lllonnenkozxd.«
———-—-·---—-s—
Us-»c fiir die Gegenwart besonders
rein-reiche Erinnerung
isliiz der Zeit vor vierzig Jahren fri
schen die »Sclxleswigholsieiner Nach
1-i:hien« in folgendem auf: Am 21·
April ists-l ereignele sich auf dem
Eck)legieig’sel)en Balynhof zu Renng
lurtL den an jenem Tage König Wil
lelm nnf d» sie-«- smpn km- OTHEan
, » » ..--, -.... .»,.....,.
selbe von Düppel passirte, folgender
ixlzarattertstischer Vorfall: Auf dem
Bahnhofe war nur ein verhältnisz
mäßig kleines Publikum, darunter
einige Ossiziere und der Betriebsdirek:
tor der in englischer Verwaltung
stehenden schlcswig’schen Bahn, Louth
tein Ermländey anwesend. Na dem
der König einige Worte an die ffi
ziere gerichtet, einen Brief gesiegelt
und an die preußische Post auf dem
Bahnhofe abgegeben hatte, wurde ihm
roni dienftthuenden Ossizier mitge
theilt, daß Direktor Louth dem König
oorgesielkt zu werden wünsche. Auf
das sofort erfolgende zustimmende
Zeichen trat Louth vor und sprach
den König in englischer Sprache an.
Der Königs iel ihm in die Rede mit
der Frage: ,,Sprechen Sie kein
Deutsch?« Mr. Louth erwiderte:
»Nicht deutsch- nur englisch« Der
König erwiderte mit scharfer Beto
nung: »Ich spreche nicht englisch, nur
deutsch!« und kehrte dem verblüfften
Direktor den Rücken.
Op—
Ein guter Reiter.
· . .Wie, heute auf einem Schim
mel?!« Sie ritten doch früher immer
einen Braunen!«
»Nun, man will doch auch ’mal au
dergnxsohin reiten!« ·
Vedcnkliche Uebereiustimmunsk
Herr: JHch lese jetzk JhreFeühlingji
lieder. Hur Provisor. Wo finden Sie
nur bei Ihrem Berufe die Zeit zum
Dici;ten?«
Provisor: »Akend8, im Bette. Ich
kann nich: einschlafen, she ich nicht ein
paar Lieder gedichtet.«
Herr: ,,iJ.lierkwiirdig, und ich nicht«
ehe ich nickt ein paar gelesen habe.".
Immer nebel.
Protz: »Ich möchte ein-n Extra
zua nehmen’ Aber bitte, ziyei Lokomo
tiven - T-.-k) fahre nie einspänni·1!«
Von der Schlitten-.
»Fu! das neue Bnm brauchen mit
alte-· einen Cminder«
»Ja, wo soll ich den hernehmen?. . . .
Da muß dac Stück du« nmqmearbeifei
werden!«
-.-«-.·
Moderuc Weltattschmutnq.
Madame (erstaunt)« »Ja vier Wo
chen hatten Sie sechs iztellicngen?«
Dienstmädchen: ,,Lpider, wo finden
Sie heute noch eine treue .Herrsc!saff?'
Aus dck Schute geschmäht
Besumerim »Ist die Frau Müller zu
Haufe?«
Dienstmädchen: »Natürlich! Sie fe
lsen ja. das; :ch ihre Stiefel Um Schu
ster trage.«
Nicht nöthig.
Mamat »Aber Ema, Dein Vater
scgie Dir doch, Du soweit den junges
Wanst nicht ermutl)inen!«
Erim: »O Monta. der braucht gar
Lin Ermjtthigungsn»
Ballgespräch.
III
»Wisscn Sie vielleicht, Fräulein, .
die Hoer schon ferti find, die ich U
Ihrem Vater bestellt M«